Verführt und irregeleitet mit "QE"

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Verführt und irregeleitet mit "QE"
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Verführt und irregeleitet mit "QE"
31.08.2015 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Zwar gibt es noch keine Neuauflage der QE-Politik, die Finanzmärkte und Konjunkturen sind aber längst von ihr abhängig.
Die jüngsten Kursverluste auf den weltweiten Aktienmärkten mögen viele Gründe haben. Es könnte beispielsweise die Sorge
vor einer Verlangsamung der Weltkonjunktur sein, ausgelöst durch Chinas Währungsabwertung.
Oder die Furcht vor steigenden Zinsen in den Vereinigten Staaten von Amerika: Schließlich spielt die US-Zentralbank (Fed) mit
der Idee, ihre jahrelange Nullzinspolitik zu beenden.
Was auch immer die Gründe sein mögen: Für Sparer und Anleger ist es ganz entscheidend, wie die Zentralbanken handeln
werden. Und um das abschätzen zu können, richtet man am besten den Blick in die Vergangenheit.
Quelle: Bloomberg
Die Selbstermächtigung in 2008
Als am 15. September 2008 die US-amerikanische Investmentbank Lehman Brothers zahlungsunfähig wurde, begann die
US-Zentralbank (Fed) am 17. September die Basisgeldmenge auszuweiten.
Im Zuge der sogenannten "QE"-Politik (QE steht für "Quantitative Easing" und bedeutet Geldmengenvermehrung) sollte die
Zahlungsunfähigkeit des Bankensystems abgewendet werden.
Zweifelsohne wäre es ohne diesen Eingriff der Fed zum Kollaps gekommen. Banken, Unternehmen und Staaten wären Konkurs
gegangen, und die Weltwirtschaft wäre in eine Rezession-Depression geschlittert.
Das Einschreiten der Fed im Herbst 2008 war aus einem weiteren Grund eine weitreichende Maßnahme: Es hat weltweit zu
einem geldpolitischen Regimewechsel geführt.
Mittlerweile orientieren sich alle bedeutenden Zentralbanken der Welt an der neuen Fed-Geldpolitik. Diese Politik ist darauf
ausgerichtet, das ungedeckte Papiergeldsystem über Wasser zu halten.
Und zwar gemäß dem Motto: "Koste es, was es wolle" - wie es der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario
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Draghi, am 26. Juli 2012 unmissverständlich formulierte.
Quelle: Thomson Financial
Dass die Zentralbanken ihren Auftrag eigenhändig verändert haben, hat in der Öffentlichkeit zu keinem Aufschrei geführt; man
scheint die Selbstermächtigung der Zentralbankpolitiker gutzuheißen.
Wie dem auch sei: Alle bedeutenden Zentralbanken der Welt haben sich jetzt, mehr als je zuvor, in das Schlepptau der
Finanzmärkte, der Finanzindustrie und der Regierungspolitiken begeben.
Die Finanzmarktakteure erwarten, dass ihnen die Zentralbankräte immer mehr Kredit und Geld, bereitgestellt zu extremen
Tiefstzinsen, verabreichen. Und zwar unlimitiert, wenn nötig.
Man geht davon aus, dass die Preise von Vermögenswerten wie Anleihen, Aktien und Häusern nicht dauerhaft fallen werden denn ansonsten entstünden Banken und anderen Kreditgebern existenzgefährdende Verluste.
Bei fallenden Aktien- und Anleihekursen wird erwartet, dass die Zentralbanken eingreifen: dass sie die Zinsen weiter senken,
oder per Anleihekäufe die Geldmenge weiter erhöhen. Und das geschieht bereits.
Die chinesische Zentralbank hat am 25. August 2015 die Leitzinsen zum fünften Mal seit Ende 2014 abgesenkt - als
unmittelbare Folge der fallenden Aktienkurse und der sich abschwächenden Konjunktur.
Die US-Zentralbank zögert, die Zinsen anzuheben. Mittlerweile dürfte sich das Gelegenheitsfenster für eine Abkehr von der
Tiefzinspolitik - wenn es denn überhaupt eines gegeben haben sollte - wieder geschlossen haben.
Verführt und irregeleitet
Dass das eine höchst problematische Entwicklung ist, liegt auf der Hand. Denn sie läuft darauf hinaus, eine inflationäre
Geldpolitik, die die Vermögenspreise bereits in die Höhe getrieben hat, immer ungestümer zu verfolgen.
Sollten sich die Kursverluste auf den Aktienmärkten fortsetzen, ist es daher wahrscheinlich, dass die Fed erneut zur QE-Politik
greift, um die Zinsen niedrig zu halten und die Geldmenge auszuweiten.
Die Finanzmärkte und Konjunkturen weltweit werden durch die Aussicht auf eine mögliche Neuauflage der QE-Politik (ein
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"QE-4") angetrieben oder besser: verführt und in die Irre geleitet.
Spekulationsblasen, Fehlinvestitionen und Finanzmarkt- und Konjunkturturbulenzen sind die Folge. Die jüngsten
Börsenturbulenzen und Wachstumsschwächen in vielen Ländern sind daher auch alles andere als zufällig.
Sie sind Folge einer inflationären Geldpolitik, die für immer größere Ungleichgewichte sorgt, und die sich letztlich in immer
größeren Erschütterungen entladen werden - bis hin zu einem Währungssystemkollaps.
