unhcr - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eV

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unhcr - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eV
UNHCR-RICHTLINIEN ZUR FESTSTELLUNG
DES INTERNATIONALEN SCHUTZBEDARFS
SRI-LANKISCHER ASYLSUCHENDER
Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR)
5. Juli 2010
HRC/EG/SLK/10/03
VORBEMERKUNG
Die UNHCR-Richtlinien werden vom Büro des Hohen Flüchtlingskommissars herausgegeben, um
Entscheidungsträger wie Regierungen, nicht-staatliche Beratungsstellen, sowie UNHCR-Mitarbeiter dabei zu
unterstützen, die internationalen Schutzbedürfnisse von Asylsuchenden zu beurteilen. Die Richtlinien helfen bei
der rechtlichen Auslegung der Kriterien der Flüchtlingseigenschaft durch die Einschätzung der sozialen,
politischen, wirtschaftlichen und humanitären Bedingungen, sowie der Sicherheits- und Menschenrechtslage im
betreffenden Herkunftsland. Die entsprechenden internationalen Schutzbedürfnisse werden detailliert analysiert.
Zudem werden Empfehlungen dahingehend abgegeben, wie die in Frage stehenden Anträge in Übereinstimmung
mit den relevanten Prinzipien und Kriterien des Flüchtlingsrechts – insbesondere der UNHCR-Satzung, des
Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und dem dazugehörigen Protokoll von 1967
sowie relevanten regionalen Instrumenten, wie beispielsweise der Erklärung von Cartagena über Flüchtlinge von
1984, der OAU-Konvention von 1969 zur Regleung der besonderen Aspekte der Flüchtlingsprobleme in Afrika
und der Eu-Qualikfikationsrichtlinien – entschieden werden sollten. Die Empfehlungen können sich
gegebenenfalls auch auf komplementäre oder subsidiäre Schutzformen beziehen.
UNHCR veröffentlicht diese Richtlinien im Rahmen seiner ihm gemäß Artikel 8 der Satzung in Verbindung mit
Artikel 35 der Genfer Flüchtlingskonvention und Artikel II des dazugehörigen Protokolls von 1967 übertragenen
Zuständigkeit, die korrekte Auslegung und Anwendung der oben genannten Flüchtlingskriterien zu fördern, und
auf Grundlage der langjährigen Expertise in Angelegenheiten, die im Zusammenhang mit der
Schutzberechtigung und der Bestimmung des Flüchtlingsstatus stehen.
Es wird erwartet, dass die in dieser Richtlinie enthaltenen Positionen und Leitlinien bei der Entscheidung über
Asylanträge von den Behörden und Gerichten sorgfältig berücksichtigt werden. Die Richtlinien basieren auf
detaillierten Recherchen, Berichten von Länderbüros des globalen UNHCR-Netzwerkes, Informationen von
unabhängigen Länderexperten und -wissenschaftlern sowie anderen Quellen, die gründlich auf ihre
Zuverlässigkeit überprüft wurden. Die Richtlinien sind auf der UNHCR-Website „Refworld“
(http://www.refworld.org) abrufbar.
Inhaltsverzeichnis
I. EINLEITUNG……………………………………………………………………………....1
II. HINTERGRUNDINFORMATIONEN………………………...………………...............1
III. ANSPRUCH AUF INTERNATIONALEN SCHUTZ………………………………....3
A. HAUPTRISIKOGRUPPEN……………………………………………………...……..3
1. Personen unter dem Verdacht der Zusammenarbeit mit der Liberation Tamil Tigers of
Eelam (LTTE)………………………………………………………………………………....3
2. Journalisten und andere in der Medienbranche tätige Personen..……………….……..5
3. Zivilgesellschaftliche- und Menschenrechtsaktivisten…………………………….........6
4. Frauen und Kinder mit bestimmten Profilen………………………………….….........7
5.Homosexuelle, bisexuelle und transsexuelle Personen (SLBT)………………..................9
B. INTERNE SCHUTZALTERNATIVE……………………………………………….....10
C. AUSSCHLUSS VOM INTERNATIONALEN FLÜCHTLINGSSCHUTZ………………11
IV. SCHLUSSFOLGERUNG………………………………………………………............13
I. Einleitung
Die vorliegenden Richtlinien werden vor dem Hintergrund der verbesserten Menschenrechts- und Sicherheitslage nach dem Ende des bewaffneten Konflikts zwischen der Sri Lankan Army (SLA) und der Liberation
Tamil Tigers of Eelam (LTTE) im Mai 2009 herausgegeben und sollen den UNHCR- und staatlichen
Entscheidungsträgern als Anleitung zur Beurteilung von Anträgen sri-lankischer Asylsuchender dienen.1 Die
Richtlinien ersetzen die Dokumente UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection
Needs of Asylum-Seekers from Sri Lanka vom April 2009 und die UNHCR Note on the Applicability of the 2009
Sri Lanka Guidelines von 2009.2
Die Richtlinien enthalten Informationen über die besonderen Profile, für die nach derzeitigem Stand
internationaler Schutzbedarf vorliegen kann. Da die Feindseligkeiten eingestellt wurden, bedürfen Personen aus
dem Norden des Landes in Übereinstimmung mit den einschlägigen Prinzipien und Kriterien des
Flüchtlingsrechts oder komplementären Schutzformen nicht länger allein wegen der Gefahren von Schäden, die
durch wahlloses Vorgehen verursacht werden, internationalen Schutzes. Angesichts der verbesserten
Menschenrechts- und Sicherheitslage in Sri Lanka ist für Tamilen aus dem Norden des Landes ein
gruppenbasierter Schutz oder die grundlegende Vermutung eines Anspruches auf internationalen Schutz nicht
mehr erforderlich. Es ist wichtig zu bedenken, dass sich die Lage noch in einem Entwicklungsprozess befindet,
was die Erstellung dieser Richtlinien besonders schwierig gemacht hat.
II. Hintergrundinformationen
Am 19. Mai 2009 verkündete die Regierung Sri Lankas nach der Eroberung der letzten Gebiete unter der
Kontrolle der LTTE im Norden des Landes offiziell den Sieg über die LTTE.3 Dies stellte das Ende eines 26jährigen nicht-internationalen bewaffneten Konflikts dar.
Zum Zeitpunkt der Erstellung der Richtlinien hatte sich die Sicherheitslage in Sri Lanka in bedeutender Weise
stabilisiert, so dass der Weg für eine dauerhafte Lösung für hunderttausende Binnenvertriebene im Norden und
Osten des Landes bereitet war. Im August 2009 begann die sri-lankische Regierung mit der Organisation der
Rückkehr und der Freilassung aus den Lagern für Binnenvertriebene von rund 280.000 Personen, die in der
Schlussphase des Konflikts gezwungen waren, von ihren Wohnorten zu fliehen.4 Viele der ursprünglichen
Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Binnenvertriebenen wurden aufgehoben5 und bis Mitte Juni 2010
hatten annähernd 246.000 Personen die Lager für Binnenvertriebene verlassen, um an ihre Herkunftsorte
zurückzukehren oder bei Gastfamilien, Verwandten oder Freunden zu wohnen. In den kommenden Wochen und
Monaten wird mit weiteren Rückkehrbewegungen gerechnet. Einige der Personen, die die Lager verlassen
haben, befinden sich nach wie vor in einer Situation der Vertreibung, da ihre Häuser vollständig oder zum Teil
zerstört sind und nach wie vor Minenräumungen stattfinden.6 Außerdem wurde die Rückkehr der
Binnenvertriebenen in manchen Fällen durch Streitigkeiten um Grund und Boden behindert, die durch
1
Sofern nichts anderes angegeben ist, basieren diese Richtlinien auf Informationen, die UNHCR bis zum Mai 2010 vorlagen.
2
UNHCR, UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Sri Lanka, April
2009, http://www.unhcr.org/refworld/docid/49de0b6b2.html; und UNHCR, Note on the Applicability of the 2009 Sri Lanka Guidelines,
Juli 2009, Rev., http://www.unhcr.org/refworld/docid/4a6817e22.html
3
Offizielle Website der Präsidentschaftskampagne von Mahinda Rajapaksa im Jahr 2010, Address by HE President Mahinda Rajapaksa
at the ceremonial opening of Parliament, Sri Jayawardhanapura – Kotte, 19. Mai 2009, http://www.mahinda2010.lk/ceremonialopening-of-parliament-may-2009.html; und BBC News, Country profile: Sri Lanka, letzte Aktualisierung vom 5. Mai 2010,
http://news.bbc.co.uk/2/hi/south_asia/country_profiles/1168427.stm .
4
Siehe
zum
Beispiel
Human
Rights
Watch,
World
Report
2010 − Sri Lanka,
20. Januar 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b586ce080.html.
Im Dezember 2009 wurde zum Beispiel ein Passsystem eingeführt, welches Binnenvertriebenen erlaubt, ihr Lager für bis zu zwei
Wochen zu verlassen. Allerdings wurde berichtet, dass die praktische Umsetzung des Passsystems in den Lagern unterschiedlich
gehandhabt wurde, und dass Personen, bei denen eine Verbindung zur LTTE vermutet wurde, generell die Ausstellung von Pässen
verweigert wurde; siehe Internal Displacement Monitoring Centre, Internal Displacement: Global Overview of Trends and
Developments in 2009 − Sri Lanka, 17. Mai 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4bf2526cd.html.
5
6
Die Regierung hat angekündigt, dass sie beabsichtigt, alle verbleibenden Binnenvertriebenen aus dem Norden bis September 2010 neu
anzusiedeln und innerhalb derselben Frist alle „welfare villages“ zu schließen; siehe The Official Government News Portal of Sri
Lanka,
Gradual
shutting
down
of
welfare
villages
takes
place,
28. Mai 2010,
http://www.news.lk/index.
php?option=com_content&task=view&id=15487&Itemid=44. Siehe auch UNHCR, Sri Lanka: returns and shelter grants restart,
27. April 2010, http://www.unhcr.org/4bd6d3226.html. Über 60.000 durch die LTTE vertriebene Muslime lebten 20 Jahre nach ihrer
Vertreibung aus dem Norden und Nordwesten im Jahr 1990 noch immer in Puttalam; siehe Internal Displacement Monitoring Centre,
Global
Overview
of
Trends
and
Developments
in
2009 − Sri Lanka,
17. Mai 2010,
http://www.unhcr.org/
refworld/docid/4bf2526cd.html. Im Dezember 2009 gab die Regierung bekannt, sie werde mit der Umsiedlung von über 100.000
vertriebenen Muslimen aus Lagern in Puttalam an ihre Herkunftsorte beginnen; siehe IRIN, Sri Lanka: Difficult homecoming for
Muslim IDPs, 22. März 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4bb06c8414.html.
1
verschiedene Aspekte verursacht wurden, wie beispielsweise durch die Besetzung durch Dritte; die Besetzung
von Grund und Boden durch das Militär und die LTTE im Zuge des Konflikts, einschließlich der willkürlichen
Inbesitznahme von Muslimen gehörenden Grund und Boden durch die LTTE im Norden und Osten; die
Schaffung von Hochsicherheitszonen (HSZ) und Sonderwirtschaftszonen (SEZ); und den Verlust von
Dokumenten.7
Weitere Maßnahmen der Regierung seit dem Ende des Konflikts, etwa die Lockerung der Notstandsgesetze,
markierten einen Richtungswechsel zu einer Friedenszeitenagenda. Auch die Einschränkungen hinsichtlich der
Bewegungsfreiheit wurden infolge der verbesserten Sicherheitssituation gelockert.8 Andere Sicherheitsmaßnahmen wie Kontrollposten des Militärs/der Polizei an den Hauptstraßen und eine unübersehbare
Militärpräsenz werden hingegen im ganzen Land weiter aufrechterhalten.9 Berichten zufolge sollte so die
Neuformierung der LTTE durch noch immer auf freiem Fuß befindliche Kader verhindert werden.10
In Sri Lanka fanden in der ersten Jahreshälfte 2010 bedeutende politische Entwicklungen statt. Die Bevölkerung
ist im Januar zur Wahl gegangen um einen neuen Präsidenten11 und im April das erste Parlament nach dem
Konflikt12 zu wählen. Außerdem werden einige Gebiete im Norden, wie Kilinochchi und Mullaitivu, die
Jahrzehnte lang unter der Kontrolle der LTTE standen, nun wieder von den Zentralbehörden regiert.
