500 Jahre Mode

Transcrição

500 Jahre Mode
5oo ja hr e
ODE
texte von rita kopp
zusammengestellt von
burkhard finken
THORBECKE
i n h a lt
Vorwort
d a s x v. j a h r h u n d e r t
da s x v i. ja hr h u ndert
d a s x v i i. j a h r h u n d e r t
d a s x v i i i. j a h r h u n d e r t
da s x i x. ja hr hu ndert
Bildnachweis
Literaturauswahl
Danksagung
i n h a lt
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Vorwort
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d a s x v. j a h r h u n d e r t
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da s x v i. ja hr h u ndert
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da s x i x. ja hr hu ndert
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Bildnachweis
Literaturauswahl
Danksagung
VORWORT
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7
Der Kleiderschrank einer, sagen wir, 30-jährigen Frau von heute: Was darin hängt und
sich stapelt, ist das Ergebnis jahrhundertelanger
Traditionen—der westeuropäischen Kultur
allgemein und des abendländischen Schneiderhandwerks im Besonderen. Diese banale
Feststellung hat selbst dann ihre Richtigkeit,
wenn drei Viertel der Garderobe über für die
Trägerin schwer durchschaubare außereuropäische Produktions- und Handelswege in ihren
Kleiderschrank gelangten. Mit dieser und noch
einer Menge anderer Paradoxien wartet die
Kleidermode—und vorwiegend von ihr soll in
diesem Buch die Rede sein—auf. Jedes einzelne
Kleidungsstück, so »modern« es zum Zeitpunkt seines Kaufes auch sein mag, verweist
nämlich zugleich auf seine modische Haltbarkeit. Eine eben noch angesagte Farbe, der
erst gewöhnungsbedürftige Schnitt einer Jeans:
Sie bauen auf eine Geschichte und haben selbst
wiederum eine solche. Im persönlichen Ermessen der Trägerin liegt es, ob gewisse Kleider
noch »gehen«, d. h. aus dem Modejargon
übersetzt, ob man sich nicht bereits eine Saison
später damit lächerlich macht. Wohlmeinende
Frauenzeitschriften raten dann ja meistens, angejahrte Teile mit aktuellen Accessoires »aufzupeppen«. Frau entkommt dem stumm-beredten
Diskurs auf der Straße also auch dann nicht,
wenn sie dem komplizenhaft gemeinten Rat
NICHT folgt: Er ist allgegenwärtig und fordert
—die Frauen offenbar mehr als die Männer—
zur täglichen Stellungnahme heraus. Dabei bietet der oben genannte imaginäre weibliche Kleiderschrank eine so große Freiheit und Kombinationsmöglichkeit, wie sie die Frauen früherer
Jahrhunderte weder hatten noch brauchten.
Losgelöst von Standesschranken und Kleiderordnungen, kann die Frau heute alles tragen.
Es ist ihr gestattet, im langen Couture-Kleid
in der Oper zu erscheinen, im 'RUNGE-Look die
Nacht in großstädtischen Clubs durchzufeiern,
am nächsten Morgen in seriösem Kostüm oder
wahlweise im Hosenanzug einer anspruchsvollen beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Dem
Feierabend ist das lässige WEEKENDOUT½T vorbehal-
ten, das sich übrigens sowohl zum Fernsehen,
zum Yoga, zum Walken als auch dann eignet,
wenn kleine Kinder zu Hause warten. Das
Greifen zu modischem Zubehör, wie Taschen,
Schuhen, Schals, Schmuck und Handschuhen,
erfolgt eher zwanglos als nach Mustern. Freilich
ist das Anlegen von Kleidung heute wie jeher
vom Anlass und der sozialen Schicht gesteuert,
aber nie zuvor war das Spiel mit ihren Formen,
wovon die Hose und der Minirock nur die
provokantesten Beispiele des 20. Jahrhunderts
darstellen, so reizvoll. Dabei erscheint im Auf
und Ab der Sommer- und Winterkollektionen,
deren beutereichste Einkaufszeit sich auf den
Höhepunkt der jeweils vorangehenden Jahreszeit vorverlagert hat, nichts wirklich Neues.
