Der Kantor mag es bunt in der Kirchenmusik

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Der Kantor mag es bunt in der Kirchenmusik
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VAIHINGER KREISZEITUNG
Freitag, 5. Dezember 2014
Die lokalen Seiten
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Kaltenstein
Händewaschen: top
Im Landkreis Ludwigsburg erkrankten
im vergangenen Jahr rund 54 100
AOK-Versicherte an akuten Infektionen
der oberen Atemwege und ließen sich
ärztlich behandeln, meldet die AOK
Ludwigsburg-Rems-Murr. Innerhalb
Baden-Württembergs zähle Ludwigsburg damit zu den Landkreisen mit
den meisten Erkrankungen – der Landkreis Ludwigsburg ist allerdings nach
dem Rhein-Neckar-Kreis (531 013 Einwohner) auch derjenige mit der zweitgrößten Einwohnerzahl (521 633). Im
Ländle seien die jungen Menschen
demnach am häufigsten gebeutelt: Bis zu
85 Prozent der Säuglinge und 42 Prozent aller Jugendlichen und jungen Erwachsenen habe es erwischt. Wie sieht
der Schutz vor einer Erkältung aus? Gesunde Ernährung und häufiges Händewaschen seien während einer Erkältungswelle besonders sinnvoll, um
eine Ansteckung zu vermeiden. Was tun,
wenn es einen erwischt hat? Viel
schlafen und ausreichend Flüssigkeit zu
sich nehmen. Bei Schmerzen bei der
Atmung, kurzfristig auftretendem sehr
hohem Fieber (mehr als 40,5 Grad
Celsius) sowie bei länger anhaltendem
hohen Fieber (über 38,5 Grad): Unbedingt zum Arzt gehen!
Schilderklau: Flop
Im Altarbereich der Stadtkirche spielt Fröschle Gitarre.
Gündelbachs Ortsvorsteher Thomas
Fritzlar ist sauer. „Das hat mir die
Freude an dem tollen Weihnachtsmarkt
vermiest“, sagt er. Schuld ist der
Schilderklau, der von Sonntag auf Montag umging und sieben Verkehrsschilder mitgehen ließ. Die Stadt Vaihingen
habe Strafanzeige erstattet. „Ich bitte
die Übeltäter, uns die Schilder bis zum 9.
Dezember 2014 zurückzugeben“, appelliert der Ortsvorsteher. Wie wär’s mit
einfach vors Rathaus stellen?
Fotos: Rücker/Archiv
Reißleine gezogen
Die große Anzeige in der VKZ ist beim
Turnverein Vaihingen als Einladung
zur Jahresfeier Standard (bei vielen anderen Vereinen eher nicht). Doch wurde da was vergessen? Es wird nur für eine
Zirkus-Aufführung um 15 Uhr geworben. Nein. Das ist ganz korrekt. Die Feier
am Abend ist gestrichen. Was früher
ein absoluter Hit war, für den man sich
regelrecht Plätze in der Stadthalle erkämpfen musste, hat in den vergangenen
Jahren viel von seiner Anziehungskraft verloren und wurde letztlich fast
zum Draufleggeschäft. In den Abteilungen mit Wettkampfbetrieb reißt man
sich nicht darum, sich auf der Bühne
zu produzieren. Helfer zu finden ist ein
weiteres Dilemma. Das ist in vielen
anderen Vereinen das gleiche Problem.
Und ein Sparprogramm auf der Bühne
hat unweigerlich seine Auswirkungen
auf die Besucherzahlen. Da wurde
jetzt beim TVV die Reißleine gezogen –
Tradition hin oder her. Die Gesamtveranstaltung für Jung und Alt am Nachmittag wird dafür sicher toll und voll.
Abflug nach Pilsen
Beim Spendenlauf der Lebenshilfe Vaihingen-Mühlacker im September gab
es wieder den beliebten Luftballonwettbewerb. Nun liegen die Ergebnisse
vor. „Der Siegerballon schaffte 493 Kilometer bis nach Tschechien in die Gegend von Pilsen“, erzählte Karl Weißert,
Vorstandsmitglied der Lebenshilfe
kürzlich bei einem Pressegespräch mit
der VKZ. Durch die zurückgesandten
Antwortkarten an den Ballons konnten
die Flugentfernungen ermittelt werden. Die zweitweiteste Flugstrecke betrug 303 Kilometer (nähe Landshut).
Zwei weitere Ballons schafften es nach
Nördlingen (230 Kilometer) und Gunzenhausen (209 Kilometer). „Da Starter
und Finder der Luftballons wechselseitig ihre Adressen kennen, sind weitere
Kontakte möglich. Das wäre doch ein
schöner Nebeneffekt des Wettbewerbs“,
meinte Weißert.
Platz beim Papst
Vergangenen Samstag gab es in der VKZ
einen Artikel über die kommunalen
Weihnachtsbäume im Raum Vaihingen.
