Worum geht`s überhaupt?
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Worum geht`s überhaupt?
Vorbemerkungen Inhaltliche Fragen zu dieser Übung (zur Vorlesung: Dozenten fragen!)? Æ [email protected] Vorlesung Wirtschaftsprivatrecht Organisatorische Fragen zur Übung/Vorlesung/Klausur etc.? Æ [email protected] Æ [email protected] [email protected] Übung Einheit 1: Willenserklärungen, Auslegung Wichtige Fälle finden sich auf http://www.marx.de/ unter materialien/universität Bitte immer einen BGB-Text mitbringen! Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Vorbemerkungen Beispielsfall Worum geht's überhaupt? A haut dem B in der Kneipe den Ellbogen auf die Nase, weil er nicht aufgepasst hat, wer hinter ihm steht. Der B bekommt Nasenbluten und versaut sich sein neues Hemd. Zivilrechtliche Ansprüche Anspruch? = Das einw Tun, Æ WRecht, er will as Dulden von wem woraus? oder Unterlassen fordern zu können (§ 194 BGB) Gläubiger Anspruchsziel Schuldner Also: Wer will was von wem woraus? Anspruchsgrundlage Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 3 Beispielsfall: Die W-Fragen 4 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Beispielsfall: Die Anspruchsgrundlage Wer? Der B ist Gläubiger und will Von wem? von A, dem Schuldner Was? - ein neues Hemd, - dass der A sich entschuldigt, - ein Taschentuch, - die Kosten für die Reinigung ersetzt etc. Woraus? Tja… Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 2 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 5 § 823 BGB (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Signum Sectionis: Paragraf Absatz Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tatbestand: Wenn… Rechtsfolge: …dann 6 1 „Lösung“ Die Subsumtion Fahrlässig: nicht sorgfältig genug: Hier (+) § 823 BGB Subsumtionsfrage: Erfüllt ein Sachverhalt den Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm? (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Das ist hier der A Das sind die verletzten Rechtsgüter Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Das schuldet A dem B 7 Obersatz: Was müsste dafür der Fall sein? Definition: Wann ist das (im Allgemeinen) der Fall? Subsumtion: Passt der Sachverhalt (im speziellen Fall) hierauf? Ergebnis: Der Sachverhalt erfüllt (nicht) den Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm http://de.wikipedia.org/wiki/Subsumtion_%28Recht%29 8 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Fall 5 Beispielsfall: Wie formuliert der Jurist? Der B könnte gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB haben. Dazu müsste A das Eigentum, die Gesundheit oder den Körper des B verletzt haben. Das Nasenbluten ist Folge einer Körperverletzung und die Beschmutzung des Hemdes stellt eine Eigentumsbeeinträchtigung dar.Dies geschah auch widerrechtlich. Obersatz Außerdem hätte A zumindest fahrlässig handeln müssen. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Die nötige Definition Sorgfalt hätte es hier erfordert, dass sich B vergewissert, mit seinem Ellbogen niemanden zu verletzen. SubsumtionIndem sich A nicht vorher umdrehte, Ergebnis hat er die nötige Sorgfalt nicht beachtet und handelte somit fahrlässig. 9 Universität Hamburg A schuldet dem B demnach Ersatz seines Schadens… Institut für Recht der Wirtschaft Fall 5 Sachverhalt Unternehmer U plant eine Feier zum 50jährigen Firmjubiläum. Seine Sekretärin legt ihm in einer Unterschriftenmappe die dazugehörigen Einladungsschreiben für besonders bedeutende Gäste U unterschreibt schnell alle in der Mappe befindlichen Schreiben, ohne sich diese näher anzusehen. Es stellt sich sodann heraus, dass sich in der Unterschriftenmappe auch eine Warenbestellung an die K-AG befand, die U zwar geplant hatte, letztendlich aber doch nicht durchführen wollte. Die K-AG nimmt das Angebot erfreut an und verlangt den Kaufpreis. Die Rechnung lässt U zunächst einige Wochen ohne Reaktion liegen. Muss er auf die Mahnung der K-AG den Kaufpreis zahlen? 