MIEt- UND WoHNUNGSEIGENtUMSRECHt
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MIEt- UND WoHNUNGSEIGENtUMSRECHt
Miet- und Wohnungseigentumsrecht Miet- und Wohnungseigentumsrecht Keine Mietminderung für vorhersehbaren Baulärm Dr. Robert Castor | Castor @ kaufmannlutz.com Die Frage, ob Baulärm in der Nachbarschaft zur Mietminderung berechtigt, hat wiederholt die Gerichte beschäftigt. Das AG Pankow-Weißensee hat in seiner Entscheidung vom 21.04.2009 (Az.: 102 C 11/09) nun dazu Stellung genommen, in welchen Fällen eine Mietminderung ausgeschlossen ist, weil die Störungen für den Mieter schon bei Abschluss des Mietvertrages vorhersehbar waren. Das Gericht hat seiner Entscheidung folgenden Leitsatz vorangestellt: sache zusammenhängt, dass eine Mietminderung gerechtfertigt ist. Bei erheblichen Störungen durch Bauvorhaben in der Nachbarschaft haben die Gerichte aber regelmäßig einen Mangel angenommen. Eine Mietminderung für Baulärm scheidet aus, wenn eine Baulücke im innerstädtischen Bereich geschlossen wird. Liegt ein Mangel der Mietsache vor, ist auf einer zweiten Stufe zu prüfen, ob die Mietminderung im Einzelfall nicht aufgrund bestimmter mietrechtlicher Vorschriften ausgeschlossen ist. Eine Mietminderung kommt nach § 536b BGB etwa dann nicht in Betracht, wenn dem Mieter der Mangel bei Mietvertragsabschluss bekannt war. 1. Sachverhalt 3. Entscheidung des AG Pankow-Weißensee Hintergrund der Entscheidung war die Mietminderung eines Wohnungsmieters, der durch Lärm- und Staubemmissionen einer benachbarten Großbaustelle beeinträchtigt wurde. Durch das Bauvorhaben wurde – bei einer im Übrigen geschlossenen Bebauung – eine Baulücke geschlossen. Auch die Entscheidung des AG Pankow-Weißensee knüpft an die Vorschrift des § 536b BGB an. Das Gericht geht – wie schon verschiedene Gerichte zuvor – (vgl. LG Berlin, Urteil vom 09.11.2007, Az.: 63 S 155/07) davon aus, dass der Mieter schon dann mit einer Bautätigkeit rechnen muss, wenn das Bauvorhaben in einer beim Mietvertragsabschluss bereits vorhandenen Baulücke errichtet wird. In diesen Fällen ist eine Mietminderung also ausgeschlossen. Gleiche Überlegungen sollen nach der Rechtsprechung auch dann gelten, wenn ein Sanierungsbedarf in der Umgebung des Mietobjektes offensichtlich gewesen ist (LG Berlin, Urteil vom 02.04.2007, Az.: 62 S 82/06). 2. Problemstellung In der Rechtsprechung ist grundsätzlich anerkannt, dass auch sogenannte „Umweltfehler“, also Störungen des Mieters durch Dritte, einen Mangel der Mietsache darstellen können, die zur Minderung der Miete berechtigen. In erster Linie geht es dabei um Lärmimmissionen, denkbar sind aber auch andere Störungen wie Einschränkungen des Zugangs zum Gebäude, Verschattungen o.ä. Das zentrale Problem bei solchen Umweltfehlern ist die Grenzziehung zum „allgemeinen Lebensrisiko“, das nicht auf den Vermieter abgewälzt werden darf. Es ist also im Einzelfall zu prüfen, ob es sich um eine Beeinträchtigung handelt, die so eng mit der Miet- Recht Aktuell 4/2009 4. Praxistipp Vor dem Hintergrund, dass der Vermieter etwaige Mietminderungen oft nur mühsam oder auch nur teilweise von den Verursachern erstattet erhält, wird auf Vermieterseite regelmäßig versucht, Minderungsansprüche wegen Umweltfehlern vertraglich auszuschließen oder einzuschränken. 