Content and Language Integrated Learning (CLIL)

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Content and Language Integrated Learning (CLIL)
@ wissenschaftplus
Im Fokus: Integriertes Fremdsprachenlernen
Autor:
MAG. DR. MANFRED HÄMMERLE
Direktor BHAK und BHAS Bregenz
Content and Language Integrated Learning (CLIL) im neuen
Lehrplan für die Handelsakademie
Mit dem neuen Lehrplan für die Handelsakademie1 wurde ein entscheidender Schritt in Richtung vermehrtem Einsatz von Content and Language Integrated Learning (CLIL) getan. Ein Plädoyer dafür, dieses innovative Konzept mit Leben zu erfüllen2.
„Nach Abschluss der Handelsakademie verfügen die Schülerinnen und Schüler über die Kompetenz, ... durch integriertes Fremdsprachenlernen (Content and Language Integrated Learning –
CLIL) das für das selbständige und unselbständige Berufsleben
erforderliche Sprachwissen und die Fähigkeit der korrekten Sprachanwendung (Fremdsprachenkompetenz)“ zu nutzen und die
Gesellschaft und Wirtschaft mitzugestalten (ebenda). So lautet –
unter anderem – das allgemeine Bildungsziel im Rahmen des
neuen Lehrplans für Handelsakademien. Die „Allgemeinen didaktischen Grundsätze“ legen CLIL unter anderem als Lehr- und
Lernziel fest. „Wegen der Bedeutung der Fremdsprachenkompetenz für die berufliche Praxis sind Unterrichtssequenzen mit integriertem Fremdsprachenlernen (Content Integrated Learning
– CLIL) von großer Wichtigkeit. Unter CLIL versteht man die
Verwendung der Fremdsprache zur integrativen Vermittlung
von Lehrinhalten und Sprachkompetenz außerhalb des Pflichtgegenstandes Englisch unter Einbeziehung von Elementen der
Fremdsprachendidaktik“ (ebenda). Unter den „Bestimmungen
bezüglich integriertes Fremdsprachenlernen (Content and Language Integrated Learning – CLIL)“ ist zu lesen: „Als fremdsprachlicher Schwerpunkt sind in einzelnen Pflichtgegenständen (ausgenommen die Pflichtgegenstande „Religion“, „Deutsch“
und „Englisch einschließlich Wirtschaftssprache“) ab dem III.
Jahrgang mindestens 72 Unterrichtsstunden pro Jahrgang in Abstimmung mit dem Pflichtgegenstand „Englisch einschließlich
Wirtschaftssprache“ in englischer Sprache zu unterrichten. Die
Festlegung der Pflichtgegenstände und des Stundenausmaßes in
den einzelnen Pflichtgegenständen und Jahrgängen hat durch
schulautonome Lehrplanbestimmungen zu erfolgen“ (ebenda).
Grundsätzlich ist – sofern man ein/e Befürworter/in dieses Prinzips ist – dieser Fortschritt im neuen Lehrplan zu begrüßen, zumal er ein relativ großer ist. Im Lehrplan 2004 ist die Abkürzung
CLIL nicht zu finden. Auch die Verwendung einer Fremdsprache
als Arbeitssprache wird nur in einem sehr bescheidenen Maße
vorgeschlagen.3 Allerdings ist anzumerken, dass die doch eher
allgemein formulierten und keinem Fach zugeordneten Ziele/
Grundsätze auch eine gewisse Gefahr der Unverbindlichkeit beinhalten. Dies stellen auch schon DALTON-PUFFER, et al. (2008,
S. 4) fest. „Die Kehrseite dieser in Österreich praktizierten Offenheit ist eine gewisse Beliebigkeit der Gestaltung und damit auch
die Notwendigkeit, an jedem Standort quasi das Rad neu zu erfinden.“ Sie wurden im Herbst 2007 beauftragt, CLIL in den HTLs
zu untersuchen. Die Ziele des Forschungsprojekts waren einerseits, quantitative Daten im Zusammenhang mit dem Ausmaß
der Anwendung von CLIL, aber auch qualitative Informationen
(Motivation, förderliche und hinderliche Strukturen u. a.) zu erforschen, zu interpretieren und Vorschläge zu machen. Auch in
mehreren anderen Forschungsprojekten (WILLHELMER, 2007,
ORKISZ LANG 2009, STRASSER 2011, HÄMMERLE 2014, u. a.)
werden förderliche und hinderliche Faktoren für das Gelingen
von Content and Language Integrated Learning vorgeschlagen,
aber auch die eher unverbindliche Umgangsweise mit CLIL in
Österreich thematisiert.
In diesem Text sollen deshalb Vorschläge für eine erfolgreiche Implementierung von CLIL, das auch im „europäischen
Kontext Hochkonjunktur“ (WOLFF, 2011) hat, gemacht werden.
Allerdings soll auch vor zu euphorischen Erwartungen gewarnt werden. „Es wäre jedoch ratsam, vor das Erfolgsverspre-
»»1 BGBl. II Nr. 209/2014 vom 27. August 2014
»»2 D ieser Aufsatz basiert auf der Dissertation des Verfassers (2014). Textstellen aus derselben wurden in diesem Text nicht markiert. Betreuer der Dissertation: Prof. Dr. Herbert Altrichter, JKU Linz
»»3 Die Verwendung einer Fremdsprache als Arbeitssprache wird unter IT-Bezug bei der Volkswirtschaftslehre vorgeschlagen.
wissenplus 2–14/15 I
[ WISSENSCHAFT
chen eine Analyse von Gelingensbedingungen zu stellen und
eine kontextbezogene Einschätzung dessen, was in welchem
Praxiskontext möglich ist“ (Appel, 2011).