10 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Fall 5 Anspruch K-AG gegen U Vertragsschluss • Voraussetzungen eines wirksamen Vertragsschlusses gem. §§ 145 ff. BGB: • Anspruch der K-AG gegen U auf Kaufpreiszahlung? Kaufpreiszahlung Anspruch? ¾ zwei übereinstimmende, in Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen (Angebot und Annahme) Anspruchsgrundlage (AGL): § 433 II BGB = Das Recht, ein Tun, Dulden oder Unterlassen fordern zu Anspruchsgrundlage? können (§ 194 BGB) der AGL: Voraussetzungen § 433 BGB = Der rechtliche Grund, warum (2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer Zustandekommen eines wirksamen Kaufvertrages jemand (Gläubiger) von jemandem etwas den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die iSd § 433 kann BGB verlangen gekaufte Sache abzunehmen. Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 11 Fall: Erfüllt das Bestellschreiben des U den Tatbestand einer Willenserklärung und stellt daher ein Angebot an die K-AG dar? Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 12 2 Fall 5 Fall 5 objektiver Tatbestand einer Willenserklärung Willenserklärung • äußere Erklärungshandlung (Setzen eines Erklärungszeichens) • Willensäußerung, • die auf Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist • gerichtet auf die Herbeiführung bestimmter Rechtsfolgen ¾ Willenserklärung beinhaltet • mit erkennbarem Rechtsbindungswillen Erklärung - objektiven Erklärungstatbestand ¾ ausdrücklich ¾ konkludent ¾ (durch Schweigen) - subjektiven Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 13 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Fall 5 objektiver Erklärungstatbestand Fall 5 subjektiver Tatbestand einer Willenserklärung Problem: • 1. Handlungswille Auf wen kommt es an, wenn es um Erkennbarkeit geht? ¾ Wille, überhaupt etwas bewusst zu tun oder zu unterlassen Æ konstitutiv für das Vorliegen einer Willenserklärung objektiver Dritter in der Person des Erklärungsempfängers… Fall: • 2. Erklärungsbewusstsein ¾ Bewusstsein, überhaupt irgendeine rechtserhebliche Erklärung abzugeben (h.M.: potentielles Erklärungsbewusstsein ausreichend; wenn der Erklärende bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, sich im rechtserheblichen Bereich zu bewegen) …musste von einer verbindlichen Warenbestellung ausgehen Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 15 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Fall 5 subjektiver Tatbestand einer Willenserklärung Fall 5 subjektiver Erklärungstatbestand • 3. Geschäftswille • Handlungsbewusstsein (+) ¾ Wille, ein ganz bestimmtes Rechtsgeschäft abzuschließen (z. B. der Wille einen Mietvertrag über einer bestimmte Wohnung zu einem bestimmten Preis abzuschließen) • Erklärungsbewusstsein ? 16 U ging nicht davon aus, eine rechtserhebliche Erklärung abzugeben, da er in dem Glauben war, ein Einladungsschreiben zu unterzeichnen (Fehlt der Geschäftswille, schadet das der Wirksamkeit der Willenserklärung grds. nicht – Anfechtung) Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 14 17 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 18 3 Fall 5 Fall 5 • herrschende Meinung: POTENTIELLES Erklärungsbewusstsein ausreichend • Interesse des Erklärenden: ¾ Interesse daran, dass keine Willenserklärung angenommen wird ¾ genügend, wenn der Erklärende bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, sich im rechtserheblichen Bereich zu bewegen abzuwägen gegen • Verkehrsschutz des Empfängers: ¾ Pro Annahme der Willenserklärung 19 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 20 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Fall 5 Fall 5 Fall: • Anfechtung der Willenserklärung ? U hat sich die Schreiben in der Unterschriftenmappe nicht angesehen, sondern quasi mechanisch unterzeichnet Æ Sorgfaltsverstoß) ¾ Potentielles Erklärungsbewusstsein (+) ¾ auch der subjektive Tatbestand der Willenserklärung liegt vor, womit U ein wirksames Angebot