Kleinere Bestellmengen – ist das die Lösung?

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Kleinere Bestellmengen – ist das die Lösung?
Kleinere Bestellmengen – ist das die Lösung?
Im Zeichen der Finanzkrise und der Kostensparprogramme kommen auf den Einkauf
immer wieder die Forderungen nach Einsparungen zu. Ein bewährtes Mittel ist hier die
Reduzierung der Lagermengen und damit Reduzierung der Bestellmengen.
Bei einer Gesamtkostenbetrachtung stellt sich dies aber schnell als Trugschluss heraus:
Definition der optimalen Bestellmenge
Die optimale Bestellmenge bezeichnet den Punkt, an dem die Lager- und Bezugskosten
ihr Minimum annehmen.
Was zunächst einfach klingt wird kompliziert, wenn man sich vor Augen führt, dass
Lager- und Bezugskosten konträre Elemente sind:
Die optimale Bestellmenge ist der Königsweg in einem Zielkonflikt
•
Je höher die georderte Bestellmenge, desto höher fallen die Lagerkosten aus,
während sich die Bezugskosten mindern. Das im Lager gebundene Kapital kann
nicht anderweitig im Unternehmen verwendet werden.
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Je geringer die Bestellmenge, desto niedriger sind Lagerkosten und
Kapitalbindung bei gleichzeitig hoher Lagerumschlagshäufigkeit. Jedoch bedeutet
eine geringe Bestellmenge auch mehr Bestellungen bei gleichem Bedarf und damit
höhere Kosten für Transport und Verpackung. Dem Unternehmen steht aktuell
Kapital zur Verfügung, welches sonst im Lager gebunden wäre.
Dieser Zielkonflikt macht das Bestimmen der optimalen Bestellmenge nötig.
Das Kostenminimum lässt sich wie folgt besteimmen:
Nehmen wir mal folgendes Beispiel an:
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Jahresbedarf: 1.000 Stück
Lagerkosten und Kapitalverzinsung: 20% des durchschnittlichen Lagerwerts.
Kosten je Bestellung: 100 €
Stückpreis: 1 €
Grafische Lösung
Mittels eines Kostengraphen lässt sich bei konstantem Verbrauch ebenso die optimale
Bestellmenge ermitteln:
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Am Minimum der Gesamtkostenkurve
Am Schnittpunkt zwischen Lagerkostengerade und Bezugskostenkurve
Rechnerische Lösung nach Andler
Noch leichter lässt sich die optimale Bestellmenge mit der sogenannten Andler-Formel
berechnen, welche obige graphische Lösung rechnerisch umsetzt:
xo: Optimale Bestellmenge
J: Jahresbedarfsmenge
BK: Bestellkosten
EP: Kaufpreis je Mengeneinheit (auch: Einstandspreis)
LHS: Lagerhaltungskostensatz (Zinssatz + Lagerkostensatz in %)
Beispiel
200 x1.000 x100
1x 20
= 1.000
also optimale Bestellgröße 1.000 Stück
Üblicherweise versucht der Einkauf heute die 1.000 Stück in 10 Bestellungen zu je 100
Stück zu ordern ohne zu berücksichtigen, dass die Bestellkosten für die 10 Bestellungen
alleine schon 10 mal 100 EUR also 1.000 EUR betragen.
Bestellkosten zwischen 50 und 150 EUR sind im Industriebereich laut BME und VDMA
durchaus üblich. Wenn man dann noch die Wareneingangskosten, Prüfkosten und
Einlagerkosten berücksichtigt macht das herunter brechen in kleine Bestellungen immer
weniger Sinn.
Hier der Kostenvergleich:
Bestellung
Produktkosten
Bestellkosten
Lagerkosten
1 mal 1000 Stück
1.000 €
100 €
100 €
10 mal 100 Stück
1.000 €
1.000€ (10 mal 100 €)
100 € ( 10 mal 10€)
Gesamtkosten
1.200 €
2.100 €
Finanzabteilung
Lager
Qualitätssicherung
Wareneingang
Einkauf
Zu den Bestellkosten zählen nicht nur die Kosten der Bestellung im Einkauf, sondern
auch Kosten für Transport, Wareneingang, Wareneingansprüfung, Qualitätskontrolle,
Einlagerung, Rechnungsprüfung, Zahlungsanweisung usw. Dies wird deutlich wenn wir
uns den gesamten Beschaffungsprozess einmal anschauen:
Verfasser: Norbert Kirsch – Quelle: wkibooks