Auf eine detaillierte Darstellung des Begriffs wird verzichtet
bzw. auf andere Quellen verwiesen.4 Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Begriffe Englisch als Arbeitssprache, Content
and Language Integrated Learning und bilingualer Unterricht
in der Literatur für sehr ähnliche Fragen im Zusammenhang
mit der Verwendung einer Fremdsprache als Arbeitssprache
verwendet werden. Ebenfalls soll angemerkt werden, dass sich
dieser Text auf Englisch bezieht. Ausschließlich Englisch als
Fremdsprache in einem Sachfach zu verwenden, ist auch die
Intention des zuständigen Ministeriums. Schließlich sei festgestellt, dass sich die in diesem Text verfassten Vorschläge –
aufgrund des fachlichen Hintergrundes des Autors – vor allem
auf Fragen der Wirtschaftsdidaktik kombiniert mit einer Didaktik für CLIL konzentrieren.
Ist für CLIL eine eigene Didaktik notwendig?
Von verschiedenen Seiten wird bemängelt, dass ein Konzept für eine Didaktik des bilingualen Unterrichts fehlt (vgl.
WILDHAGE, OTTEN, 2003, S. 22 ff.). Dies gilt auch für die vor
allem in Österreich favorisierte Bezeichnung CLIL. Was ist das
Besondere an CLIL? Abbildung 1 versucht dies darzustellen.
Weder Vorschläge aus der allgemeinen Didaktik noch aus der
Sprach- und Wirtschaftsdidaktik sind ausreichend, um diese
Form des Unterrichtens vollständig zu erklären. Während beispielsweise beim Sprachenunterricht eindeutig das Lernen der
Sprache in verschiedenen Dimensionen im Zentrum der Überlegungen steht, gilt beim fachlichen Lernen dem Fachlichen
die Aufmerksamkeit. Bei CLIL sind beide Fragen zu diskutieren und zu einem Neuen zu integrieren. Allgemeine didaktische Überlegungen, wie beispielsweise das Berliner Modell, die
bildungstheoretische Didaktik oder der handlungsorientierte
Unterricht liefern Kategorien und Handlungsalternativen für
Überlegungen zu einer Didaktik für CLIL.
Fachdidaktik
Inhalt
Sprache
Sprachdidaktik
Unterricht
Allgemeine Didaktik
Abbildung 1: Elemente einer Didaktik für CLIL
Die Vorschläge, die in diesem Text aufgelistet und argumentiert
werden, sollen entlang von möglichen Elementen einer Didaktik für diese Unterrichtsform gemacht werden.
Argumente für den Einsatz von CLIL
Es kann festgestellt werden, dass der Einsatz von CLIL mit einem gewissen Aufwand und gleichzeitig mit einem Risiko verbunden ist. Deshalb erscheint es wichtig, sich mit den Vorteilen
und Problembereichen, die im Zusammenhang mit dieser Unterrichtsform argumentiert werden, auseinanderzusetzen.
Der Mehrwert von CLIL wird mit folgenden Argumenten untermauert (vgl. WILDHAGE, OTTEN, 2003, S. 18 ff., FINKBEINER,
2002, S. 14).
»» Die Schüler/innen entwickeln die Fähigkeit, in fachlich bzw.
beruflich relevanten Problemstellungen in Englisch zu
kommunizieren.
»» Dadurch, dass sich der Unterricht in erster Linie auf das Fach
und nicht auf die Sprache konzentriert, steigert sich die Unterrichtsbeteiligung und damit die Anwendung der fremden
Sprache.
»» Es erhöht sich die Bereitschaft, Sprachen zu lernen, und das
Interesse, sich mit fremden Kulturen auseinanderzusetzen.
Englisch wird von den Lernenden als Lingua franca anerkennt. Sie identifizieren sich zumindest mit Teilen der englischsprachigen Kulturen.
»» Die Schüler/innen sind ungezwungener. Sie haben keine Angst
Fehler zu machen, weil Fehler in der Sprache keine Sanktionen nach sich ziehen und weil der/die Englischlehrer/in nicht
zuhört (vgl. WILDHAGE, OTTEN, 2003, S. 19). Dazu ist allerdings anzumerken, dass nach Beobachtungen des Verfassers
die Lehrpersonen, die Englisch unterrichten, in den vergangenen Jahren ihren Stil geändert haben, indem sie mehr Wert
auf Fluency statt Accuracy legen, indem sie beispielsweise
Schüler/innen bei sprachlichen Fehlern weniger verbessern.
»» Fast alle Unterrichtsgegenstände bieten geeignete Themen und
Inhalte für EAA (vgl. WOLFF, 1996). VONDERAU (2004, S. 108
ff.) nennt mehrere Argumente für den Einsatz von Englisch
im Wirtschaftsunterricht: berufliche Anwendungen, Begriffe in der Fachpresse, Englisch als Geschäftssprache in der
Finanzwelt, Lingua franca in der Informationstechnologie.
Es ist Vonderau auch zuzustimmen, wenn sie anmerkt, dass
Lernen im Wirtschafts-Unterricht im großem Umfang auch
Begriffslernen ist (vgl. ebenda, S. 153).
»» Es ist nicht sehr schwer, geeignete Unterrichtsmaterialien zu
finden. Die englischsprachige Literatur ist oft wesentlich verständlicher, praxisnaher und mit Beispielen angereichert.
»» EAA erhöht den Wortschatz der Schüler/innen. Es ist eine tiefere
fachliche Auseinandersetzung möglich.