abgegeben hat mit Wirkung der rückwirkenden Nichtigkeit der WE gem. §§ 119, 142 BGB? ¾ Anfechtungsfrist gem. § 121 BGB: unverzüglich nach Entdeckung des Irrtums Fall: hier Versäumnis der Frist nach § 121 BGB, ¾ aufgrund der Annahme durch die K-AG ist ein wirksamer Kaufvertrag iSd § 433 BGB zustande gekommen 21 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Fall 4 Fall 4 Sachverhalt Honoraranspruch A gegen B-GmbH Die B-GmbH plant eine erhebliche Erweiterung ihres Betriebsgeländes. Das zu erwartende Bauvolumen beträgt 5 Mio €. Um sich einen Überblick über die technischen und planerischen Möglichkeiten zu verschaffen bittet die B den Architekten A, ein Plankonzept vorzustellen. Dies geschieht. Als die Baumaßnahmen durchgeführt werden, beauftragt die B-GmbH den Architekten X mit den dazugehörigen Architektenund Ingenieurleistungen. A ist verärgert und verlangt für die Plankonzeption das ihm nach Der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zustehende Honorar. Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 22 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 23 • Vertragsschluss zwischen A und der B-GmbH? • Vertragstyp? ¾ Werkvertrag gem. § 631 BGB - über die bloße Tätigkeit des Verpflichteten hinausgehend da auf die Herbeiführung eines Erfolges gerichtet (Abgrenzung zum Dienstvertrag iSd § 611 BGB) (Fall: Architektenvertrag: Planung als abgeschlossenes geistiges Werk = Erfolg) Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 24 4 Fall 4 Fall 4 Vergütung • Verbindliche Einigung zwischen A und der B-GmbH über die Erbringung entgeltlicher Architektenleistungen? • Grundsätzlich der Parteivereinbarung zu entnehmen • Mangels Vereinbarung: übliche Vergütung § 632 II BGB bestehende Taxe (gesetzl. Gebührenordnung: Fall: HOAI) 25 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Fall 4 daher ¾ Nicht empfangsbedürftige Willenserklärung Willenserklärungen ¾ Testament, Auslobung wie z.B. Gestaltungserklärungen: (Erklärung einer Kündigung, der Anfechtung) Objektiver Empfängerhorizont natürliche Auslegung: Ermittlung d. Geschäftswillens 27 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 26 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft normative Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB natürliche Auslegung gem. § 133 BGB • Objektiver Empfängerhorizont = WE so zu verstehen, wie sie ein objektiver Dritter in der Position des Empfängers verstehen musste • Ermittlung des Geschäftswillens • Ausnahme: Parteien haben übereinstimmend etwas anderes gemeint, als sie erklärt haben. - dann ist keiner schützenswert - es gilt das wirklich Gewollte die (übereinstimmende) Falschbezeichnung schadet nicht) gegenüber abzugeben ist - gem. § 130 I S. 1 BGB empfangsbedürftig ist + zugehen muss) normative Auslegung: Auslegung der Willenserklärungen Auslegung von WEn Empfangsbedürftige ¾ bei einigen einseitigen RechtsRechtsgeschäften (wenn WE einem anderen Ausdrücklich: Ausdrücklich keine Vereinbarung Fall 4 Auslegung von WEn ¾ bei Verträgen: Antrag+Annahme ¾ Fall 4 - wirklicher Wille des Erklärenden maßgebend (mag auch etwas ganz anderes erklärt worden sein) Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 28 Fall 5 • Fall: A handelte im Hinblick auf eine möglichst lukrative Gesamtbeauftragung • § 632 I BGB: im Zweifel stillschweigende Vergütungsvereinbarung ¾konkrete Bauentscheidung war bei der B-GmbH jedoch noch nicht gefallen ¾Kontakte vor dem Vertragsschluss zwischen Bauherr und Architekt üblich und erforderlich und die planerische Grundkonzeption ist für die Beauftragungsentscheidung von maßgeblicher Bedeutung (Akquisitionsphase für den Architekten) ¾objektiver Empfängerhorizont: zum fraglichen Zeitpunkt ist von keiner entgeltlichen Beauftragung auszugehen jedoch nur, wenn die Leistung nur gegen Entgelt zu erwarten ist Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 29 Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft 30 5