ProTier 1-2010
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ProTier 1-2010
Puggle, Schnoodle, Labradoodle Des ignermischlinge nach Mass In den USA sind sie längst der Renner an der Leine : Designerhunde. Immer verrücktere Mischungen passen zu jedem Haus, jeder Handtasche und jedem Lebensstil. Denn ausgeflippte Hundehalter basteln sich heute ihre Vierbeiner praktischerweise selbst – traditionelle Züchter sehen das eher kritisch. schungen, die zu jedem Lebensstil und jeder Wohnungseinrichtung passen. Und da es Hunderassen in verschiedenen Formaten gibt – den Pudel zum Beispiel als Gross-, Klein, Zwerg- und Toypudel – sind auch Mischungen in unterschiedlichen Grössen möglich. Verschiedene Farben sowieso. Der Trend geht zum Masshund. Da die Menschen gerne Unikate und Seltenes besitzen, sind Designerhunde gefragt wie Einzelanfertigungen von berühmten Modeschöpfern. Natürlich verfolgen auch Prominente den Designerhund-Trend : Jessica Simpson, Paris Hilton oder Britney Spears trauen sich ohne den ins Prada-Täschchen massgeschneiderten Maltipoo (Malteser und Pudel) oder den griffigen Chiweenie (Chihuahua und Dackel) nicht mehr vor die Kameras der wartenden Paparazzi. VON HELEN WEISS C hiweenie, Puggle, Labradoodle oder Schnoodle – was sich anhört wie ausgefallene Kosenamen, ist der fleischgewordene Modeschrei made in USA, wo man Hunde längst als Fashion-Accessoires entdeckt hat. Keine neue Rassen, sondern Züchtungen, bei denen frei nach Mendelscher Regel zwei anerkannte Rassenhunde gekreuzt werden. Durchaus planvoll, was denn den so genannten Designerhund vom purem Mischling unterscheiden soll. Als beliebtester Elternteil gilt der Pudel : Da er kaum haart, ist er auch für Allergiker gut geeignet. Gepaart mit Cocker Spaniel (Cockapoo), Dackel (Doodle), Golden Retriever (Goldiepoo) oder Labrador Retriever (Labradoodle) entstehen so kaum haarende Mi- Kreditkarte zücken und Hund nach Mass bestellen Alle Bilder : zVg. Designerhunde und Designerjeans klingen ähnlich und ähnlich über- ProTier 1/10 Der Chiweenie sieht aus, als wäre er einem etwas unglücklichen amurösen Abenteuer eines Dackels und einer Fledermaus entsprungen. Mischt man zwei Rassen, unterscheiden sich die Welpen in Grösse und Farbe, wie dieser Wurf Cockapoo zeigt. Auch punkto Charakter sind die Mischlinge wahre Wundertüten. trieben sind auch die hohen Preise für beide. Der Kaufspreis für die Mischlinge unterscheidet sich kaum von jenem für Rassenhunde von prämierten Elterntieren. Auf illustren Homepages wie designerdoggies.com kann man sich nach Angabe der Kreditkartennummer solch herrliche Kläffer bestellen wie einen Yorkienese (Yorkshire Terrier und Pekinese), einen Affen-Tzu (Affenpinscher und Shih-Tzu) oder eben auch den oben aufgeführten Cheweenie, der aussieht, als sei er einem etwas unglücklichen amourösen Abenteuer eines Dackels und einer Fledermaus entsprungen. Dass die Vermarktung von Hunden aus Profitdenken und reiner Geldmacherei unverantwortliche Formen angenommen hat, macht der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft (SKG) Sorgen. « Es steht uns Menschen nicht zu, Hunde nur aus Lust auf nette Accessoires für Partys oder Effekthascherei zu züchten », sagt SKG-Präsident Peter 7 Den Cockapoo gibt es in unterschiedlichen Farben und Zeichnungen. Sein Haar ist mehrheitlich glatt, das Kraushaar des Pudels geht bei der Kreuzung verloren. Rub. Zentral in der seriösen Hundehaltung sei die gute und sorgfältig aufgebaute Mensch-Tier-Beziehung. « Das beginnt mit der Abklärung der Rasse, dem Besuch der Zuchtstätte, der Bereitschaft, sich mit dem vierbeinigen Freund zu beschäftigen und die Verantwortung für sein Wohl zu übernehmen. » Charakterliche Wundertüten Der Labradoodle wurde vor rund 20 Jahren in Australien als Führhund für allergische Blinde gezüchtet. Führhund für allergische Blinde In der Schweiz sind Designerhunde noch kaum bekannt. Erst einige wenige Züchter bieten Schnoodle und Co. an. Dazu gehört Marianne Ullrich, die seit drei Jahren Labradoodle züchtet. « Ich distanziere mich ganz klar vom Begriff Designerhund und der damit verbundenen Kommerzialisierung », erklärt sie. Ihre Zucht sei verantwortungsvoll und mit jener von kontrollierten SKGZuchtstätten zu vergleichen. « Ich züchte Labradoodle nicht aufgrund ihres Aussehens, sondern weil sich die Rassen Labrador Retriever und Pudel charakterlich traumhaft ergänzen. » Die Hunde seien extrem anpassungsfähig, hervorragende Familientiere und sehr gelehrig. « Ich bin immer wieder aufs Neue fasziniert », schwärmt Ullrich. Der Labradoodle sei ursprünglich vor rund 20 Jahren in Australien als