Die Zukunft der Veranlagung – Interview mit Felix Pennwieser

Transcrição

Die Zukunft der Veranlagung – Interview mit Felix Pennwieser
Zukunft der Veranlagung
8
Veranlagung: „Produktverkauf war früher –
jetzt ist Dienstleistung und aktive
Verwaltung gefragt“
Interview mit Felix M. Pennwieser, MBA, Geschäftsführer der Pennwieser GmbH; Dr. Herbert Samhaber, Vorstandsvorsitzender der Samhaber & Partner
Vermögensverwaltungs-AG; Mag. Christian Tury, Geschäftsführer der Tury Invest GmbH und KommR.Mag.Ing. Johann Wally,
Leiter der Ombudsstelle des Fachverbandes der Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer Österreich
AssCompact: Die Finanzmärkte haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Diese Veränderungen
haben viele Kunden verunsichert. Wie kann man das Vertrauen der Kunden im Beratungsgespräch aus Ihrer Sicht
am besten aufbauen beziehungsweise zurückgewinnen –
haben Sie dafür ein besonderes Rezept?
April 2013
Felix M. Pennwieser,
MBA: Mein wichtigstes
Rezept ist, dem Kunden
gut zuzuhören und zu
hinterfragen was er
wirklich will. Ich empfehle darüber hinaus
ausschließlich Produkte, die mein Kunde auch
verstanden hat und er
davon überzeugt ist.
Dr. Herbert Samhaber:
Der Schlüssel ist das
Vertrauen der Kunden
Felix M. Pennwieser, MBA
in die Fähigkeiten und
das Wissen des Fachmannes zu generieren. Daher versuche ich meine Erfahrung und mein Wissen im Kundengespräch zu transportieren. Dabei achte ich darauf, dass die Botschaft ankommt. Fachwissen nutzt im Beratungsgespräch wenig,
wenn es nicht gelingt mit den Kunden auf verständliche
Art und Weise zu kommunizieren.
Mag. Christian Tury: Die Kunden wurden weniger von
den Finanzmärkten als von intransparenten Finanzprodukten verunsichert. Man muss sich auf die Bedürfnisse
der Kunden einlassen und das gemeinsam erarbeitete
Ertragsziel transparent und konsequent verfolgen! Dafür soll der Berater direkt von den Kunden – ohne Bestands- oder sonstige produktbezogene Provisionen, die
ausschließlich dem Kunden gutzuschreiben sind – mit
einer fixen und einer performanceabhängigen Gebühr
entlohnt werden.
„Die Kunden wurden weniger von den Finanzmärkten als von intransparenten Finanzprodukten verunsichert.“
Mag. Christian Tury
KommR.Mag.Ing. Johann Wally: Durch die Finanzkrise sind die Kunden natürlich kritischer geworden als
bisher. Die Beratung wird dadurch noch intensiver. Es
wird wesentlich tiefer nachgefragt und das Vertrauen
kann man nur durch Weiterbildung und damit durch
einen sehr hohen Wissenstand wiedergewinnen.
AC: Wie sehen Sie die Zukunft der Veranlagung – wie
wird sie sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren aus Ihrer Sicht entwickeln und wo werden die Trends hingehen?
Felix M. Pennwieser, MBA: Ich denke, dass die finanzielle Repression (Zinsen sind niedriger als die Inflationsrate) weitergehen wird und somit Realvermögensverluste auf Raten passieren. Ohne Risiko wird es
meiner Ansicht nach keinen realen Vermögenserhalt
(Kaufkrafterhalt) mehr geben. Wenn die Notenbanken weiterhin die Märkte mit billigem Geld fluten,
spricht sehr viel für die Aktie – insbesondere von Un-
ternehmen mit soliden Bilanzen und zukunftsträchtigen Geschäftsmodellen.
Dr. Herbert Samhaber: Der Weg führt
weg vom Produktverkauf hin zur
Dienstleistung der
aktiven Verwaltung.
Das volatile Marktumfeld erhöht die
Notwendigkeit die
Möglichkeit von raschen Depotanpassungen zu haben.
Mag. Christian Tury:
Für eine effiziente
Dr. Herbert Samhaber
volkswirtschaftliche
Ressourcenallokation wird die Finanzbranche den seit der Finanzkrise eingeschlagenen Weg der Erneuerung fortsetzen: Mit weniger Input wird man einen höheren Output dauerhaft erzielen (müssen).
KommR.Mag.Ing. Johann Wally: Die Zukunft der Veranlagung ist schwer abzuschätzen, da die Krise ja leider
noch nicht vorbei ist. Die Kunden legen natürlich derzeit wesentlich mehr Wert auf Sicherheit und werden
das auch in der überblickbaren Zukunft tun. Sicher ist,
dass im Moment viele Anleger ihr Geld in Immobilien
investieren. Dort sind auch noch Renditen über der Inflationsrate erzielbar.
AC: Wie sollen aus Ihrer Sicht Anleger auf die aktuelle
Marktsituation reagieren? Was ist die richtige Strategie in
Zeiten hoher Inflation und niedriger Sparzinsen?
Felix M. Pennwieser, MBA: Als erstes soll jemand der
noch Schulden hat diese zurückbezahlen. Als zweiten
Schritt sollte für den Ruhestand ausreichend vorgesorgt
werden. Wenn noch immer genügend Geld übrig bleibt, würde ich es
diversifiziert in Aktien, Anleihen
von Schwellenländern und Edelmetallen veranlagen.
Mag. Christian Tury: Man sollte bei
allen Finanzprodukten auf die Qualität sowohl der Unternehmen als
KommR.Mag.Ing. Johann Wally: Vorab ist zu sagen,
dass die Inflation derzeit nicht wirklich sehr hoch ist.