Als Reaktion auf die Forderungen nach einer unabhängigen internationalen Untersuchung wegen vermuteter
Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts durch die Konfliktparteien13, hat die
Regierung Sri Lankas vor kurzem die Einsetzung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission angekündigt,
die prüfen soll, welche „Erkenntnisse aus den Ereignissen“ zwischen Februar 2002 und Mai 2009 zu ziehen
sind.14 Am 22. Juni 2010 benannte der UN-Generalsekretär außerdem eine Expertenrunde, die damit beauftragt
7
Tausende vor 2008 aus den Bezirken Jaffna und Trincomalee vertriebene Personen können nach wie vor nicht in ihre Herkunftsgebiete
zurückkehren, weil diese zu Hochsicherheitszonen (HSZ) erklärt wurden; siehe Internal Displacement Monitoring Centre, Global
Overview of Trends and Developments in 2009 − Sri Lanka, 17. Mai 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4bf2526cd.html; und
Centre for Policy Alternatives, Land in the Eastern Province: Politics, Policy and Conflict, 13. Mai 2010,
http://www.cpalanka.org/page.php?id=0&pubid=722&key=9bdd5f06c37bdab66735ca41a9457925. Allein auf der nördlichen Halbinsel
Jaffna sollen seit den 1990er Jahren 15 HSZ von insgesamt 160 Quadratkilometern eingerichtet worden sein. Das sind 18 Prozent der
gesamten Landmasse der Halbinsel; siehe Sujeewa Amaranath, Sri Lanka: Permanent military occupation of the North and East,
23. März 2010, http://www.wsws.org/articles/2010/mar2010/sril-m23.shtml. Nach den Parlamentswahlen vom April 2010 versprach
die örtliche Regierung in Jaffna, die HSZ schrittweise zu beseitigen; siehe AsiaNews, Government promises to remove the High
Security Zone. Hopes for Tamil refugees, 13. April 2010, http://www.asianews.it/news-en/Government-promises-toremove-the-HighSecurity-Zone-Hopes-for-Tamil-refugees-18130.html. Das Recht auf die Rückgabe von Eigentum oder auf eine angemessene
Entschädigung ist in den Pinheiro-Prinzipien verankert; siehe UN-Unterkommission für die Förderung und den Schutz der
Menschenrechte, Principles on Housing and Property Restitution for Refugees and Displaced Persons, 28. Juni 2005, Grundsatz 2.1,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/41640c874.html.
8
Zum Beispiel wurde im Juli 2009 die Autobahn A9 Jaffna-Kandy, die einzige Landverbindung zwischen der Hauptstadt und dem
nördlichsten Landesteil, wieder für den Verkehr freigegeben; siehe Freedom House, Freedom in the World 2010 − Sri Lanka,
1. Juni 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c1a1e9b25.html.
9
Straßensperren können angeblich ohne Vorwarnung errichtet werden; siehe australisches Ministerium für auswärtige Angelegenheiten
und Handel, Sri Lanka: Travel Advice, Stand vom 17. Juni 2010, http://www.smartraveller.gov.au/zw-cgi/view/advice/sri_lanka.
10
Im Januar 2010 erklärte Präsident Rajapaksa, dass Sri Lanka noch immer ernsthafte Gefahr von Separatisten drohe, auch wenn die
LTTE militärisch geschlagen sei. LTTE-Kader befänden sich noch immer auf freiem Fuß und machten bis zu 10 Prozent der
Gesamtbevölkerung des Bezirks Jaffna aus. Siehe South Asia Intelligence Review (SAIR) des South Asia Terrorism Portal (SATP),
LTTE: Diaspora Wars, 14. Juni 2010, http://www.satp.org/satporgtp/sair/#assessment1.
11
Auf den bisherigen Amtsinhaber, Präsident Rajapaksa, entfielen 57,88 Prozent der Stimmen, der ehemalige Kommandeur der SLA,
General Fonseka, kam auf 40,15 Prozent; siehe Sri Lanka Department of Elections, Presidential Election 2010 – Official Results,
abgerufen am 29. Mai 2010, http://www.slelections.gov.lk/presidential2010/AIVOT.html. Die Wahlen verliefen größtenteils friedlich,
doch kam es in der Zeit danach zu einigen gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Parteiaktivisten, bei denen eine Person getötet und
mehrere verletzt wurden; siehe Commonwealth Secretariat, 2010 Sri Lanka Elections − Final Report, 15. Februar 2010,
http://www.thecommonwealth.org/document/181889/34293/35144/220094/final_report__sri_lanka_cet.htm.
12
Die regierende Koalition United People’s Freedom Alliance (UPFA) erreichte mit 60 Prozent der abgegebenen Stimmen 144 der 225
Sitze;
siehe
International
Crisis
Group,
Crisis
Watch
No. 81,
1. Mai 2010,
http://www.crisisgroup.org/
~/media/Files/CrisisWatch/2010/cw81.ashx; und The Island, UPFA bags Kandy, Trinco, bolsters its historic win, 21. April 2010,
http://www.island.lk/2010/04/21/news18.html.
13
Siehe zum Beispiel Amnesty International, UN must investigate Sri Lanka rights violations, 17. Mai 2010,
http://www.amnesty.org/en/for-media/press-releases/un-must-investigate-sri-lanka-rights-violations-2010-05-17;
US-Außen
ministerium, 2009 Country Reports on Human Rights Practices − Sri Lanka, 11. März 2010, http://www.unhcr.org/
refworld/docid/4b9e52bbc.html;
und
Human
Rights
Watch,
World
Report
2010 − Sri Lanka,
20. Januar 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b586ce080.html.
14
Näheres hierzu siehe the Official Government News Portal of Sri Lanka, ‘101 East’, Al Jazeera Interview Transcript, 27. Mai 2010,
http://www.news.lk/index.php?option=com_content&task=view&id=15477&Itemid=52; IRIN, Sri Lanka: Truth commission dogged
by scepticism, 19. Mai 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4bf633a217.html; Human Rights Watch, Sri Lanka: Government
Proposal Won't Address War Crimes, 7. Mai 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4be90b752c.html; und Amnesty International,
Twenty Years of Make-Believe: Sri Lanka’s Commissions of Inquiry, Juni 2009, http://www.amnesty.org/en/library/
asset/ASA37/005/2009/en/c41db308-7612-4ca7-946d-03ad209aa900/asa370052009eng.pdf.
2
wurde, Empfehlungen hinsichtlich der Verantwortlichkeit für vermeintliche Verletzungen der internationalen
Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts in der Schlussphase des Konflikts in Sri Lanka abzugeben.15
Das Ende des bewaffneten Konflikts und die spürbar verbesserten Sicherheitsbedingungen im ganzen Land
haben zu einem Rückgang der Zahl der Sri Lanker, die in Industrieländern internationalen Schutz suchen,
geführt. In den Monaten Januar bis Juni 2010 wurden 2.947 Asylanträge registriert, was gegenüber 4.573
Asylanträgen im Vergleichszeitraum des Jahres 2009, ein Minus von 35 Prozent darstellt.16
III. Anspruch auf internationalen Schutz
Der Status anerkannter Flüchtlinge sollte nur dann überprüft werden, wenn im Einzelfall begründete Hinweise
dafür vorliegen, dass Gründe für die Rücknahme des Flüchtlingsstatus, der ursprünglich nicht hätte zuerkannt
werden dürfen, für die Rücknahme/den Widerruf des Flüchtlingsstatus aufgrund von Artikel 1 F des
Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) oder für die
Beendigung des Flüchtlingsstatus im Sinne von Artikel 1 C Abs. 1 bis 4 der Genfer Flüchtlingskonvention
bestehen. UNHCR ist der Ansicht, dass sich die Verhältnisse in Sri Lanka sich in den letzten zwölf Monaten
zwar erheblich verbessert haben, jedoch noch nicht die Beendigung des Flüchtlingsstatus nach
Artikel 1 C Abs. 5 der Genfer Flüchtlingskonvention rechtfertigen.
Alle Anträge von Asylsuchenden aus Sri Lanka sollten in fairen und effizienten Verfahren zur Feststellung der
Flüchtlingseigenschaft unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalles und aktueller und relevanter
Herkunftslandinformationen geprüft werden. UNHCR ist der Auffassung, dass im Fall einiger Personen, deren
Profil den nachstehend beschriebenen ähnelt, abhängig von den besonderen Umständen des Einzelfalles eine
besonders sorgfältige Prüfung der möglichen Gefährdung notwendig ist. Die Aufzählung ist nicht zwangsläufig
vollständig und beruht auf dem Kenntnisstand von UNHCR zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Richtlinien. Ein
Antrag sollte deshalb nicht automatisch als unbegründet angesehen werden, weil auf ihn keines der unten
beschriebenen Profile zutrifft. Einige Anträge von Asylsuchenden aus Sri Lanka werden auf einen möglichen
Ausschluss vom Flüchtlingsstatus zu prüfen sein.
A. Hauptrisikogruppen
1. Personen unter dem Verdacht der Verbindung mit den „Liberation Tamil Tigers of
Eelam“ (LTTE)
Unmittelbar im Anschluss an den Konflikt wurden fast 11.00017 Personen, die verdächtigt wurden, mit der LTTE
in Verbindung zu stehen, festgenommen und in Hochsicherheitslagern interniert. Gleichzeitig wurden mehr als
500 ehemalige Kindersoldaten18 in Wiedereingliederungszentren gebracht.19 Berichten zufolge wurden bis Ende
Mai 2010 alle ehemaligen der LTTE zugehörigen Kindersoldaten aus den Eingliederungszentren entlassen.20
15
16
UN, Secretary-General Names Panel of Experts to Advise on Accountability for Possible Rights Violations during Sri Lanka Conflict,
22. Juni 2010, http://www.un.org/News/Press/docs//2010/sgsm12967.doc.htm. Die Einsetzung der Gruppe wurde von der Regierung
Sri Lankas als „eine ungerechtfertigte und unnötige Einmischung in die Angelegenheiten eines souveränen Staates“ bezeichnet; siehe
The Official Website of the Government of Sri Lanka, Govt. opposes UN Panel, 23. Juni 2010, http://www.priu.gov.lk/
news_update/Current_Affairs/ca201006/20100623govt_opposes_un_panel.htm.
Laut UNHCR-Statistik für 44 Industriestaaten in Europa, Nordamerika, Ozeanien und Asien mit Stand vom 30. Juni 2010.
17
Laut einer Erhebung der Regierung waren mit Stichtag 1. März 2010 10.781 LTTE-Kader in 17 Zentren inhaftiert, 8.791 davon Männer
und 1.990 Frauen; siehe Verteidigungsministerium Sri Lankas, Survey reveals how Tigers threw untrained children into Vanni battle,
15. März 2010, http://www.defence.lk/new.asp?fname=20100315_08.
18
Die – oft zwangsweise – Rekrutierung von Kindersoldaten wurde sowohl von der LTTE als auch den Tamil Makkal Viduthalai Pulikal
(TMVP), einer von der LTTE abgespaltenen Gruppe, die sich in der Endphase des Konflikts mit der Regierung verbündete, praktiziert;
siehe International Crisis Group, War Crimes in Sri Lanka, 17. Mai 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4bf13c072.html; und
Büro des Sonderbeauftragten des Generalsekretärs für Kinder und bewaffnete Konflikte, Mission Report: Visit of Major General (ret.)
Patrick Cammaert, Special Envoy of the Special Representative for Children & Armed Conflict, to Sri Lanka, 05-11 December 2009,
20. Februar 2010, http://www.reliefweb.int/rw/rwb.nsf/db900sid/SNAA-83W4HH?OpenDocument&rc=3&cc=lka. Die LTTE soll im
Zuge des Konflikts Tausende Kinder, von denen manche erst 11 Jahre alt waren, rekrutiert und entführt haben, um sie im Kampf und
bei kampfunterstützenden Handlungen einzusetzen; siehe Coalition to Stop the Use of Child Soldiers, Briefing to the UN Security
Council working group on Sri Lanka, Februar 2010, http://www.child-soldiers.org/regions/country?id=200.
19
UN-Generalsekretär (UNSG), Children and armed conflict: Report of the Secretary-General, A/64/742 -S/2010/181, 13. April 2010,
Abs. 22, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4bfcce6a2.html.
