osteoporose arbeitsunfaehigkeit diabetes

Transcrição

osteoporose arbeitsunfaehigkeit diabetes
Ein Engagement der betapharm
Osteoporose
& Soziales
Osteoporose
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3
Auslösende Faktoren
Inhaltsverzeichnis
Diagnostik und Behandlung
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4
4
5
5
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Knochendichtemessung
Medikamentöse Behandlung
Ernährung
Bewegung/Sport
Alternativmedizin
Arbeitsunfähigkeit und finanzielle Leistungen
7
7
7
7
Arbeitsunfähigkeit
Entgeltfortzahlung
Krankengeld
Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung in der
gesetzlichen Krankenversicherung
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13
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Zuzahlung
Zuzahlungsbefreiung bei Erreichen der Belastungsgrenzen
Rehabilitation
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26
26
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28
Allgemeines zur Rehabilitation
Allgemeines zur Medizinischen Rehabilitation
1. Anschlussheilbehandlung
2. Ambulante Rehamaßnahmen
3. Stationäre Rehamaßnahmen
Antrag auf medizinische Rehabilitation
4. Reha-Sport und Funktionstraining
5. Berufsfindung und Arbeitserprobung
Schwerbehinderung
30
30
32
33
34
35
36
38
Schwerbehindertenausweis
Merkzeichen
Merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche
Grad der Behinderung bei Osteoporose
Gleichstellung behindert/schwer behindert
Nachteilsausgleiche in Abhängigkeit vom GdB
Parkerleichterung
Pflege
40
40
41
42
Häusliche Krankenpflege
Häusliche Pflege
Pflegestufen
Inhaltsverzeichnis
1
Inhaltsverzeichnis
Vermeidung von Stürzen
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Soziale Auswirkungen
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Hilfsmittel bei Osteoporose
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49
49
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Hilfsmittel in Haushalt und Freizeit
Kostenübernahme von Hilfsmitteln
Wohnumfeldverbesserung/Wohnungsumbau
Adressen
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Impressum
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Hinweis:
Zur besseren Lesbarkeit wird im Text zum Teil die männliche Form verwendet.
Gemeint sind grundsätzlich weibliche und männliche Personen.
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Inhaltsverzeichnis
Osteoporose
Osteoporose, auch „Knochenschwund“ genannt, ist eine Stoffwechselerkrankung des Skeletts. Sie zählt zu den bedeutenden
chronischen Erkrankungen der heutigen Zeit (WHO).
In Deutschland sind fast 8 Millionen Menschen davon betroffen. Frauen leiden deutlich häufiger an dieser Krankheit
als Männer. Besonders betroffen sind Frauen nach den Wechseljahren, Menschen im höheren Lebensalter und Patienten nach
längerer Cortisonbehandlung.
Ursache der Osteoporose ist eine Reduktion der Knochenmasse und
als Folge daraus die Zerstörung der Knochenstruktur. Knochen
werden brüchig, weil sie an Elastizität und Stabilität verlieren. Dies
kann soweit führen, dass sogar ohne Sturz ein Knochen bricht.
Besonders häufig betroffene Skelettabschnitte sind Wirbelkörper,
Handgelenk, Oberschenkelhals und gelenksnahe Abschnitte des
Oberschenkels. Oberschenkelhalsfrakturen lassen sich als Folgeerscheinung der Osteoporose am sichersten nachweisen.
Die Knochenqualität wird von einem ständigen Auf- und Abbauprozess bestimmt. Wird dieser Prozess gestört, kann der abgebaute
Knochen nicht mehr ersetzt werden, es geht Knochenmasse verloren und der Knochen wird weicher und brüchiger. Bestimmte
Ursachen können diesen Vorgang noch beschleunigen.
Auslösende Faktoren
Erkrankungen wie z. B.:
• chronisch entzündliche Darmerkrankungen
(Morbus Crohn, Colititis ulcerosa),
• Zustand nach Organtransplantation oder Magenentfernung,
• chronisch entzündliche Rheumaerkrankung
(vor allem mit Glucokortikoidbehandlung),
• Einnahme von Antiepileptika,
• Diabetes mellitus Typ I,
• Anorexia nervosa/Bulimie,
• Funktionsstörungen der Nieren, der Leber oder der Schilddrüse.
Nicht beeinflussbare Ursachen:
• Veranlagung (gehäuftes Vorkommen in der Familie)
Beeinflussbare Ursachen:
• Calcium- und Vitamin-D-Mangel
• Alkoholismus
• Hormonstörungen
• Rauchen
• Untergewicht (Body Mass Index unter 20)
Osteoporose
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Diagnostik und Behandlung
Um Folgeerkrankungen einer Osteoporose wie Frakturen möglichst gering zu halten, ist ein frühzeitiges Erkennen besonders
wichtig. Dafür gibt es verschiedene Diagnoseverfahren, die
aber zur Früherkennung nur mehr oder weniger gut geeignet
sind wie z. B. Röntgen, Computertomographie, Ultraschallmessung oder Knochendichtemessung.
Knochendichtemessung
Die Knochendichtemessung (Osteodensitometrie) gilt als eine
der sichersten Methoden. Die Untersuchung erfolgt auf Überweisung des behandelnden Arztes.
Kosten
Will ein Patient eine Knochendichtemessung als Präventionsleistung durchführen lassen, muss er dies selbst bezahlen. Die Kosten
dafür betragen 30,– € bis 60,– €.
Die Krankenkassen übernehmen die Kosten der Knochendichtemessung, wenn bei der Untersuchung eine Osteoporose diagnostiziert wird und eine Fraktur vorliegt.
Medikamentöse
Behandlung
Osteoporose ist eine ernstzunehmende, aber behandelbare
Krankheit. Die Osteoporosebehandlung steht grundsätzlich
auf 3 Säulen:
• Medikamentöse Behandlung
• ausgewogene Mischkost mit hohem Calciumanteil
• Bewegungsprogramm
Nach den heutigen medizinischen Kenntnissen muss die Einnahme
von Östrogenen (weiblichen Hormonen) sehr sorgfältig unter
Abwägung von Nutzen und Risiken entschieden werden. Alternativ stehen mittlerweile andere Medikamente zur Verfügung,
die auf den Knochenabbau ähnlich positive Wirkung haben wie
Hormone.
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Praxistipp
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Diagnostik und Behandlung
Dazu gehören Vitamin D und Calcium als Basistherapie. Um den
Knochenabbau aufzuhalten, werden Bisphosphonate, selektive
Estrogenrezeptormodulatoren (SERMS) eingesetzt. Calcitonin und
Fluoride unterstützen zusätzlich den Knochenaufbau. Welche
Medikamente für den Einzelnen am besten geeignet sind, sollte
mit dem Arzt besprochen werden.
Da die betroffenen Patienten häufig auch unter starken Schmerzen
leiden, muss rechtzeitig mit einer effektiven Schmerztherapie begonnen werden.
Osteoporose gehört zu den zehn häufigsten ernährungsbedingten Krankheiten.
Ernährung
Als Unterstützung einer Osteoporosetherapie hat sich eine calciumreiche Ernährung bewährt.
Die größten Calciumlieferanten sind Milch und Milchprodukte,
calciumreiche Mineralwässer und calciumreiche Gemüsesorten
(z. B. Grünkohl, Lauch, Brokkoli).
Um eine optimale Aufnahme von Calcium zu gewährleisten, sollte
auf phosphatreiche Lebensmittel und Getränke, wie Cola, stark
zuckerhaltige Limonaden, Schmelzkäse, Wurst- und Fleischwaren
verzichtet werden. Ebenso negativ wirken sich oxalatreiche Lebensmittel, z. B. Rhabarber, Spinat, Schokolade und viel Kaffee (mehr
als 4 Tassen pro Tag), aus.
Wichtig für gesunde Knochen ist zudem Vitamin D, da ein
Vitamin-D-Mangel eine verminderte Calciumaufnahme zur Folge
hat. Vitamin D ist vor allem in Seefisch enthalten und wird auch
durch den Einfluss von UV-Licht gebildet. Bereits 10 Minuten
Aufenthalt im Freien während der Sommermonate reichen aus,
um den Tagesbedarf an Vitamin D zu decken. Bei zu geringer
Sonnenbestrahlung vor allem im Winter und bei bettlägerigen
Patienten ist es sinnvoll, Vitamin-D-Präparate zusätzlich zu geben.
Empfohlene Dosis pro Tag: 800 IE.
Viele Krankenkassen bieten Ernährungsberatung zu einem ausgewogenen Speiseplan bei bzw. zur Vorbeugung von Osteoporose.
Außerdem ist über den Buchhandel mittlerweile ein großes Angebot an speziellen Kochbüchern erhältlich.
Die häufigste schwerwiegende Folge von Osteoporose sind
Knochenbrüche in Form von Wirbeleinbrüchen, Oberschenkelhalsbrüchen oder Frakturen am Handgelenk. Um dem vorzubeugen, ist Sport in Maßen und speziell abgestimmtes Funktionstraining unerlässlich.
!
Praxistipp
Bewegung/Sport
Bei den Empfehlungen für Sport wird unterschieden, ob Osteoporose diagnostiziert ist, ob eine bekannte Reduktion der Knochenmasse vorliegt oder ob es bereits zu einem Bruch gekommen ist.
Grundsätzlich ist körperliche Bewegung günstig, da diese hilft, den
Knochenabbau zu bremsen. Das über die Nahrung aufgenommene
Calcium kann am besten in den Knochen eingebaut werden, wenn
man sich ausreichend bewegt. Sport stärkt die Muskulatur, erhält
die Beweglichkeit und erhöht die Koordination. Dadurch kann das
Sturzrisiko vermindert werden.
Diagnostik und Behandlung
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Empfehlenswert sind Gehen, Walking, Laufen und gezielte Kräftigungsübungen rund um die Skelettabschnitte, die besonders bruchgefährdet sind.
Ein Übungsprogramm von ca. 45 bis 60 Minuten ein bis zwei Mal
pro Woche hat sich bezüglich der Knochendichtezunahme bei
Frauen nach den Wechseljahren als effizient erwiesen.
Anleitungen zu solchen Übungsprogrammen geben Physiotherapeuten oder spezielle Osteoporose-Sportgruppen. Auch die
Krankenkassen vermitteln gelegentlich entsprechend angeleitete
Bewegungsgruppen.
Sportarten oder Bewegungen, die ein erhöhtes Bruchrisiko mit
sich bringen, z. B. schweres Heben, sollten Osteoporose-Patienten
vermeiden.
Alternativmedizin
Zur Vorbeugung bzw. Behandlung von Osteoporose gibt es
auch verschiedene Verfahren der sogenannten „alternativen
Medizin“, die jedoch keine Wirksamkeitsnachweise nach
wissenschaftlichen Gesichtspunkten erbringen konnten. Die
Behandlungskosten muss der Patient meist selbst tragen.
• Einnahme von Basensalzmischungen
Eine Übersäuerung des Körpers soll nach Angaben von
Anhängern dieser Behandlungsmethode zu verstärktem
Knochenschwund führen, da Calciumsalze als Puffersubstanzen Verwendung finden.
• Magnetfeldtherapie
Pusierende elektromagnetische Felder sollen den Knochenaufbau stimulieren.
• Vibrationstraining (biomechanische Stimulation)
Die zu behandelnde Person steht auf einer Platte, die in
einem Frequenzbereich von 20 bis etwa 50 Hz vibriert und
durch den Dehnreflex Muskelkontraktionen hervorruft.
Die dabei auftretenden Kräfte sollen den Knochen zum
Wachstum stimulieren.
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Diagnostik und Behandlung
Arbeitsunfähigkeit
und finanzielle Leistungen
Langfristig kann Osteoporose zu Schmerzen, Bewegungseinschränkung, Mühe bei der täglichen Hausarbeit, bis hin zum
völligen Mobilitätsverlust führen.
Eine von drei Frauen über 50 erleidet osteoporotische Knochenbrüche, ebenso wie einer von fünf Männern, was in der Folge, soweit noch im erwerbstätigen Alter, zu Arbeitsunfähigkeit führt.
Arbeitsunfähigkeit (AU) ist ein durch Krankheit oder Unfall
hervorgerufener regelwidriger Körper- oder Geisteszustand,
aufgrund dessen der in der Kranken- und Unfallversicherung
Versicherte seine bisherige Erwerbstätigkeit nicht oder nur
unter Gefahr der Verschlimmerung des Zustandes weiter ausüben kann.
Arbeitsunfähigkeit
Die Arbeitsunfähigkeit ist Voraussetzung für Entgeltfortzahlung
und Krankengeld. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen.
Die Entgeltfortzahlung ist eine arbeitsrechtliche Regelung
(Entgeltfortzahlungsgesetz). Das Gesetz regelt die Zahlung des
Arbeitsentgelts an gesetzlichen Feiertagen und die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall.
Entgeltfortzahlung
Entgeltfortzahlung erhalten alle Arbeitnehmer, auch geringfügig
Beschäftigte, unabhängig von der wöchentlichen Arbeitszeit, die
ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis von 4 Wochen haben. Die
Arbeitsunfähigkeit muss ohne Verschulden des Arbeitnehmers eingetreten sein. Die Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber unverzüglich mitgeteilt werden. Die gesetzliche Anspruchsdauer auf
Entgeltfortzahlung beträgt 6 Wochen. Die Entgeltfortzahlung beträgt 100 Prozent des bisherigen üblichen Arbeitsentgelts.
Krankengeld (§ 44 ff SGB V) erhalten versicherte Patienten
von der Krankenkasse, wenn sie länger als 6 Wochen arbeitsunfähig sind.
Krankengeld
Das Krankengeld ist eine sogenannte Lohnersatzleistung, d. h.: Es
wird nur gezahlt, wenn nach 6 Wochen kein Anspruch (mehr) auf
Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz) besteht.
Voraussetzungen
Arbeitsunfähigkeit und finanzielle Leistungen
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Voraussetzung für den Erhalt von Krankengeld:
• Grundsätzlicher Anspruch auf Krankengeldbezug durch
die Krankenversicherung,
• Arbeitsunfähigkeit aufgrund Krankheit oder
stationärer Behandlung in Krankenhaus, Vorsorge- oder
Rehaeinrichtung auf Kosten der Krankenkasse.
Keinen Anspruch auf Krankengeld haben:
• Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
sowie zur Berufsfindung und Arbeitserprobung, die nicht
nach dem Bundesversorgungsgesetz erbracht werden.