»» EAA ist effizient, weil gleichzeitig Inhalt und eine Fremdsprache gelernt werden. Schüler/innen mit sehr guten Eingangsvoraussetzungen in Englisch können besonders gefördert werden.
HEINE (vgl. 2013, S. 216 ff.) hat verschiedene Forschungsprojekte analysiert und zur Frage des sprachlichen Mehrwertes von
CLIL zusätzlich zum Genannten Folgendes erforscht:
»» Die Lernenden sind beim Hör- und Leseverstehen sowie bei
der Textkonstruktion teilweise bedeutend besser.
»» Teilweise sind auch Vorteile in lexikalischer und morphosyntaktischer Hinsicht erkennbar.
»» Die Schüler/innen verwenden die Fremdsprache in diskurspragmatischer Hinsicht sachbezogener.
»» Auch in der Language Awareness sind die Schüler/innen besser.
»»4 Eine Auflistung der Begriffe liefert u.a. Vonderau (2004, S 24). Hallet (2005, S 12) zeigt verschiedene Formen des bilingualen Lehrens und Lernens auf.
II wissenplus 2–14/15
[ WISSENSCHAFT
Kritische Stimmen
Es gibt aber durchaus auch eine Reihe von kritischen Stimmen
(vgl. u. a. OESTREICH, GROGGER, 1997). Diese Einwände gilt es
zu diskutieren.
»» Das fachliche Niveau geht verloren, wenn statt auf Deutsch
in Englisch unterrichtet wird.
»» Wird der Unterricht nicht von einer in Englisch sehr gut
ausgebildeten Lehrperson durchgeführt, leidet sogar das
sprachliche Niveau.
»» Die Schüler/innen haben auch – wie PISA verrät – in der
deutschen Sprache Mängel, sodass es viel dringender ist,
Deutsch zu lernen.
»» Die Schüler/innen lernen nur die Begriffe in Englisch, nicht
aber in Deutsch. Ein Beispiel aus unserer Schule5: Ein Lehrer
fragt die Schüler/innen: „Was wisst ihr über Aktien und Anleihen?“ Antwort: „Nichts!“. Der entsetzte Lehrer erklärt die
Wertpapiere: „Ah“, rufen die Schüler/innen. „Sie meinen Shares and Bonds!“ Die Folge: blankes Entsetzen beim Lehrer,
der auch der Direktor dieser Schule war.
»» CLIL ist für die Lehrpersonen eigentlich unzumutbar, weil
zusätzlicher Vorbereitungsaufwand notwendig ist.
»» VONDERAU (2004, S. 45 ff.) merkt an, dass „... die sprachliche Wirksamkeit bilingualer Modelle nicht erforscht“ und
daher unsicher ist. „Quantitative und qualitative Vorstellungen bezüglich der sprachlichen Ziele, die erreicht werden
sollen, sind entweder gar nicht explizit formuliert oder divergieren deutlich“ (ebenda). APPEL (2011) hält fest, dass die
„... empirische Evidenz für das Bonusargument ... rar ...” sei.
Nützlich ist nach Erfahrung des Autors, sich die Frage zu stellen, in welchen Bereichen des Sprachenlernens ohne allzu großen Einsatz und ohne den Lehrpersonen, die Englisch unterrichten, ins „Gehege zu kommen“, für die Lernenden tatsächlich ein Mehrwert zu erzielen ist und gleichzeitig die berechtigt
formulierten negativen Aspekte zu minimieren sind. Dazu werden in diesem Text Vorschläge gemacht.
Intensität des Einsatzes der Fremdsprache
Wie intensiv soll die Fremdsprache im Fachunterricht eingesetzt werden? ABUJA, HEINDLER (1993) schlagen folgende Varianten vor:
»» Variante 1 – Phasenweiser Einsatz: Das heißt beispielsweise auf Betriebswirtschaft umgesetzt, dass ein besonders
geeignetes Kapitel ganz oder teilweise in Englisch erarbeitet wird. Besonders geeignet ist nach Auffassung des Autors
das Thema „Internationale Geschäftstätigkeit“ (vgl. ABUJA,
HEINDLER, 1993, S. 12).
»» Variante 2 – Skills: Hier geht es darum, bestimmte Fertigkeiten zu erlernen, die dann in verschiedenen Fächern angewendet werden können. Hier könnte die Präsentationstechnik als Beispiel dienen (vgl. ABUJA, HEINDLER, 1993, S. 12).
»» Variante 3 – Einsatz in Kleinprojekten: CLIL kann beispielsweise bei Kleinprojekten eingesetzt werden (vgl. ABUJA, HEINDLER, 1993, S. 12). Nach Auffassung des Autors
können auch größere Projekte in Englisch durchgeführt
werden. Eine Besonderheit ist die Möglichkeit, die Diplomarbeit, die in manchen Schulformen, wie zum Beispiel in der
»»
Handelsakademie, im Abschlussjahr verfasst werden muss,
in Englisch zu gestalten.
Variante 4 – Intensiver Einsatz der Fremdsprache: Diese
Variante eignet sich beispielsweise für Ausbildungsschwerpunkte.
Damit unterscheidet sich Österreich von Deutschland, wo
teilweise Maximalpositionen vertreten werden, dass der Unterricht vollständig in der Fremdsprache stattfindet (vgl. VONDERAU, 2004, S. 46). Dies entspräche in Österreich der Variante
4. Allerdings gibt es auch dort Tendenzen, die Fremdsprache
in abgestufter Form anzubieten (vgl. CHRIST, 1999). Für flexible Formen des bilingualen Unterrichts mit einzelnen Unterrichtssequenzen wird dabei der Begriff Module verwendet (vgl.
