PROJEKTINFORMATION
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PROJEKTINFORMATION
PROJEKT INFORMATION Herausgegeben von Projekt Information e.V. Jahrgang 15, Nr. 5 Betroffene informieren Betroffene September / Oktober 2007 Der optimale Zeitpunkt für den Therapiebeginn Neue Daten sprechen für einen früheren Einstieg in die HIV-Behandlung Die Frage ist so alt wie die HIV-Therapie: „Wann soll ich mit der Behandlung anfangen?“ Es gilt, die positiven Effekte der Therapie gegen mögliche Nebenwirkungen abzuwägen. Neue Daten lassen vermuten, dass der Therapieeinstieg in Zukunft wieder früher erfolgen könnte.............................................................................Seite 3 Der kleine Unterschied HIV und Partnerschaft in diskordanten Beziehungen Die Amerikaner reden reichlich blumig von „magnetic couples“, also Paaren, bei denen einer der Partner HIV-positiv, der andere negativ ist. In der Realität ist das leider gar nicht so einfach...... .................................................................Seite 4 Wie sicher ist sicher? Infektionsrisiko bei ungeschütztem (Hetero-)Sex Lange Zeit durfte man nur hinter vorgehaltener Hand darüber sprechen, dass erfolgreich behandelte HIV-Infizierte weniger infektiös sind. Man könnte ja die Präventionsbemühungen gefährden. Doch Schweizer Forscher haben jetzt die Katze aus dem Sack gelassen.......................................Seite 8 Editorial von Peter Lechl..........................................................................2 Medizin und Forschung HIV zerstört Gehirnzellen und beeinträchtigt die Entstehung neuer Zellen ..............................................................................9 Kaletra® vs. Prezista®: Ring frei zur zweiten Runde ..............10 Hautkrebs häufiger bei HIV-Infizierten regelmäßige Kontrollen werden empfohlen ............................10 MOTIVATE-148-Wochen Daten zu Maraviroc (Celsentri®) ....11 Neues aus Industrie und Forschung........................................16 Grundlegend & Wissenswert HIV/HCV-Koinfizierte mit ernster Allergiereaktion auf Nevirapin haben signifikant erhöhtes Sterberisiko, besonders nach Therapieabbruch ..........................................18 Leben mit HIV CD4-Zellzahl ist nicht alles: Erfolgeiches Absetzen der PCP-Prophylaxe bei nicht nachweisbarer Viruslast ................19 EKG-Veränderungen unter Atazanavir (Reyataz®) ................19 Politik & Soziales Staat erhöht steuerfreie Pauschale für Ehrenamtler................20 Global Fund:Mehr Geld, und trotzdem noch zu wenig ............20 Sozialpolitische Nachrichten....................................................21 Projekt Information e.V. Apothekenliste ........................................................................12 Behindertenverband begrüßt Job-Vermittlungsprovision ........23 Termine Termine ..................................................................................24 Herausgeber: Projekt Information e.V. - Ickstattstraße 28 - 80469 München - www.projektinfo.de Telefon: 089 / 21 94 96 20 - Fax: 089 / 21 03 12 35 - email: [email protected] Kto. 88 45 500 bei Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00 September / Oktober 2007 Projekt Information Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, schon länger rumort es beim Thema „früherer“ Therapiebeginn. Neue Erkenntnisse zum Geschehen im Immunsystem während der Frühphase der HIV-Infektion, aber auch mehr nicht-Aidsdefinierende Erkrankungen bei Patienten mit späterem Therapiebeginn und z.B. auch das Faktum der verringerten HIV-Übertragung bei Patienten mit erfolgreicher HAART sind Teile der Argumentation für den Vorteil eines früheren Therapiebeginns. Verträglichere und einfacher einzunehmende neue Therapiekombinationen lassen sogar eine lebenslange Behandlung nicht mehr so abschreckend erscheinen. So war es nicht verwunderlich, dass beim 17. Deutschen Workshop der DAGNÄ vom 7. – 8. September in Köln „When to start“ ein Hauptthema war. Prominente Diskussionspartner waren Dr. Hans Jäger und Dr. Jan van Lunzen. Dr. van Lunzen stellte die Immunaktivierung des gesamten Organismus durch HIV in den Vordergrund. Dies bedeute ein vorzeitiges Altern mit früher eintretenden allgemeinen Erkrankungen. Dieser Prozess sollte frühzeitig unterbunden werden. Dr. Jäger sieht die Zeit noch nicht reif für ein Umdenken zu einem früheren Therapiebeginn. Erforderlich sei eine langfristige Studie über viele Jahre mit dem Vergleich zu Patienten mit Therapiestart bei mehr als 500 CD4Zellen. Es fehle an Markern für eine aussagekräftigere Messung der Immunaktivierung. Auch das Argument der geringeren Nebenwirkungen mit früherem Therapiebeginn sei fadenscheinig. Eine fünf Jahre längere Behandlung mit Proteasehemmern bedeute z.B. eine höhere Zahl an Herzerkrankungen. Bisher existierten keine wissenschaftlich aussagekräftigen Daten, die eine Veränderung der Behandlungsleitlinien gerechtfertigten. In der Diskussionsrunde wurde die Immunaktivierung auch als ein individueller Prozess gesehen, z.B. bei einem starken Abfall der CD4Zellzahl in einem relativ kurzen Zeitraum, dafür reiche auch die Messung der CD4-Zellen aus. Eine internationale Studie zum optimalen Therapiebeginn ist bereits auf dem Weg, die sog. START-Studie. Wer sich von Ihnen ausführlich und grundlegend zu der sehr komplexen Frage „Wann mit der HAART anfangen?“ informieren will, ist gut beraten, dazu in HIV.net 2007 nachzuschlagen oder im Internet unter www.hiv.net nachzuschauen. 2 Jahrgang 15, Nr. 5 Therapiewechsel auf „moderne“ Substanzen oder nicht? Auch hier spalten sich unsere Behandler in unterschiedliche Lager: „Never change a winning team“, die eher „konservativen“ Ärzte, die nur sehr zögerlich eine Veränderung befürworten und die Behandler die vielleicht gewissen „Modetrends“ folgen. Die Vorgehensweise orientiert sich am individuellen Patienten. Welche Nebenwirkungen habe ich mit einer gewechselten Therapie, ein möglicherweise neues, unbekanntes Risiko bei dem Patienten, der mit der bisherigen Therapie gut fährt. Unterlässlich ist es in jedem Falle, eine sich steigernde Langzeittoxizität rechtzeitig zu erkennen, z.B. Lipodystrophie und Neuropathie und mit einem Therapiewechsel zu stoppen. So standen die Nebenwirkungen im Mittelpunkt vieler Vorträge, gefährden sie doch die Compliance und damit den Therapieerfolg in erheblichem Maße. Bei vielen Studien stehen die Probleme der Lipodystrophie und Stoffwechselstörungen im Vordergrund, mit einigen Medikamenten und Kombinationen ist die Ausprägung aber wesentlich geringer. So sollten im Hinblick auf eine jahrelange Behandlung die Nukleosidanaloga AZT oder d4T durch Ziagen® oder Viread® ersetzt werden. Die Rolle von Proteasehemmern und NNRTI bleibt unklar. Neue Medikamente werden manchmal etwas euphorisch vorgestellt, bessere Wirksamkeit und eine bisher selten hohe Erfolgsrate der Studien. Dieser DAGNÄ-Workshop gab sich da nach meinem Empfinden weniger begeistert. Eine eher abwartende Tendenz war zu spüren, erst einmal die weiteren Studienergebnisse abwarten. Jetzt kommt sie wieder oder auch nicht: die Grippewelle und damit die dringende Empfehlung zur Grippeschutzimpfung. Vorbeugen ist besser als eine wirkliche Grippe, ausgelöst durch Influenza-Viren. Diese Erkrankung ist nicht mit den viel zitierten grippalen Infekten zu verwechseln. Eine InfluenzaInfektion ist eine beeindruckend schwere Erkrankung und „haut ziemlich rein“, auch mit langwieriger Erholungsphase. Studien haben gezeigt, dass die Grippeschutzimpfung nicht nur gegen Grippeviren hilft, sondern zusätzlich einen Schutz gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bietet. Es wird angenommen, dass Influenza-Viren auch Entzündungsreaktionen triggern, die Herz-KreislaufErkrankungen verstärken bzw. sogar Herzinfarkte auslösen können. Bevor es wieder in die dunklere Zeit hineingeht, wünschen wir Ihnen warme leuchtende Herbsttage, Ihr Peter Lechl Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information Der optimale Zeitpunkt für den Therapiebeginn Neue Daten sprechen für einen früheren Einstieg in die HIV-Behandlung Die Frage nach dem optimalen Startzeitpunkt für eine antiretrovirale Behandlung ist bis heute offen. Auch auf der IAS Konferenz in Sydney wurde ihr wieder breiter Raum gewidmet. Es ging bereits das Gerücht, das die „Frühstart-Fraktion“ das Kongressprogramm beeinflusst hätte. Vielleicht liegt es aber einfach daran, dass mehr und mehr Forscher wissen wollen, ob man mit einem früheren Einsatz der modernen, hochwirksamen und gleichzeitig gut verträglichen Medikamente nicht das Leben HIV-Infizierter verlängern und verbessern könnte. Müssen die heutigen Leitlinien wieder (zurück-) aktualisiert werden? Vor etwa sieben Jahren wurden die Therapieempfehlungen in den meisten Ländern abgeändert. Wurde vorher bei Helferzellzahlen zwischen 350 und 500/mm³ zu einem Therapiestart geraten, so wurde nun im Licht bekannt gewordener Nebenwirkungen (vor allem Lipodystrophie) empfohlen, die Therapie erst bei 200 bis 350 CD4-Zellen/mm³ zu beginnen. In Sydney präsentierten holländische Forscher Daten, die vermuten lassen, dass diese Änderung nicht sinnvoll war. Die Forscher analysierten die Daten von 4142 Patienten aus der ATHENA-Kohorte, deren HIV-Infektion in den Jahren 1998 bis 2005 festgestellt worden war. Es zeigte sich, dass Patienten, deren Infektion vor 2000 diagnostiziert worden war (also als noch die alten Leitlinien in Kraft waren), nach Therapiebeginn einen schnelleren Anstieg der Helferzellen hatten als Patienten, deren Diagnose nach 2000 erfolgte. Die Forscher führen dies auf den früheren Therapiebeginn bis zur Änderung der Empfehlungen zurück. Außerdem hatten Patienten mit einer Diagnose nach 2000 ein doppelt so hohes Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung zum Vollbild Aids wie die früher diagnostizierten Patienten. Wichtig ist auch, wie lange man unter 350 CD4Zellen/mm³ war Auswertungen der CASCADE Kohorte mit 9858 Patienten fand, dass sowohl eine aktuell niedrige Hel- September / Oktober 2007 ferzellzahl als auch die niedrigste je gemessene CD4Zellzahl („Nadir“) das Risiko für Aids, schwere Infektionen, Lebererkrankungen oder Krebs erhöhte. Dabei war die Länge der Zeit, die Patienten mit einer Helferzellzahl unter 350/mm³ gelebt hatten ein weiterer Risikofaktor ebenso wie eine hohe Viruslast vor Beginn der Behandlung. Niedrige CD4-Zellzahl vor Therapiebeginn gefährdet die Erholung des Immunsystems Wie viele CD4-Zellen man beim Therapiestart noch hat, entscheidet, wie viele und welche während einer erfolgreichen Therapie wieder gebildet werden. Diese Schlussfolgerung zog man aus einer Auswertung der ACTG384 Studie (in der Sustiva® gegen Viracept® verglichen wurde, beides zusammen mit AZT/3TC (Combivir® oder ddI/d4T (Videx®/Zerit)). Je niedriger die CD4-Zellzahl war, desto niedriger war auch das wichtige Verhältnis von naiven zu Gedächtniszellen – sowohl vor Therapiebeginn als auch nach 144 Wochen Behandlung. Außerdem war das Verhältnis von CD4- zu CD8-Zellen, das bei nicht-HIVInfizierten etwa bei 2 liegt, nach 144 Wochen Behandlung in der Gruppe mit weniger als 50 Helferzellen/mm³ vor Therapie nur auf 0,4 angestiegen, während es bei Patienten mit mehr als 500 Helferzellen/mm³ vor Therapie immerhin schon auf 1,19 