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Manuskript
Hessischer Rundfunk
hr2-kultur
Redaktion: Dr. Karl-Heinz Wellmann
Wissenswert
Klimawandel am Amazonas
Von Gudrun Fischer
Mittwoch, 13.06.2012, 08.40 Uhr, hr2-kultur
Sprecherin: Birgitta Assheuer
12-066
COPYRIGHT:
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Seite 2
Vorschlag für die Anmoderation:
Obwohl der Amazonas schon zu 20 Prozent abgeholzt ist, gilt er immer noch als die größte
zusammenhängende tropische Urwaldfläche der Welt. Als vor ein paar Jahren die illegale
Abholzung ein beängstigendes Hoch erreichte, prognostizierten einige Amazonasforschende
dem Wald eine düstere Zukunft: Ende des Jahrhunderts könnte, sagte beispielsweise der
brasilianische Elektroingenieur und Klimaforscher Carlos Nobre, ein Teil des tropischen
Urwaldes in Savanne verwandelt sein. Aber das ist nicht die einzige Gefahr für den Urwald.
Die weltweite Klimaveränderung könnte auch im Amazonas zu stärkeren Hitzeperioden,
längeren Trockenzeiten und darauf folgende heftigeren Regenfälle führen. Erste Hinweise auf
solche Veränderungen gaben die Trockenzeiten im Amazonasgebiet in den Jahren 2005 und
2010 und ein Hochwasserjahr 2009.
Gudrun Fischer besuchte das Amazonasforschungsinstitut INPA in Manaus, kletterte auf
einem 50 Meter hohen Forschungsturm mitten im Urwald und besichtigte einen Container
voller Messinstrumente.
Atmo 1: Im Urwald, laute Grillen, Frösche, Wasser tropft, es rauscht ein wenig, dazwischen
kreischende Vogelrufe
Sprecherin
Das brasilianische Amazonasforschungsinstitut hat seinen Sitz in Manaus, im Zentrum des
Amazonasurwalds. Dort besitzt das Institut ein 22.000 Quadratmeter großes
Forschungsgebiet. Um hinzukommen, fährt man von Manaus aus zunächst 80 Kilometer auf
Asphalt-Straßen, und dann noch mal 34 Kilometer auf unausgebauten Straßen. Das
Forschungsgebiet ist in Planquadrate unterteilt, und im Quadrat ZF2 liegt ein
Forschungscamp, das zur Abteilung Klimaforschung am Amazonasforschungsinstitut gehört.
Das Camp bietet Übernachtungsmöglichkeiten und eine Küche. Außerdem parken dort
Seite 3
Vierradroller; mit ihnen kann schweres Gerät zu zwei Forschungstürmen transportiert
werden.
Atmo 1: Im Urwald, laute Grillen, Frösche, Wasser tropft, es rauscht ein wenig, dazwischen
kreischende Vogelrufe
Sprecherin
Früh am Morgen fahren der Botaniker Bruce Nelson und die Forstwissenschaftlerin Suelen
Felizato von Manaus in das Urwald-Camp. Sie müssen ihre Kamera auf einem der beiden
Forschungstürme überprüfen. Im Jeep geht es durch Täler und über Hügel in Richtung
Norden. Nach dem Verlassen der asphaltierten Straße wird die Piste glitschig. “Winter” heißt
diese regenreiche Zeit zwischen Oktober und Mai bei Manaus. Tagsüber steigt das
Thermometer aber auch jetzt auf 32 Grad.
Atmo 2: Im Camp, Schritte, Stimmen.
Sprecherin
Das Forschungscamp besteht aus einem zweistöckigen Holzhaus. Statt von Wänden wird das
Gebäude von Moskitonetzen eingehüllt. Bruce Nelson und Suelen Felizato gehen in den
Urwald hinein. Pfeilgerade ragen die Baumstämme nach oben, die Äste gabeln sich erst dicht
unter dem Kronendach, in 30 bis 40 Metern Höhe. An den Baumstämmen wachsen Flechten
und färben sie weiß.