WILDHAGE, 2002). Die unterschiedlichen Einsatzarten von CLIL
können nach Auffassung des Verfassers auch zweidimensional
dargestellt werden (vgl. Abbildung 2). Die Varianten entsprechen
den oben beschriebenen.
Intensität 1
Intensität 2
Intensität 3
Intensität 4
Variante 1
Variante 2
Variante 3
Variante 4
Abbildung 2: Eine Matrix für CLIL
Kriterium für die Intensität ist der Einsatz der Fremdsprache. Es
wird also vorgeschlagen, die Intensität des Einsatzes derselben
abzustufen.
»» Intensität 1: Es werden vermehrt fremde Fachbegriffe in
den Unterricht aufgenommen. Manches Mal wird ein einfacher Text auf Englisch gelesen bzw. ein Arbeitsblatt mit
Arbeitsanweisungen in der Fremdsprache bearbeitet.
»» Intensität 2: Es werden vermehrt englischsprachige Materialien und Medien (u. a. DVD, Video, Audio, WWW) eingesetzt.
Der Schwerpunkt liegt allerdings bei der Muttersprache.
»» Intensität 3: Hier verlagert sich der Schwerpunkt der Kommunikation zum Englischen. Die Schüler/innen werden bei
Präsentationen aufgefordert, Englisch zu sprechen. Es werden schwierige Texte eingesetzt. Die Erklärung erfolgt aber
in starkem Maße auf Deutsch.
»» Intensität 4: Der komplette Unterricht wird auf Englisch
abgehalten. Deutsch ist die Ausnahme. Dies wäre der klassische bilinguale Unterricht.
Diese abgestufte Betrachtungsweise hat verschiedene Vorteile:
»» Es wird das unterschiedliche Niveau sowohl der Schüler/innen als auch der Lehrpersonen berücksichtigt.
»» Ein Hineingleiten in die fremde Sprache wird möglich
(vgl. DALTON-PUFFER, et al., 2008, S. 154).
»»5 Diese Erfahrung hat die frühere Schulleitung meiner Schule nachhaltig beeinflusst und war unter anderem der Grund für deren kritische Haltung zu CLIL.
wissenplus 2–14/15 III
[ WISSENSCHAFT
»» Die Kritik, dass Lehrpersonen nicht über genügend Fremdsprachenkenntnisse verfügen, wird entkräftet. Lehrkräfte
können – ihren eigenen Fähigkeiten entsprechend –
beispielsweise in den Unterricht einmal einen englischen
Text einfließen lassen oder ein Video einsetzen, ihren Unterricht aber vorwiegend in deutscher Sprache halten.
Ab wann wirklich davon gesprochen werden kann, dass CLIL
umgesetzt wird, muss natürlich diskutiert werden. Nicht das
sture Festhalten an einer Variante, sondern die „richtige“ Diagnose der Situation, des Faches und des sprachlichen Könnens
und darauf abgezielte Lernstrategien werden entscheidend
sein. Als Orientierung gelten auf jeden Fall die im Lehrplan
vorgeschriebenen 72 Stunden. Der 100-% Einsatz von Englisch
ist eher kritisch zu betrachten, weil Mehrsprachigkeit – also
auch die Förderung der deutschen Sprache (Begriffe, Redewendungen u. a.) – erlernt werden soll (ebenda).
r/innen in die Lage, in der fremden Sprache in wissenschaftlich
fundierter und fachlich wie fachsprachlicher angemessener
Weise 1. über ihre eigenen Erfahrungen, ihre eigene Lebenswelt und ihren eigenen Kulturraum ... (Zielfeld I), 2. über Phänomene, Gegebenheiten und Sachverhalte der zielsprachlichen
Kulturen und Gesellschaften (Zielfeld II) und 3. über Phänomene, Gegebenheiten und Sachverhalte von kulturübergreifender, kulturunabhängiger, globaler oder universaler Bedeutung“ ... „Zielfeld III zu kommunizieren“ (HALLET 1998, S. 119).
Diese Kommunikation über eine Sache/über Inhalte kann sehr gut
von einer sachkompetenten Person übernommen werden. Allerdings ist wieder darauf zu achten, dass mit sprachlich einwandfreien Materialien gearbeitet wird.
II
Teilaspekte der Sprache lernen
WILDHAGE, OTTEN (vgl. 2003, S. 27) präsentieren als mögliche
Ziele des Fremdsprachenunterrichts folgende four skills:
»» Hör-/Sehverstehen, Sprechen, Leseverstehen, Schreiben
»» linguistische Kompetenzen: Aussprache/Intonation, Wortschatz, Grammatik, Orthografie
»» interkulturelle Kompetenzen (Perspektivenwechsel, Rollenübernahme, Empathie)
»» methodische Kompetenzen (Lern- und Arbeitstechniken)
Phänomene und
Sachverhalte der
zielsprachlichen
Kulturen und
Gesellschaft
kulturunabhängige
kulturübergreifende globale
und universale
Phänomene und
Sachverhalte
(other country
und culture)
(intercommunity)
III
Ziele,
Inhalte,
Gegenstände
des bilingualen
Sachfachunterrichts
Phänomene und Sachverhalte
der eigensprachigen Kultur
und Gesellschaft
(own country und culture)
I
Abbildung 3: Bilingual Triangle, HALLET 1998, S. 119
Durch die Verwendung von englischsprachigen Originalmaterialien
im Rahmen des Fachunterrichts wird das Hör- und das Leseverständnis gefördert und gleichzeitig kann dem Argument begegnet werden, dass nicht entsprechend ausgebildete Lehrpersonen im Rahmen von CLIL „falsches“ Englisch verwenden. Das Internet, aber
auch andere Ressourcen bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten.
