Amerikanische Perspektiven - Union Investment Real Estate GmbH
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Amerikanische Perspektiven - Union Investment Real Estate GmbH
RAUM mehr Das Immobilienmagazin von Union Investment Knappe Kredite Europas Immobilieninvestoren suchen nach Finanzierungspartnern Lukrative Hallen Logistikflächen überzeugen ProfiAnleger durch attraktive Renditen Amerikanische Perspektiven Die Immobilienmärkte in den USA und Kanada haben die Talsohle durchschritten, der Süden des Kontinents holt auf Ausgabe 2 | 2012 inhalt Titel Chicagos Geschäftszentrum ist eines der attraktivsten Investmentziele in den USA. Seite 4 4USA Die Büroimmobilienmärkte haben in vielen Metropolen die Talsohle durchschritten 7 Kanada Toronto behauptet seine Stellung als wichtigster Markt des Landes 9 Chancen Interview mit Steven Franceschina, Chefberater bei Metzler North America, über die Büromärkte der USA 10Lateinamerika Vom starken Wirtschaftswachstum in Ländern wie Brasilien, Chile oder Mexiko profitieren die Büromärkte Märkte Waren aus aller Welt werden am Hamburger Containerterminal umgeladen. Seite 12 12Logistik Die Nachfrage nach Lagerflächen an den logistischen Drehkreuzen Europas ist rege, ein Vorteil für Investoren 15Einblick Interview mit Stephanie Habacker-Arndt, Chefin der Habacker Holding, über das Development von Logistikflächen KONZEPTE 16 Finanzierung Kredite für Immobilien bleiben in Europa ein knappes Gut. Das schränkt Investoren ein 20 Nachhaltigkeit Managementsysteme helfen, die Ökobilanz von Immobilienportfolios zu optimieren 22Indien Die Megastädte des Landes wachsen in enormer Geschwindigkeit. Eine Herausforderung für Immobilienentwickler 2 6E-Mobility Schon bald könnten Gebäude zu Energielieferanten für Elektrofahrzeuge werden 32 Die Vorstandsetage Topmanager von heute demonstrieren Offenheit und Nähe durch die Gestaltung ihrer Räume Portfolio 30 Offene Immobilienfonds Neue gesetzliche Regelungen und eine Erholung der Immobilienmärkte stärken das Produkt Dem Elektroauto genügt zum Tanken eine Steckdose. Seite 26 RUBRIKEN 3 Zur Sache Michael Strong, CBRE, zur Frage, welche sicheren Häfen globale Immobilieninvestoren derzeit ansteuern 19Neues von Union Investment In Paris und Helsinki investiert; Dachfonds für die SDK-Gruppe aufgelegt; Investitionsklimastudie: Auswirkungen der Euro-Krise trüben die Stimmung 38 Weitwinkel Was Schreibtische über ihre Nutzer verraten 19Impressum/Kontakt Konferenzzone bei Hogan Lovells in Düsseldorf. Seite 32 2 Raum & mehr 2 | 2012 TITELBILD San Francisco ist die Nummer eins unter den US-Büromärkten. Im Finanz distrikt liegen die Spitzenrenditen zwischen 4 und 5 Prozent. Der Aufschwung der Technologiebranche beflügelt die Nachfrage nach Büroflächen. zur sache Welcher Hafen bietet Sicherheit? Michael Strong, bei CBRE zuständig für die Märkte Europa, Mittlerer Osten und Afrika (Emea), zur Frage, ob globale Immobilien investments wieder stärker in den Fokus der Investoren rücken A uf absehbare Zeit dürfte die Staatsschuldenkrise im Euro- die USA, die den Anlegern auch heute noch attraktiver erscheinen als Raum für zusätzliche finanzielle Belastungen sorgen und das Asien. Vielleicht ist man der Auffassung, dass auf den asiatischen Märk Wirtschaftswachstum bremsen. Auch wenn im Sommer 2012 ten nach dem starken Wachstum der letzten Jahre die Zeiten besonders noch nicht ausgemacht ist, dass der gemeinsamen Währung ein ver- günstiger Geschäftschancen vorbei sind. Das Interesse an anderen Welt- heerender Zusammenbruch bevorsteht – ein politisches Patentrezept regionen ist deutlich geringer. Allerdings hat eine kleine Gruppe von zur Überwindung der Probleme scheint gegenwärtig niemand vorwei- risikofreudigeren Investoren Südamerika ins Visier genommen. Mexiko sen zu können. Wie gehen europäische Immobilieninvestoren mit die- hat einen eng mit den Vereinigten Staaten verbundenen Markt mit hohen ser Situation um? Wachstumsraten zu bieten, und Brasilien gilt noch immer als „das Land, Fotos: F1online (Titelbild); PAUL DUVAL/laif; Christian Charisius dpa/lno; Herwig Prammer/Reuters; HPP Architekten/Jens Kirchner; Yves Salmon Wer sein Kapital in Liegenschaften anlegt, lässt in der gegenwärtigen dem die Zukunft gehört“. Krise mehr Vorsicht walten: Länder mit ausufernder Staatsverschuldung Die Investitionen der Europäer auf anderen Erdteilen bleiben aber werden gemieden, und der Schwerpunkt wird ganz allgemein auf Objekte nach wie vor weit hinter den Summen zurück, die dem Wirtschaftsraum mit geringerem Risiko gelegt. Das hat dazu geführt, dass in letzter Zeit von außen zugeführt werden: Letztere beliefen sich 2011 auf 19 Milliar vor allem in die Core-Märkte in Nord- und Mitteleuropa investiert wur- den Euro. Damit gehören die europäischen Märkte insgesamt zu den de, weil sie stabile Renditen versprechen. Auf den Märkten der südeuro- Nettoempfängern der weltweiten Kapitalströme, die in den Immobilien päischen Randstaaten ist es indessen deutlich ruhiger geworden. Dieser sektor fließen. Deutlich im Zentrum des Interesses stehen dabei allerdings Trend bewirkte, dass ein höherer Anteil der europäischen Investments einige wenige Großstädte und ganz besonders London. Angesichts des auf Deutschland entfiel, wo im ersten Quartal dieses Jahres achtmal so rauen Seegangs, unter dem die europäische Währung zu leiden hat, ha- viel Geld in Immobilien angelegt wurde wie in ganz Südeuropa. ben innereuropäische Anleger und eine Vielzahl globaler Investoren Kurs Die Frage, ob die schwierige Lage in der Euro-Zone mehr Immobilien auf die britische Hauptstadt genommen, die ihnen als vergleichsweise investoren dazu ermutigt, auch jenseits der europäischen Grenzen nach sicherer Hafen außerhalb des Euro-Raums erscheint. Die internationa- Geschäftschancen zu suchen, lässt sich zwar bejahen, allerdings fließt len Großinvestoren, die dieses Jahr bereits in London gekauft haben, noch immer vergleichsweise wenig Kapital ins außereuropäische Aus- kommen unter anderem aus Deutschland, Schweden, Italien, Spanien, land. 2011 waren es knapp 7 Milliarden Euro, Brasilien, Malaysia, Südkorea, China, Katar, Ku- was einem Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr um wait, Südafrika und den Vereinigten Staaten. Mit mehr als 50 Prozent entspricht (Quelle: Real Ca- dieser beispiellosen Vielfalt an Kapitalquellen aus pital Analytics); doch im eigenen Wirtschaftsraum aller Welt ist London derzeit das Eldorado der in- setzten die Anleger zeitgleich nicht weniger als 90 ternationalen Immobilienmärkte. $ Milliarden Euro ein. Sie investieren weiterhin bevorzugt in die europäischen Märkte, dabei konzentrieren sie sich allerdings jetzt deutlich stärker auf bestimmte Schwerpunkte. Mit 59 Prozent entfiel letztes Jahr der Löwenanteil der europäischen Investitionen im außereuropäischen Ausland auf Michael Strong ist Chairman und Chief Executive Officer für den Bereich Emea bei CBRE in London. [email protected] Raum & mehr 2 | 2012 3 titel Erholung auf den Schlüsselmärkten In den USA und in Kanada haben die Büroimmobilienmärkte die Talsohle durchschritten. Von Sara Seddon-Kilbinger 4 Raum & mehr 2 | 2012 E s liegen schwierige Jahre hinter der größten Volkswirtschaft der Welt und ihren Immobilienmärkten. Inzwischen aber überwiegt bei den meisten Beobachtern der Optimismus – trotz nach wie vor spürbarer Unsicherheit über die Auswirkungen von Euro- und Staatsschuldenkrise auf die US-Wirtschaft. Zwar verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum der USA im ersten Quartal, doch insgesamt entwickelte sich die Konjunktur des Landes positiv: Die Beschäftigungszahlen zogen ebenso an wie die Umsätze im Einzelhandel, und was die zukünftige wirtschaftliche Dynamik betrifft, sind die Experten zuversichtlich Dies sind wichtige Signale für den Immobiliensektor. Denn 40 Prozent der globalen Investitionen in Liegenschaften werden in Nordamerika getätigt – und das macht den Wirtschaftsraum laut Cushman & Wakefield zum weltweit größten Immobilienmarkt. Parallel zu den sich verbessernden Fundamentaldaten hat sich folgerichtig seit Jahresbeginn auch das Immobilieninvestitionsvolumen deutlich nach oben entwickelt: Gegenüber 2010 legte es um 50 Prozent zu. Dabei sind die Anleger nach wie vor auf der Suche nach risikoarmen Objekten und ziehen Gebäude in Toplagen Standorten in Nebenlagen vor. Chicagos Bezirk River North ist bei Unternehmen besonders beliebt. Hier stehen die wenigsten Büros der Stadt leer. Foto: Paul Duval/laif Deutlich mehr Investitionen in Büros So waren nach einem Einbruch der Zahlen im Vorquartal Investments in zentralen Geschäftsbezirken (Central Business Districts, CBD) bei professionellen Anlegern wieder besonders gefragt. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum stieg das Investitionsvolumen überdurchschnittlich um 65 Prozent. USA-weit wurden von Januar bis März 2012 Büros im Gesamtwert von 14,3 Milliarden US-Dollar gehandelt, was einem Zuwachs von 32 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht, berichtet das New Yorker Beratungsunternehmen Real Capital Analytics (RCA). „Dabei bekundeten Anleger aus ganz unterschiedlichen Bereichen Interesse“, stellen die RCA-Analysten fest und nennen unter anderem den Healthcare Trust of America, einen US-amerikanischen Real Estate Investment Trust (REIT), außerdem die Vermögensverwaltung Investcorp, das Bostoner Immobilienunternehmen Beacon Capital Part- Starke Nachbarn ners oder die auf Immobilienin- Kanadische und US-Volkswirtschaft vestments spezialisierte Hertz in Zahlen Kanada USA Investment Group. Bevölkerung 34,7 Gekauft wurde zudem in Mio. 311,9 gern wieder en gros: PortfolioBevölkerungswachstum 0,95 Transaktionen machten im ers 2011* in Prozent 0,70 ten Quartal 2012 einen erhebBruttoinlandsprodukt (BIP) 1.805 lichen Anteil der Geschäfte aus: 2012* in Mrd. US-Dollar 15.610 Etwa 30 Portfolios mit einem BIP pro Kopf 51.689 Gesamtwert von 3,2 Milliar2012* in US-Dollar 49.601 den US-Dollar wurden geBIP-Wachstum 2,1 handelt, so RCA. Doch gab es 2012* in Prozent 2,3 auch eine Reihe spektakulärer Inflationsrate 2,2 Einzelverkäufe. Den höchsten 2012* in Prozent 2,1 Preis erzielte dabei das mit- * Prognose Quelle: GTAI, 2012 ten im Bostoner Finanzzentrum stehende Gebäude 100 Federal Street, das die Bank of America im März für 610 Millionen US-Dollar an den REIT Boston Properties verkaufte. Mit einer Fläche von circa 121.000 Quadratmetern, verteilt auf 37 Stockwerke, gehört der Komplex zu den größten Bürogebäuden der Stadt. Hohe Preise erzielten unter anderem auch zwei Objekte in Washington D. C.: Das japanische Unternehmen NSP Ventures erwarb ein von der United States Mint genutztes Gebäude für 147,5 Millionen § Raum & mehr 2 | 2012 5 titel US-Dollar, und der Bürokomplex Metro Center 1 wurde für 133,7 Millionen US-Dollar an Beacon Capital Partners aus Boston verkauft. Laut Greg Vorwaller, bei Cushman & Wakefield in Chicago weltweit für den Bereich Kapitalmärkte zuständig, hat man mit Transaktionen in dieser Größenordnung durchaus gerechnet. „Ich denke, 2012 bleibt dem Markt diese Dynamik erhalten. In San Francisco, Chicago, Houston und anderen Städten stehen die Zeichen auf Wachstum“, fügt er hinzu. 2011 belief sich das Transaktionsvolumen auf dem US-Büroimmobilienmarkt auf 63,5 Milliarden US-Dollar, 37 Prozent mehr als im Vorjahr, so RCA. Etwa 60 Prozent aller verkauften Büroobjekte wurden in den gro ßen amerikanischen Metropolen wie Chicago und Houston, Los Angeles und New York, San Francisco und Washington D. C. veräußert. „Beim Vergleich mit anderen US-amerikanischen Standorten ist der Trend zu höheren Preisen insbesondere in diesen sechs Städten unübersehbar“, betont Dan Fasulo, geschäftsführender Direktor von RCA. „Auf dem US-Büroimmobilienmarkt sind Private-Equity-Fonds, REITs aus dem In- und Ausland und Staatsfonds besonders aktiv“, sagt Greg Vorwaller von Cushman & Wakefield. Erst vor Kurzem hätten sich Staatsfonds als feste Größe etabliert, ergänzt er. „Ihre Präsenz am Markt haben sie in den vergangenen fünf Jahren deutlich ausgebaut.“ beider Städte wurden im ersten Quartal 2012 unter dem Strich 81.700 beziehungsweise 47.100 Quadratmeter Fläche weniger neu vermietet, als Flächen frei wurden – die Nettoabsorption war negativ, wie die Fachleute sagen. Wirth geht davon aus, dass die Zahl in Washington sich vor allem wegen neuer Sparmaßnahmen der Regierungsstellen so schlecht entwickelt hat. Entsprechende Teilmärkte in anderen Städten hätten im gleichen Zeitraum deutlich besser abgeschnitten – in San Francisco und Seattle etwa verzeichneten die Marktbeobachter eine positive Flächenabnahme von 80.500 beziehungsweise 51.300 Quadratmetern. Nachwehen der Finanzkrise weiterhin spürbar Der Spitzenreiter: San Francisco Am besten entwickeln sich diejenigen Märkte, die auch für internationale Anleger interessant sind, zum Beispiel Seattle, San Francisco und Los Angeles, sagt Anthony Wirth von CBRE Global Investors in Los Angeles. „In den USA hat die wirtschaftliche Erholung eingesetzt. Der Trend ist derzeit äußerst positiv.“ Ähnlich wie auf den europäischen Märkten beobachten die Experten aber auch in den USA eine starke Polarisierung der Märkte: Einige bedeutende Städte, darunter New York und Washington D. C., haben die Finanzkrise noch nicht vollständig überwunden. Besonders deutlich spürt man dies auf dem Vermietungsmarkt. In den zentralen Lagen „Private-Equity-Fonds, Staatsfonds und REITs aus dem In- und Ausland sind zurzeit besonders aktive Käufer.“ Greg Vorwaller, Cushman & Wakefield Für Greg Vorwaller von Cushman & Wakefield ist er die klare Nummer eins unter den US-Büromärkten: „Der Finanzdistrikt von San Francisco bietet Spitzenrenditen zwischen 4 und 5 Prozent und hat in den vergangenen Monaten die beste Entwicklung gezeigt“, sagt der Fachmann. Bis zum Jahresende, so die Prognose von CBRE, könnte das Investitionsvolumen die Marke von 5,3 Milliarden Dollar überschreiten – der höchste Wert seit dem Spitzenwert des Jahres 2007. „Vor allem der ungebrochene Aufschwung der Technologiebranche treibt die Nachfrage nach Büroflächen an“, begründet Vorwaller die robuste Entwicklung des Marktes. Dass dieser Sektor auf dem Büroimmobilienmarkt im vierten Die wichtigsten nordamerikanischen Büroimmobilienmärkte nehmen wieder an Fahrt auf Büroflächenbestand in 1.000 m2, Leerstandsquote in Prozent, Spitzenmiete in US-Dollar/m2/Jahr Spitzenmiete 347 5,2 16,3 3,2 290 746 7,6 Toronto VEREINIGTE STAATEN VON AMERIKA 35.020 14,9 New York (Manhattan) 308 21.530 463 10,7 Chicago 497 10,2 10,0 296 10.580 San Francisco 6 Raum & mehr 2 | 2012 17.160 Houston Leerstandsquote 13.430 Seattle Vancouver KANADA 252 8.710 3.860 Büroflächenbestand 11.160 Quelle: CBRE, April 2012 Washington D. C. Toronto ist Kanadas Nummer eins Auch Kanadas Büroimmobilienmarkt hat unter der Krise des großen Nachbarn USA gelitten. Doch nun bescherten Investoren dem Land den größten Immobiliendeal seiner Geschichte. Von Sara Seddon-Kilbinger D ie Fundamentaldaten des kanadischen Immobilienmarkts haben sich im laufenden Jahr gegenüber 2011 weiter verbessert. Analysten prognostizieren, dass der Gesamtwert der verkauften Bürogebäude von 3,7 Milliarden kanadischen Dollar im Jahr 2010 und 6,1 Milliarden im Jahr 2011 auf circa 7 Milliarden in diesem Jahr ansteigen wird. Die Chancen, dass dies gelingen wird, stehen gut: Denn nach einem verhaltenen Start ins Jahr 2012 beflügelt ein Großdeal den Markt. Das drittgrößte kanadische Geldhaus, die Bank of Nova Scotia, verkaufte im Juni ihren unverkennbaren, als Scotia Plaza bekannten roten Wolkenkratzer in Toronto für 1,27 Milliarden kanadische Dollar an die beiden Real Estate Investment Trusts (REITs) Dundee und H&R. Dundee übernimmt zwei Drittel der Liegenschaft, H&R den Rest. Der Preis ist der höchste, der je für ein Bürogebäude in Kanada erzielt wurde. Moore, Direktor der Analyseabteilung bei CBRE in Vancouver. Toronto spielt auch weiterhin eine beherrschende Rolle und trägt zur Stabilisierung des Marktes bei. Die Finanzdienstleistungsbranche gibt im zentralen Geschäftsbezirk nach wie vor den Ton an. Für Bewegung am Markt sorgte allerdings vor allem der Technologiesektor, der nach hochwertigen Flächen – gern Kaum Nachschub in Vancouver REITs sind besonders aktive Käufer Mit 53 Prozent entfiel der Löwenanteil der Investments auf dem kanadischen Büroimmobilienmarkt im vergangenen Jahr auf REITs und Immobilienunternehmen; der Rest verteilte sich auf private Konsortien (23 Prozent), Institutionen (11 Prozent), Pensionsfonds (6 Prozent), Beteiligungskapital (4 Prozent) und ausländische Anleger (3 Prozent), berichtet Ross Kanadas Megadeal: der Verkauf des roten Büroturms Scotia Plaza. Quartal 2011 für mehr als 50 Prozent der Flächenabnahme verantwortlich war, unterstreicht seine beherrschende Stellung. Zudem dürfte das Transbay-Sanierungsgebiet im Süden des Finanzdistrikts ein Brennpunkt dynamischer Marktentfaltung werden: Baumaßnahmen für insgesamt bis zu 176.500 Quadratmeter sollen dort innerhalb der nächsten zwölf Monate anlaufen und den Büroflächenbestand erweitern. Fotos: PR; Getty Images Niedrigste Leerstandsquote: New York auch in Nebenlagen von Midtown Toronto – Ausschau hält. Laut CBRE lassen sich Spitzenrenditen zwischen 5,25 und 6,5 Prozent erzielen. Union Investment hat die starke Nachfrage nach Spitzenobjekten in Kanada genutzt und beim Verkauf des Bestandsgebäudes Bell Trinity Square in Toronto einen Mehrwert erzielt: Für 368,5 Millionen kanadische Dollar wurde das markante Büro- und Geschäftsgebäude