Photovoltaik - Innovationen
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Photovoltaik - Innovationen
Themeninfo II/2011 Energieforschung kompakt Photovoltaik – Innovationen Neue Konzepte und Produktionstechniken für Solarzellen und Module Ein Service von FIZ Karlsruhe 2 BINE-Themeninfo II/2011 „“ Zur Sache Neue Entwicklungen machen es möglich: Solarstrom kann immer günstiger produziert werden. Die Solarbranche ist nahe daran, die sogenannte Grid Parity zu erreichen, was bedeutet, dass die Erzeugung von Solarstrom nicht mehr teurer ist als der aktuelle Verbraucherpreis. Forscher stellen Solarzellen mit immer höheren Wirkungsgraden vor, Rekordleistungen werden, kaum aufgestellt, schon überflügelt. Die Kette von Erfolgen ist eines der deutlichsten Indizien für die rasanten Fortschritte bei der Photovoltaik. Dieses Themeninfo gibt einen Überblick über die aktuelle Forschungs- und Entwicklungslandschaft im Photovoltaik-Sektor und präsentiert neue Solarzellkonzepte und BearbeitungsTechnologien. Einige davon befinden sich noch im Forschungsstadium, andere finden bereits Eingang in die Produktion. So verändern sich Produktionstechnologien und -abläufe, beschleunigt durch Kostendruck sowie sinkende Einspeisevergütungen: rationellere, kostengünstigere Verfahren setzen sich durch, mit dünneren Wafern und leichteren Modulen gehen die Hersteller in einem starken Wettbewerb auf die Kunden zu. In dieser sehr dynamischen Branche haben Forschung und Entwicklung eine ganz besondere Bedeutung. Sie tragen dazu bei, dass es in der industriellen Produktion gelingt, rationeller und günstiger zu fertigen. Außerdem wird das Angebot an Solarzellen vielseitiger: neben kristallinen, amorphen und multikristallinen Siliziumzellen finden sich verschiedene Dünnschicht-Technologien. Neue Zellentwicklungen stehen vor der Marktreife oder befinden sich noch in der Entwicklung und Erprobung. Auch wird ein größerer Anteil des Lichtspektrums absorbiert, Mehrfachzellen nutzen mehrere Spektralbereiche aus und wandeln einen entsprechend höheren Anteil des einfallenden Lichts in Strom um. Mit dem Ziel, die Produktionskosten zu senken und den Modulwirkungsgrad zu steigern, fördert die "Innovationsallianz Photovoltaik“ Forschungs- und Entwicklungsvorhaben; über diese Förderinitiative unterstützen Bundesforschungs- und Bundesumweltministerium bis 2013 die anwendungsbezogene Forschung mit 100 Mio. €. Mit weiteren 75 Mio. € fördern Bund und Länder im Rahmen des Spitzenclusters Solar Valley die Forschung und Entwicklung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dieses Engagement trägt dazu bei, dass die Industrie zukünftig noch leistungsfähigere, dauerhafte Module herstellen kann, die auch bei sinkenden Vergütungen profitabel arbeiten. Langfristig besteht das Ziel darin, den Anteil erneuerbarer Energien im Strommix erfolgreich zu steigern. Ihre BINE-Redaktion [email protected] Impressum ISSN 1610 - 8302 Herausgeber FIZ Karlsruhe · Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur Hermann-von-Helmholtz-Platz 1 76344 Eggenstein-Leopoldshafen Autoren Solarzellen aus Silizium-Wafern, Neue Herstellungsverfahren: Prof. Dr. Gerhard Willeke, Fraunhofer ISE Dünnschicht-Solarzellen: Prof. Dr. Bernd Rech, HZB und TU Berlin Prof. Dr. Hans-Werner Schock, HZB Dr. Rutger Schlatmann, PVcomB, HZB Dr. Ralf Wendt, Fraunhofer CSP Neue Zellentwicklungen: Dr. Konstantinos Fostiropoulos, HZB Redaktion Gerhard Hirn, Dr. Franz Meyer Titelbild Organisches Solarzellmodul Fraunhofer ISE Inhalt 2 Zur Sache 3 Solarzellen aus Silizium-Wafern 5 Vom Halbleiter zur Solarzelle 7 Wirkungsgrad von Industriemodulen 8 Neue Herstellungverfahren 11 Verlustmechanismen schmälern den Wirkungsgrad 12 Dünnschicht-Solarzellen 16 Neue Zellentwicklungen 17 En Passant: Leben von Licht und Wasser 19 Im Portrait: Der Forscher und der Unternehmer 20 Ausblick Version in Englisch Das Dokument finden Sie unter www.bine.info. Urheberrecht Eine Verwendung von Text und Abbildungen aus dieser Publikation ist nur mit Zustimmung der BINE-Redaktion