Führhund für allergische Blinde entstanden. « Er wurde also nie unter modischen Gesichtspunkten gezüchtet, sondern unter gesundheitlichen », sagt Ullrich. Entsprechend oft hat die Züchterin Anfragen von Allergikern, denen ein Pudel zu vital ist und die sich deshalb für den ru- Alle Bilder : zVg. Der neue Trend wird nicht nur von traditionellen Rassehundezüchtern besorgt beobachtet. Die Ent- wicklung ruft auch amerikanische Tierschützer auf den Plan. « Hunde werden auf Bestellung gezüchtet. Das ist ein Besorgnis erregender Trend », liess ein Sprecher der Society of the Prevention of Cruelty to Animals verlautbaren. « Die Organe der Mini-Hunde sind zu klein, um funktionieren zu können, die Tiere können nur noch über Kaiserschnitt gebären und ihre winzigen Mäuler sind mit Zähnen überfüllt. » Das hätte zur Folge, dass die Hunde zunehmend an Missbildungen eingehen. Auch ProTier, die Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz, spricht sich klar gegen die Zucht von Designerhunden aus. « Das Tier wird zum Konsumgut und Accessoire degradiert », erklärt Geschäftsführerin Nathalie Dubois. Es gehe dabei rein um den optischen Aspekt : « Designerhunde stellen jedoch ein Risiko dar, da, anders als beim kontrolliert gezüchteten Rassenhund, weder Charakter noch eventuelle, zuchtbedingte Krankheiten vorhersehbar sind. » Desingerhunde sind – genauso wie andere Mischlinge – charakterliche Wundertüten. So kann etwa beim Puggle (Mops und Beagle) im besten Fall der Jagdtrieb des Beagles und die Verfressenheit des Mops’ gedämpft werden. Hat man Pech, ist der Puggle an Dickköpfigkeit wohl kaum zu überbieten. 8 Mischt man dem Golden Retriever einen Pudel bei, ist er auch für Allergiker geeignet. Dies behaupten jedenfalls die Züchter. ProTier 1/10 Britney Spears und Paris Hilton trauen sich ohne den ins Prada-Täschchen massgeschneiderten Maltipoo nicht mehr vor die Kameras der wartenden Paparazzi. higeren Labradoodle entscheiden. Doch auch als Familienhund ist er beliebt und die Nachfrage für die Hunde – die Ullrich für 1500 bis 1800 Franken verkauft – ist gross : Sieben Würfe sind in der Zuchtstätte bereits gefallen. Der neuste Schrei : Bengal Chihuahua Marianne Ullrich spielt mit dem Gedanken, einen Schweizer Labradoodle-Club mit Zuchtvorschriften zu gründen. « Es ist notwendig, kommerziellen Züchtern entgegenzuwirken. » Ullrich hätte zwar ei- nem amerikanischen LabradoodleZuchtverband beitreten können. Als sie jedoch erfuhr, dass die Welpen mit sieben bis acht Wochen kastriert werden müssen, nahm sie davon Abstand. Der Vorschlag des österreichischen Kynologen Hellmuth Wachtel, Züchter von Designerhunden in die Rassezucht-Verbände aufzunehmen, stösst auf wenig Gegenliebe. « Unsere Aufgaben sind, zum Wohle des Hundes die Auswüchse der absoluten Kommerzialisierung und des Hundehandels an allen Fronten zu bekämpfen », sagt SKGPräsident Peter Rub. « Eine Aufnahme von Züchtern, die Mischlinge anbieten, steht unseren Bestrebungen deshalb diametral entgegen. » Dass Labradoodle oder Schnoodle je zu anerkannten Rassen werden, ist fraglich. Denn erst wenn eine Zucht in sechs unabhängigen Linien nachgewiesen ist – wozu man fast 100 Tiere und Jahrzehnte braucht – erkennt die Fédération Cynologique Internationale, der Weltverband für Hundezucht, sie als Rasse an. Sollte man sich trotz allem für einen Designerhund entscheiden, gilt es, die Zuchtstätte persönlich zu besuchen und die Elterntiere auf Erbkrankheiten zu überprüfen. Keinesfalls jedoch sollte man auf das Angebot des britischen Hundema- Der Puggle, eine Mischung aus Mops und Beagle, gehört in den USA zu den beliebtesten Designerhunden. ProTier 1/10 Aus Pudel und Schnauzer wird Schnoodle : Praktischerweise gibt es beide Rassenhunde in diversen Grössen, diese Mischung kann also massgeschneidert angeboten werden. gazins K9 eingehen. Dort wurde ein Bengal Chihuahua angeboten, eine Mischung zwischen besagtem Minihund und einem bengalischen Tiger. Angebote bis zu 30 000 Pfund gingen beim Magazin ein. « Ein Scherz ! Nur ein Scherz ! », beschwor Chefredakteur Ryan O’Meara die aufgebrachte Kundschaft. Das Angebot war nur vorgetäuscht. « Wir wollten sehen, wie weit die Leute gehen, um etwas Modisches zu kaufen. » Nun, irgendeiner wird den Taschentiger wahrscheinlich schon noch züchten. Links : Artikel des K9 Magazin zum Bengal Chihuahua : www.dogmagazine.net > Suchfunktion > Eingabe Bengal Chihuahua Weitere Informationen zur Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft SKG : www.skg.ch Literatur : Designer Dogs Labradoodle und Co. im Porträt von Caroline Coile Kosmos Verlag 2009 59.90 Franken 9