im August an Northam Realty Advisors Limited veräußert. Der erzielte Verkaufserlös liegt etwa 105 Millionen kanadische Dollar über dem damaligen Ankaufpreis. In den USA kamen viele bedeutende Märkte zu Jahresbeginn nur langsam aus den Startlöchern, weil die gewerblichen Mieter angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten in aller Welt weiterhin Vorsicht walten lassen. Dies galt auch für den New Yorker Stadtteil Manhattan, wo die Leerstandsquote mit 7,6 Prozent so niedrig ist wie nirgendwo sonst in den Vereinigten Staaten. Die Spitzenrenditen liegen dort gegenwärtig bei 4,5 Prozent, berichtet Jones Lang LaSalle. Zurzeit sind in Lower Manhat- Vancouver hat sich im vergangenen Jahr als besonders widerstandsfähiger Markt erwiesen, dem auch die anhaltende weltweite Wirtschaftsund Finanzkrise nicht viel anhaben konnte. Die Researcher von CBRE betonen, dass die Leerstandsquote in Downtown Vancouver von 5,2 Prozent im Jahr 2010 auf nur noch 3,2 Prozent zurückgegangen ist. Das hat auch Auswirkungen auf die Spitzenmieten: Sie sind von circa 334 im Jahr 2010 auf etwa 355 kanadische Dollar pro Quadratmeter gestiegen. Ähnlich wie in der Metropole Toronto wird sich vermutlich auch in Vancouver nicht viel am Leerstand ändern, weil für die kommenden zwei Jahre kaum $ neue Büroflächen geplant sind. tan Mieten von bis zu 746 US-Dollar pro Quadratmeter und Jahr möglich, was laut CBRE gegenüber Ende 2007 immer noch einem Rückgang von fast 20 Prozent entspricht. Aufgrund anhaltender aufsichtsrechtlicher Unsicherheiten im Finanzbereich sowie Flächenzusammenlegungen bei Behörden, Sozietäten und anderen Dienstleistungsunternehmen wurden im ersten Quartal per saldo 81.700 Quadratmeter Bürofläche frei. „Wir gehen aber davon aus, dass die Leerstandsquote in New York im weiteren Verlauf des Jahres deutlich abgebaut werden kann. Die Banken berichten von durchaus akzeptablen Geschäftsergebnissen, wie hoch ihr Bedarf an Arbeitskräften in den kommenden Jahren ausfallen wird, können sie aber noch nicht genau absehen“, erklärt Wirth. Auch einige Großprojekte stehen an, die den Büroflächenbestand in Lower Manhattan bis Ende 2015 um circa 724.600 Quadratmeter erhöhen werden. Dazu gehört zum Beispiel das 213.700 Quadratmeter § Raum & mehr 2 | 2012 7 titel große Four World Trade Center, das spätestens Ende 2013 fertiggestellt sein soll. Außerdem steht Mitte 2014 der Abschluss der Bauarbeiten am One World Trade Center an, einem Gebäude mit 278.700 Quadratmetern. Die Lage dieser Landmark Buildings dürfte für Mieter attraktiv sein. Gefragt: Washington und Chicago nur unwesentlich steigen, so CBRE. Was Houston betrifft, hatte man aufgrund des beherrschenden Einflusses der Energieunternehmen mit einem durchschnittlichen Ergebnis gerechnet, betont Wirth von CBRE. „Der Arbeitsmarkt für Bürokräfte hat die Talsohle durchschritten, sodass auch Büroflächen wieder stärker gefragt sind“, erläutert er. Greg Vorwaller von Cushman & Wakefield ist daher zuversichtlich, dass sich die Investitionstätigkeit weiter beleben wird. „Vergangenes Jahr ist man als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. Dieses Jahr beobachten wir die gegenteilige Entwicklung. Wenn man genauer hinsieht, stellt man eine langsame, aber stetige Verbesserung fest.“ Nicht zuletzt seien die Anleger auch „zunehmend darauf bedacht“, ihr Kapital zu investieren. „Wenn man die Bürospitzenrenditen von durchschnittlich circa 5 Prozent mit US-Staatsanleihen vergleicht, die ungefähr 2 Prozent einbringen, muss man nicht lange nachdenken“, sagt der Experte. Für viele überraschend war, dass Washington D. C., und nicht die Finanzmetropole New York, der erste US-Markt war, in dem sich die Immobilienpreise nach der Krise wieder nach oben orientierten. Der „Big Apple“ am Hudson River folgte erst danach. Laut Cushman & Wakefield liegen die Bürospitzenrenditen in der Hauptstadt gegenwärtig zwischen 4,5 und 5 Prozent. Allerdings hat der Vermietungsmarkt im ersten Quartal eher enttäuscht. CBRE berichtet, dass dafür in erster Linie Regierungsbehörden verantwortlich waren, die im Rahmen von Sparmaßnahmen viele Büros räumten. Die Folge: Die Leerstandsquote im zentralen Geschäftsbezirk stieg zwischen Januar und März um 40 Basispunkte auf Investoren aus Deutschland sind wieder aktiv 10,2 Prozent. Trotz der Flaute steht aber nach wie vor eine Reihe von Projekten auf dem Plan, Nach Schätzungen haben 200 Fonds in den vermit bereits ergangenen oder unmittelbar bevorgangenen fünf Jahren mehr als 100 Milliarden stehenden Baugenehmigungen für eine GesamtUS-Dollar bei ihren Kapitalgebern eingesammelt, fläche von circa 557.400 Quadratmetern. weil sie eine Verkaufswelle Not leidender ImmoWeiter westlich, in Chicago, konnte man am bilienkreditportfolios erwarteten. Weitere Fonds Markt für innerstädtische Büroflächen im ersten versuchen, zusätzlich 45 Milliarden US-Dollar Quartal 2012 die vierthöchste Flächenabnahaufzubringen, wie die Beratungsgesellschaft me der Vereinigten Staaten verzeichnen. Damit 555 Mission Street in San Francisco: Preqin berichtet. „Ein Großteil dieses Kapitals geht es dem Büroimmobilienmarkt im Zentrum neu im Union Investment-Portfolio. wurde noch nicht angelegt“, merkt CBRE-Fachdeutlich besser als in den Vororten der Stadt, wo mann Anthony Wirth an. Auch bei deutschen Indie Erholung laut CBRE langsamer vonstattenvestoren besteht nach wie vor reges Interesse geht: Die Leerstandsquote liege dort mit 22,6 Prozent deutlich höher. an Anlagemöglichkeiten in den USA. Vier Jahre nach ihrem letzten En„Im CBD sind vor allem Technologiefirmen sowie Marketing- und Wer- gagement sicherte sich Union Investment Anfang Juni dieses Jahres das beagenturen die Treiber dieses neu erwachten Mietinteresses“, ana- 33-geschossige Büroobjekt 555 Mission Street in San Francisco. Die lysiert CBRE-Marktbeobachter Anthony Wirth. Im Bezirk River North, Hamburger Investmentmanager erwarben das 2008 fertiggestellte und einem Teilmarkt, der vornehmlich ältere Bestandsgebäude zu bieten mit dem Nachhaltigkeitssiegel LEED-CS in Gold ausgezeichnete Gebäuhat und neben Firmen im Kreativbereich vor allem junge Technologie de von Projektentwickler Tishman Speyer für 446,5 Millionen US-Dollar. unternehmen anlockt, stehen lediglich 6,9 Prozent der Flächen leer – die Das Objekt wurde in den Offenen Immobilienfonds UniImmo: Europa niedrigste Quote der Stadt. Cushman & Wakefield berichtet von Spit- eingebracht. „Neben der überzeugenden Gebäudequalität macht die zenrenditen zwischen 5,5 und 6,5 Prozent. „Allerdings erholt sich der Lagequalität in einer der stärksten Wirtschaftsregionen Nordamerikas Finanzdienstleistungssektor in Chicago erst vergleichsweise langsam“, 555 Mission Street für uns zu einem besonders nachhaltigen Investsagt CBRE-Mann Wirth. ment“, begründet Volker Noack, Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH, die Ankaufsentscheidung. Die Schlusslichter: Seattle und Houston In Seattle indes nutzte Union Investment die starke Nachfrage nach Noch nicht vollständig erholt hat sich der Markt in Seattle, woran auch Core-Objekten und trennte sich von ihrer Fondsimmobilie Fremont Lake eine spürbare Verbesserung der Leerstandsquote von 19,1 Prozent gegen Union Center: Käufer Kilroy Realty zahlte 106 Millionen US-Dollar, etwa Ende 2010 auf nunmehr 16,3 Prozent nichts ändert. Allerdings dürfte 15 Millionen US-Dollar mehr, als der aktuelle Sachverständigenwert aussich dieser positive Trend im laufenden Jahr fortsetzen, was unter an- weist. Union Investment hatte den Bürokomplex 2005 für circa 66 Milderem mit dem Internetversandhaus Amazon zu tun hat, das die Fläche lionen US-Dollar erworben. seines Standorts noch vor Jahresende auf 250.800 Quadratmeter anheAuch Jamestown, ein deutsch-amerikanischer Kapitalanleger und ben will – vor gerade einmal drei Jahren nutzte das Unternehmen noch Fondsmanager, hat dieses Jahr bereits 500 Millionen US-Dollar in drei 92.900 Quadratmeter. Die Durchschnittsmieten dürften in diesem Jahr New Yorker Büros investiert, wie Christoph Kahl, einer der Gründungs- 8 Raum & mehr 2 | 2012 partner des Unternehmens, sagt. „Wenn möglich, wollen wir bis Jahresende in den Vereinigten Staaten 1 Milliarde US-Dollar unterbringen“, verrät er. Letztes Jahr habe sich Jamestown in den USA noch auf Einzelhandelsobjekte konzentriert, jetzt allerdings zeichnen sich Geschäftschancen auf dem Büromarkt ab. „Für die Vereinigten Staaten spricht, dass sie den weltweit größten Immobilienmarkt zu bieten haben, der außerdem äußerst liquide ist“, fügt Kahl hinzu. Allerdings haben im vergangenen Jahr einerseits politische Querelen und Grabenkämpfe sowie andererseits die mangelnde Handlungsfähigkeit der Regierung in Washington ihren Tribut von der US-amerikanischen Wirtschaft gefordert. Das hat für zusätzliche Verunsicherung gesorgt und dem Vertrauensverlust der Verbraucher Vorschub geleistet, erklärt Steven Franceschina, Chefberater für Immobilienportfolios bei Metzler North America in Seattle. Man hofft, dass nach der Präsidentschafts-, der Senatswahl und der Wahl zum Repräsentantenhaus in Bezug auf den Schuldenabbau und andere langfristige politische Vorhaben mehr Klarheit herrschen wird; außerdem setzt man auf Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze. Denn, davon ist Franceschina überzeugt: „Damit sich der Immobilienmarkt vollends erholen kann, müssen die Arbeits losenzahlen weiter sinken.“ $ „Wissen, wo Arbeitsplätze entstehen“ Steven Franceschina, Chefberater für Immobilienportfolios bei Metzler North America, über die Chancen und Risiken, die Investoren auf den US-amerikanischen Büromärkten zu erwarten haben Welche US-Büromärkte beobachten Sie zurzeit besonders genau? Wir konzentrieren uns auf lokale Märkte, in denen die Beschäftigungszahlen überdurchschnittlich steigen und gleichzeitig die Zutrittsschranken für Investoren sehr hoch sind. Dazu gehören unter anderem die zentralen Lagen von San Francisco, Boston, Chicago, New York, Los Angeles, Seattle und Washington D. C. Zahlungskräftige Mieter mit soliden Bonitätsratings bevorzugen solche renommierten Adressen, um die besten Arbeitskräfte anzulocken und sich einen weltweit anerkannten Standort zu sichern. Fotos: Jeff Peters - Vantage Point Photography; Me Ra Koh Photography Was sind dort die größten Herausforderungen? Es gibt mehrere: Der wichtigste Treiber für die Entwicklung der gewerblichen Immobilien märkte ist die Beschäftigung, deshalb muss man als Vermieter oder angehender Kapitalanleger vor allen Dingen wissen, wo neue Arbeitsplätze entstehen. Und worauf kommt es dabei vor allem an? Eine der vorrangigen Überlegungen für Büro mieter ist die Frage, ob ihnen der Standort und die Immobilie helfen, hoch qualifizierte Mietarbeiter zu gewinnen und langfristig an das Unternehmen zu binden. Expansive Unternehmen in den wachstumsstarken Städten bevorzugen daher moderne Liegenschaften der Kategorie A; eine Rolle spielt dabei auch, dass sie sich gegen Ende der Rezession günstige Mieten sichern konnten. Das hat die Eigentümer von Allerweltsbüros der Kategorie B arg in die Bredouille gebracht. Die Nachfrage nach diesen Immobilien ist sehr schwach. In der Wertentwicklung von Büroimmobilien klafft deshalb jetzt eine große Lücke zwischen den Kategorien A und B. Wie hat sich die Finanzierung in den vergangenen beiden Jahre verändert? Seit Ende 2009 hat sich das Kreditgeschäft belebt und mit ihm der Wettbewerb zwischen verschiedenen Finanzierungsquellen. Im Allgemeinen halten sich Kreditgeber zwar immer noch von riskant erscheinenden Geschäften fern, bei ihrer Suche nach Möglichkeiten, in Schlüsselmärkten langfristig vermietete TopImmobilien zu finanzieren, sind sie allerdings deutlich energischer geworden. Was sie wollen, ist stabiler und verlässlicher Cashflow. Welche Kreditkonditionen sind üblich? Als Kreditnehmer für ein solides Objekt, das den genannten Kriterien entspricht, stehen Ihnen verschiedene Möglichkeiten offen, und die Konditionen werden immer attraktiver. Für diese Immobilien sind die Zinsaufschlägeauf den Basiszinssatz um etwa 50 Prozent zurückgegangen. Für Top-Immobilien auf den besten Märkten ist der Loan to Value, also das Verhältnis von Kredit zu Immobilienwert, auf 75 Prozent angestiegen. Für Liegenschaften außerhalb der Gateway-Märkte, die sich an problematischen Standorten befinden und/ oder die sich nur schwer vermieten lassen, sind die Optionen deutlich begrenzter. Wie wird sich der nordamerikanische Büromarkt weiter entwickeln? Steven Franceschina ist Chefberater für Immobilienportfolios bei Metzler North America in Seattle. Die leichte Erholung der Fundamentaldaten wird sich fortsetzen. Das Beschäftigungswachstum ging bisher zwar nur langsam vonstatten, es reichte aber aus, um die Nachfrage nach Büroflächen zu beleben und die Leerstandsquoten zu senken. Von einer gleichmäßigen Erholung des Bürosektors in allen Kategorien und Märkten kann man allerdings nicht sprechen. Objekte der Kategorie A etwa sind sehr begehrt, die Nachfrage nach Liegenschaften der Kategorien B und C hingegen ist deutlich niedriger. Auch fehlen in manchen Regionen noch die wirtschaftlichen Treiber für eine robuste Erholung des Marktes. Das Gespräch führte Sara Seddon-Kilbinger. Raum & mehr 2 | 2012 9 Titel Lateinamerika auf dem Sprung Die Analystin und freie Journalistin für Fachmedien und Hörfunk in Mexiko, Claudia Olguín, ist von den Wachstumschancen im Süden des amerikanischen Doppelkontinents überzeugt D as Jahr 2011 markierte auf den Büroimmobilienmärkten in Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien und Mexiko den Beginn eines Aufschwungs mit einer Vielzahl lukrativer Investitionschancen. Mittlerweile befinden sich die Märke in der Phase eines gleichmäßigen und stabilen Wachstums. Auch in anderen Ländern des Wirtschaftsraums, etwa in Peru, Panama oder Costa Rica, hat die positive konjunkturelle Entwicklung den Markt für Immobilieninvestments belebt und die Zahl neuer Bauprojekte ansteigen lassen. Doch sind es vor allem die eingangs genannten fünf Länder, in denen das Entwicklungspotenzial derzeit als besonders hoch eingeschätzt wird. Hier finden Investoren, Projektentwickler und Unternehmen erstklassige Bürogebäude als Standorte für Unternehmenszentralen. Die Entwicklung der Bürovermietungsmärkte im Süden des amerikanischen Doppelkontinents unterliegt einer ganzen Reihe von Einflussfaktoren: Allen voran zählt dazu der Wirtschaftsaufschwung, der dieser Weltregion für die kommenden drei Jahre prophezeit wird. Laut Prognosen dürfen Brasilien und Mexiko damit rechnen, dass der Anstieg ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts fast doppelt so hoch ausfallen wird wie der in den USA und Kanada. Infolge dieses konjunkturellen Aufschwungs wird sich auch die Nachfrage nach Büroflächen deutlich beleben – nicht zuletzt die nach Objekten der besten Kategorie AAA, erstklassige Büroflächen in Toplagen und mit moderner Ausstattung. Deutliche Unterschiede prägen die Märkte Nach Marktanalysen global tätiger Immobilienberatungsunternehmen wie CBRE und Colliers International lassen die extrem niedrigen Leerstandsquoten in Städten wie São Paulo (2,1 Prozent) oder Santiago de Chile (2,3 Prozent) zusätzliches Wachstumspotenzial erkennen. Die Mietentwicklung hingegen offenbart, welche Differenzen zwischen den einzelnen Märkten bestehen: Heute werden für Büros in den brasilianischen Metropolen São Paulo und Rio de Janeiro bereits Monatsmieten von mehr als 90 US-Dollar pro Quadratmeter gezahlt. In der kolumbia nischen Hauptstadt Bogotá liegt der Preis hingegen bei gerade einmal 28 US-Dollar. Besonders rege zeigt sich derzeit die Büronachfrage in Mexico-Stadt: In der Metropole, in der schätzungsweise 25 Millionen Menschen – jeder fünfte Mexikaner – leben und die damit zum Kreis der sogenannten globalen Megacitys zählt, haben Unternehmen in den vergangenen beiden Jahren so stark expandiert wie noch nie zuvor. In einem der Baugebiete für neue Immobilienprojekte entlang des Paseo de la Reforma steht ein umfangreiches Entwicklungsprogramm mit mehr als 20 Einzelvorhaben kurz vor dem Abschluss und trägt dazu bei, dass immer mehr Wolkenkratzer das Bild der mexikanischen Metropole prägen. „Viele lateinamerikanische Firmen lassen sich in Städten wie Mexico City nieder, um dort von den niedrigen Betriebskosten zu profitieren – und das trotz der infrastrukturellen Herausforderungen, vor denen sie an einigen dieser Standorte mitunter stehen“, erklärt Javier Lomelin, CEO bei Colliers International Latin America. 