geklettert war. Die Helferzellzahlen von Patienten, die die Studie mit mehr als 350 Helferzellen/mm³ begonnen hatten, normalisierten sich größtenteils im Verlauf der 144 Wochen, während dies bei Patienten, die mit weniger CD4-Zellen begonnen hatten, nicht der Fall war. Therapiebeginn mit mehr als 350 CD4-Zellen/mm³ halbiert das Risiko für eine Resistenzentwicklung Amerikanische Patienten, die eine antiretrovirale Behandlung mit mehr als 350 CD4-Zellen/mm³ begannen, hatten ein halb so großes Risiko für die Entwicklung von Resistenzmutationen wenn die Behandlung versagte als Patienten mit weniger als 200 Helferzellen/mm³. Betrachtete man nur die Resistenzen gegen Nukleosidanaloga und NNRTI, war das Risiko sogar auf ein Fünftel reduziert. Diese Erkenntnisse stammen aus der HIV Outpatient Study (HOPS) und umfassen die Auswertung von 683 Patienten, die nach dem 1.1.1999 mit einer Therapie begannen. Von diesen erlitten 243 ein Therapieversagen und bei 78 wurde ein Resistenztest durchgeführt. Es zeigte sich auch ein Trend zu einem höheren Risiko für ein Versagen der Therapie bei niedrigerer 3 September / Oktober 2007 Helferzellzahl, allerdings war dieser Trend statistisch nicht signifikant – wohl wegen der zu geringen Patientenzahl. Die Kritiker eines früheren Therapiestarts argumentieren oft, dass ein früher Therapiestart das Risiko für ein Therapieversagen und eine Resistenzentwicklung erhöhen könnte, weil die Compliance im Laufe der Zeit abnehmen könnte. Diese Daten lassen vermuten, dass ein früherer Therapiestart eher günstiger ist, zumindest was die Resistenzentwicklung anbelangt. Niedrigeres Nebenwirkungsrisiko bei früherem Therapiestart In einer weiteren Auswertung der HOPS fanden die Forscher, dass ein früherer Therapiestart auch ein niedrigeres Risiko für das Auftreten von Nebenwirkungen durch Nukleosidanaloga bedeutete. So traten Neuropathie, Blutarmut (Anämie) und Abnahme der Nierenfunktion (Niereninsuffizienz) eineinhalb bis zweimal so häufig auf, wenn die Therapie mit weniger als 200 Helferzellen/mm³ begonnen wurde. Allerdings trat bei 80% der Patienten keine dieser Nebenwirkungen auf, und wenn, dann meist innerhalb der ersten 6-12 Monate. Danach ging das Risiko für diese Nebenwirkungen stark zurück. Höheres Risiko für Aids- und nicht-Aidsdefinierende Erkrankungen bei spätem Therapiebeginn Neben aufschlussreichen Daten zu Therapiepausen lieferte die SMART-Studie auch interessante Erkenntnisse im Hinblick auf einen früheren vs. späteren Therapiebeginn. Bei den Patienten, die eine Therapie erst mit weniger als 250 CD4-Zellen/mm³ begannen, waren die Risiken für Aids-definierende Erkrankungen, aber auch für andere – nicht-Aids-bezogene Krankheitsbilder – vier bis siebenmal größer als bei Patienten, die die Therapie mit mehr als 350 Helferzellen begonnen hatten (und ohne Therapiepausen weiterführten). Wie geht es weiter? Während die meisten Forscher eine große Studie zur Bestimmung des optimalen Zeitpunkts für den Therapiebeginn fordern (die internationale START-Studie mit genau dieser Fragestellung ist derzeit in Planung), sind einige der Meinung, dass die mittlerweile verfügbaren Hinweise aus vielen kleineren Studien eigentlich ausreichen würden, um heute den Therapiestart wieder bei höheren CD4-Zellzahlen zu empfehlen. Schließlich wird die START-Studie viel Geld verschlingen, das an anderen Stellen dringend gebraucht würde und wir werden zudem voraussichtlich sieben 4 Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information Jahre auf die Ergebnisse warten müssen. Es kann jedoch durchaus sein, dass (ähnlich wie in der SMART-Studie) die Resultate so eindeutig ausfallen, dass die Studie vorzeitig abgebrochen wird. Sollten nicht völlig überraschend auftretende, neue Nebenwirkungen eine andere Einschätzung der Lage erfordern, kann man davon ausgehen, dass die HIVTherapie in Zukunft wieder früher begonnen werden wird. Quelle: Mascolini M: „New Data on Gains From Starting Antiretrovirals Earlier“, www.natap.org S. Schwarze Der kleine Unterschied HIV und Partnerschaft in diskordanten Beziehungen Für viele Positive ist das Zusammenleben mit einem negativen Partner oder einer negativen Partnerin eine alltägliche Erfahrung. In einer Untersuchung der Universität München gaben 40,2 % der befreundeten schwulen Männer an, in einer so genannten diskordanten Beziehung zu leben, bei den positiven Männern waren es über die Hälfte [1]. Außerhalb HIV-spezifischer Settings ist für Positive die Chance, eine/n Negative/n kennen zu lernen, schon rein statistisch sehr hoch. Dies gilt in besonderem Maße für Heterosexuelle, die einen vergleichsweise geringen Prozentanteil der HIV-Infizierten in Deutschland darstellen, aber in einer heterosexuellen und von der realen HIV-Epidemie weitgehend verschont gebliebenen Mehrheitsgesellschaft leben. Zugleich scheint die Tatsache der Diskordanz, blickt man in die jüngsten Kongressprogramme, kaum von wissenschaftlichem Interesse zu sein: Mit Ausnahme des Themas „HIV und Kinderwunsch“ wird hier auf diskordante Paare in letzter Zeit höchstes unter dem Aspekt der Prävention eingegangen. Im Gegensatz dazu ist das Verhältnis von negativen und positiven Partnern Gegenstand vielfältiger Diskussionen in Internetforen wie etwa „LHIVING.com“. Dabei wird es zumeist als schwierige Angelegenheit gesehen. Ein User schreibt dazu: „Ich bin seit drei Jahren HIV-positiv und hatte bisher den Grundsatz, niemals etwas Ernsthaftes mit einem HIV-Negativen anzufangen, da es meist doch nur ‚Probleme’ und Ängste hervorruft.“ Wie normal ist es somit wirklich, mit Negativen zusammen zu sein, etwas Festes einzugehen, in einer Beziehung zu leben? Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information Vom Leben in einer diskordanten Beziehung Viele Positive bevorzugen einen Partner/eine Partnerin mit gleichen HIV-Status. Fast jeder zweite positive Schwule, der in einer Beziehung lebt, ist nach oben zitierter Studie mit einem HIV-positiven Mann zusammen. Hinter der Selbstverständlichkeit, die diese Zahl auszudrücken scheint und die in der schwulen Community weitläufig bestätigt wird, tauchen Fragen auf: Gibt es ähnliche Befunde in Bezug auf andere Erkrankungen, etwa den im Hinblick auf die HIV-Behandlung immer wieder gern zitierten Diabetes? Wenn dem, wie ich vermute, nicht so ist, worin liegt dann das spezifische bei HIV, das die Infektion zu einem Kriterium für eine Beziehung macht? Welcher der potentiellen Partner hat hier vor was Angst? Macht die Zahl nicht deutlich, dass HIV noch lange nicht jene Normalität besitzt, die angesichts der Behandelbarkeit der Infektion und einer scheinbar immer toleranter werdenden Gesellschaft zu vermuten wäre? Die Suche nach „Gleichen“ ist gesellschaftlich oft mit Ausgrenzungs- und Stigmatisierungserfahrungen verbunden und spiegelt Ängste vor Ablehnung und Unverständnis wider. HIV dürfte da keine Ausnahme sein. Dabei ist es nur von geringer Bedeutung, ob diese Ängste auf tatsächliche persönliche Erlebnisse zurückgehen, oder ob es sich um Vorstellungen und Fantasien handelt, wie die/der Andere auf die Infektion reagieren könnte. Die Krankheit scheint eine andere Lebenswelt zu begründen, die als nur schwer kommunizierbar wahrgenommen wird. Worin die in vielen Internet-Einträgen vage und mit Anführungszeichen als „Probleme“ benannten Aspekte eines diskordanten Zusammenlebens genau bestehen, bleibt meist undeutlich. Vielfach lässt sich das Unbehagen am Thema Sexualität festmachen: „Irgendwie kann ich nicht mit Negativen ins Bett gehen und Spaß haben“, heißt es in einem Beitrag, und eine Antwort darauf führt aus: „Als ich vor 7 Jahren positiv getestet wurde, blieb mein damaliger Freund negativ. Wir haben dann noch fast ein Jahr zusammen gelebt. Aber der Sex und die damit für mich verbundenen ‚Probleme’ (nicht so sehr technisch, sondern kopfmäßig) gaben dann den Ausschlag und wir haben uns nach 10 Jahren Beziehung getrennt.“ [3] Gerade wenn die eigene HIV-Infektion auf sexuelles Risikoverhalten und eine Faszination ungeschützten Sexes oder die von Sexualwissenschaftlern oft angeführten Verschmelzungswünsche zurückgeht, kann partnerschaftliche Sexualität in dis- September / Oktober 2007 kordanten Beziehungen zu einem massiven Problem werden: Sie kann dort nicht ausgelebt und befriedigt werden, so dass Hemmungen und Blockaden auf Seiten des Positiven auftreten und ein Gefühl des Ungenügens beim Negativen entsteht. Doch selbst wenn die Infektion auf einem für den Betroffenen kaum nachvollziehbaren Weg erworben wurde und Safer Sex als Norm selbstverständlich ist, wird der sexuelle Akt mit Negativen tendenziell zu einem Problem, das sich als irrationale Ängste, den Anderen zu gefährden, äußern können, hat doch die stete Vorsicht beim Sex in der Vergangenheit die eigene Infektion auch nicht verhindern können. Sex unter Positiven erscheint demgegenüber als unkomplizierte Option, in der den Verschmelzungsfantasien nachgegeben werden kann und die Gesundheit des Partners nicht auf dem Spiel steht, sieht man einmal von anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen ab, die in der Regel leicht therapierbar sind. Doch auch der nicht-sexuelle Alltag diskordanter Paare erweist sich als potentiell konfliktbeladen. HIV bezeichnet eine andere „Welt“ in dem Sinne, dass das Bezugssystem des Handelns, die Wahrnehmung und Bewertung dessen, was als „normal“ erkannt wird, sich verändert. Diese „positive Welt“ ist durch eine eigenartige Ambivalenz gekennzeichnet. Vor dem Hintergrund einer unheilbaren Krankheit erscheinen andere Probleme als banal, während gleichzeitig bereits kleinere Stresssituationen die aktuell vorhandenen Ressourcen übersteigen können. Nicht selten führt dies zu Reaktionen, die von Anderen als irrational wahrgenommen und für schwer kommunizierbar gehalten werden. Beispiele dafür sind die teils unbewussten Ängste, die im Zuge der regelmäßigen Laboruntersuchungen auftreten können; Negativen wird dabei implizit unterstellt, den Zugang zu dieser Welt nicht zu haben, etwa die Ängste nicht verstehen zu können. Besonders deutlich macht sich das am Thema Tod fest. Die Auseinandersetzung mit dem Tod, so wurde in einem Workshop bei den „Positiven Begegnungen“ in Leipzig im letzten Jahr festgestellt, sei intensiver als bei gesunden Paaren, werde aber oft nicht gemeinsam thematisiert: „Bei Paaren, die nicht offen über die emotional aufwühlenden Aspekte der HIVDiskordanz sprechen, schleicht sich das Unausgesprochene in das alltägliche Beziehungsleben ein und führt zu Spannungen.“ [2] Die Verlustängste des negativen Partners widerstreiten der Verdrängungssehnsucht des positiven, der mit dem möglichen Tod, den HIV symbolisiert, mit den eigenen Ängsten vor diesem Tod nicht konfrontiert werden möchte. Zwischen der Frustration, aufgrund der Lebensweltunterschied sich oft 5 September / Oktober 2007 Projekt Information nicht verstanden zu fühlen, und dem Unbehagen, durch ein überverständnisvolles Beschützerverhalten in eine schwache Position zu geraten, gibt es nur schwer eine Vermittlung. „Rollenzuteilungen wie ‚stark und versorgend’ schleichen sich bei diskordanten Paaren leichter ein als bei anderen.