Thema der Hausarbeit: - Selbsthilfe

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Thema der Hausarbeit: - Selbsthilfe
Thema der Bachelorarbeit:
„Auf dem Weg zur Kooperation des Gesundheitswesens mit Selbsthilfegruppen –
Selbsthilfefreundlichkeit als Qualitätsmerkmal am Beispiel ‚Selbsthilfefreundliches
Krankenhaus‘ des St. Johannisstift in Paderborn“.
Autor:
Markus Bartsch-Mertens
Matrikel-Nummer:
Studiengang Management 07
1. Prüfer:
Hr. Prof. Dr. Tim Hagemann
2. Prüferin:
Fr. Prof. Dr. Doris Tacke
Abgabetermin:
07.08.2011
07MA013
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung.............................................................................................................................1
1.1 Hintergrund und Problemeinführung ......................................................................................1
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit ...................................................................................................3
2. Selbsthilfe in Deutschland ......................................................................................................4
2.1 Historische Entwicklung .......................................................................................................4
2.2 Strukturen der Selbsthilfe in Deutschland ...............................................................................5
2.2.2 Selbsthilfegruppen ............................................................................................................8
2.2.3 Unterstützungsangebote für Selbsthilfegruppen ..................................................................10
2.3 Selbsthilfekontaktstellen .....................................................................................................13
3. Selbsthilfefreundliches Krankenhaus NRW ............................................................................14
3.1 Historie ............................................................................................................................14
3.2 Die Qualitätskriterien .........................................................................................................17
3.3 Selbsthilfefreundliches Krankenhaus St. Johannisstift, Paderborn ............................................18
3.3.1 Beteiligte Selbsthilfegruppen und Fachabteilungen .............................................................20
3.3.2 Die Selbsthilfekontaktstelle Paderborn ..............................................................................23
4. Wirksamkeitsprüfung in der Praxis und Diskussion ................................................................25
4.1 Maßnahmenentwicklung und Qualitätszirkelarbeit .................................................................25
4.2 Umsetzung und Selbstbewertung des Qualitätskriteriums 1 ....................................................26
4.3 Umsetzung und Selbstbewertung des Qualitätskriteriums 2 ....................................................26
5. Handlungsempfehlungen ......................................................................................................28
6. Ausblick und Fazit ..............................................................................................................31
Literatur.................................................................................................................................35
Anhang ..................................................................................................................................37
1. Einleitung
Mit
§
140f.
des
fünften
Sozialgesetzbuches
erhielt
im
Rahmen
des
GKV-
Modernisierungsgesetzes im Jahr 2003 die Beteiligung von Patienten im Gesundheitswesen
einen neuen Stellenwert. Seitdem wahren Patientenvertreter die Interessen aller Patienten in
Gremien des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) der Ärzte und Krankenkassen.
Bemerkenswert ist, dass zwei Drittel dieser Vertreter aus Selbsthilfezusammenschlüssen
kommen1. Trotzdem gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen wurden, nämlich Patienten
auf diese Weise und direkt an Entscheidungen zu beteiligen, werden die Umbrüche im
deutschen Gesundheitswesen – vor allem die Privatisierung und Kommerzialisierung des
Krankenversicherungssystems – von vielen chronisch Kranken als Verschlechterung ihrer
persönlichen Situation empfunden. Allerdings bieten diese gesetzlichen Veränderungen im
Gesundheitswesen auch größere Chancen, Kooperationen und Netzwerkarbeit zu begünstigen.
Die
Akteure im Gesundheitswesen verweisen
immer
mehr
auf den
Wert
der
Patientenorientierung, der in der Philosophie von Qualitätsmanagementsystemen im Hinblick
auf Kundenorientierung
begründet liegt. Die Selbsthilfefreundlichkeit ist in diesem
Zusammenhang ein den Patienten zugewandtes Element. Qualitätsmanagement ist für
sämtliche Krankenhäuser in Deutschland eine verpflichtende Anforderung
Patientenorientierung
ist
ein
zentraler
Bestandteil.
Von
der
und die
Integration
der
Selbsthilfefreundlichkeit in das Qualitätsmanagement eines Krankenhauses profitieren sowohl
Krankenhäuser selbst, als auch Patienten2.
1.1 Hintergrund und Problemeinführung
Die Selbsthilfebewegung spielt im deutschen Gesundheitswesen eine zunehmend bedeutende
Rolle. Sie ist Ausdruck von Selbstbestimmung und Mitbestimmung von Patienten,
Versicherten und Bürgern. Dies gilt auch für den Bereich der Psychotherapie, die eine
gewisse Patenschaft für das Entstehung dieser Bewegung für sich beanspruchen kann. Dabei
bestand unter Medizinern und Psychotherapeuten anfangs eine häufig eher skeptische Haltung
gegenüber Selbsthilfegruppen, die jedoch im Laufe der Zeit immer mehr einer kooperativen
1
Vgl. Trojan (2006), S. 5ff.
2
Vgl. Trojan (2009), S. 13ff.
1
Einstellung gewichen ist. Die Unterstützung und Beratung von Selbsthilfegruppen und
Interessierten hat im Vergleich zur herkömmlichen sozialen und gesundheitsbezogenen Arbeit
ein eigenes Profil. Selbsthilfe trägt durch Aufklärung und Information zu einem
Bewusstseinswandel in der Gesellschaft bei. So ist es unter anderem ein Verdienst der
Selbsthilfe, dass Spielsucht inzwischen als behandlungs-bedürftige Suchterkrankung
anerkannt wird. Von Selbsthilfegruppen gehen viele sozialpolitisch relevante kritische und
innovative Impulse aus, die zu einem Umdenken im professionellen Bereich beitragen. Die
Selbsthilfe korrigiert die Sicht der Experten und ergänzt professionelle Hilfe. Früher
benutzten die Ärzte noch das Schimpfwort der „Bauchladenmedizin“, heute ist die
Existenzberechtigung der Selbsthilfe und ihre gesundheitsfördernde Wirkung unbestritten.
Eine Zusammenarbeit der Krankenhäuser mit Selbsthilfegruppen ist zwar seit einigen Jahren
vorhanden, jedoch berichten Vertreter der Selbsthilfe, dass diese Kooperation nicht
zufriedenstellend war. Trotz einer stillen Akzeptanz durch die Ärzteschaft war oft nicht
transparent, wer Patienten über Möglichkeiten der Selbsthilfe informiert und zu welchem
Zeitpunkt die Information erfolgen soll. Außerdem waren die Aktivitäten in der Hauptsache
vom Engagement einzelner Selbsthilfevertreter abhängig, die regelmäßig in Krankenhäusern
präsent waren und über ihre Arbeit informierten. Ob und wann diese Informationen an
eventuell Interessierte weitergegeben wurden, hing dann wiederum vom Engagement
Einzelner ab3. Es fehlen im Rahmen dieser Kooperation von Selbsthilfe und Krankenhaus die
formalen
Vereinbarungen
und
verbindlichen
Strukturen.
Durch
das
Projekt
„Selbsthilfefreundliches Krankenhaus NRW“ sollen diese Grundsätze geschaffen werden, um
auf beiden Seiten erfolgreich zusammen zu arbeiten.
In vielen Bereichen des
Gesundheitswesens (Z. B. Kooperationen von Selbsthilfe- und PsychiatrieerfahrenenBündnissen) gibt es inzwischen ein partnerschaftliches Miteinander. Auch die Förderung
durch die Krankenkassen hat an Volumen und Bedeutung zugenommen. Immer mehr
Berufsgruppen sind offen für die Selbsthilfe. Es gibt aber auch noch viel Zurückhaltung:
Innerhalb der Ärzteschaft ist Skepsis und mangelnde Wertschätzung
gegenüber der
Selbsthilfe immer noch weit verbreitet.
3
Vgl. Rugge-Krieft (2009), S. 60ff.
2
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit
Zunächst soll in der vorliegenden Arbeit ein Überblick über die Historie der Selbsthilfe in
Deutschland gegeben werden. In der Folge werden die Strukturen der Selbsthilfe, ihre Träger
als Fachverbände und Verantwortliche, Unterstützungsangebote und ihre professionellen
Unterstützungsorganisationen, Zielgruppen
und deren Bedeutung im Gesundheitssystem
dargestellt. Die vorliegende Arbeit stellt die historische Entwicklung und die derzeitigen
Strukturen der Selbsthilfe in Deutschland, sowie die Wirkungen und Formen von
Selbsthilfegruppen dar. Im weiteren Verlauf wird das Projekt „Selbsthilfefreundliches
Krankenhaus NRW“ detailliert beschrieben. Die für dieses Projekt definierten 8
Qualitätskriterien und deren Umsetzung im Rahmen des Projekts Selbsthilfefreundliches
Krankenhaus St. Johannisstift, Paderborn werden anhand des Qualitätszirkelverlaufs in
Zusammenarbeit mit der Selbsthilfekontaktstelle und der Qualitätsbeauftragten des
Krankenhauses dargestellt. Die vorliegende Bachelorarbeit lässt einen Rahmen zu, der 2
Qualitätskriterien des Projekts im weiteren Verlauf am Beispiel des St. Johannisstift in
Paderborn konkretisiert und differenziert betrachtet. Diese beiden Qualitätskriterien sollen auf
ihre Wirksamkeit überprüft werden. Das Ziel dieser Arbeit soll sein, anhand dieser
Wirksamkeitsüberprüfung, die Einbindung der Selbsthilfe auf der Grundlage der bisher
umgesetzten Qualitätskriterien und Kooperationen zwischen den Fachabteilungen und
mitwirkenden Selbsthilfegruppen des
„Selbsthilfefreundliches
St. Johannisstiftes im Rahmen des Projekts
Krankenhaus“ zu bewerten und weitere Maßnahmen und
Handlungsempfehlungen zu entwickeln. Im Wesentlichen soll dabei das Qualitätskriterium 2
Patienten bzw. deren Angehörige werden regelhaft und persönlich über die Möglichkeit der
Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe informiert. Sie erhalten Informationsmaterial und
werden ggf. auf die Besuchsdienste oder Sprechzeiten von Selbsthilfegruppen im Krankenhaus
aufmerksam gemacht.4 herausgestellt und mögliche Verbesserungsmaßnahmen formuliert
werden. Gerade dieses Qualitätskriterium bietet sich in der aktuellen Projektphase an, da es
hier möglich ist, die Operationalisierung der Kooperationsvereinbarungen in Bezug zu den
Patienten, hauptamtlichen Ansprechpartnern und Selbsthilfegruppen zu überprüfen und den
Praxistransfer anhand der bisherigen Qualitätszirkelergebnisse zu bewerten.
4
Vgl. Bobzien (2008), S. 8f.
3
An die Wirksamkeitsprüfung schließen sich Handlungsempfehlungen und ein Ausblick an,
bevor im Hinblick auf die Bedeutsamkeit dieses Projekts insgesamt und für weitere Bereiche
im Gesundheitswesen ein Fazit der Vorgehensweise und Ergebnisse abgeleitet wird.
2. Selbsthilfe in Deutschland
2.1 Historische Entwicklung
Bereits 1990 definiert der Gesundheitsreport Nordrhein-Westfalen die
Selbsthilfe als
gesundheitsbezogenes Laienhandeln, das in der gesundheitlichen Versorgung keine
Besonderheit
mehr
ist.
Sie
wird
als
selbstverständliche
Eigenleistung
bei
der
Krankheitsbewältigung und in der Gesunderhaltung vorausgesetzt: bei der Auswahl und
Inanspruchnahme professioneller Dienste, der Befolgung therapeutischer Anweisungen, der
Behandlung geringfügiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und Befindlichkeitsstörungen oder
bei der dauerhaften und intensiven Betreuung kranker Menschen. Erst durch den
Zusammenschluss von Menschen außerhalb des Kontextes familiärer, ehrenamtlicher oder
professioneller Hilfeleistungen zu Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen ist
Selbsthilfe
zu
einer
Gesundheitssicherung
neuen
Form
geworden
der
(Gesundheitsreport
Mittlerweile ist
die Selbsthilfe zu einer
herangewachsen
und
leistet
Krankheitsbewältigung
einen
beziehungsweise
Nordrhein-Westfalen,
1990).
„vierten Säule“ im Gesundheitssystem
wichtigen
Beitrag
zur
Gesunderhaltung
und
Problembewältigung chronisch Kranker, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit
psychosozialen und seelischen Problemen. Die zunehmende Verbreitung und gesellschaftliche
Anerkennung der Selbsthilfe führt in jüngster Zeit auch zu vermehrter Beteiligung von
Selbsthilfe-
und
Patientenvertretern
in
Beratungsgremien
des
Gesundheitswesens.
Schätzungen zufolge liegt die Zahl der Selbsthilfegruppen in Deutschland inzwischen bei
70.000 bis 100.000 zu fast jedem gesundheitlichen, psychosozialen oder seelischen
Themenbereich. Eine differenzierte Zuordnung ist nicht immer möglich, da die Grenzen
zwischen
den
Themenbereichen
oftmals
fließend
sind5.
Das
professionelle
Gesundheitsversorgungssystem in Deutschland hat die Entwicklung der Selbsthilfe zunächst
mit Skepsis betrachtet. Das Medizinsystem befürchtete in seinem Handeln in Frage gestellt zu
5
Vgl. www.nakos.de
4
werden und die Wohlfahrtsverbände befürchteten eine heranwachsende Konkurrenz zu ihren
Angeboten ehrenamtlicher Arbeit. Ein erster Schritt öffentlicher Anerkennung der
gesundheitsbezogenen Selbsthilfe kam in der Entschließung der Gesundheitskonferenz der
Länder 1982 zum Ausdruck, in der die Gesundheitsminister der Länder an alle im
Gesundheitswesen Verantwortlichen appellierten, den Gedanken der Selbsthilfe zu
unterstützen. Dies führte letztendlich auch zur Anerkennung im gesetzlichen Rahmen auf der
Grundlage des 1992 formulierten § 20 SGB V. Nachhaltigkeit wurde jedoch erst im Jahr 2000
erreicht, da im Rahmen der Gesundheitsreform der § 20 SGB V, als gesundheitsbezogene
Selbsthilfeförderung, zur verpflichtenden Aufgabe für die Krankenkassen geworden ist.
Demnach sollen die Krankenkassen Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen
fördern, die sich die Prävention oder die Rehabilitation von Versicherten bei Krankheiten zum
Ziel gesetzt haben6.
2.2 Strukturen der Selbsthilfe in Deutschland
Die Selbsthilfelandschaft, die sich in Deutschland bis heute herausgebildet hat, ist sehr
differenziert und vielfältig. Vertikale (Organisationen und Verbände) und horizontale
Organisationsformen (kleine Selbsthilfegruppen, Selbsthilfekontaktstellen und Netzwerke)
sind nicht immer trennbar, sondern
ergänzen sich, bestehen nebeneinander oder gehen
ineinander über. In den letzten Jahren ist die Selbsthilfe zu einer wichtigen Säule im System
gesundheitlicher Versorgung herangewachsen. Mit Beginn des Jahres 2000 wurde die
Selbsthilfeförderung im § 20 Abs. 4 SGB V durch die gesetzlichen Krankenkassen
verpflichtend geregelt und diese wurden per Gesetz zur Erarbeitung gemeinsamer
Fördergrundsätze mit den „für die Wahrnehmung der Interessen der Selbsthilfe maßgeblichen
Spitzenorganisationen“ verpflichtet. Folgende drei Spitzenorganisationen der Selbsthilfe, die
die Interessen der Selbsthilfe auf Bundesebene bündeln und dabei das Spektrum der
gesundheitsbezogenen Selbsthilfe in Deutschland umfassend abdecken, wurden an der
Ausgestaltung der Fördergrundsätze beteiligt und agieren seither als „Vertreter der
Selbsthilfe“ auf Bundesebene:
• die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung
und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V. (BAG Selbsthilfe)
• der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, Gesamtverband e.V. (Der Paritätische)
6
Vgl. www.sozialgesetzbuch-sgb.de
5
• die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. (DAG SHG)
Die BAG Selbsthilfe zählt gemeinsam mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband zu den
großen
Dachverbänden
der
Patientenselbsthilfe.
Sie
ist
die
Vereinigung
der
Selbsthilfeverbände behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen in
Deutschland. Die BAG Selbsthilfe ist Dachverband von 104 (Stand 12/2007) bundesweit
tätigen
Selbsthilfeorganisationen
sowie
Landesarbeitsgemeinschaften.
Über
ihre
Mitgliedsverbände sind in der BAG Selbsthilfe mehr als eine Million Menschen mit
körperlichen, seelischen und geistigen sowie Sinnes- Behinderungen und Menschen mit
unterschiedlichsten
Chronischer
chronischen
Seltener
Erkrankungen
Erkrankungen
zusammengeschlossen.
(ACHSE)
e.V.,
ein
Die
Allianz
Netzwerk
von
Patientenorganisationen von Kindern und Erwachsenen als Betroffene mit seltenen
chronischen Erkrankungen und ihren Angehörigen, ist ebenfalls Mitglied der BAG
Selbsthilfe. Im Paritätischen Wohlfahrtsverband, als einem der sechs Spitzenverbände der
Freien
Wohlfahrtspflege
unterschiedlichen
und
sozialen
Träger
von
Bereichen,
Institutionen
haben
sich
und
Vereinigungen
aus
auf
Bundesebene
37
Selbsthilfeorganisationen im Forum Chronisch kranker und behinderter Menschen zu einem
eigenständigen sozial- und gesundheitspolitischen Aktionsbündnis innerhalb des Paritätischen
Wohlfahrtsverbands zusammengeschlossen. Darüber hinaus arbeiten die maßgeblichen
Selbsthilfeorganisationen aus dem Bereich der Krebserkrankungen in der vom Paritätischen
Wohlfahrtsverband moderierten Arbeitsgemeinschaft „Selbsthilfeorganisationen nach Krebs“
zusammen. Auf Landesebene gewährleisten insgesamt
Landesverbände
die
Mitgliedsorganisationen
Interessenvertretung
des
Paritätischen
15 rechtlich selbstständige
und
Gremienbeteiligung
Wohlfahrtsverbands.
Die
der
Deutsche
Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. (DAG SHG) ist der Fachverband zur