10 Raum & mehr 2 | 2012 Der Überblick über die wichtigsten Merkmale der verschiedenen Märkte in dieser Weltregion zeigt, dass sich der gesamte südamerikanische Wirtschaftsraum derzeit in einer Wachstumsphase befindet, die auch Immobilieninvestoren aufmerksam verfolgen. Mexiko ist das Schwergewicht In Mexiko-Stadt trifft man auf einen der bedeutendsten Märkte Lateinamerikas. Mit seinen sieben Entwicklungsgebieten gehört insbesondere der Büroimmobilienmarkt der Stadt zu den größten der gesamten Weltregion; außerdem ist er ausgesprochen stabil. Die Gebiete tragen die Bezeichnungen Bosques de las Lomas, Interlomas, Insurgentes, Lomas Palmas, Norte und Periférico Sur. Die meisten neuen Bauprojekte werden entlang des Paseo de la Reforma und im Geschäftsbezirk Santa Fe durchgeführt. Mit 228 Metern Höhe ist Union Investments Torre Mayor in Mexiko-Stadt das höchste Gebäude Lateinamerikas. Einer der größten und stabilsten Büroimmobilienmärkte in Latein amerika befindet sich noch immer in Brasiliens Metropole São Paulo, auch wenn das Wirtschaftswachstum des Landes laut Berichten Ende 2011 im Vergleich zum Vorjahr zurückging. Beschleunigt wurde die Aufwärtsbewegung auf den dortigen Immo bilienmärkten nicht zuletzt durch die gute Renditeentwicklung bei indi rekten Immobilienanlagevehikeln. Seit der letzten Wirtschaftskrise, die durch Subprime-Hypotheken ausgelöst wurde, sind Immobilienfonds allerdings nicht mehr die einzige Finanzierungsquelle für Investoren. Vornehmlich wurden die neuen Investments in Mexiko über Eigenkapi tal finanziert, doch auch die Entstehung neuer Finanzierungskonzepte war ein entscheidender Faktor für die Verfügbarkeit von Finanzmitteln. Dazu zählen unter anderem die auch als REITs (Real Estate Investment Trusts) bekannten mexikanischen Fibras (Fideicomisos de Inversión de Bienes Raíces) sowie die 2009 eingeführten Certificados de Capital de Desarrollo (CKDs) – börsennotierte Private-Equity-Fonds, in die auch die als Kapitalgeber bedeutenden mexikanischen Pensionskassen in vestieren können. Die Sichtweise auf die gegenwärtige Marktsituation in Mexiko unter scheidet sich je nachdem, ob es um Einkaufszentren oder Büroflächen geht. Einkaufszentren haben in die Portfolios vieler Investmentfonds Eingang gefunden. Die durchschnittliche Nettoanfangsrendite, die sich aus dem Verhältnis der jährlichen Nettoeinnahmen zum Kaufpreis er gibt, liegt bei circa 8 bis 8,3 Prozent. Vorsichtiger sind Investoren bei Büroinvestments. In Mexiko-Stadt stehen 11 Prozent der circa 3,3 Millio nen Quadratmeter Bürofläche leer, die Monatsmieten belaufen sich im Durchschnitt auf 24 US-Dollar je Quadratmeter und Monat. Mehr Büroflächen in São Paulo und Buenos Aires Im vergangenen Jahr soll São Paulo die niedrigste Leerstandsquote und höchste positive Nettoabsorption der Welt verzeichnet haben. Der Markt wächst nach wie vor, der Büroflächenbestand wird laut Prognosen bis 2014 um gut 187.000 Quadratmeter zulegen; auch einige Vorhaben mit dem US-Nachhaltigkeitszertifikat LEED befinden sich in Planung. Neun Entwicklungsgebiete sind für den Büromarkt ausschlaggebend: Alpha ville, Berrini, Chácara Sto. Antônio, Faria Lima, Itaim, Marginal Pinheiros, Paulista, Roque Petroni und Vila Olímpia. Das Flächenangebot auf dem Büromarkt von Argentinien wuchs im ersten Quartal 2012 um gut 11.000 Quadratmeter – und lag damit leicht unterhalb des Durchschnittswerts aus dem Jahr 2011. Der Bestand an Büroflächen stieg damit auf etwa 1,7 Millionen Quadratmeter. 29 Pro zent der Objekte entsprechen dabei der Kategorie A+, die restlichen 71 Prozent fielen unter die Kategorie A. Domininert wird der Markt von zwei Entwicklungsgebieten: Puerto Madero im Südosten und dem nörd lichen Großraum der Metropole. Kleine Märkte mit Potenzial Fotos: Union Investment; Union Investment/Daniel Sumesgutner Auch das Landmark-Gebäude Torre Paris in Santiago de Chile gehört zum Immobilienportfolio von Union Investment. Ende 2011 war am Markt für Büroimmobilien in Costa Ricas Hauptstadt San José deutlich zu erkennen, wie sich das Angebot tendenziell nach oben orientierte. Der Flächenbestand belief sich im vierten Quartal auf mehr als 945.000 Quadratmeter, knapp 143.000 Quadratmeter befan den sich im Bau. Für eine Belebung der Nachfrage hatten im zweiten Halbjahr insbesondere das Wachstum des Dienstleistungssektors und die Öffnung der Telekommunikationsmärkte gesorgt. Dabei wurden vor allem Gebäude der Kategorien A und A+ angemietet. Im Westen von San José entstehen mit Plaza Tempo, El Cedral, dem Escazu Corporate Center und ähnlichen Bauvorhaben die größten Bürokomplexe der Hauptstadt. Die Projekte im Osten der Stadt sind al lerdings kaum bescheidener dimensioniert; zu den Gebäuden, die dort den Büroflächenbestand vergrößern werden, gehören unter anderem das Torre Condal und das Terra Campus Corporativo. Weil sich viele internationale Unternehmen für Panama-Stadt als den Standort ihrer regionalen Hauptsitze entschieden haben, ist die Büroflächennachfrage hier so hoch wie in kaum einem anderen Land Lateinamerikas. Ende 2011 waren 85 Prozent des Büroflächenbestands in Höhe von insgesamt 150.000 Quadratmetern belegt. Der Büromarkt der Stadt gliedert sich in sieben Teilmärkte. Acht Mikrostandorte zählt der Büromarkt in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Flächenmäßig größter Teilmarkt ist Santa Bárbara mit einem Bestand von circa 70.000 Quadratmetern Fläche, unmittelbar gefolgt vom Standort Calle 100. In diesen beiden Bürozonen werden auch die höchsten Mieten erzielt, sie erreichen hier um die 36 US-Dollar pro Quadratmeter und Monat. Kaum höher als 30 US-Dollar liegen die Mieten in Bogotás übrigen sechs Büromärkten Av. Chile, Salitre, Chicó, Andino, Nogal und Centro Internacional. Die Durchschnittsmiete liegt bei 28 US-Dollar. Für Südamerikas Immobilienmärkte bleiben die Aussichten positiv: Der Internationale Währungsfonds erwartet, dass die Wirtschaftskraft der Region auch 2012 und 2013 mit einem Plus von real 3,7 bezie hungsweise 4,1 Prozent zunehmen wird. $ Raum & mehr 2 | 2012 11 Märkte Immobilie für Spezialisten Die Nachfrage der Investoren nach Logistikimmobilien in Europa ist rege. Sie konzentriert sich jedoch auf wirtschaftlich starke Länder und exzellente Standorte. Von Alexander Heintze D ie südkoreanische Hauptstadt Seoul hat der britische Supermarktkonzern Tesco ausgewählt, um die Zukunft des Einzelhandels zu simulieren. Und die könnte recht zweidimensional aussehen. Statt realer Waren lässt der Handelsgigant lebensgroße Fotos von vollen Supermarktregalen an die Wände der U-Bahn-Haltestellen kleben. Die Fahrgäste sollen die wenigen Minuten bis zur Einfahrt des nächsten Zuges zum Einkaufen nutzen. Sie scannen die Strichcodes auf den Produkten mit ihrem Handy ein und lassen sich diese nach Hause liefern. Wenn die Bestellung bis zum Mittag aufgegeben wurde, sind die Lebensmittel schon am selben Abend im Kühlschrank. Könnte diese Technik einmal Shoppingcenter und Einkaufsmeilen überflüssig machen? Vielleicht. Wer mit Sicherheit davon profitiert, ist die Logis tikbranche. Der Boom bei den Online-Handelsunternehmen sorgt seit Jahren für eine starke Nachfrage nach Lager- und Umschlagflächen. Laut BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) wurden allein 2011 insgesamt 400.000 Quadratmeter an den Versandhändler Amazon und weitere 12 Raum & mehr 2 | 2012 fast 140.000 Quadratmeter an den Modeversand Zalando vermietet. In Deutschland haben die Konsumlaune der Kunden und die gute wirtschaftliche Entwicklung dafür gesorgt, dass der Abschwung auf dem Logistikimmobilienmarkt nach der Finanzmarktkrise des Jahres 2008 überwunden ist. 2011 stellten die Logistikmärkte des Landes einen neuen Umsatzrekord auf. Bundesweit wurden nach den Zahlen von BNPPRE ganze 5,84 Millionen Quadratmeter Fläche neu vermietet – 70 Prozent mehr als im zehnjährigen Durchschnitt. Auf europäischer Ebene sieht das schon anders aus. Die Einzelhandels umsätze sanken 2011 um 0,2 Prozent. Während die Umsätze in den osteuropäischen und baltischen Staaten deutlich wuchsen, darbten die Handelsunternehmen in den südlichen Problemländern wie Portugal, Italien, Griechenland und Spanien. Diese gegenläufigen Wirtschaftstrends werden nach Ansicht der Immobilienberatung DTZ den europäischen Logis tikmarkt auch in diesem Jahr dominieren. Dem starken Wirtschaftswachstum in Ost- und Nordeuropa stehe eine Abkühlung im übrigen Europa gegenüber. Die Folge: Logistik- und Industrieunternehmen würden vorerst auf weitere Expansionen verzichten. Stattdessen versuchen sie, ihre Kos ten unter anderem durch Aufgabe älterer und Umzug in effiziente, moderne Gebäude am selben oder an benachbarten Standorten zu reduzieren. Hans-Jürgen Hoffmann, Bereichsleiter Industrial Investment & Services von BNPPRE, rechnet darum in diesem Jahr mit einer lebhaften Nach frage nach Logistik- und Lagerflächen. Umstrukturierungen im Handel, die gute Auftragslage und die Auslastung vieler Produktionsunternehmen führen seiner Meinung nach zu einem zusätzlichen Schub. Europas Top Ten Neu vermietete Logistikflächen und Spitzenmieten in europäischen Städten 2011 Polens Logistikmarkt wächst am stärksten Frankfurt/M. Paris Spitzenmiete in Euro/m2/Jahr 1.167 Birmingham 53 784 London* 75 600 163 Hamburg 446 67 Manchester 437 66 402 Lyon 74 332 Barcelona 320 Berlin 320 Sheffield 44 63 56 303 0 * und Südwesten 300 600 63 900 1.200 0 50 100 150 200 Quelle: BNP Paribas Real Estate, März 2012 tum im Jahresvergleich wies dagegen Polen mit 40 Prozent auf. Überhaupt zählt Polen für die meisten Marktbeobachter neben Deutschland zu den künftigen Gewinnern bei Logistikimmobilien. Als einziges EULand erlebte es in der Krise keine Rezession. Eine junge und konsumfreudige Bevölkerung und seine strategische Lage als Tor zum Osten machen den Markt attraktiv. § Containerterminal in Hamburg-Altenwerder: Mit seinem bedeutenden Seehafen gehört die Hansestadt zu den wichtigsten deutschen Logistikstandorten. Raum & mehr 2 | 2012 Foto: dpa Diese konzentriert sich auf die großen Volkswirtschaften Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Auf die Top-3-Märkte entfielen in den ersten Monaten 2012 fast 1,2 Milliarden Euro, annähernd 80 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens in Europa. Richtig zulegen konnte allerdings nur der deutsche Markt. Ein Plus von 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 350 Millionen Euro zeigt das Vertrauen von Investoren und Nutzern in die deutsche Wirtschaft. Großbritannien hingegen muss te herbe Einbußen auf 715 Millionen Euro hinnehmen, ein Minus von 16 Prozent. In Frankreich halbierte sich das Transaktionsvolumen sogar auf 115 Millionen Euro. Noch deutlich rückläufiger sieht das Beratungsunternehmen Jones Lang LaSalle (JLL) die Beneluxländer (–85 Prozent) und Skandinavien (–72 Prozent). Italien, Portugal und Spanien kamen zusammen auf ein Minus von 53 Prozent. Dabei konnte Italien immerhin einen leichten Zuwachs von 7 Prozent verbuchen. Das stärkste Wachs- Fläche in 1.000 m2 13 Märkte „Logistik steht auf dem Einkaufszettel der Investoren“, weiß Willi Weis, bei DTZ in Frankfurt am Main für Logistikimmobilien verantwortlich. Investiert wird vor allem über Spezialfonds. „Diese haben sich in den letzten zwei Jahren als Nachfrager etabliert“, beobachtet Umut Ertan, Geschäftsführer von Realogis Investment Management. Laut BNPPRE haben sie derzeit einen Anteil von fast 60 Prozent am Investmentumsatz Logistik. Auf dem zweiten Platz folgen mit 31 Prozent Unternehmen, die sich neue Standorte gesichert oder bestehende erweitert haben. Insbesondere in der Krise haben Handelsunternehmen Logistikobjekte erworben, um sie selber zu nutzen. Private Anleger und ImmobilienAktiengesellschaften hätten mit 5 beziehungsweise 4 Prozent nur einen geringen Anteil am Investmentvolumen. Ein Problem hat der Logistikmarkt allerdings derzeit mit anderen Märkten gemein: „Es herrscht eine deutliche Angebotsknappheit“, so Ertan. Luftfracht startet vom Frankfurter Flughafen (oben). Amazon beliefert seine Kunden aus Bad Hersfeld. Spezialfonds sind die aktivsten Investoren Die hohe Nachfrage erklärt sich mit den höheren Renditen, die der Markt für große Lagerflächen hergibt. Für Logistikimmobilien liegen diese in der Regel bis zu 200 Basispunkte über denen von Büros und Einzelhandelsimmobilien. Vor allem Versicherungen und Pensionskassen suchen nach höher rentierlichen Anlagemöglichkeiten. Sie leiden unter den niedrigen Zinsen bei festverzinslichen Wertpapieren und mageren Renditen bei Core-Immobilien. „Mit einer Rendite von um die 7 Prozent erzielen Core-Logistikimmobilien in einem Niedrigzinsumfeld attraktive Erträge“, erklärt Kai Oulds, Logistikland Deutschland Die wichtigsten deutschen Logistikregionen und ihre größten Nutzer Einzelhandel Automobil Hamburg Bremen Berlin/Brandenburg Münster/ Osnabrück Hannover Duisburg/ Niederrhein DeutschlandMitte Östliches Ruhrgebiet Kölner Bucht Standort gewinnt an Bedeutung Leipzig/ Halle Rhein-Main Erfurt Nürnberg Saarland Rhein-Neckar Stuttgart Oberrhein München Schwaben Quelle: Fraunhofer-Institut SCS, 2012 14 Raum & mehr 2 | 2012 Donau Investoren achten nach wie vor auf klassische Ausstattungskriterien wie Hallenhöhe, Zahl der Laderampen, uneingeschränkte Drittverwendungsfähigkeit oder die Nachhaltigkeit der Immobilie. Immer wichtiger wird allerdings der Standort. „Gerade bei großen Hallen auf der grünen Wiese steigt die Gefahr, dass nach einem Auszug des Mieters das Gebäude über Monate leer steht, bis ein Nachmieter gefunden ist“, erläutert Jörg Schröder, geschäftsführender Gesellschafter von Alpha Industrial. Am begehrtesten sind absolut sichere Lagen wie Frachtzentren an Flughäfen wie Frankfurt am Main, München oder Berlin und in großen Häfen wie Hamburg, Bremen oder Duisburg. „Im Aufschwung sind aufgrund ihrer Anbindung an die osteuropäischen Nachbarländer zudem derzeit die Logistikstandorte im Osten Deutschlands“, ergänzt Birkert. Insbeson dere in Erfurt und Leipzig wurden im Jahr 2011 so viele Grundstücke und Lagerflächen umgesetzt wie noch in keinem Jahr zuvor. Solche Core-Flächen sind in ganz Europa gefragt und entsprechend knapp. „Mieter und Käufer legen ihren Fokus auf gute Immobilien in den Fotos: FraportAG; Herby Sachs/version-foto.de; Habacker Holding Großhandel Head of Logistics Investment bei CBRE in Deutschland. Im europäischen Durchschnitt liegt die Rendite nach Angaben von JLL derzeit bei 7,4 Prozent. An den deutschen Topstandorten müssen sich Investoren dagegen mit Renditen zwischen 6,5 und knapp 7 Prozent zufriedengeben. Die se könnten in den nächsten Quartalen noch weiter fallen. Das erklären Marktbeobachter mit weiter zurückgehenden Risiken. „Die Mieten für Lagerflächen etwa sind lange nicht so volatil wie im Büromarkt“, sagt Weis. DTZ ermittelte, dass 2011 die Erträge von Logistikflächen in 19 von 20 europäischen Märkten stabil geblieben sind. Bis Ende 2012 erwarten die Marktbeobachter, dass die Mieten um etwa 0,8 Prozent wachsen werden. Selbst in Deutschland stiegen sie im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre nur leicht. Größer falle das Plus nur an sehr guten Standorten wie der Frankfurter Cargocity oder im Hamburger Hafen aus. Sicherheit gegen eine hohe Inflationsrate bieten indexierte Mietverträge, die in der Logistikbranche üblich sind. Zudem fallen bei einem Mieterwechsel meist keine teuren Umbauten wie Renovierungen oder die Erneuerung der IT-Infrastruktur an, „wenn die Halle quadratisch, praktisch und gut ist“, fasst Martin Birkert, Leiter Logistik bei der NAI Apollo Group, zusammen. Toplagen“, erklärt Rob Hall, Leiter von DTZ Logistics in Europa. „Ähnlich der Entwicklung auf den Büromärkten gibt es auch in der Logistik eine starke Konzentration auf Core-Logistikimmobilien“, beobachtet auch Ertan. Ein Knackpunkt allerdings sind derzeit die Mietverträge. Hier beißen sich die Vorstellungen der Investoren mit den Wünschen der Mieter. Um flexibel zu bleiben, drängen diese auf kürzere Mietver- tragslaufzeiten von drei bis fünf Jahren. Dem steht die Erwartung von Investoren und finanzierenden Banken an eine möglichst lange Laufzeit der Mietverträge gegenüber. Zurzeit, so Realogis-Geschäftsführer Ertan, „lassen sich an den Topstandorten Laufzeiten von fünf Jahren verkaufen“. Ein Novum, denn noch vor Kurzem seien mindestens sieben oder gar zehn Jahre gefordert worden, ergänzt er. $ „Kooperationen schließen“ Die Geschäfte der Entwickler von Lagerflächen in Deutschland gehen gut. Gestiegen sind allerdings auch die Anforderungen der Kunden – und der Finanzierer, sagt Stephanie Habacker-Arndt, Chefin der Habacker Holding Welche Immobilien sind derzeit bei Nutzern und Investoren besonders gefragt? Logistiker, aber auch Industrie- und Handels unternehmen bevorzugen Immobilien, die perfekt in den logistischen Prozess passen. Die Lage der Logistikimmobilie muss optimal zur Warenverteilung passen. tikimmobilie und der guten Lage achten Investoren auf eine sehr gute Bonität der Mieter. Zusätzlich fordern Vermieter höhere Bürgschaften von drei bis zwölf Monaten als Mietkautionen, um so eine höhere Absicherung gegenüber Forderungsausfällen zu haben. Welche Lagen sind aus Ihrer Sicht optimal? Meistens sind es bereits bewährte Standorte, an denen weitere Logistikimmobilien vorhanden sind, sogenannte Logistikimmobilien-Hubs. Diese Hubs haben sich aufgrund ihrer guten Anbindung an Autobahnen, den Gleis- oder Flugverkehr innerhalb Europas etabliert. In Deutschland werden aktuell die Region Hamburg, Hannover, das Ruhrgebiet und der Raum Frankfurt am Main besonders nachgefragt. Haben sich die Anforderungen seit der Krise verändert? Im Gegensatz zu den Kriterien Lage und Drittverwendbarkeit haben sich die Mietvertragslaufzeiten seit der Finanzkrise 2008 verändert. Bei einer Bestandsimmobilie werden Vertragslaufzeiten von drei Jahren seitens der Mietinteressenten nachgefragt und oftmals vom Vermieter akzeptiert. Bei einem Neubau haben sich die vom Vermieter geforderten Laufzeiten seit der Finanzkrise erhöht. Vor der Krise war die Finanzierung von Logistik immobilien beim Neubau einfacher, und die Banken haben der Finanzierung von Projektentwicklungen mit einem Mietvertrag von drei oder vier Jahren zugestimmt. Heutzutage fordern die Banken und die finanzierenden Partner eine Mindestlaufzeit von fünf oder sogar sieben Jahren. Welche Herausforderungen haben Projektentwickler derzeit zu beachten? Sie müssen den Banken seit der Finanzkrise 2008 mehr Eigenkapital für Projektentwicklungen zur Verfügung stellen. Die höhere