Siehe
BBC
News,
Child
soldiers
released,
26. Mai 2010,
http://www.bbc.co.uk/sinhala/news/story/2010/05/100526_childsoldiers.shtml. Darin hieß es, dass 183 Kinder, die vor dem
18. Januar 2010 freigelassen wurden, nur einen provisorischen Personalausweis, ausgestellt von der Terrorist Investigation Unit,
erhalten haben; siehe Büro des Sonderbeauftragten des Generalsekretärs für Kinder und bewaffnete Konflikte, Mission Report: Visit of
Major General (ret.) Patrick Cammaert, Special Envoy of the Special Representative for Children & Armed Conflict, to Sri Lanka, 0511 December 2009, 20. Februar 2010, http://www.reliefweb.int/rw/RWFiles2010.nsf/FilesByRWDocUnidFilename/SNAA-83W4HH-
20
3
Auch einige der Erwachsenen, einschließlich Personen mit körperlichen Behinderungen, wurden freigelassen,
nachdem sie ein Eingliederungssprogramm durchlaufen hatten, oder weil angenommen wurde, dass von ihnen
keine Gefahr mehr ausgeht.21 Im Mai 2010 sollen sich noch rund 9.000 vermeintliche ehemalige LTTE-Kader in
geschlossenen Lagern befunden haben.22
In der Zeit unmittelbar nach dem Ende des Konflikts gab es Behauptungen, dass Personen verschwinden, die der
LTTE nahegestanden haben sollen.23 Außerdem hat es Berichten zufolge aufgrund der weitreichenden
Befugnisse zur Verhaftung und Inhaftierung gemäß dem Gesetz zur Verhütung von Terrorismus (PTA)24 und
den Notstandsverordnungen25 erhebliche Debatten über die Festnahme und Haft von der LTTE vermeintlich
nahestehenden Personen gegeben, die in einigen Fällen auf eine angeblich schwache Beweislage gestützt war
und oft einen langen Zeitraum andauerte.26 Auch Menschenrechtsbeobachter äußerten ihre Sorge über die in den
Notstandsverordnungen sehr umfassend formulierten Straftatbestände27, nach denen unter anderem eine
Haftdauer von bis zu 18 Monaten ohne Anklage28 und eine Haft an inoffiziellen Haftorten zulässig ist.29 Im
Mai 2010 lockerte die Regierung jedoch die Notstandsverordnungen30 durch Aufhebung mehrerer
Bestimmungen, einschließlich derer, die die Verhängung von Ausgangssperren, Propagandaaktivitäten, Druck
und Verteilung von Schriften zur Unterstützung des Terrorismus betrafen sowie jene, die Prozessionen und
Versammlungen, die als schädlich für die nationale Sicherheit angesehen wurden, einschränkten.31
full_report.pdf/$File/full_report.pdf. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Richtlinien lagen keine Informationen über spezielle
Schutzvorkehrungen für diese freigelassenen Kinder vor.
21
Siehe Government of Sri Lanka, Ex-LTTE combatants released to their families completing rehabilitation programs, 20. Mai 2010,
http://www.reliefweb.int/rw/rwb.nsf/db900sid/MYAI-85N7VG ; und Guardian, Sri Lanka’s Tamils freed – but future bleak for those
who backed Tigers, 5. April 2010, http://www.guardian.co.uk/world/2010/apr/05/tamils-sri-lanka-freed-tigers .
22
Siehe Regierung von Sri Lanka, Ex-LTTE combatants released to their families completing rehabilitation programs, 20. Mai 2010,
http://www.reliefweb.int/rw/rwb.nsf/db900sid/MYAI-85N7VG. Von diesen sollen 1.350 „Kriminelle“ sein und sich laut Regierung
„einem rechtmäßigen Verfahren zu stellen haben“; siehe BBC News, Ex-Tamil Tiger fighters held in limbo, 18. Mai 2010,
http://news.bbc.co.uk/2/hi/south_asia/10122772.stm.
23
Siehe
Amnesty
International,
Amnesty
International
Report
2010 − Sri Lanka,
28. Mai 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c03a7ffb.html. Berichten zufolge sollen der Regierung nahestehende paramilitärische Gruppen
mutmaßliche LTTE-Sympathisanten festgenommen, aber nicht der Polizei übergeben haben. Einige der Festgenommenen sollen
gefoltert und getötet worden sein; siehe US-Außenministerium, 2009 Country Reports on Human Rights Practices − Sri Lanka,
11. März 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html.
24
Gesetz (Vorläufige Bestimmungen) zur Verhütung von Terrorismus (Prevention of Terrorism [Temporary Provisions] Act), Nr. 48 von
1979, 20. Jul 1979, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4561dac84.html.
25
Darunter die Notstandsverordnung (Sonstige Bestimmungen und Ermächtigungen) (Emergency (Miscellaneous Provisions and
Powers) Regulation), Nr. 1 von 2005, 13. August 2005, http://www.unhcr.org/cgi-bin/texis/vtx/refworld/rwmain?docid=46a9f2b22;
und die Notstandsverordnung (Verhütung und Verbot von Terrorismus und bestimmten terroristischen Handlungen) (Emergency
[Prevention and Prohibition of Terrorism and Specified Terrorist Activities] Regulations), Nr. 7 von 2006, 6. Dezember 2006,
http://www.unhcr.org/cgi-bin/texis/vtx/refworld/rwmain?docid=45af76a62.
26
Siehe
zum
Beispiel
Freedom
House,
Freedom
in
the
World
2010
–
Sri Lanka,
1. Juni 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c1a1e9b25.html. Im September 2009 behaupteten 36 tamilische Gefangene in der Haftanstalt
Welikada, die aus Protest gegen ihre lange Haftdauer ohne Gerichtsverfahren in Hungerstreik getreten waren, von Gefängnispersonal
geschlagen worden zu sein; siehe Amnesty International, Amnesty International Report 2010 − Sri Lanka, 28. Mai 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c03a7ffb.html. Siehe auch US-Außenministerium, 2009 Country Reports on Human Rights
Practices – Sri Lanka, 11. März 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html.
27
Human Rights Watch, Legal Limbo: The Uncertain Fate of Detained LTTE Suspects in Sri Lanka, 2. Februar 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b6ae4c62.html.
28
Verordnung 19 der Notstandsverordnung (Sonstige Bestimmungen und Ermächtigungen) (Emergency [Miscellaneous Provisions and
Powers] Regulation), Nr. 1 von 2005, 13. August 2005, http://www.unhcr.org/cgi-bin/texis/vtx/refworld/rwmain?docid=46a9f2b22.
Nach dieser Verordnung sind Gerichte nicht befugt, die Freilassung einer inhaftierten Person anzuordnen. Ein „Kapitulant“, d. h. eine
Person, die sich nach einer Straftat im Sinne des Aufruhrgesetzes stellt, kann für bis zu 2 Jahre in Gewahrsam gehalten werden
(Verordnung 22). Auch das Gesetz über die Verhütung von Terrorismus (Prevention of Terrorism [Temporary Provisions] Act) erlaubt
Verhaftungen ohne Haftbefehl und eine Haftdauer von bis zu 18 Monaten ohne Vorführung vor einen Richter. Der Gewahrsam kann
vorerst für 72 Stunden verhängt, jedoch auf Anordnung des Verteidigungsministers auf bis zu 18 Monate verlängert werden; siehe § 9
des Gesetzes über die Verhütung des Terrorismus (Vorläufige Bestimmungen) (Prevention of Terrorism [Temporary Provisions] Act),
Nr. 48 von 1979, 20. Juli 1979, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4561dac84.html.
29
Verordnungen 19 (3), 21, 49 und 69 (2) der Notstandsverordnung (Sonstige Bestimmungen und Ermächtigungen) (Emergency
[Miscellaneous Provisions and Powers] Regulation), Nr. 1 von 2005, 13. August 2005, http://www.unhcr.org/cgibin/texis/vtx/refworld/rwmain?docid=46a9f2b22.
Verordnungen zur Abänderung der Notstandsverordnung (Sonstige Bestimmungen und Ermächtigungen) (Regulations Amending the
Emergency
[Miscellaneous
Provisions
and
Powers]
Regulation),
Nr. 1
von
2005,
2. Mai 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4bf11e222.html.
30
31
Government
of
Sri Lanka,
Parliament
approves
Emergency
with
lesser
regulations,
5. Mai 2010,
http://www.news.lk/index.php?option=com_content&task=view&id=15077&Itemid=44. Siehe auch Reuters, Post-war Sri Lanka
softens tough emergency laws, 3. Mai 2010, http://www.alertnet.org/thenews/newsdesk/SGE6420CP.htm.
4
Zu den Fragen, die für die Feststellung des Schutzbedarfs von Flüchtlingen relevant sind, zählen auch
Anschuldigungen aus mehreren Quellen über: Folter mutmaßlicher LTTE-Anhänger während der Haft;32 Tod
mutmaßlicher LTTE-Angehöriger während der Haft33 sowie schlechte Haftbedingungen, einschließlich massiver
Überbelegung, fehlender angemessener sanitärer Einrichtungen und medizinischer Behandlung und mangelhafte
Versorgung mit Nahrung und Wasser.34 Einigen Berichten zufolge können junge männliche Tamilen, vor allem
jene aus dem Norden und Osten des Landes, wegen ihrer mutmaßlichen Verbindung zu der LTTE
unverhältnismäßig oft von der Anwendung der Sicherheits- und Antiterrorismusmaßnahmen betroffen sein.35
Im Lichte der obigen Ausführungen können Personen, die verdächtigt werden, mit der LTTE in Verbindung zu
stehen, auf Grund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe gefährdet sein. Bei Asylgesuchen von
Personen, bei denen vermutet wird, Verbindungen zu der LTTE zu haben, kann jedoch Anlass zu einer Prüfung
auf möglichen Ausschluss von der Flüchtlingseigenschaft gegeben sein.36
2.
Journalisten und andere in der Medienbranche tätige Personen
Trotz Beendigung des Konflikts bestehen Berichten zufolge weiterhin Einschränkungen bezüglich der
Unabhängigkeit und Freiheit der Medien, einschließlich der Beschränkung des Zugangs zu bestimmten Regionen
des Landes.37 Zwar ist ein Rückgang von aufsehenerregenden Angriffen auf in der Medienbranche tätige
Personen seit Juni 2009 zu verzeichnen. Dennoch besteht weiterhin Grund zur Sorge um Journalisten,
Herausgeber und andere in der Medienbranche Beschäftigte, die kritisch über heikle Themen berichten.38
32
So berichteten zum Beispiel ehemalige Häftlinge der Terrorist Investigation Division (TID) im Gefängnis Boosa in Galle über dort
praktizierte Foltermethoden, darunter angeblich Schläge, oft mit Cricketschlägern, Eisenstangen oder mit Sand gefüllten
Gummischläuchen, Elektroschocks, Aufhängen an den Handgelenken oder Füßen in verdrehter Haltung, Aufscheuern der Knie auf
rauem Beton, Verbrennungen durch Metallgegenstände und Zigaretten, Misshandlungen an den Geschlechtsteilen, Schläge auf die
Ohren, Ersticken durch Plastiksäcke, gefüllt mit einer Chili-Benzinmischung, und simuliertes Ertränken; siehe US-Außenministerium,
2009 Country Reports on Human Rights Practices − Sri Lanka, 11. März 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html.
Siehe auch Innenministerium des Vereinigten Königreichs, Report of Information Gathering Visit to Colombo, Sri Lanka 23-29 August
2009, August 2009, Abs. 1.76-1.77, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4ae066de2.html.
33
Eine beträchtliche Zahl von Häftlingen, unter ihnen auch mutmaßliche LTTE-Angehörige, sollen während der Haft gestorben sein, 26
von ihnen allein in den ersten sechs Monaten 2009; siehe Freedom House, Countries at the Crossroads 2010 − Sri Lanka,
7. April 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4be3c8db0.html. Aktuelle Zahlungen über Todesfälle in Haft waren zum Zeitpunkt
der Erstellung der Richtlinien nicht verfügbar.
34
UN-Menschenrechtsrat, Bericht des Sonderberichterstatters über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende
Behandlung
oder
Strafe,
Manfred
Nowak,
Anlage,
A/HRC/13/39/Add.6,
26. Februar 2010,
http://ap.ohchr.org/documents/dpage_e.aspx?c=173&su=172. Siehe auch US-Außenministerium, 2009 Country Reports on Human
Rights Practices − Sri Lanka, 11. März 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html.