Eine Modegeschichte, die, wie die vorliegende,
Tendenzen nur kursorisch andeuten kann,
muss deshalb dort ansetzen, wo die westeuropäische Kleidung schlagartig innovativ wird:
im Spätmittelalter. Ihr Ende findet sie an der
Schwelle zum 20. Jahrhundert, wo die Mode
sich im Grunde nur noch wiederholt—was
nicht heißen soll, dass sie, kapriziös wie sie ist,
das nicht auch zwischendurch tut.
In ihrer Studie »Anzug und Eros« (1994) gewinnt die amerikanische Kunsthistorikerin
Anne Hollander die überraschende Einsicht,
dass die Mode Westeuropas sich seit dem
14. Jahrhundert nicht mehr wesentlich geändert
habe. Weibliche Kleidung habe die originelle
männliche immer nur imitiert, wenn auch
zeitlich verzögert und stets nur partiell. Hollander stützt ihre These auf die Beobachtung,
dass sich bereits um 1300 der Kampfanzug des
Ritters vom formlosen Kettenhemd hin zum
eng anliegenden Plattenharnisch entwickelte.
Wie übrigens die gesamte Kleidung beider
Geschlechter hingen Unter- und Oberkleidung
des Kriegers seit der Antike tuniken- bzw.
stolenartig herab. Das änderte sich mit einem
Mal, als es den Rüstungsschmieden erstmals
gelang, den männlichen Körper dreidimensional—mit röhrenförmigen Gliedern und einer
höchst anspruchsvollen Linienführung für den
Rumpf—nachzubilden. Ein darunter liegendes
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wattiertes Wams mit langen Ärmeln bildete
den Schutz vor Druckstellen. Es ist ebenfalls
eine Maßanfertigung des Rüstungsschmiedes
und sollte schon bald in die Zivilkleidung übernommen werden. Den Unterkörper zeichnen
eng anliegende Beinlinge nach, die am Wams
befestigt wurden. Die Erfindung des gepolsterten Hosenlatzes beschließt die Logik dieser
Kostümierung.
Nach Jahrhunderten der Passformlosigkeit
ist somit ein extrem sexualisiertes Bild vom
bekleideten Mann im Umlauf. Hollander weist
nach, dass sich dieser zweigeteilte Anzug des
Mannes, der lediglich in der Zeit der Klassik
noch einmal eine Überarbeitung erfährt, bis
in die Moderne hinein als Ausdruck purer
»Redlichkeit«, »Zurückhaltung, Klugheit und
Gelassenheit« erhalten hat.
Ist die äußere Hülle des Mannes einmal erotisch
aufgeladen, zieht die weibliche Tracht ab dem
frühen 16. Jahrhundert nach. Schnürmieder sind
die neuen, engen Oberteile der Renaissanceroben und nach dem Vorbild der Wämser
geschneidert. Das erotische Spiel mit den wechselnden Konturen von Hals und Busen nimmt
seinen Anfang. Auch hat die sichtbare Schnürung, die später in der tonangebenden Mode
wieder verschwindet, durch den Akt des Ausziehens—durch die Zofe, den Mann—deutliche
Phantasien freigesetzt. Am Frauenrock, dem
stärksten modischen Unterscheidungsmerkmal,
ändert sich grob nichts: bis auf die Versteifungen, die ab dem Zeitalter der Spanischen Mode
mit Symmetrien (ROBEgLAFRANlAISE) und Asymmetrien (CULDE0ARIS) ihr exaltiertes Spiel treiben. Auf
jeden Fall heften sich männliche Vorstellungen
daran, und auch die Täuschung—als Topos für
das Wesensmerkmal von Mode und Frau zugleich—erhält ein einprägsames Bild.
Überhaupt verändert sich das weibliche Kleid
bis zum 20. Jahrhundert nur dahingehend, wie
viel weibliche Haut an Armen, Hals, Brust
bzw. Rücken es freilegt und ob der Schuh sichtbar werden darf. Wogegen das Entblößen von
männlicher Haut als modischer Kunstgriff bis
heute hochgradig irritiert.
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Ein weiteres Merkmal sittsamer weiblicher
Mode besteht bis weit ins 20. Jahrhundert
hinein im langen, zur kunstvollen Hochsteckfrisur stilisierten Haar. Die Haartracht kann
mehr oder minder gelockt sein, zu mehr oder
weniger Künstlichkeit neigen, sie muss aus
Anstandsgründen verschleiert sein. Barhäuptig
gehen dürfen nur Jungfrauen und Bräute. Beim
Mann haben Kopfbedeckungen dagegen eher
den Status eines Rangabzeichens, Frisuren und
Barttrachten oft politisch-religiöse Konnotationen.