Richtig ist, dass die Zinsen aktuell sehr niedrig sind.
Derzeit gilt eigentlich bei der Beratung, nicht wirklich
die Rendite in den Mittelpunkt zu stellen, sondern auf
Erhalt des Vermögens zu achten.
AC: Sicherheitsdenken oder Rendite – worauf legen die
Anleger momentan den größeren Wert bzw. inwieweit hat
sich die Krise aus den Köpfen der Menschen schon wieder
verabschiedet?
Felix M. Pennwieser, MBA: Die Mehrheit würde ich als
sicherheitsorientiert einstufen. Speziell beim Kleinanleger sitzt die Krise schon noch in den Knochen.
„Ich denke, dass die finanzielle Repression
weitergehen wird und somit Realvermögensverluste auf Raten passieren. Ohne Risiko
wird es meiner Ansicht nach keinen realen
Vermögenserhalt mehr geben.“
Felix M. Pennwieser, MBA
Dr. Herbert Samhaber: Viele Anleger suchen aktuell
eher Sicherheit als Rendite. Dabei sollte man bedenken,
dass man mit sicheren und vermeintlich sicheren Investments Gefahr läuft reale Kaufkraftverluste zu erleiden.
Außerdem stellt sich die Frage, ob Aktien von global
agierenden Unternehmen oder Sparguthaben, für die
staatliche Garantien gegeben wurden, Staatspleiten O
April 2013
Dr. Herbert Samhaber: Bei der Auswahl der Veranlagungsprodukte
und Dienstleistung sollten sich Anleger die Frage stellen: Was bietet
die Chance die Inflation nachhaltig
zu übertreffen? Meine Antwort lautet: Ein Produktmix unter Beimischung von Aktien und Rohstoffen
mit Anpassung an die Marktentwicklung.
auch der Staaten bzw. Staatenverbände (wie der EU)
achten. Nachhaltige Arbeit wird sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik belohnt werden. Bei hoher
Inflation sind Substanzwerte wie Immobilien, Gold
und Value-Aktien zu favorisieren.
Zukunft der Veranlagung
9
Mag. Christian Tury
10
Zukunft der Veranlagung
(die noch lange nicht abgewendet sind) und andere
Worst Case Szenarien besser überstehen.
Mag. Christian Tury: Die Risikoaversion sowohl der
privaten als auch institutionellen Anleger überwiegt
und wird nach den Bilanzschwindeleien und Produktbetrügereien im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts noch länger anhalten. Das Sicherheitsdenken treibt insbesondere die Nachfrage nach Immobilien, die Renditesuche vor allem jene nach dividendenstarken Aktien.
KommR.Mag.Ing. Johann Wally: Auf diese Frage bin
ich oben schon eingegangen. Das Sicherheitsdenken
und die Vorsicht wird und noch länger begleiten.
Denn wie mein Großvater schon sagte „was man im
Kopf hat, kann einem – egal was passiert – niemand
mehr wegnehmen“.
Dr. Herbert Samhaber: Wir verkaufen keine Einzelprodukte sondern ausschließlich die Dienstleistung der
Vermögensverwaltung. Damit haben unsere Kunden
den Vorteil, dass wir die Depots laufend überwachen
und anpassen. Bildhaft gesprochen könnte man sagen,
dass wir nicht als „Blumenverkäufer“ sondern als „Gärtner“ für unsere Kunden arbeiten.
Am häufigsten wählen Kunden aktuell flexible Verwaltungsarten. In letzter Zeit wurden dynamischere Verwaltungsarten wieder stärker nachgefragt.
„Bei der Auswahl der Veranlagungsprodukte
und Dienstleistung sollten sich Anleger die
Frage stellen: Was bietet die Chance die Inflation nachhaltig zu übertreffen?“
Dr. Herbert Samhaber
Mag. Christian Tury: Aktien von relativ großen Unternehmen (gemessen an der Marktkapitalisierung) mit
nachhaltigen Cash Flows (und Dividenden) sind immer
essentieller Bestandteil einer diversifizierten Veranlagungsstrategie.
KommR.Mag.Ing. Johann Wally: Ich bin seit mehr
als 20 Jahren nicht mehr aktiv im Verkauf tätig, aber
ich sehe in meinem Hauptberuf als Steuerberater,
dass die Anleger wie schon erwähnt vermehrt in Immobilien wechseln.
April 2013
„Durch die Finanzkrise sind die Kunden natürlich kritischer geworden als bisher. Die Beratung wird dadurch noch intensiver.“
KommR. Mag.Ing. Johann Wally
AC: Welche Art von Veranlagung verkaufen Sie aktuell
am meisten und warum? Was kann man ruhigen Gewissens empfehlen?
Felix M. Pennwieser, MBA: Vorsorgeprodukte von
klassisch bis fondsgebunden – weil hier der Bedarf
und die Notwendigkeit am größten sind, um den Lebensstandard meiner Kunden ausreichend zu sichern. Ruhigen Gewissens kann ich nur Investitionen in die Ausbildung der Kinder und der eigenen
Weiterbildung sowie in die Gesundheit empfehlen.
Auch die Beratung von Betrieben bezüglich der betrieblichen Altersvorsorge ist gestiegen und dies wäre
ein noch sehr offener Markt, der nicht nur immense
Zukunft hat, sondern auch für die Lebensplanung
meiner Meinung nach unverzichtbar ist. Das schon
lange existierende Drei-Säulen-Modell wird immer
mehr gefragt werden und sollte massiv in die Beratung einfließen.
AC: Meine Herren, vielen Dank für das interessante
Gespräch!
W