35
Es wird berichtet, dass Tamilen an Kontrollposten der Armee in Colombo oft schikaniert werden. Außerdem soll sich die Polizei
weigern, Tamilen aus dem Norden und Osten des Landes in das Melderegister einzutragen, was für eine befristete Aufenthaltserlaubnis
in Colombo erforderlich ist, und sie manchmal zwingen, nach Hause zurückzukehren; siehe US-Außenministerium, 2009 Country
Reports on Human Rights Practices − Sri Lanka, 11. März 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html. Laut eines
offiziellen Vertreters der Schweizer Botschaft handelte es sich bei den im Zuge von Großrazzien (cordon and search operations)
verhafteten Personen größtenteils um junge Tamilen aus Jaffna, Kilinochchi, Mullaithivu und anderen Orten in Vanni und zum Teil
auch in Trincomalee. Auch Frauen mit einem nationalen Personalausweis aus Vanni wurden ins Visier genommen; siehe
Innenministerium des Vereinigten Königreichs, Report of Information Gathering Visit to Colombo, Sri Lanka 23-29 August 2009,
August 2009, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4ae066de2.html. Anhand der verfügbaren Herkunftslandinformationen gelangte die
New Zealand Refugee Status Appeals Authority unlängst zu dem Schluss, dass „sich die Behörden an den Kontrollposten ganz
besonders für junge männliche Tamilen aus dem Norden und Osten des Landes interessieren, vor allem, wenn diese dem Profil von
LTTE-Anhängern entsprechen oder als LTTE-Unterstützer bekannt sind; Vernarbungen aufweisen, die auf Verwundungen im Kampf
schließen lassen; keinen Personalausweis oder anderen Identitätsnachweis vorweisen können; keine Anschrift in Colombo haben;
Haftbefehl gegen sie besteht oder sie vorbestraft sind; keine Beschäftigung oder keinen sonstigen überprüfbaren Grund (etwa ein
Studium) für ihre Anwesenheit in Colombo angeben können; sowie andere Personen, die in Colombo weder über Angehörige noch
sonstige
Unterstützungsnetze
verfügen“;
siehe
Refugee
Appeal
No.
76466,
11. Juni 2010,
Abs. 77,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c2dd1b12.html. Siehe auch UK Asylum and Immigration Tribunal country guidance in TK
(Tamils – LP
Updated)
Sri Lanka
CG
[2009]
UKAIT
00049,
11. Dezember 2009,
http://www.unhcr.org/
refworld/docid/4b2613ca2.html.
36
Genauere Hinweise in Bezug auf den Ausschluss vom internationalen Flüchtlingsschutz finden sich in Abschnitt III (C).
37
Reporter ohne Grenzen, World Report 2010 – Sri Lanka, 9. März 2010, http://en.rsf.org/report-sri-lanka,79.html. Im Juni 2009 setzte
die Regierung das Presseratsgesetz von 1973 (Press Council Act of 1973) wieder in Kraft, das den Presserat, eine Körperschaft
öffentlichen Rechts, ermächtigt, die Veröffentlichung von Artikeln zu verbieten, die unter anderem interne offizielle Mitteilungen,
Kabinettsbeschlüsse, militärische Angelegenheiten, welche die nationale Sicherheit gefährden könnten, und die Wirtschaftspolitik zum
Gegenstand haben. Laut dem Gesetz kann der Presserat Strafmaßnahmen verhängen, einschließlich langer Freiheitsstrafen und
Geldstrafen; siehe Sri Lanka Press Council Law, Nr. 5 von 1973, 30. Mai 1973, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4be018692.html.
Das Gesetz wurde 1973 während einer schweren Wirtschaftskrise und weitverbreiteter sozialer Unzufriedenheit erlassen und 2002
durch parlamentarische Zweiparteienentschließung außer Kraft gesetzt; siehe International Federation of Journalists, Reactivation of
Discredited Press Council Law a Step Backward for Sri Lanka, 25. Juni 2009, http://www.ifj.org/en/articles/reactivaction-ofdiscredited-press-council-law-a-step-backward-for-sri-lanka.
38
Wie etwa Korruption, Menschenrechtsverletzungen, vor allem im Zusammenhang mit dem zurückliegenden bewaffneten Konflikt, oder
in Bezug auf die offizielle Politik.
5
Verschiedenen Berichten ist zu entnehmen, dass diese Journalisten Einschüchterungen, Schikanierungen,
körperlichen Angriffen, willkürlicher Inhaftierung und Verschwindenlassen ausgesetzt sein können.39 Es wird
nach wie vor von politisch motivierten Entführungen berichtet,40 die angeblich auch nicht ordnungsgemäß
untersucht und strafrechtlich verfolgt werden.41 Glaubhaften Berichten zufolge sind in den letzten 18 Monaten
mehrere prominente Journalisten aus Sri Lanka geflüchtet.42
Auf Grund dieser Ausführungen ist UNHCR der Auffassung, dass Journalisten und andere in der Medienbranche
tätige Personen, die sich kritisch zu heiklen Themen äußern oder denen eine kritische Einstellung zu sensiblen
Themen nachgesagt wird, aus Gründen der (unterstellten) politischen Überzeugung gefährdet sein können.
3. Zivilgesellschaftliche- und Menschenrechtsaktivisten
Es wurde Besorgnis über Fälle von Schikanierungen, Todesdrohungen, körperliche Übergriffe und Entführungen
gegen bestimmte Mitglieder der Zivilgesellschaft - einschließlich Menschenrechtsaktivisten - zum Ausdruck
gebracht.43 So können beispielsweise Rechtsanwälte, die in Korruptionsfällen tätig werden, oder solche, die
39
Dass es zu solchen Zwischenfällen kommt, ist durch glaubhafte Aussagen von Flüchtlingen belegt. Nähere Informationen über jüngste
Angriffe auf Medien in Sri Lanka finden sich in UN-Menschenrechtsausschuss, Bericht des Sonderberichterstatters über
außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, Anlage: Communications to and from Governments,
A/HRC/14/24/Add.1, 18. Juni 2010, Abs. 1027-1038, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c29a7372.html; Amnesty International,
Silencing dissent: Media workers under attack in Sri Lanka, 3. Mai 2010, http://www.amnesty.org/en/library/info/ASA37/001/2010/en;
Internationale Journalisten-Föderation, Battle for Democracy − Press Freedom in South Asia 2009-2010, 29. April 2010,
http://www.ifj.org/assets/docs/014/210/1cb020e-39a08d2.pdf, und CPJ, Getting Away With Murder, 20. April 2010,
http://cpj.org/reports/2010/04/cpj-2010-impunity-index-getting-away-with-murder.php#more. Im April 2010 sollen Journalisten, die
über die Ausweisung einer Gruppe von Mönchen berichteten, welche die Freilassung von General Fonseka gefordert hatten, von der
Polizei
schikaniert
worden
sein;
siehe
Daily
Mirror,
Fasting
monks
forcibly
removed,
6. April 2010,
http://www.dailymirror.lk/print/index.php/news/front-image/7682-fasting-monks-forcibly-removed-.html. Am 22. März 2010 wurden
die Räumlichkeiten der Fernsehsender MTV, Sirasa und Shakti von einer angeblich aus Anhängern eines Vizeministers bestehenden
Menschenmenge angegriffen; siehe International Federation of Journalists, News Broadcasters’ Offices Attacked in Colombo,
23. März 2010, http://asiapacific.ifj.org/en/articles/news-broadcasters-offices-attacked-in-colombo. Ruwan Weerakoon, ein angeblich
General Fonseka nahestehender Journalist, wurde am 18. März 2010 von Beamten der Antiterrorismuspolizei verhaftet, später jedoch
gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt; siehe Reporter ohne Grenzen, Opposition journalist released on bail, 6. Mai 2010,
http://en.rsf.org/sri-lanka-anti-terrorist-police-arrest-18-032010,36782.html. Am 29. Januar 2010 wurde Chandana Sirimalwatte, der
Herausgeber der in Sinhala erscheinenden oppositionellen Wochenzeitung Lanka verhaftet und 19 Tage gefangen gehalten. Es wurde
keine Anklage gegen ihn erhoben; siehe Reporter ohne Grenzen, Crackdown on media continues, 31. Januar 2010, http://en.rsf.org/srilanka-crackdown-on-media-continues-31-01-2010,36251.html. Nach Sirimalwattes Haft wurden die Lanka-Redaktionsräume gesperrt;
siehe International Federation of Journalists, IFJ backs Sri Lankan journalists’ protests against suppression, 8. Februar 2010,
http://www.ifex.org/sri_lanka/2010/02/10/ifj_backs_protests/. Prageeth Eknaligoda, ein politischer Reporter der LankaeNews und
Sympathisant von General Fonseka, ist angeblich am 24. Januar 2010 verschwunden. Ende Februar 2010 war er trotz Forderungen nach
einer ernst zu nehmenden Untersuchung noch immer unauffindbar; siehe CPJ, No sign of Sri Lankan journalist Eknaligoda one month
on, 24. Februar 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9658fb23.html. Für weitere Zwischenfälle nach Juni 2009 siehe auch:
Asian Human Rights Commission, Sri Lanka: Journalist complains of death threats and unknown persons pursuing him,
21. Oktober 2009, http://www.ahrchk.net/pr/mainfile.php/2009mr/683/; Amnesty International, Sri Lanka jails journalist for 20 years
for exercising his right to freedom of expression, 1. September 2009, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4aa0c1511a.html; Inter
Press
Service
News
Agency,
Sri Lanka's
Turnaround
Could
Signal
New
Beginning,
11. Mai 2010,
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=51384. Für einen Überblick über die Angriffe auf die Presse im Jahr 2009 siehe Committee to
Protect Journalists, Attacks on the Press 2009 − Sri Lanka, 16. Februar 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b7bc2dec.html.
40
Es finden auch Entführungen statt, um Lösegeld zu erpressen; siehe Innenministerium des Vereinigten Königreichs, Report of
Information
Gathering
Visit
to
Colombo,
Sri Lanka
23-29
August
2009,
August 2009,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4ae066de2.html.
41
US-Außenministerium,
2009
Country
Reports
on
Human
Rights
Practices − Sri Lanka,
11. März 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html. Im Norden, einschließlich der Halbinsel Jaffna, und im Osten können
Journalisten, die offen Kritik am Verhalten und an den Aktivitäten der Eelam People’s Democratic Party (EPDP) und der TMVP üben,
zur Zielscheibe dieser Gruppen werden; siehe Reporter ohne Grenzen, World Report 2010 – Sri Lanka, 9. März 2010,
http://en.rsf.org/report-sri-lanka,79.html.
42
Jüngsten Schätzungen zufolge befinden sich über 15 sri-lankische Journalisten im Exil; siehe Amnesty International, Silencing dissent:
Media workers under attack in Sri Lanka, 3. Mai 2010, http://www.amnesty.org/en/library/info/ASA37/001/2010/en; und Committee to
Protect Journalists (CPJ), No sign of Sri Lankan journalist Eknaligoda one month on, 24. Februar 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9658fb23.html. Im März 2010 gab die Regierung allerdings bekannt, dass sie bereit sei, jedem
Journalisten, der aus dem Exil zurückkehrt, Schutz zu bieten; siehe Committee to Protect Journalists, Sri Lankan attorney general
assures exiled journalists, 10. März 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4bab6b291f.html.
43
So soll zum Beispiel am 11. Februar 2010 Pattani Razeek, der Leiter des Community Trust Fund, einer sri-lankischen NGO, entführt
worden sein; siehe Amnesty International, Sri Lanka: Human rights defender missing in Sri Lanka: Pattani Razeek, 18. Februar 2010,
http://www.amnesty.org/en/library/asset/ASA37004/2010/en/62b83d07-4cd9-46ef-af0b-d7624e9f2284/asa370042010en.html.
Siehe
auch US-Außenministerium, 2009 Country Reports on Human Rights Practices − Sri Lanka, 11. März 2010, http://www.unhcr.org/
refworld/docid/4b9e52bbc.html; und International Bar Association, IBAHRI condemns death threat to prominent Sri Lankan human
rights activist, 27. August 2009, http://www.ahrchk.net/pr/mainfile.php/2009mr/667/, zu angeblichen Todesdrohungen gegen
Paikiasothy Saravanamuttu, den Exekutivdirektor der in Colombo angesiedelten Expertenkommission Centre for Policy Alternatives
(CPA), im Zusammenhang mit dem möglichen Entzug des von der Europäischen Union Sri Lanka eingeräumten Generalized System of
Preference Plus Tarifs. Späteren Meldungen zufolge wurde er im September 2009 auf dem internationalen Flughafen Bandaranaike
6
mutmaßliche Opfer von Menschenrechtsverletzungen vertreten, sowie Zeugen in diesen Verfahren
Schikanierungen, Angriffen, Todesdrohungen oder anderen Formen der Einschüchterung ausgesetzt sein.44 Am
2. März 2010 veröffentlichte die sri-lankische Webseite, LankaNewsWeb, eine angeblich vom sri-lankischen
Nachrichtendienst erstellte Liste von 35 Menschenrechtsaktivisten und Journalisten, die Berichten zufolge nach
ihrer Bedeutung für den Nachrichtendienst aufgeführt waren.45 Menschenrechtsbeobachter zeigten sich besorgt
über diese mutmaßliche Überwachungsliste.46
Auf Grund dieser Ausführungen ist UNHCR der Auffassung, dass Menschenrechtsaktivisten und Mitglieder der
Zivilgesellschaft, die sich kritisch zu heiklen Themen äußern, oder die vermeintlich eine kritische Einstellung zu
heiklen Themen haben, aus Gründen der (unterstellten) politischen Überzeugung gefährdet sein können.