gestattet. Sprechen Sie uns an. FIZ Karlsruhe, Büro Bonn Kaiserstraße 185-197, 53113 Bonn Tel. 0228 92379-0 Fax 0228 92379-29 [email protected] www.bine.info BINE-Themeninfo II/2011 3 Abb. 1 Nach der Solarzellen aus Silizium-Wafern Solarzellen aus kristallinem Silizium nutzen das zweithäufigste Element der Erdkruste. Sie basieren auf einer relativ einfachen, robusten und zuverlässigen Technologie mit einer „älteren Schwester“, der Mikroelektronik. Vor mehr als 50 Jahren erstmals vorgestellt, sind sie die klassischen Solarzellen schlechthin und behaupten sich (international) mit Marktanteilen zwischen 70 und 100%. Die Erfolgsgeschichte der Siliziumsolarzelle begann 1954 in den USA mit einem zwei Quadratzentimeter großen Labormuster, das einen Wirkungsgrad von vier bis sechs Prozent erreichte. In kurzer Zeit wurde sie für Spezialanwendungen fortentwickelt, bei denen Kosten nicht die dominierende Rolle spielten. So startete bereits vier Jahre später der erste mit Solarzellen ausgestattete Satellit. Aber über lange Jahre blieb die Photovoltaik eine Nischentechnologie. Erst die Energiekrisen der 1970er Jahre bewirkten ein Umdenken. Eine Reihe von Ländern, darunter maßgeblich auch Deutschland, initiierten in der Folgezeit strategische Forschungsprogramme. Durch höhere Stromerträge bei deutlich geringeren Kosten sollten Solarzellen zu einem Massenprodukt für die großtechnische Energieversorgung werden. Und tatsächlich: Allein 2009 erhöhte sich die installierte Leistung weltweit um 7,3 GWp auf etwa 22 GWp. Wurde anfänglich noch mit ausgemusterten Produktionsgeräten aus der Mikroelektronik produziert, können jetzt Fertigungslinien mit 120 MW-Jahresproduktionskapazität und SolarzellWirkungsgradgarantie schlüsselfertig erworben werden. Komplette GW-Fabriken sind bereits im Entwicklungsstadium. Erfahrungsgewinn und Massenproduktion haben positive Auswirkungen auf den Preis, der sich anhand einer empirischen Lernkurve beschreiben lässt: Seit mehr als 3 Jahrzehnten sinken die Modulpreise mit jeder Verdopplung der weltweit installierten Spitzenleistung um etwa 20%. Mittlerweile geschieht dies etwa alle 2 Jahre. Entsprechend reduzieren sich die Kosten jedes Jahr um etwa 8 – 10 Prozent. Mitte 2010 lagen die Modulpreise unter 2 €/Wp und der Systempreis teilweise unter 3 €/Wp. Möglich wurde die Entwicklung durch Fortschritte bei allen Prozessschritten: Beispielsweise hat sich die Waferdicke seit 1980 von 400 μm auf heute 180 μm mehr als halbiert und die Zellgröße von 100 cm2 auf derzeit 240 cm2 mehr als verdoppelt. Der höchste Modulwirkungsgrad stieg von 8% auf knapp 20%. Der mittlere Modulwirkungsgrad aller kristallinen Siliziummodule erreichte 2010 13,5%, gegenüber 12,0% im Jahr 2003. Experten der Branche erwarten, dass sich der Lernkurvenfaktor bei weiterer intensiver Forschung und Entwicklung mindestens in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten beibehalten lässt. Dies würde bedeuten, dass die Modulherstellkosten in den nächsten Jahren auf etwa 1 €/Wp, bis 2020 auf 0,75 €/Wp und in der Folgezeit auch weiter sinken. Daran arbeiten Forscher in allen Stufen der Wertschöpfungskette. Im Fokus stehen die Verminderungen des Materialverbrauchs, die Erhöhung des Wirkungsgrades und der Einsatz innovativer automatisierter Massenfertigungsverfahren. Weitere Entwicklungsschwerpunkte sind die Reduktion des Energieverbrauchs in der Fertigung, die Umweltfreundlichkeit des Systems inklusive Recycling sowie die Entwicklung von Standardprodukten. Vom Quarzsand zum kristallinen Solarmodul Der Weg vom Quarzsand über Siliziumaufbereitung und Waferherstellung zu einer Standard-Solarzelle und die weitere Verarbeitung zu einem laminierten Solarmodul mit Einscheiben-Sicherheitsglas und Tedlar-Rückseite verlaufen folgendermaßen: Kristallisation werden aus den Ingots einzelne Blöcke geschnitten. Quelle: Wacker 4 BINE-Themeninfo II/2011 Abb. 2 Die aus den Blöcken geschnittenen Siliziumscheiben werden zu Zellen weiterverarbeitet. Quelle: BSW-Solar • Silizium-Herstellung Silizium ist nach Sauerstoff das