KOSOVO 1999 - 2012 - Amnesty International Österreich

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KOSOVO 1999 - 2012 - Amnesty International Österreich
WAS AMNESTY INTERNATIONAL MIT DIESER AKTION ERREICHEN WILL:
1.Sofortige konkrete Änderungen, was das Leben der Betroffenen angeht:
● umfassende Information über die Vermissten von EULEX und
Regierung
● Steigerung der Untersuchungen und Strafverfolgung der Täter
2. Die Regierung muss Zeichen eines politischen Willen und Kooperation
setzen. Ex-Kommandanten der KLA und andere Zeugen sollen
Informationen über Einzel- oder Massengräber im Kosovo geben.
3. Da die EULEX sowohl finanziell als auch personell über geringe
Ressourcen verfügt, sollen die EU-Staaten Mittel zur Verfügung stellen,
damit mehr Körper exhumiert werden und DNA-Bestimmungen stattfinden
können.
4. Verbesserungen im Zeugenschutzprogramm.
KOSOVO 1999 - 2012
30. August = Tag der Verschwundenen
Für den Inhalt verantwortlich: Johanna Paukovits
Amnesty International Österreich
Osteuropa-Balkan-Team
Moeringgasse 10/1, A-1150 Wien
Coverfoto: Verwandte von verschwundenen Kosovoalbanern
© Courtesy of the Kosovo Government Commission on Missing Persons
and Mr Shkeizen Rexha
Bilder Kumnova, Piljevic, Dana, Qerkezi©privat
Opfer: seit 13 Jahren verschwunden
Täter: seit 13 Jahren straffrei
VERMISSTE/VERSCHWUNDENE/GETÖTETE OPFER – FREIE TÄTER
„Ich ging auf die Hauptstraße und da waren vier-oder fünfhundert Soldaten. Einer von ihnen
sagte :“Stopp, oder ich töte Dich“- und dann „geh weg, denn wir beginnen jetzt.“ Wir gingen
sofort in unseren Hof zu unseren Männern und erzählten. Daraufhin verschlossen wir das Tor.
Doch 10 Minuten später kamen 30-35 blau uniformierte Polizisten mit serbischen Abzeichen
und Offiziersstreifen. Frauen und Kinder mussten auf die Straße. Sie verhafteten 11 Männer: Ilir
Berisha, Tahir Sharani, Yusuf Sharani, Shkifer Sharani und seine 2 Söhne, Valon und Visar und
Mentor Sharani, Yusuf Saracini, Veli Saracini und seinen Sohn Arben. Sie wurden alle
weggebracht.“
Sanje Berisha, Mutter von Ilir Enver Berisha, Gjakovë/Đakovica, Februar 2009.
1999:Im März/Juni erreicht der bewaffnete Konflikt zwischen Serbien und
Kosovo einen Höhepunkt. Die NATO beginnt mit Bombenangriffen,
um die ethnische Säuberung der albanischen Bevölkerung im Kosovo
durch serbische militärische Kräfte zu stoppen. Im Gegenzug
verstärken diese ihre Angriffe gegen die albanische Zivilbevölkerung
und töten mehr als 9.000 Männer, Frauen und Kinder.
Über 3.000 ethnische AlbanerInnen wurden vom serbischen Militär,
Paramilitär und Polizei verschleppt, weil sie angeblich Verräter
waren. Sie sind seither verschwunden. Kosovo-AlbanerInnen wurden
aber auch von der Kosovo Befreiungsarmee (KLA) verschleppt, weil
sie angeblich gemeinsame Sache mit dem Feind gemacht hätten.
Es wurden auch rund 600 Serben/Serbinnen, Roma und Angehörige
anderer Minderheiten von Mitgliedern der KLA entführt.
Mehr als 1200 Personen wurden innerhalb von 5 Tagen im Juni 1999 aus dem Ort in serbische
Gefängnisse gebracht. Der Körper von Ilir Envar Berisha wurde in einem Massengrab in
Batajnica gefunden und am 21. September 2006 im Kosovo begraben.
Warum machen wir diese Aktion gerade jetzt?
●
Der Internationale Tag der Verschwundenen ist ein jährlich am 30.
August begangener Gedenktag, der an das Schicksal von Menschen
erinnern soll, die gegen ihren Willen an einem Aufenthaltsort und
unter Bedingungen interniert sind, die ihren Familienangehörigen oder
ihren juristischen Vertretern nicht bekannt sind;
●
Bis 2008 leitete die UN-Mission im Kosovo das Polizei- und
Justizsystem, Berichte über vermisste Personen wurden nur
mangelhaft untersucht. Seit 2011 leitet die EULEX die Untersuchungen der Fälle und Verfolgung der Täter;
●
Seit September 2011 ist ein neues Gesetz über vermisste Personen in
Kraft, das alle bis Dezember 2000 vermissten Personen umfasst. In
diesem Gesetz ist das Recht auf Information über das Schicksal der
Vermissten festgelegt;
●
Allerdings fehlt in dem neuen Gesetz das Recht auf
Wiedergutmachung und Kompensation. Nur ganz nahen Angehörigen
wird Zugriff auf Eigentum einer vermissten Person ermöglicht;
●
Ungleiche Behandlung bei staatlicher Unterstützung: Angehörige
vermisster Mitglieder der KLA erhalten € 358,50 pro Monat,
Angehörige ziviler vermisster Personen nur € 135,-;
●
Mangelndes Zeugenschutzprogramm macht es schwer, Täter zu
überführen.
Die Mehrheit der Opfer waren Zivilisten.
„Wenn ich wüsste, wo mein Sohn Albion ist und wenn ich ihn begraben
und Blumen auf sein Grab legen könnte, würde es mir besser gehen“,
Nesrete Kumnova, 2011
2012:13 Jahre später werden noch immer geschätzte 1.797 Personen
vermisst. Bis jetzt wurden rund 1.800 als vermisst registrierte
Personen gefunden, identifiziert und den Familien übergeben. Noch
immer haben viele Familien keine Information über das Schicksal
ihrer Lieben. Und jene Familien, deren tote Angehörige gefunden
und zur Bestattung übergeben wurden, müssen mit dem Bewusstsein
leben, dass die Täter noch immer straffrei sind
Bilder von 4 von Amnesty International Österreich bearbeiteten Fälle von
Verschwundenen aus dem Kosovo (KA=Kosovoalbaner)
Albion Kumnova (KA) Serbin Petrija Piljevic
Albert Dana(KA)
Adrian Qerkezi(KA)