4. Frauen und Kinder mit bestimmten Profilen
Die Intensivierung der Kampfhandlungen in den letzten Monaten des Konflikts ging mit einem Anstieg von
Gewalt gegen Frauen im Norden und Osten des Landes einher.47 Trotz der Einstellung der Feindseligkeiten
kommt es Berichten zufolge in ehemaligen Konfliktgebieten nach wie vor zu Fällen von sexueller und
geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen.48 Es wird von Vergewaltigungen, auch durch
Militärangehörige, im Norden berichtet, wo viele der dort neu angesiedelten Familien einen weiblichen
Haushaltsvorstand haben.49 Eine erhebliche Anzahl von Frauen in Lagern für Binnenvertriebene, sowie
weibliche ehemalige LTTE-Kader in Haftanstalten sollen unter anderem durch das Sicherheitspersonal
vergewaltigt worden und sexuellen Übergriffen ausgesetzt gewesen sein.50 Mit dem durch den lang anhaltenden
Konflikt verursachten teilweisen Zusammenbruch der sozialen Strukturen gab es Berichten zufolge besonders
viele Fälle von häuslicher Gewalt gegenüber Frauen als auch Kindern in ehemaligen Konfliktgebieten, sowie in
den Lagern für Binnenvertriebene.51 Bestehende gesetzliche Bestimmungen, die Vergewaltigung, häusliche
von der Polizei festgenommen und verhört; siehe Amnesty International, Amnesty International Report 2010 − Sri Lanka,
28. Mai 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c03a7ffb.html.
44
Siehe zum Beispiel UN-Menschenrechtsrat, Bericht des Sonderberichterstatters über die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten,
Anlage: Communications to and from Governments, A/HRC/14/26/Add.1, 18. Juni 2010, http://www.unhcr.org/refworld/
docid/4c29b4bd2.html; Amnesty International, Amnesty International Report 2010 − Sri Lanka, 28. Mai 2010, http://www.unhcr.org/
refworld/docid/4c03a7ffb.html; und US-Außenministerium, 2009 Country Reports on Human Rights Practices − Sri Lanka,
11. März 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html. Es wird berichtet, dass die Polizei und Sicherheitskräfte
massiven Druck auf Kläger, Rechtsanwälte, prozessführende Parteien, Zeugen und Angehörige ausüben, um sie zur Rücknahme ihrer
Anzeigen in Menschenrechtsverfahren zum Vorwurf der Folter zu veranlassen; siehe UN-Menschenrechtsrat, Bericht des
Sonderberichterstatters über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, Manfred
Nowak, Anlage, A/HRC/13/39/Add.6, 26. Februar 2010, http://ap.ohchr.org/documents/dpage_e.aspx?c=173&su=172. Berichten
zufolge haben sich vier Rechtsanwälte beschwert, dass ihre Namen auf der Website des Verteidigungsministeriums als Rechtsanwälte
erschienen, die regelmäßig mutmaßliche Terroristen verteidigten. Im Begleittext sei ihre Arbeit als „unpatriotisch“ bezeichnet worden;
siehe Asian Legal Resource Centre Sri Lanka: Prevention of impunity requires clear leadership from the government,
25. Februar 2009, http://www.ahrchk.net/statements/mainfile.php/2009statements/1905/.
45
LankaNewsWeb, State intelligence units list journalists supportive of the opposition and NGOs Saravanamuttu and Weliamuna top in
the list!, 2. März 2010, http://www.lankanewsweb.com/news/EN_2010_03_02_012.html.
46
Siehe zum Beispiel Human Rights Watch, Sri Lanka: End Witch Hunt Against the Media and NGOs, 10. März 2010,
http://www.hrw.org/en/news/2010/03/10/sri-lanka-end-witch-hunt-against-media-and-ngos; Amnesty International, Sri Lanka:
Sri Lankan activists threatened, 10. März 2010, http://www.amnesty.org/en/library/info/ASA37/005/2010/en; und International
Federation of Journalists, Executive Director of Transparency International Sri Lanka faces imminent arrest, 9. März 2010,
http://www.ifex.org/sri_lanka/2010/03/15/weliamuna_threatened/.
47
Siehe zum Beispiel Freedom House, Countries at the Crossroads 2010 − Sri Lanka, 7. April 2010, http://www.unhcr.org/refworld/
docid/4be3c8db0.html; US-Außenministerium, 2009 Country Reports on Human Rights Practices − Sri Lanka, 11. März 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html; und International Crisis Group, Sri Lanka's Return to War: Limiting the
Damage, 20. Februar 2008, S. 9-10, http://www.unhcr.org/refworld/docid/47bc2e5c2.html. Statistiken über Anzeige, Untersuchung und
strafrechtliche Verfolgung von Gewalt gegen Frauen sind nicht verfügbar.
48
Siehe zum Beispiel TamilNet, Jaffna peninsula people gripped in shock, fear as abductions escalate, 12. Mai 2010,
http://www.tamilnet.com/art.html?catid=13&artid=31739; US-Außenministerium, 2009 Country Reports on Human Rights
Practices − Sri Lanka, 11. März 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html; und Sri Lanka Guardian, Army officers
raping a nine year old girl; Can the new army commander maintain army discipline?, 23. Februar 2010,
http://www.srilankaguardian.org/2010/02/amy-officers-raping-nine-year-old-girl.html.
49
Berichten zufolge wurden zum Beispiel im Juni 2010 im Gebiet Killinochchi/Kandavali zwei zurückgekehrte Frauen von SLASoldaten vergewaltigt. Für vier der sechs Soldaten, die in einer Gegenüberstellung identifiziert wurden, ordnete ein Richter in
Killinochchi Gewahrsam bis zum 28. Juni 2010 an; siehe Sunday Times, Four soldiers identified in rape case, 15. Juni 2010,
http://sundaytimes.lk/cms/articleXYZ100000010.php?id=5967. Siehe auch International Crisis Group, Sri Lanka: A Bitter Peace,
11. Januar 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b4c32c12.html.
50
Einigen Berichten zufolge wurden die Frauen vor der Tat mithilfe von Polizei- und Militärangehörigen aus den Lagern geholt. Die
betroffenen Frauen sollen zu verängstigt gewesen sein, um die Verbrechen anzuzeigen; siehe International Crisis Group, Sri Lanka: A
Bitter Peace, 11. Januar 2010, S. 5, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b4c32c12.html. Die Häufigkeit von sexueller und
geschlechtsspezifischer Gewalt in Vertriebenenlagern wurde durch glaubhafte Aussagen von Flüchtlingen bestätigt.
51
Internal Displacement Monitoring Centre, Sri Lanka: Support needed in camps while returns continue, 7. Mai 2010,
http://www.internal-displacement.org/8025708F004D31AA/(httpIDPNewsAlerts)/6EDCF3E26BA1E7F0C125771C0043DF42. Siehe
7
Gewalt und andere Formen der Gewalt gegen Frauen verbieten,52 werden Berichten zufolge nicht wirksam
umgesetzt, zum Teil wegen des fehlenden Bewusstseins und der Tatsache, dass diese Taten oftmals nicht
gemeldet werden, aber auch als Ergebnis davon, dass Polizei und Gerichte diesen Fällen einen geringen
Stellenwert zumessen.53
Es gibt einige Berichte, wonach Frauen sowohl innerhalb des Landes als auch über internationale Grenzen
hinweg Opfer von Menschenhandel zur Ausbeutung als Haushaltshilfen54 oder für sexuelle Dienste55 werden. Es
gibt seitens der Behörden zwar Bemühungen, Fälle von Menschenhandel zu untersuchen, Verurteilungen wegen
Menschenhandels oder damit zusammenhängenden Straftaten sind jedoch nicht bekannt.56 Auch mit Kindern soll
innerhalb des Landes für die Zwecke der sexuellen Ausbeutung und - weniger häufig - auch für Zwangsarbeit
gehandelt werden.57
Als positive Entwicklung ist zu erwähnen, dass - mit Ausnahme von zweien - die 596 Kindern, welche als
Kindersoldaten den Tamil Makkal Viduthalai Pulikal (TMVP) angehörten, und die seit 2006 von UNICEF
dokumentiert wurden, nach Unterzeichnung eines Aktionsplans im Dezember 2008 von der TMVP freigelassen
wurden. Allerdings wird auch über die Rekrutierung und Re-Rekrutierung von Kindern berichtet, welche vom
„Commander“ Iniya Barrathi, der der Splittergruppe TMVP unter der Führung von Karuna angehörte, im Bezirk
Ampara der östlichen Provinz durchgeführt wird.58 Ferner wird berichtet, dass die Eelam People’s Democratic
Party (EPDP) und die People’s Liberation Organization of Tamil Eelam (PLOTE) weiterhin Kinder für
bestimmte Aufgaben, etwa die Bewachung von Büros, rekrutieren und benutzen.59 Bis heute wurde in Fällen der
Rekrutierung von Kindern, die laut Strafgesetzbuch einen Straftatbestand darstellt, weder ermittelt noch ein
Verfahren eingeleitet.60
Im Lichte dieser Entwicklungen ist UNHCR der Auffassung, dass Frauen und Kinder, die den oben
beschriebenen Profilen entsprechen, sowie Kindersoldaten − abhängig von den Umständen des jeweiligen
auch Innenministerium des Vereinigten Königreichs, Country of Origin Information Report − Sri Lanka, 18. Februar 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b8bdb0c2.html.
52
Vergewaltigung, sexuelle Belästigung und andere Formen von Gewalt gegen Frauen sind gemäß dem Strafgesetzbuch Sri Lankas
Straftaten, die streng bestraft werden. Vergewaltigung in der Ehe gilt jedoch nicht als Straftatbestand, außer im Fall getrennt lebender
Eheleute. Die Regierung erließ im Oktober 2005 ein Gesetz gegen häusliche Gewalt. Siehe Gesetz gegen häusliche Gewalt (Prevention
of Domestiv Violence Act), Nr. 34 von 2005, 3. Oktober 2005, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c03ba2f2.html. Nach diesem
Gesetz kann eine Person, die häusliche Gewalt befürchtet, einen Antrag auf eine – von einem Richter für die Dauer von bis zu 12
Monaten zu erlassende – einstweilige Verfügung stellen, die den Täter daran hindert, Gewalttaten im häuslichen Bereich zu begehen
und ihm neben anderen Verboten den Zutritt zur Wohnung des Opfers untersagt.
53
US-Außenministerium,
2009
Country
Reports
on
Human
Rights
Practices − Sri Lanka,
11. März 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html. Siehe auch Erklärung von S. E. Dr. Palitha T. B. Kohona, Botschafter, Ständiger
Vertreter Sri Lankas bei den Vereinten Nationen, 54. Tagung der Kommission für die Rechtsstellung der Frau, 5. März 2010,
http://www.un.org/womenwatch/daw/beijing15/general_discussion/SRI%20LANKA.pdf; Daily News, Laws exist, people unaware,
9. März 2009, http://www.dailynews.lk/2009/03/09/news20.asp; und Inter Press Service, Women Battered Despite Domestic Violence
Law, 11. Oktober 2007, http://ipsnews.net/news.asp?idnews=39605.
54
US-Außenministerium, Trafficking
docid/4c1883c52d.html.
55
Seit 2006 ist jede Form von Menschenhandel verboten und mit bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe zu bestrafen; siehe § 360 C des
Strafgesetzbuchs (Penal Code), Kapitel 19, 1. Januar 1885, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c03e2af2.html.
56
Siehe US-Außenministerium, Trafficking in Persons Interim Assessment − Sri Lanka, 24. Februar 2010, http://www.unhcr.org/
refworld/docid/4b8e7a6b23.html.
57
Siehe
US-Außenministerium,
Trafficking
in
Persons
Report
2010 − Sri Lanka,
14. Juni 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c1883c52d.html; und US-Arbeitsministerium, 2008 Findings on the Worst Forms of Child
Labor − Sri Lanka, 10. September 2009, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4aba3ec037.html. Hier sei angemerkt, dass § 358 A des
Strafgesetzbuches unter anderem Schuldknechtschaft, Leibeigenschaft, Zwangsarbeit und Sklaverei unter Strafe stellt und diese
Straftaten mit Geld- sowie Freiheitsstrafen von bis zu 30 Jahren geahndet werden, und alle Formen des Menschenhandels nach § 360
verboten sind. 2009 wurde über ein Strafverfahren nach § 360 (C) berichtet.