Ausnahme bei Anspruch auf Übergangsgeld.
• Familienversicherte
• Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente, einer
Erwerbsunfähigkeitsrente, einer Vollrente wegen Alters,
eines Ruhegehalts, eines versicherungspflichtigen Vorruhestandsgehalts
• Bezieher von Arbeitslosengeld II
Freiwillig Versicherte
Anspruch auf Krankengeld
Höhe
Die Satzung einer Krankenkasse kann den Anspruch auf Krankengeld für freiwillig Versicherte, die selbstständig tätig sind, ausschließen oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, je
nachdem, welchen Tarif der Versicherte gewählt hat.
Freiwillig Versicherte, die angestellt sind und deren Einkommen
über der Beitragsbemessungsgrenze liegt, bekommen Kranken–
geld. Als monatliches Bruttoeinkommen wird dann die Beitrags–
bemessungsgrenze herangezogen.
Anspruch auf Krankengeld entsteht:
• bei Krankenhausbehandlung mit der Aufnahme, also vom
Beginn der Krankenhausbehandlung bzw. der Behandlung in
Vorsorge- oder Reha-Einrichtungen.
• bei Arbeitsunfähigkeit mit dem auf die ärztliche Feststellung
der Arbeitsunfähigkeit folgenden Tag.
Das Krankengeld beträgt 70 % des regelmäßigen Arbeitsentgelts
(sogenanntes regelmäßiges Bruttoentgelt), maximal aber 90 % des
regelmäßigen Nettoarbeitsentgelts.
Definition „regelmäßig“
Bezüge, die wegen außergewöhnlicher Umstände gewährt
wurden oder ausfielen, bleiben beim „regelmäßigen“ Entgelt
unbeachtet. Einmalige Zahlungen wie z. B. Weihnachtsgeld oder
Urlaubsgeld gehören, wenn sie tatsächlich regelmäßig wiederkehrend geleistet werden, zum „regelmäßigen“ Bruttoentgelt.
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Arbeitsunfähigkeit und finanzielle Leistungen
Bei freiwillig Versicherten über der Beitragsbemessungsgrenze wird
nur das Arbeitsentgelt bis zur Höhe der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt, das ist 2008 ein Betrag von
120,– € (= Beitragsbemessungsgrenze 43.200,– € : 360). Da das
Krankengeld 70 % dieses Arbeitsentgelts beträgt, kann es maximal
84,– € täglich betragen.
Höchstbetrag
des Krankengeldes
Das Krankengeld wird kalendertäglich für 30 Tage je Kalender–
monat gezahlt.
Abgezogen vom Krankengeld werden Sozialversicherungsbeiträge für
die Arbeitslosen-, Pflege- und Rentenversicherung. Die Krankenkasse übernimmt die Beiträge der Krankenversicherung und jeweils
die Hälfte der drei genannten Versicherungen. Damit ergibt sich in
der Regel ein Abzug von 12,58 % bei Krankengeldempfängern mit
Kindern, bzw. von 12,7 % bei kinderlosen Empfängern.
Sozialversicherung
Bei Bezug von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld wird Krankengeld in Höhe dieser Leistungen gezahlt.
Sonderregelung
Krankengeld gibt es wegen derselben Krankheit für eine maximale
Leistungsdauer von 78 Wochen (546 Kalendertage) innerhalb von
je 3 Jahren ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Dabei handelt es sich
um die sogenannte Blockfrist.
Dauer
„Dieselbe Krankheit“ heißt, identische Krankheitsursache. Es genügt,
dass ein nicht ausgeheiltes Grundleiden Krankheitsschübe bewirkt.
Eine Blockfrist beginnt mit dem erstmaligen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit für die ihr zugrunde liegende Krankheit. Bei jeder
Arbeitsunfähigkeit wegen einer anderen Erkrankung beginnt eine
neue Blockfrist. Es ist möglich, dass mehrere Blockfristen nebeneinander laufen.
Blockfrist
Die Leistungsdauer verlängert sich nicht, wenn während der
Arbeitsunfähigkeit eine andere Krankheit hinzutritt. Es bleibt bei
maximal 78 Wochen.
Nach Ablauf der Blockfrist (= 3 Jahre), in der der Versicherte
wegen derselben Krankheit Krankengeld für 78 Wochen
bezogen hat, entsteht ein erneuter Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Erkrankung unter folgenden Voraussetzungen:
• erneute Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit,
• mindestens 6 Monate keine Arbeitsunfähigkeit wegen
dieser Krankheit und
• mindestens 6 Monate Erwerbstätigkeit oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehend.
Arbeitsunfähigkeit und finanzielle Leistungen
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Zeiten, in denen der Anspruch auf Krankengeld zwar theoretisch
besteht, aber tatsächlich ruht oder versagt wird (s. u.), werden wie
Bezugszeiten von Krankengeld angesehen.
Beispiel
Der Arbeitgeber zahlt bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers dessen Arbeitsentgelt bis zu 6 Wochen weiter (§ 3
EntgeltfortzahlungsG), d. h.: Der Anspruch auf Krankengeld
besteht zwar, aber er ruht (§ 49 Abs. 1 SGB V).
Erst danach gibt es Krankengeld. Die 6 Wochen Entgeltfortzahlung werden aber wie Krankengeldbezugszeiten behandelt,
so dass noch maximal 72 Wochen (78 Wochen abzüglich
sechs Wochen = 72 Wochen) Krankengeld gezahlt werden.
!
Praxistipp
Ruhen des Anspruchs
auf Krankengeld
Zahlt der Arbeitgeber bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers
das Entgelt jedoch nicht weiter, obwohl hierauf ein Anspruch nach
§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz besteht, gewährt die Krankenkasse bei Vorliegen der Voraussetzungen das Krankengeld, da
das Krankengeld nur bei tatsächlichem Bezug des Arbeitsentgelts
ruht.
Der Anspruch des versicherten Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung geht dabei auf die Krankenkasse
über.
Anspruch auf Krankengeld ruht
• bei Erhalt von Arbeitsentgelt. Das gilt besonders bei Entgeltfortzahlung (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz) bis zu 6 Wochen.
• bei Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elterngeldgesetz bis zum 3. Geburtstag eines
Kindes. Dies gilt nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor Beginn
der Elternzeit eingetreten ist oder wenn das Krankengeld
aus einer versicherungspflichtigen (Teilzeit-)Beschäftigung
während der Elternzeit errechnet wird.
• bei Bezug von Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld,
Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Winterausfallgeld;
auch bei Ruhen dieser Ansprüche wegen einer Sperrzeit.
• bei Bezug von Mutterschaftsgeld oder Arbeitslosengeld.
• solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht
gemeldet ist. Meldefrist bis zu einer Woche nach Beginn
der Arbeitsunfähigkeit
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Arbeitsunfähigkeit und finanzielle Leistungen
Ausschluss des Krankengeldes bei Bezug von:
• Vollrente wegen Alters aus der Rentenversicherung
• Rente wegen voller Erwerbsminderung oder
Berufsunfähigkeit aus der Rentenversicherung
• Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen Grundsätzen
• Vorruhestandsgeld
Ausschluss
des Krankengeldes
Mit Beginn dieser Leistungen bzw. mit dem Tage der Bewilligung
einer Rente endet der Anspruch auf Krankengeld. Wurden für eine
gewisse Zeit gleichzeitig Rente und Krankengeld gezahlt, so fordert
die Krankenkasse das Krankengeld zurück. Der Versicherte darf
unter Umständen lediglich den Teil des Krankengeldes behalten,
der über die Rente hinausging (sogenannter Spitzbetrag).
Krankengeld wird gekürzt um den Zahlbetrag der:
• Altersrente, Rente wegen Erwerbsminderung oder
Landabgabenrente, jeweils aus der Alterssicherung der
Landwirte (ALG),
Kürzung des Krankengeldes
• Teilrente wegen Alters aus der Rentenversicherung,
• Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
(früher: Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit),
• Knappschaftsausgleichsleistung, Rente für Bergleute,
soweit die Leistung nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder
stationären Behandlung zuerkannt wird.
!
Wenn eine der oben genannten Zahlungen eintrifft, ist dies der
Krankenkasse schnellstmöglich mitzuteilen. Das erspart spätere
Rückzahlungen.
Praxistipp
Wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, kann die Krankenkasse dem Versicherten eine Frist von 10 Wochen setzen, um einen
Antrag auf Rehamaßnahmen zu stellen.
Wegfall des Krankengeldes,
Antrag auf Reha
Wird ein Krankengeldempfänger von der Krankenkasse aufgefordert
einen Antrag auf Rente zu stellen, dann muss er dem innerhalb von
10 Wochen nachkommen. Hat er noch Anspruch auf Krankengeld,
erhält er dieses weiter, bis über den Rentenantrag entschieden ist.
Wegfall des Krankengeldes,
Antrag auf Rente
Arbeitsunfähigkeit und finanzielle Leistungen
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Wird ein arbeitsloser Krankengeldempfänger von der Krankenkasse
aufgefordert, einen Antrag auf Abgestufte Erwerbsminderungsrente zu stellen, wird die Krankengeldzahlung eingestellt und von
der Agentur für Arbeit (ehem. Arbeitsamt) im Sinne der sogenannten „Nahtlosigkeit“ eine Sonderform des Arbeitslosengeldes
bei Arbeitsunfähigkeit gezahlt.
Wenn mit Vollendung des 65. Lebensjahres das Recht auf den Bezug
von Regelaltersrente oder Altersrente aus der Alterssicherung der
Landwirte eintritt, kann die Krankenkasse dem Versicherten eine
Frist von 10 Wochen setzen, um die Rente zu beantragen.
Es liegt im Ermessen der Krankenkasse, ob sie den Wegfall des
Krankengeldes plant und den Versicherten auffordert, innerhalb
von 10 Wochen einen Antrag auf Rente zu stellen.
Kommt der Versicherte dieser Aufforderung nicht fristgerecht
nach, ruht mit Ablauf der Frist der Anspruch auf Krankengeld und
die Mitgliedschaft in der Krankenkasse endet. Wird der Antrag
später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der
Antragstellung wieder auf, aber nicht die Mitgliedschaft.
Ende des Anspruchs auf
Krankengeld – Aussteuerung
Wird der Anspruch auf Krankengeld (78 Wochen Arbeitsunfähigkeit innerhalb von 3 Jahren wegen derselben Erkrankung) ausgeschöpft und ist der Versicherte noch immer arbeitsunfähig,
dann endet seine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieser Vorgang wird auch Aussteuerung genannt.
Die Krankenkasse informiert das Mitglied rund 2 Monate vor der
Aussteuerung darüber. Damit weiter ein Anspruch auf medizinische
Leistungen besteht, ist es wichtig weiterhin Mitglied der Krankenkasse zu bleiben.
Es gibt folgende Möglichkeiten:
• Freiwillige Versicherung bei der Krankenkasse
• Familienversicherung (wenn z. B. der Ehemann oder
die Ehefrau Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist)
• Beantragung von Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit,
einer Sonderform des Arbeitslosengeldes im Sinne der
Nahtlosigkeit
!
Praxistipp
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Ist abzusehen, dass der Krankengeldbezug endet, sollte sich der
Betroffene unbedingt rechtzeitig mit der Krankenkasse in Verbindung
setzen, um den künftigen Versicherungsschutz zu klären.
Arbeitsunfähigkeit und finanzielle Leistungen
Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung in
der gesetzlichen Krankenversicherung
Durch die zahlreiche Verordnung von Arzneimitteln, Heil- und
Hilfsmitteln fallen bei Osteoporoseerkrankten verschiedene
Zuzahlungen zu diesen Leistungen an.
Die folgende Auflistung enthält alle Zuzahlungen, auch wenn sie
nicht bei Osteoporose relevant sind. Doch für eine mögliche Zuzahlungsbefreiung (siehe S. 15) werden sie alle einbezogen.
Versicherte ab 18 Jahren müssen zu bestimmten Leistungen der
gesetzlichen Krankenversicherung Zuzahlungen leisten. Die nachfolgenden Regelungen gelten auch für Sozialhilfeempfänger.
Zuzahlung
Die Praxisgebühr beträgt 10,– € pro Quartal und Arzt, Zahnarzt
oder Psychotherapeut.
Praxisgebühr
Die Praxisgebühr wird nicht fällig bei:
• Überweisungen von einem anderen Arzt im selben Quartal,
• Vorsorge, Früherkennung, Kontrolluntersuchungen,
Schutzimpfungen sowie bei
• Überschreiten der Belastungsgrenze.
Zuzahlung (umgangssprachlich „Rezeptgebühr“): 10 % der Kosten,
mindestens 5,– €, maximal 10,– €, in keinem Fall mehr als die
Kosten des Arzneimittels.
Preis/Kosten
Zuzahlung
bis 5,– €
5,01 € bis 50,– €
50,– € bis 100,– €
ab 100,– €
Preis = Zuzahlung
5,– €
10 % des Preises
10,– €
Arzneimittel
Diese Tabelle gilt entsprechend auch für Verbandmittel, die meisten
Hilfsmittel, Haushaltshilfe, Soziotherapie und Fahrtkosten.
Zuzahlungsfreie Arzneimittel:
Seit dem 1.7.2006 haben die Spitzenverbände der Krankenkassen
Arzneimittelwirkstoffe von der Zuzahlung befreit.
Auf den Internetseiten der GKV (Die gesetzlichen Krankenkassen)
ist eine Übersicht der zuzahlungsbefreiten Arzneimittelwirkstoffe,
ebenso eine entsprechende Liste der zuzahlungsbefreiten Arzneimittel zu finden, die 14-tägig aktualisiert wird: www.gkv.info.
Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung
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Festbeträge
Der Festbetrag ist der erstattungsfähige Höchstbetrag bei einem
Arzneimittel. Liegt der Preis eines verordneten Arzneimittels darüber, muss der Versicherte selbst den Differenzbetrag (Mehrkosten)
zahlen.
Die Zuzahlung richtet sich nach dem (niedrigeren) Festbetrag. In
der Summe zahlt der Patient also Mehrkosten plus Zuzahlung.
Den Differenzbetrag müssen auch Versicherte zahlen, die von der
Zuzahlung befreit sind.
Verbandmittel
Zuzahlung: 10 % der Kosten, mindestens 5,– €, maximal 10,– €,
in keinem Fall mehr als die Kosten des Verbandmittels.