Eigenkapitalquote begrenzt den Projektentwickler in der Zahl seiner Projekte, oder er muss Kooperationen mit Finanzpartnern schließen, um das Wachstum nicht zu bremsen. Die Aufgabe von Projektentwicklern, die ihre Vorhaben an Investoren verkaufen, ist es, deren hohe Ansprüche an die Bonität der Mieter und den Wunsch nach möglichst langen Mietvertragslaufzeiten passgenau umzusetzen. Welche Anforderungen stellen Investoren? Neben der Drittverwendbarkeit der Logis Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit? Investoren und Mieter fordern nachhaltige Objekte. Im Bereich Projektentwicklung erwerben Investoren nur noch zertifizierte Logistikimmobilien. Projektentwickler, die beabsichtigen, ihre Entwicklungen an Investoren zu veräußern, lassen daher alle Objekte noch während der Bauzeit zertifizieren. Investoren, die bereits im Besitz von Stephanie Habacker-Arndt ist geschäftsführende Gesellschafterin des familiengeführten Logistikimmobilien-Entwicklers Habacker Holding mit Sitz in Düsseldorf. Logistikimmobilien sind, lassen Nachhaltigkeitschecks durchführen, um ihre Gebäude in diesem Sinne nachzurüsten. Lassen sich Logistikobjekte nachbessern? Bei Bestandsimmobilien können Verbesserungen im energetischen Bereich viel bewirken. Eine energieeffiziente Ausstattung mit Heizungssystemen zur Wärmerückgewinnung oder mit stromsparender Beleuchtung kann den Energieverbrauch um bis zu 30 Prozent senken. Das wird deshalb auch von den Mietern gewünscht – und sogar in einigen Fällen von ihnen auf eigene Kosten umgerüstet. Das Interview führte Alexander Heintze. Raum & mehr 2 | 2012 15 Konzepte Kredite bleiben knapp Europas Bankenlandschaft ist im Umbruch – und mit ihr der Markt für Immobilienfinanzierungen. Kredit zu bekommen, bleibt eine Herausforderung, trotz neuer Player auf dem Markt. Von Anne Wiktorin D ie Nachricht klingt besorgniserregend: Weltweit, so eine Schätzung des internationalen Immobilienberatungsunternehmens DTZ, werden in den kommenden zwei Jahren 216 Milliarden Dollar an Krediten zur Finanzierung gewerblicher Immobilien fehlen. Allein für die Refinanzierung bestehender Kredite werden im laufenden Jahr etwa 775 Milliarden Euro benötigt, hat Berater CBRE ausgerechnet. Besonders hart trifft es Europa: Auf 182 Milliarden Dollar – 85 Prozent des globalen Fehlbetrags also – schätzen die Analysten die Finanzierungslücke in den Ländern des alten Kontinents. Ursache sei die strenge Regulierung der Banken durch die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA). „65 europäische Banken unter der Aufsicht der EBA müssen künftig jeweils 9 Prozent Kapitalreserven aufweisen“, erläutert Nigel Almond, Associate Director of Forecasting & Strategy bei DTZ. Bis Anfang 2012 lag die Kernkapitalquote für große, systemrelevante Banken noch bei 7 Prozent. Nach Auffassung des Internationalen Währungsfonds werdesich dadurch das Kreditvolumen bis 2014 um 6 bis 10 Prozent reduzieren. „Auf Grundlage dieser Zahlen gehen wir davon aus, dass die gewerbliche Immobilienfinanzierung im selben Zeitraum um 7 Prozent reduziert wird“, folgert Almond. Opportunistische Anleger sind besonders betroffen Auch Bernhard Köhler, Chef des Schweizer Investmentberaters und AssetManagers Swisslake, beobachtet die wachsenden Finanzierungssorgen europäischer Immobilieninvestoren: „Beunruhigt sind insbesondere Fondsmanager mit Value-Add und opportunistischen Investitionsstrategien“, sagt er und ergänzt: „Dies schmerzt sie umso mehr, da das aktuelle Zinsniveau durch gezielten Einsatz von Fremdfinanzierungsmitteln zu Traumrenditen verhelfen könnte.“ Er macht vor allem das anhaltende Bankensterben und die Abwicklung großer Immobilienfinanzierer wie des deutschen Kreditinstituts Eurohypo oder der Westdeutschen Immobilien bank für den Kreditmangel verantwortlich. Deshalb rechnet auch er mit einem anhaltend „hohen Druck auf Immobilienbestandshalter und Inves toren sowohl bei Neu- wie auch bei Anschlussfinanzierungen“. Tatsächlich haben die Staatsschuldenkrise und die ergänzenden Empfehlungen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht zu den Eigen kapitalanforderungen für Banken, besser bekannt unter dem Stichwort Basel III, dazu geführt, dass viele Banken das Kreditneugeschäft reduziert haben. „Und insbesondere gewerbliche Immobilienfinanzierungen wurden zurückgefahren“, sagt Stefan Wundrak, Research-Chef des 16 Raum & mehr 2 | 2012 Londoner Asset-Managers Henderson. Insgesamt seien bereits mehr als 40 Kreditinstitute vom europäischen Markt verschwunden. Darunter auch der einst größte europäische Immobilienfinanzierer, die Commerzbank-Hypothekentochter Eurohypo: Ende Juni dieses Jahres gab die Commerzbank mit ausdrücklichem Hinweis auf die verschärften Basel-III-Vorschriften überraschend bekannt, sich vollständig aus dem Geschäft der gewerblichen Immobilienfinanzierung zurückzuziehen. Eigentlich hatte das Institut Teile des Eurohypo-Geschäfts in der Kernbank fortführen wollen. Ihre Immobilienbank muss die Commerzbank auf Druck der EU-Wettbewerbskommission als Kompensation für Staatshilfen weitgehend abwickeln. „Französische Banken haben beispielsweise ihre Aktivitäten stark zurückgefahren“, bestätigt Andreas Quint, Leiter des europäischen Immobilien-Investmentbankings des Dienstleisters Jones Lang LaSalle (JLL) mit Sitz in London. Und dies betreffe nicht nur ihr Engagement auf ausländischen Märkten, sondern auch auf dem heimischen Markt. „Der Grund ist, dass französische Institute relativ stark in den EU-Krisenländern engagiert sind – sowohl als Zeichner von Staatsanleihen als auch im Finanzierungsgeschäft“, erläutert Quint. Anders sei die Situation bei den britischen Banken. Auch sie haben ihre Kreditaktivitäten zwar deutlich reduziert, jedoch aus anderen Gründen: „Sie sind dabei, ihre Geschäftsmodelle neu zu ordnen und die Bilanzen zu bereinigen.“ So verkaufte die Royal Bank of Scotland Ende 2011 ein 1,6 Milliarden Euro schweres Immobilienkreditportfolio an einen Blackstone-Fonds. Den Kauf des Silberturms in Frankfurt am Main durch IVG finanzierte die Bayerische Versorgungskammer. Foto: F1online Deutsche Pfandbriefbanken finanzieren wieder mehr Gemessen an den Wettbewerbern gehören die deutschen Banken hingegen noch immer zu den aktivsten Immobilienfinanzierern. „Verglichen mit anderen europäischen Ländern ist die Finanzierungssituation in Deutschland deutlich entspannter“, sagt Christian Schulz-Wulkow, Immo bilienexperte beim Beratungshaus Ernst & Young. Und das, obwohl sich sowohl deutsche als auch die im Boom der Jahre 2004 bis 2007 besonders aktiven ausländischen Universalbanken infolge der Finanzkrise fast vollständig aus dem Immobilienfinanzierungsgeschäft zurückgezogen haben. Die Gründe: Europäische Kreditinstitute sind bei der Refinanzierung von Immobilienkrediten insbesondere auf das Instrument der Verbriefung angewiesen. Und dieser Markt für sogenannte Commercial Mortgage-backed Securities ist seit der Lehman-Pleite 2008 fast vollständig ausgefallen. Deutsche Immobilienbanken hingegen können ihre Kredite über die Ausgabe von Pfandbriefen refinanzieren. Weil die se festverzinslichen Anleihen auf Hypothekendarlehen in Deutschland gesetzlich reguliert sind, gelten sie als vergleichsweise sicheres Investment. Wie begehrt sie zurzeit sind, zeigt die erfolgreiche Platzierung des ersten Jumbo-Hypothekenpfandbriefs des Jahres 2012 im Volumen von 1 Milliarde Euro. Nach nur 45 Minuten belief sich die Nachfrage nach dem von Berlin Hyp, einer Tochtergesellschaft der Landesbank Berlin, emittierten Papier auf 2,2 Milliarden Euro. Tatsächlich, so zeigt ein Blick in die Statistik, reichten deutsche Pfandbriefbanken im vergangenen Jahr neue Immobilienkredite in Höhe von insgesamt mehr als 45 Milliarden Euro aus. Gegenüber dem Vorjahr ein Plus von gut 6 Prozent. Nur knapp die Hälfte – 21 Milliarden Euro und damit 2,3 Prozent weniger als im Jahr zuvor – entfielen auf Finanzierungen im Ausland. Denn vor allem das internationale Finanzierungs geschäft wurde zuletzt von deutschen Instituten deutlich zurückgefahren. So vergaben im vergangenen Jahr beispielsweise die Landesbank Berlin und deren Tochter Berlin Hyp – sie gehören zu den aktivsten gewerblichen Immobilienfinanzierern – Gewerbeimmobilienkredite in Höhe § Raum & mehr 2 | 2012 17 Konzepte von 5,4 Milliarden Euro. 80 Prozent davon finanzieren Immobilien in Deutschland. Auch die gewerbliche Immobilienbank der genossenschaftlichen Finanzgruppe, DG Hyp, konzentriert ihr Neugeschäft auf den deutschen Markt. 2011 wurden für Gewerbeobjekte 4,0 Milliarden Euro an Krediten zur Verfügung gestellt – davon entfielen 95 Prozent auf den Kernmarkt Deutschland. „Banken halten sich bei der Kreditprüfung an klar vorgegebene Länderlisten und eindeutige Risikoeinstufungen“, erklärt JLL-Finanzierungsexperte Quint die Zurückhaltung. Und die Liste ausländischer Märkte, auf denen deutsche Institute Immobilien überhaupt noch bereit seien zu finanzieren, ist deutlich kleiner geworden. Vorhaben in London und Paris, in Warschau, Stockholm und vereinzelt in den Niederlanden werden geprüft, Anfragen für Finanzierungen an anderen Standorten bleiben weitgehend chancenlos. Ähnlich kompromisslos sind Banken mittlerweile, wenn es um die Anforderungen an die immobilienspezifischen Qualitätskriterien geht: Kann eine bestimmte Vorvermietung nicht nachgewiesen werden oder stimmt die Lage nicht, hat eine Kreditanfrage keine Aussicht auf Erfolg. „Demgegenüber haben sich die Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung nur wenig verändert“, sagt Quint. Nach wie vor verlangen Finanzierer Eigenkapitalquoten von 30 bis 40 Prozent – „nur in Ausnahmefällen genügen 20 Prozent“, sagt Carsten Loll, Partner und Leiter der deutschen Real-Estate-Praxisgruppe in der internationalen Rechtsanwaltskanzlei DLA Piper in München. „Etwas schwieriger“ sei die Finanzierung bei Projektentwicklungen geworden, ergänzt Loll. Erfahrene und konservativ agierende Developer jedoch, die erst bei entsprechender Vorvermietung den Startschuss für ihre Projekte geben, hätten bei ausreichender Qualität von Standort und Gebäudekonzept in den allermeisten Fällen gute Chancen auf eine Finanzierung. In einem aber sind sich alle Experten einig: Kreditnehmer müssen sich auf ein verändertes Finanzierungsumfeld und neue Finanzierungspartner einstellen. Vor allem dann, wenn es um Beträge ab 100 Millionen Euro geht, sagt Henderson-Researcher Stefan Wundrak: „Es wäre übertrieben zu sagen, dass die klassische Bankenfinanzierung bei Immobilien ein Auslaufmodell wäre, Banken werden in Zukunft aber tendenziell eher kleinere Finanzierungstranchen bevorzugen.“ Wer größere Tranchen finanzieren oder refinanzieren wolle, müsse künftig wohl immer den Weg über Clubdeals mehrerer Kreditgeber gehen, ergänzt der Experte. Hoffnungen setzen Investoren zudem in neue Player auf dem Markt für Immobilienfinanzierungen – allen voran in Versicherungsgesellschaften und Pensionskassen. So ist das Finanzierungsgeschäft für die Assekuranztochter Allianz Real Estate, die in Deutschland die Greentowers der Banken sind die wichtigsten Immobilienfinanzierer in Europa Bestand gewerblicher Immobilienkredite in Europa Ende 2011 nach Finanzierern in Mrd. Euro, Anteil in Prozent gesamt: 301,5 * aus Sicht des jeweiligen Landes Quelle: CBRE, März 2012 18 Raum & mehr 2 | 2012 Sparkassen staatliche Banken Immobilienbanken Genossenschaftsbanken verbriefte Kredite (CMBS) große Geschäftsbanken ausländische Banken* Regionalbanken Versicherungsgesellschaften sonstige Banken 18,4 17,6 17,2 15,5 13,3 8,9 3,6 3,1 1,8 0,6 „Wir gehen davon aus, dass sich die gewerbliche Immobilienfinanzierung bis 2014 um 7 Prozent reduzieren wird.“ Nigel Almond, DTZ Deutschen Bank in Frankfurt am Main finanzierte, schon die dritte Säule des Kerngeschäfts neben direkten und indirekten Immobilieninvestments. Auch die Bayerische Versorgungskammer ist ins Finanzierungsgeschäft eingestiegen: Für das börsennotierte Immobilienunternehmen IVG stellte sie das Fremdkapital in Höhe von 190 Millionen Euro für den Ankauf des Frankfurter Silberturms – und ist gleichzeitig Co-Investor. Versicherungen steigen ins Finanzierungsgeschäft ein Was in Deutschland noch als Besonderheit wahrgenommen wird, ist im Vereinigten Königreich schon weitgehend zur Normalität geworden: „In Großbritannien liegt der Marktanteil der Versicherungen und Pensionskassen mittlerweile bei 14 Prozent“, sagt Henderson-Experte Wundrack. Der Grund: „Die Konditionen der alternativen Kreditgeber sind oftmals attraktiver als die der Banken. Die Margen betragen in Großbritannien statt der marktüblichen 260 nur 240 Basispunkte.“ Der Vorteil der Versicherer: Sie können auf diese Weise die ab 2014 in Kraft tretenden strengeren Eigenkapitalregeln für direkte Immobilieninvestments elegant ausgleichen. Statt 25 Prozent Eigenmittel zu hinterlegen, wie es Solvency II für Direktanlagen vorschreibt, müssen Immobiliendarlehen mit fünfjähriger Laufzeit nur mit 15 Prozent hinterlegt werden. Erst bei einer Laufzeit ab zwölf Jahren steigt die geforderte Eigenkapitalquote auf denselben Wert wie bei direkten Investments. Allerdings legen Versicherer und Pensionskassen ähnlich strenge Kriterien bei der Kreditvergabe an wie Banken – und werden kaum Objekte jenseits des Core-Segments finanzieren. Etwas risikobereiter könnte sich eine Gruppe von Kreditgebern zeigen, die ebenfalls neu ist auf dem Markt für Immobilienfinanzierungen: global agierende Staatsfonds und sogenannte Debt-Fonds. Sie begeben auch nachrangige Darlehen oder springen als Eigenkapitalgeber ein. Einer der aktivsten Spieler auf dem Markt ist LaSalle Investment Management. Nach eigenen Angaben hat der Asset-Manager in den ersten vier Monaten des Jahres 2012 in sechs verschiedenen Transaktionen etwa 190 Millionen Euro in nachrangige Darlehen investiert. Seit Einführung der neuen Investmentstrategie im Jahr 2010 summieren sich seine Mittelzusagen für Kreditinvestitionen in Nachrang- und Mezzanine-Darlehen-Investments damit auf etwa 500 Millionen Euro. Insgesamt, schätzt DTZ-Experte Nigel Almond, werden aus diesen alternativen Finanzierungsquellen zusätzliche Kredite in Höhe von bis zu 75 Milliarden Dollar nach Europa fließen. „Die Kreditlücke dürfte dadurch auf 107 Milliarden Dollar zurückgehen“, sagt er – immerhin eine Reduzierung um mehr als 40 Prozent. Neue Finanzierungsvehikel allerdings werden die bestehende Kluft nicht vollständig schließen können. Die Finanzierung wird daher auf absehbare Zeit der limitierende Faktor auf Europas Immobilieninvestmentmärkten bleiben – für Equity Player wie zum Beispiel die deutschen $ Offenen Immobilienfonds unbestritten ein Wettbewerbsvorteil. Neues von Union Investment Gebäudeensemble in Bois-Colombes bei Paris: Mieter sind die Unternehmen Coface und GRT Gaz. Eigener Dachfonds für die SDK-Gruppe Spezialfonds In Zusammen den indirekten SDK-Immobilien- arbeit mit der Süddeutschen Kran- anlagen zu konsolidieren und das ken- und Lebensversicherung SDK Portfolio in den kommenden setzt Union Investment ein neues Jahren zu diversifizieren. Union Dachfondskonzept um. Mit einem Investment übernimmt die Fonds- Zielvolumen von 250 Millionen administration und berät die Euro wurden zwei Sondervermö- Versicherung bei der Auswahl gen aufgelegt, um die bestehen- neuer Zielfonds. $ Euro-Krise trübt das Investitionsklima investitionsklimastudie Zwar halten laut einer Studie von Union Investment vom August gerade einmal 12 Prozent der in Deutschland, Frankreich und Großbritannien befragten Immobilieninvestoren ein Auseinanderfallen der Euro-Zone für wahrscheinlich, dennoch macht die Ungewissheit über die Auswirkungen der Schuldenkrise auf die europäischen Immobilienmär- Büroprojekte im Großraum Paris und Helsinki finanziert kte den Investoren weiter zu schaffen. Der von Union Investment ermittelte Investitionsklimaindex verharrt auf niedrigem Niveau. In Deutschland und Frankreich setzte er mit Verlusten von jeweils 1 Prozentpunkt seinen Ab- Fotos: PR; AXA Real Estate wärtstrend fort; in Großbritannien machte er mit einem Plus von 0,9 PunkProjektentwicklung Für 38.000 Quadratmetern Mietflä- ihren Offenen Immobilienfonds che, die vom französischen Pro- UniImmo:Deutschland erwarb jektenwickler Sefri-Cime im Auf- Union Investment zwei Büro- trag von Axa Real Estate bis 2013 neubauten im Großraum Paris. entwickelt werden. Beide Objekte 75 Der Kaufpreis beträgt insgesamt sind voll vermietet und werden Nord-Süd-Gefälles in Eu- 70 240 Millionen Euro. Die Büropro- die Nachhaltigkeitszertifikate HQE ropa ein. Auch Vermie- jekte befinden sich im Entwick- und BREEAM tragen. Auch in 65 tungsrisiken gewinnen für lungsgebiet Zac des Bruyères in Helsinki sucht Union Investment 60 die Anlageentscheidung an Bedeutung. Eine Re- ten nach zuletzt deutlichem Absturz nur wenig Boden gut. Investoren stel- Deutschland Bois-Colombes, nordwestlich der den Einstieg über Projekte: Für 55 Hauptstadt. Bei den Projekten 62,3 Millionen Euro wurde das 50 handelt es sich um zwei Ge- komplett vermietete Eventes bäudeteile eines Komplexes mit Business Garden erworben. $ Frankreich pitalanforderungen und eine Verstärkung des Großbritannien zession in allen Teilen des 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Kontinents erwarten 42 * ab 2008 Erhebung im Frühjahr und Herbst Quelle: Union Investment, Investitionsklimastudie, August 2012 Impressum RAUM & mehr Das Immobilienmagazin von Union Investment Herausgeber Union Investment Real Estate GmbH Valentinskamp 70/EMPORIO D-20355 Hamburg Verantwortlich für den Inhalt Fabian Hellbusch (Leiter Immobilien Marketing, Kommunikation, Union Investment Real Estate GmbH). Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. len sich auf höhere Ka- Verhaltene Stimmung Investitionsklimaindex* in Punkten Prozent der Befragten. $ Kontakt Chefredaktion Elke Hildebrandt, PR- und Redaktionsbüro Anne Wiktorin, Facts & Figures Art-Direktion Frauke Backer/backerdesign.com Chef vom Dienst Benjamin Schnitzer Bildredaktion Anneli Wülfing, Birgit Plinke Infografik Jens Storkan Lektorat Christiane Barth Litho Stephan Müller-Siemens Geschäftsführer Karsten Krämer Verlag Facts & Figures GmbH (ein Unternehmen der G + J Wirtschaftsmedien) Am Baumwall 11 D-20459 Hamburg Druck Druckhaus Berlin-Mitte GmbH Schützenstraße 18, D-10117 Berlin RAUM & mehr erscheint halbjährlich im 17. Jahrgang in deutscher und englischer Sprache. Aktuelle Auflage: 24.000 Exemplare E-Mail an die Redaktion [email protected] Union Investment Real Estate GmbH Valentinskamp 70/EMPORIO, D-20355 Hamburg Telefon: +49 (40) 349 19-0, Fax: -4191 E-Mail: [email protected] Asset Management - Deutschland Tel.: -4171 - Europe Tel.: -4172 - Americas Tel.: -4439 - Asia/Pacific Tel.: -4485 - Shopping Center Tel.: -4187 - Hotel Tel.: -4465 Projektmanagement Tel.: -4251 Vermietung Tel.: -4478 Marketing, Kommunikation/ Pressestelle Tel.: -4160 oder -4139 Papier und Druck dieses Magazins sind nach FSC zertifiziert. Das Druckhaus Berlin-Mitte garantiert eine umweltgerechte Produktionskette. www.union-investment.de/realestate Raum & mehr 2 | 2012 19 Konzepte Schlüssel zum nachhaltigen Portfolio Bei Immobilieninvestoren setzt sich die Erkenntnis durch, dass Nachhaltigkeitsziele nicht allein durch den Ankauf von Neubauten erreicht werden können. Insbesondere in den Bestandsgebäuden muss die Umweltbilanz stimmen. Neue Managementsysteme weisen den Weg. Von Christian Hunziker 20 Raum & mehr 2 | 2012 Fotos: Union Investment (3) E in neues Bürogebäude oder ein neues Shoppingcenter ohne Nach- also Büro- und Einzelhandelsobjekte ebenso wie Hotels und Logistikhaltigkeitszertifikat? Das kommt für viele Investoren nicht mehr in- gebäude. Das Portfolio wurde objektbezogen mit dem Schwerpunkt auf frage. Immobilien, die ihre Energieeffizienz nicht mittels eines der Energieverbrauch und CO2-Emission ausgewertet. Mit dem Reporting der Kennzahlen, streng nach den Vorgaben der etablierten Gütesiegel wie LEED, BREEAM oder DGNB belegen können, haben zunehmend schlechte Karten am Markt. Und doch kann die Immo- Global Reporting Initiative, nimmt Union Investment in Deutschland eine bilienwirtschaft ihrer Verantwortung für den Klimaschutz mit zertifizierten Vorreiterrolle ein. Die ermittelten Kennzahlen beruhen auf allgemeinen Neubauten allein nicht gerecht werden – schließlich und auf Mieterverbrauchsdaten, die unter andeBestandsaufnahme sind die meisten Gebäude vor der jüngsten Zertifizierem um nutzungs- und klimaspezifische Faktoren Ökologische Bewertung des Immobirungswelle errichtet worden. „Bestandsimmobilien“, lienportfolios* von Union Investment bereinigtwurden. Erst wenige andere Immobilienunternehmen – darunter Alstria Office, IVG und Alsagte folgerichtig ECE-Chef Alexander Otto auf einer anhand von Key-PerformanceVeranstaltung des Urban Land Institute, „werden uns Indikatoren lianz Real Estate – haben bisher Projekte mit einem in Zukunft ungleich stärker beschäftigen als der ener ähnlichen Ansatz gestartet. Diese Zurückhaltung 862 Endenergie** in GWh/Jahr gieeffiziente Neubau.“ überrascht: Denn heute sei „eine erhöhte Transpa1.985 Große Bestandshalter nehmen daher die ökolo- Primärenergie** in GWh/Jahr renz, was Nachhaltigkeitskriterien und Performance gische Performance nicht nur ihrer Akquisitionen, son- CO2-Emission in t CO2/Jahr angeht, absolut Pflicht“, begründet Christoph Wild351.487 dern auch ihrer Bestandsobjekte unter die Lupe. Union Wasserverbrauch in m3/Jahr 2.356.007 gruber, Head of Sustainability bei Allianz Real Estate, Investment hat in diesem Jahr ihr globales Immobilien das Engagement des Versicherungsriesen. Die ErheAbfallaufkommen in t/Jahr 35.098 fonds-Portfolio einer umfassenden Prüfung unterzobung dieser Daten ist allerdings nicht einfach. „In gen und eine erste Umweltbilanz vorgelegt. „Diese * hochgerechnet auf 282 Objekte Europa sind die meisten relevanten Informationen ** Strom und Wärme Analyse“, sagt Reinhard Kutscher, Vorsitzender der Quelle: Union Investment, CSR-Bericht 2011 nur auf Mieterebene verfügbar“, erklärt Wildgruber. Geschäftsführung der Union Investment Real Estate Leider sei die Bereitschaft der Mieter, etwa über den GmbH, „gibt uns erstmals eine detailgenaue Übersicht der Emissionen individuellen Stromverbrauch Auskunft zu geben, in der Regel „nicht beund Ressourcenverbräuche im Bestand. Und genau das ist die Grundlage, sonders hoch“. Allianz arbeitet deshalb daran, mittels sogenannter Green die wir für ein umfassendes Maßnahmenprogramm zur Verbesserung der Leases, also grüner Mietverträge, die Mieter einzubinden. Umweltbilanz unseres Immobilienfonds-Portfolios brauchen.“ Mit einem neuen Managementsystem überprüften die Experten Die Zeit ist reif für Green Leases ein Portfolio von 187 Gebäuden in insgesamt 22 Ländern zu unter- Einen Standard für nachhaltige Mietverträge will auch Union Investschiedlichen Aspekten der Nachhaltigkeit. Der untersuchte Bestand deckt ment sukzessive einführen. Wichtiger Baustein ist die Aufnahme weite 78 Prozent der gesamten Fläche aller von Union Investment aktiv ge- rerNachhaltigkeitsklauseln in die Mietverträge. Die angepassten Regemanagten Objekte ab und umfasst alle maßgeblichen Nutzungsarten, lungen sollen bei der Neuvermietung von Büroflächen ab 2013 zunächst in Deutschland flächendeckend angewandt werden. Grundlagen der neuenVereinbarungen liefern die in einer brachenübergreifenden Ar„Wir sind zuversichtlich, dass beitsgruppe Green Leases erarbeiteten Regelungsempfehlungen. „Wir sich für grüne Mietverträge in sind zuversichtlich, dass sich für grüne Mietverträge in Deutschland Deutschland bald ein Markt bald ein Marktstandard herauskristallisiert“, sagt Heike Ostriga, Head standard herauskristallisiert.“ of Sustainability bei der Union Investment Real Estate GmbH. Heike Ostriga, Nachhaltiges Portfoliomanagement bewegt indes nicht nur deutsche Union Investment Real Estate GmbH Immobilienunternehmen. „Wir müssen das Wissen über die Qualität und den Energieverbrauch unserer Gebäude erhöhen und Ziele für die Verringerung des Energieverbrauchs setzen“, sagt beispielsweise Frank Hovorka, der bei Caisse des Dépôts für Nachhaltigkeit zuständig ist. Erst analysiert – jetzt systematisch optimiert: die Objekte Jägerstraße 58–60 in Berlin (links) und Le Meridien in Stuttgart aus dem Portfolio von Union Investment. Das staatliche französische Finanzinstitut analysiert deshalb den ener getischen Zustand seiner Immobilien ebenso wie bereits zahlreiche bri tische Unternehmen. Besonders weit ist dabei Hammerson: „Wir haben ein neues Datenmanagementsystem entwickelt, das einen schnelleren und genaueren Zugang zu den Daten schafft“, erläutert Paul Edwards, Head of Sustainability bei Hammerson und gleichzeitig Vorsitzender der Better Buildings Partnership. In dieser Organisation haben sich britische Bestandshalter mit dem Ziel zusammengeschlossen, ihre Immobilienport folios nachhaltiger zu machen. Denn dies wird für die Branche immer wichtiger. „Man muss die Kräfte bündeln und auf Grundlage einheitlicher Normen Benchmarks bilden“, fordert etwa Peter Mösle, Geschäftsfüh rer beim Beratungsunternehmen Drees & Sommer. Dabei bestehe die zentrale Herausforderung darin, die Daten um Sonderfaktoren zu be reinigen. „Ein Bürogebäude mit einem Callcenter, das rund um die Uhr Nachhaltigkeit auf der Expo Real „The Next Generation of Sustainability“ – unter diesem Titel veran staltet Union Investment auf der Immobilienmesse Expo Real die dritte Sustainable Investment Conference. Internationale Experten,u. a. von Hammerson, Land Securities, Hermes Real Estate,Caisse des Dépôts, CBRE und dem Spiegel-Verlag, zeigen, dass Nachhaltigkeit für die Immobilienwirtschaft keine Utopie mehr ist. Hauptredner wird Michael Braungart sein. Der Gründer und Direktor der EPEA Internationale Umweltforschung in Hamburg und Professor an der Erasmus-Univer sität in Rotterdam entwickelte das Cradle-to-Cradle-Prinzip: Demnach sollen Produkte so konzipiert werden, dass sie zu möglichst 100 Pro zent wiederverwertbar sind. Vertieft werden Braungarts Thesen in Dis kussionsrunden, die sich mit dem Übergang vom Green Building zum grünen Portfoliomanagement sowie mit Strategien zur Einbindung von Nutzern und Dienstleistern in den Nachhaltigkeitsprozess befas sen. Auf der Konferenz verleiht Union Investment zudem den Prime PropertyAward 2012 für besonders nachhaltige Immobilienprojekte. Sustainable Investment Conference: 9. Oktober 2012, 10.30 bis 13.30 Uhr. Messe München, Halle A2, Planning & Partnerships Forum. Die Konferenz ist ohne Anmeldung für alle Besucher der Expo Real offen. Informationen zum Programm unter www.sustainable-investment-conference.de in Betrieb ist, hat einen anderen Energieverbrauch als ein Bürogebäu de, wo um 18 Uhr Dienstschluss ist“, verdeutlicht dies Mösle. Auch der Leerstand und die Klimazone seien zu berücksichtigen. Doch bleiben die großen Bestandshalter nicht bei der Dokumenta tion von Energieverbräuchen und CO2-Emissionen stehen. So wird Union Investment die energetischen Optimierungspotenziale auf Grundlage der Datenerhebung für einzelne Gebäude identifizieren und ökologisch wie ökonomisch bewerten. Maßnahmen, die beide Aspekte positiv abdecken, werden in die Instandhaltungsplanung integriert und in den Folgejahren auf ihre ökologische und ökonomische Wirkung hin überprüft. Umweltwirkung über den Lebenszyklus optimieren Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Portfolio gilt es, auch im Property und Facility Management die Weichen zu stellen. Ein ganzheitliches nachhaltiges Immobilienmanagement sei nur möglich, wenn alle Stake holder – also sowohl die Nutzer eines Gebäudes als auch die verschie denen Immobiliendienstleister – gleichermaßen ihren Beitrag dazu leisten, ist man bei Union Investment überzeugt. „In Deutschland und Frankreich haben wir die Verpflichtung einer nachhaltigen Gebäude bewirtschaftung bereits weitestgehend in die Property-ManagementVerträge integriert“, sagt Heike Ostriga. Von den Notwendigkeiten, die mit dem Thema Nachhaltigkeit ver knüpft sind, müssen jedoch auch die Nutzer überzeugt werden. In vielen Gebäuden von Land Securities beispielsweise werden die Mitarbeiter mit Bildschirmanzeigen über den Energie- und Wasserverbrauch informiert. „Wir haben in vielen unserer Gebäude Energie-Bildschirme eingeführt: Sie zeigen den täglichen Energie- und Wasserverbrauch an und lenken so die Aufmerksamkeit der Nutzer auf das Thema“, sagt Donal McCa be, Kommunikationschef von Land Securities. Und auch bei Union In vestment steht die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Mietern weit oben auf der Prioritätenliste. Die Strategie der Kooperation zahlt sich für beide Seiten aus. Denn längst haben gleichermaßen die Eigentümer von Immobilien wie auch deren Nutzer gelernt, dass ökologisch verantwortungsbewusstes Handeln beiden Partnern wirtschaftlich nutzt: dem Mieter, weil die Betriebskosten sinken, dem Eigentümer, weil es den Wert seines Portfolios stabilisiert. Das nächste Ziel sei, sagt Mark Creamer, Bewertungschef beim Immo bilienberater CBRE, eine Datenbasis zu schaffen, auf deren Grundlage sich überprüfen lässt, ob Nachhaltigkeitsmerkmale Auswirkungen auf den Wert eines Portfolios haben. Dafür gebe es zwar noch keinen Be $ leg, aber durchaus erste Anhaltspunkte. Raum & mehr 2 | 2012 21 Konzepte In den Slums von Mumbai entstehen Hochhäuser mit erschwinglichen Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen. 22 Raum & mehr 2 | 2012 Zwischen Gestern und Morgen Indien entwickelt sich in rasantem Tempo vom Armenhaus zur Wirtschaftsnation. Seine Megastädte – allen voran Mumbai – stehen vor großen städtebaulichen Herausforderungen. Von Birgitt Wüst und Christiane Gieseking-Anz Fotos: Birgitt Wüst (2) M umbai bietet große Chancen“, sagt Pratap Nuri. In Gujarat, zentrum, größter Hafen und mit Bollywood auch kulturelle Hauptstadt. seiner Heimat, hat er nicht einmal ein Drittel dessen verdient, Hier findet jeder eine Arbeit, hungern muss in Mumbai niemand. Wer was er hier in Mumbai, der Hauptstadt des westindischen Bun- sich anstrengt, kommt vorwärts. Preisentwicklung und Schwierigkeiten desstaats Maharashtra, an Lohn nach Hause bringt. „Als Taxifahrer ma- im Wohnungssektor werden dafür in Kauf genommen. „Große Städte haben große Probleme“, konstatiert Gautam Chatche ich hier gut und gern 20.000 Rupien im Monat“ – etwa 300 Euro. Frau und Kinder sieht er zwar nur drei Mal im Jahr, doch kann er mit terjee, Generalsekretär des Wohnungsbauministeriums im Bundesstaat Maharashtra. „Denn“, erklärt er, „Mumbai ist wie viele große seinen Einkünften das Schulgeld daheim bezahlen. Die Privatschule – Nuri will, dass seine Kinder eine gute Ausbildung bekommen – kostet Städte sehr alt, die gewachsenen Strukturen konnten die aktuellen pro Kind etwa 4.000 Rupien im Monat. Für ihn selbst bleibt da nicht Entwicklungen nicht auffangen.“ Es mangelt flächendeckend an allem viel übrig, und so ist er froh, in Dharavi, einem der vielen Slumquar- und jedem, besonders an Straßen, öffentlichen Verkehrsmitteln, Wohnungen, Wasser- und Abwasserversorgung, Mülltiere von Mumbai, eine günstige Bleibe gefunden abfuhr. Die Ursachen der städtebaulichen Misere zu haben. Günstig allerdings ist ein relativer Bereichen weit ins vergangene Jahrhundert zurück. griff. Für die zehn Quadratmeter kleine Unterkunft „Die Slums sind das Erbe einer ganzen Reihe von in einem der „besseren Gebäude“ – zweistöckig, planungs- und wohnungspolitischen Fehlentscheigemauerte Wände statt Konstruktionen aus Pappe, Neu-Delhi dungen“, sagt Chatterjee und verweist etwa auf Holz und Blech, mit Strom und manchmal fließend Kalkutta INDIEN den landesweiten Rent Control Act von 1947, der Wasser – bezahlt Nuri 2.000 Rupien pro Monat. Die die Mieten für Jahrzehnte einfror – trotz Inflation Slumlords, selbst ernannte Vermieter ohne eingeMumbai und Immobilienboom. Deshalb investierten Haustragene Eigentumsrechte, machen gute Geschäfte. Lavasa besitzer in der Regel nur wenig in ihre Gebäude. Wie Nuri verlassen etwa 8,4 Millionen Inder jährBangalore lich ihren Wohnsitz, um in den Städten der Armut „Das stoppte jegliche Entwicklung und zerstörte die Madras Stadt“, sagt Chatterjee. Auch im öffentlichen Sektor ihrer Dörfer zu entkommen. Indiens rasant wachwurde zu wenig für den Wohnungsbau getan. Die sende Metropolen sind dem Andrang immer weniFolge: ein eklatanter Mangel an Wohnraum; Mieger gewachsen; schon jetzt leben geschätzte 40 bis 50 Prozent der gesamten indischen Stadtbevölkerung in informellen ten und Preise erreichen astronomische Höhen. Nur die wenigsten bis slumähnlichen Stadtquartieren mit wenig bis keiner offiziell gere- können sich dies leisten. Eine einfache Drei-Zimmer-Wohnung kostet gelten Infrastruktur, mit mangelhafter sanitärer Ausstattung und häu- in Mumbai zwischen 30.000 und 50.000 Rupien Miete pro Monat – mehr, als Taxifahrer Pratap Nuri im Monat an Einkommen nach Hause fig ohne legalisierte Wasser- und Abwasserversorgung. In Mumbai mit seinen schon heute etwa zwölf Millionen Einwoh- bringt. Eine direkte Folge der Explosion der Grundstückspreise, die in nern und einem Bevölkerungswachstum von knapp 3 Prozent jährlich den vergangenen 15 Jahren um das Zehnfache gestiegen sind. ist die Lage besonders dramatisch: Offiziellen Schätzungen zufolge leben inzwischen circa 60 bis 80 Prozent der Einwohner Mumbais in Vom horizontalen zum vertikalen Slum Die Preisspirale dreht sich auch – oder gerade – in den Slums: Wer sich sogenannten Informal Settlements, Quartieren ohne Grundstücks-, Plain Dharavi eine winzige Wellblechhütte kaufen will, zahlt 10.000 Dolnungs- und Baurecht; allein das Slumquartier Dharavi zählt inzwischen mehr als 800.000 Einwohner und ist damit das größte in Asien. Es ist lar und mehr. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar und der die Kehrseite des immensen wirtschaftlichen Erfolgs der Stadt: Mumbai, Handlungsbedarf enorm hoch. So warnte Charles Correa, Chefarchifrüher Bombay, inzwischen gern Boombay genannt, ist Indiens Finanz- tekt der Satellitenstadt Navi Mumbai (Neu-Mumbai), mit 1,2 Millionen Einwohnern eine der größten auf dem Reißbrett entstandenen Städte der Welt, jüngst vor einem „Urban Breakdown“. Der Stararchitekt und Stadtplaner baut seit 2004 kostengünstige Häuser und Wohnungen in „Die Slums sind das Erbe einer ganzen Reihe von planungs- und Dharavi. Anders als viele andere Developer siedelt er die Slumbewohner wohnungspolitischen Fehlentin höchstens fünf- bis sechsstöckige Gebäude um. In der Regel werden scheidungen.