zweithäufigste Element in der Erdkruste, wo es in Form von Oxiden und Silikaten vorkommt. Aus Quarzgestein werden jährlich Millionen Tonnen metallurgisches Silizium bei einer Prozesstemperatur von über 2.000 °C in elektrischen Lichtbogenöfen für die Metall- und Kunststoff-Idustrie zum Preis von etwa 1 €/kg hergestellt. • Silizium-Reinigung Für Halbleiteranwendungen darf das Silizium nur wenige Fremdatome enthalten. Während für die Mikroelektronik ein besonders hoher Reinheitsgrad erforderlich ist (sogenanntes electronic grade eg-Si hat einen Fremdatomanteil unter 1 ppb), sind die Anforderungen an solar grade sog-Si für die Photovoltaik deutlich geringer (99,99% bzw. 1 ppm). Derzeit werden pro Jahr etwa 100.000 t solar grade Silizium hergestellt. Zum Einsatz kommt meist das so genannte Siemens-Verfahren. Dabei reagiert metallisches Silizium mit Chlorwasserstoff bei 650 °C zu flüssigem Trichlorsilan, das über energieaufwendige Destillationsverfahren gereinigt wird. Anschließend wird es verdampft und mit Hilfe von Wasserstoff als polykristallines Silizium an heißen Siliziumstäben abgeschieden. Die dicker werdenden Stäbe müssen etwa im Wochenrhythmus ausgetauscht werden. Das gesamte Verfahren benötigt für die Reinigung eines Abb. 3 Fertigung von Si-Solarzellen im Reinstraum. Quelle: BSW Solar Kilogramms Silizium zwischen 100 bis 160 kWh elektrische Energie. Ein neues Wirbelschichtverfahren vermeidet diese Unterbrechungen und den Energieeinsatz beim Neustart des Prozesses. Bei dem von der Wacker Chemie in Burghausen entwickelten Granulatreaktor dienen heiße Siliziumkügelchen als Startmaterial für die Abscheidung des Siliziums. Sie wachsen auf einen Durchmesser von bis zu einem Millimeter an und können im laufenden Betrieb als Granulat entnommen werden. Nach Inbetriebnahme der Pilotanlage läuft bereits die Planung für einen Produktionsreaktor mit einer Jahreskapazität von 500 t. Einen anderen Ansatz verfolgt das Verbundvorhaben SUNSIL 2010 der Firma Joint Solar Silicon. Hier erfolgt die kosten- und energieeffiziente Herstellung von Solarsilizium aus Monosilan. Das gereinigte Monosilan zerfällt in einem 800 °C heißen Rohrreaktor zu Siliziumpulver, das kontinuierlich entnommen werden kann. Alle Verfahrensschritte, wie die Pyrolyse des Silans, die Abscheidung des Siliziumpulvers, die mechanische oder thermische Nachbehandlung des Produktes sowie dessen universelle Einsetzbarkeit in den nachfolgenden Bearbeitungsschritten, werden untersucht. Eine erste Pilotanlage mit einer Jahreskapazität von 850 t wurde 2008 bereits realisiert. Kristalline Si-Module werden in sechs Schritten hergestellt: Dabei gliedern sich die Kosten (in etwa) folgendermaßen (Centrotherm 2008) Herstellungsschritt Verfahren (1) Silizium-Herstellung (mg-Si) carbothermische Reduktion von Quarzgestein zu metallurgischem Silizium im Elektroschmelzofen (2) Silizium-Reinigung (sog-Si) Aufreinigung zu solar-grade-Silizium im Siemens-Verfahren mittels Chlorsilanen (3) Kristallwachstum p-Typ (Bor) Kristallwachstum durch Blockkristallisation (poly) und Czochralski-Verfahren (mono) (4) Waferherstellung Wafer-Herstellung durch multi-wire slurry saw MWSS (5) Zellherstellung Zellherstellung mittels Siebdruckmetallisierung (6) Modulherstellung Modulherstellung durch String-Fertigung und Glass/EVA/Tedlar-Laminierung Gesamtkosten Kosten (€/Wp) 0,01 €/Wp 0,20 €/Wp, (Siemens-Prozess) 0,14 €/Wp 0,18 €/Wp 0,28 €/Wp 0,45 €/Wp 1,26 €//Wp BINE-Themeninfo II/2011 Vom Halbleiter zur Solarzelle Abb. 4 Sägeschäden aus dem Drahtsägeprozess werden entfernt, die Wafer-Oberfläche texturiert. Quelle: Solarworld • Kristallwachstum Gereinigtes poly-Silizium wird aufgeschmolzen, mit Bor dotiert und erstarrt in Form von bis zu mehreren hundert kg schweren quadratischen multikristallinen oder etwa 100 kg schweren zylindrischen einkristallinen Festkörpern. Diese Kristalle werden mechanisch zu Säulen von 156 mm Kantenlänge weiterverarbeitet. Eine neue Versuchskristallisationsanlage ermöglicht es, multikristalline SiliziumBlöcke bis zu 1.000 kg schneller