Paternoster vs. Doppelaufzug

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Paternoster vs. Doppelaufzug
Objekt / Building
apaprojects.architekten (3)
Unterschiedlich farbige Motive charakterisieren jede der fünf Etagen. / Different colour motives characterise each of the five floors.
Paternoster vs. Doppelaufzug
Paternoster vs. double lift
Paternosteraufzüge, die einst prägendes
Bild in vielen Verwaltungs- und Industriebauten waren, haben heute aufgrund der
sicherheitstechnischen Auflagen kaum
noch Zukunft. Dies gilt zumindest für
Gebäude mit Verkehrsbereichen in öffentlicher Nutzung. Auch die IHK Chemnitz,
stand vor diesem Problem. Die Wahl hieß:
Stilllegung oder Substitution.
In aller Regel sind Umlaufaufzüge an zentraler Stelle derVerkehrswege in der Architektur positioniert. Mit Stilllegung werden
die typischen Abläufe im Gebäude unterbrochen oder doch wenigstens gestört.
Die Aufgabenstellung bezog sich daher
nicht allein auf den Ersatz der Umlaufaufzüge. Das planerische Anliegen in der
IHK Chemnitz bestand darin, die durch
den Paternoster wesentlich bestimmten
Verkehrsströme im Gebäude wiederzubeleben und damit den Charakter der fünf
Etagenfoyers des unter Denkmalschutz
stehenden Gebäudes zu erhalten.
Diese Vorgabe forderte, die Doppelkabinen des Paternosters als charakteristisches
Element neu auszubilden. Der Gedanke,
den Umlaufaufzug lediglich durch eine
einzige Aufzugsanlage zu ersetzen, war
von Anfang an nicht Gegenstand der
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Überlegung. Dies auch und besonders
mit Blick auf die Beförderungskapazität.
Mit stringentem Blick für das architektonische Umfeld haben die Architekten
die ursprünglich von zwei Portalen
geöffnete Wandscheibe des vorderen
Paternosterschachtes auch wieder als
neuen Abschluss an der Gebäudewand
entstehen lassen.
Mit dem Erhalt oder besser der Wiederaufnahme dieser linear benachbarten
Portalwirkung konnte die Ästhetik der
offenen Etagenfoyers erhalten und die
feingliedrige, über fünf Stockwerke aufsteigende, große Haupttreppe in ihrer
Dominanz unangetastet bleiben.
Die im Rahmen einer beschränkten
Ausschreibung mit öffentlichem Teilnahmewettbewerb ausgelobten planerischen
Vorgaben konnte von der Mehrzahl der
Mitbewerber nicht in realisierbare Angebote umgesetzt werden. Die Leistungsvorgaben der Architekten stellten höchste
gestalterische und technische Ansprüche
und forderten, die Paternoster durch eine
Doppelaufzugsanlage in rucksackbauweise nachzubilden.
Zielvorgabe war insbesondere eine maximale Förderleistung zu erreichen. So
laufen die Aufzüge mit 1,6 m/s. Die
Paternoster lifts, which used to be characteristic of many administrative and
industrial buildings, currently hardly
have any future on account of safety
regulations. This is at least true of buildings with traffic areas in public use. The
Chemnitz Chamber of Commerce and
Industry was also faced with this problem. The choice was either shutdown or
substitution.
Normally paternosters are located architecturally at a central point in the traffic routes. The
typical processes in the building are interrupted or at least disrupted by the shut-down.
Consequently, the task did not just require
replacement of the paternosters. The aim of the
planning in Chemnitz was to revive the traffic
flows largely determined by the paternoster
in the building and as a result to preserve the
character of the five floor foyer of the building
protected as an historic monument.
This requirement meant reconfiguring the
double cabins of the paternoster as a characteristic element. The idea of replacing the
paternoster lift by a single lift was from the
start not what was intended. This was particularly the case with regard to the conveyance
capacity.
The architects paid close attention to the
architectural surroundings in recreating the
original two openings of the cross-wall of the
Objekt / Building
Die Vorgabe forderte, die Doppelkabinen des Paternosters als charakteristisches Element neu
auszubilden. / The requirement meant reconfiguring the double cabins of the paternoster as a
characteristic element.
Geschwindigkeit wird aufgrund des sehr
geringen Schachtkopfes über eine Verzögerungskontrollschaltung beim Einfahren
in die oberste Haltestelle vermindert. Die
Vorderfront der Aufzugskabinen ist über
die gesamte Breite transparent. Selbst
der Kabineneinzug ist aus Glas gefertigt.
Fährt man mit 1,6 m/s durch die Etagen
wird die sonst „langweilige“ Aufzugsfahrt
zum Erlebnis.