“ für die Bewohner nur Hochhäuser mit zum Teil bis zu 23 Stockwerken aus dem Boden gestampft. Gautam Chatterjee, Ministerium für Denn die Projektentwicklung in Mumbais Slumgebieten ist ein floWohnungsbau Maharashtra rierendes Geschäft, da es wenig unbebaute Grundstücke gibt und neue Gebäude – egal für welche Nutzungsart – im Grunde nur noch auf den Slumarealen entstehen können. Früher wurden Slumbewohner zeit- § Raum & mehr 2 | 2012 23 Konzepte Zum städtebaulichen Konzept der Planer von Lavasa gehört auch die kostenfreie Schule „Christel House“. Nach europäischem Vorbild baut der indische Konzern HCC südlich vier geplanten Stadtquartieren – entsteht auf einer Fläche von 5.000 weise einfach vertrieben, um Grund für Neubauprojekte frei zu machen, heute wird die Bevölkerung mit Wohneigentum beschenkt. Hintergrund sind die von der indischen Regierung erlassenen Richtlinien, die die Eigentumsrechte von Slumbewohnern formalisieren – die Guidelines for Slum Free City Planning. Auf dieser Grundlage werden in Mumbai Bewohner von Slumparzellen entschädigt, die nachweisen können, dass sie ihren Platz dort schon vor dem Jahr 2000 belegt hatten. Projektentwickler, die Slumgrundstücke revitalisieren wollen, müssen sich außerdem zuvor um das Einverständnis der Bewohner bemühen. Nur wenn 70 Prozent zustimmen, kann das Projekt realisiert werden. gramme sind vorbereitet. „Sie umfassen neben Projekten zum Slum Development auch die Mobilität in den städtischen Wirtschaftszentren mit Straßenbau, Erweiterung des ÖPNV und dem Bau von Metros für die 13 indischen Städte, die bereits über zwei Millionen Einwohner haben“, erklärte der indische Stadtentwicklungsminister Kamal Nath in diesem Frühjahr auf der Hannover Messe. Die Summe der in seinem Land in unterschiedlichen Sektoren benötigten Infrastrukturmaßnahmen beziffert Nath von heute bis 2031 auf insgesamt 654 Milliarden Dollar. Ein besonderer Fokus der Zentralregierung liegt dabei auf dem Bau neuer Städte – wohl auch, weil dies den Siedlungsdruck auf die bestehenden Städte mildern könnte. Die Rechnung dürfte nur dann aufgehen, wenn sich in den neuen Städten genügend Industrie und Gewerbe ansiedelt und Arbeitsplätze und Verdienstmöglichkeiten entstehen. Im Zentrum des Interesses steht daher der Delhi-Mumbai Industrial Corridor. Indien will bis 2040 einen 1.500 Kilometer langen und 300 Kilometer breiten Industriekorridor zwischen der politischen Hauptstadt Delhi und der Finanzmetropole Mumbai entwickeln. Entlang dieser Achse ist in den nächsten Jahren eine Wirtschaftsförderzone für Industrie, Handel und Logistik geplant, die Investitionen des Privatsektors in Milliardenhöhe anlocken soll. Doch vorerst muss die Infrastruktur in der Region verbessert werden; unter anderem durch den Ausbau von Verkehrswegen und die Errichtung neuer See- und Flughäfen sowie multimodaler Logistikzentren. Wie Kamal Naht betonte, sollen die Projekte größtenteils in Form von Public-Private-Partnerships realisiert werden. Die neuen Wohnhochhäuser bieten den ehemaligen Slumbewohnern Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen mit Küche und Bad. Inwieweit sich der Deal für sie rechnen wird, bleibt abzuwarten – denn in aller Regel sind die Wohnungen trotz Neubau nicht von bester Qualität. Für den Developer allerdings ist das Geschäft lukrativ: Denn auf dem frei werdenden Gelände kann er neue Büro- und Geschäftshäuser errichten – und profitiert dabei von der großzügig bemessenen Geschossflächenzahl von bis zu 3,0. Branchenkenner schätzen die Gewinnmargen auf 200 bis 400 Prozent. Befürworter sprechen von einer Win-win-Situation, Kritiker eher von einer Verschiebung der Slums von der Horizontalen in die Vertikale. Angesichts des begrenzten Flächenangebots bieten sich indes wenig realistische Alternativen. Inzwischen scheint sich allerdings herumgesprochen zu haben, dass ein halbwegs ansehnliches Umfeld den Wert einer Gewerbeimmobilie steigert – und so entstehen in manchen Slum-Rehab-Projekten direkt neben hochwertigen Bürokomplexen auch erste Wohnblöcke mit Nachhaltigkeitszertifikat. Ein Tropfen auf den heißen Stein: Denn von einer flächendeckenden Lösung für ihre Slumquartiere ist die Megacity Mumbai noch weit entfernt. „Wir tun, was wir können, und werden sicher bei künftigen Entwicklungen die Weichen besser stellen“, meint Gautam Chatterjee aus dem regionalen Wohnungsbauministerium. Ein großes Regierungsvorhaben zur Reurbanisierung läuft 2012 aus, Folgepro- 24 Raum & mehr 2 | 2012 Die indische Stadt der kurzen Wege Ein Pionier in Sachen Städtebau ist die Hindustan Construction Company (HCC). Ganz in der Nähe der Wirtschaftsachse in spe, im direkten Einzugsgebiet von Mumbai und Pune, errichtet der zweitgrößte indische Baukonzern seit 2006 für etwa 300.000 Einwohner in den Bergen die neue Stadt Lavasa. Es handelt sich um eines der ambitioniertesten städtebaulichen Entwicklungsprojekte des Subkontinents – denn nach dem Willen ihrer Planer soll Lavasa nach den Kriterien ökologischer wie sozialer Nachhaltigkeit entstehen. Dasve, das erste von geplanten vier Fotos: Birgitt Wüst (2) Hohe Investitionen in Verbesserung der Infrastruktur Für Mugaon, das zweite städtische Quartier in Lavasa, haben die Bauarbeiten bereits begonnen: In diesem Stadtteil werden nicht nur die Ansiedlung von IT-Unternehmen sowie eines Medizinzentrums eine zentrale Rolle spielen. Auch ein Ableger der indischen Filmstadt Bollywood soll hier entstehen, zudem ein Shoppingcenter und vieles andere, was eine Stadt erst zu einer richtigen Metropole macht. Für die schnelle Anbindung an den geplanten Korridor soll ein Tunnelbau sorgen: Wenn er erst fertiggestellt ist, kann sich die Fahrtzeit zwischen Mumbai und Lavasa – bisher circa dreieinhalb Stunden – deutlich verkürzen. Auch die Planung für die dritte Bauphase ist weit fortgeschritten. Im Endausbau soll sich die neue Stadt Lavasa über 5.000 Hektar Fläche erstrecken. Bis es so weit ist, werden allerdings vermutlich noch mindes tens zehn, vielleicht sogar 15 Jahre ins Land gehen. Vorausgesetzt, es läuft alles reibungslos und das Projekt gerät nicht (erneut) zwischen die Räder widerstreitender politischer Parteien. Denn bereits in der ersten Phase der Planungen machte ein überraschend verhängter Baustopp den Zeitplan der HCC-Planer zunichte. Ein kleineres Unternehmen hätte dies vermutlich ruiniert, HCC-Chef Ajit Gulabchand ließ sich indes nicht abschrecken. von Mumbai eine ganz neue Stadt: Lavasa – hier Dasve, das erste von Hektar und soll einmal 300.000 Menschen ein Zuhause bieten. Stadtquartieren, ist inzwischen fast fertiggestellt: Neben Wohngebäuden umfasst es mehrere Hotels, ein Kongresszentrum, ein Clubhaus, Ausbildungsstätten, eine kostenfreie Schule für die Kinder von Arbeitern und Dorfbewohnern der Gegend, ferner Wohnblocks für einkommensschwächere Bewohner. Dass sich die Stadtplaner an europäischen Vorbildern orientierten, ist nicht zu übersehen. Auch gibt es überall Abfallkörbe und Hinweise, die Umwelt sauber zu halten. Und in einer eigens für den Wiederaufforstungsbedarf gegründeten Baumschule werden ausschließlich endemische Pflanzen zum Begrünen der neuen Stadt gezogen. Ihre Anpflanzung soll die Erosion stoppen und die Gebäude und Straßen von Lavasa vor herabstürzenden Schlamm- und Geröllmassen während heftiger Monsunregen schützen. Ein Muss – denn vom ursprünglich hier heimischen tropischen Bergwald haben die Brandrodungen der Bauern nicht viel übrig gelassen. Inzwischen wurden mehr als 600.000 junge Bäume gepflanzt, rund um Dasve sind die Berge schon wieder grüner. Der Prototyp einer Stadt soll bald in Serie gehen Doch nun, nach anderthalb Jahren Zwangspause, drehen sich wieder die Baukräne in Lavasa; und auch der Immobilienverkauf, der zwischenzeitlich stagnierte, läuft erneut auf Hochtouren. Die erste Tranche der neuen Wohnungen sei bereits innerhalb weniger Tage verkauft gewesen, heißt es bei HCC. Die städtebauliche Vision einer indischen Stadt der kurzen Wege, in der sich die möglichst große Vielzahl unterschiedlicher städtischer Funktionen an einem Ort mischt, nimmt auf diese Weise weiter Gestalt an. Dabei ist Lavasa Indiens erste Stadt, die nach den Prinzipien des New Urbanism realisiert wird, und, wie Gulabchand stolz betont, ein Prototyp. HCC will mit dem Städtebau in Serie gehen: Mit den Regierungen des Bundesstaates Karnataka und von Bhutan führt der Konzern Gespräche; mit der Regierung des Bundesstaats Gujarat wurde bereits ein Memorandum of Understanding unterzeichnet, also ein Vorvertrag geschlossen. Für Pratap Nuri mag diese Entwicklung zu spät kommen – doch für seine Kinder wachsen die Chancen, in einem grünen, sauberen und sicheren Umfeld leben zu können. $ Hohe Hürden für Auslandsinvestoren • „Indiens Immobilienmarkt ist riesig und bietet zweifelsohne große Chancen, doch gibt es auch einige Hürden“, sagt Tim Gibson, Head of Asian Property Equities bei Henderson Global Investors. Gerade für ausländische Investoren ist Indien ein schwieriges Pflaster. „Vor allem ineffizien te, langwierige Prozesse bei Baubewilligungen oder bei juristischen Streitereien wirken abschreckend“, heißt es beim Zürcher Immobilienberatungsunternehmen Wüest & Partner. Weitere Hemmnisse entstünden durch die rekordhohen Stempelsteuern sowie durch die heterogene und schwer durchschaubare Steuergesetzgebung in den 28 Bundesstaaten. • „Der Markt ist sehr fragmentiert und unübersichtlich; sein Wachstum wird durch politische Trägheit und die Zurückhaltung institutioneller Investoren stark behindert“, bestätigt Tim Gibson von Henderson. Aus Sicht von Ashutosh Limaye, Chef-Researcher von Jones Lang LaSalle India, wären Real Estate Investment Trusts (REITs) der Königsweg für das Engagement ausländischer Immobilieninvestoren. • Allerdings wurde die Einführung des India-REIT, den die Regierung für Ende 2009 geplant hatte, im Zuge der globalen Finanzmarktkrise zurückgestellt. Private-Equity-Fonds, die in Immobilien investieren, fokussieren sich laut Limaye vor allem auf den Wohnungsbau, da sich dieser Sektor nach Ausbruch der Finanzmarktkrise besser entwickelt habe als das Bürosegment. Raum & mehr 2 | 2012 25 konzepte Gebäude anzapfen Wenn der Umstieg vom Verbrennungsmotor auf das Elektroauto gelingen soll, muss die Immobilienwirtschaft mitziehen. Denn künftig sollen Gebäude die Energie bereitstellen, die das E-Mobil antreibt. Von Dagmar Hotze W er erinnert sich noch? Im Sommer 1982 stürmte „Ich will Spaß, ich geb Gas“ die deutschen Musikcharts und wurde zum Motto einer ganzen Generation. Dass diese Zeiten schon lange vorbei sind, zeigt der tägliche Blick auf die Benzinpreistafel an der Tankstelle. Gas zu geben macht keinen Spaß mehr, wenn man, wie Millionen anderer Pendler, die Treibstoffkosten im Rahmen halten will. Vielen Unternehmen und Autofahrern ist bewusst: Es muss sich etwas ändern, wenn die individuelle Mobilität auf Dauer bezahlbar bleiben soll. Das gilt vor allem in den Metropolen, wo Staus, Verkehrschaos und die Suche nach einem Parkplatz für Tausende Verkehrsteilnehmer eine tägliche Herausforderung sind. Weitere Sorge bereitet die Luftverschmutzung durch Autoabgase: Allein der Anteil des Pkw-Verkehrs an den Kohlendioxid-Emissionen des gesamten Verkehrsaufkommens beträgt 60 Prozent. Deshalb sind Fachleute von zwei Dingen überzeugt: Erstens ist der Verbrennungsmotor ein Auslaufmodell, und zweitens müssen neue Mobilitätskonzepte her. Angesichts der Fahrzeugdichte in deutschen Großstädten würde anderenfalls ein Kollaps auf den Straßen immer wahrscheinlicher: In Hamburg gibt es 409 Autos pro 1.000 Einwohner, in den Großstädten von Nordrhein-Westfalen sind es durchschnittlich 555, in München 556 – nur Berlin markiert mit 325 Vehikeln pro Kopf das fast vorbildliche Schlusslicht. Nicht viel besser sieht es in anderen Metropolen Europas aus, wie etwa in Rom, wo auf 1.000 Einwohner 720 Autos entfallen. Wollen die Städte nicht im Verkehr ersticken, ist ein Umdenken gefragt – und das scheint begonnen zu haben. Bereits heute stellt für manche Stadtbewohner die Nutzung eines eigenen Autos nur eine von vielen Möglichkeiten dar. Denn situationsbedingt wird das Transportmittel in der City gewechselt: Zur Arbeit werden Fahrrad und öffentlicher Personennahverkehr genutzt, und größere Einkäufe werden per Carsharing erledigt. „Nutzen statt besitzen“ lautet das Credo. Angesichts der lauter werdenden Forderung nach umweltfreundlicheren Städten und des begrenzten Vorkommens fossiler Energien soll Deutschland zum internationalen Vorreiter für Elektromobilität werden. Dies gilt sowohl für die Technologieforschung als auch hinsichtlich der praktischen Umsetzung von Elektromobilitätskonzepten. Geht es nach Schlusslicht Elektroauto Bestand an Personenkraftwagen in Deutschland nach Kraftstoffarten absolut, in Klammern Anteil in Prozent gesamt: 42,9 Mio. Benzin 30.450.000 (70,95) Diesel 11.890.000 (27,70) 456.000 (1,06) Erdgas 74.900 (0,17) Hybrid 47.600 (0,11) Elektro 4.500 (0,01) Flüssiggas Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt, 1. Januar 2012 26 Raum & mehr 2|2012 den Vorstellungen der Bundesregierung, fahren bis 2020 schon eine Million Elektrofahrzeuge in Deutschland – eine Vision allerdings, die Experten angesichts der seit 2011 in Deutschland zugelassenen circa 4.500 Elektro-Pkw als ambitioniert bezeichnen. Um sie Realität werden zu lassen, muss die bestehende Mobilitätsinfrastruktur grundlegend umgebaut werden. Technologische Herausforderungen, wie etwa die Verbesserung der Stromspeicherung beziehungsweise der Akkukapazitäten von Autobatterien und die Standardisierung der erforderlichen Lade anschlüsse, gehören dazu. Erste Ansätze für eine internationale Harmonisierung bietet das Schnellladesystem „Combined Charging System“, auf das sich deutsche und amerikanische Autohersteller verständigt haben. Damit lässt sich ein E-Auto in nur 15 Minuten aufladen. Ab 2017 sollen alle Elektroautos in Europa mit diesem System ausgestattet sein. E-Mobilität als aktiver Klimaschutz Nicht zuletzt aber müssen die bis zu 50 Prozent höheren Anschaffungskosten für elektrobetriebene Fahrzeuge signifikant sinken, um breite Akzeptanz zu finden. 2010 wurde die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) ins Leben gerufen, die Vertreter von Industrie, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft zusammenführt, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Erste Früchte trägt die Vernetzung bereits. Seit Januar 2012 besteht eine branchenübergreifende Kooperation zwischen RWE, EnBW, Siemens, Daimler, BMW und Bosch mit dem Ziel, Erfahrungswerte über Speicherkapazitäten und die Integration von Elektroautos in sogenannte intelligente Energie-Netzwerksysteme (Smart Grids) zu gewinnen. Aus Unternehmenssicht besteht zudem Anpassungsbedarf im Steuerrecht: So ist neben den hohen Anschaffungskosten die fehlende steuerliche Gleichstellung von Elektrofahrzeugen als Dienstwagen gegenüber Benzinern dafür verantwortlich, dass eine Umstellung auf E-Fahrzeuge für Unternehmen – und Mitarbeiter – wenig attraktiv ist. Durch den höheren Bruttolistenpreis, der als Bezugswert für die Ermittlung der Einkommensteuer dient, steht der Mitarbeiter steuerlich schlechter da. Das führt zu der absurden Situation, dass umweltbewusste Unternehmen mit elektrischer Flotte ihren Angestellten den finanziellen Nachteil durch eine Ausgleichszahlung kompensieren müssen. Erfolgreicher am Markt positionieren können sich hingegen E-Bikes. Allein 2011 wurden mehr als 300.000 Elektrofahrräder verkauft, meldet der ZweiradIndustrie-Verband und rechnet damit, alsbald die Millionengrenze zu überschreiten. Die eigentliche Herausforderung der E-Mobilität liegt jedoch in der Verknüpfung regenerativer Energiesysteme mit den mobilen Verbrauchern. Deshalb denken Experten bereits darüber nach, wie Gebäude, regenerative Energiesysteme und Elektroautos durch eine intelligente Infrastruktur miteinander vernetzt werden können. Die Idee klingt vielversprechend: Gebäude können als klimaneutrale Energielieferanten dienen, indem sie selbst Energie regenerativ erzeugen oder aus dem laufenden Betrieb zurückgewinnen – damit wird das Gebäude zum Ökostromlieferanten, die Tiefgarage zur Tankstelle. Die Mobilitätskosten könnten § Foto: imagebroker/vario images Emscher Lippe Energie will Stromtankstellen künftig auch in Parkhäusern und Einkaufszentren einrichten. Raum & mehr 2|2012 27 konzepte In der RWE E-Mobility Lounge im Hotel NH in der Berliner Friedrichstraße kann man Elektromobile leihen und testen. in der Folge dramatisch sinken. Blickt man noch weiter in die Zukunft, könnten Elektroautos sogar als mobile Zwischenspeicher innerhalb eines dezentralen, intelligenten Energienetzes dienen. Soll dies alles gelingen, kommt der Immobilienwirtschaft eine besondere Schnittstellenfunktion zu. Dabei stellt die Einbettung von Elektromobilität in die nachhaltige Gebäudekonzeption technisch nur den nächsten logischen Schritt dar. Betrachtet man Elektromobilität unter Serviceaspekten, könnten die Parkplätze von Büroimmobilien, Shoppingcentern, Supermärkten, Hotels und Parkhäusern künftig als Ladestationen fungieren: Während der Nutzer seinen Alltagsgeschäften nachgeht, tankt das geparkte Elektromobil Ökostrom und ist so am Feierabend oder nach erfolgreichem Einkauf wieder startbereit. Der Mehrwert für den EAutomobilisten liegt auf der Hand: Er hat keinen Zeitverlust und geringe Kraftstoffkosten. Einige Pioniere gibt es bereits: Elf Rewe-Supermärkte sind derzeit in Berlin testweise mit Ökostrom-betriebenen Ladesäulen ausgerüstet – darunter auch ein Green-Building-Supermarkt –, um das Nutzerverhalten zu erproben. Langfristig soll die grüne Mobilität als Kundenservice ein weiterer Baustein innerhalb der Nachhaltigkeitsstrategie des Handelskonzerns werden. Gemeinsam mit RWE und Daimler testet auch der Parkhausbetreiber Apcoa am weltweit größten Pilotstandort (500 Ladepunkte für 100 Elektro-Smarts) in Berlin, wie Elektromobilität auf die Straße gebracht werden kann. Anteil an grünem Strom steigt stetig Bruttostromerzeugung in Deutschland nach Energieträgern in Prozent erneuerbare fossile* atomare sonstige 100 80 27,7 28,7 29,4 26,3 23,4 17,6 65,2 63,4 60,0 59,7 58,3 58,3 3,6 4,7 6,6 10,2 14,5 19,9 1990 1995 2005 2008 2011 60 40 20 0 2000 * Braunkohle, Steinkohle, Erdgas, Mineralöl 28 Raum & mehr 2|2012 Quelle: AG Energiebilanzen, Februar 2012 An Feldforschung fehlt es demnach nicht. Damit Elektromobilität bei Immobilieneigentümern und -betreibern als bezahlte Zusatzleistung an Attraktivität gewinnt, müssen jedoch schlüssige Geschäftsmodelle her. Wie kann eine wertschöpfende Integration in das Kerngeschäft gelingen? Angesichts hoher Investitionen wird dies allerdings nicht einfach sein. Nach Schätzungen der NPE kostet eine Ladestation im öffentlichen Raum zwischen 4.700 und 9.000 Euro, praktische Schnellladesysteme sind noch deutlich teurer. Auch wenn das Nachrüsten von Ladestationen auf gewerblichen Grundstücken preiswerter ist, wird es sich kaum über die verkaufte Strommenge amortisieren. Es muss also die Frage beantwortet werden, wer welche Kosten trägt und wie am Gewinn beteiligt ist. Einige Unternehmen sammeln bereits erste Erfahrungen, indem sie elektrisch angetriebene Fahrzeuge in ihren Fuhrpark integrieren oder Fotos: RWE; Union Investment/Eventbild-Service/Tobias Hase Aus Green Buildings werden Smart Buildings sogenannte Ökostromtankstellen bereitstellen. Seit April 2011 testet bei spielsweise die Deutsche Bank in ihren Greentowers, den umgebauten Zwillingstürmen in Frankfurt am Main, die Nutzung von Elektrofahrzeu gen für Dienstfahrten der Mitarbeiter im Stadtgebiet. Das Besondere: Betankt werden die 14 Elektroautos mit Strom, den das Green Building selbst produziert, indem es die überschüssige Bremsenergie von Aufzugs fahrten in den Energiekreislauf des Gebäudes zurückführt. 