herzustellen. Fraunhofer ISE entwickelt in einer Anlage zur Kristallisation von multikristallinen Si-Blöcken neue Kristallisationsprozesse und verwendet dazu neuartige Silizium-Quellen: Das Institut testet physikalisch aufgereinigtes metallurgisches (upgraded metallurgical grade umg) Silizium – Ziel sind unter anderem stark dotierte Silizium-Wafer als Substrat für kristalline Siliziumdünnschichtsolarzellen, das so genannte Wafer-Äquivalentkonzept. Im Verbundprojekt SolarFocus – SolarSilizium-Forschungs-Cluster haben sich 24 Unternehmen und Forschungspartner zusammengeschlossen; sie untersuchen das aktuell genutzte Silizium, insbesondere im Hinblick auf den Einfluss von Verunreinigungen und strukturellen Defekten auf den Wirkungsgrad der Solarzellen. • Waferherstellung Aus den Kristallsäulen werden mit Drahtsägen die Wafer, etwa 200 μm dünne Siliziumscheiben, herausgeschliffen. Noch wird der dabei anfallende Silizium-Schleifstaub (2010: 50.000 t) nicht recycelt, das deutlich wertvollere SiC hingegen schon. Verfahrensinnovationen sollen den Sägeverlust deutlich verringern. Angestrebt werden 100 μm Sägespaltbreite und Kostenvorteile von bis zu 20% im Sägeprozess. Schott Solar bringt die Erfahrungen aus der (aufgegebenen) sägeverlustfreien EFG-Waferfertigung (edge defined film-fed growth) mit ein, um die Materialqualität von blockkristallisierten, multikristallinen Siliziumwafern zu verbessern. Die Solar World Innovations entwickelt mit der Universität Konstanz ein Folienziehverfahren, bei dem Wafer sehr schnell ohne Sägeprozesse direkt aus flüssigem Silizium gezogen werden. In Metallen können sich die Elektronen der äußeren Atomhülle, die sogenannten Valenzelektronen im Metallgitter frei bewegen, ähnlich einem Gas. Wird ein elektrisches Feld angelegt, so folgen sie diesem. Dies begründet die hohe Leitfähigkeit von Metallen. Bei Nichtleitern sind hingegen die Valenzelektronen fest an das Atom bzw. Molekül gebunden. Eine Zwischenposition nehmen die Halbleiter ein. Dort ist die Bindung der Valenzelektronen an das Atom sehr locker. Bereits geringe Energien, etwa aus Lichtquanten, reichen aus, um sie zu lösen. Man spricht davon, dass sie aus dem Valenzband ins Leitungsband gehoben werden. Die Energie, die das Lichtquant dazu mindestens haben muss, ist von dem energetischen Abstand zwischen Leitungs- und Valenzband, der sogenannten Bandlücke vorgegeben. Im Leitungsband tragen die Elektronen dann zur Leitfähigkeit bei, ebenso die zurück bleibenden positiv geladenen Atome, die sogenannten Löcher. Die Elektronen verbleiben meist nur kurze Zeit in dem Leitungsband, geben die Energie als Wärme ab, und fallen in das nächstgelegene Loch zurück, man spricht von Rekombination. An dieser Stelle kommt die Dotierung ins Spiel. Dabei baut man in das Halbleitergitter Fremdatome ein, die entweder weniger (p-Dotierung mit Akzeptoren, z. B. Bor in Silizium; das fehlende Elektron erzeugt ein Loch im Kristallgitter) oder mehr Valenzelektronen besitzen (n-Dotierung mit Donatoren, z. B. Phosphor in Silizium; das überzählige Elektron kann leicht abgelöst werden und steht im Leitungsband zur Verfügung). Im wahrsten Sinne Spannung erzeugend ist, was in einer Grenzschicht zwischen p und n dotiertem Material passiert. Aufgrund der Wärmebewegung treten freie Elektronen aus dem n-Gebiet in das p-Gebiet und freie Löcher aus dem pGebiet in das n-Gebiet. Es kommt in der Grenzschicht zu Rekombinationen, und die beweglichen Ladungsträger im Grenzgebiet verschwinden. Die jetzt ortsfesten positiven Ladungsträger im n-Halbleiter und die negativen Ladungen im p-Halbleiter erzeugen ein internes elektrisches Feld. Wenn nun Photonen in dieser Zone Elektron-Loch-Paare erzeugen, so werden die Elektronen in das p-Gebiet beschleunigt und die Löcher wandern in das n-Gebiet. Die resultierende Spannung ist materialabhängig und beträgt bei Silizium etwa 0,5 Volt. Über entsprechende Vorder- und Rückseitenkontakte kann die Spannung abgegriffen werden. Reflexion und Eigenverschattung Frontkontakt IPV n-dotiertes Silizium