Selbsthilfeunterstützung auf Bundesebene, der themen- und problemübergreifend arbeitet und
die Schwerpunkte seiner Aktivitäten auf die fachliche Selbsthilfeunterstützung und das
Sicherstellen von förderlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit von Selbsthilfegruppen
legt. Hauptziel des Verbandes ist es, Menschen zu freiwilliger, gleichberechtigter und
selbstbestimmter Mitarbeit in Selbsthilfegruppen anzuregen und ihre Gruppenarbeit zu
unterstützen. Mitglieder der DAG SHG sind Mitarbeiter/innen von Selbsthilfekontaktstellen
und
anderen
psychosozialen
Einrichtungen
und
zur
Selbsthilfegruppenunterstützung,
Gesundheitsberufen,
Träger
von
Fachkräfte
aus
Selbsthilfekontaktstellen,
Selbsthilfekontaktstellen, sowie Gruppen, Verbände, Institutionen und Körperschaften. Die
DAG SHG vertritt vor allem die Belange von Selbsthilfekontaktstellen und von
6
Selbsthilfegruppen / -initiativen, die nicht als Verein oder nicht in den Dachverbänden
chronisch Kranker und Behinderter organisiert sind, Deutscher Behindertenrat und Deutsche
Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Neben den oben beschriebenen Formen der organisierten
Selbsthilfe in Form der Dachverbände BAG Selbsthilfe und PARITÄTISCHER sowie des
Fachverbandes DAG SHG gibt es in weiteren spezifischen Bereichen der Selbsthilfe etablierte
Verbandsstrukturen. Hervorzuheben sind hier der Deutsche Behindertenrat (DBR) und die
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Im 1999 gegründeten Deutschen Behindertenrat
(DBR) haben sich ca. 40 bundesweit agierende Verbände behinderter und chronisch kranker
Menschen und ihrer Angehörigen zu einem Aktionsbündnis zusammengeschlossen. Der DBR
bildet eine Plattform für gemeinsames Handeln. Zu den wesentlichen Aufgaben zählt es, die
Interessen behinderter
und chronisch kranker
Menschen und
ihrer
Angehörigen
verbandsübergreifend offensiv zu vertreten und insbesondere darauf hinzuwirken, dass die
finanziellen Rahmenbedingungen für deren Lebensgestaltung sowie für die Arbeit der für sie
notwendigen Dienste und Selbsthilfestrukturen sichergestellt sind. Die Verbände ordnen sich
drei Säulen zu. Die erste Säule umfasst die traditionellen Sozialverbände (z.B. Sozialverband
Reichsbund,
Sozialverband
VdK),
die
zweite
Säule
behindertenspezifische
Selbsthilfeverbände (im Wesentlichen BAG Selbsthilfe mit ihren Mitgliedsorganisationen),
die dritte Säule unabhängige Behindertenverbände (z.B. Allgemeiner Behindertenverband in
Deutschland, Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben, Weibernetz e.V.). Je nach Art des
Krankheitsbildes, der Suchtform bzw. des Suchtstoffes und des Grades der Integration in das
professionelle Gesundheitssystem ist die Suchtselbsthilfe ein Bereich der Selbsthilfe, der sich
auch in seinem Selbstverständnis teilweise deutlich von anderen Selbsthilfebereichen
unterscheidet. In der Suchtselbsthilfe werden die Interessen einer großen Anzahl von
Selbsthilfegruppen und –verbänden in diesem Bereich über die Deutsche Hauptstelle für
Suchtfragen (DHS) gebündelt. Zu den hier angeschlossenen insgesamt fünf Abstinenz- und
Selbsthilfeverbänden gehören z.B. das Blaue Kreuz in Deutschland (BKD), der Deutsche
Guttempler- Orden (I.O.G.T.) und der Kreuzbund. Gemäß dem Unabhängigkeitsgebot
gehören die Anonymen Alkoholiker (AA) der DHS nicht an. Die DHS ist seit 2005 ebenfalls
„Vertreter der Selbsthilfe“. Die beschriebenen Dachorganisationen und Verbände vertreten
die Interessen der Selbsthilfe bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben, etwa der
Selbsthilfeförderung durch die gesetzlichen Krankenkassen und Rentenversicherungsträger.
Sie finden zunehmend Anerkennung als Partner von Leistungsanbietern (Kassenärztliche
Bundesvereinigung,
Bundesärztekammer)
und
Kostenträgern
(Kranken-
und
7
Rentenversicherungen)
und
werden
im
Politikbereich
im
Zusammenhang
mit
Beteiligungsfragen von Patienten- und Selbsthilfevertretern angesprochen. 7
2.2.2 Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen sind freiwillige, meist lose Zusammenschlüsse von Menschen, deren
Aktivitäten sich auf die gemeinsame Bewältigung von Krankheiten, psychischen oder
sozialen Problemen richten, von denen sie – entweder selbst oder als Angehörige – betroffen
sind. Ihr Ziel ist eine positive Veränderung ihrer persönlichen Lebensumstände und häufig
auch ein Einwirken auf ihr soziales und politisches Umfeld. Der Focus ist dabei vor allem
intern und damit
hauptsächlich auf ihre Mitglieder gerichtet. Selbsthilfegruppen
unterscheiden sich deshalb in diesem Punkt von anderen Formen des Bürgerengagements.
Selbsthilfegruppen werden nicht von professionellen Helfern geleitet; manche Gruppen
ziehen
jedoch
gelegentlich
Experten
zu
bestimmten
Fragestellungen
hinzu 8.
Selbsthilfegruppen gründen sich z. B. zur Bewältigung chronischer Erkrankungen,
Behinderungen, psychischer Probleme und Erkrankungen, von Suchterkrankungen und
geschlechtsspezifischer Problemlagen. Selbsthilfegruppen leisten einen bedeutenden Beitrag
zur Gesunderhaltung, Problemverarbeitung und -bewältigung, insbesondere von Menschen
mit chronischer Erkrankung und Behinderung, aber auch von Menschen mit psycho-sozialen
und seelischen Problemen. Ein großer Teil der Selbsthilfegruppen auf örtlicher Ebene ist nicht
als Verein organisiert oder einer größeren Selbsthilfeorganisationen angeschlossen. Diese
Gruppen werden überwiegend von örtlichen Selbsthilfekontaktstellen unterstützt und betreut.
An dieser Stelle soll hervorgehoben werden, dass das Feld der Selbsthilfe formalisierte und
nicht formalisierte Strukturen aufweist. Dies ist von großer Bedeutung, z.B. bei politischen
Vorhaben wie der Neufassung des Gemeinnützigkeitsrechts, des Vereinsrechts oder im
Hinblick auf Steuerfragen (Steuerunschädlichkeit von Zuwendungen an Selbsthilfegruppen,
die keine Vereine sind; analoge Freigrenzen wie bei gemeinnützigen Vereinen), sowie bei
weiteren Bemühungen zur Absicherung von Unfall- und Haftungsrisiken. Es gilt daher, auch
die Situation der informellen, nicht als Verein organisierten Selbsthilfegruppen besonders zu
berücksichtigen. Die gesundheitsbezogene Selbsthilfe hat sich in ihrer Ausgestaltung und in
ihrem Leistungsspektrum weit ausdifferenziert und reicht vom psycho-sozialen Austausch in
7
Vgl. www.nakos.de
8
Vgl. Matzat (1997), S. 18f.
8
der Gruppe über Beratungs- und Informationsangebote bis hin zu medizinisch orientierten
Dienstleistungen und politischer Interessenvertretung. Selbsthilfegruppen erzielen Effekte im
Bereich der gesundheitlichen und sozialen Versorgung, indem sie das professionelle
Versorgungssystem ergänzen, die Eigenverantwortung und Teilhabe der Betroffenen betonen
und sich als „kritische Masse“ mit etwaigen Mängeln der professionellen Versorgung
auseinandersetzen. Gemeinsam haben diese Gruppenformen, dass sie ehrenamtlich arbeiten
und die Treffen auf einem gemeinsamen Erfahrungsaustausch beruhen. Dadurch wird den
Teilnehmern
ermöglicht,
ihre
persönlichen
Lebensumstände
zu
verbessern.
Selbsthilfegruppen arbeiten individuell, deshalb ist eine Einheitlichkeit in der Arbeitsweise
kaum möglich. Gemeinsam haben Selbsthilfegruppen lediglich, dass sie ehrenamtlich arbeiten
und die Treffen sich im Wesentlichen auf einen Erfahrungsaustausch beziehen. Nach innen
gerichtete Selbsthilfegruppen sind diejenigen, deren Aktivität ausschließlich in Gesprächen
untereinander besteht. Es gibt allerdings auch Selbsthilfeorganisationen, die ihre Aktivitäten
nach außen vertreten und oft aus Zusammenschlüssen von verschiedenen Selbsthilfegruppen
bestehen. Sie geben Broschüren heraus, bieten Sprechstunden oder sogar Schulungen an und
betreiben eine offensive Öffentlichkeitsarbeit 9. Allgemein wird die Auffassung vertreten, dass
Selbsthilfegruppen erst dann helfen können und sollen, wenn in der Familie oder im sozialen
Umfeld der entsprechende Rückhalt fehlt. In vielen Situationen kann dieser Rückhalt wichtig
und sinnvoll sein. Allerdings gibt es auch Aussagen von Betroffenen, dass in der Familie oder
Freundeskreis oft nicht nachempfunden werden kann, wie es ist, an einer schweren oder sogar
tödlichen Krankheit zu leiden. Menschen suchen in Selbsthilfegruppen vor allem die
Normalität, die durch den Austausch und gemeinsame Aktivitäten entsteht10.
Der Auslöser, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen ist oft eine persönlich empfundene
Ausweglosigkeit oder Verzweiflung. Auch externe Einflüsse, wie die professionelle Beratung
von Ärzten und Therapeuten zum Thema Selbsthilfe können entsprechende Einflussfaktoren
sein11. Die Organisation und Wirkungsweisen der verschiedenen Gruppen lassen sich
beschreiben als
 Herstellung
einer
Gemeinschaft,
in
der
tiefes
Verständnis
erzeugt
und
problemzentriertes Erfahrungswissen ausgetauscht wird, wie es nur unter gemeinsam
Betroffenen möglich ist.
9
Vgl. Fischer (2004), S. 28ff.
10
Vgl. Trojan et al. (1986), S. 163ff.
11
Vgl. Bobzien et al. (2006), S.22
9
 Erfüllung von psychischen und sozialen Grundbedürfnissen, vor allem Aktivierung
aus der Isolation heraus, Ansprache und Geborgenheit.
 Kommunikation, die im Rahmen eines professionellen Systems
nicht oder nur
unvollständig erbracht werden können.
 Artikulation von Bedürfnissen und Interessenvertretung nach außen, wie sie nur durch
Betroffene selbst möglich ist12.
Selbsthilfegruppen sind vor allem dann Unterstützung wenn Betroffene, durch regelmäßige
Treffen und Gespräche, Lebensnormalität wieder erfahren wollen. Die Verbindung zu
Selbsthilfegruppen-Mitgliedern im Alltag, gegenseitige Besuche bei Krankenhausaufenthalten
und letztlich die Interessenvertretung in der Öffentlichkeit, bewirken, dass Menschen, die
aufgrund einer psychisch, seelisch oder somatischen Erkrankung ausgegrenzt sind, einer
neuen Aufgabe gegenüberstehen. 13.
2.2.3 Unterstützungsangebote für Selbsthilfegruppen
Selbsthilfeinteressierte Bürgerinnen und Bürger in Deutschland können derzeit
auf 212
Selbsthilfekontaktstellen zurückgreifen, die Selbsthilfeunterstützung in Form von Beratung
und Vermittlung vor Ort anbieten. Der bundesdeutsche Durchschnitt liegt bei 2,6
Selbsthilfekontaktstellen je 1 Mio. Einwohner. Die verfügbaren Angebote in den
Bundesländern unterscheiden sich jedoch teils erheblich. Das Spektrum reicht von ein bis
zwei Kontaktstellen je eine Million Einwohner in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen,
Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Sachsen und nahezu acht Kontaktstellen in Brandenburg.
Bürgerinnen und Bürger aus Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen können auf
Unterstützungsleistungen von zwei bis drei Kontaktstellen je 1 Mio. Einwohner
zurückgreifen; in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und
Thüringen auf vier bis fünf Stellen und in Berlin und Sachsen-Anhalt auf fünf Kontaktstellen.
Diese Aufzählung lässt allerdings nur Schlüsse auf eine günstige Erreichbarkeit von
Einrichtungen der Selbsthilfeunterstützung zu. Die Angemessenheit von Angeboten zu
bewerten,
setzt
eine
genaue
Kenntnis
der
unterschiedlichen
Bedingungen
und
Herausforderungen von Sozialraumfaktoren, Ballungszentren und Flächenländern mit großen
12
Vgl. Trojan et al. (1986), S. 163f.
13
Vgl. a.a.O. S. xy
10
Entfernungen, der einrichtungsbezogenen Rahmenbedingungen, der Kooperations- und
Vernetzungsstrukturen vor Ort und nicht zuletzt Personal- und Sachausstattung voraus14.
Nach
den
Angaben
von
insgesamt
263
Selbsthilfekontaktstellen und
Unterstüt-
zungseinrichtungen im Bundesgebiet erstrecken sich die Unterstützungsleistungen dieser
Einrichtungen auf insgesamt 39.642 örtliche Selbsthilfegruppen. Bundesweit unterstützt eine
örtliche Selbsthilfekontaktstelle bzw. Unterstützungseinrichtung durchschnittlich 151
Selbsthilfegruppen unabhängig von deren Themenstellung. Die ermittelte Gesamtzahl der
Selbsthilfegruppen im Umfeld der Selbsthilfekontaktstellen und Unterstützungseinrichtungen
in Höhe von 39.642 liegt etwa über 1600 höher als der des Vorjahres (38.052)15. Der Zuwachs
an Gruppen hängt wohl mit der größeren Anzahl der Einrichtungen, die in 2008 Angaben
gemacht haben, zusammen (263 gegenüber 255). Nach Angaben dieser Einrichtungen
erbringen Selbsthilfekontaktstellen, die Selbsthilfeunterstützung als alleinige Aufgabe
ausüben, Unterstützungsleistungen für insgesamt 35.370 Selbsthilfegruppen. Die Nebenaufgabenstellen, die z.B. bei Krankenkassen oder kommunalen Ämtern neben anderen Aufgabe
Selbsthilfegruppen beraten und Interessierte vermitteln, unterstützen insgesamt 4.272
Selbsthilfegruppen. Bei den hier vorgestellten Zahlen handelt es sich um die der NAKOS
mitgeteilten
Zahlen
von
263
der
271
Selbsthilfekontaktstellen
und
Unterstützungseinrichtungen. In einer großen Zahl weiterer Gemeinden und Landkreise
bestehen solche Einrichtungen nicht, so dass Selbsthilfegruppen, die dort bestehen nicht auf
deren Angebote zurückgreifen können. Eine Unterstützung von Selbsthilfegruppen erfolgt
außerdem auch durch themenspezifisch arbeitende Selbsthilfevereinigungen. Das Interesse an
Selbsthilfegruppen nimmt insgesamt zu. Die Gesamtzahl von Selbsthilfegruppen in
Deutschland wird z. Zt. auf 70.000 bis 100.000 geschätzt16. Viele Interessierte trauen sich
aber nicht zu eine Gruppe selbst aufzubauen, weil ihnen die Erfahrung fehlt. Gerade in der
Startphase gibt es oft Unsicherheiten im Umgang miteinander und in der Gestaltung und
Abläufe
der
Gruppentreffen.
Die
Idee
der
„In-Gang-Setzer“
stammt
aus
der
Selbsthilfegruppenunterstützung in Dänemark, wo sie sich seit vielen Jahren bewährt hat.
Gemeint ist damit die Begleitung von Selbsthilfegruppen durch ehrenamtlich engagierte
Personen, die selbst von dem Thema der Gruppe nicht persönlich betroffen sind und häufig
selber
die
positive
Erfahrung
einer
14
Vgl. NAKOS (2009), S. 10
15
Vgl. NAKOS Studien Zahlen und Fakten 2008
16
Vgl. NAKOS (2009), S. 11f.
Selbsthilfegruppe
kennen
gelernt
haben.
11
„In-Gang-Setzer“ helfen den Selbsthilfegruppen in der Startphase ein angenehmes und
sicheres Klima für Gespräche über persönliche Themen zu schaffen. Etwa zwei bis maximal
achtmal, abhängig von den Bedürfnissen der Gruppen, sind sie bei den Gruppentreffen dabei.
Danach geht es eigenständig weiter. Die Erfahrungen von vielen Selbsthilfe-Kontaktstellen
belegen einen Anstieg an Selbsthilfegruppen im Bereich psychische und psychosomatische
Erkrankungen. Gerade hier fehlen aber oft die kommunikativen Fähigkeiten, die Startphase
einer Selbsthilfegruppe zu gestalten. Die Anfangsphase einer Gruppe ist vielfach eine Zeit der
Unsicherheit und Verletzbarkeit. Zu diesem Zeitpunkt erleben deshalb viele an Selbsthilfe
Interessierte eine Begleitung und Ermutigung als große Erleichterung. Im Kreis Steinfurt
wird der Ansatz durch das Netzwerk Selbsthilfe und Ehrenamt bereits seit 2005 mit großem
Erfolg umgesetzt. Diese Erfahrungen bildeten die Grundlage für ein bundesweites Projekt.
Der Paritätische NRW hat das Konzept weiterentwickelt und startete in 2007 ein Projekt mit
acht Kontaktstellen. Das Projekt wurde vom BKK Bundesverband und vom BKK
Landesverband NRW finanziert und endete 2010. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse sind
vielversprechend und zeigen auf, dass der Ansatz der In-Gang-Setzung zu einer allgemein
anerkannten Methode im Repertoire der Selbsthilfe-Kontaktstellen werden kann. Am Projekt
waren 22 Selbsthilfe-Kontaktstellen beteiligt: 10 aus NRW: Recklinghausen, Paderborn,
Bielefeld, Krefeld, Lünen, Gütersloh, Detmold, Minden, Emsdetten und Moers; zwei aus
Mecklenburg-Vorpommern: Schwerin, Stralsund; vier aus Niedersachsen: Osnabrück,
Hannover, Wolfsburg, Meppen; zwei aus Sachsen: Chemnitz, Dresden; drei aus BadenWürttemberg:
Freiburg,
Heilbronn,
Karlsruhe;
eine
aus
Bayern:
Nürnberg.
Das Konzept der In-Gang-Setzer wird getragen von einer „Haltung“, die mit dem
Empowerment-Ansatz der Selbsthilfe-Kontaktstellen in hervorragender Weise korrespondiert.
In-Gang-Setzer werden durch Mitarbeiter der Selbsthilfekontaktstellen geschult und stehen –
gemeinsam mit der Kontaktstelle – den Selbsthilfegruppen in der Startphase zur Seite. Dabei
werden sie kontinuierlich mit Supervision begleitet. Das Projekt erweist sich zudem als
interessant mit Blick auf den Einsatz von Ehrenamtlichen bei der Arbeit von SelbsthilfeKontaktstellen. Interessant ist zudem die Frage, ob erfahrene In-Gang-Setzer auch hilfreich
sein könnten als „Stütze“ bei bereits aktiven Selbsthilfegruppen, die sich in einer Situation
befinden, in der sie Hilfestellung von außen wünschen. Beim Selbsthilfe-Tag des BKKBundesverbandes am 4.10.2007 im Rahmen der REHACare International in Düsseldorf
wurde das Projekt vorgestellt und stieß auf großes Interesse.
12
2.3 Selbsthilfekontaktstellen
Selbsthilfekontaktstellen sind eigenständige Facheinrichtungen, die Menschen unterstützen,
damit sie eigenverantwortlich für ihre Belange nach Lösungsmöglichkeiten suchen und diese
in Handeln umsetzen können. Träger der Selbsthilfekontaktstellen sind eigenständige Vereine,
die Kommune oder ein Wohlfahrtsverband. Häufig tragen sich die Einrichtungen durch eine
Mischfinanzierung z. B. durch das Land, die Kommune, die Krankenkassen und Eigenmittel
der Träger17. In NRW gibt es zurzeit 36 Selbsthilfe-Kontaktstellen und Selbsthilfe-Büros in
Trägerschaft des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.
Selbsthilfekontaktstellen

