Ostfriesen-Zeitung, Ausgabe: Aurich

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Ostfriesen-Zeitung, Ausgabe: Aurich
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Musikfans entdecken Tonband wieder
KULTUR Alte Abspielgeräte erleben einen Aufschwung / Thomas Schröder aus Upgant-Schott macht sie flott
Er hat sich auf die
Schweizer Firma Revox
spezialisiert. Kunden aus
aller Welt schicken ihre
Raritäten zu ihm.
VON KERSTIN SINGER
UPGANT-SCHOTT - Da kam
einmal ein Schwede mit dem
Zug. Er wollte zu Thomas
Schröder in Upgant-Schott
und brachte einen Koffer mit.
Der Trolley war mit Styropor
ausgekleidet. „Das Tonbandgerät passte perfekt rein“, erinnert sich Schröder. Es war
eine C 270 von Revox. Der
Schwede bezahlte sie, packte
sie ein und fuhr mit dem Zug
nach Schweden zurück.
So etwas passiert Thomas
Schröder nicht häufig, aber
überrascht ihn nicht mehr
wirklich. Liebhaber der Tonbandgeräte von Revox schicken ihre Maschinen aus der
ganzen Welt zur Reparatur zu
ihm oder bestellen Ersatzteile. „Ich hätte nie gedacht,
dass ich davon leben könnte“, sagt der 48-Jährige. Für
ihn ist ein Lebenstraum in
Erfüllung gegangen.
Eigentlich ist er gelernter
Maurer, doch von Kind auf
faszinierte ihn Elektronik.
„Ich kenne ihn, seitdem er
neun ist, er hat schon immer
getüftelt“, erzählt seine Ehefrau Anke. Insbesondere die
Tonbandgeräte von Revox
hatten es ihm angetan. Es
ging ihm nicht darum, Musik
in hoher Tonqualität zu hören, sondern sich an der
hochwertigen Technik zu begeistern. Schröder gefällt beispielsweise, dass die Platinen
einzeln gesteckt sind. „So ein
Gerät hält locker 50 bis
60 Jahre“, sagt er.
Immer wieder schlich er
an Schaufenstern vorbei,
doch die Maschinen waren
unerschwinglich. „In den
70er Jahren kostete eine A77
4000 Mark. Ein Opel Kadett
war für 8000 Mark zu haben“,
erklärt er. Erst im Jahr 2000
schlug er bei Ebay zu und
Das Unternehmen
Die Firma Revox wurde
1948 von dem Schweizer
Willi Studer gegründet.
Unter dem Markennamen
„Revox“ wurden Tonbandgeräte für den privaten
Gebrauch produziert, unter „Studer“ Profi-Maschinen für Tonstudios. Zum
Beispiel wurden die
Beatles-Hits mit einer Studer J37 produziert.
Ab den 50er Jahren
machten Tonbandgeräte
zunehmend den Schallkaufte sich ein 25 Jahre altes
Gerät. „Ab dem Zeitpunkt
hatte ich verloren“, sagt seine
Frau. Zehn Jahre lang nahm
Schröder, der inzwischen
zum Informationselektroniker umgeschult hatte, das
Wohnzimmer in Beschlag,
kaufte im Nebenerwerb alte
Geräte an, machte sie flott
und verkaufte sie wieder.
Sohn Fabian wuchs zwischen
Revox-Bandgeräten auf. „Er
hat nie etwas kaputt gemacht“, berichtet sein Vater.
Die Maschinen sind zwar
massiv gebaut und schwer,
doch die Kunden sind umso
empfindlicher. „Ich habe
schon Geräte aus den USA
zum Neulackieren bekommen, die eingepackt waren
wie das Fort Knox“, erzählt
Schröder. Häufig seien es
Akademiker, wie Ärzte und
platten Konkurrenz. Sie
hatten den Vorteil, dass damit selbst aufgenommen
werden konnte. Im Laufe
der 70er Jahre wurden sie
immer mehr von Kassettenrekordern verdrängt.
Die A77 war das am häufigsten produzierte Tonbandgerät der Firma. Von
ihr gibt es mehr als
300 000 Exemplare. Das
Gerät wiegt 14 Kilogramm.
Als Basis für das Drei-Motoren-Laufwerk mit direkt
angetriebener Tonwelle
diente ein Gussrahmen, der
Professoren, die noch alte
Tonbandgeräte zu Hause stehen hätten und damit das
Musikhören zelebrierten. Zuerst muss das Tonband aus
dem Schrank geholt, auf die
Spulen gelegt und eingefädelt werden. Und wenn die
Hebel umgelegt werden,
dann drehen sich die großen
runden Teller beim Abspielen. „Das ist doch viel gemütlicher“, findet Schröder. Auch
der Klang sei anders als bei
auch die Elektronik in
Form von Steckkarten
aufnahm. Als eine der ersten Hifi-Tonbandmaschinen mit getrennten Aufnahme- und Wiedergabeköpfen ermöglichte die
A77 nicht nur Hinterbandkontrolle, sondern auch
das Überspielen von Spur
zu Spur.
Der Laden von Thomas
Schröder ist in der Schottjer Straße 30 in UpgantSchott und im Internet unter www.revox-bandmaschine.com zu finden.
digitalen Geräten. „Den Leuten fehlt etwas, der Klang einer CD ist zu sauber, da
knackt nichts mehr“, sagt
sein Mitarbeiter Alfred Koenen.
Auch heute sind die Revox-Geräte kein billiges Vergnügen. Wer sich das Standardgerät, die A77, heute
leisten will, muss für eine gut
restaurierte Maschine rund
1300 Euro hinlegen. Es gibt
sogar noch neue Tonbänder
zu kaufen, die müssen allerdings selbst bespielt werden.
Denn anders als bei Schallplatten gibt es bislang keine
bespielten Tonbänder wieder
zu kaufen.
Dass Thomas Schröder
sich vor einem Jahr selbstständig machen und einen
Mitarbeiter Alfred Koenen ist begeistert von dem einfaBILDER: ORTGIES
chen und soliden Aufbau der Geräte.
eigenen Laden in der Schottjer Straße einrichten konnte,
hat das Internet möglich gemacht. Revox-Liebhaber aus
der ganzen Welt, vor allem
aus dem Baltikum, Skandinavien und den USA, finden ihn
über seine Website.
Einige alte Tonbandgeräte
hat er auf diesem Weg vom
Schlagzeuger der Hamburger
Band „Novalis“, Hartwig
Biereichel, bekommen. Die
Gruppe war in den 70er Jahren mit Hits wie „Sommerabend“ oder „Wer Schmetterlinge lachen hört“ bekanntgeworden. Die Musiker
hatten ihre Platten mit
Revox-Gerä-
ten aufgenommen. Unter
dem Markennamen „Studer“
hatte die Schweizer Firma
auch Profi-Geräte hergestellt,
die in den meisten Tonstudios verwendet und inzwischen von digitalen abgelöst
wurden.
Heute stehen sie in den
Wohnzimmern von Hi-FiFans, allerdings nicht bei
Thomas Schröder. Seine Frau
Anke ist froh, dass endlich
wieder Platz ist. Denn ihr
Mann kann sich jetzt auf
mehreren Geschäftsräumen
ausbreiten.
Thomas Schröder war
schon als Kind fasziniert
von Revox-Tonbandgeräten. Doch erst mit 36 Jahren konnte er sich eines
leisten.