Raumladungszone Rekombination Rückseitenkontakt p-dotiertes Silizium • Zelldesign und Zellherstellung Zur Solarzellherstellung werden die Wafer gereinigt und durch einen Ätzschritt in der Regel mit einer Oberflächentextur versehen. Diese verringert die Reflexion des Sonnenlichtes und erhöht deutlich die Lichtabsorption, insbesondere im langwelligen Teil des Spektrums. In diese Wafer Transmission Grenzschicht Abb. 5 Aufbau und Energieumwandlung einer kristallinen Silizium-Solarzelle. Quelle: Ralf Haselhuhn, DGS 5 6 BINE-Themeninfo II/2011 Abb. 6 In der Matrix-Unit werden die Strings zu einer Fläche aus 60 Solarzellen verbunden. Quelle: Solarworld wird bei etwa 900 °C eine hohe Phosphorkonzentration bis in eine Tiefe von etwa 0,3 μm eingetrieben; so entsteht an den Oberflächen ein so genannter pn-Übergang aus einer mit Bor dotierten p-Basis und einem mit Phosphor dotierten n-Emitter, der aus dem Si-Wafer nun eine großflächige Halbleiterdiode macht. Um diese Solarzelle weiter zu verbessern, wird auf der Vorderseite in einem PECVDVerfahren (plasma enhanced chemical vapour deposition) eine wasserstoffhaltige, etwa 70 nm dünne Siliziumnitridschicht abgeschieden, die als Antireflexschicht dient und die Solarzelle blau erscheinen lässt. Durch positive Raumladungen und Wasserstoffgehalt im Nitrid wird der n-typ Emitter besonders gut passiviert, d. h. nur wenige der photogenerierten Ladungsträger gehen an der Frontseite der Solarzelle verloren. Bei der heutigen StandardMetallisierung werden metallhaltige Pasten im SiebdruckVerfahren auf Vorder- und Rückseite gebracht und in einem gemeinsamen Schritt zu stabilen Kontakten gefeuert. Auf der Vorderseite wird ein Finger- und Busbargrid aus Silber und auf der Rückseite eine ganzflächige Metallisierung aus Aluminium verwendet, die zu einem Al-dotierten Back Surface Field (BSF) führt. Zusätzlich werden auf der Rückseite lötfähige Silberpads aufgedruckt. Zu allen Teilprozessen der Zellherstellung laufen intensive Forschungsarbeiten. Beispielsweise entwickelt das Laborund Servicecenter Gelsenkirchen des Fraunhofer ISE mit Industriepartnern ein neues Verfahren für hohe Wirkungsgrade bei dünnen Siliziumwafern (d < 180 μm). Kernaufgabe ist eine Rückseitenpassivierung durch einseitige Ätz- und Reinigungsprozesse und mittels PECVD erzeugte dielektrische Schichten und Schichtsysteme, die bei der Metallisierung nicht geschädigt werden. Die Universität Konstanz arbeitet daran, neue Prozesse für die Solarzellenrückseite in die Fertigungslinien zu überführen. Hierzu gehören zum Einen die Passivierung mit einem Dielektrikum und das Bor-Back Surface Field und zum Anderen die Definition von lokalen Kontaktbereichen. Die Frontseite wird nach industriellem Standard mit Hilfe von Siebdruckmetallisierung ausgeführt, um die Einführung in die Fertigungslinien zu erleichtern. • Solarzellen optimieren Heutige Standardsolarzellen aus industrieller Fertigung erreichen Wirkungsgrade zwischen 14 und 17%. Die For- Abb. 7 Produktionsanlage in Freiburg. Quelle: Solarfabrik scher unterscheiden demzufolge je nach Leistungsgrad zwischen höher- (17 bis 20%) und höchsteffizienten (> 20%) Solarzellen. Laborzellen erreichen inzwischen 25% Wirkungsgrad. Das Fraunhofer ISE arbeitet an höchsteffizienten Zellen, für die unter anderem Materialien und Verfahren aus der Mikroelektronik eingesetzt werden. Inzwischen arbeiten alle deutschen Zellhersteller an Hochleistungskonzepten für Solarzellen mit 20% Wirkungsgrad und darüber. Das Fraunhofer ISE entwickelt Prozesse für die industrielle Herstellung von Solarzellen auf der Basis von PERC- und MWT-PERC-Strukturen (Metal Wrap Through – Passivated Emitter and Rear Contact). Entscheidend wird sein, eine sehr hochwertige Passivierung und sehr feine Metallisierungs- und Dotierstrukturen zu erreichen. Darüber hinaus sollen Module mit Wirkungsgradzielen von 17,5% für PERC und 18% für MWT-PERC hergestellt werden. Q-Cells entwickelt eine hocheffiziente Emitter-Wrap-Through (EWT)-Solarzelle für die Massenfertigung auf industriellem polykristallinem 