Gut angewendet, kann CLIL einen Beitrag für die neue Reife- und
Diplomprüfung leisten, weil Hör- und Leseverständnis Teile der
schriftlichen Prüfung sind und an Bedeutung gewinnen werden.
Die Förderung von linguistischen Kompetenzen kann nicht
das Ziel von CLIL sein. Dies ist die Aufgabe der Lehrpersonen,
die Englisch unterrichten. Eine sehr wichtige Ausnahme ist die
Wortschatzarbeit. Sie ist eine der zentralen Aspekte des Einsatzes
von Englisch als Arbeitssprache. Englische Fachbegriffe sind in
vielen Bereichen, aber insbesondere in der Wirtschaft, nicht
mehr wegzudenken. Eine fachlich ausgebildete Lehrperson ist
wahrscheinlich besser imstande, wirtschaftliche Fachbegriffe
zu erklären als eine Lehrperson, die zwar Englisch, aber nicht
Wirtschaft studiert hat. Man denke beispielsweise an die Begriffe Cost/Income Ratio, Leverage Effect, Return on Equity, Return on Investment, Cash flow, Working Capital und viele andere mehr. Es ist allerdings darauf zu achten, dass die Schüler/innen
die Begriffe auch auf Deutsch lernen und erklären können. Dies
kann beispielsweise mittels Vokabellisten geschehen. Es ist allerdings anzumerken, dass es für manche der erwähnten Begriffe gar kein deutschsprachiges Äquivalent gibt. Das beweist
die Durchdringung des Englischen in die deutsche Sprache.
Auch im Bereich der interkulturellen Kompetenzen kann CLIL einen Beitrag leisten. „Das bilinguale Lernen versetzt die Schüle-
»»6 Code-Switching ist der gezielte Wechsel der Sprache zwischen Deutsch und Englisch.
IV wissenplus 2–14/15
Als hervorragendes Beispiel hat sich der Umgang mit den Fotos
für die Werbekampagne von Oliviero Toscani in den USA im
Vergleich zu Europa erwiesen. Kulturelle Aspekte können in
vielen verschiedenen Fächern diskutiert werden. Ein fachlich
fundiertes Wissen kann den Lernprozess fördern.
Konzentration auf den Inhalt – Niveauverlust vermeiden
Bei CLIL hat das Sachfach Vorrang vor dem Lernen der Fremdsprache (vgl. VONDERAU, 2004, S. 310, ff.). Diese Maxime sollte nicht
vergessen werden. Bevor beispielsweise die Schüler/innen weniger
an Begriffen, Strukturen, Problemlösungsstrategien, Zusammenhängen u. a. lernen, sollten bei der Sprache Kompromisse
eingegangen werden. Das heißt, dass auf Deutsch unterrichtet
wird bzw. Code-Switching6 stattfindet. Um einen Niveauverlust
zu vermeiden, ist die exakte Auswahl geeigneter Themen von
entscheidender Bedeutung. Lehrpersonen, die CLIL verwenden,
sollten sich bei der Auswahl der Stoffinhalte auf die Grundstrukturen konzentrieren. Dies deshalb, weil meistens keine zusätzlichen Unterrichtsstunden vorgesehen sind und CLIL sicher zeitaufwendiger ist. Neben Code-Switching werden folgende Strategien zur Vermeidung von Niveauverlust vorgeschlagen:
»» Sprachliche Eingangsvoraussetzungen der Schüler/innen: Je
besser die sprachlichen Eingangsvoraussetzungen der Schüler/innen sind, desto leichter ist es, Inhalte auf Englisch zu unterrichten. Dabei gibt es Themen, die aufgrund ihrer Komplexität
höheres sprachliches Niveau erfordern, andere ein geringeres. Es ist daher sinnvoll, dass im Lehrplan CLIL ab dem III.
[ WISSENSCHAFT
»»
Jahrgang vorgeschlagen wird. Eine Abstimmung mit der LehrAbbildung 4 zeigt ein Arbeitsblatt, das der Begriffsarbeit dient.
person, die Englisch unterrichtet, ist im Lehrplan vorgesehen.
Die Schüler/innen ordnen in Gruppen jeden Begriff den 4 Ps (proEine Anpassung der Unterrichtmethoden an das sprachliche
duct, price, place, promotion) zu. Die Begriffe wurden in engNiveau der Schüler/innen ist sehr nützlich. Besonders gut vorlischer Sprache beschrieben, werden in der Nachbereitung auf
geförderte Schüler/innen können beispielsweise bei PräsentatioDeutsch erklärt. Dieses Blatt kann als Beispiel für eine einfache
nen oder anderen beim Verfassen von (auch längeren) Texten
handlungsorientierte Unterrichtsmethode gesehen werden.
auf Englisch helfen. Bei diesen ist es auch kein Problem, den
Die Schüler/innen arbeiten in Gruppen selbständig, dadurch ist
Unterricht vollständig auf Englisch zu gestalten. Sie nehmen
differenziertes Lernen möglich.
keinen großen Unterschied wahr.
Betriebserkundungen die in Englisch abgehalten werden.