21 Miet- und Wohnungseigentumsrecht Bei der Wohnraummiete sind solche vertraglichen Regelungen ausgeschlossen, da Mietminderungen auch durch Individualvereinbarungen nicht abbedungen oder zum Nachteil des Mieters eingeschränkt werden können. Bei Gewerberaummietverhältnissen ist die Rechtsprechung hingegen uneinheitlich: Während ein Teil der Rechtsprechung es als zulässig ansieht, die Minderung auf solche Mängel zu beschränken, an deren Entstehen und Fortdauer den Vermieter ein Verschulden trifft (LG Hamburg, Urteil vom 16.06.2004, Az.: 311 O 291/03), geht der Bundesgerichtshof (BGH) zuletzt davon aus, dass auch solche Klauseln unwirksam sind. In seiner Entscheidung vom 23.04.2008 hat der BGH folgende Klausel für unwirksam erklärt (BGH, Urteil vom 23.04.2008, Az.: XII ZR 62/06): „Eine Minderung der Miete ist ausgeschlossen, wenn durch Umstände, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (z.B. Verkehrsumleitung, Straßensperrungen, Bauarbeiten in der Nachbarschaft u.s.w.,) die gewerbliche Nutzung der Räume beeinträchtigt wird (z.B. Umsatz- und Geschäftsrückgang).“ Schadensersatzanspruch des Mieters bei unwirksamer Kündigung durch den Vermieter Dr. Sebastian Schwartz | Schwartz @ kaufmannlutz.com 1. L eitsätze (BGH, Urteil vom 08.04.2009, Az.: VIII ZR 231/07) Einem Mieter, der auf eine Kündigung wegen eines vorgetäuschten Eigenbedarfs hin auszieht, stehen Schadensersatzansprüche wegen unberechtigter Kündigung auch dann zu, wenn die Kündigung zwar formell unwirksam ist, der Vermieter ihm den Eigenbedarf aber schlüssig dargetan und er keine Veranlassung hatte, die Angaben des Vermieters in Zweifel zu ziehen. Darf der Mieter das Räumungsverlangen des Vermieters materiell für berechtigt halten, wird sein Schadensersatzanspruch nicht dadurch ausgeschlossen, dass er – in der Vorstellung, zur Räumung des Mietobjekts verpflichtet zu sein – sich mit dem Vermieter auf eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses einigt. 2. Sachverhalt Im Jahr 1977 schlossen die Parteien einen Wohnraummietvertrag. Ab Juni 2001 sprach der Vermieter durch seinen Rechtsanwalt mehrere Kündigungen des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs aus. Die 22 Kündigungsschreiben selbst enthielten indes keine Gründe. Der Vermieter wies die Mieterin lediglich mündlich mehrere Male darauf hin, dass er nunmehr pensioniert sei. Deshalb solle der Wohnsitz von den USA wieder nach Deutschland verlegt werden. Hierzu wolle man in das vermietete Haus einziehen; dies auch deshalb, weil in der Nähe die zu betreuende Mutter lebe. Der Vermieter kündigte der Mieterin für den Fall der nicht rechtzeitigen Räumung an, dass er sowohl die Kündigung als auch etwaige Schadensersatzansprüche notfalls gerichtlich geltend machen werde. Am 04.10.2002 einigten sich die Parteien sodann auf eine Auszugsvereinbarung, aufgrund derer die Mieterin am 16.10.2002 auszog. Am 09.11.2002 bot der Vermieter das Objekt über einen Makler zum Verkauf an. Hiervon erfuhr die Mieterin und erklärte mit Datum vom 26.11.2009 die Anfechtung des Aufhebungsvertrages wegen arglistiger Täuschung und Irrtums. Zu einer Veräußerung des Grundstücks kam es in der Folgezeit nicht mehr. Die Mieterin forderte die Rückgabe des Objekts, Schadensersatz und Schmerzensgeld. Außerdem begehrte sie die Feststellung, dass der Vermieter ihr künftige Schäden zu ersetzen habe. Recht Aktuell 4/2009