Heilmittel
Zuzahlung: 10 % der Kosten zuzüglich 10,– € je Verordnung.
Hilfsmittel
Zuzahlung: 10 % der Kosten, mindestens 5,– €, maximal 10,– €.
Bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt die Zuzahlung
10 % je Packung, maximal jedoch 10,– € monatlich.
Häusliche Krankenpflege
Zuzahlung: 10 % der Kosten pro Tag, begrenzt auf 28 Tage im
Kalenderjahr, zuzüglich 10,– € je Verordnung.
Soziotherapie
Zuzahlung: 10 % der Kosten pro Tag, mindestens 5,– €, maximal
10,– €.
Haushaltshilfe
Zuzahlung: 10 % der Kosten pro Tag, mindestens 5,– €, maximal
10,– €.
Krankenhausbehandlung,
Anschlussheilbehandlung
Zuzahlung: 10,– € pro Kalendertag, für längstens 28 Tage pro
Kalenderjahr.
Bereits im selben Jahr geleistete Zuzahlungen zu Krankenhausund Anschlussheilbehandlung werden angerechnet.
Ambulante und stationäre
Leistungen der Rehabilitation
Zuzahlung: 10,– € pro Kalendertag an die Einrichtung, ohne zeitliche Begrenzung.
28 Tage, wenn die ambulante Rehamaßnahme aus medizinischen
Gründen länger als 42 Behandlungstage bzw. die stationäre Rehamaßnahme aus medizinischen Gründen länger als 6 Wochen dauert.
Fahrtkosten
Zuzahlung: 10 % der Fahrtkosten, mindestens 5,– €, maximal
10,– €, in keinem Fall mehr als die Kosten der Fahrt.
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Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung
Folgende Zuzahlungen werden bei der Berechnung der
Zuzahlungsbefreiung nicht berücksichtigt:
Nicht befreiungsfähige
Zuzahlungen
• Zahnersatz
Die Krankenkasse übernimmt:
– 50 % der Regelversorgungskosten (= Festzuschuss)
– 60 % der Regelversorgungskosten bei 5 Jahren Vorsorge
(= Festzuschuss + 20 % Bonus)
– 65 % der Regelversorgungskosten bei zehn Jahren Vorsorge
(= Festzuschuss + 30 % Bonus)
Den Rest zahlt der Versicherte zu. Darüber hinaus gelten beim
Zahnersatz besondere Härtefallregelungen.
• Kieferorthopädische Behandlung bei Erwachsenen
20 % der Kosten und nur soweit zusätzlich kieferchirurgische
Behandlungsmaßnahmen erforderlich sind, ansonsten zahlt
der Versicherte voll.
Die Belastungsgrenze soll verhindern, dass insbesondere chronisch Kranke, Behinderte, Versicherte mit einem geringen Einkommen und Sozialhilfeempfänger durch die Zuzahlungen zu
medizinischen Leistungen unzumutbar belastet werden.
Die Belastungsgrenze liegt bei 2 % des jährlichen Bruttoeinkommens.
Zuzahlungsbefreiung
bei Erreichen der
Belastungsgrenzen
Als „belastet“ gilt, wer mehr als 2 % der jährlichen Bruttoeinnahmen
zum Lebensunterhalt für Zuzahlungen ausgeben muss(te).
Voraussetzungen
Das Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt ist als Familienbruttoeinkommen zu verstehen.
Es errechnet sich aus dem Bruttoeinkommen des Versicherten und
den Bruttoeinkommen aller Angehörigen des Versicherten, die mit
ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben.
Berechnung
„Angehörige" des Versicherten sind:
• Ehepartner
• Kinder, die familienversichert sind
• eingetragene, gleichgeschlechtliche Lebenspartner
(nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz)
• sonstige Angehörige nach § 7 Abs. 2 KVLG
(Krankenversicherung der Landwirte)
Nicht zu den „Angehörigen" zählen Partner einer eheähnlichen
verschiedengeschlechtlichen oder nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft.
Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung
15
Kinder des Versicherten müssen dabei familienversichert sein.
Dasselbe gilt bei eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften.
Von diesem Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt wird
ein Freibetrag abgezogen:
• für den ersten im gemeinsamen Haushalt lebenden
Angehörigen des Versicherten 4.473,– €
(= 15 % der jährlichen Bezugsgröße)
• für jeden weiteren im gemeinsamen Haushalt lebenden
Angehörigen des Versicherten und des eingetragenen
gleichgeschlechtlichen Lebenspartners 2.982,– €
(= 10 % der jährlichen Bezugsgröße). Dieser Punkt gilt
nur für Mitglieder in der Krankenversicherung der Landwirte
• für jedes Kind des verheirateten Versicherten und des eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartners 3.648,– €
(§ 32 Abs. 6 EStG)
• für das erste Kind einer/s alleinerziehenden Versicherten
4.473,– € (= 15 % der jährlichen Bezugsgröße)
• für jedes weitere Kind einer alleinerziehenden Versicherten
3.648,– €
Einnahmen zum Lebensunterhalt sind:
• Altersrenten
• Arbeitsentgelt
• Krankengeld
• Arbeitslosengeld
• Arbeitseinkommen (bei selbstständiger Tätigkeit)
• Einnahmen aus Kapitalvermögen, Vermietung und
Verpachtung
• Witwen- oder Witwerrente und andere Renten wegen Todes
• Einnahmen von Angehörigen im gemeinsamen Haushalt
(Ehegatte, familienversicherte Kinder, eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner). Nicht hierzu zählen Partner
einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
• Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
soweit diese die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz übersteigt
• Grundrente für Hinterbliebene nach dem Bundesversorgungsgesetz
• Elterngeld, aber nur der Betrag, der über dem Sockelbetrag
von 300,– € bzw. bei doppeltem Bezugszeitraum von
150,– € liegt
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Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung
Bei Empfängern von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII,
von Arbeitslosengeld II, von Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung und bei Heimbewohnern, die Leistungen vom
Sozialamt bekommen, wird jeweils nur der Regelsatz des Haushaltsvorstands als Bruttoeinkommen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft gezählt.
Nicht zu den Einnahmen zählen zweckgebundene
Zuwendungen, die einen beschädigungs- oder behinderungsbedingten Mehrbedarf abdecken sollen, wie z. B.:
• Pflegegeld
• Blindenzulage
• Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG)
• Taschengeld vom Sozialamt für Heimbewohner
• Beschädigten-Grundrente nach dem BVG
• Rente oder Beihilfe nach dem Bundesentschädigungsgesetz
bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG
• Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
soweit diese der Grundrente nach dem BVG entspricht
• Kindergeld
• Erziehungsgeld
• Elterngeld in Höhe des Sockelbetrags von 300,– € bzw.
Elterngeld bei doppeltem Bezugszeitraum von 150,– €
• Ausbildungsföderung (BAföG)
• Mittel der Bundesstiftung „Mutter und Kind”
Zuzahlungen werden als „Familienzuzahlungen“ betrachtet, d. h.
es werden die Zuzahlungen des Versicherten mit den Zuzahlungen
seiner Angehörigen, die mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben,
zusammengerechnet. Dasselbe gilt auch bei eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften.
Zuzahlungsbefreiung/
Rückerstattung der Zuzahlung
Ausnahme: Ist ein Ehepartner beihilfeberechtigt und/oder privat
krankenversichert, werden die Zuzahlungen, die auch dieser evtl.
leisten muss, nicht als Familienzuzahlung berechnet, das bedeutet,
die gesetzliche Krankenkasse erkennt diese nicht als Zuzahlungen
in ihrem Sinne an. Beim Familieneinkommen werden allerdings
beide Einkommen herangezogen und somit als Grundlage für die
Zuzahlungsbefreiung genommen.
Überschreiten die Zuzahlungen 2 % der o. g. Bruttoeinnahmen im
Kalenderjahr (= Belastungsgrenze), erhalten der Versicherte sowie
sein Ehegatte und die familienversicherten Kinder, die mit ihm in
einem gemeinsamen Haushalt leben, für den Rest des Kalenderjahres eine Zuzahlungsbefreiung bzw. den Mehrbetrag von der
Krankenkasse zurückerstattet.
Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung
17
Ist das Ehepaar bei verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen,
dann errechnet eine Krankenkasse, ab wann die Voraussetzungen
für die Zuzahlungsbefreiung erreicht sind, und stellt ggf. eine
Zuzahlungsbefreiung aus. Dies wird der anderen Krankenkasse
mitgeteilt, so dass die Versicherten für den Rest des Jahres keine
Zuzahlungen mehr leisten müssen.
Quittungsheft
!
Praxistipp
Verschiedene Krankenkassen bieten ihren Versicherten ein Quittungsheft an, in dem sie übers Jahr alle Quittungen von Zuzahlungen
sammeln können.
Die Belastungsgrenze wird im Nachhinein wirksam, weshalb Patienten
immer alle Zuzahlungsbelege aufbewahren sollten, da nicht absehbar ist, welche Kosten im Laufe eines Kalenderjahres auflaufen.
Wenn ein Versicherter im Lauf des Jahres die „Belastungsgrenze“
erreicht hat, sollte er sich mit seiner Krankenkasse in Verbindung
setzen.
Die Krankenkasse wird dem Patienten die Zuzahlungen zurückerstatten, die die 2-%ige Belastungsgrenze übersteigen. Bei Erreichen
der Belastungsgrenze wird für den Rest des Jahres eine Zuzahlungsbefreiung ausgestellt.
Definition „schwerwiegend chronisch krank”
Als „schwerwiegend chronisch krank“ gilt, wer sich wenigstens
ein Jahr lang wegen derselben Krankheit mindestens einmal
pro Quartal in ärztlicher Behandlung befindet und mindestens
eines der folgenden Kriterien erfüllt:
• Pflegebedürftigkeit mit Pflegestufe II oder III
• ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 %
oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von
mindestens 60 % (Schwerbehinderte)
• eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche
oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimitteltherapie, Versorgung mit Hilfs- und Heilmitteln) ist
erforderlich, ohne die aufgrund der chronischen Krankheit
nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung, eine Verminderung der
Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung
der Lebensqualität zu erwarten ist
Für chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden
Krankheit in Dauerbehandlung sind, gilt eine andere Belastungs–
grenze: Sie gelten bereits dann als „belastet“, wenn sie mehr als
1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für Zuzahlungen ausgeben müssen/mussten.
18
Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung
Überschreiten die Zuzahlungen 1 % der Bruttoeinnahmen im Kalenderjahr (= Belastungsgrenze), erhalten der chronisch Kranke,
sein Ehepartner und die familienversicherten Kinder für den Rest
des Kalenderjahres eine Zuzahlungsbefreiung bzw. den Mehrbetrag von der Krankenkasse zurück.
Die reduzierte Belastungsgrenze bei Zuzahlungen für chronisch
Kranke gilt seit 1.1.2008 nur dann, wenn sich der Patient an regelmäßiger Gesundheitsvorsorge beteiligt hat oder sich therapiegerecht verhält.
Vorsorge und
therapiegerechtes Verhalten
Hierbei gelten bestimmte Altersgrenzen:
• Wer nach dem 1.4.1972 geboren ist und das 35. Lebensjahr
vollendet hat, muss jedes 2. Jahr am allgemeinen Gesundheitscheck zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere von
Diabetes, Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen teilnehmen.
Wer das nicht tut und chronisch erkrankt, für den liegt die
Belastungsgrenze bei 2 % vom Bruttoeinkommen.
• Frauen, die nach dem 1.4.1987 geboren sind und das
20. Lebensjahr vollendet haben, sowie Männer, die nach
dem 1.4.1962 geboren sind und das 45. Lebensjahr vollendet haben, und die an einer Krebsart erkranken, wofür
Früherkennungsuntersuchungen angeboten werden, können
die 1-%-Belastungsgrenze nur dann in Anspruch nehmen, wenn
sie sich über die Chancen und Risiken der entsprechenden
Untersuchungen von einem hierfür zuständigen Arzt haben
beraten lassen. Diese Regelung umfasst zunächst die Untersuchungen von Brust-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs.
• Ausgenommen von der Pflicht zur Beratung sind Versicherte
– mit schweren psychischen Erkrankungen
– mit schweren geistigen Behinderungen oder
– die bereits an der zu untersuchenden Erkrankung leiden.
• Für Menschen, die älter sind und chronisch erkranken,
gilt die 1-%-Belastungsgrenze, wenn sie eine Bescheinigung
vom Arzt über ein therapiegerechtes Verhalten vorlegen.
• Ausgenommen sind Schwerbehinderte mit einem Grad der
Behinderung über 60 und Pflegebedürftige der Pflegestufen II oder III.
Generell gilt:
Ist ein Ehepaar bei verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen,
dann errechnet eine Krankenkasse, ab wann die Voraussetzungen
für die Zuzahlungsbefreiung erreicht sind, und stellt ggf. eine
Zuzahlungsbefreiung aus. Dies wird der anderen Krankenkasse mitgeteilt, so dass die Versicherten für den Rest des Jahres keine
Zuzahlungen mehr leisten müssen.
Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung
19
Nach Ablauf eines Kalenderjahres ist der Krankenkasse die weitere
Dauer der Behandlung nachzuweisen. Auf Verlangen der Krankenkasse kann eine Überprüfung durch den MDK erfolgen.
Sonderregelung für Pflegebedürftige
Pflegebedürftige mit Pflegestufe II oder III müssen einen jährlichen
Nachweis über das Vorliegen einer schwerwiegenden chronischen
Erkrankung nicht mehr vorlegen.
Sonderregelung für Sozialhilfeempfänger
Berechnungsgrundlage für die Zuzahlungsgrenze bei Sozialhilfeempfängern ist der Regelsatz des Haushaltsvorstands, das heißt:
Ein Sozialhilfeempfänger zahlt – je nach Bundesland – im Jahr ca.
83,28 € zu, ein chronisch kranker Sozialhilfeempfänger ca. 41,46 €.
Sonderregelung für Sozialhilfebewohner im Heim
Seit 1.1.2005 müssen Heimbewohner, die Sozialhilfe beziehen,
nicht mehr Zuzahlungen leisten, bis sie die „1-%- bzw. 2-%Grenze“ erreicht haben und damit eine Zuzahlungsbefreiung erhalten, sondern haben auch die Möglichkeit, dass der örtlich
zuständige Sozialhilfeträger den Gesamtbetrag (83,28 € bzw.
bei chronisch Kranken 41,64 €) an die Krankenkasse des Heimbewohners vorab überweist. Dieser als Darlehen gewährte
Gesamtbetrag wird sodann in monatlichen kleinen Ratenbeträgen
mit dem Taschengeld des Heimbewohners verrechnet.