unterstützen
regionale
gesundheitlichen,
psycho-sozialen
und
soziale
Selbsthilfegruppen

informieren über Selbsthilfe und das regionale Versorgungsangebot

vermitteln Interessierte an Selbsthilfegruppen und an Fachleuten der Gesundheitsund Sozialversorgung

unterstützen
Gruppengründungen
und
beraten
Selbsthilfegruppen
in
organisatorischen, finanziellen und gruppendynamischen Fragen

vermitteln Kontakte zwischen Selbsthilfegruppen und Fachleuten aus dem Sozialund Gesundheitswesen

vertreten Belange der Selbsthilfe in Gremien und Arbeitskreisen.
Selbsthilfekontaktstellen setzen sich für ein selbsthilfefreundliches Klima ein. Sie werben für
die Selbsthilfeidee und schaffen so die Voraussetzungen für ein selbsthilfefreundliches Klima
in der Gesellschaft 18. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. (DAG
SHG)
hat in ihren Empfehlungen wesentliche Punkte zu Ausstattung, Aufgaben und
Arbeitsinstrumenten von Selbsthilfekontaktstellen beschrieben. Die strukturellen Kriterien
sehen einen Standard vor, in dem Selbsthilfekontaktstellen themenübergreifend tätig sind,
interessierten Bürgerinnen und Bürgern öffentlich zugänglich sind und über professionelles
17
Vgl. NAKOS (2006), S. 28f.
18
Vgl. NAKOS (2006), S. 28f.
13
Personal verfügen. Bezüglich der Mindest-Personalausstattung gelten dabei folgende
Bezugsgrößen:

Städte und Kreise mit 100 000-200 000 Einwohnern: 1,5 Fachkräfte und 0,5
Verwaltungskraft

Städte und Kreise mit 200 000-500 000 Einwohnern 2,5 Fachkräfte und 1,0
Verwaltungskraft.