58
Karuna-treue TMVP-Angehörige und -Kader werden auch der Rekrutierung von Kindern im Bezirk Batticaloa beschuldigt; siehe
28. Mai 2010,
http://www.unhcr.org/
Amnesty
International,
Amnesty
International
Report
2010 − Sri Lanka,
refworld/docid/4c03a7ffb.html. Siehe auch Büro des Sonderbeauftragten des Generalsekretärs für Kinder und bewaffnete Konflikte,
Mission Report: Visit of Major General (ret.) Patrick Cammaert, Special Envoy of the Special Representative for Children & Armed
Conflict, to Sri Lanka, 05-11 December 2009, 20. Februar 2010, http://www.reliefweb.int/rw/rwb.nsf/db900sid/SNAA83W4HH?OpenDocument&rc=3&cc=lka.
59
Coalition to Stop the Use of Child Soldiers, Sri Lanka: Report to the Committee on the Rights of the Child on the Optional Protocol to
the Convention on the Rights of the Child on the involvement of children in armed conflict, April 2010, S. 8, http://www.childsoldiers.org/Coalition_report_to_CRC_on_OPAC_implementation_in_Sri_Lanka_-_April_2010.pdf.
60
Coalition to Stop the Use of Child Soldiers, Briefing to the UN Security Council working group on Sri Lanka, Februar 2010,
http://www.child-soldiers.org/document/get?id=1585. Seit 2006 ist die Rekrutierung von Kindern zum Einsatz in bewaffneten
Konflikten laut § 358 A des sri-lankischen Strafgesetzbuchs verboten, Erlass Nr. 2 von 1883 in seiner durch Erlass Nr. 16 von 2006
zuletzt abgeänderten Fassung, 1. Januar 1885, http://www.idpsrilanka.lk/html/Children/Domestic/1883 No 2 Penal code.pdf.
in
Persons
Report
2010 − Sri Lanka,
8
14. Juni 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/
Einzelfalles − aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe gefährdet sein können.61
Asylanträge von Kindern müssen, einschließlich der Prüfung von Ausschlussgründen im Falle ehemaliger
Kindersoldaten, sorgfältig und im Einklang mit den UNHCR-Richtlinien über Asylanträge von Kindern62
beurteilt werden.
5. Lesbische, schwule, bisexuelle und transsexuelle Personen (LSBT)
„Homosexuelles Verhalten“ ist in Sri Lanka strafbar und wird für Handlungen zwischen Erwachsenen mit
Geldstrafen und Freiheitsstrafen von bis zu 10 Jahren, für Handlungen mit Minderjährigen unter 16 Jahren mit
Freiheitsstrafen von 10 bis 20 Jahren geahndet.63 Die einschlägigen Bestimmungen des Strafgesetzbuches
werden zwar offiziell nicht angewendet, doch können LSBT-Personen Berichten zufolge in Colombo und
anderen Gebieten mit Schikanierungen, Erpressung von Geld, Forderungen nach sexuellen Gefälligkeiten sowie
körperlicher Gewalt konfrontiert sein.64 Die gesellschaftliche Stigmatisierung und Diskriminierung von LSBTPersonen ist Berichten zufolge erheblich.65 Nichtregierungsorganisationen, die sich mit LSBT-Problemen
befassen, lassen sich nicht immer staatlich registrieren.66 Es wird berichtet, dass deren Büros und Mitarbeiter
manchmal Zielscheibe von Vergeltungsmaßnahmen sind.67
Auf Grund der berichteten Diskriminierung und Gewalt gegen LSBT-Personen und der Kriminalisierung von
„homosexuellem Verhalten“ vertritt UNHCR die Auffassung, dass LSBT-Personen aus Gründen der
Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, d.h. ihrer sexuellen Orientierung und/oder ihrer
Geschlechtsidentität, gefährdet sein können, da sie nicht den üblichen rechtlichen, religiösen und sozialen
Normen entsprechen bzw. so wahrgenommen werden, als ob sie diesen nicht entsprächen.68 Außerdem ist davon
61
Vergewaltigung und andere Formen der sexuellen und geschlechtsspezifischen Gewalt, wie häusliche Gewalt und Menschenhandel,
können einer Verfolgung gleichkommen, insbesondere wenn ein Staat nicht willens oder nicht fähig ist, effektiven Schutz zu bieten.
Für nähere Hinweise hierzu siehe UNHCR, Richtlinien zum internationalen Schutz Nr. 1: Geschlechtsspezifische Verfolgung im
Zusammenhang mit Artikel 1 A (2) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge,
HCR/GIP/02/01, 7. Mai 2002, http://www.unhcr.org/refworld/docid/3d36f1c64.html; und UNHCR, Richtlinien zum internationalen
Schutz Nr. 2: „Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe“ im Zusammenhang mit Artikel 1 A (2) des Abkommens von 1951
bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, 7. Mai 2002, http://www.unhcr.org/
refworld/docid/3d36f23f4.html. Der Ausschuss gegen Folter hat festgestellt: Kommt der Staat seiner Sorgfaltspflicht nicht nach und
schreitet nicht ein, um geschlechtsspezifische Gewalt wie Vergewaltigung, häusliche Gewalt und Menschenhandel zu beenden, zu
bestrafen und den Opfern Schutz und Hilfe zu bieten, leistet er solchen Handlungen Vorschub und ermöglicht es nichtstaatlichen
Akteuren, ungestraft derartige Taten zu begehen; die Gleichgültigkeit oder Tatenlosigkeit des Staates ist eine Art Ermutigung bzw. Defacto-Billigung; siehe UN-Ausschuss gegen Folter (CAT), Allgemeine Stellungnahme Nr. 2: Umsetzung von Artikel 2 durch die
Vertragsstaaten, CAT/C/GC/2, 24. Januar 2008, http://www.unhcr.org/refworld/docid/47ac78ce2.html. Für nähere Hinweise betreffend
Frauen, die Opfer von Menschenhandel wurden oder entsprechend gefährdet sind, siehe auch UNHCR, Richtlinien zum internationalen
Schutz Nr. 7: Anwendung des Artikels 1 A (2) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge auf die Opfer von Menschenhandel und entsprechend gefährdete Personen, HCR/GIP/06/07, 7. April 2006,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/443679fa4.html.
62
UNHCR, Richtlinien zum internationalen Schutz Nr. 8: Asylanträge von Kindern im Zusammenhang mit Artikel 1 (A) 2 und 1 (F) des
Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, HCR/GIP/09/08, 22. Dezember 2009,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b2f4f6d2.html.
63
§§ 365 und 365 A des Strafgesetzbuchs von Sri Lanka, Erlass Nr. 2 von 1883 in seiner zuletzt mit Erlass Nr. 16 von 2006 abgeänderten
Fassung, 1. Januar 1885, http://www.idpsrilanka.lk/html/Children/Domestic/1883 No 2 Penal code.pdf. § 365 A, der durch das Gesetz
zur
Novellierung
des
Strafgesetzbuchs
(Nr. 22
von
1995)
eingeführt
wurde,
http://www.commonlii.org/
lk/legis/num_act/pca22o1995213/, verbietet „grob unsittliches Verhalten“ und wurde dahin gehend ausgelegt, dass darunter auch
sexuelle Handlungen zwischen Frauen zu verstehen sind; siehe Human Rights Watch, This Alien Legacy: The Origins of “Sodomy”
Laws in British Colonialism, Dezember 2008, http://www.unhcr.org/refworld/docid/494b5e4c2.html.
64
US-Außenministerium,
2009
Country
Reports
on
Human
Rights
Practices − Sri Lanka,
11. März 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html.
LSBT-Personen sind Gewalt durch ihre Familienangehörigen ausgesetzt, so werden sie z.B. aus der Familie verstoßen, zu Hause
eingesperrt oder dürfen nicht mit familienfremden Personen in Kontakt treten; siehe International Gay and Lesbian Human Rights
Commission, Violence On the Basis of Sexual Orientation, Gender Identity and Gender Expression Against Non-Heteronormative
Women in Asia (Auszug Sri Lanka), 26. Februar 2010, http://ihrc.digitopia.net/binary-data/ATTACHMENT/file/000/000/386-1.pdf.
Siehe auch Women’s Support Group, http://www.wsglanka.com/; Human Rights Watch, This Alien Legacy: The Origins of “Sodomy”
Laws in British Colonialism, Dezember 2008, http://www.unhcr.org/refworld/docid/494b5e4c2.html; und Immigration and Refugee
Board of Canada, Sri Lanka: Laws proscribing homosexual acts and whether they are applied in practice; the treatment of
homosexuals by authorities, by society at large and by the Muslim community, 17. Januar 2008, http://www.unhcr.org/
refworld/docid/47ce6d7d2d.html.
65
66
US-Außenministerium,
2009
Country
Reports
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html.
67
Der Leiter einer LSBT-Unterstützungsgruppe soll aus dem Land geflüchtet sein, nachdem er Todesdrohungen erhalten hatte; siehe
Human Rights Watch, This Alien Legacy: The Origins of “Sodomy” Laws in British Colonialism, Dezember 2008,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/494b5e4c2.html.
Siehe
auch
GayTimes,
Sri Lanka,
27. Februar 2007,
http://www.gaytimes.co.uk/gt/listings.asp?CID=884&action=ShowCountry.
68
Nähere Anleitungen hierzu finden sich in UNHCR, UNHCR Guidance Note on Refugee Claims Relating to Sexual Orientation and
Gender Identity, 21. November 2008, http://www.unhcr.org/refworld/docid/48abd5660.html; und UNHCR, Richtlinien zum
internationalen Schutz Nr. 2: „Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe“ im Zusammenhang mit Artikel 1 A (2) des
on
9
Human
Rights
Practices − Sri Lanka,
11. März 2010,
auszugehen, dass die für „homosexuelles Verhalten“ vorgesehenen beträchtlichen strafrechtlichen Sanktionen
den Zugang zu staatlichem Schutz erschweren, insbesondere dann, wenn die Urheber der
Verfolgungshandlungen nichtstaatliche Akteure wie Familienangehörige oder Mitglieder der Gemeinschaft
sind.69
B. Interne Schutzalternative
Ein detaillierter analytischer Rahmen für die Beurteilung der Frage, ob eine interne Schutzalternative gegeben
ist, ist in den von UNHCR veröffentlichen Richtlinien zum internationalen Schutz Nr. 4: „Interne Flucht- oder
Neuansiedlungsalternative“ im Zusammenhang mit Artikel 1 A (2) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls
von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge zu finden.70
Die Richtlinien sehen vor, dass bei der Prüfung, ob eine interne Schutzalternative gegeben ist, zwei Hauptfragen
untersucht werden müssen, nämlich, ob die interne Neuansiedlung (i) relevant und, falls dies bejaht wird, (ii)
zumutbar ist.
Bei der Prüfung eines Asylantrags, für den eine begründete Furcht vor Verfolgung in einem bestimmten Teil des
Herkunftslands nachgewiesen wurde, muss für die Entscheidung, ob das für die interne Flucht oder
Neuansiedlung anvisierte Gebiet im konkreten Einzelfall eine angemessene Alternative darstellt, ein längerer
Zeitraum erfasst werden. Zu beurteilen sind nicht nur die zurückliegenden Umstände, die Anlass zur Furcht vor
Verfolgung und zur Flucht aus dem ursprünglichen Gebiet gaben, sondern auch die Frage, ob das anvisierte
Gebiet eine sinnvolle Alternative bietet. Die persönlichen Umstände des betreffenden Antragstellers und die
Verhältnisse im Herkunftsland müssen berücksichtigt werden.71
Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer internen Schutzalternative im Norden und Osten Sri Lankas sind
folgende Faktoren zu beachten: das Fehlen grundlegender Infrastruktur und die Unzulänglichkeit der wichtigsten
Versorgungsdienste wie Wasser, sanitäre Anlagen, medizinische Versorgung und Bildung;72 das Vorhandensein
von Landminen und Blindgängern;73 sowie fortbestehende Beschränkungen im Wirtschafts- und
Sicherheitsbereich etwa in Form von Sonderwirtschaftszonen und Hochsicherheitszonen (HSZ),74 die die
Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von
http://www.unhcr.org/refworld/docid/3d36f23f4.html.
