Tamilische Befreiungstiger (Liberation Tigers of Tamil Eelam – LTTE)

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Tamilische Befreiungstiger (Liberation Tigers of Tamil Eelam – LTTE)
Tamilische Befreiungstiger (Liberation
Tigers of Tamil Eelam – LTTE)
Sitz / Verbreitung
Norden und Osten Sri-Lankas; Verbreitung weltweit mit
Schwerpunkt Westeuropa
Gründung / Bestehen seit1972
Struktur / Repräsentanz»Tamil Coordination Committee – (TCC)« (Hauptsitz NordrheinWestfalen in Oberhausen)
»Tamil Youth Organization (TYO)« (Sitz in Hamm)
»Tamil Rehabilitation Organization e. V. (TRO)« (Sitz in Wuppertal)
»Tamil Student Organization e.V. (TSV)« (Sitz in Neuss)
Mitglieder / Anhänger / Bund: 1.000
NRW: 300
Unterstützer 2014
128
Veröffentlichungen
Magazin: »AKARAM«
Web-Angebote: pathivu.com, eedhesam.com
Kurzportrait / Ziele
Tamilische Befreiungstiger (Liberation Tigers of Tamil Eelam
– LTTE) streben die Errichtung eines von Sri Lanka unabhängigen,
sozialistischen, tamilischen Staates im überwiegend von Tamilen
bevölkerten Norden und Osten der Insel an.
Zur Durchsetzung ihrer Forderung nach einem separaten Staat
beging die LTTE von 1983 bis 2009 Terroranschläge gegen srilankische und indische Ziele im Rahmen eines Guerillakrieges
gegen die singhalesische Zentralregierung.
Nach Einnahme der verbliebenen von der LTTE kontrollierten
Gebiete im Nordosten Sri Lankas konnte die Zentralregierung im
Mai 2009 den jahrzehntelangen Bürgerkrieg auf Sri Lanka für sich
entscheiden. Bei dieser Schlussoffensive wurden der Führer der
LTTE, Velupillai Prabhakaran, getötet und die Strukturen der LTTE
in Sri-Lanka zerstört.
Das Hauptziel der LTTE im Ausland besteht darin, Gelder für einen
künftigen „Befreiungskampf“ und die Versorgung von Flüchtlingen
in der Heimat zu beschaffen. Zudem strebt die Organisation eine
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politische Anerkennung als legitime Interessenvertretung der
tamilischen Volksgruppe an.
Finanzierung
Spenden im Ausland lebender Tamilen
Grund der Beobachtung / Verfassungsfeindlichkeit
In einem 1983 begonnenen Guerillakrieg gegen die singhalesische Zentralregierung unter
anderem mit Terroranschlägen gegen sri-lankische und indische Ziele versuchte die LTTE, ihre
Forderung nach einem eigenen Staat durchzusetzen.
Durch Unterstützung dieser Aktivitäten verfolgen die in Deutschland lebenden Anhänger der
LTTE Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Sie erfüllen damit
die Voraussetzungen für die Beobachtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 VSG NRW.
Wegen der anhaltenden Gewaltaktionen der Organisation in Sri Lanka nahm die Europäische
Union die LTTE am 29. Mai 2006 in die Liste terroristischer Organisationen auf.
Das Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg hat diese Entscheidung der Europäischen Union wegen grundlegender Verfahrensfehler mit Urteil vom 16. Oktober 2014 aus formellen Gründen für nichtig erklärt. Auf die Frage ob es sich bei den LTTE um eine terroristische
Vereinigung handelt, geht das Urteil nicht ein. Das Gericht stellt vielmehr ausdrücklich fest, dass
die materiell rechtliche Beurteilung der Frage, ob die LTTE eine terroristische Vereinigung sei,
unberührt geblieben ist. Den zuständigen EU-Behörden ist eine Möglichkeit zur Nachbesserung
eingeräumt worden. Für diesen Zeitraum bleibe die Wirksamkeit der Listung bestehen.
Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum
Nach der vollständigen militärischen Niederlage im Jahr 2009 und einer Zerschlagung der
LTTE-Strukturen sowie der Schwächung ihrer Auslandsorganisationen ist seit Mitte 2010 eine
Restrukturierung zu beobachten. Eine Konsolidierung der LTTE nahen tamilischen Community
scheiterte bis jetzt an inhaltlichen Auseinandersetzungen und persönlichen Zerwürfnissen der
beiden Hauptströmungen innerhalb der Organisation.