Atmo 1: Im Urwald, laute Grillen, Frösche, Wasser tropft, es rauscht ein wenig, dazwischen
kreischende Vogelrufe
Sprecherin
Seite 4
Nelson und Felizato klettern die Leitern des 54 Meter hohen Forschungsturms hinauf. Der
Turm ist Eiffelturm-artig gebaut, zwischen den Treppenabschnitten liegen Plattformen.
Unten am Turm zirpen Grillen, quaken Frösche, zwitschern Vögel. Offensichtlich machen die
kleinen Tiere im Amazonasurwald den größten Lärm. Aber je höher es hinauf geht, desto
mehr verklingen die Urwaldgeräusche. Obwohl der Turm mit Stahlseilen abgespannt ist,
schwankt er ein wenig. Im Moment ist die Sicht über die Bäume gestochen scharf.
Atmo 3: auf dem Turm, leises Piepsen, Klacken und Rauschen der Bäume
Sprecherin
Von der obersten Plattform betrachtet, sehen die Urwaldbäume aus wie eine weiche, moosige
Matratze. Bruce Nelson und Suelen Felizatto erkunden, wie der Urwald die beiden
Trockenzeiten von 2005 und 2010 verarbeitet hat. Sie betrachten dazu einen kleinen
Ausschnitt von etwa 50 Bäumen unterhalb des Turms. Diesen Ausschnitt fotografiert ihre fest
installierte Videokamera seit vier Monaten alle zehn Minuten. Die beiden gehen einer neuen
These nach, sagt Bruce Nelson:
Atmo 4: leise Urwaldatmo
O-Ton 1
Bruce Nelson
O que estimulou isto aqui é uma séria de artigos nos últimos quatro ou cinco anos sobre o
chamado „greening up“ da Amazônia. A idéia de que a Amazônia bota folhas na estação seca
sugere que ela é mais resistente á seca do que alguns possam imaginar. Significa que a
floresta tem uma certa resistência as secas mais prolongadas que são previstas pelos
modelos de mudança climática.
Übersetzung männlich
In den vergangenen fünf Jahren sind diverse Artikel über das sogenannte „greening up“
erschienen, das Ergrünen des Amazonaswaldes. Das Thema interessierte uns. Es geht um
die Vermutung, dass der Urwald in Trockenzeiten nicht weniger Blätter entwickelt, sondern
mehr. Dahinter steht die These, dass der Urwald viel widerständiger ist als bislang gedacht.
Seite 5
Dass er gegen längere Trockenperioden sehr gut gewappnet ist, die wegen der
Klimaerwärmung zu erwarten sind.
Atmo 4: leise Urwaldatmo
O-Ton 2
Suelen Felizatto
É a savanização da Amazônia. Tendo mudanças no clima podem ter eventos mais extremos
de seca. Então como a floresta vai responder a esta seca? Ela vai ser savanizada ou ela vai
até produzir mais e absorver mais CO2 da atmosfera.
Übersetzung weiblich
Es gibt die Theorie der 'Savannifizierung' bestimmter Gebiete im Amazonasurwald. Doch wird
aus Urwald wirklich Savanne, also eine Steppe? Oder wird der Wald einfach weiter wachsen
und noch mehr CO2 als bisher aus der Atmosphäre aufnehmen?
Sprecherin
Der Amazonasurwald ist die grüne Lunge des Planeten. Und er gilt als sogenannte „CO2Senke“. Denn er nimmt einen Teil des menschengemachten, klimaschädlichen Kohlendioxids
aus der Atmosphäre auf und bindet den Kohlenstoff in seinen Blättern und in seinem Holz.
Atmo 4: leise Urwaldatmo
O-Ton 3
Bruce Nelson
Talvez tendo menos chuva e mais sol, a floresta pode ser que ela cresça mais. Mesmo com a
estação seca mais intensa.
Übersetzung männlich
Ist der Amazonaswald eher vom Licht oder eher vom Regen abhängig? Wenn er mehr vom
Licht abhängt, könnten Trockenperioden das Wachstum beschleunigen!
