Nieren - Medizinische Kleintierklinik

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Nieren - Medizinische Kleintierklinik
eliebte
Ernährung
Diät-Fertigfutter
tut der Katze zwar
gut, nur schmeckt
es nicht jeder
09/2012
Von Priv. Doz. Dr. Petra Kölle, Medizinische
Kleintierklinik der LMU München
D
ie Nieren spielen im Körper der
Katze, wie beim Menschen und
anderen Tieren, eine zentrale
Rolle bei der Ausscheidung von Stoffwechselprodukten, bei der Regulation
des Wasserhaushaltes, des Blut-pHWertes und des Blutdrucks sowie bei
der Bildung von Blutkörperchen und
Vitamin D.
Die chronische Niereninsuffizienz
(CNI) ist eine der häufigsten Erkrankungen bei Katzen über acht Jahren.
Die Krankheit schreitet in der Regel
mehr oder weniger schnell voran und ist
unheilbar. Allerdings können betroffene
Katzen bei rechtzeitigem Erkennen und
unverzüglichem Beginn der Therapie
durchaus noch einige Jahre bei guter
Lebensqualität leben.
Nach der Diagnose sollte die betroffene Katze so bald wie möglich auf eine
entsprechende Diät umgestellt werden, um die Nieren zu entlasten und
eine weitere Schädigung zu verzögern.
Dadurch können nachweislich eine
verbesserte Lebensqualität und eine
deutlich verlängerte Überlebenszeit
erzielt werden. Es gibt verschiedene
kommerzielle Nierendiäten, die zum
größten Teil über den Tierarzt erhältlich sind.
Diätprinzipien bei
Nierenerkrankung
Wenn die Nieren
nachlassen
Chronische Niereninsuffizienz ist eine der häufigsten
Erkrankungen von Katzen über acht Jahren.
Die richtige Ernährung wird dann überlebenswichtig
Leider verweigern manche Katzen
diese Diäten – egal ob als Trocken- oder
Nassfutter. In einem solchen Fall sind
auch selbst gekochte Nierendiäten
oder Rationen auf der Basis von rohem
Fleisch möglich. Sie sollten aber unbedingt von einem auf Tierernährung spezialisierten Tierarzt unter Berücksichtigung der Laborwerte genau berechnet
werden. Derartige Rezepte basieren in
der Regel auf fettreichem Fleisch, etwa
(gekochtem) Schweinefleisch oder
Rindfleisch.
Eine Nierendiät sollte folgende Eigenschaften aufweisen:
● Reduzierter Phosphorgehalt
● Reduzierte Eiweißmenge
● Deckung des Energiebedarfs
● Eventuell erhöhter Anteil an fermentierbaren Fasern
Extra-Tipp
Geliebte
Trinken ist wichtig
Wasser sollte – wie bei gesunden
Katzen auch – einer nierenkranken
Katze immer zur Verfügung stehen.
Es ist wichtig für sie, dass sie
ausreichend trinkt!
Auf keinen Fall dürfen bei einer
vermehrten Urinausscheidung der
Zugang zum Trinkwasser oder die
Wassermenge eingeschränkt werden,
um die Urinmenge zu reduzieren.
Das Fortschreiten einer Nierenerkrankung kann insbesondere durch die
Verminderung des Phosphorgehaltes
in der Nahrung verzögert werden. Stark
phosphorhaltig sind Fleisch (insbesondere Geflügelfleisch oder mageres
Muskelfleisch), Fisch und Milchprodukte. Sollte eine Katze stark auf ein bestimmtes Futter fixiert sein und jegliche
Nierendiät verweigern, so kann auch
versucht werden, beim Tierarzt erhältliche Phosphatbinder dem gewohnten
Futter beizugeben. Diese Medikamente
verringern die Phosphataufnahme durch
die Katze, indem sie einen Großteil des
in der Nahrung enthaltenen Phosphats
in unlöslichen Komplexen binden, die
nicht über die Darmwand aufgenommen werden können.
Frischwasser,
das ihr
schmeckt, sollte
für jede Katze
immer ausreichend vorhanden sein – das
gilt ganz besonders auch für
eine Katze
mit Nierenproblemen
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Richtige Diät
sichert
Lebensqualität
Durch eine Verminderung der Proteinzufuhr wird die Niere entlastet – es fällt
unter anderem auch weniger Harnstoff
an. Dadurch werden die Krankheitssymptome bei der Katze, zum Beispiel
Übelkeit infolge der Urämie (Auftreten
harnpflichtiger Substanzen im Blut),
vermindert oder sogar beseitigt.
Allerdings kann Protein nicht unbe-
Leckerlis sind
für nierenkranke
Katzen absolut
verboten
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grenzt reduziert werden, da Katzen
einen relativ hohen Proteinbedarf
haben und eine Unterversorgung
in einem Abbau von Muskeleiweiß
resultiert. Dies ist genauso schädlich
wie eine übermäßige Eiweißzufuhr.