6-Zoll-Siliziummaterial mit einem angestrebten Zellwirkungsgrad von 18,5%. Des Weiteren soll die Einsetzbarkeit von upgraded metallurgical grade (umg-) Si für den EWT-Hocheffizienzprozess untersucht werden. Q-Cells arbeitet an einer zweiten Generation von rückseitensammelnden monokristallinen Siliziumsolarzellen für die industrielle Großproduktion und der dafür notwendigen elektrischen Verschaltung im Modul; angestrebt wird ein Modulwirkungsgrad von 18%. Am Beispiel einer neuen bifacialen Rückkontaktsolarzelle zeigt das Institut für Solarenergieforschung in Hameln, ISFH, das Wirkungsgradpotenzial neu entwickelter Technologien für die Herstellung von Industriesolarzellen. Eingesetzt werden lokales Ätzen und Deponieren funktionaler Schichten, Niedertemperatur-Oberflächenpassivierung, Metallisieren beider Kontakte in einem Aufdampfschritt und Durchfeuern der Metallisierung bei niedrigen Temperaturen unterhalb von 300 °C. Diese berührungslosen Techniken verringern die mechanischen Belastungen, es wird weniger Material verbraucht und das Metallisieren wird von drei Schritten auf einen vereinfacht. Solar World konnte den Laborwirkungsgrad monokristalliner Solarzellen von über 18% weiter ausbauen. Selektive Emitterstrukturen, BSF-Herstellung, Passivierung und Metallisierung wurden fertigungsreif weiterentwickelt. So konnten Solarzellen mit einem Wirkungsgrad von BINE-Themeninfo II/2011 Wirkungsgrad von Industriemodulen Die Wirkungsgrade handelsüblicher Module sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen; diese Entwicklung wird sich fortsetzen. • Kristalline Si-Module 18,8% produziert werden. Dasselbe Zellkonzept erreicht bei n-Typ Silizium stabile hohe Wirkungsgrade bis zu 18,3%. Mit dem Ziel dünner Rückseitenkontaktsolarzellen wurde ein kostengünstiger Herstellungsprozess mit reiner Siebdruckmetallisierung entwickelt und erste 125x125 mm RSK-Solarzellen mit bis zu 12% Wirkungsgrad damit produziert. Das International Solar Energy Research Center ISC Konstanz entwickelt eine 156x156 mm große beidseitig kontaktierte n-Typ Solarzelle mit selektivem Emitter und selektivem oder lokalem BSF mit einem stabilen Wirkungsgrad von über 20% für die industrielle Pilotfertigung. ISFH und Helmholtz-Zentrum Berlin HZB wollen mit vier Industriepartnern Konzepte für HeteroübergangSolarzellen erarbeiten, mit denen Laborzellen einen Wirkungsgrad von mindestens 21% erreichen. Eine Übertragung auf industrierelevante Flächen soll die spätere wirtschaftliche Nutzung technologisch absichern. • Moduldesign, Herstellung und Recycling Die elektrische Serienverschaltung von Solarzellen erfolgt im Standarddesign durch Auflöten von Kupferbändchen. Dadurch werden Vorder- und Rückseite von aufeinander folgenden Zellen miteinander verbunden. Diese so genannten Strings werden in einem Sandwich aus EinscheibenSicherheitsglas/EVA-Folie (Ethylvinylazetat)/Zellstring/ EVA/Rückseitenfolie (Tedlar) wetterfest verkapselt. Anschlussdose und Rahmen vervollständigen das konventionelle Modul. Ein alternatives Modul wird am Fraunhofer ISE entwickelt. Es nutzt ein Verfahren aus der Baubranche zur automatischen Randversiegelung von Doppelglasscheiben; dieses ermöglicht deutliche Materialeinsparungen sowie ein einfaches Konzept zum Zellrecycling. Mit einer neuen Methode können dünne Rückseitenkontaktzellen simultan von einer einzigen Seite kontaktiert werden, dadurch ergibt sich eine höhere Packungsdichte sowie eine wirtschaftlichere und schonendere, abschattungsfreie Zellverbindung. Mit modernster Technologie lassen sich jetzt Produktionsabfälle, komplett ausgediente sowie gebrochene Module wiederaufbereiten und dabei Recyclingraten von über 95% erzielen (s. BINE-Projektinfo 2/2010 „Recycling von Photovoltaik-Modulen”). Zum Aufbau eines EU-weiten, flächendeckenden Systems zur Wiederverwertung hat die Solarindustrie als gemeinsame Initiative den Verband PV CYCLE gegründet. Heterojunction (Sanyo, Japan, HIT) Modul-Wirkungsgrad [%] Abb. 8 Rahmung der laminierten Sandwichs. Quelle: aleo solar Für die Übersicht