Bebildert wurde das Ganze mit dem
Schmuckstück in Sersheim, das tags zuvor von den Sersheimer Löwen dekoriert wurde. Die dabei entstandenen Motive waren so schön, dass es eines der
Bilder sogar auf die Titelseite schaffte.
Das wiederum freute die Baumschmücker, prompt kam samstags eine E-Mail
von Löwen-Mitglied Jürgen Pfeiffer
in die Redaktion: „Unsere Vorstände auf
der ersten Seite neben dem Papst –
nicht mal Huub Stevens fand nach seinem grandiosen Einstand einen
Platz!“ (sr/aa/cmr)
Hansjörg Fröschle an der „Königin der Instrumente“, der Orgel – hier in der Vaihinger Stadtkirche.
Fröschle 1988 bei der Einweihung des Andreä-Hauses, in dem das Kantorat untergebracht wurde.
Der Kantor mag es bunt in der Kirchenmusik
Menschen unter uns: Kirchenmusikdirektor Hansjörg Fröschle bringt seit drei Jahrzehnten Bewegung in die Vaihinger Stadtkirche
Seit 30 Jahren ist Hansjörg Fröschle Kantor und Organist der evangelischen
Kirchengemeinde Vaihingen und Bezirkskantor. Langeweile kommt dabei
nicht auf. Fröschle „war und ist ein
Glücksfall für die Kirchengemeinde“,
sagt Dekan Reiner Zeyher. Er wirke frisch
und dynamisch und sei voller Ideen
für die konzeptionelle Weiterentwicklung der Kirchenmusik.
Von Sabine Rücker
VAIHINGEN. „Ich muss mein Orgele zumachen, damit es keiner mitnimmt“, sagt
Hansjörg Fröschle und entschwindet nach
dem Fototermin in der Vaihinger Stadtkirche in Richtung Empore.
Seit 30 Jahren pflegt Fröschle eine innige
Beziehung zu dem Instrument, denn am 1.
September 1984 begann er seine Arbeit als
Kantor und Organist der evangelischen
Kirchengemeinde in Vaihingen und als Bezirkskantor des evangelischen Kirchenbezirks Vaihingen. Abgesehen davon, dass die
Orgel in Fröschles Augen die „Königin der
Instrumente“ ist, ist sie sein Hauptinstrument.
Als Kantor und Organist sorgt er für Musik in den Gottesdiensten in der Stadtkirche. Natürlich sitzt er dann an der WalckerOrgel auf der Empore. Aber nicht nur, denn
der Kantor ist bei den Gottesdiensten in Bewegung. Das sei zwar für die Leute ungewohnt gewesen, habe aber schon allen von
Anfang an gefallen. „Jetzt rennt er wieder
runter und hoch“, das falle den Leuten auf,
sagt Fröschle. Dabei will er sich nicht in
den Vordergrund stellen, sondern die Gemeinschaft noch mehr fördern. Und so habe
er gleich zu Beginn seiner Amtszeit den
Chor, dessen Leiter er auch ist, von der Empore nach unten geholt. Außerdem lässt er
die Gitarre im Altarbereich klingen. „Wenn
jemand Fröschle hört, denkt er, das ist der
Gitarrist“, erzählt der Kantor schmunzelnd. Dabei sei er doch eigentlich Organist.
Jedenfalls sei es „gut, wenn man beieinander ist“, findet Fröschle und meint damit
die räumliche Nähe in der Kirche.
In Vaihingen betreut Fröschle als Kantor
auch den Kinderchor Singkreis und er hat
den Chor Singkehlchen für die Kleinen ab
sechs Jahren gegründet. Mit diesen jungen
Sängern zieht er bisweilen trällernd durch
die Gassen, wenn’s zur Belohnung ein Eis
bei der Eisdiele gibt.
Ein weiteres Aufgabenfeld in Vaihingen
ist die Organisation und Durchführung von
rund sechs Konzerten im Jahr, davon drei
selbstgestaltete und drei Gastkonzerte. „Ich
versuche, ein möglichst vielseitiges Programm aufzustellen“, sagt der 55-Jährige.
„Ich habe einen spannenden
Beruf, sehr vielseitig,
es macht mir nach wie vor Spaß.“
Als Bezirkskantor ist Fröschle für die
Ausbildung der nebenberuflichen und ehrenamtlichen Kirchenmusiker verantwortlich. Hierzu zählen Grundkurse Orgel und
Chorleitung sowie C-Kurse Chorleiter, Gitarrist, Keyboarder, Chorleitung Pop und
Kinderchorleiter. Ebenso betreut der Kirchenmusiker den Motettenchor und stemmt
eine Menge Verwaltungsarbeit, „was dazugehört, um so einen Laden am Laufen zu
halten“.