Adäquate Unterrichtsmaterialien: Sie sind im klasTop purchase criteria for drilling & demolition
sischen Unterricht sehr wichtig, in CLIL aber unbe1st Mention
other Mentions
dingte Voraussetzung. Es ist besser, fertig vorbereitete
Price
37
52
 TM89
Materialien zu verwenden, wenn davon ausgegangen
17
20
 TM37
Quality
werden kann, dass sie professionell lektoriert wur31
Good services 3
 TM34
den. Selbst erstellte Materialien bergen die Gefahr der
13
15
Reliability
 TM28
sprachlichen Mängel. In diesem Fall sollte unbedingt
purchease criteria – Kriterien für den Kauf eines Gutes
19
 TM27
Durability 8
reliability – Zuverlässigkeit
eine Abstimmung mit einer in der Fremdsprache
9
11
Performance
 TM20
[%] durability – Haltbarkeit
performance – Leistung
professionell ausgebildeten Lehrperson erfolgen. VerRepair Service 1 15
 TM16
availability – Verfügbarkeit
TM
schiedene Schulbuchverlage bieten eigens erstellte
efficiency – Wirksamkeit
13
Brand 6 7 
n = 218
englischsprachige Schulbücher an. Diese können eine
Availability 5
Vokabellisten
TM
1
3
Efficiency
4

wertvolle Unterstützung beim Unterricht sein.
Please note: figures are rounded and may not always
Other 5
22
 TM27
add up to 100 for 1st mentions
Unterrichtsstrategien zwischen
Instruktion und Konstruktion7
Abbildung 5: Nachbereitung von Betriebserkundungen
Unterrichtsmethoden
Betriebserkundungen
Methodenvielfalt ist im klassischen Unterricht wichtig, bei CLIL
noch wichtiger, weil Inhalte in einer fremden Sprache gelernt
werden sollen und weil meist mit unterschiedlichen Lernstilen gearbeitet wird. Manche Schüler/innen lernen mehr, wenn
sie Inhalte hören oder sehen, andere wenn sie einen Text lesen.
Methodenvielfalt spricht unterschiedliche Sinneskanäle an, ist
abwechslungsreich und damit lustvoller, flexibler und ertragreicher im Hinblick auf die unterschiedlichen Lernziele.
Folgende Methoden eignen sich besonders gut, einzelne davon
werden anhand kleiner Beispiele illustriert.
Nach Möglichkeit soll der Betrieb durch einen Native Speaker
präsentiert werden. Abbildung 5 zeigt eine PowerPoint-Folie
aus einer authentischen Fallstudie, die von einem Native Speaker dieser Firma präsentiert wurde. Die Vokabelliste wurde für
die Nachbesprechung vom Verfasser ergänzt.
»» Case Studies (inkl. englischer Originaltexte)8: Diese fördern
unter anderem die Lese-, aber auch die Problemlösungskompetenz der Schüler/innen.
»» Schüler/innenpräsentationen (inkl. selbstständig gefertigter Medien): Es eignen sich beispielsweise die Präsentation
von Firmen aufgrund der Recherchen von Schülern/SchüKlassische Arbeitsblätter – Arbeit mit Begriffen
lerinnen9.
»» Arbeit mit Videos (Origivending
payment
presting
brand
advertising
line filling
wholesaler
nalsprache Englisch mit und
machine
after delivery
pricing
ohne Native Speaker): Es ist
product
public
market
terms of
optional
franchising
quality
heute leicht, hervorragend
bundle pricing relations
penetration
payment
features
geeignete Videos zu finden,
product
CRM
transport
publicity
free samples
sponsorship
mailings
launch
die allerdings didaktisch,
beispielsweise mit Fragen,
captive prod- market
give
production
economies of personal
packaging
uct pricing
skimming
away
cost
scale
selling
aufbereitet werden müssen.
distribution
market
psychological diversifica»
»
Diplomarbeit (mit Doppelcommercials
guarantee
going rate
channels
coverage
pricing
tion
betreuung Inhalt und Spraproduct
ware-housche): Dieses „Meisterstück“
point of sale
inventory
price tags
banner
sell off
life cycle
ing
von CLIL, nämlich die Verproduct
fassung der Diplomarbeit
BOGOF
media plan
supply chain
service
design
DAGMAR
range
in Englisch, ist sprachlich
brand – a make or product, which can be recognised by a name or by a design
Abbildung 4: Arbeit mit Begriffen
besonders gut vorgefördervending machine – machine which provides products
ten Schülern/Schülerinnen
payment after delivery – payment for goods at an agreed date after delivery
prestige pricing – giving products or services high prices
vorbehalten.
»»7 Auf das Thema Unterrichtsmethoden wird im nächsten Kapitel näher eingegangen.
»»8 E in Beispiel dazu finden Sie in: Hämmerle, M.: Marketing Strategy of Global Player Heineken, in: Lindner, J., Tötterström, B.: Case Studies, Wirtschaft verstehen – Zukunft gestalten,
Verlag Hölder, Pichler Tempsky, Wien, 2009, S. 85–91
»»9 Oft verfügen Unternehmen bereits über Präsentationen, die in Englisch geschrieben sind. Diese sollen dann von den Schülern/Schülerinnen entsprechend angepasst, reflektiert und präsentiert werden.
wissenplus 2–14/15 V
[ WISSENSCHAFT
»»
»»
Diskussionen mit Impulsen bzw. Impulsfragen (MEYER,
2005, S. 209). Besonders geeignet erscheint die Besprechung
kultureller Gemeinsamkeiten und Unterschiede, weil der
emotionale Charakter, der hinter kulturellen Unterschieden steckt, den Willen der Schüler/innen zur Auseinandersetzung fördert.
Frontalunterricht (Vortrag und fragend erarbeitend):
Auch der klassische Frontalunterricht eignet sich dazu. Zu
beachten ist allerdings, dass Inhalte visualisiert und konkretisiert werden. Der Dialog soll ebenfalls durch Impulse
bzw. Fragen gefördert werden. Das Wechselspiel zwischen
Methoden, die die Konstruktion von Wissen fördern, und instruierenden Methoden, basierend auf sinnvollen Problemstellungen, scheint ein adäquates Mittel zu sein (MANDL, 2004,
S. 48 ff.), weil dies den oben genannten Methodenmix fördert
und unterschiedlichen Lernstilen gerecht wird.