Entsprechende Anpassung der Personalausstattung bei Städten und Kreisen mit
mehr als 500 000 Einwohnern.
Das Personal soll einem sozialwissenschaftlichen, sozialpädagogischen, psychologischen
oder einem vergleichbaren, im Bezug zum Arbeitsfeld stehenden Anforderungsprofil
entsprechen. Die Arbeitsleistung soll an mindestens 4 Tagen in der Woche erbracht
werden, von denen an 3 Tagen Sprechzeiten, inklusiv eines Nachmittag- oder
Abendtermins, angeboten werden. Als räumliche Mindestanforderung sind 2 Büroräume
und ein separater Beratungsraum festgelegt 19.
3. Selbsthilfefreundliches Krankenhaus NRW
3.1 Historie
Das von der Gesellschaft für soziale Projekte (GSP) initiierte Projekt "Selbsthilfefreundliches
Krankenhaus" will die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern bzw. ihren Fachabteilungen und Selbsthilfegruppen vor Ort unterstützen. Die GSP kann dabei auf Vorarbeiten zurückgreifen, die der Landesverband Hamburg des Paritätischen in diesem Thema geleistet hat.
2001 formulierte Dr. Wolfgang Stark eine visionäre Überlegung zur Abschaffung der
Spaltung zwischen Professionellen und Selbsthilfe: Im Zusammenhang mit den ambulant,
stationär verstärkten und gesetzlich geforderten Bemühungen um Qualitätsmanagement im
Gesundheitswesen
besteht
die große Chance,
professionelle
und
nutzerorientierte
Qualitätsstandards zu erarbeiten. Die Erfahrung gemeinsamer Qualitätsbewertungen aus
19
Vgl. Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen (2001), S. 168f.
14
unterschiedlichen Perspektiven ist als solches bereits ein kooperatives Unterfangen, das den
Grundstein für weitere Formen der Zusammenarbeit legen kann20. Mit dem Projekt
„Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“ ist diese Vision in den Focus genommen worden. Es
war das Ziel, Selbsthilfefreundlichkeit in Krankenhäusern als Qualitätsmerkmal zu etablieren
und eine nachhaltige und erfolgreiche Kooperation zu entwickeln. Es entstand ein
struktureller Handlungsbedarf aufgrund der Erfahrungen in der wenig erfolgreichen
Zusammenarbeit von Selbsthilfegruppen und Krankenhäusern. Diese war oftmals nur an
einzelnen Stellen gewährleistet und hing maßgeblich vom Engagement einzelner Personen im
Krankenhaus oder in der Selbsthilfegruppe ab. Zugleich konnte
jedoch eine steigende
Akzeptanz der Selbsthilfe unter Ärzten beobachtet werden21. Oberstes Ziel des Projekts ist,
dass Selbsthilfe zu einem integrativen Bestandteil der Qualitätssicherung in Krankenhäusern
werden soll, von dem die Patienten auf der einen, als auch die Selbsthilfegruppen auf der
anderen Seite profitieren22.
Standort
des
NRW-Projektes
ist
die
Selbsthilfe-Kontaktstelle
Bielefeld.
Ein
selbsthilfefreundliches Krankenhaus zeichnet sich dadurch aus, dass es sein ärztliches und
pflegerisches Handeln durch das Erfahrungswissen der Selbsthilfe erweitert, den Kontakt
zwischen
Patienten und Selbsthilfegruppen über Mitarbeitende und entsprechende
Ansprechpartner fördert und kooperationsbereite Selbsthilfegruppen aktiv unterstützt.
In diesem Sinne profitieren alle Seiten - das Krankenhaus, die Selbsthilfe und vor allem die
Patienten und deren Angehörige. Kontakte zwischen Patienten und Selbsthilfegruppen werden
gefördert, Ärzte und Pflegekräfte können ihr Handeln durch das Erfahrungswissen der
Selbsthilfe erweitern und kooperationsbereite Selbsthilfegruppen werden aktiv unterstützt.
Aus der gesetzlichen Verpflichtung des im § 20 SGB V formulierten Einbindung von Selbsthilfe in die professionelle Versorgung entstehen neue Rollen und Partnerschaften, die den
Patienten zugute kommen sollen23. Das Projekt versteht sich als Beitrag, diese Vorgaben auf
konkreter Ebene umzusetzen. Das Projekt soll die Zusammenarbeit von Selbsthilfegruppen
und Krankenhaus zum Wohl der Patienten verbessern. Ziel des Projektes ist die Entwicklung
von der passiven Akzeptanz von Selbsthilfegruppen zum aktiven Einbezug der Gruppen in das
professionelle Handeln. Die Patientenorientierung soll als ein wesentlicher Aspekt des
20
Vgl. Trojan (2006), S. 5ff.
21
Vgl. Trojan (2009), S. 13ff.
22
Vgl. Bellwinkel (2006), S.1f.
23
Vgl. www.sozialprojekte.de
15
Qualitätsmanagements verwirklicht werden und die Zusammenarbeit zwischen Selbsthilfe
und Krankenhäusern stärken. Das Projekt ist auch ein Beitrag zur Umsetzung der gesetzlichen
Vorgabe nach § 20 SGB V. In diesem Kontext soll ein Beziehungsdreieck entstehen und
sichergestellt sein:
Krankenhaus/ Fachabteilung
Selbsthilfegruppe
Selbsthilfekontaktstelle
(Abb. 3.1, 1 Bobzien, 2008, S. 11)
Durch den „Arbeitskreis Qualitätssiegel“, der im Rahmen dieses Projekts gegründet worden
ist, sind acht Qualitätskriterien und die Grundlagen für die Vergabe eines Qualitätssiegels
erarbeitet worden. Im November 2004 wurde das Pilotprojekt in Hamburg mit ausgewählten
Krankenhäusern begonnen24.
Bedingung für die Verleihung des Qualitätssiegels „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“ ist
das erfolgreiche Durchlaufen eines standardisierten Verfahrens, in dem das Krankenhaus oder
eine Fachabteilung die systematische Erfüllung vereinbarter Qualitätskriterien zur
Selbsthilfefreundlichkeit
nachweist.
Derzeit
wird
daran
gearbeitet,
das
Merkmal
„Selbsthilfefreundlichkeit“ in die Version 6.0 des Qualitätsmanagementsystems KTQ
(Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen) aufzunehmen25. Die
Qualität der Zusammenarbeit und die Leistungsdarstellung werden regelhaft im Rahmen einer
Zertifizierung auditiert. Das Vergabeverfahren orientiert sich an der Systematik des KTQBewertungsverfahrens. Es besteht zum einen aus einer Selbstbewertung durch die
Fachabteilungen und zum anderen aus einer Fremdbewertung im Rahmen eines Audits, die
durch ein Gremium aus Mitgliedern von Selbsthilfegruppen, Selbsthilfekontaktstellen und
anderen Krankenhäusern durchgeführt wird. Die ermittelten Verbesserungspotenziale zur
Erfüllung der Qualitätskriterien „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“
24
Vgl. Bobzien (2006), S. 17f.
25
Vgl. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2009
werden in einem
16
abschließenden Qualitätsbericht dokumentiert und veröffentlicht. Das Qualitätssiegel gilt für
maximal 3 Jahre; eine Rezertifizierung würde sich in der Regel zur Überprüfung der
Qualitätsmanagementprozesse anschließen. 26
Erreicht werden soll die strukturierte und systematische Zusammenarbeit zwischen
Krankenhaus und Selbsthilfe. Bislang ist die Zusammenarbeit nur punktuell und auf das
besondere Engagement einzelner Mitarbeiter in Krankenhäusern zurückzuführen und auch
abhängig. Fällt diese treibende Kraft weg, bricht der Kontakt in den meisten Fällen wieder ab.
Außerdem sollen die vom Projekt „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus NRW“ entwickelten
Qualitätskriterien und somit die gesetzliche Anforderung der Einbindung von Selbsthilfe in
die professionelle Versorgung erfüllt werden. Durch die Umsetzung der entwickelten
Qualitätskriterien wird das Krankenhaus in die Pflicht genommen, auf verschiedenen Ebenen
und auf geregelte Weise „selbsthilfefreundlich“ zu handeln 27.
3.2 Die Qualitätskriterien
Die Entwicklung der Qualitätskriterien für ein „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“ basiert
auf Daten einer bundesweiten Befragung zum Status der Kooperationen zwischen Selbsthilfe
und Krankenhäusern. Die Qualitätskriterien sind in einem Abstimmungsprozess aus
Selbsthilfezusammenschlüssen und Selbsthilfekontaktstellen sowie der Qualitätsbeauftragten
ausgewählter Hamburger Krankenhäuser definiert worden. Übereinstimmend wurde von allen
Beteiligten festgelegt, dass eine Fachabteilung sich als selbsthilfefreundlich bezeichnen darf,
wenn ärztliches und pflegerisches Handeln durch Erfahrungswissen aus der Selbsthilfe
erweitert und der Kontakt zwischen Patienten und Selbsthilfegruppen gefördert wird und
kooperationsbereite Selbsthilfezusammenschlüsse aktiv unterstützt werden 28. Die folgenden 8
Qualitätskriterien zur Selbsthilfefreundlichkeit bieten eine Orientierung für die Ausrichtung
der Zusammenarbeit 29:
26
Vgl. Bobzien (2006), S.17f.
27
Vgl. Bobzien ( 2007), S. 54ff.
28
Vgl. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2009
29
Vgl. Bobzien (2008), S. 8
17
1. Um
über
Selbsthilfe
zu
informieren,
werden
Räume,
Infrastruktur
und
Präsentationsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt. Ihre Gestaltung orientiert sich an
den Bedürfnissen der Patienten, der Angehörigen sowie der Selbsthilfegruppen.
2. Patienten bzw. deren Angehörige werden regelhaft und persönlich über die
Möglichkeit der Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe informiert. Sie erhalten
Informationsmaterial und werden ggf. auf die Besuchsdienste oder Sprechzeiten von
Selbsthilfegruppen im Krankenhaus aufmerksam gemacht.
3. Selbsthilfegruppen werden in ihrer Öffentlichkeitsarbeit unterstützt und treten
gegenüber der Fachöffentlichkeit als Kooperationspartner auf.
4. Das Krankenhaus hat eine Selbsthilfebeauftragte benannt.
5. Zwischen Selbsthilfegruppen, Selbsthilfekontaktstellen und Krankenhaus findet ein
regelmäßiger Erfahrungs- und Informationsaustausch statt.
6. In die Fort- und Weiterbildung der Krankenhausmitarbeitenden zur Selbsthilfe sind
Selbsthilfegruppen bzw. die Selbsthilfekontaktstellen einbezogen.
7. Das Krankenhaus ermöglicht Selbsthilfegruppen die Mitwirkung an Qualitätszirkeln
und Ethikkommissionen.
8. Die Kooperation mit Selbsthilfezusammenschlüssen bzw. Selbsthilfekontaktstellen ist
formal beschlossen und dokumentiert.
3.3 Selbsthilfefreundliches Krankenhaus St. Johannisstift, Paderborn
Das St. Johannisstift Evangelisches Krankenhaus Paderborn GmbH gehört zum Verbund Ev.
Krankenhäuser in der Region Westfalen (Valeo) und beteiligt sich an dem NRW-Projekt
„Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“. Als das 1862 gegründete St. Johannisstift 1863 seine
Arbeit aufnahm, bestand die Kernaufgabe darin, alte, arme, kranke, verlassene oder sonstige
18
hilfebedürftige Menschen zu pflegen und zu heilen. Daraus hat sich im Laufe von 150 Jahren
ein modernes Krankenhaus entwickelt. Mit 213 Betten zählt es zu den mittelgroßen
Krankenhäusern im Kreis Paderborn. Neben den üblichen, qualifizierten Angeboten eines
Akutkrankenhauses bietet das St. Johannisstift eine kompetente Begleitung während der
Schwangerschaft bis zur Geburt, sowie moderne und individuelle medizinische Behandlung in
einer Frauenklinik, interdisziplinäre Versorgung und Behandlung von Gefäßerkrankungen in
einem Gefäßzentrum, somit Diagnostik, Therapie und Nachsorge aus einer Hand, DiabetesTherapie in enger Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Hausärzten in der Region.
Einen weiteren Schwerpunkt legt das Krankenhaus auf die ganzheitliche altersmedizinische
Versorgung und umfassende Behandlung geriatrischer Krankheitsbilder.

Medizinische Klinik/Innere Medizin:
Die Behandlungsschwerpunkte reichen von Angiologie und Gastroenterologie bis zu
Diabetes.

Chirurgische Klinik:
Die Behandlungsschwerpunkte umfassen die Allgemein- und Viszeral-, Unfall- sowie
Gefäßchirurgie.

Gefäßzentrum:
Hier werden Gefäßerkrankungen interdisziplinär von Chirurgen und Internisten
behandelt.

Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe:
Das Behandlungsspektrum umfasst die Geburtshilfe inkl. Vor- und Nachsorge sowie
die Frauenheilkunde.

Geriatrische Klinik (Geriatrie = altersgerechte Medizin)
ist spezialisiert auf die fachmedizinische Versorgung älterer Menschen.

Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin:
Die Behandlungsschwerpunkte sind die Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie
und Notfallmedizin.