Atmo 4: leise Urwaldatmo
O-Ton 4
Seite 6
Suelen Felizatto
Está fundamentado na idéia de que a radição ela vai consegueir penetrar mais e chegar até a
superfície porque tem menos nuvens para bloquear. Então as plantas estariam aproveitando
esta fase com folhas mais jovens e com metabolismo mais alto para aproveitar esta energia
que está chegando em maior quantidade.
Übersetzung weiblich
Der Theorie zufolge gelangen die Lichtstrahlen während der trockenen Phasen besser zu den
Bäumen, weil es weniger Wolken gibt. Daher könnten die Bäume mehr Energie umsetzen und
mehr junge Blätter ausbilden. Die Bäume könnten dank der stärkeren Sonneneinstrahlung
besser wachsen.
Atmo 4: leise Urwaldatmo
Sprecherin
Suelen Felizato ist zufrieden mit dem Zustand ihrer Kamera. Weder Regen noch Insekten
haben sie beschädigt. Die Störungen, die sie in Manaus auf den über Satellit übertragenen
Fotos sah, waren bloß Lichtstreuungen. Nun misst sie mit einer Laserkamera die Abstände
zu den fotografierten Bäumen. Glaubt sie, dass es in letzter Zeit wärmer geworden im
Amazonasurwald?
O-Ton 5
Suelen Felizatto
Não tem tantos dados ainda. Mas as pessoas que moram aqui dizem que está mais quente.
Que está mais seco.
Übersetzung
Wir haben noch nicht genug Daten. Aber alle Leute hier sagen, dass es heißer und trockener
geworden ist.
Kreuzblende zu
Atmo 5: Urwaldatmo mit lautem Regen, Grillen und Rauschen
Sprecherin
Seite 7
Nach drei Stunden kündigt sich eine Regenfront an. Schnell verpacken Bruce Nelson und
Suelen Felizatto ihre Geräte. Die beiden sind zufrieden mit ihren Messungen; sie wissen aber,
dass ihre Daten die These vom 'Gedeihen der Amazonaswälder trotz Trockenheit' derzeit
weder bestätigen noch widerlegen. Sie hängen die Gerätetaschen oben in den Seilzug.
Langsam gleitet die Fracht 50 Meter hinab. Aus allen Mulden im Blätterdach quillt
Wasserdampf. Ein Regenbogen legt sich über die Bäume. Zurück im Camp serviert der Koch
das Mittagessen. Dann fahren Bruce Nelson und Suelen Felizatto zurück nach Manaus.
Atmo 1: Im Urwald, laute Grillen, Frösche, Wasser tropft / Kreuzblende zu Atmo 6
Sprecherin
Jede größere Veränderung im Amazonasgebiet wird in Brasilien über Satelliten gesichtet und
im Raumfahrtinstitut INPE ausgewertet. Dort arbeitet der Biologe und Umweltanalytiker
Dalton Valeriano. Er äußert sich skeptisch zur These, Trockenheit könne das Wachstum der
Bäume im Amazonasbecken befördern.
Atmo 6: Laboratmo
O-Ton 6
Dalton Valeriano
Trabalhos que são feitos estão mostrando que tem risco de ter sido contaminação por
nuvens, tem risco de ter sido só a perda de folha no período seco que é uma coisa que se
espera das árvores emergentes. E com isso você causa uma mudança das qualidades óticas
na floresta. A floresta colocar folha no período seco para aproveitar a maior quantidade de
radiação solar, num lugar onde a radiação solar não é o limite, está muito engraçado. Eu
acho que a sociedade tem que ficar um pouco meio alerta em relação a esta ansiedade do
cientista de produzir científicamente.
Übersetzung männlich
Neue Arbeiten zeigen, dass die angeblich grüneren Urwald-Satellitenbilder Artefakte sind.