20
Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung
Rehabilitation
Die häufigste schwerwiegende Folge von Osteoporose sind
Knochenbrüche. Um die Folgen eines Bruches richtig nachzubehandeln, wird meistens eine Rehamaßnahme notwenig.
Allgemeines
zur Rehabilitation
Die verschiedenen Arten der Rehabilitation sind ein großer und
komplexer Bereich, für den alle Versicherungsträger zuständig sein
können.
Hier die wichtigsten Leistungsbereiche:
• Medizinische Leistungen zur Rehabilitation (kurz: Medizinische
Reha). Mehr zur Medizinischen Reha siehe Folgeseiten.
• Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (= Berufliche Reha)
• Ergänzende Leistungen zur Rehabilitation
Reha(bilitation) geht vor Rente.
Das heißt: Es wird möglichst versucht, mit Rehamaßnahmen den
Bezug von Erwerbsminderungsrente (auch bei Berufsunfähigkeit)
zu verhindern oder zu verzögern.
Grundsätzlich gilt
Ambulant vor stationär.
Das heißt: Erst wenn ambulante Maßnahmen nicht ausreichen,
werden stationäre Leistungen erbracht.
Neben den Rentenversicherungsträgern übernehmen nahezu alle
anderen Träger der Sozialversicherung die Kosten von Rehamaßnahmen.
Zuständigkeit Kostenträger
Nachfolgend eine Übersicht zur prinzipiellen Zuständigkeit:
• Die Krankenkassen
sind zuständig bei Medizinischer Reha.
• Die Berufsgenossenschaften
sind zuständig bei Arbeitsunfall oder Wegeunfall
für die gesamte Reha.
• Die Rentenversicherungsträger
sind zuständig bei erheblicher Gefährdung oder Minderung
der Erwerbsfähigkeit und Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Leistungen zur Medizinischen
Reha und zur Teilhabe am Arbeitsleben.
• Die Bundesagentur für Arbeit
trägt die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
• Das Sozialamt
ist nachrangig zuständig, wenn weder Kranken- noch
Renten- noch Unfallversicherung noch die Bundesagentur
für Arbeit leisten.
Rehabilitation
21
Allgemeines zur
Medizinischen
Rehabilitation
Die Medizinische Reha dient insbesondere der Erhaltung oder
Besserung des Gesundheitszustands.
Unter anderem zählen folgende Leistungen zur
Medizinischen Reha:
1. Anschlussheilbehandlung (AHB)
2. Stationäre Rehamaßnahmen
3. Ambulante Rehamaßnahmen
4. Reha-Sport und Funktionstraining
5. Berufsfindung und Arbeitserprobung
Details zu diesen Leistungen siehe ab Seite 23.
Dauer
Zuzahlung
22
Rehabilitation
Eine Medizinische Reha dauert längstens drei Wochen (ambulante
Rehamaßnahmen: 20 Behandlungstage, Reha-Sport und Funktionstraining: zwischen 6 und 36 Monaten je nach Träger der
Leistung), eine Verlängerung ist aus medizinischen Gründen in allen
Fällen möglich.
Erwachsene Versicherte müssen bei fast allen ambulanten
und stationären Rehamaßnahmen 10,– € Zuzahlung
pro Tag leisten:
• zeitlich unbegrenzt für ambulante und stationäre
Rehamaßnahmen der Krankenkasse.
• 28 Tage, wenn die ambulante Rehamaßnahme aus
medizinischen Gründen länger als 42 Behandlungstage
bzw. die stationäre Rehamaßnahme aus medizinischen
Gründen länger als 6 Wochen dauert.
• längstens 42 Tage innerhalb eines Kalenderjahres für
stationäre medizinische Rehamaßnahmen des Rentenversicherungsträgers.
• Bereits im selben Kalenderjahr geleistete Zuzahlungen an
den Rentenversicherungsträger und die Krankenkasse
werden angerechnet.
• längstens 28 Tage innerhalb eines Kalenderjahres bei einer
Anschlussheilbehandlung der Krankenkasse. In Einzelfällen
kann auch das Sozialamt, entsprechend den Bestimmungen
der Krankenkasse, die Kosten tragen.
Bereits im selben Kalenderjahr geleistete Zuzahlungen für
Krankenhausbehandlung an die Krankenkasse und für eine
Anschlussheilbehandlung an den Rentenversicherungsträger
werden angerechnet.
• längstens 14 Tage innerhalb eines Kalenderjahres bei einer
Anschlussheilbehandlung des Rentenversicherungsträgers.
Bereits im selben Kalenderjahr geleistete Zuzahlungen für
die stationäre Behandlung an den Rentenversicherungsträger
und für die Krankenhausbehandlung, die der Anschlussheilbehandlung vorausgegangen ist, an die Krankenkasse werden
angerechnet.
Wenn der Versicherte mehrmals in einem Jahr stationär
behandelt wird, werden die Tage der Zuzahlung an die
Krankenkasse für Krankenhausbehandlung, ambulante und
stationäre Rehamaßnahmen sowie Anschlussheilbehandlung
angerechnet.
Keine Zuzahlung wird fällig:
• bei ambulanten Rehaleistungen der Rentenversicherung
• bei Rehaleistungen der Unfallversicherung
• bei Bezug von Übergangsgeld
• bei Kinderheilbehandlungen
• bei Anschlussheilbehandlungen der Berufsgenossenschaft
Keine Zuzahlung
Zwischen 2 bezuschussten Rehamaßnahmen – egal ob ambulant
oder stationär – muss in der Regel ein Zeitraum von 4 Jahren liegen.
Nicht anzurechnen sind Leistungen zur medizinischen Vorsorge.
Wartezeit
Ausnahmen macht die Krankenkasse nur bei medizinisch dringender
Erforderlichkeit. Dies muss mit Arztberichten oder einem Gutachten des behandelnden Arztes bei der Krankenkasse begründet
werden.
Der Rentenversicherungsträger genehmigt medizinische Rehamaßnahmen vor Ablauf der Vierjahresfrist, wenn vorzeitige Leistungen
aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind, weil
ansonsten mit einer weiteren Minderung der Leistungsfähigkeit zu
rechnen ist.
Das „Handbuch Reha- und Vorsorgeeinrichtungen“ enthält einen
Überblick über rund 1.400 Reha-Kliniken. Es erscheint jedes Jahr im
Verlag MMI und liegt bei Ärzten und Beratungsstellen auf.
Die Informationen stehen auch im Internet unter:
www.betanet.de/betanet/rehakliniken.
Die Anschlussheilbehandlung (AHB) ist eine im unmittelbaren
Anschluss an eine Krankenhausbehandlung oder eine ambulante
Operation erforderliche Weiterbehandlung in einer spezialisierten Reha-Einrichtung. Sie zählt zur Medizinischen Reha.
!
Praxistipp
1. Anschlussheilbehandlung
Rehabilitation
23
Eine AHB muss in der Regel innerhalb von 14 Tagen nach der
Entlassung beginnen, möglichst jedoch direkt im Anschluss an
einen Krankenhausaufenthalt. Sie muss beim jeweiligen Sozialversicherungsträger beantragt werden. Die Genehmigung einer
AHB hängt von unterschiedlichen Indikationen ab, deshalb muss
die Diagnose in der AHB-Indikationsliste des zuständigen Sozialversicherungsträgers enthalten sein.
AHB-Indikationsgruppen sind:
• Stoffwechselkrankheiten (z. B. Osteoporose)
• Krankheiten des Herzens und des Kreislaufs
• Krankheiten der Gefäße
• Entzündlich-rheumatische Erkrankungen
• Degenerativ-rheumatische Erkrankungen und
Zustand nach Operationen
• Unfallfolgen an den Bewegungsorganen
• Gastroenterologische Erkrankungen und Zustand
nach Operationen an den Verdauungsorganen
• Krankheiten und Zustand nach Operationen an
den Atmungsorganen
• Krankheiten der Niere und Zustand nach Operationen
an Nieren, ableitenden Harnwegen und Prostata
• Neurologische Krankheiten und Zustand nach Operationen
an Gehirn, Rückenmark und peripheren Nerven
• Bösartige Geschwulstkrankheiten und maligne Systemerkrankungen
• Gynäkologische Krankheiten und Zustand nach Operationen
Ziel
!
Praxistipps für Ärzte
24
Rehabilitation
Ziel einer Anschlussheilbehandlung ist, verloren gegangene Funktionen oder Fähigkeiten wiederzuerlangen oder auszugleichen und
die Patienten wieder an die Belastungen des Alltags- und Berufslebens heranzuführen.
Versicherungsrechtliche Voraussetzungen:
• Bezahlung des letzten Versicherungsbeitrags an den
Rentenversicherungsträger
• Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse
• Privat Krankenversicherte können in der Regel nicht direkt
vom Krankenhaus in eine AHB gehen. Sie müssen mit Hilfe
ihres behandelnden Arztes einen Antrag auf eine Anschlussgesundheitsmaßnahme (AGM) beim zuständigen Rentenversicherungsträger stellen. Die AGM unterscheidet sich von
der AHB dadurch, dass die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen durch den Rentenversicherungsträger geprüft werden müssen, bevor der Patient die AGM in
einer Rehabilitationseinrichtung antreten kann.
Persönliche und medizinische Voraussetzungen:
• Indikation nach der Indikationsliste (siehe S. 24)
• Akutphase der Erkrankung bzw. Wundheilung
muss abgeschlossen sein.
• Patient muss frühmobilisiert sein.
• Patient muss selbsthilfefähig sein, das heißt:
ohne Fremdhilfe zur Toilette gehen, selbstständig essen,
sich allein waschen und ankleiden können.
• Patient sollte reisefähig sein. Ein Krankentransport ist
nur in Not- und Ausnahmefällen möglich.
• Patient muss der Maßnahme zustimmen.
Die Anschlussheilbehandlung muss von den behandelnden
Krankenhausärzten eingeleitet werden. Nach der Entlassung ist
es für niedergelassene Ärzte nur in Ausnahmefällen möglich, eine
Anschlussheilbehandlung zu begründen.
Antrag
Die Kosten der Anschlussheilbehandlung können von nahezu allen
Sozialversicherungsträgern übernommen werden.
Kostenträger
Informationen und Leistungen erhält man vom zuständigen
Kostenträger: Krankenkasse, Rentenversicherungsträger, Berufsgenossenschaft oder Sozialamt.
?
Wer hilft weiter?
Eine ambulante Rehamaßnahme absolviert der Patient wohnortnah. Er wohnt nicht in der Reha-Einrichtung, das heißt, er
kommt morgens in die behandelnde Einrichtung und verlässt
diese nachmittags oder abends wieder. Möglich ist auch die Versorgung durch mobile Reha-Teams beim Patienten zu Hause.
2. Ambulante
Rehamaßnahmen
Voraussetzungen für eine ambulante Rehamaßnahme:
• Eine ambulante Krankenbehandlung reicht nicht für den
angestrebten Reha-Erfolg aus.
• Die Rehamaßnahme ist aus medizinischen Gründen erforderlich.
• Durchführung der ambulanten Rehamaßnahme in
Einrichtungen mit Versorgungsvertrag oder in
wohnortnahen Einrichtungen mit bedarfsgerechter,
leistungsfähiger und wirtschaftlicher Versorgung.
• Eine Rehamaßnahme muss vom Arzt verordnet sein und
vom jeweiligen Kostenträger (i. d. R. Krankenversicherung
oder Rentenversicherung) vorher genehmigt werden.
Voraussetzungen
Rehabilitation
25
3. Stationäre
Rehamaßnahmen
Voraussetzungen
Antrag auf Medizinische
Rehabilitation
Stationäre Rehamaßnahmen werden umgangssprachlich als
„Kur” bezeichnet: Der Patient wohnt für die Zeit der Rehamaßnahme in einer entsprechenden Einrichtung. Stationäre
Rehamaßnahmen sind z. B. bei Nachbehandlungen schwerer
Erkrankungen wie Herzinfarkt, Geschwulstleiden oder orthopädischen Erkrankungen möglich.
Voraussetzungen für eine stationäre Rehamaßnahme sind:
• Eine ambulante Rehamaßnahme reicht nicht aus.
• Die stationäre Aufnahme ist aus medizinischen Gründen
erforderlich.
Den Antrag auf eine Medizinische Reha beim zuständigen
Träger sollte zweckmäßigerweise der Arzt gemeinsam mit dem
Patienten stellen.
Erforderlich sind ggf. eine ärztliche Bescheinigung, Arztbericht(e)
und ein eigenes, persönliches Schreiben. Der Leistungsumfang bei
ambulanten und stationären Rehamaßnahmen liegt im Ermessen
der Krankenkasse bzw. des Renten- oder Unfallversicherungsträgers und wird aufgrund medizinischer Erfordernisse festgelegt.
Antragstellung
bei der Krankenkasse
!
Praxistipp
zur Antragstellung
26
Rehabilitation
Seit 1.4.2004 sind neue Rehabilitations-Richtlinien in Kraft.
Erkennt der behandelnde Arzt die Notwendigkeit einer Kur, so muss
er bei der Krankenkasse einen Antrag auf „Einleitung von Leistungen
zur Rehabilitation oder alternativen Angeboten“ stellen. Kommt
nach Ansicht der Krankenkasse eine Rehamaßnahme und sie selbst
als Kostenträger in Betracht, dann bekommt der Arzt die „Verordnung von medizinischer Rehabilitation“ zugeschickt.
Falls der Antrag bei einem anderen Kostenträger (z. B. Berufsgenossenschaft, Rentenversicherungsträger) gestellt werden muss,
wird dies von der Krankenkasse mitgeteilt.
Eigentlich genügt bei den Anträgen für Rehamaßnahmen die Angabe
der Indikationen nach der ICD 10 (Internationale Klassifikation der
Krankheiten). Es ist jedoch mittlerweile fast zur Regel geworden,
dass der Arzt die Notwendigkeit der medizinischen Rehabilitation
ausführlich begründet. Auf jeden Fall vermindert es das Risiko einer
Ablehnung beim Kostenträger, wenn dem Antrag sofort eine ausführliche ärztliche Begründung (Attest) beigefügt wird. Es kann
durchaus sein, dass der MDK über das ärztliche Attest hinaus den
Patient zu einer Begutachtung einlädt, um die Notwendigkeit der
Rehamaßnahme zu prüfen.