Auswahl der Themen
Die Bedeutung der richtigen Auswahl der Themen ist bei CLIL
nicht zu unterschätzen. VONDERAU (2004, S. 136) präsentiert
dazu eine Matrix. Als Kriterien wählt sie einerseits die sprachliche und andererseits die inhaltliche Komplexität. Anhand dieser
Matrix kann die Eignung bestimmter Themen/Unterrichtsfächer
bewertet werden, aber auch überlegt werden, wie ein sinnvolles
Heranführen der Schüler/innen an CLIL bewerkstelligt werden
könnte.
voll geeignet, auch im Anfangsunterricht und als Rahmen für
bilinguales Methodentraining
geeignet
I
Inhalt nachvollziehbar, lebensnah,
kognitiv gut zu bewältigen
+
fremdsprachliche Realisierung bekannt oder erschließbar
II
Inhalt nachvollziehbar, lebensnah,
kognitiv gut zu bewältigen
+
fremdsprachliche Bearbeitung als
Herausforderung/Hürde
III
Inhalt abstrakt, geringe Anschaulichkeit, kognitiv anspruchsvoll
+
fremdsprachliche Realisierung
bekannt oder erschließbar
IV
Inhalt abstrakt, geringe Anschaulichkeit, kognitiv anspruchsvoll
+
fremdsprachliche Bearbeitung als
Herausforderung/Hürde
bedingt geeignet bei Einsatz geeigneter Materialen und Lernverfahren oder vorweggenommener
Entlastung in L1
nicht geeignet
Abbildung 6: Matrix zur Themenauswahl (VONDERAU 2004, S. 136)
Weitere Kriterien, die VONDERAU vorschlägt (ebenda, S. 133):
„Ziele des bilingualen Unterrichts: fachliche, sprachliche,
interkulturelle
»» fachlich-kognitives Anspruchsniveau des Themas,
»» methodisches Anspruchsniveau des Themas,
»» Umfang und Art des verfügbaren Materials,
»» Beherrschung des Themas durch die Lehrkraft,
»» motivationales Potential des Themas“
»»
Lehrpersonen
Nachdem der Lehrplan viele Freiheiten bei der Auswahl derjenigen Lehrpersonen bietet, die ihr Sachfach ganz oder teilweise
auf Englisch unterrichten werden, kann sich die Schulleitung
VI wissenplus 2–14/15
oder die Konferenz der Lehrpersonen anhand von Kriterien geneigte und geeignete auswählen. ABUJA/HEINDLER (1993, S. 15
ff.) unterscheiden vier Arten der Vorbildung von Lehrkräften,
die für CLIL infrage kommen.
»» Native speaker, die für österreichische Schulen ausgebildet
sind.
»» Lehrkräfte, die in Englisch und einem Sachfach ausgebildet
sind.
»» Teams aus native speaker und einer im Sachfach ausgebildeten Lehrkraft.
»» Fachleute mit sehr guten Englischkenntnissen.
Nicht jede Schule wird diese Kriterien erfüllen können. Deshalb müssen weitere Überlegungen eine Rolle spielen, soll der
Lehrplan erfüllt werden.
»» Authentische Unterrichtssituationen können mit Materialien und Medien geschaffen werden. Anders formuliert, gut
ausgewählte Materialien können den Native Speaker im Unterricht teilweise ersetzen und inspirierende Unterrichtssituationen schaffen.
»» Im Zentrum steht der Fach- und nicht der Sprachunterricht.
Eine gute CLIL-Stunde kann beispielsweise auch darin bestehen, dass ein englischer Text gelesen, Arbeit an Begriffen
geleistet wird und die Ergebnissicherung auf Deutsch erfolgt. Damit werden mehrere Lernziele erreicht. Die Schüler/innen erhöhen auf Dauer ihre Lesekompetenz in der Fachsprache, sie lernen Fachbegriffe in zwei Sprachen kennen;
und sprachlich weniger geförderte Schüler/innen haben die
Möglichkeit, sich auf Deutsch die wesentlichen Inhalte des
Textes zu erarbeiten.
Es ist allerdings keine Frage, dass ein gut harmonisierendes
Team aus Fach- und Sprachlehrern/-lehrerinnen eine ideale
Lösung ist. OTTEN (2003, S. 218) bemängelt, dass – „... wenngleich die allgemeine Literatur zum fächerübergreifenden
und fächerverbindenden Lernen unterdessen fast unübersehbar geworden ist ...“ – die Zusammenarbeit in der Schule immer noch sehr gering sei. Die Erfahrung des Autors ist
ähnlich. Nach wie vor gibt es in den Schulen eine wenig ausgeprägte Struktur der Teamarbeit. Dazu bietet die Individualisierung den Lehrpersonen zu viele Vorteile. Eine Zusammenarbeit muss den erkennbaren Nutzen für beide/alle Teammitglieder bringen, weil es ja angesichts der budgetären Situation kaum denkbar ist, zwei Lehrpersonen für eine Gruppe zu
bezahlen. Erfolgreich waren aber beispielsweise gemeinsame
Projektwochen, gemeinsame Lehrer/innenfortbildung oder
die Zusammenarbeit mit einem Englisch-Assistenten/einer
Englisch-Assistentin.