18 Ladesta tionen stehen in der Tiefgarage zur Verfügung, ein Ausbau der Flotte ist geplant. Eine Batterieladung reicht für circa 130 Kilometer, sodass die Elektrofahrzeuge meist problemlos über mehrere Tage im Stadtverkehr eingesetzt werden können, ohne liegen zu bleiben – eine Sorge, die noch bei vielen Nutzern mitfährt. „Sicherlich besteht weiterhin tech nischer Optimierungsbedarf, was die Reichweite und die örtliche Lade infrastruktur betrifft“, sagt der verantwortliche Flottenmanager Sven Nicolaysen. Mobilität neu zu denken, sei jedoch die eigentliche Heraus forderung. Wirtschaftlich betrachtet rechnet sich der elektrische Fuhr park nicht. Noch nicht. „Unter rein ökonomischen Aspekten können Sie nachhaltige Mobilität nicht betrachten. Erst die langfristige Perspektive macht E-Mobilität attraktiv, wenn dies zugleich im Kontext einer nach haltigen Immobilie geschieht“, erklärt Nicolaysen. Im Businessquartier Mertonviertel in Frankfurt am Main will eine Standortinitiative der E-Mobilität den Weg bereiten: „Die Installation von Ökostromtankstellen hat sich für uns als sinnvolle Möglichkeit erwiesen, in die nachhaltige Zukunft des Quartiers zu investieren“, erläutert Benno Adelhardt, Sprecher der Initiative. Das Vorhaben erfolgt in Kooperation mit dem Umweltforum Rhein-Main, das bereits mit dem Aufbau eines Solar- und Ökostromtankstellen-Verbunds im Rhein-Main-Gebiet be gonnen hat. Konkrete Marktforschung oder eine Nutzerbefragung hat es im Vorfeld nicht gegeben. „Wir wissen, dass das Thema E-Mobilität in Frankfurt eine immer stärkere Rolle spielt, deshalb haben wir schnell gehandelt, um der wachsenden Zahl der Nutzer im Mertonviertel eine einzigartige Möglichkeit zu bieten“, erklärt Adelhardt. Die Kosten für die Bereitstellung des grünen Stroms will die Standortinitiative tragen, in der sich große, ortsansässige Immobilienunternehmen engagiert haben. Business Case für Immobilien mit Elektromobilität Die Beispiele sind Ausnahmen. Bis jetzt ist die Integration von Elektromobi lität in das Gebäude- und Immobilienkonzept für Projektentwickler wie Eigentümer kein Thema. Der erste Schritt zu einem nachhaltigen Business Case ist die stärkere Vernetzung mit möglichen Kooperationspartnern aus der Energiewirtschaft, der Technologie- und Automobilbranche. Deshalb plädiert Philip La Pierre, Leiter Asset Management Deutschland bei der Union Investment Real Estate GmbH, für einen Ausbau der Ladeinfra struktur in vorhandenen und zukünftigen Immobilien. Das Bereitstellen einer entsprechenden Infrastruktur auch auf nicht öffentlichen Flächen würde im Zuge der Entwicklung des E-Mobilitätsmarkts an Bedeutung gewinnen. Erst recht, wenn man zukunftsfähige Immobilien unter Service aspekten betrachtet. Hier, so seine Überzeugung, liegt die ökonomische und ökologische Zukunft von Immobilien als Wegbereiter der Mobilität von morgen – wenn Gas zu geben hoffentlich wieder Spaß macht. $ Hype oder Zukunft? Wie Experten die Elektromobilität heute beurteilen Zukunftsfragen Aktuell wirft die Elek tromobilität mehr Fragen auf, als es Ant worten gibt. Welche neuen Mobilitäts konzepte sich aus ihr ergeben, ist offen. Inwieweit sich elektrisch angetriebene Fahrzeuge in ein intelligentes Energienetz werk integrieren lassen, bleibt abzuwar ten. Und wie sich Immobilieneigentümer als Schnittstelle in die Prozesse einbrin gen können, muss erprobt werden. Dialog Im Sommer 2012 hat Union Invest ment eine umfassende Ausstellung zum Thema Elektromobilität organisiert sowie einen interdisziplinär besetzten Expertentalk in den Riem Arcaden in München veranstal tet. Ziel der Aktivitäten ist, den Austausch zwischen den verschiedenen Branchenbe teiligten zu intensivieren, um Szenarien für mögliche Business Cases zu entwickeln. Dies stellt eine große Herausforderung dar, erläuterten die Experten in München. Meinungen Nicht nur das Mobilitätsver halten der Bürger wird sich in den kom menden Jahren ändern, meint der Univer sitätsprofessor Klaus J. Beckmann, Leiter des Deutschen Instituts für Urbanistik. Auch die Energiewende sei mit der Elektro mobilität verknüpft, sagt Volker Blandow, Global Head of E-Mobility beim TÜV Süd. Trotz der vielen offenen Fragen ist Abwar ten für Immobilieneigentümer der falsche Weg. Im Kontext nachhaltiger Immobi lien ist die Elektromobilität ein weiterer Baustein, mit dem sich Nutzerfreundlich keit und Ökologie verbinden lassen, davon ist Philip La Pierre, Leiter Asset Manage ment Deutschland bei der Union Invest ment Real Estate GmbH, überzeugt. $ Aufgaben Einig sind sich die Fachleute, dass Elektromobilität sowohl unter tech nischen und ökologischen Gesichtspunk ten als auch unter ökonomischen Aspekten nur im Verbund einer Vielzahl von Ak teuren gelingen kann. Jedoch fehle bisher eine Roadmap zur Umsetzung von Elek tromobilität, ergab der Expertentalk. Die in München begonnene Vernetzung ist der erste Schritt auf diesem langen Weg. Dokumentation Einen Videoclip zur Ver anstaltung findet man unter dem Stichwort „Riem Arcaden“ auf dem Nachhaltigkeits portal von Union Investment: www.nachhaltigeimmobilien-investments.de Raum & mehr 2|2012 29 Portfolio Zurück in der Spur Nach mehr als drei turbulenten Jahren blickt die Branche der deutschen Offenen Immobilienfonds wieder positiv in die Zukunft. Neue gesetzliche Regelungen und eine Erholung der Immobilienmärkte sollen das Produkt weiter stärken. Von Anne Wiktorin S o mancher hatte es kommen sehen: Der Markt für deutsche Offene Immobilienpublikumsfonds werde sich bereinigen, prognostizierte etwa Steffen Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung der Universität Regensburg, schon im Herbst 2010. Der Anlass: Drei Offene Immobilienpublikumsfonds, der Degi Europa, der Morgan Stanley P2 Value und der Kanam US-Grundinvest, hatten ihre Abwicklung bekannt geben müssen. Sechs weitere Fonds lagen auf Eis: Sie nahmen von ihren Anlegern vorübergehend keine Anteile mehr zurück, weil ihre Barreserven unter die gesetzlich vorgeschriebene Mindestliquiditätsquote von 5 Prozent des Fondsvolumens gesunken war. Wie es dazu kommen konnte? Ein Rückblick: Nach der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 zogen verunsicherte Anleger auf einen Schlag hohe Summen aus den insgesamt 43 deutschen Offenen Immobilienfonds ab – binnen eines Monats insgesamt 5 Milliarden Euro. Zwölf Fonds bekamen dadurch ernste Liquiditätsprobleme: Ihnen fehlten ausreichende Barmittel, um alle Rückgabewünsche ihrer Anleger zu erfüllen. In solchen Fällen haben die Gesellschaften zum Schutz der verbleibenden Anleger keine Wahl: Sie müssen, so schreibt es der Gesetzgeber vor, die Rücknahme von Fondsanteilen vorüber gehend aussetzen, zunächst für drei Monate. Zeitweilig lagen daher 32 Milliarden Euro Fondsvermögen auf Eis, etwa 40 Prozent der in Offenen Immobilienfonds angelegten Gelder. Zwar öffneten einige Fonds nach kurzer Zeit wieder – doch die Ruhe währte nicht lange. Als im Mai 2010 ein Diskussionspapier des Bundesfinanzministeriums zum neuen Anlegerschutzgesetz bekannt wurde, zogen Kunden innerhalb eines Monats erneut mehr als 1 Milliarde Euro aus den Publikumsfonds ab. Neun Fonds für Kleinanleger wurden geschlossen, darunter die beiden Schwergewichte SEB Immoinvest mit 6,4 Milliarden Euro Fondsvolumen und der CS Euroreal im Wert von 6,2 Milliarden Euro. Diesen beiden hatten viele Marktbeobachter noch am ehesten zuge traut, nach zwei Jahren Zwangsschließung die Wiedereröffnung zu schaffen – schließlich war es dem Management gelungen, durch Verkäufe die Liquiditätsquoten auf fast 30 Prozent zu erhöhen. Doch auch das reichte letztlich nicht aus, um alle Verkaufsorders zu bedienen, die von den aussteigewilligen Anlegern im Vorfeld der avisierten Öffnung an die Depotbanken gemeldet worden waren. Das Ergebnis: Die Fonds blieben geschlossen – und werden nun abgewickelt. Nach mehr als dreieinhalb Jahren der Turbulenzen, so die Beobachter unisono, sei nun ein wichtiger Schritt getan: Mit der Abwicklung der letzten beiden zuvor eingefrorenen Fonds werde „das grundsätzlich erfolgreiche Produkt bei vielen Kleinanlegern und der Öffentlichkeit wieder Vertrauen zurückgewinnen können“, erwartet Reinhard Kutscher, Vorsitzender der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH. Auch Sonja Knorr, Immobilienfondsanalystin beim Ratinghaus Scope, gibt sich zuversichtlich und verweist auf die hohen Mittelzuflüsse in den stabilen Fonds. Tatsächlich flossen im Jahr 2011 netto 1,2 Milliarden Euro in Offene Immobilienfonds – während im selben Zeitraum Anleger aus allen vom Bundesverband Investment und Asset Manage- Finanzkrise und Gesetzgeber hinterlassen ihre Spuren Deutsche Offene Immobilienfonds: Nettomittelaufkommen pro Monat, Mittelzu- und -abflüsse im Jahresverlauf, Fondsvermögen zum Jahresende, jeweils in Mrd. Euro, Anzahl der Fonds 1 15.9.: Die USamerikanische Investmentbank Lehman Brothers ist insolvent. 2,0 0 2 Zwölf von 43 deutschen Offenen Immobilienfonds setzen die Rücknahme von Anteilen vorübergehend aus, davon neun Publi3 kumsfonds. 3 Erster eingefrorener Fonds öffnet. 4 Fünf weitere der eingefrorenen Fonds öffnen. 5 Zwei der wiedereröffneten Fonds setzen die Anteilscheinrücknahme erneut aus. 4 5 1 6,64 –2,0 4,34 84,25 –4,0 87,08 –1,13 2 –6,02 Anzahl Fonds Jahr Monat 43 43 43 43 43 43 43 43 43 43 43 44 45 46 46 46 46 2008 Jan. März Mai Juli 46 46 47 47 45 45 Sep. Nov. Jan. März Mai Juli Sep. Nov. * aus Monaten mit positivem Nettomittelaufkommen ** aus Monaten mit negativem Nettomittelaufkommen *** abhängig vom Nettomittelaufkommen und von der Anzahl der Fonds, in 2012 per 31. Mai 30 Raum & mehr 2 | 2012 45 45 2009 Jan. ment gelisteten Publikumsfonds 16,6 Milliarden Euro (netto) abzogen, hat Scope ermittelt. Mit fast einer halben Milliarde neuer Mittel stand 2011 der UniImmo: Deutschland von Union Investment an der Spitze der Zuflüsse, gefolgt vom Deka-Immobilien Europa mit 414 Millionen Euro, dem Grundbesitz Europa von Deutsche-Bank-Fondstochter RREEF mit 327 Millionen Euro und dem Hausinvest von Commerz Real mit 320 Millionen Euro. Eine Entwicklung, die sich in diesem Jahr fortsetzt: Zwischen Januar und Juli 2012 verzeichnete Union Investment in ihren Offenen Immobilienfonds für Privatanleger Nettomittelzuflüsse von etwa 1,2 Milliarden Euro. „Der Offene Immobilienfonds 2.0 wird auf das klassische Profil eines risikoarmen Produkts für Privatanleger zurückgeführt.“ Reinhard Kutscher, Union Investment Real Estate GmbH Foto: Union Investment Ab 2013 gelten neue Vertragsbedingungen Offenen Immobilienfonds angelegt haben – unter anderem also Groß anleger oder institutionelle Kunden. Kleinsparer haben die Möglichkeit, sich in jedem Kalenderhalbjahr Anteile im Wert von bis zu 30.000 Euro ohne Kündigungsfrist auszahlen zu lassen. Auch an der börsentäglichen Rücknahme können Fondsgesellschaften – im Rahmen der übrigen gesetzlichen Regelungen – weiter festhalten. Einzige Voraussetzung: Sie müssen ihre Fondsimmobilien künftig nicht nur einmal pro Jahr, sondern einmal pro Quartal von unabhängigen Gutachtern bewerten lassen. „Durch das neue Gesetz wird der Offene Immobilienfonds 2.0 wieder auf das klassische Profil eines risikoarmen Produkts für breite Privatanlegerkreise zurückgeführt“, resümiert Kutscher. Umgekehrt wird der Immobilienspezialfonds für institutionelle Anleger immer wichtiger, wie eine Umfrage der Ratingagentur Scope unter 45 Großinvestoren aus dem Mai dieses Jahres zeigt. Darin beurteilten mehr als 70 Prozent den Spezialfonds als wichtiges Vehikel zur Investition in Immobilien. Bei der Befragung Mitte 2011 lag dieser Wert noch bei knapp über 60 Prozent. Ob Offene Immobilienpublikumsfonds weiterhin in der bekannten Form neu aufgelegt werden können, darüber wird seit Sommer 2012 diskutiert. Ein Entwurf des Bundesfinanzministeriums zur Umsetzung des EU-Regelwerks für Manager alternativer Investmentfonds (AIFM) sieht vor, nur solche Fonds zuzulassen, die „eine Rücknahmemöglichkeit nicht mindestens einmal jährlich vorsehen“, wie es im Diskussionspapier heißt. Wie auch immer der Gesetzgeber am Ende entscheidet: Bestehende Fonds werden davon nicht betroffen sein. $ Profitieren können insbesondere jene deutschen Fondsgesellschaften, die sich auf die Vertriebsnetze der Sparkassen, Volksbanken und Geschäftsbanken stützen. Anteil daran habe vor allem die Tatsache, so Reinhard Kutscher, dass die Branche ihre Lehren aus der zurückliegenden Krise gezogen habe. Dazu gehört vor allem die Trennung in Produkte für den privaten Kleinanleger und solche für professionelle Großinvestoren. Denn insbesondere Letztere hatten in den akuten Krisen der Jahre 2008 und 2010 einen großen Anteil an den hohen Mittelabflüssen aus vielen Publikumsfonds. Die Separation von Klein- und Großanlegern, die viele Fondsgesellschaften zwischenzeitlich selbst durch besondere vertragliche Regelungen vorgenommen haben, wird unterstützt durch die ab 1. Januar 2013 wirksam werdenden Änderungen des bereits im April 2011 in Kraft getretenen Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes. Die neuen Regelungen machen den Offenen Immobilienfonds für institutionelle Investoren weniger attraktiv – und schützen umgekehrt die langfristig orientierten privaten Sparkunden. Spätestens zum 1. Januar 2013 müssen Fondsgesellschaften in den Vertragsbedingungen ihrer Offenen Immobilienpublikumsfonds eine Mindesthaltefrist von 24 Monaten vorsehen. Neukunden können dann ihre Anteile frühestens im Januar 2015 verkaufen. Für Altanleger gilt diese Frist nicht. Die zweite wichtige Änderung betrifft jedoch alle Kunden: Eingeführt wird eine zwölfmonatige Kündigungsfrist. In der Praxis allerdings betrifft dies nur solche Anleger, die mehr als 60.000 Euro in einem Saldo Zuflüsse* in Mrd. Euro/Jahr 6 Pläne zur weiteren Regulierung von Offenen Immobilienfonds werden bekannt. Vier Fonds müssen daraufhin erneut schließen. Saldo Abflüsse** in Mrd. Euro/Jahr 7 Nach zweijähriger Schließung geben drei Fonds ihre Abwicklung bekannt. Sechs Fonds bleiben geschlossen. 6 Fondsvermögen*** in Mrd. Euro zum Jahresende 8 Nach zweijähriger Schließung gibt der vierte Fonds seine Abwicklung bekannt. 9 Fonds Nummer fünf und sechs werden abgewickelt. 10 Der siebte Fonds muss aufgeben. 11 Die beiden letzten der neun eingefrorenen Immobilienpublikumsfonds werden abgewickelt. 10 9 8 7 Nettomittelaufkommen in Mrd. Euro/Monat 11 4,37 1,94 85,78 1,47 85,21 45 45 46 46 46 46 46 46 45 44 44 45 45 45 44 44 2010 März Mai 84,48 –0,01 –0,72 –2,79 44 45 45 46 46 46 46 45 2011 Juli Sep. Nov. Jan. März Mai 45 44 43 43 2012 Juli Sep. Nov. Jan. März Mai Quelle: BVI, 5. Juli 2012 Raum & mehr 2 | 2012 31 Konzepte Der 1991 verstorbene Versiche rungs-Tycoon Hans Gerling demonstrierte mit seinem 300 Quadratmeter großen Chefbü ro in der Kölner Zentrale Position und Anspruch (links). Vorüberge hend wird das Büro als Lounge genutzt (unten), bis 2006 war es ein Konferenzraum (rechts oben). Die Zentrale der HDI-Gerling Versicherungen in Hanno ver prägt ein modernes Raum konzept (rechts unten). 32 Raum & mehr 2 | 2012 Harmonie statt Hierarchie Die heutige Generation der Unternehmenslenker arbeitet mindestens so hart wie die vorige. Eines aber hat sich verändert: Die heutigen Büros der Führungsriege sind nicht mehr Ausdruck von Machtbewusstsein, sondern von Offenheit und Nähe. Von Ulrike Wirtz D as Büro des einstigen Versicherungs-Tycoons Hans Gerling maß 300 Quadratmeter, umfasste zwei Geschosse und war schon deshalb legendär. „Solche Chefzimmer sind heute nicht mehr zeitgemäß“, sagt Joachim H. Faust, geschäftsführender Gesellschafter des Architekturbüros HPP Hentrich-Petschnigg & Partner in Düsseldorf, das bereits viele Corporate Headquarters geplant hat. „So viel Raum für einen Einzigen hat etwas mit einem Verständnis von Macht zu tun: Im Prinzip hat er wie ein Sonnenkönig residiert. Solche Maße werden heute nicht mehr goutiert“, so Faust. Monumental war nicht nur das Büro von Hans Gerling, der den 1904 vom Vater in Köln gegründeten Familienkonzern ab 1945 bis zu seinem Tod 1991 als Eigentümer führte. Monumental war auch der gesamte Gebäudekomplex am Hauptsitz in Köln. Faust: „Mit dem Chefbüro hat Gerling seine Position und seinen Anspruch demonstriert.