HNO-Belegabteilung:
19
Dem St. Johannisstift Evangelisches Krankenhaus Paderborn ist außerdem das Pathologische
Institut am St. Johannisstift angegliedert 30.
Das Projekt Selbsthilfefreundliches Krankenhaus St. Johannisstift, Paderborn hat sich zum
Ziel gesetzt, nach festgelegten Qualitätskriterien die Zusammenarbeit zwischen Selbsthilfe
und Krankenhaus nachhaltig zu implementieren. Die Selbsthilfe- Kontaktstelle Paderborn ist
verantwortlich für die Moderation des Qualitätszirkels, in denen Selbsthilfegruppen in
Zusammenarbeit mit der benannten Selbsthilfebeauftragten des Krankenhauses an der
Umsetzung der definierten Qualitätskriterien arbeiten. Der erste Schritt war eine
Informationsveranstaltung im November 2009 für die im Krankenhaus St. Johannisstift
bereits aktiven Selbsthilfegruppen (Diabetes, Schlaganfall, Rheuma) und für die
Selbsthilfegruppen, die das St. Johannisstift aufgrund seiner eigenen fachlichen Schwerpunkte
einbinden möchte (unter anderem Alzheimer Gesellschaft – Schnittstelle Geriatrie, verwaiste
Eltern – Schnittstelle Entbindung, pflegende Angehörige – Schnittstelle Geschäftsbereich
Altenhilfe). Hier wurde der Termin für den ersten Qualitätszirkel im Januar 2010 festgelegt,
in dem mit der konkreten Arbeit, der Umsetzung der acht Qualitätskriterien, begonnen werden
sollte. Eins der ersten umzusetzenden Qualitätskriterien war die Benennung einer
Selbsthilfebeauftragten. Die Beauftragte ist Ansprechpartnerin für die Selbsthilfegruppen, die
im Haus aktiv sind, für hauptamtliche Kolleginnen und Kollegen im Krankenhaus und stellt
die die systematische Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Krankenhaus und
Selbsthilfe sicher. Im St. Johannisstift wurde die zuständige Qualitätsmanagementbeauftragte
als Ansprechpartnerin benannt, da sie aufgrund ihrer Tätigkeit einen Überblick über die
hausinternen organisatorischen Verfahrensabläufe hat und dadurch selbsthilferelevante
Informationen, Themen und Kommunikationswege in die bestehenden Prozesse integrieren
kann.
3.3.1 Beteiligte Selbsthilfegruppen und Fachabteilungen
Derzeit sind an dem Projekt und an der Entwicklung der Qualitätsziele folgende
Selbsthilfegruppen und Fachabteilungen des Krankenhauses St. Johannisstift beteiligt:
30
Vgl. www.johannisstift.de
20
Selbsthilfegruppe „Schlaganfall Paderborn“
Die Gruppe existiert seit über 10 Jahren und ist im Selbsthilfenetz seit 7 Jahren zu finden. Die
Selbsthilfegruppe Schlaganfall Paderborn ist seit Projektbeginn im Januar 2010 im
Qualitätszirkel vertreten. Zurzeit gibt es 55 aktive Mitglieder. Die Öffentlichkeitsarbeit der
Gruppe findet über Flyer und regelmäßige Teilnahme am Tag der Selbsthilfe, sowie weiteren
Aktionstagen zum Thema Schlaganfall in Paderborn statt. Außerdem organisiert die Gruppe
regelmäßig interdisziplinäre Fachvorträge und bietet eine Sprechstunde in einem Paderborner
Krankenhaus an (Stroke Unit Abteilung). Für Betroffene besteht die Möglichkeit an einem
wöchentlichen Gedächtnistraining teilzunehmen.
Die zugehörige Fachabteilung im Rahmen des Projekts Selbsthilfefreundliches Krankenhaus
ist die Geriatriestation des St. Johannisstift.
Selbsthilfegruppe „Endometriose“
Die Gruppe existiert seit fast 8 Jahren und ist im Selbsthilfenetz seit 6 Jahren zu finden. Die
Selbsthilfegruppe Endometriose stieß im Juni 2010 zum Qualitätszirkel. Zurzeit gibt es 11
aktive Mitglieder. Die Öffentlichkeitsarbeit der Gruppe findet
über die regelmäßige
Teilnahme am Tag der Selbsthilfe, sowie einer jährlichen Telefonaktion zum Tag der
Endometriose in Selbsthilfekontaktstelle Paderborn statt.
Die zugehörige Fachabteilung im Rahmen des Projekts Selbsthilfefreundliches Krankenhaus
ist die Gynäkologie des St. Johannisstift.
Selbsthilfegruppe „Verwaiste Eltern“
Die Gruppe existiert seit über 17 Jahren und ist im Selbsthilfenetz seit 7 Jahren zu finden. Die
Selbsthilfegruppe Verwaiste Eltern ist seit Projektbeginn im Januar 2010 im Qualitätszirkel
vertreten. Zurzeit gibt es 30 aktive Mitglieder (3 Gruppen mit ca. 8-12 Teilnehmern). Die
Öffentlichkeitsarbeit der Gruppe findet über regelmäßige Vorträge in Kranken- und
Altenpflegeschule statt.
Die zugehörige Fachabteilung im Rahmen des Projekts Selbsthilfefreundliches Krankenhaus
ist die Geburtshilfe des St. Johannisstift.
21
Selbsthilfegruppe „Rheuma-Liga Paderborn“
Die Gruppe existiert seit mehr als 20 Jahren und ist im Selbsthilfenetz seit 6 Jahren zu finden.
Die Selbsthilfegruppe Rheumaliga ist seit Projektbeginn im Januar 2010 im Qualitätszirkel
vertreten. Zurzeit gibt es 620 aktive Mitglieder (mehrere Gruppen, z. B. Gesprächskreise,
Funktionstrainings, Kurse). Die Öffentlichkeitsarbeit der Gruppe findet vor allem über
regelmäßige Informationsveranstaltungen, Arzt- und Fachvorträge statt.
Die zugehörige Fachabteilung im Rahmen des Projekts Selbsthilfefreundliches Krankenhaus
ist die Wahlleistungsstation des St. Johannisstift.
Selbsthilfegruppe „Diabetes Paderborn“
Die Gruppe existiert seit mehr als 20 Jahren und ist im Selbsthilfenetz seit 6 Jahren zu finden.
Die Selbsthilfegruppe Diabetes Paderborn ist seit Projektbeginn im Januar 2010 im
Qualitätszirkel vertreten. Zurzeit gibt es 22 aktive Mitglieder. Die Öffentlichkeitsarbeit der
Gruppe findet vor allem im St. Johannisstift über regelmäßige Informationsveranstaltungen,
Arzt- und Fachvorträge statt.
Die zugehörige Fachabteilung im Rahmen des Projekts Selbsthilfefreundliches Krankenhaus
ist die Internistische Abteilung für Diabetes des St. Johannisstift.
Selbsthilfegruppe für „Amputierte OWL e.V.“
Die Gruppe existiert seit 5 Jahren und ist auch genauso lange im Selbsthilfenetz zu finden.
Die Selbsthilfegruppe Diabetes Paderborn ist seit Projektbeginn im Januar 2010 im
Qualitätszirkel vertreten. Die Öffentlichkeitsarbeit der Gruppe findet vor allem über
regelmäßige Informationsveranstaltungen und ‚Teilnahme an Selbsthilfetagen in der Region
OWL statt. Sie ist außerdem in weiteren Krankenhäusern – in Bielefeld und Detmold – an
Qualitätszirkeln beteiligt.
Die zugehörige Fachabteilung im Rahmen des Projekts Selbsthilfefreundliches Krankenhaus
ist die Chirurgie Abteilung für Gefäßchirurgie des St. Johannisstift.
22
3.3.2 Die Selbsthilfekontaktstelle Paderborn
Die Selbsthilfekontaktstelle existiert seit 2002. Selbsthilfe war bereits in den 90er Jahren
ein Thema in Paderborn. Die Unterstützungsarbeit leistete im Wesentlichen die
„Paderborner Informations- und Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen (PIKS)“ und war der
hiesigen LWL-Klinik angegliedert. Mitte der 90er Jahre und mit Ende des Projekts PIKS
übernahmen Ehrenamtliche die Betreuung und Begleitung im Rahmen der Selbsthilfe. Dies
stellte sich bald als nicht ausreichend heraus und das Gesundheitsamt in Paderborn
übernahm kommissarisch die Selbsthilfeunterstützungsarbeit.
Mit Initiative des Kreises Paderborn und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes nahm die
Selbsthilfekontaktstelle am 01.08.2002 ihre Arbeit auf. Die Personal- und Sachausstattung
sowie das Aufgabenprofil und die Unterstützungsarbeit entsprechen in etwa den
Empfehlungen des BAG SHG, 2001.
Gestartet in der Rathenaustr. 28 in Paderborn, befinden sich die Beratungsstelle seit 2006
in der Kernstadt, Kilianstr. 15.
Die Kontaktstelle ist mit zwei Fachkräften, Dipl. Sozialarbeiterinnen, mit jeweils 19,25
Wochenstunden und einer Verwaltungskraft mit 19,25 W. Std. besetzt.
Sprechzeiten: Mo – Mi 9.30 - 12.30 Uhr
Do 15.00 - 18.00 Uhr
Die Beratungsstelle besteht aus einem Büro- und Konferenzraum, der den Selbsthilfegruppen
in der Anfangsphase zur Verfügung steht und auch für Arbeitskreise und Besprechungen
genutzt werden kann.
Finanziert wird die Kontaktstelle durch
 Fördermittel des Kreises Paderborn
 Zuschüsse der gesetzlichen Krankenkassen
 Zuschüsse des Landes NRW
 den Paritätischen Landesverband NRW
Die Mitarbeiterinnen der Selbsthilfekontaktstelle vermitteln Interessierte in bereits bestehende
Gruppen und informieren über weiterführende professionelle Hilfsangebote. Sie unterstützen
die Neugründung von Gruppen, stellen Informations- und Arbeitshilfen zur Verfügung, z. B.
23
bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen und Projekten, beraten und geben
Hilfestellung
bei
organisatorischen
Fragen,
bei
Gruppenproblemen
und
bei
der
Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem bieten sie Fortbildungen für Selbsthilfegruppen an und
organisieren einen regelmäßigen Austausch der Gruppen. Sie arbeiten mit Fachleuten aus dem
Gesundheits- und Sozialbereich zusammen, um den Gedanken der Selbsthilfe in die
Öffentlichkeit zu tragen.
In Stadt und Kreis Paderborn existieren zurzeit 165 Selbsthilfegruppen. Die Selbsthilfe–
Kontaktstelle unterstützt die Gruppen bei der Öffentlichkeitsarbeit, der Vernetzung und dem
Austausch untereinander. Die Gruppen werden vierteljährlich zu Gesamttreffen eingeladen.
Neben dem Erfahrungsaustausch stehen hier Themen wie: neue Regelungen der
Selbsthilfeförderung der Krankenkassen, Vorstellung einzelner Gruppen sowie die Planung
gemeinsamer Aktionen im Mittelpunkt. Ebenfalls werden Referenten zu verschiedenen
Themenbereichen eingeladen.
Die am häufigsten nachgefragten Themen im Jahr 2010 im Kreis Paderborn waren:
-
Bereich „Psychische Erkrankungen (Depressionen )“
-
Bereich „Lebensbewältigung/ soziale Themen“
-
Suchterkrankungen
Danach
folgen:
Krankheiten
des
Nervensystems,
Krebserkrankungen,
Ernährungs-
Stoffwechselerkrankungen und Hauterkrankungen. Die Häufigkeit der Anfragen im Bereich
Depressionen erklären sich zum einen dadurch, dass im Rahmen des „Bündnis gegen
Depression“31 in Paderborn einige Informationsveranstaltungen stattfanden, die das Thema
aus der Tabuzone führten und darüber mehr Menschen ermutigt worden sind, sich darüber in
Selbsthilfegruppen auszutauschen. Zum anderen liegt die Vermutung nah, dass Menschen mit
psychischen Erkrankungen aufgrund einer nicht ausreichenden Versorgung (zu wenige
Therapieplätze in Paderborn und Umgebung) nach Alternativen suchen, sich mit ihrer
Erkrankung auseinanderzusetzen32.
31
Vgl. www.buendnis-depression.de
32
Vgl. Jahresbericht Selbsthilfekontaktstelle Paderborn (2010), S. 1f.
24
4. Wirksamkeitsprüfung in der Praxis und Diskussion
4.1 Maßnahmenentwicklung und Qualitätszirkelarbeit
Im Januar 2010 nahm der Qualitätszirkel seine Arbeit auf. Die Sitzungen werden von einer
Mitarbeiterin
der
Selbsthilfe-Kontaktstelle
Paderborn
moderiert.
Die
Qualitätszirkelteilnehmer wollen kontinuierlich über einen Zeitraum von 1 ½ Jahren und in
verbindlicher Weise gemeinsam und strukturiert an der Verbesserung der Zusammenarbeit
von Krankenhaus und Selbsthilfe arbeiten, so dass alle Beteiligten und insbesondere die
Patienten bzw. Angehörigen davon einen Nutzen haben. Damit die Selbsthilfefreundlichkeit
des Krankenhauses in der Praxis erkennbar wird, werden die vorliegenden Qualitätskriterien
für ein Selbsthilfefreundliches Krankenhaus St. Johannisstift transferiert. Im Anschluss
werden Maßnahmen entwickelt, die sich für eine strukturierte und systematische Umsetzung
der Qualitätskriterien eignen. An die geplanten Maßnahmen sind im Rahmen des
Qualitätsmanagements entsprechende
Anforderungen geknüpft.
Z.
B.
müssen die
durchgeführten Maßnahmen im Sinne einer Informationsweitergabe an die Patienten im
Krankenhaus