Der Mann macht also recht früh einen den
jeweiligen militärischen Anforderungen angepassten formalen Mythos aus seinem Anzug.
Dieser kann bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
mal die seidenbestickte Oberfläche betonen,
mal durch edle Schlichtheit eines Wollstoffes
den perfekten Schnitt hervorheben. Eines
großen Erfindungsreichtums bedurfte der
perfekte männliche Auftritt nicht mehr, ebenso
brauchte das Reden über Mode wie über andere
Nichtigkeiten nicht mehr Sache der Männer
sein.
Zudem wird die Mode im 19. Jahrhundert ein
einträgliches Geschäft, das weit über das der
exklusiven Webereien in Mailand, Spitalfield/
London, Lyon und namenloser, aber kongenialer Schneider hinausgeht. Kaufhäuser, Fabriken mit neuen Druckverfahren für einfache
Kattunstoffe sowie erste Couturiers lenken den
Modegeschmack—vor allem der Frauen.
Frauen kennen sich bis heute in der Mode aus:
in ihren komplizierten Details, ihrem schwierigen Vokabular, dem erforderlichen Fragespiel
im Kopf »Was passt?« (in Bezug auf den Anlass), »Steht es mir?«(in Bezug auf die eigene
Individualität), »Passt es mir (noch)?«(in Bezug
auf das schlanke Schönheitsideal). Sie wollen
hübsch sein und möchten verführen. Deshalb
lassen sie sich vom schwelgerischen Anblick
eines Kleides, von der Haptik eines Stoffes,
vom Rauschen eines Rockes in den Bann schlagen. Das ist die erotische Doppeldeutigkeit
vom sogenannten MUSTHAVE! Und dann kommt
das nächste ...
80
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spitzenkragen / flasques /
lederkoller / bänder /
rosetten / schluppen / becherstiefel / schneppentaille /
fontange-frisur / juste–au–
corps / allongeperücke
Die Mode des 17. Jahrhunderts zeigt sich uneinheitlich, weil die politische und kulturelle
Vormachtstellung in Europa zunächst ungeklärt
ist. Spaniens Weltmacht schwindet gegen Ende
des 16. Jahrhunderts, Frankreichs Absolutismus
konsolidiert sich erst hundert Jahre später. Dazwischen schiebt sich wie ein Keil der Dreißig81
jährige Krieg (1618–1648): Die Kleidung der
Soldaten besaß plötzlich eine bedeutende Vorbildfunktion, gerade, weil sie nicht uniformiert
im modernen Sinn war, sondern Unterschichtenkleidung. Nicht zuletzt deshalb trennte diese
Modeentwicklung die steifen spanischen von
den verspielten französischen Gewandformen.
Beide Geschlechter profitierten von dieser Entwicklung. In England brachte ein Bürgerkrieg
neue, schlichte Kleiderformen; aus Holland, das
als Wirtschafts- und Handelsmacht aufblühte,
kamen Modeimpulse zu mehr Gediegenheit
und Eleganz. Die Mode kaum eines Zeitalters
unterscheidet daher, neben den zu erwartenden
sozialen Divergenzen, so sehr nach Religion
und Alter ihrer Träger.
Bereits vor Ausbruch des Dreißigjährigen
Krieges ließ nämlich der mächtige Einfluss der
Spanischen Mode nach. Die dicken Auspolsterungen und Versteifungen bei Wams und Hose
verschwanden, ebenso die unnatürlich enge
Schnürung der Kleidung beiderlei Geschlechts
im Taillenbereich. Der großen, stellenweise bis
zu zehn Zentimeter dicken, steifen Halskrause,
einst Verkörperung der unnahbaren Spanischen
Hofmode, waren die Männer im fortschrittlichen Norden der Niederlande teilweise bereits
um 1610 überdrüssig. Die Fallkrause, ein ungestärkter Kragen ohne stützenden Unterkragen,
war lediglich ein Übergangsmodell. Schneller
als in der Frauenmode, die die lieb gewonnenen Relikte der Spanischen Mode länger zu
bewahren schien, verbreitete sich der flach auf
den Schultern aufliegende Spitzenkragen aus
feinem Leinen. Er schmückte das Wams, welches vollends zum wichtigsten Kleidungsstück
geworden war. Am Anfang des Jahrhunderts
war es noch kurz und eng, hatte aber schon bald
den von Frankreich ausgehenden lockeren Zuschnitt. Oft lief es ab dem Schluss in einzelnen,
abgesteiften Schoßteilen aus, den sogenannten
¾ASQUES—ein modisches Detail übrigens, das
in der Frauenmode ein Jahrhundert später an
der Unter-, aber auch Oberbekleidung beliebt
wurde. Die Ärmel waren bauschig und ließen
durch Zierschlitze hindurch das Hemd sehen.