Goldpreis
Trotz der QE-Politiken ist der Goldpreis ab etwa Herbst 2011 gefallen. Vermutlich hatte das vor allem zwei Gründe: (1) Als die
Erkenntnis um sich griff, dass die Zentralbanken den Willen und die Macht haben, jede benötigte Geldmenge bereitzustellen,
haben sich die Sorgen um einem Zusammenbruch des Kredit- und Geldsystems verflüchtigt.
(2) Das Ausweiten der Basisgeldmengen hat gleichzeitig nicht zu steigenden Inflationssorgen geführt, es hat vielmehr die
Erwartung geschürt, die QE-Politik werde die Volkswirtschaften wieder auf Wachstumskurs bringen.
Quelle: Thomson Financial
Die Politik der Zentralbanken wird sich irgendwann entzaubern: Dauerhaft lassen sich Zahlungsausfälle nicht mit einer
Geldmengenvermehrung abwenden, ohne dass der Geldwert verfällt.
Wenn sich diese Einsicht bei Sparern und Investoren verbreitet, wird sich auch die Lücke zwischen dem Goldpreis und den
weltweit wachsenden Geldmengen schließen - und zwar durch einen steigenden Goldpreis.
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Chart links: Quelle: Bloomberg. *Index, der eine Reihe von Konjunkturindikatoren zusammenfasst
Chart rechts: Quelle: Bloomberg
Chart links: Quelle: Bloomberg
Chart rechts: Quelle: Thomson Financial
Die bisherige QE-Politik der Fed - ein kurzer Überblick
"QE-1": Am 25. November 2008 verkündete die Fed, für insgesamt 600 Mrd. US$ Hypothekenpfandbriefe zu kaufen. Dauer:
Dezember 2008 bis März 2010.
"QE-2": Am 3. November 2010 wurde mitgeteilt, dass langlaufende Staatsanleihen in Höhe von insgesamt 600 Mrd. US$
gekauft würden. Dauer: November 2010 bis Juni 2011.
"QE-3": Am 13. September 2012 wurde ein monatlicher Ankauf von Pfandbriefen in Höhe von 40 Mrd. US$ verkündet. Der
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Kaufbetrag wurde am 12. Dezember 2012 erhöht: Zusätzlich wurden langlaufende Staatsanleihen in Höhe von 45 Mrd. US$ pro
Monat gekauft.
Am 18. Dezember 2013 wurde beschlossen, die QE-Politik um 10 Mrd. US$ pro Monat zu reduzieren.
Das QE-3 wurde zwar offiziell im Oktober 2014 beendet. Das heißt jedoch nicht, dass sich die Fed aus dem Anleihemarkt
zurückgezogen hätte. Vielmehr reinvestiert sie die laufenden Tilgungszahlungen, die ihr fortwährend zufließen. Denn die
Schuldner der Papiere, die die Fed gekauft hat, überweisen der Fed Zins- und Tilgungszahlungen.
Wird beispielsweise eine Anleihe fällig, so kauft die Fed mit dem erhaltenen Tilgungsbetrag eine neue Anleihe. Denn ansonsten
käme es zu einer Verringerung der ausstehenden Basisgeldmenge - was politisch nicht gewollt ist. Mit anderen Worten: Die Fed
ist nach wie vor "aktiv" im Anleihemarkt. Durch ihre fortgesetzten Käufe übt sie einen Abwärtsdruck auf die Zinsen aus - obwohl
die QE-Politik offiziell für beendet erklärt wurde.
Quelle: Thomson Financial
Zwischen den Aktienmärkten und den Kredit- und Geldmengen besteht ein positiver Langfristzusammenhang. Das erklärt sich
wie folgt: Kreditfinanzierte Investitionen und kreditfinanzierte Konsumnachfrage schlagen sich in erhöhter Güterproduktion und
wachsenden Unternehmensgewinnen nieder - und letztlich auch in steigenden Aktienkursen.
Zudem ist dabei natürlich auch ein inflationärer Effekt am Werke: Das Ausweiten der Bankkredite erhöht die umlaufende
Geldmenge. Sie treibt die Preise in die Höhe - insbesondere die Preise von Vermögensgütern, wie zum Beispiel die Kurse der
Aktien. Hinzu kommt, dass das Ausweiten der Kreditmenge mit einem künstlichen Absenken der Zinsen einhergeht.
Fallen die Zinsen im Zeitablauf, treibt auch das die Kurse der Aktien in die Höhe. Denn die künftig erwarteten
Unternehmensgewinne werden dann mit einem immer ge-ringeren Zinssatz abdiskontiert - und auch das erhöht den Kurs der
Aktien.
Der Verbund zwischen zum Beispiel Bankkrediten und Aktienkursen ist zwar in der kurzen Frist recht "lose". Aber: Die Richtung
für die volkswirtschaftliche Preisentwicklung - und das betrifft auch in entscheidendem Maße die Aktienkurse - diktiert die
Entwicklung der Kredit- und Geldmengen.
Man kann sich also vorstellen, was passieren würde, wenn der Kreditmotor ins Stottern geriete oder gar ganz ausfallen würde und so wird ersichtlich, warum die Zentralbank alles daransetzt, dass die Zinsen niedrig bleiben und die Kredit- und
Geldmengen immer weiter anschwellen.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH
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