“ Konkordant positive Beziehungen suggerieren demgegenüber das Gefühl, eine gemeinsamen Lebenswelt zu teilen und darin verstanden zu werden. Trotz dieser Konfliktpotentiale bieten diskordante Beziehungen jedoch Ressourcen, die für einen produktiven Umgang mit der Infektion wichtig sein können. Sie beinhalten die Möglichkeit, sich fallen zu lassen und Unterstützung von dem Anderen zu bekommen. Gerade weil die Notwendigkeit besteht, über die bestehenden Ängste und Sehnsüchte sprechen zu müssen, um den negativen Partner in seine „Welt“ zu lassen, erlauben sie, bestimmte Verhaltensweisen kritisch zu reflektieren und einen bewussten Umgang mit der Infektion und den psychischen Problemen, die damit einhergehen können, in Gang zu setzen. Der gesundheitliche Bezugsrahmen bleibt zumindest teilweise vom negativen Partner verkörpert. Damit geht ein Verantwortungsgefühl einher, auf die eigene Gesundheit für den Anderen und das gemeinsame Zusammensein zu achten. Das Coming-out in Partnerschaften Wie aber erzähle ich am besten von meiner Infektion, wenn ich jemanden neu kennen lerne? Nicht jede/r kann und will schon vor dem ersten Kuss über HIV reden, aus Angst vor Zurückweisung oder Scham oder einfach aufgrund der Weigerung, jede Sekunde des sexuellen Lebens vom Virus bestimmen zu lassen. Die Sehnsucht nach einem „normalen“ Flirt oder dem „unschuldigen“ romantischen Verliebtsein jenseits der Bedeutungsschwere der Infektion führen leicht zu einem Verschweigen des Status am Anfang einer sich anbahnenden Beziehung. Ebenso leicht wird dann aber der Zeitpunkt verpasst, an dem eine Eröffnung des Status als unproblematisch empfunden wird. Nach zwei, drei oder vier Wochen intensivem Zusammensein scheint nicht selten der „richtige“ Zeitpunkt bereits vorbei zu sein: Wird eine nachträgliche Offenbarung nicht als peinlich empfunden? Wird der/die Andere sich nicht hintergangen fühlen, so lange im Unklaren gelassen worden zu sein? Stellt das nicht einen Vertrauensbruch dar? Kann sie/er mit der Information umgehen? War alles wirklich absolut safe? Wird er/sie vor dem Hintergrund der vielfältigen Konfliktpotentiale diskordanter Partnerschaften den 6 Jahrgang 15, Nr. 5 Mut zu einer Beziehung haben? Diese oder ähnliche Fragen, die nach der Phase euphorischer Verliebtheit ein längeres Zusammensein auch im Alltag begeleiten, sind oft Ursache einer als Kurzschlussreaktion wahrgenommenen Trennung. Statt sich als Positive/r zu outen, wird die Beziehung nach wenigen Wochen unter Vorwänden beendet. Dabei sind die Ängste, die dazu führen, in erster Linie Projektionen, deren Wirklichkeitswert ohne das Gespräch mit dem potentiellen Partner unbekannt bleibt. Demgegenüber machen vielfältige Erfahrungen deutlich, das ein Outing im Laufe der Beziehungsprozesses oft eher tiefe Sorge als Ablehnung bei dem Anderen hervorruft und die emotionale Bindung verstärkt statt sie zu belasten [4]. Ein Patentrezept gibt es naturgemäß nicht. Je länger aber mit dem Gespräch gewartet, je länger es hinausgeschoben wird, desto schwieriger wird es für alle Beteiligten, die Information in den Aufbau einer Beziehung zu integrieren. Für die eine mag das direkte Sprechen über den eigenen Status vor dem ersten Sex entlastend wirken, was ein gemeinsames Herantasten an einen „normalen“ Umgang mit der Situation ermöglicht; für den anderen erscheint es leichter, nach einer bereits existierenden Vertrautheit langsam das Thema ohne persönlichen Bezug allgemein anzusprechen und die Befindlichkeit auszuloten und so den Anderen nach und nach darauf vorzubereiten. HIV als Geheimnis in einer Beziehung zu belassen mit dem Argument, es sei doch etwas rein persönliches, das niemanden was angehe, belastet in der Regel nicht nur das Zusammensein; man vergibt dadurch auch die Chance, die Belastungen, die die Infektion psychisch wie körperlich mit sich bringen kann, mit jemandem zu teilen. Die Frage, wie ich es meiner Freundin oder meinem Freund sage, besteht darüber hinaus auch und gerade, wenn die Infektion bei einer bestehenden Beziehung erfolgt ist, aber außerhalb dieser erworben wurde. Gerade in schwulen Kontexten ist dies nicht selten der Fall, wenn etwa der Sexualität in langjährigen „offenen“ Beziehungen keine so große Bedeutung mehr zukommt und andere Sexpartner existieren. Mit einer x-beliebigen One-Night-Stand-Story nach Hause zu kommen ist da eine Sache, die lebenslange Diagnose HIV der Beziehung hinzuzufügen, eine andere. Moralische Aspekte von Schuld stehen im Raum; eine einfache Fortsetzung, als sei nichts gewesen, dürfte kaum möglich sein. Zugleich bietet die Diagnose aber auch die Möglichkeit, offen über alle sexuellen Fantasien und realen Praktiken außerhalb der Beziehung zu sprechen und sie vielleicht in einer gemeinsamen Er- Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information arbeitung der Infektion in die eigene einzubeziehen. HIV stellt so nicht nur ein enormes Belastungspotential für Beziehungen da, sondern tendenziell auch eine Chance, die Beziehung neu zu denken und zu leben. Denn beide Partner können von den Erfahrungen des Anderen lernen und profitieren. [1] Die Fragebogenstudie „HIV-Prävention heute“ wurde im Winter 2006 am Department Psycholo-gie der LMU München durchgeführt und wird Ende 2007 publiziert. [2] Dieses und das nächste Zitat in Gekeler, Corinna: positiv und negativ – negativ und positiv. In: life+-Magazin 2007. Hrsg. von der Deutschen Aids-Hilfe e.V., S. 11 [3] Vgl. http://www.lhiving.com [4] Siehe Berichte aus der aktuellen Interviewstudie „Positives Begehren“ an der LMU München (Ab-schlussbericht wird zum Welt-Aids-Tag 2007 vorliegen) Phil C. Langer Wie sicher ist sicher? Infektionsrisiko bei ungeschütztem (Hetero-)Sex Wie schon im Editorial der letzten Ausgabe von Projekt Information angedeutet, sorgte eine Arbeitsgruppe aus der Schweiz auf der Konferenz der International Aids Society (IAS) in Sydney für Diskussionsstoff. Ihre provokante These: Ungeschützter (Hetero-) Sex zwischen einem HIV-positiven und einem HIV-negativen Partner kann unter bestimmten Umständen so „sicher“ sein, dass es möglich ist, mit vertretbarem Risiko ein Kind zu zeugen. Bisher ist die gängige Praxis für serodiskordante Paare (d.h. ein Partner HIV-infiziert, der andere nicht) reichlich kompliziert: Ist der Mann HIV-positiv, muss das Sperma zunächst in einer aufwändigen Prozedur („Spermawäsche“) von Viren gereinigt werden und die Frau anschließend damit künstlich befruchtet werden. Das klingt nicht nur reichlich unromantisch sondern muss meist auch einige male wiederholt werden bevor es endlich klappt. Hinzu kommt, dass dieses Verfahren nicht ganz billig ist und die Kosten in den meisten Ländern nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Aus der Schweiz wurde nun über die Beobachtung berichtet, dass bei 62 Paaren im Zeitraum von sieben Jahren 76 Schwangerschaften auf natürlichem Wege September / Oktober 2007 eingetreten waren, ohne dass es zu einer Infektion des negativen Partners oder des Kindes gekommen wären (ähnliche Daten wurden auch schon von einer spanischen Arbeitsgruppe berichtet). Bei den 62 Paaren war in 22 Fällen die Frau HIV-positiv und in 40 der Mann Daraus leiteten die Schweizer eine Pilot-Studie ab, in der Maßnahmen zur Risikominimierung mit einer natürlichen Empfängnis kombiniert werden sollten. Zwischen März 2004 und 2007 wurden 22 Paare in die Studie aufgenommen; sechs hatten schon zuvor versucht, auf natürlichem Wege ein Kind zu bekommen und 21 Paare stimmten den vorgeschlagenen Risikoreduktionsstrategien zu. Die Strategie zur Risikominimierung sieht wie folgt aus (im Beispiel soll der Mann HIV-positiv sein): - der HIV-positive Partner wird genauestens über die Wichtigkeit einer korrekten und regelmäßigen Medikamenteneinnahme informiert. - Der HIV-positive Partner muss in mehreren Tests eine Viruslast unter der Nachweisgrenze gehabt haben (je länger die Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt, desto besser) - Sexuelle übertragbare Infektionen wie Syphilis oder Genitalherpes, die das Übertragungsrisiko für HIV erhöhen, müssen ausgeschlossen werden - Das Paar wird instruiert, zum optimalen Zeitpunkt (d.h. vor dem Eisprung) ungeschützten Sex zu haben - Die Frau nimmt 36 und 12 Stunden vor dem geplanten Geschlechtsverkehr je eine Tablette eines HIV-Medikaments (Truvada®) ein Zu dieser letzten Maßnahme, die ja eine Art „Präexpositionsprophylaxe“ (PrEP) darstellt, hier ein Originalzitat der Schweizer Arbeitsgruppe ( http://www.infekt.ch/index.php?artID=1318 ): „Ob und wieviel diese letzte Massnahme nützt, können wir nicht mit Sicherheit sagen. Wir wissen allerdings, dass die Einnahme von HIV-Medikamenten NACH einer Exposition das Risiko einer Transmission [Übertragung] massiv senkt. Es ist wahrscheinlich, dass die Behandlung VOR dem Geschlechtsverkehr noch besser wirkt. Wir wissen auch nicht, ob diese Behandlung überhaupt notwendig ist. Das Risiko einer Übertragung unter einer vollständig suppressiven HAART ist unmessbar klein, es dürfte in der Grössenordnung von 1:100'000 bis 1: 1'000'000 oder noch kleiner liegen. Wir betrachten die zusätzliche Sicherheit wie das Anziehen eines Si7 September / Oktober 2007 cherheitsgurtes im Auto. Auch hier ist das Risiko eines Unfalls im Alltag sehr gering.“ Besonders erfreulich: Während bei der herkömmlichen Methode der Spermawäsche mit künstlicher Befruchtung die Erfolgsrate auch bei mehreren Versuchen bei maximal 40% liegt, betrug sie mit der natürlichen Methode 70% und über die Hälfte der Frauen war schon nach drei Versuchen schwanger. Bei keiner der Frauen und bei keinem Kind kam es zu einer Übertragung von HIV. Wie nicht anders zu erwarten, führte diese Veröffentlichung auch zu zahlreichen Gegenstimmen. Einige bemängelten, dass die Patientenzahlen viel zu gering seien um daraus allgemeine Empfehlungen abzuleiten. Auch werde normalerweise die Viruslast nur alle drei Monate oder seltener gemessen, sodass die aktuelle Viruslast nicht genau bekannt sei. Und schließlich gäbe es Fälle, in denen trotz nicht nachweisbarer Viruslast im Blut dennoch Virus im Sperma gefunden worden sei. Ein spanischer Forscher antwortete in einem Leserbrief auf diese Einwände, dass bei einem geschätzten durchschnittlichen HIV-Übertragungsrisiko beim heterosexuellen Verkehr von 0,1% bis 0,01% (pro Geschlechtsakt) etwa 3.000 bis 30.000 Schwangerschaften nötig sein, um die Sicherheit einer bestimmten Methode festzustellen. Überprüft man die Berichte nachweisbarer Viruslast im Sperma bei nicht nachweisbarer Viruslast im Blut, so findet man in praktisch allen Fällen Erklärungen dafür (suboptimale Therapie, z.B. ungeboostete Proteasehemmer, niedrige CD4-Zellzahl oder begleitende sexuelle übertragbare Infektionen). Bevor jetzt aber allgemeiner Jubel ausbricht und zur öffentlichen Kondomverbrennung aufgerufen wird, hier ein paar Worte der Vorsicht: - So ermutigend diese Ergebnisse sind, die Zahlen sind tatsächlich noch sehr gering und bedürfen der weiteren Bestätigung. - Die Ergebnisse aus einem streng kontrollierten Setting (Viruslast unter der Nachweisgrenze, keine begleitenden Infektionen, zusätzliche PrEP) dürfen nicht einfach in die „freie Wildbahn“ übertragen werden. - Die Daten zum heterosexuellen Übertragungsrisiko dürfen nicht kritiklos auf den schwulen Sex übertragen werden – hier herrschen drastisch andere Bedingungen (Empfänglichkeit der Anal- vs. Vaginalschleimhaut für Infektionen, andere Sexpraktiken, anderes Muster des Drogenkonsums etc.) 8 Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information Kommentar von Projekt Information: Eine Theorie von der Art “ungeschützter Sex unter erfolgreicher Therapie führt nicht zu einer Infektion” kann letztlich nie bewiesen, sondern höchstens widerlegt werden. Denn selbst wenn es eine Million mal gut geht, kann es beim 1.000.001. mal schief gehen! Natürlich sind die Daten der Schweizer und Spanier ermutigend, aber das verflixte „Restrisiko“ bleibt – und für den Sex unter Männer ist die Datenlage noch extrem dünn. Tatsache ist, dass eine erfolgreiche HAART (d.h. Viruslast dauerhaft unter der Nachweisgrenze) das Ansteckungsrisiko verringert. Um wie viel, kann heute niemand mit Sicherheit sagen. Aber auch Kondome schützen bekanntlich nicht zu 100% , deshalb heißt es ja auch „safer sex“ und nicht „safe sex“. Wirklich „sicheren“ Sex gibt es nicht – und wenn es ihn gäbe, wäre er wahrscheinlich langweilig. Letztendlich sollte es das Ziel sein, dass alle Beteiligten so gut informiert sind, dass sie selbst entscheiden können, wie viel Risiko sie auf sich nehmen wollen. Doch bis dahin ist noch ein weiter Weg. Quellen: - Vernazza P „IAS_Sydney: HIV - Erfüllter Kinderwunsch dank PREP“, http://www.infekt.ch/index.php?artID=1318 - Dos Santos H „How Safe is Unprotected Sex Between Discordant Couples to Conceive in the Highly Active Antiretroviral Therapy Era?