Konstruktion und Design
Getragen werden die Aufzüge durch eine
weiße, schachthohe Stahlkonstruktion,
welche vor die Bestandswand eingebracht
werden musste. Eine weitere Herausforderung stellten die auf den Etagen zu
errichtenden raumhohen Glasfassaden
dar. Architektenvorgabe war hier, eine
weit über die Schachtbreite der Aufzüge
flach gezogene rahmenlose Glasfront zu
realisieren. An die Glasfassaden wurden
Die Bildinhalte zeigen die Gegenwart und Vergangenheit der industriellen Entwicklung und
die Leistungsfähigkeit der Regionen.
The pictures present the past and present of
the industrial development and capacity of the
regions.
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zwei Aufgaben gestellt: erstens mussten
sie einer Schachtumwehrung mit allen
Anforderungen einer Absturzsicherung
nach TRAV genügen, zweitens waren die
gestalterischen Vorgaben der Architekten
umzusetzen.
Entstanden ist eine „Sandwich-Konstruktion“; nach hinten gesetzte VSG
Scheiben, eingearbeitet in eine Art Pfosten-Riegelkonstruktion, übernehmen
die Aufgabe der Absturzsicherung und
die davor gehangenen ESG Scheiben
erfüllen die optisch-ästhetischen Aspekte.
Maximale Transparenz gewährt den Blick
in den Aufzugsschacht über die gesamte
Förderhöhe und zitiert gleichsam die
dynamische Charakteristik von Technik
und das einstmalige Erscheinungsbild der
Paternosteranlage.
Die Glasflächen selbst sind frei, jedoch in
thematischem Zusammenhang zueinander gestaltet. Unterschiedliche farbige Motivik charakterisiert jede der fünf Etagen.
Hier werden Bezüge zu den fünf regionalen Standorten der Chemnitzer Kammer
und den dort agierenden Branchen aus
Industrie und Handel hergestellt.
Grafisch als Collagen angelegt, lassen
die Bildinhalte Gegenwart und Vergangenheit der industriellen Entwicklung
und die Leistungsfähigkeit der Regionen
aufscheinen. Allein Farben und Bildinhalte
bleiben in ihrer Tonalität der Transparenz
untergeordnet. Stilistisch elegant führen
die großformatigen Glaswände zurückhaltend einen Dialog mit und in der Sprache
der sie umgebenden Architektur.
Oliver Loch
Mitarbeit: apaprojects.architekten
www.fbaufzuege.de
front paternoster shaft as the new finish of the
building wall.
By preserving or rather resuming this linear
contiguous portal effect it was possible to
preserve the aesthetics of the open floor foyer
and leave the dominance of the filigree main
staircase that rises for five floors untouched.
The majority of competitors were unable to
execute the planning requirements advertised
as part of a limited invitation for tenders with
a public competition in realisable offers. The
targets of the architects posed the highest
design and technical demands and required
replicating the paternoster in the form of a
double lift in backpack design.
The aim was in particular achieving maximum
conveyance performance. Hence the lifts run
at 1.6 m/s. The speed is reduced on account of
the very restricted shaft head via a deceleration
check circuit when entering the top stop. The
front of the lift cars is transparent across their
entire width. Even the cabin infeed is made of
glass. If one travels through the floors at 1.6
m/s the otherwise “boring” lift trip becomes
an adventure.
Construction and design
The lifts are borne by a white shaft-high steel
structure, which had to be introduced in
front of the existing wall. The room-high glass
facades that had to be erected on the floors
represented another challenge. The architects’
task here was to realise a flat frameless glass
front extending well beyond the shaft width.
The glass facades had two tasks: in the first
place they had to satisfy all demands of TRAV
(technical rules for crash secure glazing) as
shaft protection and secondly the design
requirements of the architects had to be met.
The result was a sandwich structure: composite safety glass panes at the back, integrated in a kind of post and beam structure
assume the task of crash protection and
the single pane safety glass suspended in
front satisfies the optical-aesthetic aspects.
Maximum transparency provides a view into
the lift shaft across the entire conveyance
height and simultaneously cites the dynamic
characteristics of the technology and the
former appearance of the paternoster system.
The glass panes themselves are free, but
mutually arranged in thematic combination.
Different colour motives characterise each of
the five floors.
These establish references to the five regional
locations of the Chemnitz chamber and the
industry and commerce sectors active there.
Graphically designed as a collage series, the
pictures present the past and present of the
industrial development and capacity of the
regions. The colours and picture contents
are subordinated in their tonality to transparency. The extensive glass panels conduct a
restrained dialogue with and in the language
of the architecture around them.
Oliver Loch
Cooperation: apaprojects.architekten
www.fbaufzuege.de