Faltblatt zur Märchenausstellung

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Faltblatt zur Märchenausstellung
AUSSTELLUNG
8. NOVEMBER 2014 – 15. FEBRUAR 2015
Eine Ausstellung der Brüder Grimm-Gesellschaft e.V.
und des Romantikerhauses Jena.
Die Rabe
und
Die Rübe
UNBEKANNTE MÄRCHEN
DER BRÜDER GRIMM
NEU ENTDECKT
Titelabbildungen:
Otto Ubbelohde (1867 – 1922)
Die Rabe
Leipzig [1909]
Arthur Rackham (1867 – 1939)
The Seven Ravens
Grimm’s Fairy Tales.
London: William, [1925]
Arthur Rackham (1867 – 1939)
Clever Grethel
Grimm’s Fairy Tales.
London: William, [1925]
Ruth Koser-Michaels (1896 – 1968)
Katze und Maus in Gesellschaft
Märchen der Brüder Grimm.
München: Droemer, 1937.
Pauline Ellison (*1946)
Fitchers Vogel
London 1981
Das museumspädagogische Begleitprogramm
entnehmen Sie bitte unserer Homepage.
Führungen nach Voranmeldung.
LITERATURMUSEUM
ROMANTIKERHAUS
Unterm Markt 12a · 07743 Jena
Telefon 03641 – 49 82 49
www.romantikerhaus.jena.de
Dienstag – Sonntag 10 – 17 Uhr
LITERATURMUSEUM
ROMANTIKERHAUS
Im Jahr 1812 erschien die erste
Ausgabe der mittlerweile weltberühmten und viel geliebten
„Kinder- und Hausmärchen“ der
Brüder Grimm. Später wurde es
zum „Kinder- und Erziehungsbuch“, welches die „Poesie des
Volkes“ bewahren sollte. Der
allgemein bekannte Kanon umfasst allerdings nur rund zwei
Dutzend Texte, wohingegen die
komplette, aus über 200 Märchen bestehende Sammlung
eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Diese weniger geläufigen Märchen, die Motive und
Handlungselemente der bekannteren aufgreifen, bilden
das Herzstück der Ausstellung im Romantikerhaus. Im
Vordergrund stehen dabei vor allem Märchen wie Die
Rübe, Die Rabe oder auch Das Lumpengesindel, die durch
Exponate der Kasseler Brüder Grimm-Gesellschaft sowie
Bild- und Textmaterial anschaulich präsentiert werden.
Aber auch die vielgelesenen Märchen wie Schneewittchen
und Dornröschen laden zur Neuentdeckung unbekannter
Aspekte in der Überlieferung und Darstellung ein.
Ein zentrales Motiv in zahlreichen Märchen der Grimms
sind die Tierverwandlungen. Im Froschkönig oder in Schneeweißchen und Rosenrot sind es unglückliche Menschen, die
durch Verwünschung eine tierische Gestalt erhalten und
nur durch eine andere Person errettet werden können. Im
weniger bekannten Märchen Die Rabe wird ein Mädchen
von seiner Mutter verflucht und muss fortan als Rabe im
Wald leben. Nach dem ersten gescheiterten Versuch eines
jungen Mannes, sie zu erlösen, kann sie schließlich mit drei
magischen Gegenständen doch noch gerettet werden.
Mitunter finden sich auch die abenteuerlichen Geschichten
von Tieren auf Wanderschaft in den Märchentexten. Während Die Bremer Stadtmusikanten gegen Ungerechtigkeit und
Undankbarkeit kämpfen, nimmt Das Lumpengesindel recht
groteske Züge an. In einem Wagen aus leeren Nussschalen,
vor den sie eine Ente gespannt haben, sind Hahn und
Hühnchen unterwegs. Auf ihrer Reise schließen sich ihnen
noch eine Stecknadel und eine Nähnadel an. Zusammen
quartiert sich die Wandergemeinschaft in einem Wirtshaus
ein und verlässt am nächsten Morgen zechprellend und
dem Wirt Streiche spielend das Haus.
Ganz ohne tierische Abenteuer und Verwünschungen bestehen einige Märchenfiguren ihre Aufgaben oder Missgeschicke mithilfe von List gegen
Dummheit und Macht. Das tapfere Schneiderlein
kann seine Haut durch Klugheit mehrfach retten.
Weniger bekannt ist das Schwankmärchen Die
Rübe. Ein armer Bauer, der dem König eine sehr
groß gewachsene Rübe schenkt, wird mit Gold
und Land belohnt. Der gierige Bruder des Bauern
schmiedet verärgert ein Komplott gegen seinen
Bruder, der sich daraus mit viel Witz rettet.
Deutlich weniger humoristisch geht es in den
schaurigen Märchen zu. Eine relativ große Anzahl der
Grimmschen Märchen wartet mit furchterregenden Gestalten auf, die den Unschuldigen ein Leid antun wollen. Zu
den frühesten Texten dieser Gattung gehört Sneewittchen
und ist mittlerweile in der von den Grimms bearbeiteten
Version weltweit bekannt. Ein weiterer, weniger bekannter
Text ist Fitchers Vogel. In diesem grausamen Märchen müssen
sich drei entführte Schwestern gegen einen blutrünstigen
Hexenmeister behaupten.
Von den vertrauten Gestalten um Dornröschen oder Schneewittchen ausgehend, dokumentieren die Märchenbücher
in der Ausstellung das anhaltend große Interesse an der
Märchenliteratur. Vom Jugendstil bis in die Gegenwart
spannt sich der zeitliche Bogen der gezeigten Arbeiten
wichtiger Illustratoren. In der modernen neoromantischen Kunstauffassung des Jugendstils erhielt die Märchenillustration einen völlig neuen Stellenwert.
Das Märchen wurde als Gesamtkunstwerk
betrachtet und die Interpretation des Textes
freier. Neuartige künstlerische Verfahren und
eine häufig angewandte ornamentale Rahmung gaben der Illustration eine neue Dimension. Auch andere moderne Strömungen bemächtigten sich des Märchenthemas
zu avantgardistischen Experimenten. Den
größten Anklang beim Publikum fanden
jedoch die traditionellen naturalistischen
Gestaltungen.
Trotz der Entwicklung völlig neuer Medien
nach dem Zweiten Weltkrieg ist das Interesse an den
künstlerischen Interpretationen der „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm immer wach geblieben.
Das Romantikerhaus gewährt mit der Ausstellung aus
dem Sammlungsbestand der Brüder Grimm-Gesellschaft
Kassel auch einen Einblick in die Entwicklung der Märchenillustration.
Nils Stenbock (1904 – 1969)
Zwölf Brüder
Märchenschatz der Brüder Grimm.
Flensburg: Wolff, [1952].
Ruth Koser-Michaels (1896–1968)
Die Rübe.
Märchen der Brüder Grimm.
München: Droemer, 1937.
Regine Grube-Heinecke (*1936)
Das tapfere Schneiderlein.
Berlin: Kinderbuchverlag, 1987.
Bernadette [Watts] (*1942)
Das Lumpengesindel.
Zürich, Hamburg: Nord-Süd Verlag, 1989.
Ernst Liebermann (1865 – 1960)
Der Froschkönig.
Mainz: Scholz, [1910].
Lisbeth Zwerger (*1954)
Hans mein Igel
Bargteheide, 2012
Edmund Dulac (1882 – 1953)
Bluebeard
The Sleeping Beauty and other fairy tales.
New York: Hodder & Stoughton, [1910].