“ [Letters to the Editor], JAIDS Vol 45(4), August 1, 2007, p476 - Barreiro P – Authors reply S. Schwarze HIV-Therapie-Hotline ACHTUNG: NEUE TELEFONNUMMER Telefon: 089 - 54 333 - 123 Montag - Donnerstag 16 - 19 Uhr [email protected] Betroffene infomieren Betroffene zu Therapiefragen Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information Medizin & Forschung HIV zerstört Gehirnzellen und beeinträchtigt die Entstehung neuer Zellen Mit dem Älterwerden HIV-infizierter Menschen durch die Erfolge der HAART bleibt die Sorge, dass die HIV-assoziierte Demenz zunimmt. Es wird geschätzt, dass die mit HIV in Verbindung stehende Demenz bei 10% bis 30% der Menschen mit HIV/AIDS auftritt. Viele neue Erkenntnisse sind notwendig, um herauszufinden, wie das Virus das Gehirn angreift und warum es beeinträchtigende Funktionen bewirken kann. In der Ausgabe von „Cell Stem Cell“ wird von einer Studie berichtet, die die Wirkung von HIV auf Gehirnzellen untersuchte. Die Forscher der University of California in San Diego und des Burnham Institute for Medical Research fanden heraus, dass das HIVirus nicht nur zum Tod von Gehirnzellen beiträgt, sondern auch Stammzellen an der Teilung zur Bildung neuer Nervenzellen hindert. Es ist bekannt, dass bei Erwachsenen einige neurodegenerative (Abbau von Nervenzellen) Erkrankungen auftreten, einschließlich der HIV-assoziierten Demenz. Neurogenese ist der Vorgang, bei dem das Gehirn Schäden oder Verletzungen repariert. Das HI-Virus infiziert hauptsächlich die Mikroglia-Zellen. Gliazellen sind im Gegensatz zu den Nervenzellen auch nach der Vorgeburtsphase noch vermehrungsfähig. Das HI-Virus dringt nicht in die Neuronen ein und tötet sie auch nicht. Diese sind die hauptsächlich aktiven Gehirnzellen, verantwortlich für kognitive Vorgänge. Die an dieser Studie beteiligten Forscher berichteten bereits früher, dass das Hüll-Glykoprotein gp120 des HI-Virus eine Schlüsselrolle beim Tod von Gehirnzellen spielen kann und so zu Demenz führt. Andere Forscher fanden heraus, dass HIV-Infizierte mit Demenzsymptomen eine niedrigere Zahl von reifen Vorläuferzellen im Nervensystem haben, ein Typ von Stammzellen, der die Produktion von Neuronen in Gang setzt. Diese Vorläuferzellen befinden sich im sog. Hippocampus, ein wichtiger Bereich des Gehirns für Lern- und Gedächtnisleistung. In der aktuellen Studie erprobten die Forscher bei transgenen Mäusen September / Oktober 2007 (genetisch verändert) die Ausprägung des gp120-Proteins, obwohl die Mäuse tatsächlich nicht mit HIV infiziert waren. Ergebnisse - In der Laborstudie konnte mit dem Einsatz von neuralen Vorläuferzellen von Ratten demonstriert werden, dass gp120 nicht das Zellüberleben durch eine Herbeiführung der Apoptose (programmierter Zelltod) beeinflusst, auch nicht eine Nekrose (Gewebstod in einem Organ). - Danach konnte gezeigt werden, dass gp120 die Proliferation (starke Vermehrung) von adulten (reifen, erwachsenen) neuralen Vorläuferzellen sowohl im Labortest als auch am lebenden Tier, in diesem Fall im Hippocampus von transgenen Mäusen, hemmt. - Weiterhin konnte festgestellt werden, dass gp 120 die Entwicklung des Zellzyklus von diesen Stammzellen während der anfänglichen Phase der Zellteilung blockiert. - Diese Unterbrechung verlief über eine Kaskade bestehend aus der p 38 mitogen aktivierten Proteinkinase (MAPK, ein Eiweiß, das an einer der Zellteilungsphasen beteiligt ist). Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse aus dieser Forschungsarbeit erklären damit einen molekularen Mechanismus, der die Herausbildung reifer Neuronen gefährdet und in Zusammenhang mit HIV-assoziierter Demenz steht. „Das ist ein doppelter Schlag fürs Gehirn“, so die Autoren in einer Darstellung in den Medien zu ihren Erkenntnissen. „Das HIV-Protein bewirkt Verletzungen im Gehirn und verhindert gleichzeitig die Reparatur.“ In gesunden Zellen hilft das p38-Enzym, Krebs zu verhindern, d.h. eine übermäßige Zellvermehrung, die durch Krebs entsteht, indem es die Zellteilung stoppt, wenn DNA (Nukleinsäure, die die genetische Information einer Zellen enthält) beschädigt ist. Die Erkenntnisse zu der Rolle von gp120 bei der Schädigung des Nervensystems könnten zukünftig zu Behandlungen der mit HIV in Verbindung stehenden Demenz führen. Substanzen, die das Enzym p38 blockieren, sind zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen bereits in der Entwicklung. Jetzt testen die Autoren eine der Substanzen als eine mögliche Behandlung für die HIV-assoziierte Demenz. Quelle: Liz Highleyman, HIV both kills braincells and impairs production of new ones, hivandhepatitis.com; 21.08.2007 Übersetzung: Peter Lechl 9 September / Oktober 2007 Hautkrebs häufiger bei HIV-Infizierten - regelmäßige Kontrollen werden empfohlen Hautkrebs tritt bei HIV-infizierten Patienten häufiger auf als bei HIV-Negativen, so ein Poster bei der 4. International AIDS Society-Konferenz in Sidney. USForscher analysierten die Daten einer prospektiven Beobachtungs-Datenbank, mit 4566 HIV-positiven Teilnehmern. Es wurde die Häufigkeit von Hautkrebs in dieser Gruppe gegenüber einer allgemeinen HIV-negativen Population verglichen. Die Datenbank mit HIV-Positiven erfasste 27385 Personenjahre der Beobachtung von Patienten, die zwischen 1987 und 2006 behandelt wurden. Das mittlere Alter betrug 29 Jahre (Bereich 17 bis 75 Jahre), 44% waren weißer und 45% afroamerikanischer Ethnie. Unter 4507 HIV-positiven Patienten, in der Analyse erfasst, entwickelten 260 Formen von Hautkrebs, eine Häufigkeitsrate von 5,8%. Das waren 201 neue Fälle von Kaposi-Sarkom, 48 Basalzellkarzinome, 13 maligne Melanome und 7 squamose (schuppige) Zellkarzinome. Bei neun Patienten entwickelte sich mehr als ein Typ von Hautkrebs. Etwas mehr als 80 % aller Hautkrebserkrankungen ereigneten sich vor der Einführung der antiretroviralen Dreifachkombination, in der großen Mehrheit der Fälle Kaposi-Sarkome. Diese verminderten sich signifikant seit Einführung der HAART, von 1590 auf 180 Fälle pro 100000 Personenjahre (p<0,05). Die Rate des Basalzellkarzinoms mit 200 Fällen pro 100000 Personenjahre war 2,3 fach höher als bei der HIV-negativen Population. Die Melanomrate war um das 3,1fache im Vergleich mit der allgemeinen Bevölkerung erhöht. Das squamose Zellkarzinom trat jedoch nicht häufiger auf. Eine hohe CD4-Zellzahl schien nicht vor dem Auftreten von Hautkrebs zu schützen. Die mittlere CD4-Zellzahl bei der Hautkrebs auftrat, betrug 432 Zellen/mm³. Auch der CD4-Zellzahl-Nadir (niedrigste je gemessene CD4-Zellzahl), ein besserer Maßstab für den Grad der Immunschwäche in der Vergangenheit, hatte keinen Vorhersagewert für die Entwicklung von Hautkrebs. Weder stand die antiretrovirale Therapie noch eine nicht nachweisbare HIViruslast in Verbindung mit einem geringeren Hautkrebsrisiko. 10 Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information Die Forscher schließen daraus, dass in der VorHAART-Ära das Kaposi-Sarkoma vorherrschend war, aber jetzt meistens Basalzellkarzinome und Melanome in einer höheren Rate als bei der üblichen Bevölkerung auftreten. Sie empfehlen regelmäßige Untersuchungen in Hinblick auf Hautkrebs, besonders auch unter dem Aspekt der älterwerdenden HIV-positiven Patienten. Quelle: Liz Highleyman, IAS: Skin cancers are more common among HIV-positive people, screening recommended Übersetzung: Peter Lechl Kaletra® vs. Prezista®: Ring frei zur zweiten Runde In der TITAN-Studie hat sich der neue Proteasehemmer Darunavir/r (Prezista®) im Vergleich zu Lopinavir/r (Kaletra®) bei vorbehandelten Patienten als zumindest ebenbürtig, in einigen Punkten sogar überlegen gezeigt (wir berichteten in der letzten Ausgabe). Trotzdem gab es wegen einiger Details im Studiendesign Kritik und nun stellt sich die Frage, wie sich Prezista® bei nicht vorbehandelten Patienten bewährt. Dieser Frage wurde in der ARTEMIS-Studie nachgegangen. 689 unvorbehandelte Patienten mit einer Viruslast von mehr als 5.000 Kopien/ml erhielten als Nukleosidanaloga Tenofovir/Emtricictabin (Truvada®) und zusätzlich entweder Prezista® 800mg / Norvir® 100mg einmal täglich oder Kaletra® 400/100mg zweimal täglich bzw. 800/200mg einmal täglich. 15% der Kaletra®-Patienten erhielten die einmal tägliche Variante; 7% wechselten im Verlauf der Studie von zweimal auf einmal täglich. Auf der „47th Interscience Conference on Antimicrobial Agents and Chemotherapy“ (ICAAC) in Chicago wurden nun die 48-Wochen Daten vorgestellt. Bei der ersten klassischen Disziplin „Anteil der Patienten mit einer Viruslast unter 50 Kopien/ml“ war Darunavir dem Lopinavir statistisch signifikant „nicht unterlegen“. Für den Nachweis der Überlegenheit reichte der p-Wert von 0,062 nicht ganz. Wer mit dieser Statistiker-Sprache nichts anfangen kann, hier noch mal im Klartext: Prezista® ist hinsichtlich der Viruslastsenkung bei unvorbehandelten Patienten nicht schlechter als Kaletra® - um zu sagen ob es tat- Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information sächlich besser ist, reicht die Patientenzahl in dieser Studie nicht aus (siehe Grafik). Etwas anders sieht die Sache aus, wenn man die Patienten nach niedriger / hoher Viruslast vor Studienbeginn aufteilt: Bei Patienten mit einer Viruslast von mehr als 100.000 Kopien/ml schnitt Prezista® signifikant besser ab: 79% der Patienten, die Prezista® erhielten, hatten nach 48 Wochen eine Viruslast unter 50 Kopien/ml im Vergleich zu 67% unter Kaletra®. Verglich man das Dosierungsschema von Kaletra®, so fuhren die Patienten mit zweimal täglicher Gabe besser; von ihnen erzielten 81% eine vollständige Unterdrückung der Viruslast. Bei einmal täglicher Gabe gelang dies nur bei 71% der Patienten. Auch bei der Verträglichkeit konnte Prezista® Punkte sammeln: Nur halb so viele Patienten (7%) litten unter Magen-Darm-Problemen wie unter Kaletra® (14%). Der Anstieg der Blutfettwerte (Triglyzeride) war unter Prezista® nicht so