wurden die Modulwirkungsgraddaten (total area efficiency) der auf dem deutschen Markt erhältlichen zertifizierten Photovoltaikmodule aus der Fachzeitschrift Photon ausgewertet. Daraus wurde der arithmetische Mittelwert aller Module einer Materialklasse für die Jahre 2003–2010 bestimmt. Der Trend ist signifikant: von 2003 bis 2010 wuchs der Wirkungsgrad-Mittelwert aller c-Si-Module von knapp 12% auf 13,5%. Der höchste Wirkungsgrad konnte von 15,2% (Sanyo, HIT Heterojunction-Technologie) im Jahr 2003 auf aktuell 19,3% (Sunpower, Backjunction-Technologie) verbessert werden, bei einem Zellwirkungsgrad von 22,4%. Zellergebnisse aus dem Juni 2010 mit bis zu 24,2% in der Pilotfertigung lassen in naher Zukunft Modulwirkungsgrade von über 20% erwarten. Basierend auf der selektiven Emitter-Technologie bietet nun auch die chinesische Firma Suntech ein Hocheffizienzmodul mit 16% an. Solarwatt produziert in Dresden das deutsche c-Si Modul mit dem höchsten Wirkungsgrad von 15%. Technologien der nächsten c-Si-Generation 20 Back Junction (Sunpower, USA, Philippinen, MA > 3%) c-SI 18 Sanyo, Japan/Ungarn, HIT Suntech, China, Pluto 16 Höchstwert Solarwatt, D, High Power 14 12 Mittelwert Höchstwert CIS (Solibro, D, MA 1%) CIS (Würth, D) Si (Sharp, Japan, µm, MA <1%) CdTe (First Solar, USA, Malaysia, D, MA 9%) 10 8 CdTe (Antec, D) 6 Si (Kaneka, Japan) Dünnschicht 4 Mittelwert 2 0 1990 2000 2010 2020 2030 Jahr Abb. 9 Wirkungsgrad von Modulen auf dem Markt. Quelle: Willeke, nach Daten aus: Photon Februar 2003-2009, Photon Profi 2-2010 • Dünnschicht-Module Im gleichen Zeitraum stieg der höchste DS-Modulwirkungsgrad von 8,2 (Würth Solar, D, CIS-Technologie) auf 12,2% (Solibro, D, CIS-Technologie). DS-Marktführer ist mit einem Weltmarktanteil von 9% die US-Firma First Solar; sie erreicht bei der CdTe-Technologie die aktuell höchsten Modulwirkungsgrade von 11,1% (2003: Antec Solar, D, 6,9%). Bei den Siliziumbasierten DS-Modulen liegt derzeit die japanische Firma Sharp mit 9,8% vorn (2003: Kaneka, Japan, 6,9%). Da sehr viele Module aus amorphem Silizium niedrigere Wirkungsgrade haben, ist der rechnerische Mittelwert für DS-Modulwirkungsgrade lediglich von 5,5% in 2003 auf 6,7% in 2010 gestiegen. Bei allen Technologien ist der Trend zu höheren Wirkungsgraden in der industriellen Fertigung ungebrochen und wird weiter anhalten. 7 8 BINE-Themeninfo II/2011 Abb. 10 SiliziumBeschichtungsanlage für bis zu 30 x 30 Quadratzentimeter große Glassubstrate am Institut für Photovoltaik in Jülich. Quelle: FZJ Neue Herstellungsverfahren Der ökologische Rucksack der Solarzellenproduktion wird leichter. Neue Bearbeitungsverfahren sparen Energie und Ressourcen, durch den Einsatz von Lasern und schnellen Durchlaufverfahren können problematische Chemikalien eingespart werden, die Zell-Herstellung wird umweltverträglicher und kostengünstiger, die Zellen werden leistungsfähiger. Neu entwickelte massenfertigungstaugliche Bearbeitungsverfahren für höher- (< 20%) und höchsteffiziente (> 20%) kristalline Silizium-Solarzellen werden verstärkt in der Produktion eingesetzt. Bei den immer dünneren Wafern geht der Trend zu schonenden Inline-Verfahren. Die Forscher arbeiten an einseitigen Bearbeitungsschritten, Strukturierung mit Lasern, z. B. für selektive Emitter, effizienteren Passivierungs- und Metallisierungstechnologien sowie daran, Ag durch Cu zu ersetzen und von p- auf n-Substrate umzustellen. Die Qualitätssicherung profitiert davon, dass Wafer-Tracking-Verfahren, schnelle InlineMessmethoden und eine integrierte Prozesskontrolle entwickelt werden. Die aktuelle Forschungs- und Entwicklungsarbeit öffentlich geförderter Projekte wird gemäß dem Ablauf der Solarzellen-Bearbeitung dargestellt. (Die Institutionen und Projektpartner sind unter www.bine.info abrufbar). • Prozessketten und Reinigungsschritte Mit dem Ziel, bei dünnen Wafern Bruchquoten unter 1% zu erreichen, arbeiten die Partner des Projektes ReST daran, mechanische Spannungen und weitere Belastungen in Prozessschritten zu minimieren; dafür werden Prozessschritte