Besonders auf den Porträts der Feldherren jener
Jahre verwundert vielleicht der Lederkoller. Er
ist das einzige Überbleibsel einer wehrhaften
Rüstung, die im Zeitalter der Feuerwaffen sinnlos geworden war. Die kriegerische Waffe selbst
hing an einem quer über die Brust verlaufenden
Band, dem BANDELIER.
Die Hose des Mannes war knieumschließend
und erst verhältnismäßig weit. Nach wie vor
nestelte oder hakte man sie am Wams fest,
was den Schneidern nach und nach gestattete,
die frei gewordenen Nesteln zu malerischem
Bänderschmuck umzugestalten. Ab der Mitte
des 17. Jahrhunderts, als die Rheingrafentracht
für kurze Zeit vom jugendlichen Ludwig XIV.
favorisiert wurde, erreichte die männliche Sucht
nach Bändern, Rosetten und Schluppen ihren
Höhepunkt.
Ein weiterer Gegenstand des Luxus in der Männermode waren Strümpfe und sporenbesetzte
Stiefel. Letztere erreichten während des Krieges
ihre höchste Eleganz, so dass man sie auch im
Salon duldete. Erstere bestanden bei Vornehmen
aus gewirkter Seide. Wenn er Schuhe anhatte,
befestigte der Kavalier seine Strümpfe mit bunten Strumpfbändern unter dem Knie; trug er die
kriegerischeren Becher- oder Stulpenstiefel, ließ
er die Spitzenmanschetten seiner Überstrümpfe
sehen. Auf dem Kopf hatte er den typischen
Schlapphut, den er mit oft übertriebener Geste
lüftete. Der lässig über die Schulter geschlagene
Mantel unterstützte dieses Gehabe noch. In
einer ganzen Reihe von Spottschriften gingen
die deutschen Barockpoeten auf die gekünstelte
Attitüde eines solchen (französischen) gLAMODE
+AVALIERS ein. Die deutschen Männer—sofern
sie den französierenden Höfen nicht verbunden
waren—bevorzugten eine einfache, schlichte
Kleidung. Schlichtheit aus religiöser Gesinnung
pflegten auch die englischen Quäker. Mit ihrem
schwarzen Tuchrock, ihrem schwarzen Hut aus
Biberfilz und einem Kurzhaarschnitt bestritten
sie eine Antimode, die der Überschätzung
jeglicher Äußerlichkeiten Hohn sprach. Diese
Tracht »exportierten« sie auch nach Amerika;
als in den 80er Jahren Franklin und Jefferson
als Diplomaten in Paris weilten, waren ihre
schlichte puritanische Kleidung und die damit
transportierten Werte ein guter Grund zur
Nachahmung.
Viel konservativer als die Männermode blieb
lange Zeit die Kleidung der Frauen. In den der
spanischen Krone nahestehenden Königshäu82
sern in Wien, Genua und Neapel herrschten
zum Teil bis in die 60er Jahre Reifrock und der
düstere Ernst der schwarzen Farbe vor. Auch
das südholländische Regentenkostüm, d. h. die
Tracht hochgestellter Personen der Stadtverwaltung, hielt lange am hispanischen Vorbild
fest. Allgemein begannen die Frauen aber in den
reichen Städten Nordhollands jegliche Hüftverbreiterungen abzulegen. Man benutzte nun
Hüftpolster oder schürzte den (andersfarbigen)
Oberrock hoch, was die langgezogene, mit
einem Blankscheit verstärkte Schneppentaille
der Kleider optisch noch besser zur Geltung
brachte. Die steife Halskrause wich spätestens
um 1630 dem Spitzenkragen, der auch das
Dekolleté wieder zu Ehren kommen ließ. Statt
mit Perlen und Edelsteinen schmückte man die
Kleider mit bürgerlicheren Verzierungen wie
Borten und Bändern. In Holland kam die Matinée auf, ein häufig pelzverbrämtes Schoßjäckchen, das zum Vorläufer der Negligékleidung in
der französischen Rokokomode werden sollte.