Individuelle Auskünfte erteilt der jeweils zuständige Sozialversicherungsträger: Krankenkasse, Rentenversicherungsträger oder
die Berufsgenossenschaft.
Reha-Sport
Als Reha-Sport gelten z. B. bewegungstherapeutische Übungen. Sie
dienen der Stärkung von Ausdauer, Koordination, Flexibilität, Kraft
und psychischer Leistungsfähigkeit. Hierzu zählen u. a. Gymnastik,
Leichtathletik, Schwimmen, Bewegungsspiele in Gruppen, spezielle
Gruppen für Osteoporose-Patienten.
?
Wer hilft weiter?
4. Reha-Sport
und Funktionstraining
Funktionstraining
Funktionstraining wirkt besonders mit den Mitteln der Krankengymnastik und der Ergotherapie gezielt auf körperliche Strukturen
(Muskeln, Gelenke etc.) und wird unter Anleitung und Überwachung vor allem durch Krankengymnasten durchgeführt.
Funktionstraining ist immer organorientiert, es dient dem Erhalt
von Funktionen, der Beseitigung oder Verbesserung von Funktionsstörungen sowie dem Hinauszögern von Funktionsverlusten
einzelner Organsysteme oder Körperteile. Es ist angezeigt z. B. bei
degenerativen und entzündlichen Veränderungen der Bewegungsorgane wie Rheuma und Osteoporose. Als Funktionstraining gelten
u. a. Trocken- und Wassergymnastik.
Die Rentenversicherungsträger, die Berufsgenossenschaften,
die Krankenkassen und die Agenturen für Arbeit übernehmen
Reha-Sport als ergänzende Leistung zur Rehabilitation unter
folgenden Voraussetzungen:
Voraussetzungen
• Ärztliche Verordnung, erstellt von einem Arzt, der das Leiden
und dessen Folgen behandelt.
Die Verordnung soll enthalten:
1. Diagnose
2. Gründe für die Notwendigkeit des Reha-Sports
3. Dauer und Anzahl der wöchentlich notwendigen
Übungseinheiten
4. Empfehlung zur Auswahl der geeigneten Sportart
• In Gruppen
• Unter ärztlicher Betreuung
• Antrag: Vordruck „Antrag auf Förderung von Rehabilitationssport/Funktionstraining“
Rehabilitation
27
Zuständigkeit
Wird während einer Leistung zur Reha die medizinische Notwendigkeit einer Reha-Sport-Maßnahme festgestellt, ist vom Arzt
der Behandlungsstätte eine Empfehlung im sogenannten „Abschlussbericht“ auszusprechen, und der behandelnde Arzt hat dem
Reha-Sport oder Funktionstraining zuzustimmen. Der Reha-Sport
muss dann innerhalb von drei Monaten nach der Rehamaßnahme
beginnen. Kostenträger sind in der Regel die Rentenversicherungsträger.
Geht dem Reha-Sport oder Funktionstraining keine Leistung zur
Reha voraus, ist die Krankenkasse zuständig.
Bei Geringverdienenden oder nicht Versicherten kommt unter Umständen das Sozialamt für die Kosten auf und orientiert sich dabei
an der Kostenübernahme durch die Krankenkasse.
Dauer
?
Wer hilft weiter?
Reha-Sport bzw. Funktionstraining dauert:
• in der Rentenversicherung in der Regel 6 Monate,
bei medizinischer Erforderlichkeit längstens 12 Monate.
• in der Unfallversicherung in der Regel unbegrenzt.
• in der gesetzlichen Krankenversicherung bei bestimmten
Erkrankungen bis zu 36 Monate. Danach muss der Arzt
eine neue Verordnung ausstellen.
Die Adressen von Reha-Sportgruppen in der Region sind bei den
Krankenkassen zu erfragen. Diese haben eine Übersicht über die
Sportvereine und -gruppen, mit denen sie vertraglich Kostenvereinbarungen (regional unterschiedlich) getroffen haben.
Auch Behindertensportverbände bieten zum Teil Reha-Sportarten
und Funktionstrainingsmaßnahmen an.
Über entsprechende Gruppen informiert die Hauptgeschäftsstelle
des Deutschen Behindertensportverbandes e. V., Telefon 0203
7174170, E-Mail [email protected].
Der Vordruck „Antrag auf Förderung von Rehabilitationssport/Funktionstraining“ ist bei Sportvereinen, Ärzten und den zuständigen Leistungsträgern erhältlich.
5. Berufsfindung
und Arbeitserprobung
28
Rehabilitation
Berufsfindung und Arbeitserprobung dienen dazu, den geeignetsten Weg der beruflichen (Wieder-)Eingliederung zu
finden. Sie zählen zu den Leistungen der medizinischen Rehabilitation. In der Regel geht es dabei um die Findung und Erprobung eines neuen beruflichen Umfeldes. Die Maßnahmen
werden meist in Berufsförderungs- und Berufsfindungswerken
durchgeführt.
Die Berufsfindung
• klärt das Leistungsvermögen, die Eignung und Neigung
sowie die Auswirkungen der Behinderung auf eine spätere
berufliche Tätigkeit des Versicherten.
• Außerdem sollen vor einer Entscheidung für einen Beruf noch
bestehende Fragen zu bestimmten Ausbildungs- und Arbeits–
platzanforderungen geklärt werden.
Beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen übernehmen
die Rentenversicherungsträger oder die Berufsgenossenschaft die
Kosten. Die Krankenkasse zahlt nachrangig. Bei Geringerverdienenden oder nicht Versicherten kommt unter Umständen das
Sozialamt für die Kosten auf.
Die Anmeldung erfolgt durch den Rehaträger in Abstimmung mit
den Fachdiensten der Agentur für Arbeit.
Erforderliche Unterlagen sind:
• Eingliederungsplan, der vom Rehaträger zusammen mit der
Agentur für Arbeit vor Ort und dem Behinderten erstellt wird,
• Eignungsgutachten eines Fachpsychologen
• ärztliche Gutachten mit Befundunterlagen
• Kostenzusage des Rehaträgers
Der jeweils zuständige Sozialversicherungsträger:
Berufsgenossenschaften, Agentur für Arbeit, Rentenversicherungsträger, Krankenkassen und das Sozialamt.
!
Praxistipp
?
Wer hilft weiter?
Rehabilitation
29
Schwerbehinderung
Osteoporose führt mit Fortschreiten der Erkrankung dazu,
dass der Patient mit immer mehr Beeinträchtigungen zurechtkommen muss.
Die Einstufung als „schwerbehindert“ und ein entsprechender
Schwerbehindertenausweis sind die Voraussetzungen dafür, dass
Hilfen und Nachteilsausgleiche in Anspruch genommen werden
können, z. B. ein erhöhter Kündigungsschutz oder technische Hilfsmittel, welche die Arbeit erleichtern/möglich machen. Mit dem
Arzt sowie mit dem Integrationsamt sollte besprochen werden,
welche Veränderungen am Arbeitsplatz notwendig sind.
Unterstützung und Hilfen für behinderte Menschen sind hauptsächlich im SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe – geregelt. Als
schwerbehindert gilt, wem vom Versorgungsamt ein Grad der
Behinderung (GdB) von mindestens 50 zugesprochen wurde.
Definition „schwerbehindert“ und „behindert“
Als schwerbehindert nach dem SGB IX gelten Personen mit
einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50.
Leistungen nach dem SGB IX erhalten sie nur, wenn sie
ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre
Beschäftigung in Deutschland haben.
?
Als behindert nach dem SGB IX gelten Personen, deren
körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische
Gesundheit zu einer Beeinträchtigung führen, die für einen
Zeitraum von mehr als 6 Monaten von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am
Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Wer hilft weiter?
Informationen zum SGB IX und zu „Jobs für schwerbehinderte
Menschen“ gibt das Bürgertelefon des Bundesarbeitsministeriums,
Telefon 01805 996604, Mo–Do 8–20 Uhr.
Fragen zu Leistungen für Schwerbehinderte oder Unklarheiten über
die Zuständigkeiten der jeweiligen Leistungsträger beantworten
die örtlichen Servicestellen.
Arbeitsrechtliche Auskünfte (Kündigungsschutz, Zusatzurlaub) erteilt das Integrationsamt.
Schwerbehindertenausweis
Der Schwerbehindertenausweis belegt Art und Schwere der Behinderung und muss vorgelegt werden, wenn Vergünstigungen
für Behinderte beantragt oder in Anspruch genommen werden.
30
Schwerbehinderung
Die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises erfolgt auf
Antrag des Schwerbehinderten. Antragsformulare sind beim
Versorgungsamt erhältlich.
Folgende Tipps sollten bei der Antragstellung berücksichtigt
werden:
• Nicht nur die Grunderkrankung, sondern auch alle zusätzlichen Beeinträchtigungen (z. B. Sehfehler) sowie Begleiterscheinungen angeben.
• Kliniken und Ärzte anführen, die am besten über die angeführten Gesundheitsstörungen informiert sind. Dabei
unbedingt die dem Antrag beiliegenden Schweigepflichtsentbindungen und Einverständniserklärungen ausfüllen,
damit das Versorgungsamt bei den angegebenen Stellen
die entsprechenden Auskünfte einholen kann.
• Antragstellung mit dem behandelnden Arzt absprechen.
Der Arzt sollte in den Befundberichten die einzelnen Auswirkungen der Erkrankung (z. B. körperliche Belastbarkeit)
detailliert darstellen. Diese Kriterien, nicht die Diagnose
Osteoporose, entscheiden über den Grad der Behinderung.
• Der Patient sollte sich etwa eine Woche lang selbst
beobachten und beobachten lassen und alles aufschreiben,
was körperlich beeinträchtigt, was Schmerzen verursacht,
womit er sich und/oder andere gefährdet (z. B. zu langsam
im Straßenverkehr, andere Verkehrsteilnehmer nicht gehört
oder gesehen).
• Bereits vorhandene ärztliche Unterlagen gleich bei Antragstellung mit einreichen, z. B. Krankenhausentlassungsbericht,
Kurbericht, alle die Behinderung betreffenden Befunde
in Kopie.
• Lichtbild beilegen.
Wenn der Patient niemals in der Lage ist, das Haus zu
verlassen, ist es auf Antrag möglich, einen Schwerbehindertenausweis ohne Foto zu bekommen.
Nach der Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) bekommt der Behinderte vom Versorgungsamt einen sogenannten
Feststellungsbescheid. Ab einem GdB von 50 besteht die Möglichkeit, einen Schwerbehindertenausweis zu bekommen.
Welche Nachteilsausgleiche es ab welchem GdB für Behinderte
gibt, finden Sie ab S. 36.
Der Ausweis wird in der Regel für längstens 5 Jahre ausgestellt.
Ausnahme: Bei einer voraussichtlich lebenslangen Behinderung
kann der Ausweis unbefristet ausgestellt werden.
Verlängerung: Die Gültigkeit kann auf Antrag höchstens zweimal
verlängert werden. Danach muss ein neuer Ausweis beantragt
werden.
Antrag
!
Praxistipps
Gültigkeitsdauer
Schwerbehinderung
31
Antrag auf Erhöhung
?
Verschlechtert sich der Gesundheitszustand eines Menschen mit
Schwerbehindertenausweis oder kommt eine weitere dauerhafte
Einschränkung durch eine neue Erkrankung dazu, dann sollte
beim Versorgungsamt ein Antrag auf Erhöhung des GdB gestellt
werden. Der Vordruck für den Antrag wird auf Anfrage vom
Versorgungsamt zugeschickt und es wird geprüft, ob ein neuer
Schwerbehindertenausweis mit evtl. neuen Merkzeichen (siehe
unten) ausgestellt wird.
Wer hilft weiter?
Auskünfte über und Anträge für den Schwerbehindertenausweis
erhält man beim Versorgungsamt.
Die Adresse des zuständigen Versorgungsamtes erfährt man bei der
Stadt- oder Gemeindeverwaltung.
Merkzeichen
Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis kennzeichnen die
Behinderung und signalisieren, welche Vergünstigungen der
Behinderte erhält.
Es gibt folgende Merkzeichen:
Merkzeichen „G“: Erhebliche Beeinträchtigung der
Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr
sowie erhebliche Geh- und/oder
Stehbehinderung
Merkzeichen „aG“: Außergewöhnliche Gehbehinderung
Merkzeichen „H“: Hilflos
Merkzeichen „Bl“: Blind oder hochgradig sehbehindert
Merkzeichen „RF“: Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung
Merkzeichen „B“: Ständige Begleitung bei Benutzung
öffentlicher Verkehrsmittel notwendig
Merkzeichen „Gl“: Gehörlos und an Taubheit grenzende
Schwerhörigkeit mit schwerer Sprachstörung
Nachfolgend eine Übersicht zu den entsprechenden Nachteilsausgleichen.
32
Schwerbehinderung
Merkzeichen aG – außergewöhnlich gehbehindert
• Unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr
nach Erwerb einer Wertmarke (§§ 145–147 SGB IX)
• Kraftfahrzeugsteuerbefreiung (§ 3a Abs. 1 KraftStG)
• Anerkennung der Kfz-Kosten für behinderungsbedingte
Privatfahrten als außergewöhnliche Belastung: bis zu
15.000 km x 0,30 € = 4.500,– € (§ 33 EStG)
• Kostenloser Fahrdienst in vielen Gemeinden und Landkreisen
mit unterschiedlichen kommunalen Regelungen
• Parkerleichterungen, Parkplatzreservierung
(§ 46 Abs. 1 StVO)
Merkzeichenabhängige
Nachteilsausgleiche
Merkzeichen B – Notwendigkeit ständiger Begleitung
• Unentgeltliche Beförderung der Begleitperson im öffentlichen
Nah- und Fernverkehr, ausgenommen bei Fahrten in Sonderzügen und Sonderwagen (§§ 145–147 SGB IX)
• Unentgeltliche Beförderung der Begleitperson bei innerdeutschen Flügen der Lufthansa und der Regionalverkehrsgesellschaften. Details regeln die Tarife der Fluggesellschaften.