“ Das hat sich deutlich verändert: „Hierarchien zeigen sich auf subtilere Weise“, sagt Architekt Faust. Chefs verbarrikadierten sich zunehmend weniger hinter dicken Wänden und wollten kaum noch durch deutlich mehr Raumgröße ihre Position demonstrieren. Auch heben sich neu gestaltete Chefetagen weniger durch eine opulent-individuelle Inneneinrichtung ab, beobachtet der HPP-Geschäftsführer. Stattdessen arbeiten Firmenchefs eher in offeneren Strukturen, mit viel mehr Glas und oft mit Interieur, das sich nur durch hochwertigere Materialien, nicht aber stilistisch von dem der Belegschaft unterscheidet. Manchmal gebe es auch gar keine Unterschiede, „ein Prinzip, das viele Freiberufler pflegen, weniger allerdings die Industrie und große Banken“. Fotos: Privatarchiv Irene Gerling; Frankonia Eurobau; Ogandofoto; EUROMEDIAHOUSE Hannover Kommunikative Räume fördern gute Ideen Diese Entwicklung habe mit der Erkenntnis zu tun, dass Mitarbeiter pfleglich zu behandeln seien, modernes Management auf flache Hierarchien setze und der Teamgedanke sich nicht darin erschöpfe, Mitarbeiter und Kollegen beim Vornamen zu nennen, erläutert Beate Weller den Trend. Die Innenarchitektin und Designerin aus Frankfurt am Main gestaltet moderne Chefetagen in ganz Deutschland. „Man hat zudem erkannt, dass aus der offenen Kommunikation mit allen die besten Ideen entstehen.“ Diese Demokratisierung sei oft Teil der Unternehmensphilosophie und spiegele sich daher in Raumkonzepten wider, die sich allen Hierarchiestufen anpassen. Unternehmen aller Art nutzten daher Neu- und Umbauten für Grundrissstrukturen, die die Offenheit moderner Managementphilosophien dokumentierten. Die sich wandelnde Arbeitswelt „verdrängt zunehmend auch individuelle, opulente Büros der Führungskräfte“, stellt Beate Weller fest. Auch die internationale Anwaltskanzlei Hogan Lovells nutzte den Umzug am Düsseldorfer Standort zum Start in eine neue architektonische Arbeitswelt – und das gilt nicht nur für die angestellten Mitarbeiter, sondern ebenso für die Partner, wie bei den Sozietäten die Unternehmenslenker heißen. Hogan Lovells zog im August 2009 ins § Raum & mehr 2 | 2012 33 Konzepte neue Sky Office am Kennedydamm und belegt im modernen Gebäu deaus Glas die Etagen 9 bis 13 komplett, das 21. und 22. Geschoss zur Hälfte. Optische Eyecatcher: cooler Sichtbeton, bis zu sieben Me ter hohe Glaswände und schicke Hightech-Decken. Rezeption und Konferenzzone befinden sich im 21. Stock. Die 230 Beschäftigten – darunter 150 Anwälte, wovon 22 Partner sind – verteilen sich auf fünf reine Büroetagen. Die Partner sitzen direkt bei ihren Teams und nicht etwa separat auf einer Etage für sich. „Das sorgt für ständigen Gedankenaustausch, wechselseitige Befruchtung, erhöht Tempo und Effizienz bei der Mandatsbearbeitung und steht für die Homogeni tät des ganzen Teams“, erklärt Partner Roland Bomhard. Er und sein Partner-Kollege Erhard Keller waren oberste Planer für Umzug und Raumkonfiguration. Beispiel bezieht demnächst in Köln das ehemalige Lufthansa-Hochhaus direkt am Rhein, das Projektentwickler Hochtief Solutions komplett entkernt hat und das sich nun MaxCologne nennt. Lanxess plant die Etagen streng nach Hierarchie von oben nach unten. Anders bei der Generali Deutschland Holding: Das Versicherungs unternehmen bezog im Sommer 2009 mit 400 Mitarbeitern in Köln das Bürogebäude Dominium im Bankenviertel in unmittelbarer Nähe zum Kölner Dom. Nach außen betont der neue Bau mit den zwei mar kanten Türmen seine historische Anmutung durch ein denkmalge schütztes neugotisches Fassadenteil. Innen hingegen präsentiert sich das Gebäude zeitgenössisch-modern, der Grundriss wurde offen und möglichst transparent gestaltet. „Ein kalkulierter Bruch“, erläutert Dörte Gatermann das Konzept. Die Mitgründerin des Architekturbüros Gatermann + Schossig in Köln entwarf als kreativer Kopf das Interieur des Dominiums. „Mein Auftraggeber Generali Deutschland legte Wert darauf, dass die Formsprache im Gebäudeinnern Transparenz und § Chefbüros sind größer, aber nicht besser ausgestattet Eine weitere demokratisch-moderne Annäherung: Alle Arbeitsplätze liegen an Fenstern, und in allen Zimmern findet sich Mobiliar von Premium hersteller USM. Feiner Unterschied bei der Ausstattung der Zimmer: „Die Mitarbeiter hatten die Wahl zwischen zwei Varianten, den Part nern standen fünf zur Auswahl“, so Bomhard. „Aber alle Böden und die Farbgebung sind gleich, überall liegt Teppichboden, alles ist grauweiß-schwarz – und der Ausblick naturnah.“ Individualität erlauben sich die Partner nur bei den Schreibtischen und Kunstwerken in ihren Büros. Außerdem sind Partnern die Eckbüros mit besonders großzügigem Aus blick vorbehalten, ihnen stehen zudem mehr Quadratmeter Fläche zu als dem Rest der Belegschaft. „Dies spielt sich gegenüber den Mitar beitern bei uns nur im Bereich von einer Achse mehr oder weniger ab“, sagt Bomhard und bezieht sich damit auf das sogenannte Achsmaß. Es definiert in der Fachsprache der Büroplaner jenen Abstand, in dem Zwi schenwände gesetzt und so Raumzuschnitte verändert werden können. Als gängige Achsmaße in modernen Bürogebäuden gelten Abstände zwischen Bauteilen von 1,20 Meter, 1,35 Meter und 1,50 Meter. Auch unter den Hogan-Lovells-Partnern kam die Frage auf, ob ältere Partner nicht Räume mit mehr Achsen bekommen sollten als jüngere. Ergebnis: „Wir haben das Thema diskutiert und verworfen“, so Bomhard. Solche Diskussionen seien typisch, weiß Innenarchitektin Weller: „Am Anfang wollen die Führungskräfte mehr Größe, mehr Individualität – eher klassisch. Aber viele öffnen sich dann im Laufe der Planungen für offene Lösungen.“ Bei Hogan Lovells verzichten etwa immer wie der Partner auf ein Eckbüro, beziehen einen Raum inmitten der ande ren und sitzen noch dazu freiwillig wie in einem Aquarium. So nennt man scherzhaft jene transparenten, rundum verglasten Büroräume, die wegen der geringen Privatsphäre nicht jedermanns Geschmack sind. „Das war auch bei unserem Umzug einer der am heißesten diskutier ten Punkte“, so Rechtsanwalt Roland Bomhard. Die Lösung: Folien auf den Glaswänden, die direkten Blickkontakt ausschließen, nicht aber dem Transparenzgedanken zuwiderlaufen. Die besten Etagen weit oben im Sky Office – auf den beiden Eta gen im 21. und 22. Geschoss – sind bei Hogan Lovells für die Rezep tion und die Konferenzräume reserviert. Genauso halten es inzwischen die meisten Kanzleien und zahlreiche Freiberufler. Anders in vielen Industrieunternehmen, aber auch bei manch einer Bank, Sparkasse oder Versicherung: Hier sind solche Premiumflächen mit besonderer Aussicht, der sogenannte Executive Floor, nach wie vor Domäne der Aufsichtsräte und Vorstände. Das Chemieunternehmen Lanxess zum 34 Raum & mehr 2 | 2012 Fotos: GATERMANN+SCHOSSIG; Jens Willebrand Rezeption und Konferenzräume in der obersten Etage Transparente Arbeitswelt durch alle Hierarchien de monstriert die Generali Deutschland Holding, die 2009 ihre neuen Räume in Köln bezog. Glas und Metall sind die beherr schenden Materialien im Dominium – hier der Club raum für alle Mitarbeiter in der neunten Etage für diverse Anlässe (unten und rechts). Raum & mehr 2 | 2012 35 Konzepte Die internationale Anwaltskanzlei Hogan Lovells empfängt ihre Mandanten in ihrer besten Etage im 21. Stock. Cooler Sichtbeton, moderne Hightech-Decken und ein giftgrünes Designermöbel setzen optische Akzente (unten). Zeichen demokratisch-moderner Arbeitswelt: Die Chefs der Sozietät Hogan Lovells sitzen nicht im Executive Floor ganz oben, sondern direkt bei ihren Teams in den Etagen darunter. Alle Arbeitsplätze liegen an Fenstern, alle Büros haben gläserne Wände (rechts). 36 Raum & mehr 2 | 2012 flache Hierarchien demonstriert“, schildert sie die Aufgabenstellung. „Das opulente Äußere aus Stein – von Architekt Hans Kollhoff – muss sich innen daher drehen. Dafür sorgen Glas und Metall als beherrschende Materialien.“ Im obersten Stockwerk, auf Etage neun, befindet sich neben Mitarbeiterbüros eine Art Clubraum mit moderner Theke. Er kann für Events zu verschiedenen Anlässen, genauso aber als Konferenzraum genutzt werden. Eine reine Chefetage, wie es sie früher am Unternehmenssitz in Aachen gab, findet man heute nicht mehr im Gebäude. Die drei Vorstände verteilen sich auf die Etagen sieben und acht in den beiden Türmen, wo die Wände aufgrund der baulichen Bedingungen massiv sind und daher ausnahmsweise die gläserne Transparenz des übrigen Hauses durchbrechen. Für guten Schallschutz sorgen Türen aus Holz, ansonsten gehören zu jedem Vorstandsbüro ein verglaster Sekretariats- und ein offener Besprechungsbereich. Die Möblierung ist überall im Haus identisch: Hochwertige Materialien und Farben herrschen vor – ein moderner Mix aus Kirschbaum und Metall in Silber und Weiß. „Transparenz und Offenheit sind uns in der Holding besonders wichtig“, betont GeneraliVorstandsvorsitzender Dietmar Meister. „Dies soll sich auch in der Innenarchitektur unserer Konzernzentrale widerspiegeln.“ Architektin Gatermann erläutert, wie sie diesen Wunsch umsetzte: „Daher zieht sich auch das Corporate Design – Generali-Rot zu Silber – optisch durch alle Etagen. Es findet sich in raumhohen Glasverkleidungen, Präsentationsflächen, künstlerischen Medieninstallationen und in kunstähnlichen Installationen.“ Fotos: HPP Architekten/Jens Kirchner Zugangskontrolle gibt es nur am Empfang Auch beim Assekuranzunternehmen Gerling ist viel geschehen, seit das einstige Familienimperium unter das Dach der Talanx-Gruppe schlüpfte. Auf ein komplett gläsernes Raumkonzept einigten sich die Vorstände von der HDI-Gerling Versicherungen, als sie im Herbst 2011 ihren Neubau in Hannover bezogen. Eine neue, einheitliche Möblierung ihrer Arbeitsplätze allerdings gibt es nicht: „Wir haben uns dafür entschieden, die Möbel, die im Lauf der Zeit angeschafft wurden, auch im Neubau weiter zu benutzen. Daher sind hier unterschiedliche Stile vertreten“, so Thomas Emmert, als Vorstand von Talanx Service verantwortlich für den Neubau. Jedes Vorstandsmitglied, auch der Vorsitzende, verfügt über einen sechs Achsen breiten Raum bei gleicher Raumtiefe. Und sie sitzen alle in der obersten Etage. Einziges Extra des Vorstandsvorsitzenden: ein eigener Besprechungsbereich. Anders als im alten Gebäude nutzen die HDI-Gerling-Vorstände nun für alle Wege dieselben Aufzüge wie der Rest der Belegschaft. Eine Zugangskontrolle findet nur am Empfang statt. Beibehalten wurde ein separater Bereich zur Bewirtung von Gästen, in dem Vertraulichkeit gewahrt bleibt. Er liegt auf der Rückseite der Kantine und ist nur durch diese erreichbar. Thomas Emmert: „Dieser Punkt wurde bewusst so entschieden – es handelt sich um Geschäftsessen, und daher gibt es keinen Grund, sie geheim zu halten. Denn das neue Raumkonzept, die Transparenz, die gewisse Demokratisierung durch dieselben Aufzüge und dieselbe Kantine mittags – das steht für die Neuorientierung von HDI-Gerling als transparentes und zeitgemäßes Unternehmen im Talanx-Konzern.“ Der Name Gerling hat überlebt – die Gebäude des monumentalen Unternehmenssitzes allerdings stehen derzeit noch leer – auch das Büro, in dem einst Hans Gerling residierte. Eines Tages, nach dem Umbau, werden hier neue Mieter einziehen. Vielleicht mit modernen Raumkonzepten und neuen Gestaltungsideen für die Vorstandsetage. $ Raum & mehr 2 | 2012 37 Weitwinkel Zeig mir deinen Schreibtisch, und ich sag dir, wer du bist Das Privatisieren des gar nicht so privaten Arbeitsplatzes ist ein spannendes Thema. Die Köln International School of Design führte dazu eine vergleichende Feldstudie durch – mit bemerkenswerten Ergebnissen. Von Elke Hildebrandt Rekordverdächtig: 128 Allein private Ausstellungsstücke dokumentierte eine Studie auf dem Schreibtisch einer Taiwanesin. My Desk is my Castle Etwa 700 Schreibtische in Versicherungen, Banken, Verwaltungen, Callcentern und Designbüros untersuchten Forscher der Köln International School of Design. Ihre Studie präsentiert eindrucksvolle Analysen, interes- Callcenter ohne Heimatgefühle Die Schreibtische in Callcentern sind besonders steril. Hier teilt man sich den Arbeitsplatz, des halb stehen auf den Schreibtischen nur die allernötigsten privaten Dinge, zum Beispiel Getränke oder Pausen snacks. Das Zuge hörigkeitsgefühl fördert diese „Clean Desk Policy“ nicht – was die Autoren der Kölner Studie kritisch sehen. Raum & mehr 2 | 2012 „Für Berufstätige ist der Schreibtisch eine Art Heimat, ein eigenes Territorium. Manchmal wird er zur kleinen Theaterbühne, zum Ausstellungsraum, zum Reliquienschrein.“ Uta Brandes, Professorin an der Köln International School of Design Klischees werden voll bestätigt Typisch Frau oder typisch Mann? Weil auch ein Schreibtisch zur Privatsphäre gehört, kann die Gen derfrage meist schnell beantwortet werden: Auf Frauentischen herrscht ein eher pastelliges Farbklima, Männerschreibtische dagegen präsentieren sich in Dunkelblau, Schwarz und Metallic. Damen bevorzugen weiche Materialien wie Plüschtiere oder Emotionales wie Familienfotos. Typisch männlich sind martialische Figuren oder Sportfotos. +++ Die nächste RAUM & mehr erscheint im März 2013 +++ 38 Dieser italienische Schreibtisch trägt den klangvollen Namen Tavalo Luigi XVI. Das besondere Design liefert eine perfekte Illusion: Hier steht kein moderner Holztisch, der dank Trompe-l’Œil so tut, als sei er ein alter Holztisch. In Wirklichkeit ist alles aus Pappe! Buntes Chaos ist völlig normal Kleinkram, Grünzeug, Nippes: Mehr als ein Dutzend arbeitsfremder Objekte liegt durchschnittlich auf den Schreibtischen, in Hongkong sind es im Schnitt sogar 40. Asiaten seien Enge gewöhnt und liebten es bunt, stellt eine Studie fest. Fotos: Vito Corvasce; Birkhäuser (2); Getty Images (3) sante Essays und viele kuriose Bilder. Uta Brandes, Michael Erlhoff (Hrsg.): My Desk is my Castle, Birkhäuser 2011 Inspirierende Ausstellungsfläche Les Grands Prés, Mons Seit 2004 gehört das Shoppingcenter Les Grands Prés im belgischen Mons zum Portfolio des Offenen Immobilienfonds UniImmo: Europa. Bis Ende 2014 wird das Zentrum von knapp 18.000 Quadratmetern Verkaufsfläche auf circa 26.000 Quadratmeter erweitert. Regiopark, Mönchengladbach Das Logistikzentrum Regiopark in Mönchengladbach mit einer Nutzfläche von 53.205 Quadratmetern gehört zum Portfolio des Offenen Immobilienfonds UniImmo: Global. Es wurde im Dezember 2011 fertiggestellt und ist an den Lifestylekonzern Esprit vermietet. Emporio, Hamburg Herzstück des gleichnamigen Quartiers ist das 24-geschossige Emporio Hochhaus, das von Union Investment unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten vollständig revitalisiert und um einen Hotelneubau ergänzt wurde. Das Ensemble gehört zum Offenen Immobilienfonds UniImmo: Deutschland. Raum & mehr 2 | 2012 Bitte senden Sie RAUM & mehr regelmäßig und kostenfrei an meine unten stehende Adresse $ Ich bin bereits RAUM & mehr-Leser, aber meine Anschrift hat sich geändert. Les Grands Prés, Mons $ Ich bin ein neuer RAUM & mehr-Leser. Bitte freimachen Bitte senden Sie RAUM & mehr künftig an diese Adresse Titel Vorname Nachname Rückantwort Ausgabe 2| 2012 Funktion Telefon Union Investment Real Estate GmbH Redaktion RAUM & mehr Postfach 30 11 99 20304 Hamburg E-Mail Firma Postfach/Straße PLZ-Ort Land Informationsmaterial anfordern. Bitte senden Sie folgende Unterlagen an meine Adresse $ Vorherige Ausgabe von RAUM & mehr $ Unternehmensbroschüre Union Investment Real Estate GmbH $ Broschüre: Institutionelle Immobilienlösungen $ Broschüre: Nachhaltige Immobilieninvestments – aus Überzeugung Regiopark, Mönchengladbach Sie können alle Postkarten auch als Fax-Antwort senden an (0 40) 55 28 97 89 Bitte freimachen Titel Vorname Nachname Rückantwort Ausgabe 2| 2012 Funktion Union Investment Real Estate GmbH Redaktion RAUM & mehr Postfach 30 11 99 20304 Hamburg Firma E-Mail Postfach/Straße PLZ-Ort Land Meine Leser-Empfehlung für RAUM & mehr. Bitte senden Sie RAUM & mehr regelmäßig und kostenfrei auch an Titel Emporio, Hamburg Sie können alle Postkarten auch als Fax-Antwort senden an (0 40) 55 28 97 89 Bitte freimachen Vorname Nachname Funktion Firma Postfach/Straße PLZ-Ort Land Mein Vor- und Nachname Firma Sie können alle Postkarten auch als Fax-Antwort senden an (0 40) 55 28 97 89 Rückantwort Ausgabe 2| 2012 Union Investment Real Estate GmbH Redaktion RAUM & mehr Postfach 30 11 99 20304 Hamburg Erleben Sie Nachhaltigkeit in neuer Dimension – auf der EXPO REAL Internationale Experten im Dialog auf der 3. Sustainable Investment Conference. Selten wird das Thema Nachhaltigkeit so aktuell und spannend diskutiert. Besuchen Sie die 3. Sustainable Investment Conference und erfahren Sie mehr über nachhaltiges ImmobilienPortfoliomanagement und neue Strategien zur Einbindung von Nutzern und Dienstleistern. Weiteres Highlight ist die Preisverleihung des Prime Property Award 2012, mit dem Investoren für nachhaltige Immobilienprojekte in Europa ausgezeichnet werden. 9. Oktober 2012, 10.30 – 13.30 Uhr EXPO REAL, Planning & Partnerships Forum, Halle A2 Seien Sie dabei! Das vollständige Programm finden Sie unter www.sustainable-investment-conference.de Stand B2.142