Wie bei dieser »Morgenjacke« achtete man
überhaupt auf wertvolle Stoffe, ließ jedoch eher
Samt und leichte Seiden als schwere Brokate
verarbeiten. Helle, freundliche Pastellfarben
—beliebt war Gelb—dominierten in der Frauenkleidung ab diesem Zeitpunkt bis zur Französischen Revolution. Neu waren außerdem vielsagende Schönheitspflästerchen sowie Masken
und Schleier, die sich die Dame zum Schutz des
weißen Teints im Freien überzog. Gegen Ende
des Jahrhunderts prunkte der weibliche französische Hochadel mit einer höchst auffälligen
Frisur, der aufgetürmten FONTANGE.
Die 80er Jahre brachten unter dem Zeichen
der absolutistischen Regierung Ludwigs XIV.
noch einmal eine deutliche Neuerung—und
Rearistokratisierung—in der Männerkleidung.
Es waren die Jahre, als der Sonnenkönig ein
stehendes Heer formierte, dieses mit gleich aussehenden—uniformen—Gewändern ausstattete
und selbst als Oberbefehlshaber den Soldatenrock anzog: Der französische JUSTEAUCORPS war
geboren. Vom zunächst unförmigen Waffenrock sollte er, zusammen mit der Weste, zum
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prächtigsten Kleidungsstück des Adligen avancieren. Allongeperücke, hohe Absatzschuhe
und Dreispitz vervollständigten auch noch hundert Jahre später dieses modische Erscheinungsbild. Der Degen, den der Soldat des Dreißigjährigen Krieges deutlich sichtbar ~BER dem Rock
trug, lugte nun lediglich aus einer Schoßfalte
hervor. Am modernsten nahm sich der schlichte
Röhrenärmel des neuen Hofgewandes aus. Der
Ärmel war bis in unsere Tage hinein nie mehr
Gegenstand männlicher Eitelkeit.
ENGLISCH
Prinz von Wales
(2), (7), (13) Lords
(3) Vornehme Frau
(1)
Hennriette,
Gemahlin Karls I.
(5), (6) Kinder Karls I.
(9), (10), (11) Soldaten
(4)
(12)
Kanzler
84
DEUT SCH
(1–4), (6), (8), (9), (11)
Vornehme Männer
85
Protestantischer
Geistlicher
(7), (12) Vornehme Frauen
in Trauer
(5)
Vornehme Frau
Vornehmer Mann Ende
des Jahrhunderts
(10)
(13)
99
( VOR H E RGE H E N DE DOP P E L SE I T E
( DI ESE SE I T E L I N K S)
( R ECH T E SE I T E)
( NÄCH ST E DOP PEL SE I T E R ECH TS)
als junger
Mann im Staatsornat
FR ANZÖSISCHE BÄUERIN
mit geschürztem Oberrock, Schürze, Schulterkragen und enger,
sogenannter Schneppentaille
FR ANZÖSISCHE PATRIZIERIN
mit
Matinée (Schulterjäckchen)
FR ANZÖSIN BEIM SOMMER-
( NÄCH ST E DOP PEL SE I T E L I N K S)
SPA ZIERGANG —die am Gürtel
befestigte Maske diente als
Sonnenschutz.
L I N K S)
LUDWIG XIV.
( VOR H E RGE H E N DE DOP P E L SE I T E
R ECH TS)
DIENER AM VERSAILLER
in modischer Livrée: JUSTE
AUCORPS, Weste, seidene Beinkleider und Hut
HOF
( DI ESE SE I T E R ECH TS)
FR ANZÖSISCHER BAUER im
Tuchrock, Ende des 17. Jahrhunderts
VORNEHME FRANZÖSIN mit
Promenadengewand für die
Großstadt
100
101
102
103
104
105
( L I N K E SE I T E)
( R ECH T E SE I T E)
FR ANZÖSISCHE EDELLEUTE
PL AUSCH IM PARK:
beim winterlichen Ausgang
mit Pagen, um 1690
Französische Hofkleidung aus der
Zeit Ludwigs XIV. Die Da-
men tragen die Haare gLA
FONTANGE, der Herr Perücke.