• Unentgeltliche Beförderung von Begleitpersonen blinder
Menschen im internationalen Eisenbahnverkehr
(Internat. Personen- und Gepäcktarif TCV)
Merkzeichen BI – blind
• Unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr
(§§ 145–147 SGB IX)
• Kraftfahrzeugsteuerbefreiung (§ 3a Abs. 1 KraftStG)
• Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht
(§ 6 Abs. 1 RGebStV)
• Sozialtarif beim Telefon: Vergünstigung von 8,72 € netto
monatlich (siehe Merkzeichen RF)
• Pauschbetrag als außergewöhnliche Belastung bei der
Einkommenssteuererklärung: 3.700,– € (§ 33b EStG)
• Parkerleichterungen, Parkplatzreservierung (§ 46 Abs. 1 StVO)
• Gewährung von Blindengeld (Landesblindengeldgesetze)
• In vielen Gemeinden Befreiung von der Hundesteuer
Merkzeichen G – erheblich gehbehindert
• Unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr nach
Erwerb einer Wertmarke (§§ 145–147 SGB IX) oder
Kraftfahrzeugsteuerermäßigung (§ 3a Abs. 2 Satz 1 KraftStG)
• Abzugsbetrag für behinderungsbedingte Privatfahrten bei einem
GdB ab 70: bis zu 3.000 km x 0,30 € = 900,– € (§ 33 EStG)
• Mehrbedarfserhöhung bei der Sozialhilfe: 17 % (§ 30 SGB XII)
Schwerbehinderung
33
Merkzeichen GI – gehörlos
• Unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr nach
Erwerb einer Wertmarke (§§ 145–147 SGB IX) oder
Kraftfahrzeugsteuerermäßigung (§ 3a Abs. 2 Satz 1 KraftStG)
• Sozialtarif beim Telefon bei einem GdB von 90: Ermäßigung
bei den Verbindungsentgelten bis zu 8,72 € netto monatlich
im Rahmen des ISDN-Sozialtarifs und für Verbindungen im
T-Net durch die Deutsche Telekom, wenn diese dauerhaft als
Verbindungsnetzbetreiber voreingestellt ist
• Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht
(§ 6 Abs. 1 RGebStV)
Merkzeichen H – hilflos
• Unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr
(§§ 145–147 SGB IX)
• Kraftfahrzeugsteuerbefreiung (§ 3a Abs. 1 KraftStG)
• Pauschbetrag als außergewöhnliche Belastung bei der
Einkommenssteuer: 3.700,– € (§ 33b EStG)
• In vielen Gemeinden Befreiung von der Hundesteuer
(Ortssatzungen über Hundesteuer)
Merkzeichen RF – Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht
• Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht
(§ 6 Abs. 1 RGebStV)
• Sozialtarif beim Telefon: Ermäßigung bei den Verbindungsentgelten bis zu 6,94 € netto monatlich im Rahmen des
ISDN-Sozialtarifs und für Verbindungen im T-Net durch die
Deutsche Telekom, wenn diese dauerhaft als Verbindungsnetzbetreiber voreingestellt ist
• Bei zusätzlicher Blindheit, Gehörlosigkeit oder Sprachbehinderung mit einem GdB von mindestens 90 (Sprachbehinderung allein GdB von 30): Vergünstigung von 8,72 €
netto monatlich
Grad der Behinderung
bei Osteoporose
34
Schwerbehinderung
Das Versorgungsamt richtet sich bei der Feststellung der Behinderung, des Grades der Behinderung (GdB) und der Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises nach den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen
Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“, die vom Bundesministium für Arbeit und Soziales herausgegeben werden.
Diese Anhaltspunkte enthalten allgemeine Beurteilungsregeln und
Einzelangaben darüber, wie hoch der Grad der Behinderung bei
welchen Behinderungen festzusetzen ist.
Es handelt sich allerdings nur um einen Orientierungsrahmen, die
Berechnung des GdB ist vom individuellen Einzelfall abhängig.
Für die Bemessung des GdB ist vor allem die tatsächliche Leistungseinschränkung durch die Erkrankung bzw. Behinderung maßgeblich.
Bei der Beurteilung ist vom klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Die GdB von mehreren Erkrankungen werden dabei nicht zusammengerechnet. Maßgebend
sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen
in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen
Beziehungen zueinander.
Bei Osteoporose ist der GdB/MdE-Grad vor allem von der Funktionsbeeinträchtigung und den Schmerzen abhängig. Eine ausschließlich
messtechnisch nachgewiesene Minderung des Knochenmineralgehalts rechtfertigt noch nicht die Annahme eines GdB/MdE-Grades.
Außergewöhnliche Schmerzen sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen.
Verschlechtert sich der Gesundheitszustand eines Menschen mit
Schwerbehindertenausweis oder kommt eine weitere dauerhafte
Einschränkung durch eine neue Erkrankung dazu, dann sollte beim
Versorgungsamt ein Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung (GdB) gestellt werden.
Der Vordruck für den Antrag wird auf Anfrage vom Versorgungsamt zugeschickt und es wird geprüft, ob ein neuer Schwerbehindertenausweis mit evtl. neuen Merkzeichen ausgestellt wird.
Antrag auf Erhöhung
Personen mit einem GdB von weniger als 50, aber mindestens 30
erhalten die gleichen Leistungen wie Schwerbehinderte (außer
Vergünstigungen im öffentlichen Fern- und Nahverkehr), wenn
sie infolge ihrer Behinderung keinen geeigneten Arbeitsplatz
erlangen oder behalten können. Die Gleichstellung stellt die
Agentur für Arbeit auf Antrag fest.
Gleichstellung
behindert/
schwerbehindert
Gleichgestellte genießen wie Schwerbehinderte einen besonderen
Kündigungsschutz. Sie haben jedoch im Gegensatz zu Schwerbehinderten keinen Anspruch auf einen Zusatzurlaub von 5 bezahlten Arbeitstagen im Jahr und auf vorgezogenes Altersruhegeld
nach Vollendung des 60. Lebensjahres.
Schwerbehinderung
35
Praxistipp
!
Die Gleichstellung erfolgt durch die zuständige Agentur für Arbeit.
Der Antrag muss unmittelbar bei der Agentur für Arbeit gestellt
werden, unter Vorlage des Feststellungsbescheids des Versorgungsamtes und eines Schreibens des Arbeitgebers, der den Antragsteller einstellen bzw. weiterbeschäftigen würde. Die Gleichstellung wird mit dem Tag der Antragstellung wirksam. Sie kann
befristet werden.
Nachteilsausgleiche in
Abhängigkeit vom GdB
Nachteilsausgleiche, die bei einem niedrigen GdB angeführt
sind, gelten auch für alle höheren GdB.
GdB 20
• Teilnahme am Behindertensport (§ 29 Abs. 1 Nr. 4 SGB I)
GdB 30/40
• Gleichstellung (§ 2 Abs. 3 SGB IX)
• Kündigungsschutz bei Gleichstellung (§ 68 Abs. 3 SGB IX)
• Steuerfreibetrag (§ 33b EstG)
– GdB 30: 310,– €
– GdB 40: 430,– €
GdB 50
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
36
Schwerbehinderung
Schwerbehinderteneigenschaft (§ 2 Abs. 2 SGB IX)
Steuerfreibetrag: 570,– € (§ 33b EStG)
Bevorzugte Einstellung, Beschäftigung (§§ 81, 122 SGB IX)
Kündigungsschutz (§§ 85 ff SGB IX)
Begleitende Hilfe im Arbeitsleben (§ 102 SGB IX)
Freistellung von Mehrarbeit (§ 124 SGB IX)
Eine Arbeitswoche Zusatzurlaub (§ 125 SGB IX)
Altersrente mit 60/63 (§§ 37, 236a SGB VI)
Vorgezogene Pensionierung von Beamten mit 60
(§ 42, Abs. 4 BBG)
Befreiung von der Wehrpflicht (§ 11 WehrpflichtG)
Stundenermäßigung bei Lehrern: bundeslandabhängig
Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken- und
Rentenversicherung für Behinderte in Werkstätten
(SGB V u. SGB VI)
Beitragsermäßigung bei Automobilclubs,
z. B. ADAC, DTC (Satzungen der Clubs)
• Ermäßigung des Flugpreises für BVG-/SVG-Beschädigte
(Passagetarife der Lufthansa)
• Kfz-Finanzierungshilfen für Berufstätige
(z. B. § 20 SchwbAV i.V. m. KfzHV)
• Abzugsbetrag bei Beschäftigung einer Haushaltshilfe: 924,– €
(§ 33a Abs. 3 EStG)
• Abzug eines Freibetrags bei der Einkommensermittlung
im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei Pflegebedürftigkeit nach § 14 SGB XI: 2.100,– €
(§ 24 Wohnraumförderungsgesetz)
• Freibetrag beim Wohngeld bei Pflegebedürftigkeit
(§ 14 SGB XI): 1.200,– € (§ 13 Wohngeldgesetz)
• Ermäßigung bei Kurtaxen (Ortssatzungen)
GdB 60
• Steuerfreibetrag: 720,– € (§ 33b EStG)
GdB 70
• Steuerfreibetrag: 890,– € (§ 33b EStG)
• Werbungskostenpauschale: 0,30 €/km (§ 9 Abs. 2 EStG)
• Abzugsbetrag für Privatfahrten: GdB 70 + Merkzeichen G:
bis zu 3.000 km x 0,30 € = 900,– € (§ 33 EStG)
• Stundenermäßigung bei Lehrern: bundeslandabhängig
GdB 80
• Steuerfreibetrag: 1.060,- € (§ 33b EStG)
• Freibetrag beim Wohngeld bei Pflegebedürftigkeit
(§ 14 SGB XI): 1.500,– € (§ 13 Wohngeldgesetz)
• Abzug eines Freibetrags bei der Einkommensermittlung
im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei Pflegebedürftigkeit (§ 14 SGB XI): 4.500,– €
(§ 24 Wohnraumförderungsgesetz)
• Preisnachlass bei verschiedenen Mobilfunkbetreibern
GdB 90
• Steuerfreibetrag: 1.230,– € (§ 33b EStG)
• Sozialtarif beim Telefon: Bei Blindheit, Gehörlosigkeit oder
Sprachbehinderung: Ermäßigung bei den Verbindungsentgelten bis zu 8,72 € netto monatl. im Rahmen des
ISDN-Sozialtarifs und für Verbindungen im T-Net durch
die Telekom, wenn diese dauerhaft als Verbindungsnetzbetreiber voreingestellt ist
Schwerbehinderung
37
GdB 100
• Steuerfreibetrag: 1.420,– € (§ 33b EStG)
• Freibetrag beim Wohngeld: 1.500,– € (§ 13 Wohngeldgesetz)
• Freibetrag bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer in
bestimmten Fällen (§ 13 Abs. 1 Nr. 6 ErbStG)
• Vorzeitige Verfügung über Bausparkassen- bzw. Sparbeträge
(Wohnungsbau-Prämiengesetz bzw. Vermögensbildungsgesetz)
Parkerleichterung
Als „Erleichterung im Personenverkehr“ bekommen Schwerbehinderte einen Parkausweis und/oder einen Sonderparkplatz.
Parkausweis
Schwerbehinderte mit Merkzeichen „aG“ oder „Bl“ erfüllen die Voraussetzung für den Parkausweis.
Beim Parkausweis handelt es sich um eine Ausnahmegenehmigung,
die bei der örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde beantragt
werden muss. Der Parkausweis ist gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe anzubringen.
Er berechtigt dazu
• auf Behindertenparkplätzen zu parken.
• im eingeschränkten Halteverbot, im Zonenhalteverbot und
auf Anwohnerparkplätzen bis zu 3 Stunden zu parken. Die
Ankunftszeit ist durch eine Parkscheibe kenntlich zu machen.
• im Zonenhalteverbot oder an Stellen, an denen Parkzeitbegrenzungen bestehen, die zugelassene Parkdauer zu
überschreiten.
• in Fußgängerzonen während der Ladezeit zu parken.
• in verkehrsberuhigten Bereichen auch außerhalb der
gekennzeichneten Flächen zu parken, sofern der durchgehende Verkehr nicht behindert wird.
• an Parkuhren und Parkscheinautomaten ohne Gebühr
und zeitlich unbegrenzt zu parken.
Antrag
38
Schwerbehinderung
Zur Beantragung: Passfoto, Schwerbehindertenausweis und den
letzten Bescheid des Versorgungsamtes mitbringen.
Ein Parkausweis kann auch beantragt werden, wenn der berechtigte Schwerbehinderte nicht selbst in der Lage ist, das Fahrzeug zu führen.
Seit Anfang 2002 gibt es einen einheitlichen EU-Parkausweis für
Schwerbehinderte, der in allen EU-Ländern gilt.
Zum Ausweis gehört eine Broschüre, die über die jeweiligen Parksonderrechte aufklärt. Im Ausland muss dann der Text in der Landessprache aufgeklappt und sichtbar neben den Ausweis gelegt
werden.
EU-Ausweis
Für Schwerbehinderte mit Merkzeichen „aG“ können bestehende
Parkmöglichkeiten oder Einzelparkplätze in unmittelbarer Nähe der
Wohnung reserviert werden.
Sonderparkplatz
Voraussetzungen hierfür sind:
• Es ist kein genügender Parkraum vorhanden.
• Die Behinderte hat keine Garage oder keinen Abstellplatz
in zumutbarer Entfernung zu seiner Wohnung.
Voraussetzungen
Der Sonderparkplatz für Schwerbehinderte mit Merkzeichen „aG”
ist bei der örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu beantragen und wird entsprechend beschildert. Die Behörde erteilt
auch weitere Auskünfte.
Die örtlich zuständige Straßenverkehrsbehörde.
!
?
Praxistipp
Wer hilft weiter?
Schwerbehinderung
39
Pflege
Erkrankungen wie Osteoporose, die mit Knochenbrüchen und
starken Schmerzen einhergehen, können je nach Verlauf und
Therapie zu einer vorübergehenden oder dauerhaften Pflegebedürftigkeit führen.
Häusliche Krankenpflege
Häusliche Krankenpflege bedeutet in der Regel, dass ein Patient
zu Hause von einer Fachkraft gepflegt wird. Die Krankenversicherung übernimmt unter bestimmten Voraussetzungen die
Kosten dafür.