1967
über
die
Rechtsstellung
der
Flüchtlinge,
7. Mai 2002,
69
Straftaten gegen LSBT-Personen werden angeblich oft nicht angezeigt; siehe US-Außenministerium, 2009 Country Reports on Human
Rights Practices − Sri Lanka, 11. März 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html; und International Gay and
Lesbian Human Rights Commission, Violence On the Basis of Sexual Orientation, Gender Identity and Gender Expression Against
Non-Heteronormative Women in Asia (Auszug Sri Lanka), 26. Februar 2010, http://www.iglhrc.org/cgi-bin/iowa/article/takeaction/
resourcecenter/1099.html. Obwohl die Rechtsvorschriften, die „homosexuelles Verhalten“ unter Strafe stellen, nicht umgesetzt werden,
können das vorherrschende bzw. allgemeine Klima der Homophobie, das sich in Belästigungen und Gewalt gegen LSBT-Personen
äußert, die Einstellung der Gesellschaft usw. als ausreichender Hinweis für die Gefährdung von LSBT-Personen in Sri Lanka gewertet
werden. Siehe UNHCR, UNHCR Guidance Note on Refugee Claims Relating to Sexual Orientation and Gender Identity,
21. November 2008, Abs. 21-22, http://www.unhcr.org/refworld/docid/48abd5660.html.
70
UNHCR, Richtlinien zum internationalen Schutz Nr. 4: „Interne Flucht- oder Neuansiedlungsalternative“ im Zusammenhang mit
Artikel 1 A (2) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, HCR/GIP/03/04,
23. Juli 2003, http://www.unhcr.org/refworld/docid/3f2791a44.html.
71
UNHCR, Richtlinien zum internationalen Schutz Nr. 4: „Interne Flucht- oder Neuansiedlungsalternative“ im Zusammenhang mit
Artikel 1 A (2) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, HCR/GIP/03/04,
23. Juli 2003, Abs. 7-8, http://www.unhcr.org/refworld/docid/3f2791a44.html.
72
Die grundlegenden Infrastruktureinrichtungen wurden während des Konflikts weitgehend zerstört und die wichtigsten
Versorgungsdienste noch nicht wieder vollständig hergestellt; siehe Asian Development Bank, Rapid Reconstruction, Inclusive
Growth, Key to Sri Lanka's Post-War Development – ADB President, 28. Mai 2010, http://www.adb.org/Media/Articles/2010/13248sri-lankan-reconstructions/. Siehe auch UNHCR, Q&A: Northern Sri Lanka emerges from conflict but challenges remain,
7. April 2010, http://www.unhcr.org/4bbc9b9b9.html.
73
Zehn Bezirke im Norden und Osten Sri Lankas sind mit Landminen und Blindgängern kontaminiert, nämlich Ampara, Anuradhapura,
Batticaloa, Jaffna, Kilinochchi, Mannar, Mullativu, Polonnaruwa, Trincomalee und Vavuniya; siehe UN-Amt für die Koordinierung
humanitärer Angelegenheiten, Humanitarian Portal – Sri Lanka, Zugriff vom 28. Mai 2010, http://www.humanitarianinfo.org/
srilanka_hpsl/Mine_Action.aspx#reports. Laut UNDP-Datenbank für Anti-Minenprogramme waren mit Stand 1. Mai 2010 rund 482
Quadratkilometer in Vanni noch immer mit Landminen und anderen nicht zur Wirkung gelangten Kampfmitteln kontaminiert.
Schätzungen zufolge kann es bis zu 20 Jahre dauern, bis alle bekannten verseuchten Gebiete geräumt sind; siehe IRIN, Sri Lanka: Demining efforts face funding shortfall, 28. Mai 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c04c1931d.html. Laut Auskunft der
Regierung haben rund 1000 Angehörige des Entminungsdienstes der Armee bereits rund 200 Quadratkilometer in den Bezirken Jaffna,
Killinochchi, Mullaitivu und Mannar gesichert. Die Minenräumung ist im größten Teil des Bezirks Killinochchi abgeschlossen; siehe
Lankapuvath, Army expedites de-mining process in North, 2. März 2010, http://www.lankapuvath.lk/index.php?option
=com_content&view=article&catid=48%3Asecurity&id=6094%3Aarmyexpedites-de-mining-process-in-north&Itemid=72.
74
Die offiziellen HSZ wurden rechtmäßig eingerichtet und ihr Vorhandensein wird von offizieller Seite bestätigt, während die
inoffiziellen HSZ keine Rechtsgrundlage haben und ihre Existenz offiziell nicht zugegeben wird. Bei Erstellung der Richtlinien gab es
keine Hinweise darauf, dass bzw. wann die HSZ aufgehoben werden; siehe Centre for Policy Alternatives, Land in the Eastern
Province:
Politics,
Policy
and
Conflict,
13. Mai 2010,
http://www.cpalanka.org/page.php?id=0&pubid=722&key=
10
Zivilbevölkerung daran hindern, an Orten innerhalb dieser Zonen Landwirtschaft, Fischfang, Rinderzucht und
andere für ihren Lebensunterhalt notwendige Aktivitäten zu betreiben.75
Sollte Colombo als interne Schutzalternative in Erwägung gezogen werden, wäre zu berücksichtigen, dass junge
männliche Tamilen aus dem Norden und Osten des Landes bei ihrer polizeilichen Anmeldung einer genaueren
Prüfung unterzogen76 und ihnen in manchen Fällen die Aufenthaltsgenehmigung verweigert werden könnte.77
C. Ausschluss vom internationalen Flüchtlingsschutz
Vor dem Hintergrund des 26 Jahre andauernden internen bewaffneten Konflikts in Sri Lanka, während dem eine
Reihe schwerer Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht erfolgten, kann
sich bei Anträgen einzelner sri-lankischer Asylsuchender die Frage nach einem Ausschluss gemäß Artikel 1 F
der Genfer Flüchtlingskonvention stellen. Anlass für solche Überlegungen können Angaben in Asylanträgen
geben, die vermuten lassen, dass die Person an strafbaren Handlungen im Sinne von Artikel 1 F GFK beteiligt
war oder damit in Verbindung zu bringen ist. Angesichts der möglichen schwerwiegenden Konsequenzen des
Ausschlusses vom internationalen Flüchtlingsschutz dürfen die Ausschlussklauseln nur auf der Grundlage einer
vollständigen Beurteilung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles angewendet werden.78
Im Zusammenhang mit Sri Lanka können Ausschlussüberlegungen im Fall von Asylsuchenden mit einem
bestimmten Hintergrund oder bestimmten Profilen angebracht sein, insbesondere bei Personen, die am
bewaffneten Konflikt beteiligt waren. Bei folgenden Profilen ist besondere Aufmerksamkeit geboten: (i)
ehemalige LTTE-Angehörige;79 (ii) derzeitige und ehemalige Angehörige der Armee Sri Lankas (SLA)80 und
9bdd5f06c37bdab66735ca41a9457925. Nach den Parlamentswahlen im April 2010 versprach die Kommunalverwaltung in Jaffna, die
HSZ schrittweise abzubauen; siehe AsiaNews, Government promises to remove the High Security Zone. Hopes for Tamil refugees,
13. April 2010, http://www.asianews.it/news-en/Government-promises-to-remove-the-High-Security-Zone.-Hopes-for-Tamil-refugees18130.html. In den 1990er Jahren sollen allein auf der nördlichen Halbinsel Jaffna 15 HSZ im Ausmaß von insgesamt
160 Quadratkilometern errichtet worden sein, was 18 Prozent der gesamten Landmasse der Halbinsel entspricht; siehe Sujeewa
Amaranath, Sri Lanka: Permanent military occupation of the North and East, 23. März 2010, http://www.wsws.org/
articles/2010/mar2010/sril-m23.shtml.
75
In den Monaten nach Beendigung des Konflikts wurden jedoch einige den Broterwerb behindernde Beschränkungen gelockert. So hob
die Regierung etwa das Fischfangverbot an der Ostküste auf und widerrief sogar das bis dahin für die meisten Gebiete geltende
nächtliche Fangverbot; siehe Daily Mirror, Fishing restrictions lifted in the East, 15. Juni 2009, http://archives.dailymirror.lk/
DM_BLOG/Sections/frmNewsDetailView.aspx?ARTID=51816.
76
Berichten zufolge müssen sich Personen, die sich in Colombo niederlassen wollen, bei der örtlichen Polizei registrieren lassen. Dazu
sind in der Regel ein nationaler Personalausweis oder Reisepass sowie Angaben über Dauer und Zweck des Aufenthalts erforderlich.
Innenministerium des Vereinigten Königreichs, Report of Information Gathering Visit to Colombo, Sri Lanka 23-29 August 2009,
August 2009, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4ae066de2.html.
77
US-Außenministerium,
2009
Country
Reports
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html.
78
Genauere Hinweise für die Auslegung und Anwendung von Artikel 1 F der Genfer Flüchtlingskonvention finden sich in den von
UNHCR veröffentlichen Richtlinien zum internationalen Schutz Nr. 5: Anwendung der Ausschlussklauseln: Artikel 1 F des Abkommens
von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, HCR/GIP/03/05, 4. September 2003, http://www.unhcr.org/
refworld/docid/3f5857684.html; und UNHCR, Background Note on the Application of the Exclusion Clauses: Article 1F of the 1951
Convention relating to the Status of Refugees, 4. September 2003, http://www.unhcr.org/refworld/docid/3f5857d24.html.
79
Da Frauen in den LTTE eine eigene, jedoch wesentliche Rolle gespielt haben, sollte die Anwendbarkeit von Ausschlussgründen sowohl
bei Männern als auch bei Frauen, die in LTTE-Aktivitäten eingebunden waren, geprüft werden. Der LTTE werden unter anderem
folgende Verbrechen vorgeworfen: Tötung, Verletzung und sonstige Gefährdung von Zivilpersonen, unter anderem indem sie am
Verlassen der Konfliktzone gehindert wurden, um sie als „lebende Schutzschilde“ gegen Angriffe der SLA zu verwenden, Folterung,
willkürliche Festnahme und Inhaftierung sowie Zwangsrekrutierung, unter anderem von Kindersoldaten; siehe zum Beispiel
International Crisis Group, War Crimes in Sri Lanka, 17. Mai 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4bf13c072.html; USAußenministerium,
2009
Country
Reports
on
Human
Rights
Practice – Sri
Lanka,
11. März 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html; und Coalition to Stop the Use of Child Soldiers, Sri Lanka − Issues Concerning
Protection of Children Post Armed Conflict, Juli 2009, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4a77f93e2.html. Ferner wird berichtet, die
LTTE sei vorsätzlich gegen Zivilpersonen vorgegangen und habe wahllos Angriffe außerhalb der Konfliktzone durchgeführt, unter
anderem in Form von Selbstmordanschlägen und einem Luftangriff auf Colombo; siehe zum Beispiel Amnesty International, Amnesty
International Report 2010 − Sri Lanka, 28. Mai 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4c03a7ffb.html.
80
Für nähere Informationen siehe zum Beispiel International Crisis Group, War Crimes in Sri Lanka, 17. Mai 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4bf13c072.html; Human Rights Watch, Sri Lanka: Repeated Shelling of Hospitals Evidence of
War Crimes, 8. Mai 2009, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4a07ccfb7.html; und Human Rights Watch, War on the Displaced. Sri
Lankan Army and LTTE Abuses against Civilians in the Vanni, 19. Februar 2009, http://www.unhcr.org/refworld/docid/
499e71c32.html. Zum Thema Verschleppungen, Verschwindenlassen und außergerichtliche/summarische Hinrichtungen siehe zum
Beispiel Human Rights Watch, Sri Lanka: New Evidence of Wartime Abuses, 20. Mai 2010, http://www.unhcr.org/
refworld/docid/4bfb787ac.html; Human Rights Watch, Uncovering Sri Lanka's war crimes, 22. Januar 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b5daf841e.html; Human Rights Watch, Recurring Nightmare: State Responsibility for
“Disappearances” and Abductions in Sri Lanka, 6. März 2008, http://www.unhcr.org/refworld/docid/47d0fab62.html; und
International
Crisis
Group,
Sri
Lanka’s
Return
to
War:
Limiting
the
Damage,
20. Februar 2008,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/47bc2e5c2.html.
on
Human
11
Rights
Practices
-Sri
Lanka,
11. März 2010,
anderer Sicherheitskräfte, einschließlich des Spezialeinsatzkommandos;81 (iii) Mitglieder der TMVP,
einschließlich der Karuna-Splittergruppe;82 (iv) Mitglieder der EPDP;83 und (v) Mitglieder der PLOTE sowie
anderer Milizen und paramilitärischer Gruppen.84
Ein möglicher Ausschluss wegen der Beteiligung an der Begehung von Kriegsverbrechen nach Artikel 1 F (a) ist
im Zusammenhang mit Sri Lanka von besonderer Bedeutung.85 Die Parteien des bewaffneten Konflikts in Sri
Lanka sollen sich unter anderem folgender Verbrechen schuldig gemacht haben: Entführung und
Verschwindenlassen, wahllose Angriffe auf Zivilisten, Verwendung menschlicher Schutzschilder,
Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Vertreibung, Folter und andere grausame, unmenschliche und
erniedrigende Behandlung einschließlich Vergewaltigung, Hinrichtung von Kriegsgefangenen, außergerichtliche
Hinrichtungen und Zwangsrekrutierung für militärische Einsätze bzw. für den Arbeitsdienst, einschließlich der
Rekrutierung von Kindern.86
Berichten zufolge waren die LTTE und TMVP ebenso wie andere bewaffneten Gruppen in Sri Lanka in
verschiedene kriminelle Aktivitäten verwickelt, darunter Erpressung, ungesetzliche Besteuerung, Prostitution
sowie Schmuggel von Menschen, Waffen und anderer Schmuggelware. Soweit diese Straftaten mit dem
bewaffneten Konflikt in Sri Lanka seit Mitte der 1990er Jahre in Verbindung stehen und mit Gewalt, Nötigung
oder Einschüchterung der Zivilbevölkerung einhergingen, können sie Kriegsverbrechen unter dem
anzuwendenden humanitären Völkerrecht darstellen. Falls diese Handlungen nicht als Kriegsverbrechen
einzustufen sind, ist zu prüfen, ob sie schwere nichtpolitische Verbrechen gemäß Artikel 1 F (b) der Genfer
Flüchtlingskonvention darstellen.