Jedes Detail des Futters muss
sorgfältig ausgewählt sein
Die Zufuhr von Protein sollte sich an
den Laborwerten orientieren, aber auf
jeden Fall unter dem Proteingehalt
kommerzieller Alleinfutter für Katzen
liegen. Es sollte auch nur hochwertiges
Eiweiß mit einer hohen biologischen
Wertigkeit verfüttert werden. Stark
Ein vereinfachter Blick
auf die Lage der Organe
im Körper einer Katze:
1. Rechte Niere, 2. Leber,
3. Harnblase, 4. Milz,
5. Magen 6. Herz
bindegewebehaltige Futtermittel wie
Innereien sind wegen der Bildung von
ungünstig wirkenden Substanzen im
Darm, beispielsweise biogenen Aminen oder Ammoniak, vom Futterplan
zu streichen.
Der Energiebedarf sollte auf jeden
Fall gedeckt werden, das heißt, die
Kalorienzufuhr sollte so hoch sein,
dass das Tier auf keinen Fall abnimmt
beziehungsweise, falls es bereits zu
schlank ist, wieder etwas zunimmt.
Die Energie kommt in einer Nierendiät vor allem aus dem relativ hohen
Fettanteil. Fett ist zum einen Geschmacks- träger und wird von Katzen
sehr gern aufgenommen. Zum anderen
muss der Fettanteil der Ration durch
die begrenzte Proteinzufuhr und dem
bei Katzen nur relativ geringen möglichen Anteil an Kohlenhydraten relativ
hoch ausfallen, da Fett im Vergleich
zu Kohlenhydraten und Proteinen pro
Gramm die meisten Kalorien aufweist.
Butter sollte gemieden werden, da
die reichlich vorhandenen mittelkettigen Fettsäuren eine eventuell
vorhandene Übelkeit noch verstärken
können. Ein Teil des Fettes sollte in
Form von ungesättigten Fettsäuren,
wie sie in Pflanzenöl und insbesondere in Lachsöl vorkommen, zugeführt
werden. Diesen Fettsäuren wird auch
eine entzündungshemmende Wirkung
zugeschrieben.
In kommerziellen Diäten enthalten oder auch separat zusetzbar sind
fermentierbare Fasern wie Pektin oder
Guar oder fermentierbare Kohlenhydrate wie Laktulose, die das Darmmilieu insofern beeinflussen, dass weniger
Ammoniak und andere für nierenkranke Katzen ungünstige Substanzen im
Darm gebildet werden. Diese können
in einer Menge bis zu ein Gramm pro
Kilogramm Körpergewicht pro Tag
gegeben werden. Allerdings sollte man
mit geringeren Mengen beginnen und
diese langsam steigern, um Durchfall
zu vermeiden.
Je früher die Therapie startet,
desto besser das Leben
Die Chancen einer Katze mit CNI auf
ein Leben mit guter Lebensqualität sind
umso besser, je eher ihre Erkrankung
entdeckt wird, zum Beispiel bei einer
Blutuntersuchung im Rahmen der jährlichen Gesundheitsvorsorge.
Schlechter ist die Prognose, wenn
bereits Symptome wie Erbrechen,
Abmagerung, Durchfall, Apathie, vermehrtes Trinken und/oder gesteigerte
Urinausscheidung auftreten.
Das ist wichtig
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Vitamine und andere Zusätze
Da in der Niere die stoffwechselaktive
Form von Vitamin D aufgebaut wird
und dieser Prozess bei nierenkranken
Katzen gestört sein kann, sollte auf eine
ausreichende Versorgung mit Vitamin D
geachtet werden.
Sollte die Katze eine erhöhte Urinausscheidung zeigen, benötigt sie wasserlösliche Vitamine, etwa B-Vitamine. Die
Menge sollte deutlich über dem Bedarf
einer gesunden Katze liegen.
Eine Zufuhr von Antioxidantien, etwa
Ascorbinsäure (Vitamin C), Vitamin E
und Karotine, ist in Absprache mit dem
Tierarzt empfehlenswert, da oxidativer
Stress im Nierengewebe zum Fortschreiten der Nierenerkrankung beitragen kann.
Sollte die Katze häufig erbrechen, steigt
auch der Bedarf an Chlorid an. Gegebenenfalls muss die Ration dann mit
etwas Kochsalz (NaCl) oder Kaliumchlo-
rid (KCl) ergänzt werden. Im Zweifelsfall
sollten vom Tierarzt eine Blutuntersuchung durchgeführt und die Laborwerte herangezogen werden, um die
Versorgung des Tieres mit bestimmten
Nährstoffen zu kontrollieren und wenn
nötig zu korrigieren.
Wichtig: Eine Nierendiät muss in der
Regel lebenslang verfüttert werden. Ein
Mischen mit anderen Futtermitteln (auch
wenn es Alleinfuttermittel für Katzen sind)
oder die Gabe von Leckerlis ist in den
meisten Fällen nicht mit dem Therapieziel
zu vereinbaren.
Bei Freigängern sollten auch Nachbarn,
die eventuell die Katze füttern, aufgeklärt
werden, dass ein handelsübliches
Alleinfutter oder Leckerbissen jeglicher
Art zu einer Verschlechterung der Krankheit und Verkürzung der Lebensdauer
führen können.