Das »LTTE Headoffice«, auch „Hauptstelle“ genannt, sieht sich als Vertreter einer moderaten
Fraktion. Erstmalig artikulierte diese Gruppierung im Februar 2011 in einem Internetbeitrag ihre
Perspektive der politischen Lösung auf demokratischem Weg.
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Die »LTTE International Organisation« („LTTE Internationale Verbindungsstelle“) bildet den
„Hardliner“-Flügel, der sich offen zu einer Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes in Sri
Lanka bekennt.
Nach Auseinandersetzungen über den internen Führungsanspruch war erstmalig Ende 2013
eine enge Zusammenarbeit der beiden Flügel zu erkennen. Seither ist festzustellen, dass zumindest einige Veranstaltungen gemeinsam organisiert und durchgeführt werden.
Bei der jährlichen Protestveranstaltung des europäischen »Tamil Coordination Committees
(TCC)« am 10. März 2014 demonstrierten 4.000 LTTE-Anhänger vor dem Sitz der Vereinten
Nationen in Genf für die Schaffung eines unabhängigen tamilischen Staates.
Jährliche Demonstration der LTTE-Anhänger von dem Sitz der Vereinten Nationen in Genf
Sie forderten die Einrichtung einer unabhängigen Kommission zur Untersuchung angeblicher
Menschenrechtsverletzungen während des 30-jährigen Bürgerkriegs in Sri Lanka, insbesondere
hinsichtlich der Kampfhandlungen des Jahres 2009. Zudem demonstrierten sie für den Rückzug
des sri-lankischen Militärs aus den von Tamilen bevölkerten Gebieten und die Aufhebung des
dortigen Verbotes der LTTE.
Aus Anlass des fünften Jahrestages der militärischen Niederlage fand der diesjährige „Tamils
Genocide Day“ (ehemals „War Crimes Day“) am 18. Mai 2014 in Düsseldorf statt. In einer Gedenkfeier der tamilischen Diaspora wurde an diesem Tag an den der sri-lankischen Regierung
vorgeworfenen Genozid an Tamilen während des Bürgerkrieges in Sri Lanka erinnert. Veran130
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stalter sind der »Volksrat der Eelam Tamilen –
Deutschland (VETD)« und die »Tamil Youth Organisation – Germany (TYO)«.
Die Veranstaltung verlief friedlich. Mit rund 1.100
Personen ist die Teilnehmerzahl gegenüber dem
Vorjahr (2013: 850) erneut angestiegen.
Am 27. November, dem Geburtstag des im Jahr
2009 getöteten LTTE-Führers Velupillai Prabhakaran, gedachten Anhänger der Organisation weltweit
in Veranstaltungen zum „Heldengedenktag“ der im
Kampf für ein unabhängiges Tamil Eelam gefalleDemonstration anläßlich des „Tamils
nen Kämpfer der Organisation. Eine GroßveranGenocide Day“ in Düsseldorf
staltung fand an diesem Tag in Dortmund statt. Die
jährliche Durchführung derartiger Gedenkveranstaltungen bleibt der wichtigste Identifikationspunkt für die LTTE-Anhänger.
Seit dem Jahr 2013 werden keine konkurrierenden Veranstaltungen beispielsweise zum Heldengedenktag durchgeführt. Insofern verdichten sich die Anhaltspunkte dafür, dass die beiden
Flügel der LTTE enger zusammenarbeiten werden.
Bewertung, Tendenzen, Ausblick
Es lässt sich derzeit keine eindeutige Tendenz erkennen, ob die Anhänger der LTTE mehrheitlich
dem „Hardliner“-Flügel folgen oder wie im letzten Jahr einen friedlichen und demokratischen
Weg gehen. Beide Flügel der Organisation setzen auf gemeinsame Veranstaltungen.
Sollte die LTTE den Konflikt um ihre künftige Ausrichtung lösen können, könnte es ihr gelingen,
ihre Gefolgschaft unter zentraler Führung zu binden.
Weitere Informationen zum Hintergrund
ü www.mik.nrw.de/verfassungsschutz, Web-Link: vs_ltte
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