„Can you Englisch“ – mikropolitische Aspekte von CLIL
Wie oben angemerkt, gibt es kritische Stimmen zur Verwendung von Englisch in einem Sachfach. Die Kritik wird
einerseits mit den oben angeführten Argumenten begründet, andererseits sehen manche Lehrpersonen, die Englisch
unterrichten, CLIL eher als Konkurrenz denn als Kooperationsangebot. „Dass eine Rationalität in einer Organisation
vorherrscht, ist ein Mythos.“ (ALTRICHTER/SALZGEBER, 1996,
S. 99). Lehrpersonen, die sich für CLIL engagieren, meinen,
dass sie etwas „Gutes“ für die Schule tun. Dabei haben insbe-
[ WISSENSCHAFT
sondere im Bereich der Bildung Ziele ideologischen Charakter. Sie sind von Wertvorstellungen dominiert (vgl. ebenda,
S. 100). „Die vorgegebenen Ziele sind in der Praxis der Organisation nicht so klar“ (ebenda). Da werden dann Initiativen
von einzelnen Lehrpersonen als „Gschafftelhuberei“ abgetan
und es wird manches Mal unterstellt, dass man wohl „etwas
werden möchte“ (ebenda, S. 108). Da wird dann eben argumentiert, dass die Sprachkenntnisse einer Lehrperson, die
nicht Englisch studiert hat, zu gering sind (vgl. u. a. ABUJA,
HEINDLER, 1993, S. 15 f.). Gunther Abuja hat den oben angeführten, selbstverständlich ironisch gemeinten Titel für ein
Seminar für CLIL in Vorarlberg verwendet und damit doch die
Problematik angedeutet. Genauso könnte man allerdings argumentieren, dass Lehrkräfte, die in Englisch, aber nicht im
Fach (beispielsweise in Betriebswirtschaft) geprüft sind, über
zu geringe Kompetenz in der Sache verfügen. Dies umso mehr,
als dass bei CLIL die Sache durchaus über die Sprache gestellt
werden kann, nach Auffassung des Verfassers sogar werden
soll. Der Verfasser hat selbst einmal in einem Seminar, das
vor allem von Lehrpersonen, die Englisch unterrichten, besucht wurde, erlebt, dass die Begriffe Retailer und Sole Trader
verwechselt wurden. Die Seminarleiterin meinte: „Diese Arbeitsblätter habe ich in ganz Österreich verwendet, Sie sind
der erste, der diesen Fehler bemerkt.“
Sinnvoller und in Überstimmung mit den Zielen des neuen
Lehrplans ist eine Kooperation mit den Lehrpersonen, die Englisch unterrichten. Die vom Team um MinR Ingrid Weger gestalteten Fallstudien zum Thema „Internationale Wirtschaft“
(WEGER, 2009, S. 11) sind insbesondere aus Sicht von CLIL sehr
interessant und ein sehr gutes Beispiel für eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen, die Englisch unterrichten, und Wirtschaftspädagogen/-pädagoginnen, weil diese
Beispiele einerseits inhaltliches und andererseits sprachliches
Lernen fördern.
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Die Zusammenarbeit mit Anglisten/Anglistinnen im Unterricht fördert ebenfalls das Niveau, weil sich die jeweilige
Lehrperson auf ihre Stärken konzentrieren kann.
Zeitliche Flexibilität ist hilfreich, weil sie unterschiedliche
Methoden unterstützt und hilft, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Die Möglichkeit des Blockunterrichtes kann
hilfreich sein, weil längere Aufgabenstellungen (z. B.: Case
Studies) vollständig bearbeitet werden können.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind sehr wichtig, weil
sie beispielsweise sichern, dass Schüler/innen mit schlechterem Sprachniveau bei der Bewertung im Sachfach nicht benachteiligt werden. Ebenfalls hilfreich sind entsprechende
Hinweise in Lehrplänen bzw. Curricula.
Ausbildungen im Rahmen von Lehrgängen können helfen,
personelle Lücken zu schließen, und auch interessierten
Lehrpersonen neue Herausforderungen ermöglichen.
Die Schulbehörden könnten ihr Commitment zu den Intentionen des Lehrplans dadurch zeigen, dass sie einerseits Unterstützung im Rahmen ihrer Möglichkeiten anbieten und
andererseits eine gewisse Kultur der Einforderung der Umsetzung von CLIL implementieren.
Y
Rahmenbedingungen für CLIL
Für manche Schule wird CLIL neu eingeführt werden, für
andere kann der neue Lehrplan Anlass für einen „Relaunch“
des Angebotes in CLIL sein, andere werden ihre schon vorhandenen Aktivitäten unverändert fortsetzen. Für alle seien
Vorschläge zur Gestaltung der Rahmenbedingungen aufgelistet.
»» Ab Beginn sollte eine Teambildung stattfinden, in der sich
interessierte Lehrpersonen über die Themen/Inhalte/Intentionen und die Anzahl der Stunden verständigen. Es sollte
überlegt werden, wie bei den Schülern/Schülerinnen ein Lerneffekt erzielt werden kann. Die Zusammenarbeit mit den
Lehrpersonen, die Englisch unterrichten, sollte diskutiert
werden. Dazu kann sicherlich eine klare Struktur für CLIL
sehr nützlich sein (DALTON-PUFFER, et al., 2008, S. 152). Teil
dieser Struktur sollte eine immanente Evaluierung sein, um
Schwachstellen zu finden und entsprechende Entwicklungen zu fördern.
»» Ein gut ausgestatteter Raum hilft, weil dadurch recht einfach viele Medien eingesetzt werden können und eine angenehme Atmosphäre geschaffen werden kann. Außerdem
sollten in der Schulbibliothek Bücher, Fachzeitschriften,
DVD und andere Materialien, die den Sachunterricht in der
Fremdsprache unterstützen, vorhanden sein.
wissenplus 2–14/15 VII
[ WISSENSCHAFT
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