Wolken verfälschen die Fotos, der Wald wirkt nur dunkelgrüner. Ein weitere Fehlerquelle
sind die aus dem Urwaldschirm herausragenden Bäume. Sie verlieren in der Trockenzeit
Blätter, was normal ist. Auch das verändert die Farbe der Fotos. Es ist wirklich eine gewagte
Seite 8
These, dass der Urwald in der Trockenzeit mehr Blätter ausbildet, weil er dann das
Sonnenlicht besser ausnutzen kann. Im Amazonasgebiet ist das Sonnenlicht nie ein
begrenzender Faktor! Ich halte viele Publikationen zu dem Thema für übereilt. Wir wissen
doch, es gibt einen enormen Druck, schnell Ergebnisse zu veröffentlichen.
Sprecherin
Ähnlich skeptisch ist der Leiter der Klimaabteilung des Amazonasinstituts, Paulo Artaxo. Er
lehrt an der staatlichen Universität in São Paulo und reist oft in den Urwald. Dass der
Klimawandel im Urwald bereits sichtbar sei, hält er nicht für nachweisbar.
O-Ton 7
Paulo Artaxo
Nós tivemos uma seca muito intensa em 2005, uma outra seca intensa em 2010. Agora vejam
bem com dois eventos é impossível você atribuir estas secas ou as mudanças climáticas
globais ou à atção do homem direto. Sim, nós observamos locais de seca, o experimento tem
15 anos sómente e não é possível em 15 anos dada a enorme variabilidade climática do dia a
dia, de ano para ano, dizer com certeza e com boa estatística de que olha, choveu menos ou
choveu mais ou choveu de maneira diferente.
Übersetzung männlich
Es stimmt zwar, wir hatten hier im Amazonasgebiet 2005 und auch im Jahr 2010 eine extreme
Trockenheit. Aber zwei einzelne Ereignisse können wir nicht der globalen Klimaerwärmung
oder menschlichen Einflüssen zuschreiben. Zugegeben, wir finden neu ausgebildete
Trockengebiete. Doch ich muss warnen: Nach nur 15 Jahren Klimaforschung im
Amazonasgebiet können wir statistisch nicht belegen, ob es weniger, oder mehr, oder anders
geregnet hat. Dass Temperaturen und Niederschläge hier extrem schwanken, das ist normal.
Sprecherin
Es wird also noch Jahre dauern, bis das Geschehen im Amazonas-Wald wirklich erforscht ist.
– Auch die Physikerin Lívia Oliveira fährt regelmäßig in das Urwald-Camp. Sie erforscht die
Aerosole, das sind kleinste Schwebeteilchen in der Luft. Aerosole können Aufschluss darüber
geben, wie die Regenbildung über dem Urwald abläuft. Lívia Oliveira speichert Daten aus
Seite 9
einem Forschungscontainer auf ihrem USB-Stick. Neben dem Container dröhnen
Kompressoren, die die Luft vor dem Einfangen von Aerosolen trocknen.
Atmo 7: Im Urwald beim Container. Grillen, Motoren dröhnen (schon unterm vorherigen Text)
O-Ton 8
Lívia Oliveira
Esta é a torre onde é colocado os inlets, onde são captados, está vendo as coisas pendurado
nela, aquele tubinho branco lá, em várias alturas. Estes são aonde são capturadas as massas
de ar que são levadas para os instrumentos. Aí que são feitas as medidas dos instrumentos.
Uns 40 e pouquinho. Aqui também temos uma mini estação meterológica, ela é automática,
fica toda justada, só la dentro via computador bate os dados.
Übersetzung weiblich
Hier steht unser kleiner Forschungsturm, er ist nur 40 Meter hoch. Sehen Sie die weißen
Röhrchen, die dort oben am Gerüst in verschiedenen Höhen in die Luft ragen? Durch diese
Röhrchen wird die Luft über dem Urwald angesaugt, hier herunter geleitet und durch einen
Filter gepresst. So fangen wir auch feinste Schwebeteilchen auf, die zur Regenbildung
beitragen. Parallel dazu erheben wir meteorologische Daten. Drinnen im Container speichern
Computer alle Messwerte.