stark ausgeprägt wie unter Kaletra®. September / Oktober 2007 Kommentar: Es ist anzunehmen, dass Tibotec, der Hersteller von Prezista®, mit diesen Daten die Zulassung für die First-Line-Therapie anstreben wird. Zweifellos sehen die Daten sehr gut aus, aber was macht man nach einem Therapieversagen? Nach dem Scheitern einer Therapie mit Prezista® scheiden praktisch alle anderen Proteasehemmer, abgesehen von Tipranavir (Aptivus®), für eine Folgetherapie aus., Achtet man nicht nur auf den kurzfristigen Erfolg, sondern behält die Langzeitperspektive im Blick, so ist die endgültige Antwort auf die Frage nach der „besten“ First-Line-Therapie also weiterhin offen und von den individuellen Umständen abhängig. Quelle: www.natap.org S. Schwarze Grafik: Anteil der Patienten unter geboostetem Darunavir (DRV/r) bzw. Lopinavir (LPV/r) mit einer Viruslast unter der Nachweisgrenze 11 September / Oktober 2007 Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information Folgende Apotheken unterstützen durch ihre Mitgliedschaft bzw. Spende die Arbeit von PROJEKT INFORMATION e.V. Iller-Apotheke Brunnen-Apotheke Sprudel-Apotheke Grüne Apotheke Regenbogen-Apotheke Kurmark-Apotheke Berlin Apotheke Bavaria-Apotheke Von Witzleben-Apotheke Apotheke Carmer 7 Otto-Apotheke Gethsemane-Apotheke Körte Apotheke Arminius-Apotheke Süd-Apotheke Venusberg-Apotheke Kaiser-Apotheke Centauren-Apotheke Remberti-Apotheke Johanniter-Apotheke Mercator-Apotheke Schadow-Apotheke Albert-Schweitzer-Apotheke Venus Apotheke Rathaus-Apotheke Hufeland-Apotheke Nordstern-Apotheke Sonnen-Apotheke Holbein-Apotheke Kissel-Apotheke Eichwald-Apotheke Apotheke am Reuterweg Aeskulap-Apotheke Unterlinden Apotheke Prinz-Ludwig-Apotheke Alte Apotheke Rats-Apotheke Albatros-Apotheke Elefanten-Apotheke Enten-Apotheke 12 (Auflistung nach Orten) Schmiedgässle 3 Brunnenstraße 28 Friedberger Str. 13 Kantstr. 55 Welserstr. 24 Kurfürstenstr. 154 Oranienburger Str. 51 Ansbacher Str. 53 Kaiserdamm 24 Carmerstr. 7 Ottostraße 21 Stargarder Str. 79 Grimmstraße 17 Turmstraße 38 Artur-Ladebeck-Straße 84 Sertürnerstraße 37-39 Kaiserplatz 4 Dobbenweg 11 Remberti Straße 52 Musfeldstr. 105 Mercatorstr. 10-12 Schadowplatz 18 Goethestraße 1 Gartenstr. 55 Kleiner Platz 4 Hufelandstr. 60 Karnaperstr. 101 Seckbacher Landstraße 10 Schweizer Str.88 Mörfelder Landstr.235 Bergerstr. 131 Reuterweg 68-70 Breisacherstr. 52 Unterlinden 2 Prinz-Ludwig-Str. 24 Bahnhofstr. 19 Hauptstr. 36 Hein Kollisch Platz 1 Ottenser Hauptstr.35 Grindelallee 88-90 88319 31812 61118 10627 10777 10785 10117 10777 14057 10623 10555 10437 10967 10551 33617 53127 53113 28203 28195 47053 47051 40212 40237 40479 85435 45147 45329 60389 60594 60598 60385 60323 79106 79098 85354 45879 97218 20359 22765 20146 Aitrach Bad Pyrmont Bad Vilbel Berlin Berlin Berlin Berlin Berlin Berlin Berlin Berlin Berlin Berlin Berlin Bielefeld Bonn Bonn Bremen Bremen Duisburg Duisburg Düsseldorf Düsseldorf Düsseldorf Erding Essen Essen Frankfurt/M Frankfurt/M Frankfurt/M Frankfurt/M Frankfurt/M Freiburg/Br. Freiburg/Br. Freising Gelsenkirchen Gerbrunn Hamburg Hamburg Hamburg 07565/98070 05281/93510 06101/2321 030/3139960 030/2350450 030/2612460 030/2833530 030/2182225 030/3011970 030/31809444 030/39902272 030/4459567 030/6919010 030/3951623 0521/15900 0228/910150 0228/835744 0421/327511 0421/324055 0203/62100 0203/25970 0211/866600 0211/671368 0211/490922 08122/48614 0201/705010 0201/381365 069/452828 069/616797 069/6311522 069/493176 069/727417 0761/273410 0761/34300 08161/92090 0209/22434 0931/702465 040/3196611 040/3900806 040/44140260 Jahrgang 15, Nr. 5 Apotheke am Paulinenplatz Alexander-Apotheke Schwan-Apotheke Leibniz-Apotheke Apotheke am Klingerplatz Bergheimer-Apotheke Margareten Apotheke Friesen-Apotheke Birken-Apotheke Augustiner-Apotheke Roland Apotheke Pelikan-Apotheke Bahnhof-Apotheke Einhorn-Apotheke Kolping-Apotheke Isartor-Apotheke Regenbogenapotheke Haidhauser Apotheke Hohenzollern-Apotheke St. Raphael-Apotheke Weißenburger-Apotheke Kugel-Apotheke Adler-Apotheke Marien-Apotheke Apotheke im Franziskanerhof Stachus-Apotheke Klösterl-Apotheke Walpurgis-Apotheke Nord-Apotheke Flora-Apotheke Adler-Apotheke Sonnen-Apotheke Kugel-Apotheke Adler-Apotheke Adler-Apotheke Reinsburg-Apotheke Kreusersche Apotheke Apotheke 55 Bären-Apotheke Engel-Apotheke Kreuz-Apotheke Brunnenapotheke Humboldt-Apotheke Projekt Information Paulinenplatz 1 Steindamm 81 Dammtorstraße 27 Georgstr. 46 Guerickestraße 2 Bergheimerstr. 47 Schillerstr. 53 Kronshagener Weg 17 Hohenstaufen Ring 59 Augustinerstraße 10 Ostwall 242 Nürnberger Str. 49 Willy-Brandt-Platz 1 R 1,2 am Markt Kolpingstr. 3 Isartorplatz 6 Sonnenstrasse 33 Balanstr. 30 Hohenzollernstr. 38 Hohenzollernstr. 59 Weissenburger Str.29 Pfeuferstr. 33 Sendlinger Straße 13 Sendlinger-Tor-Platz 7 Franziskanerstr.16 Karlsplatz 4 Waltherstr. 32 Keferloher Str. 103 Hoyastraße 1 Hiltorfstr. 1 Salzstrasse 58 Kirchenweg 20 Rathausplatz 5 Grünberger Straße 5 Münchener Straße 9 a Reinsburgstr. 67 Büchsenstrasse 10 Schwabstraße 55 Heinlenstraße 14 Hafengasse 9 Oranienstrasse 1 Bleichstrasse 26 Frankfurter Str. 11 20359 20099 20354 30159 30655 69115 76135 24114 50674 50667 47798 90579 68161 68161 53894 80331 80331 81669 80801 80796 81667 81373 80331 80336 81669 80335 80337 80807 48147 48149 48143 90419 90403 35447 83022 70178 70173 70197 72072 89073 65185 65183 65189 Hamburg Hamburg Hamburg Hannover Hannover Heidelberg Karlsruhe Kiel Köln Köln Krefeld Langenzenn Mannheim Mannheim Mechernich München München München München München München München München München München München München München Münster Münster Münster Nürnberg Nürnberg Reiskirchen Rosenheim Stuttgart Stuttgart Stuttgart Tübingen Ulm Wiesbaden Wiesbaden Wiesbaden September / Oktober 2007 040/312170 040/28009922 040/343964 0511/323214 0511/5479851 06221/22606 0721/845493 0431/62427 0221/2402242 0221/2582296 02151/24720 09101/9505 0621/120180 0621/26583 02443/2454 089/2199290 089/593659 089/4470580 089/395125 089/2711150 089/4480714 089/773928 089/265477 089/557565 089/44900262 089/596319 089/54343211 089/352500 0251/293311 0251/845979 0251/40001 0911/3939988 0911/2052112 06408/62410 08031/12987 0711/621946 0711/221017 0711/6567973 07071/763888 0731/63884 0611/300332 0611/302131 0611/307280 Wir bitten unsere Leserinnen und Leser um freundliche Beachtung! 13 September / Oktober 2007 Projekt Information MOTIVATE-1 48-Wochen Daten zu Maraviroc (Celsentri®) Die CCR5-Antagonisten sind seit der Zulassung von Enfuvirtide (Fuzeon®) die erste neue Substanzklasse in der Behandlung der HIV-Infektion. Das besondere an ihnen ist, dass sie keine Enzyme des Virus hemmen, sondern Rezeptoren der menschlichen Zellen blockieren. Damit ist es für das Virus schwieriger, Resistenzen gegen diese Substanzklasse auszubilden. Der Anstoß zur Entwicklung von CCR5-Antagonisten kam von der Beobachtung, dass sich Menschen, die aufgrund eines genetischen Defekts („Delta-32“) weniger CCR5-Rezeptoren auf ihren Zellen haben, weniger leicht mit HIV infizieren. Und selbst wenn sie sich infizieren, schreitet die Krankheit bei ihnen langsamer voran. Menschen, die überhaupt keine CCR5Rezeptoren haben, können sich fast nicht mit HIV anstecken, haben aber - soweit man bis heute weiß keine besonderen gesundheitlichen Probleme durch das Fehlen dieses Rezeptors. Deshalb erschien es nur logisch, das Konzept der Blockade des CCR5-Rezeptors durch Medikamente als Behandlungsstrategie gegen HIV zu erproben. MOTIVATE-1 ist eine von zwei Phase-III Zulassungsstudien zu Maraviroc (seit kurzem als Celsen- 14 Jahrgang 15, Nr. 5 tri® zugelassen). Da Maraviroc wie alle CCR5-Antagonisten nur HI-Viren hemmen kann, die den CCR5Rezeptor benutzen um in die Zielzellen zu gelangen, mussten die Patienten zuvor mit einem neuartigen Test auf das Vorhandensein dieser Art von Viren getestet werden. In einer Zwischenauswertung nach 24 Wochen wurde gezeigt, dass stark vorbehandelte Patienten, die zusätzlich zu einer mit Hilfe von Resistenzdaten optimierten Kombinationstherapie („optimized background regimen“, OBR) Maraviroc erhielten, - eine bessere Unterdrückung der Viruslast hatten, - mehr Helferzellen hinzugewannen, - fast keine zusätzlichen Nebenwirkungen hatten, im Vergleich zu Patienten, die nur die „BackgroundTherapie“ erhielten. Das primäre Zielkriterium der Studie war die Viruslastsenkung nach 48 Wochen. 601 Patienten erhielten entweder das OBR + Placebo oder OBR + Maraviroc, entweder 150 mg einmal oder zweimal täglich. Als Besonderheit war im OBR kein Darunavir (Prezista®) erlaubt. Etwa 45% der Patienten erhielten Enfuvirtide (Fuzeon®) und ca. 10% Tipranavir (Aptivus®) im OBR. Zwei Drittel der Patienten hatten im OBR nur mehr zwei aktive Substanzen oder weniger. Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass der Anteil der Patienten, die eine Viruslast unter 400 bzw. unter 50 Kopien/ml erreichte, unter Maraviroc zwischen Woche 24 und 48 im Wesentlichen stabil blieb, wäh- Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information rend unter einer Behandlung nur mit dem OBR die Ansprechraten deutlich zurückgingen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Helferzellen unter Maraviroc um 113-122 Zellen/mm³ an, unter OBR nur um 54/mm³. Auch in dieser Studie machte man ähnliche Beobachtungen wie in einigen anderen mit neuen Substanzen: Patienten, die vor Studienbeginn eine hohe Viruslast (mehr als 100.000 Kopien/ml) hatten, sprachen nicht so gut an wie Patienten mit einer niedrigen Viruslast. Außerdem schnitten die Patienten besser ab, die gleichzeitig das erste mal Enfuvirtide (Fuzeon®) erhielten. Die Verträglichkeit unterschied sich in den einzelnen Studienarmen kaum; allerdings gab es unter Maraviroc einen Trend zu mehr Atemwegsinfekten. Ob dies Zufall war oder auf einen spezifischen Einfluss der Substanz auf das Immunsystem hindeutet, muss noch geklärt werden. Erste Daten deuten darauf hin, dass CCR5-Antagonisten die Aktivierung des Immunsystems dämpfen können. Das wäre zwar eine gute Sache im Hinblick auf die HIV-Infektion, wo die Immunaktivierung ja für das Fortschreiten der Erkrankung mitverantwortlich gemacht wird, könnte aber eine etwas höhere Anfälligkeit gegenüber anderen Infekten bedeuten. So ist z.B. bekannt, dass Menschen, die von Geburt an keinen CCR5-Rezeptor haben, anfälliger für eine Infektion mit dem West-Nil-Virus sind. Außerdem wird derzeit auch untersucht, ob die Dämpfung der Immunreaktion durch die CCR5-Antagonisten auch in der Transplantationsmedizin eingesetzt werden könnte, z.B. um die Abstoßung eines Spenderorgans zu verhindern. Wahrscheinlich ist das Potenzial dieser neuen Substanzgruppe bis jetzt gerade ansatzweise erkannt und verstanden. Versagte Maraviroc, so fand man bei den Patienten in vielen Fällen HI-Viren, die nicht auf den CCR5-Rezeptor („R5“) angewiesen waren, sondern den CXCR4-Rezeptor („R4“) benutzten. Gegen solche Viren wirken CCR5-Antagonisten wie Maraviroc leider nicht. Das Problem ist, dass der Test, der herausfinden soll, welche Virenart ein Patient hat, derzeit nur eine Erkennungsgrenze von etwa 10% hat. Das heißt, wenn bei einem Patienten zu 91% R5-Viren und nur zu 9% R4-Viren vorliegen, würde der Test dies nicht erkennen. Erhält ein solcher Patient Maraviroc, so werden nur die R5-Viren durch Maraviroc