Katzenjammer« zwischen Nachbarn

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Katzenjammer« zwischen Nachbarn
SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
54. Jahrgang 1983, Heft 03
Seite 33-34
Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ [email protected]
Aus der Rechtspflege
§ 564 b Abs. 2 Nr. 1 BGB (Berechtigtes Interesse des Vermieters an
der Kündigung) Beleidigungen des Vermieters in einem Schreiben
an den Mieter stellen eine zur Kündigung berechtigende
schuldhafte Vertragsverletzung dar.
AG Gießen, Urt. vorn 30.9.1981 — 45 C 1593/81 —
Sachverhalt: Der Beklagte mietete am 1.12.1979 ein Zimmer im Hause der Kläger.
Das Mietverhältnis kündigten die Kläger mit Schreiben vom 30.6. 1981 zum
31.8.1981. Der Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 12.7.1981, und zwar
mit beleidigenden Bemerkungen. Daraufhin haben die Kläger wegen des Inhalts des
Schreibens am 22.7. 1981 das Mietverhältnis fristlos gekündigt; hilfsweise wurde
eine ordentliche Kündigung zum 31.10.1981 ausgesprochen.
Das AG gab der Klage auf Räumung statt.
Aus den Gründen: Die Klage ist nach dem von den Klägern gestellten Hilfsantrag zulässig und begründet.
Eine Klage auf Räumung zum 31.10.1981 ist bereits jetzt zulässig, weil der Beklagte
die Berechtigung der ordentlichen Kündigung der Kläger bestreitet und weil deshalb
die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass er sein Zimmer nicht rechtzeitig räumt.
Die Kläger können von dem Beklagten mit Ablauf des 31.10. 1981 die Räumung und
Herausgabe des Zimmers verlangen; denn das Mietverhältnis wird infolge der von
ihnen ausgesprochenen Kündigung zu diesem Zeitpunkt beendet sein. Die
Kündigung in dem Schreiben vom 22.7. 1981, die hilfsweise als ordentliche
Kündigung ausgesprochen wurde, ist als ordentliche Kündigung zum 31.10. 1981
wirksam.
Die Kläger waren zur Kündigung berechtigt; denn der Beklagte hat seine
vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt (g 564b Abs.2 Ziff.
1 BGB). Ein Mietverhältnis setzt als Dauerschuldverhältnis beim Mieter und
Vermieter ein gewisses Vertrauensverhältnis voraus. Dieses Vertrauensverhältnis ist
gegeben, wenn sich beide Beteiligten auch bei unterschiedlichen Auffassungen
gegenseitig respektieren.
Durch sein Schreiben vom 12.7. 1981 hat der Beklagte ohne ausreichenden Grund
die Vertrauensbeziehung zu den Klägern tief greifend gestört. In Form und
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Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl,
auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die
veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der
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des Carl Heymanns Verlages.
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54. Jahrgang 1983, Heft 03
Seite 33-34
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Ausdrucksweise stellt dieses Schreiben eine durch nichts gerechtfertigte
Ungehörigkeit dar. Entgegen der von ihm geäußerten Auffassung hat der Beklagte
die Kläger mit diesem Schreiben sehr wohl persönlich herabgesetzt und beleidigt.
Der Beklagte will nämlich offensichtlich zum Ausdruck bringen, dass die Kläger in
ungerechtfertigter Weise ihre Mieter finanziell ausbeuten. Er hat im vorliegenden
Verfahren nicht einmal versucht, dies näher zu begründen und den Wahrheitsbeweis
für seine in dem Schreiben vom 12.7. 1981 erhobenen Behauptungen anzutreten.
Form und Inhalt dieses Schreibens lassen sich nicht dadurch rechtfertigen, dass die
Kläger mit Schreiben vom 30.6.1981 zuvor das Mietverhältnis gekündigt hatten. Zwar
dürfte diese Kündigung rechtlich unwirksam gewesen sein, weil sie nicht unter
Beachtung der gesetzlichen Vorschriften in § 564b, 565 BGB erfolgte. Die Kündigung
war aber in einem höflichen Ton ausgesprochen. Der Beklagte hatte keinerlei
Veranlassung, hierauf in einer Form zu reagieren, wie es in seinem Schreiben vom
12.7. 1981 geschehen ist.
Die Behauptung des Beklagten, er habe sein Schreiben vom 12. 7. 1981 aus
Verärgerung darüber verfasst, dass ihm Einsicht in die Belege der
Nebenkostenabrechnung verweigert worden sei, ist nicht glaubhaft. Der Beklagte hat
nicht näher ausgeführt, in welche Belege er Einsicht haben wollte. Nach dem
Mietvertrag muss davon ausgegangen werden, dass ihm allenfalls eine Abrechnung
über die Stromkosten erteilt wurde. Der Beklagte hat auch in seinem Schreiben vom
12. 7.1981 in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, dass er verärgert sei, weil ihm
keine Einsicht in die Belege gewährt worden sei.
Für eine Verlängerung des Mietverhältnisses gern. § 565 a BGB sind keine Gründe
gegeben. Ebenso wenig besteht nach dem bisher vorgetragenen Sachverhalt eine
Veranlassung, dem Beklagten für die Zeit nach dem 31.10.1981 noch eine
Räumungsfrist zu bewilligen.
Dagegen ist die Klage auf sofortige Räumung der Wohnung unbegründet: Denn die
Kündigung der Kläger vom 22.7. 1981 war nicht als fristlose Kündigung berechtigt.
Die Voraussetzungen des § 554a BGB lagen nicht vor. Wie bereits ausgeführt, ist in
dem Verhalten des Beklagten zwar eine erhebliche Vertragspflichtverletzung zu
sehen. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es durch
eine ordentliche Kündigung endet, ist den Klägern deswegen aber nicht unzumutbar.
Die Kläger haben nicht behauptet, dass der Beklagte sich während der bisherigen
Mietzeit schon ähnlicher Vertragsverletzungen schuldig gemacht habe. Die einmalige
Vertragsverletzung, die in dem Schreiben des Beklagten vom 12.7.1981 zu sehen ist,
reicht nach ihrem Gewicht nicht für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses
aus.
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