Sprecherin
Lívia Oliveira schaut hinauf. Ein Bündel von Kabeln und Schläuchen führt von den Messinstrumenten an der Spitze des Turms – in Höhe der Baumkronen – hinunter zu den
dröhnenden Maschinen. Die Physikerin öffnet einen Messapparat und entnimmt zwei runde,
wattierte Filter. Durch diese beiden Filter ging die Luft aus zwei unterschiedlichen Höhen und
hinterließ dabei die Aerosole in der Watte.
Atmo 7: Im Urwald beim Container. Grillen, Motoren dröhnen
O-Ton 9
Lívia Oliveira
São muito pequenos, são da órdem de nanometros. Esse aqui você vê que ele está um pouco
amarelado. O próximo que eu vou colocar você vai poder ver que ele está bem branquinho.
Ele já vem montado, preparado de São Paulo. Oh, está branquinho. É o ar daqui, do arredor.
Seite 10
Übersetzung weiblich
Sie sind sehr klein, nur nanometer-groß. Hier, schauen Sie, dieser gebrauchte Filter ist ein
wenig gelb von den Aerosolen, und dieser hier ist noch ganz weiß. Die Leute von der
Universität in São Paulo schicken die Filter fertig zugeschnitten hierher. Jetzt setze ich die
neuen Filter ein.
Atmo 7: Im Urwald beim Container. Grillen, Motoren dröhnen
Sprecherin
Lívia Oliveira wickelt die gebrauchten Filter in Alu-Papier. Danach kommen sie in eine
Kühlbox, damit weder Bakterien noch Feuchtigkeit ihnen zusetzen. Die Luft über dem
Amazonas-Urwald ist fast überall immer noch so sauber wie in vorindustrieller Zeit. Denn die
feuchten Winde, die vom Atlantik aus nach Westen Richtung Manaus wehen, diese Winde
überqueren den Urwald auf einer Strecke von 1.500 Kilometern – ohne in Kontakt mit
menschengemachter Luftverschmutzung zu kommen. Deswegen ist sie so interessant für die
Forschung.
Atmo 1: überblenden in die Urwald Atmo 1, ohne Kompressorenlärm, laute Grillen, Frösche,
Wasser tropft, es rauscht ein wenig, dazwischen kreischende Vogelrufe
Sprecherin
Die Physikerin wird von einem Fahrer nach Manaus zurückgebracht. Die legendäre
Urwaldstadt Manaus liegt am Rio Negro. Kurz hinter der Stadt fließen Rio Negro und
Solimoes zum Amazonas zusammen. 20 Prozent des Süßwassers der Welt transportiert
dieser Strom zum Atlantik.
Atmo 6: Laboratmo
Sprecherin
Seite 11
Im Amazonasgebiet regnet es pro Jahr zweitauend bis dreitausend Milliliter, das entspricht
einer Wassersäule von zwei bis drei Metern Höhe. Gespeist wird dieser Regen von der
feuchten Luft, die vom Atlantik zum Amazonasgebiet zieht. Ein weiterer Teil des Regens
besteht aber aus der Feuchtigkeit, die im Urwald verdunstet. Und eine neue Erkenntnis aus
dem Klimazentrum des Amazonasinstituts ist: Der Urwald setzt auch Aerosole frei, die zur
Regenbildung beitragen – Bakterien, Pollen und mikroskopisch kleine Teilchen von Blättern
gelangen in die Luft. Sie alle schweben in der Atmosphäre und dienen als
Kondensationskerne für Regentropfen. Der Urwald trägt also selbst, aktiv zur Regenbildung
bei. Doch obwohl ohne Aerosole kein Regen entsteht: Eine zu hohe Teilchen-Dichte kann
auch schaden. Paulo Artaxo.
