Über die Macht der Geschichte anhand einer Geschichte der Macht
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Über die Macht der Geschichte anhand einer Geschichte der Macht
Zur LV 180411: Geschichtsphilosophie - Historisches Denken in nichteuropäischen Traditionen, bei Franz M. Wimmer, SS2009 Nationalmythos und Development-Diskurs in Brasilien: Über die Macht der Geschichte anhand einer Geschichte der Macht Michael Schmidlehner - [email protected] Marilena Chaui: Gründungsmythos und autoritäre Gesellschaft • Mythos: Erzählungen die imaginäre Lösungen für reale Spannungen und Widersprüche liefern. • Gründung: Unterscheidet sich insofern von Entstehung, als die Entstehung auf ökonomische soziale und politische Umstände verweist, die eine historisches Ereignis oder eine Transformation hervorbringen. Gründung bezieht sich hingegen auf einen imaginären vergangenen Moment, der gewissermassen von ausserhalb der Geschichte, aus der Transzendenz die Gegenwart beeinflusst. • Gründungsmythos: Hat ein anfängliches Repertoire von Repräsentationen der Wirklichkeit, die sich in der Folge immer neu gruppieren. Neue ideologische Elemente werden entsprechend der Aktualität integriert, sodass der Mythos sich unbegrenzt wiederholen kann. • Semiophor: Aus dem griechischen σεµα sema „Zeichen“ und φερειν pherein „tragen“ bzw. „hervorbringen“) zusammengesetzt – bezeichnete bei den alten Griechen sowohl den Wegweiser, als auch die Kriegsstandarte. Bei Chaui: ein Zeichen der Vergangenheit oder des Himmels mit einer Bedeutung für die Gegenwart und Zukunft der Menschen. Im allgemeinen „erinnerungswürdiges“, wie z.B. Tempel, Trophäen, Insignien „historischer“ Momente • Nation: Produzierendes Subjekt der nationalen Semiophoren. Rechtfertigt dass Eigentumsrecht des Staates über die Semiophoren. Brasilien - Fahne: Grün: Reichtum der Natur Gelb: Bodenschätze Blau: Segen Gottes „Ordem e Progresso „(port.): Ordnung und Fortschritt (Auguste Comte) Brasilien – Hymne: (Ausschnitte aus Übers. WikipediaDeutsch) „Die ruhigen Ufer des Ipiranga hörten den Aufschrei eines heroischen Volkes widerhallen, mit blitzendem Strahl erschien die Sonne der Freiheit in diesem Moment am Himmel unserer Heimat. ... Von Natur aus ein Gigant, bist Du schön und stark, unerschrockener Koloss, und in Deiner Zukunft spiegelt sich diese Größe.“ Zur LV 180411: Geschichtsphilosophie - Historisches Denken in nichteuropäischen Traditionen, bei Franz M. Wimmer, SS2009 Nationalmythos und Development-Diskurs in Brasilien: Über die Macht der Geschichte anhand einer Geschichte der Macht Michael Schmidlehner - [email protected] Michel Foucault: Diskurs und Geschichte Traditionelle Geschichte Archäologie des Wissens (Foucault 1969) Monumente (Ereignisse) werden zu Dokumenten (interpretiert) Monumente werden immanent beschreiben Kausale Rückführung der Ereignisse auf vergangene Ursachen Vertikale funktionale Beziehungen zwischen Ereignissen, Suche nach Kontinuität und ausklammern von Diskontinuitäten Diskontinuitäten dienen als Ausgangspunkt der Analyse Suche nach zentralem Prinzip, Universaler Geschichte Dezentrierung, Aufzeigen des Spiels von Korrelationen und Dominanzen Geschichtliche Entwicklung, Teleologie Analyse von Machtstrukturen Wahrheit ist hermeneutisch erschliessbar Wahrheit ist ein dikursiver Effekt Selbstfindung, Konstruktion gesellschaftlicher Identität Dekonstruktion des Subjekts • • • 1969: Archäologie: Negative Bestimmung der Diskursformationen. ab 1971: Genealogie Analyse der Herkunft und Institutionalisierung von Diskursen „Die Geschichtlichkeit die uns mitreisst ist eine kriegerische, sie gehört nicht in die Ordnung der Sprache.“ (Foucault Interview 1976) ab 1977: Gouvernementalität: Genealogie der Regierungstechniken, pastorale Macht Dispositive: juridisch, disziplinar, Sicherheitsdispositiv, Arturo Escobar Development Diskurs • Zentrale diskursive Aussage: Armut der Menschen in der „dritten Welt“. • Postulat der Unterentwicklung • Profissionalisierung von Entwicklungswissen • Institutionalisierung von Entwicklungspraktiken: Weltbank, USAID etc. Postdevelopment • Diskursiver Aufstand führt zu autonomeren Repräsentationsregimes und macht kollektive politische Praxis möglich. • Dekonstruktion des Diskurses macht Alternativen denkbar. • Praktiken des Identitätskampfes lokaler Gemeinschaften als Ausgangspunkt • Postdevelopment basiert auf kultureller Differenz und hybriden Identitäten Literatur: BOSI, A., Dia1ética da colonização. São Paulo: Companhia das Letras, 1992. CAMINHA, P.V. DE, Carta a El-Rei D. Manuel sobre ü achamento do Brasil. in: AGULAR, F (org.). ,Com palmas medida. Terra, trabalho e conflito na literatura brasileira. São Paulo: Editora Fundação Perseu Abramo/Boitempo, 1999, p. 23 CAMINHA, P.V. DE, WALLISCH, R.(Hrsg.) Das Schreiben über die Entdeckung Brasiliens(1500), Frankfurt a. M.: TFM 2001 CELSO, A., Porque me ufano de meu país. Rio de Janeiro: Expressão e Cultura, 1997. CHAUI, M., Brasil: Mito Fundador e sociedade autoritaria, Fundação Perseu Abramo: São Paulo, 2000 CHAUI, M., "Brasilien: Gründungsmythos und autoritäre Gesellschaft." In: Polylog. Zeitschrift für interkulturelles Philosophieren, Nr. 10/11 (2004): 146-76. CUNHA, E. DA. Os sertões. Edição crítica por Walnice Nogueira Galvão. São Paulo: Brasiliense, 1985. CUNHA, E., DA, Os Sertoes - Krieg im Sertao (übers. Berthold Zilly). Suhrkamp, Frankfurt a. M., 2000 HOBSBAWM, E. Nations and Nationalism since 1780. Programme, myth, reality. 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Differenz als Defizienz oder als Chance, in Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften Nr.15, November 2003, Das Unbehagen in der Kultur - ein verbindendes Element in der Welt von heute? http://www.inst.at/trans/15Nr/04_08/wimmer15.htm#FNT0 [Zugriff am 04.04.2009]