gehemmt. Reicht die Wirksamkeit des OBR nun nicht aus um alle R4-Viren zu hemmen, so werden sich diese nun vermehren können – ein Therapieversagen ist vorprogrammiert. September / Oktober 2007 Manche Experten gehen davon aus, dass jeder HIVInfizierte im Prinzip eine Mischpopulation aus R5und R4-Viren beherbergt, so dass es nur darauf ankommt, die R4-Viren, die meistens in der Minderheit sind, durch die anderen Medikamente der Kombinationstherapie so schnell zu unterdrücken, dass sie keine Chance haben, zur vorherrschenden Virusspezies im Körper zu werden. Doch warum überhaupt die Aufregung um die Frage, ob das Virus R5- oder R4-trop ist? Dies kommt von der Beobachtung, dass bei HIV-Infizierten mit dem Fortschreiten der Erkrankung vermehrt R4-Viren auftreten. Noch ist nicht klar, ob das Ursache oder Wirkung ist, d.h. ob die Erkrankung fortschreitet, weil das Virus durch die Veränderung mehr Zellen infizieren kann oder ob sich das Virus verändern kann, weil das Immunsystem zu stark geschwächt ist. Solange diese Frage aber nicht geklärt ist, möchte man natürlich nicht mit dem Einsatz einer neuen Substanz möglicherweise das Fortschreiten der Erkrankung zum Vollbild Aids beschleunigen. Deshalb die besondere Vorsicht beim Einsatz der CCR5-Antagonisten und auch der durch die Zulassungsbehörde verpflichtend vorgeschriebene Tropismus-Test vor Einsatz von Maraviroc. Wie bei jeder neuen Substanzgruppe sind zum jetzigen Zeitpunkt noch viele Fragen zum Einsatz von Maraviroc offen. So stehen noch viele Studien zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aus und auch der Einsatz in der Schwangerschaft ist noch nicht geklärt. Bedingt durch die Zulassung wird Maraviroc zunächst bei vorbehandelten Patienten eingesetzt, obwohl es aufgrund des Wirkungsmechanismus in der First-Line Behandlung vermutlich sogar besser geeignet wäre. Schließlich könnte man auch spekulieren, dass die CCR5-Antagonisten, deren Wirkung ja eine Infektion der Zielzellen verhindern kann, auch als Möglichkeit der Prävention (z.B. als Mikrobizid) eingesetzt werden könnten. So eröffnet diese neue Substanzgruppe eine ganze Fülle neuer Ansätze und Möglichkeiten, die jetzt systematisch in Studien erprobt werden müssen. Quelle: www.natap.org S. Schwarze 15 September / Oktober 2007 Projekt Information Neues aus Industrie und Forschung Zulassung von Maraviroc (Celsentri®) in den Ländern der EU Am 24.09.2007 gab der Pharmakonzern Pfizer Inc. bekannt, dass die Zulassungsbehörde der EU den CCR5-Hemmer Maraviroc (Handelsname in der EU: Celsentri®) zugelassen hat. Die Zulassung bezieht sich auf den Einsatz in Kombination mit anderen antiretroviralen Substanzen bei vorbehandelten Patienten, die nur CCR5-trope Viren aufweisen. Maraviroc wird voraussichtlich ab dem 15. Oktober 2007 in deutschen Apotheken verfügbar sein. Ein Hindernis für den Einsatz dürfte der erforderliche Tropismus-Test sein, da Maraviroc ja nur gegen CCR5-trope Viren wirkt. HI-Viren, die den CXCR4Rezeptor benutzen können, werden durch diese Substanz nicht gehemmt. Dieser Test kostet in den USA knapp 2.000 Dollar. Da auch die Substanz selbst gerüchteweise nicht gerade billig verkauft werden wird, dürfte diese neue Behandlungsoption die Preise in der HIV-Therapie weiter nach oben treiben. Außerdem ist die Übernahme der Testkosten durch die Kassen zur Zeit noch nicht geklärt. Hier besteht Verhandlungsbedarf – ähnlich wie seinerzeit bei den Resistenztest. Offenbar um Verwechslungen mit einem anderen, ähnlich klingenden Präparat zu vermeiden, heißt Maraviroc in den USA übrigens nicht Celsentri®, sondern Selzentry™. Quelle: Pressemitteilung Pfizer Zweiter HPV-Impfstoff (Cervarix®) in der EU zugelassen Am 24.09.2007 gab der Hersteller GlaxoSmithKline bekannt, dass sein Impfstoff gegen das Humane Papilloma Virus (HPV, Typ 16 und 18) von der europäischen Zulassungsbehörde genehmigt worden sei. Cervarix® ist zugelassen zur Impfung von Mädchen und jungen Frauen. Die HPV-Typen 16 und 18 sind die Ursache für 70% aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs. Auch Analkrebs und Peniskrebs kann durch diese Typen verursacht werden. 16 Jahrgang 15, Nr. 5 Der schon seit einiger Zeit zugelassen Impfstoff Gardasil® von Sanofi Pasteur MSD schützt darüber hinaus auch noch gegen die HPV Typen 6 und 11, die die Hauptverursacher der sexuell übertragbaren Feigwarzen sind. Neueste Studiendaten lassen vermuten, dass beide Impfstoffe wegen einer Kreuzreaktivität auch noch einen Teilschutz gegen andere HPV-Typen verleihen, die nicht im Impfstoff enthalten sind. Quelle: Pressemitteilung GSK Wiederzulassung von Nelfinavir (Viracept®) empfohlen Nachdem in einigen Chargen von Viracept® des Herstellers Roche Pharma die krebserregende Substanz EMS gefunden worden war, hatte die Europäische Arzneimittelagentur EMEA die Zulassung widerrufen. Genauere Nachforschungen ergaben, dass sich die Bildung von EMS im Herstellungsprozess von Nelfinavir wohl nicht ganz vermeiden lässt, dass aber durch geeignete Maßnahmen die Menge so gering gehalten werden kann, dass sie als ungefährlich gilt (mittlerweile wurde auch in Nelfinavir, dass in den USA von Pfizer hergestellt wurde, EMS gefunden). Da nun gewährleistet ist, dass die EMS-Mengen in Nelfinavir zukünftig weit unter den erlaubten Grenzwerten liegen werden, hat die EMEA die Wiederzulassung von Viracept® empfohlen. Bis Viracept® wieder in den Apotheken erhältlich sein wird, können aber durchaus noch einige Monate vergehen. Quelle: Pressemitteilung Roche Fortschritt bei der Behandlung der Tuberkulose Tuberkulose (TB) stellt weltweit ein riesiges Gesundheitsproblem dar, gerade bei Menschen mit HIV. Wegen der langen Behandlungsdauer und der nebenwirkungsreichen Medikamente nehmen viele Betroffene die Therapie nicht vorschriftsmäßig ein und es kommt schnell zur Entstehung resistenter Formen. Auch bei TB ist die Einnahme einer Kombinationstherapie erforderlich. Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information In einer brasilianischen Studie an 170 TB-Patienten konnte die Gabe des Antibiotikums Moxifloxacin statt Ethambutol das Therapieansprechen von 68% auf 85% verbessern und die Therapiedauer von sechs auf vier Monate verkürzen. Gleichzeitig ist Moxifloxacin billiger, was die Chancen auf eine Anwendung in Entwicklungsländern erhöht. Quelle: CDC Prevention News, 18.09.2007 HIV-Impfstoffstudie wegen Unwirksamkeit gestoppt So groß die Hoffnungen sind, die die Allgemeinheit in einen HIV-Impfstoff setzt, so enttäuschend waren die bisherigen Ergebnisse. Nun wurde die klinische Erprobung eines weiteren Impfstoffs gestoppt, dessen Laborergebnisse viel versprechend ausgesehen hatten. Die STEP-Studie, die vom Pharmakonzern Merck&Co. (in Deutschland: MSD) zusammen mit dem HIV Vaccine Trials Network (HVTN) durchgeführt wurde, sollte überprüfen, ob man mit einem Impfstoff auf der Basis von abgeschwächten Adenoviren, denen bestimmte HIV-Sequenzen (gag, pol, nef) eingesetzt worden waren, eine Infektion mit HIV verhindern oder zumindest abschwächen kann. Dazu sollten 3000 HIV-negative Freiwillige mit hohem Infektionsrisiko im Alter zwischen 18 und 45 Jahren entweder Impfstoff oder Scheinmedikament (Placebo) erhalten. In einer Zwischenauswertung zeigte sich aber, dass von 741 Probanden, die geimpft worden waren, bei 24 dennoch eine HIV-Infektion eingetreten war. Bei den 762 nicht Geimpften waren es 21 Infektionen. Auch die Hoffnung, die Impfung könne wenigstens die Viruslast nach einer Infektion gering halten, erfüllte sich nicht: Im Mittel erreichten die Geimpften, die sich infiziert hatten, nach 8 bis 12 Wochen eine Viruslast von 40.000 Kopien/ml im Vergleich zu 37.000 bei den Ungeimpften. Die Enttäuschung ist vor allem deshalb so groß, weil dieser Impfstoff einer der ersten war, der nicht auf die Produktion von Antikörpern ausgelegt war sondern speziell die zelluläre Abwehr aktivieren sollte. Diesem Impfkonzept hatte man die größten Chancen eingeräumt, da auch bei HIV-Infizierten, die lange Jahre September / Oktober 2007 ohne Medikamente auskommen, die zelluläre Immunabwehr besonders aktiv ist. Die STEP-Studie wurde in Nord- und Südamerika, der Karibik und in Australien durchgeführt. Nachdem die Unwirksamkeit festgestellt wurde, entschied man sich, die Aufnahme weiterer Probanden in die Studie zu stoppen. Gleichzeitig wurde auch eine weitere Studie mit einem ähnlichen Impfstoff in Südafrika (Phambili) der jedoch auf den HIV-Subtyp C abzielte, und zwei kleinere Phase-I Studien abgebrochen. Deren Daten sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausgewertet. Quelle: Presseinformation Merck&Co. (in Deutschland: MSD) Zweiter CCR5-Antagonist: Phase-III Studien mit Vicriviroc Nachdem die klinische Entwicklung von Vicriviroc vor geraumer Zeit wegen mangelnder Wirksamkeit eingestellt worden war, hat man nach genauer Analyse der Daten festgestellt, dass die zunächst verwendete Dosierung zu gering war. Nun werden zwei Phase-III Studien (VICTOR-E3/E4) durchgeführt, bei denen Vicriviroc in einer Dosierung von 30mg einmal täglich eingesetzt wird. Die weiteren Partner der Kombinationstherapie werden durch eine Resistenztestung ermittelt; jedoch muss ein mit Ritonavir (Norvir®) geboosteter Proteasehemmer Bestandteil der Kombination sein (auch Vicriviroc wird in seiner Wirksamkeit durch Ritonavir verstärkt). Quelle: Presseinformation Schering-Plough S.Schwarze Der direkte Draht zu Projekt Information: Sie erreichen uns in unserem Münchner Büro in der Ickstattstr. 28 persönlich oder telefonisch: Mo - Do: 10:00 - 12:00 und 13:00 - 16:30 Fr : 10:00 - 12:00 und 13:00 - 14:00 Außerhalb der Bürozeiten können Sie uns ein Fax schicken oder eine Nachricht auf unserem Anrufbeantworter hinterlassen. Wir rufen Sie gerne zurück! Und wenn Sie einmal Zeit haben, schauen Sie doch auf eine Tasse Kaffee vorbei! 