Voraussetzungen
Voraussetzungen für häusliche Krankenpflege sind:
• die Pflege ist ärztlich verordnet zur Sicherung der
ärztlichen Behandlung,
• keine im Haushalt lebende Person kann den Patient im
erforderlichen Umfang pflegen und versorgen und
• Krankenhausbehandlung ist erforderlich, aber nicht ausführbar
(z. B. Bettenmangel, mangelnde Transportfähigkeit) oder wird
vermieden/verkürzt, oder
• es handelt sich um bloße Behandlungspflege, die zur
Sicherung der ärztlichen Behandlungsziele erforderlich ist
(z. B. falls der Arzt Injektionen in dem nötigen Umfang nicht
selbst vornehmen kann). Allerdings können Grundpflege und
hauswirtschaftliche Versorgung nur bis zum Eintritt von
Pflegebedürftigkeit verordnet werden.
Dauer
Umfang
40
Pflege
Dauer der häuslichen Krankenpflege:
• die sogenannte Krankenhausvermeidungspflege erstreckt
sich bis zu 4 Wochen je Krankheitsfall, in medizinisch
begründeten Fällen (Prüfung durch MDK) auch länger,
• die sogenannte Sicherungspflege ist abhängig von den
Satzungen der Krankenkassen. Die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hierzu sehen
keine Befristung vor.
Häusliche Krankenpflege beinhaltet:
• Grundpflege, das sind: pflegerische Leistungen nichtmedizinischer Art wie Körperpflege, Ernährung und Mobilität.
• Behandlungspflege, das sind: Medizinische Hilfeleistungen
wie z. B. Verabreichung von Medikamenten, Anlegen von
Verbänden, Injektionen, Messen der Körpertemperatur,
Spülungen und Einreibungen.
• hauswirtschaftliche Versorgung, z. B. Einkaufen, Kochen,
Putzen, Spülen, Waschen und Heizen.
!
Voraussetzung für eine Kostenübernahme der häuslichen Krankenpflege seitens der Krankenkasse ist, dass auf der Verordnung des
Arztes Behandlungspflege mitverordnet ist. Grundpflege ohne Notwendigkeit von Behandlungspflege wird nicht übernommen.
Praxistipp
Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zahlen 10 %
der Kosten pro Tag für längstens 28 Tage im Kalenderjahr, sowie
10,– € pro Verordnung.
Zuzahlungen
Vorrangig erbringen die Krankenkassen eine Sachleistung, d. h. sie
stellen die Pflegekraft. Die Krankenkassen haben mit geeigneten
Organisationen (z. B. Trägern der freien Wohlfahrtspflege, ambulanten Pflegediensten oder Sozialstationen) Verträge über die
Erbringung von Haushaltshilfe geschlossen. Haushaltshilfekräfte
dieser Vertragsorganisationen erbringen die Leistung und rechnen
dann direkt mit der Krankenkasse ab.
Wenn die Sachleistungserbringung nicht möglich ist, werden die
Kosten der Pflegekräfte der Sozialstationen, Krankenpflegevereine
etc. von der Krankenkasse übernommen. Dies muss unbedingt vorher abgesprochen und genehmigt sein.
Sachleistungserbringer
Die Krankenkassen erstatten die Kosten für eine selbst
beschaffte Kraft in angemessener Höhe (d. h. in Anlehnung
an das tarifliche oder übliche Entgelt einer Pflegekraft), falls:
• die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege
stellen kann, z. B. wenn die Kapazität der von der Krankenkasse
eingestellten Pflegekräfte erschöpft ist,
• die selbst beschaffte Pflegekraft geringere Kosten verursacht,
• die zu pflegende Person aus nachvollziehbaren Gründen nur
eine bestimmte selbst ausgewählte Kraft akzeptiert. Diese
Kraft muss geeignet sein, pflegerische Dienste zu erbringen,
was allerdings nicht notwendigerweise eine abgeschlossene
Ausbildung voraussetzt.
Ausnahme
Die Krankenkassen.
Die gesetzliche Pflegeversicherung bietet Leistungen für
Patienten, die mindestens ein halbes Jahr gepflegt werden
müssen.
?
Wer hilft weiter?
Häusliche Pflege
Pflege
41
Pflegestufen
Die Pflegestufe ergibt sich aus der Schwere der Pflegebedürftigkeit und bedingt die Höhe der Leistungen der Pflegekasse.
Die Pflegestufe wird von der Pflegekasse festgelegt. Basis sind die
Richtlinien der Spitzenverbände der Krankenkassen und die Pflegebedürftigkeit, die der MDK beurteilt.
Pflegestufe I – erheblich
Pflegebedürftige
Hilfebedarf besteht einmal täglich für wenigstens zwei Verrichtungen aus den Bereichen Körperpflege, Ernährung oder
Mobilität und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Der Zeitaufwand eines Familienangehörigen oder einer anderen
nicht als Pflegekraft ausgebildeten Pflegeperson beträgt für die
Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung wöchentlich
im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten. Davon müssen auf
die Grundpflege mindestens 46 Minuten entfallen.
Leistungen Pflegestufe I
Monatliches Pflegegeld Pflegeversicherung
€
215,–
Monatliche Pflegesachleistungen
420,–
Kombinationsleistung
Teilstationäre Tages- oder Nachtpflege monatlich
420,–
Stationäre Kurzzeitpflege (längstens 4 Wochen/Jahr)
1.470,–
Vollstationäre Pflege monatlich
1.023,–
Ersatzpflege, Verhinderungspflege durch Fachkräfte
und nicht verwandte Laienhelfer
1.470,–
Ersatzpflege, Verhinderungspflege durch
verwandte Laienhelfer
Pflegestufe II – schwerst
Pflegebedürftige
anteilig
215,–
Hilfebedarf besteht mindestens dreimal täglich zu verschiedenen
Tageszeiten für Verrichtungen aus den Bereichen Körperpflege,
Ernährung oder Mobilität und zusätzlich mehrfach in der Woche
bei der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Der Zeitaufwand eines Familienangehörigen oder einer anderen
nicht als Pflegekraft ausgebildeten Pflegeperson beträgt für die
Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung wöchentlich
im Tagesdurchschnitt mindestens 3 Stunden. Davon müssen auf
die Grundpflege mindestens 2 Stunden entfallen.
42
Pflege
Leistungen Pflegestufe II
Monatliches Pflegegeld Pflegeversicherung
€
420,–
Monatliche Pflegesachleistungen
980,–
Kombinationsleistung
Teilstationäre Tages- oder Nachtpflege monatlich
anteilig
980,–
Stationäre Kurzzeitpflege (längstens 4 Wochen/Jahr)
1.470,–
Vollstationäre Pflege monatlich
1.279,–
Ersatzpflege, Verhinderungspflege durch Fachkräfte
und nicht verwandte Laienhelfer
1.470,–
Ersatzpflege, Verhinderungspflege durch
verwandte Laienhelfer
420,–
Hilfebedarf besteht täglich rund um die Uhr, auch nachts, bei der
Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität und zusätzlich
mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Pflegestufe III – Schwerstpflegebedürftige
Der Zeitaufwand eines Familienangehörigen oder einer anderen
nicht als Pflegekraft ausgebildeten Pflegeperson für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung beträgt wöchentlich
im Tagesdurchschnitt mindestens 5 Stunden. Davon müssen auf
die Grundpflege mindestens 4 Stunden entfallen.
Leistungen Pflegestufe III
Monatliches Pflegegeld Pflegeversicherung
€
675,–
Monatliche Pflegesachleistungen
1.470,–
Monatliche Pflegeschleistungen im Härtefall
1.918,–
Kombinationsleistung
anteilig
Teilstationäre Tages- oder Nachtpflege monatlich
1.470,–
Stationäre Kurzzeitpflege (längstens 4 Wochen/Jahr)
1.470,–
Vollstationäre Pflege monatlich
1.470,–
Vollstationäre Pflege im Härtefall
1.750,–
Ersatzpflege, Verhinderungspflege durch Fachkräfte
und nicht verwandte Laienhelfer
1.470,–
Ersatzpflege, Verhinderungspflege durch
verwandte Laienhelfer
675,–
Eine Höherstufung der Pflegestufe ist immer dann möglich, wenn
sich der Pflegeaufwand erhöht. Dazu ist ein Antrag bei der Pflegekasse zu stellen und ein erneutes Feststellungsverfahren über den
MDK nötig, das auch als Wiederholungsgutachten bezeichnet wird.
Höherstufung
Pflege
43
Als Wiederholungsgutachten gilt auch die Begutachtung im Auf–
trag der Pflegekasse, wenn diese den Hinweis erhält, dass die häusliche Pflege nicht mehr in ausreichender Weise gewährleistet ist.
!
Praxistipp
44
Pflege
Reicht der Pflegebedarf für die Pflegestufe I nicht aus, erhält der
Hilfebedürftige keine Leistungen der Pflegeversicherung.
Unter bestimmten Umständen, die sich auf die gesundheitliche
und finanzielle Situation des Antragstellers beziehen, kann es
finanzielle Hilfen vom Sozialamt oder der Krankenkasse geben.
Vermeidung von Stürzen
Stürze sind eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit im Alter
und speziell bei Osteporoseerkrankten. Die häufigste schwerwiegende Folge von Osteoporose sind Knochenbrüche in Form
von Wirbeleinbrüchen, Oberschenkelhals- oder Handgelenksbrüchen.
Sind schon einmal Verletzungen und Brüche durch Stürze entstanden, wächst die Angst vor einem weiteren Sturz. Dies kann
zu einer völligen Verunsicherung bis hin zum Verlust der Selbstständigkeit führen.
Die Gefahr zu fallen erhöht sich auch noch deutlich durch
sogenannte Sturzrisikofaktoren wie:
• Kraft- und Balanceprobleme
• veränderte Körperhaltung und Schrittstellung
• Sehbeeinträchtigung
• medizinische Gefahren, wie Medikamentenwirkungen
z. B. bei Einnahme von Diuretika, Abführmitteln, starken
Schmerzmitteln, Muskelrelaxantien
• Schwindelanfälle
• äußere Gegebenheiten (z. B. Stolperfallen, Bodenunebenheiten)
• Alkoholkonsum
Um das Sturzrisiko zu verringern, sollten Betroffene auf keinen Fall
– aus Angst vor einem Sturz – das Sitzen bevorzugen. Dadurch
werden sie immer schwächer und unsicherer. Sinnvoll sind auf
jeden Fall kräftigende und balancefördernde Übungen. Außerdem ist eine Reduzierung oder Beseitigung der Risikofaktoren erforderlich.
Empfehlungen zur Sturzvermeidung:
• Risikofaktoren erkennen.
• Regelmäßige ärztliche Untersuchungen durchführen lassen.
• Auf Medikamentennebenwirkungen achten.
• Regelmäßig das Seh- und Hörvermögen überprüfen lassen.
• Hilfsmittel einsetzen.
• Durch Sport und Funktionstraining/Sturzprophylaxe
vorbeugen.
• Auf Teppiche und Läufer verzichten oder diese rutschfest
fixieren. Am sichersten ist Auslegeware, da diese weder
rutschen kann, noch zu glatt ist.
• Rutschfeste und stolperfreie Matten im Badezimmer auslegen.
• Rutschfeste Matten in Dusche und Badewanne verwenden.
Sturzvermeidung
Vermeidung von Stürzen
45
• Handgriffe anbringen.
• Treppen mit entsprechenden Belägen rutschfest machen und
beidseitig griffsichere Handläufe anbringen.
• Stufenkanten und Türschwellen mit Rampen versehen und
farbig markieren.
• Keine Gegenstände (Stolperfallen) liegen lassen,
lose Kabel befestigen.
• Wohnung gut beleuchten, zusätzlich Nachtlichter anbringen.
• Trittsichere Schuhe mit festem Halt und niedrigen Absätzen
tragen.
• Zur Frakturprophylaxe z. B. Hüftprotektoren verwenden.
Testverfahren
zur Sturzgefahr
Zur Einschätzung der Sturzgefahr wurden verschiedene
Tests entwickelt:
• Der Chair-Rising Test gibt Auskunft über die Muskelleistung
der Beine. Aufgabe des Patienten ist es hierbei, innerhalb von
höchstens 11 Sekunden fünfmal von einem Stuhl aufzustehen,
ohne die Arme zu Hilfe zu nehmen. Schafft er es innerhalb
dieser Zeit nicht, gilt dies als bedenklich.
• Ein zweiter Test ist der sogenannte Timed Up & Go nach
Podsiadlo. Hier soll der Patient aus einem Stuhl ohne Armlehnen aufstehen und 3 Meter geradeaus gehen, sich umdrehen, zurückgehen und wieder hinsetzen. Hierbei dürfen
auch die Gehhilfen eingesetzt werden, die der Patient sonst
benutzt. Schafft der Patient diese Übung innerhalb von
10 Sekunden, ist dies unproblematisch, sollte er allerdings
über 30 Sekunden benötigen, ist von einer erhöhten Sturzgefahr auszugehen.
• Eine weitere Möglichkeit ist der Mobilitätstest nach Tinetti.
Durch mehrere unterschiedliche Übungen werden verschiedene Kriterien überprüft. Stand und Balance werden
durch Aufstehen, die ersten Sekunden des Stehens, mit offenen und geschlossenen Augen, das Drehen auf der Stelle,
leichte Stöße gegen Brust oder Schultern und anschließendes
Hinsetzen beurteilt. Beim Aufstehen wird darauf geachtet,
ob der Patient es mit einem oder mehreren Versuchen, mit
Unterstützung von Hilfsmitteln und selbstständig schafft.
Benötigt er Hilfe beim Stehen, können die Füße geschlossen
sein. Für das Gehen wird das Gangbild analysiert, z. B. das
Anlaufen, die Schrittlänge, -höhe und -symmetrie, Wegabweichungen. Es können maximal 28 Punkte erreicht werden,
ab 20 Punkten besteht ein deutlich erhöhtes Risiko.
46
Vermeidung von Stürzen
Soziale Auswirkungen
Grundsätzlich gilt: Osteoporose-Patienten sollten sich so viel
wie möglich bewegen, auf sichere Mobilität achten und ihre
sozialen Beziehungen pflegen.
Ein Problem kann sein, dass Patienten sich aus Angst vor Stürzen,
die (weitere) Brüche hervorrufen könnten, zu wenig bewegen. Das
bewirkt einen verstärkten Muskelabbau, welcher wiederum die
Gefahr von Knochenabbau erhöht.
Aus der reduzierten Mobilität der Patienten können sich auch Einsamkeit und Isolation ergeben, weshalb die Patienten auch anfällig für Depressionen sind. Dies gilt vor allem, wenn sie zusätzlich
durch Schmerzen und Zukunftsängste belastet sind.