81
Für nähere Informationen siehe Coalition to Stop the Use of Child Soldiers, Sri Lanka − Issues Concerning Protection of Children Post
Armed Conflict, Juli 2009, S. 8, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4a77f93e2.html.
82
Die ursprünglich von Vinayagamoorthy Muralitharan (auch Karuna genannt) geführte TMVP hat sich neu formiert und wird nun vom
ehemaligen LTTE-Kader Sivanesathurai Chandrakanthan (auch Pillayan genannt) kontrolliert. Vorwürfe der Beteiligung der TMVP an
Entführungen, der Rekrutierung von Kindern, Raubüberfällen und der Unterdrückung Andersdenkender sind ausführlich dokumentiert;
siehe zum Beispiel US-Außenministerium, 2009 Country Reports on Human Rights Practices − Sri Lanka, 11. März 2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b9e52bbc.html; Suda Ramachandran, Sri Lanka’s end game brings new woes, Asia Times,
7. Februar 2009, http://www.atimes.com/atimes/South_Asia/KB07Df02.html; Human Rights Watch, Sri Lanka Human Rights Situation
deteriorating in the East, 24. November 2008, http://www.unhcr.org/refworld/docid/492fedafc.html; siehe auch International Crisis
Group, Sri Lanka’s Return to War: Limiting the Damage, 20. Februar 2008, http://www.unhcr.org/refworld/docid/47bc2e5c2.html.
83
Die EPDP wird ebenso wie die TMPV beschuldigt, Tamilen und politische Gegner − insbesondere in den letzten fünf
Jahren − ermordet und entführt zu haben; siehe zum Beispiel Freedom House, Countries at the Crossroads 2010 – Sri Lanka,
7. April 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4be3c8db0.html; und Free Media Movement, Independent media in Jaffna
threatened by armed cadre of EPDP, 29. Oktober 2008, http://freemediasrilanka.wordpress.com/2008/10/29/independent-media-injaffna-threatened-by-armed-cadre-of-epdp/. Unbestätigten Berichten zufolge soll die EPDP in der Zeit nach dem Konflikt auch Kinder
aus Internierungslagern zwangsrekrutiert haben; siehe Coalition to Stop the Use of Child Soldiers, Sri Lanka -Issues Concerning
Protection of Children Post Armed Conflict, Juli 2009, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4a77f93e2.html.
84
Die politische Partei PLOTE, aus der viele Kader als Paramilitärs tätig sind, soll in zahlreiche Fälle von Entführung, Verschleppung,
Tötung, Erpressung und Zwangsrekrutierung in Sri Lanka verwickelt gewesen sein; siehe zum Beispiel UN-Sicherheitsrat, Report of
the
Secretary-General
on
children
and
armed
conflict
in
Sri
Lanka,
S/2009/325,
25. Juni 2009,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4a5316c22.html; Human Rights Watch, Universal Periodic Review of Sri Lanka – Submission to
the Human Rights Council, 4. Mai 2008, http://www.hrw.org/en/news/2008/05/04/universal-periodic-review-sri-lanka; und Amnesty
International,
Sri
Lanka:
Government
must
investigate
paramilitary
group
violations,
4. Juli 2001,
http://www.amnesty.org/en/library/info/ASA37/010/2001.
85
Kriegsverbrechen sind schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht im Zuge eines bewaffneten Konflikts. Die strafrechtliche
Verantwortung für Verletzungen des auf nicht-internationale bewaffnete Konflikte anwendbaren humanitären Völkerrechts, d. h.
Gemeinsamer Artikel 3 der Genfer Abkommen von 1949, Zusatzprotokoll II und Völkergewohnheitsrecht, wurde jedoch erst Mitte
1990er Jahre eingeführt. 1995 entschied der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY), dass Verstöße
gegen das auf nicht-internationale bewaffnete Konflikte anwendbare humanitäre Völkerrecht einen Straftatbestand nach dem
Völkergewohnheitsrecht darstellen können; siehe Prosecutor v. Dusko Tadic aka „Dule“, Decision on the Defense Motion for
Interlocutory Appeal on Jurisdiction, IT-94-1, 2. Oktober 1995, Abs. 134, http://www.unhcr.org/refworld/docid/47fdfb520.html. Daher
sind nur die nach 1995 begangenen Verletzungen des humanitären Völkerrechts als „Kriegsverbrechen“ im Sinne von Artikel 1 F (a)
anzusehen. Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, die von den Parteien im sri-lankischen bewaffneten Konflikt vor dieser Zeit
begangen wurden, können aber unter einem anderen Tatbestand des Artikels 1 F Berücksichtigung finden, insbesondere als schwere
nichtpolitische Verbrechen nach Artikel 1 F (b) oder als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß Artikel 1 F (a).
86
Die Zwangsrekrutierung, die Anwerbung und der Einsatz von Kindern in Kampfhandlungen wurden sowohl von der LTTE als auch
von der TMVP häufig praktiziert. Laut Artikel 8 (2) (e) (vii) des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs stellt die
Zwangsrekrutierung oder Eingliederung von Kindern unter fünfzehn Jahren in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen oder ihre
Verwendung zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten ein Kriegsverbrechen dar. Da bewaffnete Gruppen wie die LTTE und TMVP
keinerlei Rechtsgrundlage für die Zwangsverpflichtung irgendwelcher Personen zum Militärdienst haben, stellt jede
Zwangsrekrutierung eine unmenschliche Behandlung von Zivilisten im Sinne des Gemeinsamen Artikels 3 der vier Genfer Abkommen
von 1949 und des Artikels 4 des Zusatzprotokolls II (das eine humane Behandlung von nicht an Feindseligkeiten beteiligten Personen
vorschreibt) dar. Die Anwerbung von Freiwilligen zwischen 15 und 18 Jahren ist hingegen nicht als Kriegsverbrechen zu werten
(Artikel 8 (2) (e) (vii) des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs).
12
Ein Ausschluss ist nur dann gerechtfertigt, wenn die persönliche Verantwortung für ein Verbrechen nach
Artikel 1 F nachgewiesen ist. Eine persönliche Verantwortung liegt dann vor, wenn die Person die Straftat
begangen oder daran mitgewirkt hat bzw. − im Fall von Personen in Führungspositionen − als Befehlshaber oder
Vorgesetzter die Verantwortung dafür trägt. Anwendbare Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe –
sofern diese vorhanden sind - sowie Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit sollten in den Entscheidungsprozess
einbezogen werden. Die bloße Mitgliedschaft in der LTTE ist keine ausreichende Grundlage für den Ausschluss
einer Person vom Flüchtlingsstatus, vor allem in Anbetracht der ausführlich dokumentierten Praxis der
Zwangsrekrutierung, insbesondere von Kindern. Es ist wichtig zu prüfen, ob die Person persönlich an
Gewalttaten oder anderen zum Ausschluss führenden Handlungen beteiligt war oder wissentlich einen
wesentlichen Beitrag zu einer solchen Tat geleistet hat. Eine glaubhafte Erklärung bezüglich einer
Nichtbeteiligung bzw. Nichtverwicklung der betreffenden Person in eine zum Ausschluss führende Handlung
sollte die Person vom Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln ausnehmen, sofern keine gewichtigen
Gegenbeweise vorliegen.
Die regelmäßige Bereitstellung hoher Geldbeträge in dem Wissen, dass damit schwere Straftaten begangen
werden, kann ebenfalls eine selbstständige Grundlage für den Ausschluss bilden.87
Einige Staaten und regionale Organisationen haben die LTTE als „terroristische Organisation“ eingestuft. Die
persönliche Verantwortung für zum Ausschluss führende Handlungen von Personen, die mit „terroristischen
Organisationen oder Gruppen“ in Verbindung stehen oder diesen angehören, kann ausnahmsweise angenommen
werden, wenn: (i) die Mitgliedschaft freiwillig ist und (ii) verlässlich und mit gutem Grund davon auszugehen
ist, dass die Mitglieder dieser Gruppen persönlich und massiv in zum Ausschluss führende Handlungen
verwickelt waren.88 In Anbetracht der gut dokumentierten, von der LTTE praktizierten Zwangsrekrutierung und
der bekannten vielfältigen Aktivitäten, die Zivilisten in ehemals unter LTTE-Kontrolle stehenden Gebieten für
die LTTE geleistet haben, hält es UNHCR nicht für angemessen, davon auszugehen, dass alle (ehemaligen)
LTTE-Kader massiv und in persönlicher Eigenschaft an Handlungen beteiligt waren, die zum Ausschluss
führen.89 Jedoch kann angesichts der Art und Häufigkeit der gewalttätigen Straftaten, die durch die LTTE
begangen wurden, die persönliche Verantwortung jener Personen angenommen werden, die in der Organisation
ranghohe Führungspositionen innehatten.90
IV.
Schlussfolgerung
Zum Zeitpunkt der Erstellung der Richtlinien befindet sich die erheblich verbesserte Lage in Sri Lanka noch
immer in einem Entwicklungsprozess. UNHCR empfiehlt, jeden Antrag von Asylsuchenden aus Sri Lanka in
fairen und effizienten Verfahren zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und unter Berücksichtigung
aktueller und relevanter Herkunftslandinformationen einzeln inhaltlich zu prüfen. Besondere Aufmerksamkeit ist
hierbei auf die in diesen Richtlinien beschriebenen Profile zu richten.
87
UNHCR, Background Note on the Application of the Exclusion Clauses: Article 1F of the 1951 Convention relating to the Status of
Refugees, 4. September 2003, Abs. 81, http://www.unhcr.org/refworld/docid/3f5857d24.html. Siehe auch die Eingabe von UNHCR in
einem Fall vor dem Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs (JS [Sri Lanka] v. Secretary of State for Home
Department) − Schreiben von UNHCR an die Parteien, 8. Dezember 2009, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4b6a94c92.html.
88
Siehe UNHCR, Background Note on the Application of the Exclusion Clauses: Article 1F of the 1951 Convention relating to the Status
of Refugees, 4. September 2003, Abs. 62, 106 und 109, http://www.unhcr.org/refworld/docid/3f5857d24.html. Siehe auch UNHCR,
Richtlinien zum internationalen Schutz Nr. 5: Anwendung der Ausschlussklauseln: Artikel 1 F des Abkommens von 1951 über die
Rechtsstellung der Flüchtlinge, HCR/GIP/03/05, 4. September 2003, Absätze 19 und
26, http://www.unhcr.org/
refworld/docid/3f5857684.html; UNHCR, Statement on Article 1F of the 1951 Convention, Juli 2009, S. 30-32,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4a5de2992.html.
89
Siehe auch Urteil des Obersten Gerichtshofs des Vereinigten Königreichs in der Rechtssache R (on the application of JS) (Sri Lanka) v.
Secretary of State for the Home Department [2010] UKSC 15, 17. März 2010, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4ba0d8fd2.html.
90
Dazu zählen unter anderem Befehlshaber, auch wenn sie keinen offiziellen Rang innehatten, Personen, die militärische Aktivitäten
leiteten, sowie Ausbilder und Personal für die Rekrutierung, einschließlich Zwangsrekrutierung.
13