dokumentiert
und
nachgewiesen
werden.
Es
werden
außerdem
Verantwortlichkeiten, Zeitrahmen, Dokumentation und Überprüfungskriterien für die
Maßnahmen verabredet. Die Umsetzung eines Qualitätskriteriums durch die vereinbarten
Maßnahmen wird fortlaufend im Qualitätszirkel überprüft
und ggf. werden Korrekturen
verabredet. Sind die Maßnahmen zur Umsetzung des Qualitätskriteriums geeignet und
nachvollziehbar geregelt, werden sie in das Qualitätsmanagement aufgenommen. Die
Umsetzung aller Qualitätskriterien wird anhand einer Selbstbewertungstabelle durchgeführt,
die
von
den
Projektinitiatoren
zur
Verfügung
gestellt
worden
ist.
Diese
Selbstbewertungstabelle ist im Rahmen der vorliegenden Bachelorarbeit auch Grundlage und
Maßstab für die Wirksamkeitsprüfung im Rahmen einer Zwischenauswertung der oben
genannten Qualitätskriterien 1 und 2. Die im Qualitätszirkel erarbeiteten Vorschläge werden
von der Selbsthilfebeauftragten in Zusammenarbeit mit der Qualitätsbeauftragten des
Krankenhauses in den Fachabteilungen weiterverfolgt und die Ergebnisse in der Folgesitzung
des Qualitätszirkels reflektiert. Zur Dokumentation der Nachhaltigkeit der bereits erfolgten
Arbeitsschritte liegt ein Übersichtsblatt vor, das von den Qualitätszirkelteilnehmern
kontinuierlich geführt wird. Das Abschlussprotokoll zur Selbstbewertung des Qualitätszirkels
ist für den 15.09.2011 vorgesehen.
25
4.2 Umsetzung und Selbstbewertung des Qualitätskriteriums 1
Um
über
Selbsthilfe
zu
informieren,
werden
Räume,
Infrastruktur
und
Präsentationsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt. Ihre Gestaltung orientiert sich an den
Bedürfnissen der Patienten, der Angehörigen sowie der Selbsthilfegruppen.
Im Krankenhaus werden Patienten, Angehörige und Interessierte bereits an der Information
und bei Nachfrage über Selbsthilfe informiert.
Das Krankenhaus hat diesbezüglich im Eingangsbereich ein Säulen-Informationssystem
installiert, das über Selbsthilfefreundlichkeit,
die beteiligten Selbsthilfegruppen und
Ansprechpartner informiert. So ist für alle erkennbar mit wem das Krankenhaus
zusammenarbeitet und wo weitere Informationen zu erhalten sind. An der Pforte liegt ein
Informationsordner über die Kooperation des Hauses
mit der Selbsthilfe und
Selbsthilfegruppen aus und kann jederzeit eingesehen werden. Zusätzlich gibt es eine große
Informationstafel. Hier erhalten Interessierte Informationsmaterial über Selbsthilfe allgemein,
am Projekt beteiligte Selbsthilfegruppen und über die Selbsthilfekontaktstelle des
Paritätischen in Paderborn. Patienten, Angehörige und Interessierte erhalten außerdem auf den
Stationen konkrete Informationen zu den Selbsthilfegruppen. Es befindet sich auf jeder
beteiligten Fachabteilung ein Aushang zu der jeweiligen, der Station zugehörigen
Selbsthilfegruppe. Zusätzlich wurden Ordner mit Informationen zu den beteiligten
Selbsthilfegruppen
auf
den
Stationen
zur
Verfügung
gestellt.
In
der
Patientendokumentation/Patientenmappe ist als Nachweisdokumentation die Rubrik über
Selbsthilfe informiert aufgeführt. Räumlichkeiten zur Beratung stehen den Selbsthilfegruppen
und Interessenten im Krankenhaus auf Anfrage zur Verfügung. Zudem treffen sich die
Selbsthilfegruppen Diabetes und Rheumaliga regelmäßig im Krankenhaus, bzw. im
benachbarten und zum St. Johannisstift gehörenden Altenheim.
4.3 Umsetzung und Selbstbewertung des Qualitätskriteriums 2
Patienten bzw. deren Angehörige werden regelhaft und persönlich über die Möglichkeit der
Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe informiert. Sie erhalten Informationsmaterial und
werden ggf. auf die Besuchsdienste oder Sprechzeiten von Selbsthilfegruppen im Krankenhaus
aufmerksam gemacht.
26
Zunächst wurde im Qualitätszirkel eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation gemacht.
Regelmäßige Hinweise auf eine Selbsthilfegruppe durch Krankenhaus konnten von den
anwesenden Selbsthilfegruppen nicht bestätigt werden. Ob ein Hinweis erfolgt oder
Informationsmaterial ausgehändigt wird, scheint derzeit abhängig von dem Engagement
einzelner Mitarbeiterinnen und einzelner Selbsthilfegruppen. Die Verantwortlichkeit, wer und
zu welchem Zeitpunkt informiert ist nicht geregelt. Dies ist zum Teil in Unwissenheit
begründet, da eine direkte Kooperationsbeziehung zum Krankenhaus noch nicht besteht.
Angeregte Aktivitäten werden nicht nachhaltig umgesetzt, jedoch signalisieren Mitarbeitende
deutlich Interesse an einer Zusammenarbeit. Der Qualitätszirkel vereinbarte das Ziel, dass es
benannte Mitarbeitende gibt, die zu einem festgelegten Zeitpunkt, im Rahmen eines
definierten Ablaufes, Patienten über die Möglichkeit Selbsthilfe informiert. In diesem
Zusammenhang wurden folgende Maßnahmen vereinbart:
 Je nach Krankheitsbild bzw. persönlichen Lebenssituation ist es sinnvoll, den
individuellen Hinweis an die Patienten oder Angehörigen vor, während bzw. nach der
Behandlung – im Entlassungsgespräch - zu geben.
 Damit die Fachabteilungen diesbezüglich mehr Handlungssicherheit erreichen, werden
die Selbsthilfegruppen mit Mitarbeitenden der in Frage kommenden Stationen ein
Kooperationsgespräch führen und für das jeweilige Krankheitsbild eine angemessene
Vorgehensweise zur Information an den Patienten verabreden. Ziel dieser Gespräche
ist es, der Ärzte, Mitarbeiter der Pflege und andere weitere eine Entscheidungshilfe zu
geben, in welcher Phase der Behandlung und auf welche Weise es sinnvoll ist, über
Selbsthilfe zu informieren. Das angestrebte Ergebnis des Gesprächs ist, dass dies im
Sinne eines Prozesses strukturiert und überprüfbar ist. Dazu wurde eine vom Projekt
„Selbsthilfefreundlichkeit
im
Gesundheitswesen“
entwickelte
Vorlage
zur
Vorbereitung auf das Gespräch von der Qualitätsbeauftragten des Krankenhauses den
Qualitätszirkelteilnehmern zur Verfügung gestellt. Folgende Absprachen sollen Inhalt
des Gesprächs sein:
27
 Verantwortlichkeit festlegen, wer für den regelhaften persönlichen Hinweis auf der
Station verantwortlich ist.
 Aussagen, zu welchem vereinbarten Zeitpunkt diese Information tatsächlich erfolgt
(z.B. im Rahmen des Entlassungsgesprächs).
 Welcher Art ist die Information (z.B. Hinweis auf Besuchsdienst, Sprechstunde im
Haus, Teilnahme an Selbsthilfegruppe)?
 Welche Materialien werden den Patienten bzw. Angehörigen mit ausgehändigt (z.B.
Flyer)?
 Wo und auf welche Weise wird der erfolgte persönliche Hinweis auf eine
Selbsthilfegruppe dokumentiert (z.B. GBA)?
 Start der verabredeten Kooperation.
 Die
im Kooperationsgespräch getroffenen Verabredungen werden von der
Qualitätsbeauftragten in einer Übersicht zur regelhaften Information zusammengefasst
und in das bestehende Qualitätsmanagementsystem integriert. Außerdem wird auf
jeder kooperierenden Fachabteilung ein entsprechender Ordner mit diesen Regelungen
und weiteren Informationen bereitgestellt
5. Handlungsempfehlungen
Die Wirksamkeit der verabredeten Maßnahmen soll anhand eines Selbstbewertungsprotokolls,
das ebenfalls vom Projekt „Selbsthilfefreundliches Gesundheitswesen“ dem Qualitätszirkel
zur Verfügung gestellt worden ist, überprüft werden. Die Selbstbewertung findet eigentlich
nach Abschluss des Qualitätszirkels im September 2011 und der
Implementierung aller
Qualitätskriterien in das Qualitätsmanagementsystem des Krankenhauses statt. Für die
vorliegende
Bachelorarbeit
Qualitätsbeauftragten
des
habe
ich
Krankenhauses
gemeinsam
mit
verabredet,
eine
der
Selbsthilfe-
Zwischenbewertung
und
der
Qualitätskriterien 1 und 2 und mit der Moderatorin des Qualitätszirkels von der
Selbsthilfekontaktstelle Paderborn eine Zwischenbewertung des Qualitätskriteriums 4
durchzuführen. Analog des Abschluss- und Selbstbewertungsprotokolls des Projekts und
28
eines internen Auditsprotokolls habe ich gemeinsam mit der Selbsthilfebeauftragten eine
Tabelle erstellt und verwendet33. Die Zwischenauswertung fand am 20.07.2011 statt.
Im Rahmen der Auswertung haben sich für das Qualitätskriterium 1 folgende
Verbesserungspotenziale ergeben:
Der Platz der Infotafel liegt im erweiterten Eingangsbereich hinter den Fahrstühlen und ist so
nicht auf Anhieb ersichtlich. Andererseits hängt die Tafel gegenüber vom Kiosk und der
Publikumsverkehr ist zumindest während der Öffnungszeiten rege. Die Flyer müssen nach
Aussage der Selbsthilfebeauftragten regelmäßig aufgefüllt werden und landen auch nicht im
Krankenhausmüll, so dass davon ausgegangen werden kann, dass Interessenten das
Infomaterial mitnehmen. Die Sitzecke gegenüber der Infowand ist wenig attraktiv. Hier bietet
sich eine Erneuerung mit bequemen, einladenden Möbeln an. Der relativ große Raum in
Verbindung mit dem Kiosk könnte außerdem als eine Art „Infoplatz“ für Besucher und
Patienten gestaltet werden und auf diese Weise den unternehmenskulturellen Anspruch der
Selbsthilfefreundlichkeit unterstreichen. Die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten sind
begrenzt. Die Selbsthilfegruppe Diabetes trifft sich regelmäßig im Krankenhaus. Es gibt
weitere Anfragen, für die derzeit keine Lösung gefunden werden kann. Hier bietet aus meiner
Sicht an, dass im St. Johannisstift, als ein Träger mit mehreren Einrichtungen, auf eigene
Ressourcen setzen kann und z. B. Räumlichkeiten in den Einrichtungen der Altenhilfe zur
Verfügung stellen könnte. Die Rheuma Liga Paderborn trifft sich schon seit mehreren Jahren
in Räumen des Evangelischen Altenheims.
Im Rahmen der Auswertung haben sich für das Qualitätskriterium 2 folgende
Verbesserungspotenziale ergeben:
Da zum Zeitpunkt der Erstellung der vorliegenden Bachelorarbeit die Dokumentation der
Krankenhausakte noch nicht mit dem Zusatz „Über Selbsthilfe informiert“ ausgestattet ist,
sollten
die
die
Eintragungen regelmäßig
über
den
Pflegebericht
erfolgen.
Die
Selbsthilfebeauftragte sollte dies in den Dienstbesprechungen oder Übergaben noch einmal
aufgreifen und thematisieren. Sobald der Druck der neuen Dokumentationsunterlagen
fertiggestellt ist, sollte die Selbsthilfebeauftragte außerdem im Rahmen der Übergaben oder
Dienstbesprechung noch einmal auf den Zusatz „Über Selbsthilfe informiert“ hinweisen. Es
ist auch sinnvoll, zu den Gesprächen noch einmal Vertreter der kooperierenden
33
Vgl. Anhang 1.
29
Selbsthilfegruppe einzuladen. Die Anzahl der dokumentierten Informationsgespräche
zwischen den hauptamtlichen Selbsthilfebeauftragten und Patienten oder Angehörigen sollte
halbjährlich ausgewertet und werden.
In Bezug auf das Qualitätskriterium 4 - Das Krankenhaus hat eine Selbsthilfebeauftragte
benannt – hat sich ergeben, dass das Kriterium zwar vollständig erfüllt ist, dennoch empfiehlt
es sich, eine Konkretisierung im Rahmen einer Aufgaben- und Funktionsbeschreibung für die
Selbsthilfebeauftragte im Krankenhaus St. Johannisstift zu formulieren. Die Aufgaben
könnten in diesem Zusammenhang damit differenziert und auf Selbsthilfe bezogen eindeutig
beschrieben und Verantwortlichkeiten transparent geregelt werden. Im Gespräch mit der
Moderatorin des Qualitätszirkels stellte sich dabei heraus, dass dafür bereits vom Projekt
Selbsthilfefreundliches Krankenhaus eine Arbeitshilfe mit entsprechenden Eckdaten zur
Verfügung
gestellt
wird.
Die
Zuständigkeiten
und
Aufgabenstellungen
von
Selbsthilfebeauftragten könnten beispielsweise in externe und interne Bezüge gegliedert
sein34.
Extern:

Erfüllung einer zentralen, koordinierenden Ansprechpartnerfunktion für Selbsthilfe
(z. B. für Selbsthilfegruppen, Patientenverbände und –initiativen), Fachabteilungen,
Mitarbeitende und Selbsthilfe-Kontaktstelle

aktive Kontaktaufnahme und Kooperationsangebote an Selbsthilfegruppen

unterstützende und informierende Begleitung der aktiven Selbsthilfegruppen im
Krankenhaus

Vermittlung von Kontakten zu Leitenden Ärzten der Fachabteilungen,
Pflegekräften und zum Sozialdienst

aktive Zusammenarbeit mit der Selbsthilfe-Kontaktstelle Paderborn
Intern:

Mitarbeiterinformation über Zielsetzung von Selbsthilfefreundlichkeit

Gewinnung von interessierten Fachabteilungen /„Aktivisten“ in den Kliniken

Integration der kooperierenden Selbsthilfegruppen in vorhandene Systeme wie
Aufnahme- und Entlassungsmanagement, Case- und Beschwerdemanagement
34
Vgl. Bobzien (2008), S. 13f.
30

Schaffung weiterer Rahmenbedingungen wie: Räumlichkeiten zur Verfügung stellen,
Möglichkeiten zur Öffentlichkeitsarbeit

regelhafte Einbeziehung von Selbsthilfe in die Fort- und Weiterbildung, Medizinischer
Symposien und Patientenforen

geregelter,
persönlicher
Informationsaustausch
mit
den
kooperierenden
Selbsthilfegruppen

systematische
Weiterentwicklung
selbsthilfefreundlicher
Qualitätsstandards
im
Krankenhaus
Öffentlichkeitsarbeit des Krankenhauses:

Die
Selbsthilfefreundlichkeit
in
den
eigenen
Printmedien
und
in
der
Internetdarstellung des Krankenhauses herausstellen.