Alltägliche Dinge wie Einkaufen, Hausarbeit, An- und Ausziehen
werden zum Problem und sind ohne fremde Hilfe nur noch schwer
durchführbar. Daraus ergibt sich die Abhängigkeit von Dritten, was
zusätzliche organisatorische, finanzielle und psychische Belastungen
für Erkrankte und deren Familie bedeutet. Erleichtern können die
Situation spezielle Hilfsmittel bei Osteoporose (siehe Folgeseite).
Soziale Auswirkungen
47
Hilfsmittel bei Osteoporose
Definition „Hilfsmittel“
Ein Hilfsmittel muss unmittelbar auf die Behinderung selbst
ausgerichtet sein und die beeinträchtigten Körperfunktionen
wieder herstellen, ermöglichen, ersetzen, erleichtern oder
ergänzen bzw. zur Befriedigung von allgemeinen lebensnotwendigen Grundbedürfnissen (z. B. Ernährung, Fortbewegung,
Hygiene und Kommunikation) erforderlich sein.
Die gesetzliche Krankenversicherung kann die Kosten für Hilfsmittel ganz oder teilweise übernehmen oder diese leihweise zur
Verfügung stellen.
Damit die Kosten übernommen werden, ist ein Rezept vom behandelnden Arzt notwendig. Zusätzlich sollte noch ein Attest enthalten sein, dass die medizinische Notwendigkeit des Hilfsmittels
aufgrund der Erkrankung bestätigt.
Vor der Anschaffung von Hilfsmitteln zur Alltagserleichterung
sollte ein Beratungsgespräch mit dem Ergo- oder Physiotherapeuten stattfinden, damit unter der Vielzahl der Hilfsmittel das
Richtige ausgewählt wird.
Patienten, die sich nach Wirbelbrüchen im Krankenhaus und später
in einer Reha-Einrichtung aufhalten, werden meist schon dort zu
notwendigen Hilfsmitteln beraten.
Hilfsmittel zur Wohnraumanpassung, z. B. Einbau und Anbringung
von Treppenliften, werden nur von der Pflegekasse und nur bei
Vorhandensein einer Pflegestufe bezuschusst.
Sinnvolle Hilfsmittel:
• Hüftprotektoren oder „Hip Pads“ werden in die Unterhose
eingenäht und schützen bei Stürzen vor einem Oberschenkelhalsbruch.
• Orthesen oder elastische Bandagen stützen die Wirbelsäule,
wenn das übliche Zusammensinken der Wirbelsäule zu
Schmerzen und Einschränkungen führt.
• rückenfreundliche Hilfsmittel wie Schuh-, Strumpfanzieher
und Greifzangen
• Gehhilfen wie Gehstöcke oder Rollatoren
48
Hilfsmittel bei Osteoporose
Weitere Hilfsmittel erleichtern die Tätigkeiten in Haushalt
und Freizeit und sollen zur Sicherheit vor Stürzen dienen,
zum Beispiel:
• Hilfsmittel zur Erleichterung des Alltags
(spezielle Griffe im Badezimmer, Toilettensitzerhöhung,
Badewannenbrett, Duschstuhl)
• Anziehhilfen (Strumpf-, Strumpfhosen- und Sockenanzieher,
Druckknöpfe statt Knöpfe, Klettverschlüsse, elastische BH,
weite Kleidung)
• Antirutsch-Unterlagen für den Tisch
• Greifhilfen
• Aufstehhilfen
• Handläufe
• spezielle angepasste Werkzeuge
(Dosen-, Flaschenöffner, Bestecke)
• Falldetektoren, Hausnotrufsysteme
Hilfsmittel
in Haushalt und Freizeit
Außerdem gibt es noch eine Gruppe von Hilfsmitteln,
die das körperliche Training unterstützen sollen und damit
dem Knochenabbau vorbeugen:
• Elektrische Muskeltrainer (Tensgerät, Laufbänder, Ergometer)
• Theraband, Bälle, Matten, Gewichte und Schwimmhilfen
Beratung und Orientierung in der Vielzahl spezieller Hilfsmittel
geben Orthopädie- und Sanitätshäuser sowie Ärzte und Apotheken.
Die Krankenkassen übernehmen die Kosten mit z. T. starken
Einschränkungen. Die Versorgung mit Hilfsmitteln erfolgt in
der Regel durch die Vertragspartner der Krankenkasse.
?
Wer hilft weiter?
Kostenübernahme
von Hilfsmitteln
Bezieht der Versicherte die Hilfsmittel bei einem anderen Leistungserbringer, der nicht Vertragspartner der Krankenkasse ist, muss der
Versicherte die Mehrkosten selbst tragen. Um dies zu vermeiden,
sollte sich der Versicherte vorab die Vertragspartner der Krankenkasse benennen lassen.
Bei der Kostenübernahme ist zu unterscheiden zwischen
Hilfsmitteln, für die ein Festbetrag besteht, und Hilfsmitteln
ohne Festbetrag:
• Bei Hilfsmitteln mit Festbetrag übernehmen die Kassen
die Kosten bis maximal zur Höhe des Festbetrags.
Hilfsmittel bei Osteoporose
49
• Bei Hilfsmitteln ohne Festbetrag beim Vertragspartner
übernehmen die Kassen die Kosten bis maximal zur Höhe des
vertraglich vereinbarten Preises.
• Bei Hilfsmittel ohne Festbetrag bei Leistungserbringern,
die nicht Vertragspartner der Krankenkasse sind, erstatten
die Kassen nur Kosten in Höhe des niedrigsten Preises einer
vergleichbaren Leistung des Vertragspartners.
In Einzelfällen tritt die Krankenhilfe des Sozialhilfeträgers für die
Kosten ein. Er orientiert sich dabei an der Kostenübernahme durch
die Krankenkassen.
Zuzahlung
Bei der Zuzahlung wird zwischen „nicht zum Verbrauch bestimmten“
und „zum Verbrauch bestimmten“ Hilfsmitteln unterschieden.
Nicht zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel können mehrmals
von einem Versicherten oder im Wiedereinsatz von verschiedenen
Versicherten verwendet werden, z. B. Rollstuhl, Beatmungsgerät,
Absauggerät. Der Versicherte zahlt 10 % des Abgabepreises zu,
jedoch mindestens 5,– € und maximal 10,– €.
Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel können wegen ihrer Beschaffenheit, ihres Materials oder aus hygienischen Gründen nur
einmal ununterbrochen benutzt werden und sind in der Regel für
den Wiedereinsatz nicht geeignet. Dazu zählen z. B. Windelhosen,
Bettschutzeinlagen und Einmalhandschuhe. Der Versicherte zahlt
10 % des Abgabepreises (je Packung) zu, maximal jedoch 10,– €
monatlich. Dies gilt unabhängig davon, ob die zum Verbrauch bestimmten Hilfsmittel aufgrund einer oder mehrerer Indikationen
oder aus mehreren Produktgruppen benötigt werden. Gibt es für
das Hilfsmittel einen Festbetrag, dann richtet sich die Zuzahlung
nach diesem.
Festbeträge
Festbeträge gibt es in der Krankenversicherung für Hilfsmittel in den
Gruppen: Seh-, Hör- und Inkontinenzmittel sowie Hilfsmittel zur
Kompressionstherapie, Stoma-Artikel und Einlagen. Die Krankenkasse erstattet nur bis zu diesem Betrag.
Wird ein Hilfsmittel ausgewählt, das über dem Festbetrag liegt,
muss der Versicherte den Differenzbetrag (Eigenanteil) selbst übernehmen. Die Zuzahlung richtet sich nach dem Festbetrag. In der
Regel wird der Patient also dann Eigenanteil plus Zuzahlung leisten.
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Praxistipp
50
Hilfsmittel bei Osteoporose
Apotheken, Sanitätshäuser oder z. B. orthopädische Schuhmacher
verfügen in der Regel über einen (Auszug aus dem) Hilfsmittelkatalog. Wenn Patienten ihr Hilfsmittelrezept dort vorlegen, bekommen sie genaue Informationen, wie viel die Krankenkasse laut
Katalog für das verordnete Hilfsmittel zahlt und wie hoch der
Eigenanteil ist, der zu leisten ist. Die einschlägigen Fachgeschäfte
wissen auch, ob man das Hilfsmittel gleich mitnehmen kann oder
ob es zuerst von der Krankenkasse genehmigt werden muss.
Gerade beim Liegen ist es wichtig, die Wirbelsäule zu entlasten. Hierbei werden manchmal schwere Fehler gemacht, die zu schlimmen
Schmerzen führen können.
Bei einer zu harten Matratze kann der Körper nicht richtig einsinken, da der Gegendruck der Matratze zu hoch ist.
Eine zu weiche Matratze lässt die Wirbelsäule durchhängen und
führt ebenfalls zu vermehrten Schmerzen. Damit die optimale
korrekte Körperlagerung erreicht wird, ist eine Schlafunterlage
nach individuellen Ansprüchen auszuwählen.
Die Krankenkassen.
Maßnahmen zur Verbesserung und Anpassung des Wohnumfelds eines Pflegebedürftigen erleichtern oder ermöglichen
die Pflege oder die selbstständige Lebensführung zu Hause.
Schlafunterlage
bei Osteoporose
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Wer hilft weiter?
Wohnumfeldverbesserung/
Wohnungsumbau
Die Zuschüsse leistet die Pflegekasse, da sie zu den Pflegehilfsmitteln zählen.
Voraussetzung für die Gewährung eines Zuschusses ist, dass die
vorgesehenen Maßnahmen die häusliche Pflege ermöglichen oder
erheblich erleichtern oder dass eine möglichst selbstständige
Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt, also die
Abhängigkeit von der Pflegekraft verringert wird.
Es muss sich um Maßnahmen in der Wohnung des Pflegebedürf–
tigen handeln oder um Maßnahmen in dem Haushalt, in dem der
Pflegebedürftige aufgenommen ist und gepflegt werden soll.
Prinzipiell müssen die Vorversicherungszeit erfüllt, die Pflege–
bedürftigkeit festgestellt und die Maßnahmen bei der Pflegekasse
beantragt werden.
Gegebenenfalls schaltet die Pflegekasse den MDK zur Begutachtung
der häuslichen Pflegesituation ein. Dieser stellt vor Ort fest, ob entsprechende Mängel für die Pflegesituation und Sicherheitsrisiken
vorliegen und ob die Wohnraumanpassung einen Umzug in ein
Heim verhindern hilft.
Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe ein Zuschuss zur Verbesserung des Wohnumfeldes gewährt wird, liegt im Ermessen der
Pflegekasse.
Voraussetzungen
Hilfsmittel bei Osteoporose
51
Bezuschussungsfähige
Maßnahmen
Beispiele bezuschussungsfähiger Maßnahmen sind:
• Einbau einer Dusche
• Einbau und Anbringung von Treppenliften
• Türverbreiterungen
• Installation von Wasseranschlüssen
• Ein- und Umbau von Mobiliar entsprechend den
individuellen Erfordernissen der Pflegesituation
Zu den Kosten zählen auch statische Gutachten, Antragsgebühren,
Kosten der Bauüberwachung, nachgewiesene Fahrtkosten und
der Verdienstausfall von am Bau mithelfenden Angehörigen und
Bekannten.
Höhe
Selbstbeteiligung/Eigenanteil
Der Eigenanteil des Pflegebedürftigen beträgt:
• 10 % der Kosten der Maßnahme,
• höchstens jedoch 50 % seiner monatlichen Bruttoeinnahmen
zum Lebensunterhalt.
Eingliederungshilfe
Reichen die Leistungen der Wohnumfeldverbesserungen für die
notwendigen Umbaumaßnahmen nicht aus, können Leistungen
auch im Rahmen der Eingliederungshilfe über das örtliche Sozialamt beantragt werden. Dabei dürfen allerdings bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden.
Antrag
Bevor der Versicherte eine Wohnumfeldanpassung durchführen
lässt, welche von der Pflegekasse finanziert werden soll, ist ein
Antrag zu stellen. Es kann sein, dass die Pflegekasse mehrere
Kostenvoranschläge verlangt, bis sie die Maßname genehmigt.
Wenn eine Wohnumfeldverbesserung durchgeführt wird und der
Versicherte danach mit der Rechnung zur Pflegekasse geht, dann
wird kein Zuschuss gewährt.
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Wer hilft weiter?
52
Maximal 2.557,– € je Maßnahme.
Hilfsmittel bei Osteoporose
• Viele Städte und Gemeinden haben Beratungsstellen für
Wohnraumanpassung und barrierefreies Wohnen. Meistens
sind diese Stellen der Behinderten- oder Seniorenberatung
angeschlossen. In manchen Fällen kommen die Berater auch
in die Wohnung des Pflegebedürftigen, um gemeinsam zu
sehen, welche Veränderung sinnvoll und durchführbar ist.
• Umfassende Informationen bietet im Internet
www.wohnungsanpassung.de, die Seite der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung e. V.
Adressen
Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e. V. (BfO)
Kirchfeldstraße 149, 40215 Düsseldorf
Telefon 0211 301314-0
E-Mail: [email protected]
www.bfo-aktuell.de
Kuratorium Knochengesundheit e. V.
Leipziger Straße 6, 74889 Sinsheim
Telefon 07261 92170
E-Mail: [email protected]
www.osteoporose.org
Netzwerk-Osteoporose e. V.
Ludwigstraße 22, 33098 Paderborn
Telefon 05251 280586 oder 21120
Mobil 0172 8378965
E-Mail: [email protected]
www.netzwerk-osteoporose.de
www.betanet.de
Suchwort „Osteoporose“
Internet
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Herausgeber
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Telefon 0821 748810, Telefax 0821 74881420
Redaktion
beta Institut gemeinnützige GmbH
Institut für angewandtes Gesundheitsmanagement,
Entwicklung und Forschung in der Sozialmedizin
Kobelweg 95, 86156 Augsburg
E-Mail: [email protected]
Text
Gabriele Bayer
Beate Hollmann-Lachmair
Andrea Nagl
Grafik, Satz
Manuela Mahl
Die Informationen über Leistungsansprüche beziehen sich
nicht auf private Versicherungen oder die Beihilfe für Beamte.
Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben.
Autoren und Herausgeber übernehmen keine Haftung für die
Angaben in dieser Broschüre.
4. Auflage Juni 2008
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