Auch wenn Fröschle in seiner Schulzeit
neben der Kirchenmusik noch mit der Biologie als Studienfach liebäugelte, bereut
hat er seine Berufswahl nicht: „Ich habe einen spannenden Beruf, sehr vielseitig, es
macht mir nach wie vor Spaß.“ Der junge
Kantor war diesbezüglich nach langer Lehrerkantorenphase der erste Hauptberufler
in der Enzstadt. „Ich hatte freie Hand“, er-
innert er sich. Auch seine Frau Monika hat
er in der Kommune unterm Kaltenstein
kennengelernt. Als Fräulein Fischle war sie
im Franck-Kindergarten als Erzieherin tätig. Den Kindern dort sei gleich klar gewesen, dass Fröschle und Fischle irgendwie
zusammengehören, und irgendwann hätten
sie es dann auch gemerkt. 1987 wurde geheiratet, das Paar hat zwei Kinder.
Geboren ist Hansjörg Fröschle 1959 in
Forchtenberg bei Schwäbisch Hall. Ein
„nettes Kleinstädtle am Kocher“, sagt
Fröschle. Da sein Vater Pfarrer war, wurde
öfter umgezogen. So wurde 1968 das Pfarrhaus des Klosters Hirsau sein Zuhause. Musik war täglich präsent im Elternhaus. Vater Karl hat Klavier gespielt und jeden Tag
haben die drei Kinder mit den Eltern bei
den Hausandachten gesungen. Als Grundschüler wurde Hansjörg Fröschle „stolzer
Besitzer einer Blockflöte“. Mit neun Jahren
bekam er Klavierunterricht, wurde Mitglied im Posaunenchor und sang im Kinderund im Kirchenchor. „Eine typische Kirchenmusikerkarriere“, sagt er. Als Pfarrerskind sei er halt überall dabei gewesen,
„eine tolle Sache“.
Kurz vor seinem Abitur zog die Familie
nach Althütte im Rems-Murr-Kreis. Dort
betreute er im Zivildienst einen Querschnittgelähmten. Von 1980 bis 84 absolvierte er dann das Studium der evangelischen Kirchenmusik an der Kirchenmusikschule Esslingen. Die Leidenschaft für dieses Fach hat unter anderem der „relativ berühmte Onkel“ Friedrich Fröschle entfacht.
Bei dem damaligen Kantor des Ulmer
Münsters und Dozenten saß der Neffe dann
in den Vorlesungen in Esslingen.
Fröschle spielt Orgel, Klavier, Kontrabass, Trompete und Gitarre. In Sachen Musikgeschmack ist er breit aufgestellt. Ihm
gefällt alles, was gut gemacht ist. Ein richtiges Lieblingsstück ist „Die Marienvesper“
von Claudio Monteverdi.
Einfach so nebenher Musik hören kann
Fröschle nicht. „Ich hör immer analytisch –
was macht der Bass? Welche Tonart ist
das?“ Ein großes Thema von ihm ist die Integration von Popularmusik in die Kirchenmusik. Hierzu gibt es zum Beispiel seit gut
drei Jahren einen runden Tisch im Kirchenbezirk, dem auch Dekan Reiner Zeyher angehört.
Start-up-Veranstaltung des Projekts ist
die Musikwerkstatt am 7. März 2015 unter
dem Titel „Popmusik trifft Kirche“. Sieben
Workshops werden an diesem Tag in Vaihingen angeboten, darunter mit Dozenten
wie Michael Schütz, „unser Knaller“, sagt
Fröschle. Zielgruppe sind alle Popular- und
klassischen Kirchenmusiker aus dem Kirchenbezirk (Infos im Internet unter
www.ev-ki-vai-enz.de).
Die Orgel ist das große Sorgenkind,
sie ist technisch am Ende
Neben der Freude über diese Öffnung der
Kirche, um auch in der Musik bunt wie das
Leben zu sein, plagt den Kantor und Kirchenmusikdirektor ein ganz spezieller
Kummer: „Die Orgel ist unser großes Sorgenkind, sie ist technisch am Ende.“ Nach
der Innenrenovierung der Stadtkirche, die
2019 in Angriff genommen werden soll,
wird ein technischer Orgelneubau angestrebt. Als der Gutachter im Sommer die
nötige Summe von 800 000 Euro genannt
habe, sei er geschockt gewesen. „Da bleibt
einem erst mal die Luft weg“, sagt Fröschle.
Zu dieser Summe gibt es keine Kirchensteuer-Mittel, sagt Fröschle, weshalb die
Öffentlichkeit bald nochmal detailliert informiert und um Mithilfe gebeten werden
soll. Bis die Orgel dann auf Vordermann gebracht ist, vergehen nochmals ein paar Jahre. Momentan hat die Orgel erste Ausfälle
und sei richtig schwer zu spielen. Ohne
Training, speziell vor Weihnachten, geht da
nichts. Sonst droht die Sehnenscheidenentzündung.
„Ich hoffe, dass ich noch Nutznießer bin“,
sagt Fröschle zur Aussicht auf eine rundumerneuerte Orgel.