17 September / Oktober 2007 Projekt Information Grundlegend & Wissenswert HIV/HCV-Koinfizierte mit ernster Allergiereaktion auf Nevirapin haben signifikant erhöhtes Sterberisiko, besonders nach Therapieabbruch HIV-infizierte Patienten mit gleichzeitiger HepatitisC-Infektion (HCV), die eine Hypersensitivitätsreaktion (HSR) gegenüber Nevirapin (Viramune®) entwickeln, haben ein siebenfach erhöhtes Sterberisiko im Vergleich zu Patienten ohne HCV. Das berichten kanadische Forscher in der Ausgabe von AIDS vom 31. Juli. Nevirapin ist gewöhnlich ein gut verträglicher NichtNukleosid-Reverse-Transkriptase-Hemmer (NNRTI). Etwa 16 % der Patienten entwickeln einen leichten bis moderaten Hautausschlag, 6,5 % hingegen einen ernsteren Ausschlag. Etwa 10 % haben erhöhte Leberwerte, 5 % erleiden aber eine symptomatische Lebertoxizität (Giftigkeit). Es kann jedoch auch eine möglicherweise lebensbedrohliche HSR neben Ausschlag und Hepatitis passieren. Frauen und Patienten mit höherer CD4-Zellzahl haben ein erhöhtes HSR-Risiko begleitet von Lebertoxizität. Deshalb sollten Frauen mit mehr als 250 CD4-Zellen/mm³ und Männer mit über 400 Zellen/mm³ einen Therapiestart mit Nevirapin vermeiden. Patienten mit Hepatitis B oder C-Infektion und auch HIV-Infizierte mit erhöhten Leberwerten (speziell GPT) haben bekanntermaßen ein höheres Risiko eine HSR zu Nevirapin zu entwickeln. Dagegen erscheint das Sterberisiko als Folge einer Therapieunterbrechung nach dem Ereignis einer HSR noch höher zu sein. Die kanadischen Forscher überprüften alle Fälle von HSR in British-Columbia bei Patienten, die zwischen 1997 und 2003 eine HAART inklusive Nevirapin starteten. Sie ermittelten 66 Patienten aus 685 nicht vorbehandelten Patienten. Von diesen 66 Patienten hatten 36 (54 %) gleichzeitig eine Hepatitis C-Infektion. Beim Vergleich des Sterberisikos zwischen verschiedenen Gruppen ergab sich, dass 18 Jahrgang 15, Nr. 5 Patienten mit HSR zu Nevirapin und HCV-Koinfektion ein siebenfach erhöhtes Sterberisiko hatten. Die Todesursachen waren ähnlich, sowohl bei Nevirapintoleranten als auch HSR-Patienten und waren hauptsächlich auf die fortgeschrittene HIV-Erkrankung zurückzuführen. Der Einfluss der Nevirapin-HSR und HCV-Infektion auf die Sterberate kam auch für die Forscher überraschend. Aber es zeigt, dass dieser Zusammenhang eine gewisse Rolle in der Veränderung der Beziehung zwischen Virus und dem Sterberisiko spielt. HIV-Infizierte, die eine HSR entwickelten, aber nicht HCV infiziert waren, hatten einen geringeren, aber statistisch nicht signifikanten Anstieg des Sterberisikos. HSR oder Leberversagen verursacht durch Nevirapin war bei keinem Patienten mit HSR die direkte Todesursache. Das Sterberisiko erschien bei den Patienten mit HCVKoinfektion und HSR wegen der nachfolgenden Therapieunterbrechung erhöht, mit neun Todesfällen bei 13 Patienten, die keinen Therapiewiederbeginn in der Nachbeobachtungszeit hatten. Dagegen kam es zu nur einem Todesfall bei 22 Patienten, die die Therapie innerhalb von sechs Monaten nach dem Ereignis der Hypersensitivitätsreaktion wieder neu begannen. Keiner der verschiedenen Faktoren, die mit dem erhöhten Risiko der Entwicklung einer HSR zu Nevirapin in Verbindung gebracht werden, z.B. Geschlecht, CD4Zellzahl usw. konnten in dieser Studie als Risiko identifiziert werden. Möglicherweise weil die Zahl der untersuchten Fälle zu klein war, um sie erscheinen zu lassen. Interessanterweise gab es ein vierfach erhöhtes Sterberisiko auch in der SMART-Studie, wegen nicht AIDS definierter Ursachen, auch bei den Patienten mit HCV-Infektion, die ihre antiretrovirale Behandlung unterbrachen. Die Ergebnisse der kanadischen Studie unterstreichen die Empfehlung, Nevirapin nicht bei Patienten mit HIV/HCV-Koinfektion einzusetzen. Quelle: Adam Legge, HIV/HCV coinfected patients who develop severe allergy to nevirapine have significantly increased risk of death, www.aidsmap.com; 23.08.2007 Übersetzung: Peter Lechl Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information Leben mit HIV CD4-Zellzahl ist nicht alles: Erfolgeiches Absetzen der PCP-Prophylaxe bei nicht nachweisbarer Viruslast Lag die CD4-Zellzahl bei einem erwachsenen HIVInfizierten unter 200 Zellen/mm³, so empfahl man bisher eine Prophylaxe gegen die PCP (Lungenentzündung durch den Erreger Pneumocystis jiroveci), weil diese Erkrankung in der Vor-HAARTÄra eine der häufigsten Todesursachen für HIV-Infizierte mit fortgeschrittenem Immundefekt war. Doch offenbar ist die CD4-Zellzahl nicht das Maß aller Dinge, zumindest solange die Viruslast mit Hilfe von Medikamenten unter die Nachweisgrenze von 50 Kopien/ml gesenkt werden kann. Eine kanadische Arbeitsgruppe berichtet von 19 Patienten mit einer Helferzellzahl unter 200/mm³ (Bereich 34-184, im Mittel 120/mm³), die entweder die PCP-Prophylaxe mit Cotrim (Tabletten) oder Pentamidin (Inhalation) abgesetzt oder nie angewendet hatten. Jedoch hatten alle diese Patienten eine erfolgreiche HIV-Therapie mit einer Viruslast unter der Nachweisgrenze. Die Beobachtungsdauer betrug ohne PCP-Prophylaxe betrug bis jetzt im Mittel 9 Monate (Bereich 3-39 Monate). Bis heute erlitt keiner der Patienten eine PCP (Lungenentzündung). Vergleicht man diese Patienten mit Daten aus der MACS-Kohorte, d.h. mit Patienten mit ähnlicher CD4-Zellzahl aber ohne antivirale Behandlung, so hätten in diesem Zeitraum etwa 20 Fälle von PCP auftreten müssen. Die Autoren vermuten, dass es einen immunologischen Nutzen durch die Unterdrückung der Viruslast gibt, der sich nicht in der CD4-Zellzahl widerspiegelt. Dass das Absetzen einer PCP-Prophylaxe relativ gefahrlos möglich ist, sobald die CD4-Zellzahl unter Therapie wieder stabil auf Werte über 200/mm³ angestiegen ist, war schon länger bekannt. Sollte sich in weiteren Untersuchungen bestätigen, dass auch die Viruslast ein wichtiger Parameter ist und dass bei einer Viruslast unter 50 Kopien/ml die Prophylaxe unabhängig von der CD4-Zellzahl abgesetzt werden September / Oktober 2007 kann, wäre dies für die betroffenen Patienten eine große Erleichterung. Quelle: D’Egidio G et al.: „Pneumocystis jiroveci pneumonia (PCP) prophylaxis is not required with a CD4+ Tcell count < 200 cells/µl when viral replication is suppressed“, AIDS; Vol 21(13), Aug 20, 2007, pp1711-15 S. Schwarze EKG-Veränderungen unter Atazanavir (Reyataz®) Veränderungen im Elektrokardiogramm (EKG) durch Medikamente gehören zu den Nebenwirkungen, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Viele Substanzen wurden schon wegen eines ungünstigen Einflusses auf das Herz vom Markt genommen. Gerade die antiretroviralen Substanzen werden daraufhin untersucht, weil bei HIV-Infizierten vermutlich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus verschiedenen Gründen erhöht ist. Italienische Forscher haben nun herausgefunden, dass Atazanavir (Reyataz®) geboostet und ungeboostet Veränderungen im EKG hervorrufen kann (Verlängerung der QRS-Strecke). Allerdings waren die Veränderungen unter geboostetem Atazanavir ausgeprägter. Ein Patient bekam Symptome durch Herzrhythmusstörungen, doch dieser erhielt auch noch Herzmedikamente (Betablocker), so dass nicht geklärt werden konnte, ob Atazanavir für seine Beschwerden verantwortlich war. Es wurde kein Zusammenhang mit der Dauer der Einnahme von Atazanavir gefunden. Dennoch empfehlen die Autoren, dass bei Patienten, die Reyataz® einnehmen, regelmäßig ein EKG gemacht wird. Dies gilt insbesondere, wenn die Patienten gleichzeitig noch andere, herzwirksame Medikamente einnehmen. Quelle: Gianotti N et al.: „Electrocardiographic changes in HIV-infected drug-experienced patients being treated with atazanavir“, AIDS 2007, Vol 21 No 12, P. 1648-51 S. Schwarze 19 September / Oktober 2007 Projekt Information Politik & Soziales Ehre stärken Staat erhöht steuerfreie Pauschale für ehrenamtliche Tätigkeiten Die steuerfreie Pauschale für ehrenamtliche Tätigkeiten wird erhöht. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf billigte der Bundestag mit Mehrheit. Künftig können ehrenamtlich Tätige statt bislang 1848 Euro nunmehr 2100 Euro an jährlicher Aufwandsentschädigung erhalten. Das entspricht einem monatlichen Satz von 175 Euro. Darüber hinaus wurde eine Steuergutschrift von 500 Euro pro Jahr für jene eingeführt, die völlig unentgeltlich arbeiten. Pauschale und Steuergutschrift gelten „zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke“, wie das Gesetz beschreibt, allerdings nur bei Nebenberuflichkeit. Die Nebenberuflichkeit definiert sich über den Zeitaufwand der ehrenamtlichen Tätigkeit, die geringer bemessen sein muss als die Haupttätigkeit, nicht jedoch über den Status. Das heißt, auch Rentner oder Arbeitslose können im Nebenberuf einem Ehrenamt nachgehen, was mancherorts in der Beratung und Betreuung HIV-Infizierter von Bedeutung sein kann. Als nebenberufliches Ehrenamt gelten auch andere Tätigkeiten wie Sporttrainer oder Chorleiter. Entscheidend ist die soziale Ausrichtung der Tätigkeit. Dann gilt die Pauschale brutto gleich netto. Beträge ab 2100 Euro müssen versteuert werden, Betriebskosten können auch erst ab dieser Grenze geltend gemacht werden. Die Pauschale kann auch auf einen Zeitraum innerhalb eines Jahres gebündelt, das heißt nur für einige Wochen gezahlt werden, während im Restjahr keine ehrenamtliche Tätigkeit anfällt. Interessant ist zudem der Steuerfreibetrag von 500 Euro für alle, die in einem Hauptberuf oder als Rentner Steuern zahlen und nebenher zum Beispiel etwas für eine AIDS-Hilfe oder eine ähnliche Einrichtung tun. Bei entsprechendem Nachweis kann der Freibetrag in Anspruch genommen werden. 20 Jahrgang 15, Nr. 5 Das Gesetz gilt rückwirkend für 2007. Pauschale und Freibetrag können also schon jetzt geltend gemacht werden. Stefan Boes Global Fund Mehr Geld, und trotzdem noch zu wenig Ende September fand in Berlin die zweite so genannte Wiederauffüllungs- oder auch Geberkonferenz des Global Fund statt. Unter dem Dach des Global Fund finden sich neben Vertretern der etwa fünfzig Mitgliedsstaaten und der UNO auch internationale Stiftungen, Unternehmen und Nichtorganisationen aus dreißig Ländern zusammen, um Gelder zur Bekämpfung der großen Infektionskrankheiten AIDS, Malaria und Tuberkulose zu bündeln. Weltweit sind mehr als sechs Millionen Menschen betroffen, gleichzeitig reichen die vorhandenen Mittel des Global Fund nicht aus für eine konzentrierte Umsetzung effektiver Hilfsmaßnahmen. Seit Bestehen wurden knapp elf Milliarden US-Dollar eingezahlt, knapp acht Milliarden US-Dollar flossen in 450 Hilfsprogramme. Deutschland hat seit 2002 fast 400 Millionen Euro überwiesen. Damit ist die Bundesrepublik kleinster Geber unter allen Mitgliedsstaaten. Lediglich 4,4 Prozent des Haushaltes des Global Fund wird durch deutsche Beiträge bestritten. Bis 2015 sollen es aber weitere vier Milliarden Euro werden. Das sicherte die Bundesregierung im Rahmen der G8-Konferenz in Heiligendamm zu. Deutschland investiert allerdings weit mehr öffentliche Mittel in den Bereich der globalen Entwicklungshilfe als nur jene im Rahmen des Global Fund. Im aktuellen Bundeshaushalt wurden 5,1 Milliarden Euro für die weltweite Armutsbekämpfung eingestellt. Das entspricht einer 15prozentigen Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt, der so genannten ODA-Quote (Anteil der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit am Bruttoinlandsprodukt), will die Bundesrepublik eine jährliche Steigerung in Höhe von 750 Millionen Euro erreichen – befristet bis 2011. Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information Die Geberkonferenz schlug die gleiche Richtung ein. Zugesagt wurde eine deutliche Erhöhung der Mittel. Mehr Geld, und trotzdem noch zu wenig. September / Oktober 2007 Stefan Boes Sozialpolitische Nachrichten Kassen – Pensionen – Vorurteile – Behinderte – Pflege – Prävention – Gesundheitsreport – Mindestlohn Obwohl die Ausgaben für Arzneimittel stetig ansteigen, hat sich die finanzielle Situation der Gesetzlichen Krankenkassen im ersten Halbjahr 2007 etwas verbessert. Große Kassen wie AOK und DAK haben einen leichten Überschuss. Die Barmer Ersatzkasse weist dagegen nach wie vor ein Defizit von etwas über siebzig Millionen Euro aus; sie machte damit aber weniger Verlust als im Jahr zuvor. Die Entwicklung ist in erster Linie auf Einsparmaßnahmen der letzten Gesundheitsreform zurückzuführen. ***** Analog zur Rente mit 67 soll auch die Pensionsberechtigung für Beamte schrittweise angehoben werden. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf kündigte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) für den Herbst des laufenden Jahres an. Details gab Schäuble vorerst nur wenige bekannt. Zu vermuten ist aber eine ähnliche, nach Geburtsjahren gestaffelte Anhebung des Pensensionsbeginns, wobei Schäuble offensichtlich plant, Beamten nach 45 Berufsjahren die Pensionsberechtigung zu gewähren. Die Gewerkschaft der Polizei und die der Lehrer lehnten die Gesetzesinitiative ab. Es sei Lehrern und Polizisten auf Grund ihrer hohen Arbeitsbelastung nicht zuzumuten, länger als derzeit geregelt zu arbeiten. Die Arbeitgeberverbände kritisierten den möglichen Pensionsbeginn nach 45 Berufsjahren, da Beamte im Gegensatz zu Arbeitnehmern - die nach 45 Einzahlungsjahren unabhängig vom Alter in Rente gehen können - keine Beiträge leisten, also auch nicht für ihre Treue belohnt werden können. Der Gesetzentwurf wird eine weit reichende Diskussion zur Folge haben. Dabei dürfte, abgesehen von den kritisierten Aspekten, eine Rolle spielen, dass Bund und Länder zu wenig für die anstehenden Pensionen zurück gelegt haben. Insbesondere den Ländern fehlen etwa 600 Milliarden Euro an Rückstellungen, um Pensionen in Zukunft auszahlen zu können. ***** Eine wissenschaftliche Studie der Harvard Medical School ging dem Aspekt unbewusster rassistischer Vorurteile von Ärzten nach. Untersucht wurde an 220 Medizinern aus Boston und Atlanta, ob sich die Behandlung entsprechend der Hautfarbe eines Erkrankten unterscheidet. Den Ärzten wurden Bilder und medizinische Berichte farbiger und weißer Patienten 21 September / Oktober 2007 Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information vorgelegt, deren Symptome durchweg auf einen Herzinfarkt hinwiesen. Entscheiden mussten die Ärzte, wem sie eine Thrombolyse verordneten und wem nicht. Ein Assoziationstest konnte nachweisen, dass weiße Patienten unbewusst bevorzugt wurden, weil die Ärzte sie für kooperativer hielten. Die Studie wurde im „Journal of General Internal Medicine“ veröffentlicht (Band 22). ***** Die Probephase der Persönlichen Budgets für Behinderte wurde abgeschlossen, ein entsprechender Erfahrungsbericht der Bundregierung vorgelegt. Mit der neuen Leistungsform können behinderte Menschen auf Antrag anstelle von Dienst- und Sachleistungen eine Geldleistung oder auch Gutscheine erhalten, um sich die notwendigen Assistenzleistungen selbst einzukaufen. Die Erprobungsphase begann am 1. Juli 2004 und endet mit Ablauf dieses Jahres. Ab dem 1. Januar 2008 besteht dann ein Rechtsanspruch auf das Persönliche Budget, das die Selbstbestimmung Behinderter stärken soll. Der Erfahrungsbericht ergab allerdings, dass noch ein großes Informationsdefizit besteht. Bis August 2006 hatten 243 Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen in ausgewählten Modellregionen ein Persönliches Budget beantragt, oft aber nicht gewusst, wie dieses konkret auszugestalten oder zu nutzen ist. Nun will die Bundesregierung vor Beginn des Rechtsanspruchs mit Internetauftritten, Fachtagungen, Veranstaltungen und Plakatkampagnen über das Persönliche Budget informieren. ***** Wichtiger Hinweis: Für Interessenten und Vereinsmitglieder: Bei einem nachgewiesenen monatlichen Netto-Einkommen bis EUR 766,94 reduziert sich der Monatsbeitrag auf EUR 3,83. 22 Während der aktuelle Pflegebericht ergab, dass die Standards insbesondere bei Ernährung und Hygiene in Heimen sowie im Rahmen einer häuslichen Pflege nicht eingehalten würden, gerät die Debatte um die Zukunft der Pflege zunehmend in Bewegung. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) betonte qualitative Verbesserungen, die das neue Pflegegesetz mit sich bringen werde, kündigte verstärkte Kontrollen an und will darüber hinaus Verschiebebahnhöfe zwischen ambulanter und stationärer Pflege unterbinden. Davon abgesehen brachte sie die Idee eines bezahlten Urlaubs zur Pflege und Betreuung Angehöriger ins Gespräch. Dieser solle zehn Tage umfassen und aus Mitteln der Pflegekassen finanziert werden. Überlegt wird auch die Möglichkeit eines halbjährigen, unbezahlten Pflegeurlaubs. Strittig sind derzeit so genannte Pflegestützpunkte, die eine familiäre Pflege flankieren sollen. Jahrgang 15, Nr. 5 Projekt Information ***** Arme Menschen sind in der Regel auch kränker. Auf diesen Sachverhalt wies Carola Reimann, Gesundheitsexpertin der SPD im Bundestag, hin. Notwendig sei, so Reimann, ein steuerfinanzierter Vorsorgetopf, der gezielt für die Prävention sozial benachteiligter Menschen genutzt werden müsse. Hintergrund ist das neue Präventionsgesetz, das die Bundesregierung zurzeit auf den Weg bringt. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) möchte die Prävention über eine bundesweite Stiftung stärken, während Kassen und Länder eigene Präventionsprojekte verfolgen sollen. Wie notwendig eine verbesserte Prävention für Arme ist, hat eine Untersuchung des Robert-Koch-Institutes gezeigt. Demnach sind vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien häufiger krank, außerdem seien Übergewicht, Essstörungen, psychische Erkrankungen sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch weiter verbreitet. ***** Unter dem Titel „A safer future“ stellte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihren diesjährigen Gesundheitsreport vor. Die WHO befürchtet eine voranschreitende Ausbreitung von Infektionskrankheiten, aber auch von Keimen, die gegen übliche Medikamente resistent geworden sind. Dazu tragen vor allem der grenzüberschreitende Handel und der mit jährlich über zwei Milliarden Passagieren stark anwachsende Flugtourismus wesentlich bei. Epidemien wie AIDS oder die Lungenkrankheit Sars könnten sich noch schneller als bislang beobachtet ausbreiten. Insgesamt lokalisierte die WHO 1100 Epidemien weltweit, darunter Cholera und Vogelgrippe. Während der letzten vierzig Jahre konnten 39 neue pathogene Keime identifiziert werden. Das bedeutet, dass jährlich eine neue Krankheit hinzu kommt. ***** Dauerthema ist der Mindestlohn. Er gilt bereits für 1,4 Millionen Menschen in sechs verschiedenen Branchen – vom Maler oder Lackierer über den Dachdekker bis zum Gebäudereiniger. Festgelegt wurden Untergrenzen zwischen 6,36 und 12,40 Euro.Die Sozialdemokraten wollen keinen punktuellen Mindestlohn mehr, sondern einen generellen; die Union lehnt ihn ab, da der Markt zwangsreguliert werde und der Mindestlohn Sache der Tarifparteien sei. Anlass für die Debatte ist die Tatsache, das rund 2,5 Millionen Vollzeitbeschäftigte weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Jahresnettoeinkommens von aktuell 15.845 Euro verdienen, was in der Regel einem Stundenlohn von gut fünf Euro entspricht; fast alle haben September / Oktober 2007 Anspruch auf staatliche Zuschüsse. Menschen in Teilzeitbeschäftigungen – darunter viele mit chronischen Erkrankungen – müssen noch häufiger als Vollzeitbeschäftigte auf die staatliche Aufstockung ihres Einkommens zurückgreifen. Kurt Beck, SPD-Vorsitzender und Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz, stellte nun im Bundesrat ein Modell des Mindestlohnes vor Er soll zuerst 7,50 Euro betragen und regelmäßig von einer neunköpfigen Kommission aktualisiert werden. Die Diskussion geht weiter. Stefan Boes Projekt Information e.V. Behindertenverband begrüßt Job-Vermittlungsprovision Die von der Koalitionsfraktion der CDU/CSU jetzt beschlossene Verlängerung für die Gewährung von Vermittlungsgutscheinen für Menschen mit Behinderung, wird vom Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. begrüßt. Wolfgang Bachelier, Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des BSK "Wir befürworten jede Maßnahme, die der Teilhabe von Menschen mit Behinderung am freien Arbeitsmarkt dient. Eine solche Provision für private Vermittler wird nach unserer Ansicht Bewegung in diesen Markt bringen, da noch immer rund 170.000 Menschen mit Behinderung ohne Job sind". Für die Vermittlung von Menschen mit Behinderungen in Arbeit können private Arbeitsvermittler künftig bis zu 2.500 € erhalten. Derzeit liegt diese Vergütung 500 € niedriger. Die Verlängerung dieses Angebotes über das Jahr 2007 hinaus und die Erhöhung der Provision muss allerdings erst noch gesetzlich verankert werden. Wolfgang Bachelier hofft, dass dies auch bald geschieht. Quelle: Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. 23 September / Oktober 2007 Projekt Information Termine Angebote des FrauenGesundheitsZentrums München - Projekt „Positive Frauen“ Gruppe „Positive Frauen“: 1. bis 3. Montag im Monat, 18.30 – 20.30 Uhr Neue Frauen sind nach telefonischer Rücksprache herzliche willkommen (Ulrike Sonnenberg-Schwan, Tel. 089-1291195) 12.11.2007, 18.30 – 20.30 Uhr Zeit für Fragen – 3. Gesprächsabend für Frauen mit HIV/AIDS Themen: Menstruationsstörungen, Wechseljahre, gynäkologische Erkrankungen – Besonderheiten bei Frauen mit HIV, schulmedizinische und naturheilkundliche Behandlungsmöglichkeiten. Infos, Erfahrungsaustausch und Raum für individuelle Fragen Mit Dr. med. Andrea Gingelmaier, Gynäkologin, und Daniela Weninger, Heilpraktikerin Ort: FrauenGesundheitsZentrum, Nymphenburger Str. 38/Rgb., 80335 München Bitte im FGZ anmelden: Tel. 089/1291195, E-mail: [email protected] 29.11.2007, 19.30 – 21.00 Uhr Das volle Leben: Texte von HIV-positiven Frauen Eine Lesung zum Welt-AIDS-Tag in der Stadtbibliothek Nymphenburg, Arnuldstr. 294. Eintritt € 3,18.12.2007, 19.00 Uhr Weihnachtsfeier des Projektes „Positive Frauen“ Jahrgang 15, Nr. 5 Termine der Münchner Aids-Hilfe Positiver Stammtisch Termin: jeden Dienstag, ab 19.30 Ort: Cafe Regenbogen Information: Engelbert Zankl, Tel.: 089-54 333-123 Regelmäßige Sportangebote Yoga (Sivananda) Termin: Jeden Dienstag, 19.00 – 20.30 Uhr Ort: Münchner AIDS-Hilfe e.V., 2. Stock Yoga (Iyengar) Termin: Jeden Mittwoch, 19.00 – 20.30 Uhr Ort: Münchner AIDS-Hilfe e.V., 2. Stock Sport - Anfänger , sanfte Gymnastik Termin: Jeden Donnerstag, 19.00 – 20.00 Uhr Sport - Gymnastik, Kondition Termin: Jeden Donnerstag, 20.00 – 21.00 Uhr Ort: Max-Planck-Institut, Kraepelinstr. 10 Anschließendes Schwimmen ( 27°C Wassertemperatur) möglich! Information: Engelbert Zankl, [email protected], Tel.: 089-54 333-0 Heterotreff jeden 4.Mittwoch, 19.30 Uhr im Café Regenbogen Information: Antje Sanogo Tel: 089- 54 333 -0 Engelbert Zankl, HIV-Therapie-Hotline, 089/54 333-123, Mo-Do 16-19 Uhr, mail: [email protected] Impressum Herausgeber: Projekt Information e.V., Ickstattstraße 28, 80469 München, Telefon (089) 21 94 96 20, Fax: (089) 21 03 12 35, email: [email protected]. Vereinsregister: AG München Nr. 12575; Gemeinnützigkeit anerkannt: FA München, St.Nr.844/29143 Vorstand: Paul Glatt, Peter Lechl, Siegfried Schwarze, Klaus Streifinger. Redaktion: Stefan Boes, Phil C. Langer, Peter Lechl, Siegfried Schwarze, Ulrike Sonnenberg-Schwan. Hinweis: Projekt Information versucht durch eine breite Auswahl von Themen, dem Leser einen Überblick zu den derzeitigen therapeutischen Möglichkeiten, Entwicklungen und dem Stand der Forschung zu geben. Zum größten Teil verwenden wir hierbei Übersetzungen aus ähnlichen Publikationen in den USA und Großbritannien. Sie geben nicht die Meinung des Herausgebers und der Redaktion wieder. Ob die besprochenen Medikamente, Therapien oder Verfahren tatsächlich erfolgversprechend oder erfolglos sind, entzieht sich unserer Beurteilung. Sprechen Sie immer mit dem Arzt Ihres Vertrauens. Namentlich gezeichnete Artikel verantwortet der betreffende Autor. Soweit es um Zitate aus wissenschaftlichen Publikationen geht, werden die Leser gebeten, die angegebenen Referenztexte zu konsultieren. 24