Verlinkung der Internetdarstellung zu den Fachabteilungen mit den Homepages der
Selbsthilfegruppen (wo vorhanden).
6. Ausblick und Fazit
Die gesundheitsbezogene Selbsthilfe chronisch Kranker und Behinderter in Gruppen und
Organisationen leistet einen eigenständigen und immer wichtiger werdenden Beitrag zur
Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland. Selbsthilfegruppen tragen zur gegenseitigen
sozialen Unterstützung, zur Informationsaneignung und zu Einstellungsänderungen bei
Betroffen und dessen sozialem Umfeld bei. Selbsthilfeaktivitäten werden zunehmend durch
das Sozialversicherungssystem gefördert und in das Versorgungssystem integriert. Für immer
mehr Menschen sind Selbsthilfegruppen ein unverzichtbarer Ort, um gemeinsam mit Anderen
ihre Probleme und Anliegen zu bewältigen. Um als Ressource und als möglicher
Netzwerkpartner im Gesundheitswesen anerkannt zu werden, benötigt Selbsthilfe im Bereich
Öffentlichkeitsarbeit und im Umgang mit dem professionellen Gesundheitswesen, z. B.
Krankenhäuser, Unterstützung. Die ca. 70.000-100.000 Selbsthilfegruppen in Deutschland
können bei den Selbsthilfe-Kontaktstellen als erste Ansprechpartner im Selbsthilfenetz
Unterstützung finden. Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es knapp 50 SelbsthilfeKontaktstellen und Selbsthilfe-Büros. Die erfolgreiche Arbeit der Kontaktstellen misst sich
daran, dass die Zahl der Selbsthilfegruppen überall dort steigt, wo es Kontaktstellen gibt.
Dennoch ist das Potenzial der Inanspruchnahme noch lange nicht ausgeschöpft. Zurzeit
31
nutzen nur fünf Prozent der Betroffenen die Möglichkeit der Selbsthilfe. Die Besonderheit der
Selbsthilfe und ihre Qualität muss also noch stärker in die Öffentlichkeit getragen und
kommuniziert werden. Der größte Teil der Selbsthilfegruppen stammt aus dem Bereich
Gesundheit und beschäftigt sich mit chronischen Erkrankungen, Behinderungen oder
Suchterkrankungen. Eine Zunahme gibt es derzeit vor allem bei den psychischen,
psychosomatischen
und
seelischen
Erkrankungen,
z.
B.
bei
Essstörungen
oder
stoffungebundenen Süchten wie Internet- und Kaufsucht. Selbsthilfe ist eine besondere Form
des bürgerschaftlichen Engagements mit einer eigenständigen Berechtigung. Die positive
Wirkung von Selbsthilfegruppen auf der individuellen Ebene zeigt sich vor allem in der
praktischen Lebenshilfe. In Selbsthilfegruppen unterstützen sich die Mitglieder gegenseitig
bei der Bewältigung ihrer Krankheit oder besonderen sozialen Lage, informieren und
motivieren sich gegenseitig. Die gemeinsame Betroffenheit schafft schnell ein Gefühl der
Verbundenheit und Solidarität. In einem selbsthilfefreundlichen Krankenhaus arbeiten
hauptamtliche Fachkräfte und Selbsthilfegruppen strukturiert zusammen. Von einer solchen
Kooperation profitieren aus meiner Sicht alle Seiten: Der Austausch zwischen Patienten,
Angehörigen und den Selbsthilfegruppen wird strukturiert gefördert. Hinzu kommt die
Möglichkeit, dass medizinische, therapeutische und pflegerische Fachkräfte ihr Handeln
durch das Erfahrungswissen der Selbsthilfe erweitern können und auf diese Weise der
Netzwerkgedanke
und
das
interdisziplinäre
Wirken
vor
Ort
gefördert
werden.
Selbsthilfefreundlichkeit ist damit meines Erachtens auch ein Element einer modernen
diakonischen Unternehmenskultur. Aktive und kooperationsbereite Selbsthilfegruppen
werden in ihrem Engagement konstruktiv unterstützt und als ein kompetent beratendes
Element in Krankenhausprozessen wahrgenommen. Dies zeigt in besonderer Weise auf der
Entbindungsstation, wo die Selbsthilfegruppe „Verwaiste Eltern“ im Rahmen der
Zwischenauswertung sehr konkret und nachvollziehbar im Pflegebericht bei betroffenen
Patienten zu sehen war. Das Thema Kindstod hat die Mitarbeitenden auf dieser Station
scheinbar besonders sensibilisiert und motiviert, diese Form der Hilfeleistung wertzuschätzen
und zu unterstützen. Mit dem Projekt Selbsthilfefreundliches Krankenhaus St. Johannisstift
Paderborn wird die Patientenorientierung auch hier vor Ort als ein wesentlicher Aspekt der
modernen
Gesundheitsversorgung
gestärkt.
Bezüglich
der
Zusammenarbeit
von
Krankenhäusern und Selbsthilfegruppen steht also, wie es scheint, ein erprobtes Konzept zur
Verfügung, denn der Ansatz ist im St. Johannisstift mit der Qualitätszirkelarbeit auf einem
guten Weg. Es wird zudem insgesamt darüber nachgedacht, diese Form der Zusammenarbeit
auf weitere Bereiche der gesundheitlichen Versorgung, wie Rehabilitations-Kliniken und
32
niedergelassene
Arztpraxen
zu
erweitern.
Die
Idee,
weitere
Institutionen
als
selbsthilfefreundlich und Selbsthilfefreundlichkeit als Kernelement von Patientenorientierung
auch in das Qualitätsmanagement von Arztpraxen zu implementieren und zu etablieren, ist
von der GSP im Nachgang der Erfahrungen mit selbsthilfefreundlichen Krankenhäusern
aufgegriffen worden. Die Idee solche Modelle weiter zu entwickeln zeigen meines Erachtens,
dass die Hoffnung berechtigt ist, dass nicht nur professionelle, sondern auch kundenorientierte
Qualitätsstandards für Dienstleistungen im Gesundheitswesen in die Qualitätsprozesse im
stationären, aber auch im ambulanten Bereich einfließen und positiv beeinflussen werden.
Das praktizierende „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus St. Johannisstift Paderborn“
verpflichtet sich und die Selbsthilfe zu einer systematischen Zusammenarbeit. Es bietet allen
beteiligten
Gruppen
und
Einrichtungen
–
den
Patienten,
Selbsthilfegruppen,
Selbsthilfekontaktstellen – Vorteile: Für das Krankenhaus bedeutet es einen Imagegewinn und
somit einen möglichen Wettbewerbsvorteil. Die Selbsthilfegruppen gewinnen durch mehr
Präsenz in der Öffentlichkeit und fachlichen Informationsaustausch an Kompetenz, ihre
Arbeit wird anerkannt, wertgeschätzt und sie erfahren,
Zusammenarbeit
dass eine systematische
auf professioneller Ebene erwünscht ist. Allerdings könnten die neuen
Entwicklungen und Perspektiven auch einen
unerwünschten Effekt
im Sinne einer
Überforderung haben, da ehrenamtliches Engagement bislang als „strukturscheu“ gilt.
Die Selbsthilfekontaktstelle
Paderborn ist in diesem Zusammenhang für die regionale
Kooperation vor Ort eine wichtige Vermittlerin. Sie ermöglicht einen regelmäßigen
Erfahrungs- und Informationsaustausch, verbessert die Zusammenarbeit zwischen Selbsthilfe
und professioneller Versorgung und kompensiert sozusagen die hohen fachlichen
Anforderungen der professionellen Gesundheitsversorgung und mögliche Strukturvorbehalte
der Selbsthilfe. Das Projekt in Paderborn zeigt insgesamt, dass die strukturelle Integration der
Selbsthilfe in das Qualitätsmanagement des Krankenhauses neue Perspektiven der
Zusammenarbeit eröffnet und bestehende Kooperationen weiter entwickeln kann. Das
Selbsthilfefreundliche Krankenhaus St. Johannisstift Paderborn leistet somit einen wichtigen
Beitrag zur kundenorientierten Qualitätsentwicklung. Die demographische Entwicklung in
Deutschland hat eine Zunahme chronischer Erkrankungen zur Folge. Das St. Johannisstift
plant unter anderem deshalb die Erweiterung und fachliche Weiterentwicklung der
geriatrischen Abteilung. Hier werden sich weitere Schnittstellen zum Thema Selbsthilfe,
möglicherweise im Hinblick auf die Versorgung von Menschen mit Demenz, ergeben. Meines
Erachtens werden die Bedeutung der Selbsthilfe und die Anzahl der Selbsthilfegruppen
zunehmen, denn es werden mehr Menschen in ihnen Hilfe suchen. Das hat die Entwicklung
33
der letzten Jahre bereits gezeigt. Deshalb ist aus meiner Sicht die Gesundheitswissenschaft an
dieser Stelle gefordert,
die Selbsthilfe als wichtige Säule im Gesundheitssystem
wahrzunehmen und zu untersuchen. Die daraus resultierenden und zu dokumentierenden
Erkenntnisse könnten der Selbsthilfe in Deutschland zu mehr Wertschätzung und Akzeptanz
in der Gesundheitswissenschaft und Anerkennung in der Gesellschaft verhelfen.
34
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(2011), Der Paritätische – Gesellschaft für Sozialprojekte, Selbsthilfefreundlichkeit im
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Unter:
http://www.sozialeprojekte.de/content/e334/e813/index_ger.html. Letzte Änderung: 2011.
Datum des Abrufs: 20.07.2011.
Anhang
1. Auditprotokoll zur Zwischen- und Selbstbewertung
37
Hiermit versichere ich, Markus Bartsch-Mertens, dass ich meine Bachelorarbeit
„Auf dem Weg zur Kooperation des Gesundheitswesens mit Selbsthilfegruppen –
Selbsthilfefreundlichkeit als Qualitätsmerkmal am Beispiel ‚Selbsthilfefreundliches
Krankenhaus‘ des St. Johannisstift in Paderborn.“
selbständig angefertigt und keine anderen als die angegebenen und bei Zitaten kenntlich
gemachten Hilfsmittel benutzt habe.
Paderborn, 29.07.2011
Markus Bartsch-Mertens
38