O-Ton 10
Paulo Artaxo
Fizemos experimentos em regioes da Amazônia perturbadas pela ação do homem, por
exemplo em Rondônia, onde cerca 40 porcento do estado já foi desmatado. E nós observamos
propriedades de nuvens radicalmente diferente das propriedades das nuvens naturais. Na
atmosfera natural da Amazônia nós temos cerca de 300 partículas por centímetro cúbico. No
centro da Europa este número é da ordem de 10.000 à quinze mil partículas por centímetro
cúbico. Em Rondônia ela é da ordem de sete mil à dez mil partículas centímetro cúbico. Isto
tem uma consequencia: Tendo mais partículas e tendo a mesma quantidade de vapor dágua,
as gotas de nuvens que se formam são muito menores em tamanho e elas acabam
evaporando antes de se precipitarem. Então elas não chovem.
Übersetzung männlich
Wir haben Experimente in Regionen gemacht, die von Menschen zerstört wurden, zum
Beispiel im südlichen Amazonasstaat Rondônia, wo bereits 40 Prozent des Urwalds abgeholzt
sind. Wir fanden heraus, dass die Wolken dort völlig andere Eigenschaften haben als normale
Wolken. Normalerweise hat die Atmosphäre im Amazonasgebiet 300 Aerosole pro
Kubikzentimeter. In Rondônia sind es 7.000 bis 10.000 Teilchen. Wenn es bei gleich
bleibender Luftfeuchtigkeit mehr Partikel gibt, dann verringert sich die Größe der
Regentropfen, die an den Partikeln kondensieren. Sie verdunsten, bevor sie abregnen
können. In der Folge entsteht über abgeholzten Flächen kaum Regen.
Atmo 6: Laboratmo
Seite 12
Sprecherin
Dunkle Schwebeteilchen aus Waldbränden nehmen mehr Sonnenenergie auf als helle
Schwebeteilchen. Dadurch wird die im Nahbereich von Rußpartikeln etwas erwärmt. Auch
deswegen verdunstet die an Rußpartikeln kondensierte Feuchtigkeit, anstatt schwere
Regentropfen zu bilden, erklärt Paulo Artaxo. Das lässt einige Forscher befürchten, dass am
Amazonas auch ohne großflächige Rodungen eine Savannen-Landschaft entstehen könnte.
Das hält der Umweltanalytiker Dalton Valeriano allerdings für übertrieben. Nicht der
gesamte Urwald sei betroffen, sondern nur der Südrand, der sogenannte Abholzungsgürtel.
Atmo 1: Im Urwald, laute Grillen, Frösche, Wasser tropft, es rauscht ein wenig, dazwischen
kreischende Vogelrufe
O-Ton 11
Dalton Valeriano
O clima na borda da Amazônia mudaria de um clima florestal para um clima savánico, em
2070, negócio assim. E que com isto se propôs uma hipótese de que haveria um processo de
savanização da floresta. É difícil isto aí. O próprio pessoal que fala de savanização hoje fala de
uma secundarização que eles dizem. Ou seja, a floresta vai se tornar mais frágil, mais sujeita
á incêndios, a floresta primária seria então eliminada pelos incêndios e com isto haveria um
empobrecimento de espécies.
Übersetzung männlich
Das Klima im Abholzungsgürtel und auch das in der Nachbarschaft könnte sich bis zum Jahr
2070 von einem tropisch-feuchten Klima in ein Trockenklima wandeln. Das wäre dann
tatsächlich eine Savannifizierung. Allerdings bevorzugen die Leute, die die Theorie der
Savannifizierung entwickelten, inzwischen den Ausdruck „Sekundärwaldentwicklung“. Der
Wald am Rande des Abholzungsgürtels wird anfälliger, er gerät schneller in Brand. So
nehmen die Primärwälder und die Artenvielfalt ab.
Atmo 1: Im Urwald, laute Grillen, Frösche, Wasser tropft, es rauscht ein wenig, dazwischen
kreischende Vogelrufe
Sprecherin
Seite 13
Klar ist bisher also nur: Die Hauptursache für die Schädigung des Amazonasurwaldes ist die
Abholzung der Bäume und die darauf folgenden Waldbrände. Ob die Klimaerwärmung bereits
Spuren im Urwald hinterlässt, wird sich erst in den nächsten Jahren herausstellen.

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