modelliert, mechanische und thermisch induzierte Spannungen in Solarzellen bewertet und optimiert. • Textur: Strukturierung der Wafer-Oberfläche Durch Texturierung lassen sich auf kristallinen SiliziumWafern lichtlenkende Oberflächenstrukturen gezielt einstellen; dadurch setzen Solarzellen einen höheren Anteil des Sonnenlichts in Strom um, der Wirkungsgrad steigt erheblich. Das Fraunhofer ISE arbeitet daran, mittels RollenNanoimprint-Lithographie definierte Strukturen für Hocheffizienz-Solarzellen in einem für die industrielle Fertigung attraktiven Durchlaufprozess zu erzeugen. • Emitter Der Emitter bestimmt wesentlich den maximalen Wirkungsgrad einer c-Si Solarzelle. Bei der typischen n-Emitter/pBasis-Solarzelle wird der Emitter durch Eindiffusion von Phosphor aus einer Phosphoroxichlorid/Sauerstoff-Umgebung hergestellt. Die Universität Konstanz untersucht, wie ein Phosphor-Emitter aus der Gasphase entsteht. Durch Optimierung des Dotierprofils werden bisher im Emitter in Form von Sperrsättigungsströmen auftretende elektrische Verluste reduziert, der Zellwirkungsgrad um 0,3% absolut erhöht. In einem weiteren Schritt wird durch Einführung einer selektiven Emitterstruktur, insbesondere durch Rückätzen, der Wirkungsgrad der Zellen nochmals um 0,5% absolut gesteigert. Ein an der Universität Stuttgart entwickelter Laser-Dotierprozess erfolgt bei Zimmertemperatur unter Umgebungsbedingungen und kann in eine bestehende Produktionslinie integriert werden. Hier konnte der Solarzellenwirkungsgrad um 0,2% absolut gesteigert werden. Solarzellen mit einem ganzflächig laserdotierten Emitter erzielen einen Wirkungsgrad von 16,2%. Fraunhofer ISE entwickelt das Laser Chemical Processing-Verfahren LCP weiter, das auf einem flüssigkeitsstrahlgeführten Laser beruht, bei dem eine reaktive Chemikalie unter anderem zum lokalen n- und p-Dotieren verwendet wird. Das ISFH evaluiert das Potenzial von siebgedruckten Aluminium-dotierten p+-Emittern für die Anwendung in hocheffizienten (stabile Wirkungsgrade oberhalb 20%), industrienahen Solarzellen auf n-Typ Czochralski-Silizium. • Passivierungsschichten Bei immer dünneren Solarzellen reicht die passivierende und optische Eigenschaft des konventionellen siebgedruckten Aluminiums auf der Zellrückseite nicht mehr aus, um gewünschte Effizienzsteigerungen zu erzielen. BINE-Themeninfo II/2011 Abb. 11 Laserbearbeitung einer Solarzelle aus einkristallinem Silizium. Quelle: IPE Stuttgart Hierzu wird eine besser passivierende und auch optisch verspiegelte Rückseite benötigt. Fraunhofer ISE und Roth&Rau wollen eine SiC-Passivierungsschicht auf der Rückseite aufbringen und lokal durchkontaktieren mit einem Plasmaschritt, wie er auch auf der Vorderseite zur Antireflexschicht-Abscheidung angewendet wird. QCells untersucht neue Schichten zur Passivierung von kristallinen Silizium-Solarzellen für die industrielle Fertigung. Dabei werden Synergien zwischen neuen Passivierungstechnologien und vorhandenen Zellkonzepten, wie der Standardsiebdruckzelle, genutzt. Das ISFH erforscht die Präparation von Siliziumgrenzflächen für die Herstellung von a-Si:H-Heterosolarzellen und entwickelt entsprechende Zellen. Auch wird das Potenzial von Aluminiumoxid-Schichten evaluiert, die mit dem Atomic Layer Deposition-Verfahren abgeschieden werden. Das Verfahren erlaubt sowohl thermische als auch plasmaunterstützte ALD und es werden auch Stapelschichten mit PECVD-Siliziumnitrid und -oxid untersucht. Aluminiumoxid eignet sich aufgrund seiner hohen festen negativen Raumladung besonders, p-Typ Silizium-Oberflächen wie Bor-Emitter von n-Typ Solarzellen über den Feldeffekt zu passivieren. • Metallisierung Beim Siebdruck von Vorderseitenkontakten entstehen relativ breite (100 μm) Linien mit einer relativ großen Abschattung und nur mittelmäßiger elektrischer Leitfähigkeit. Mit dem Trend zu größeren, effizienteren Zellen wird dieser Verlustmechanismus immer relevanter. Fraunhofer ISE und Firma Gebr. Schmid verfolgen den Ansatz, nur eine sehr schmale und dünne Saatschicht aufzubringen, die dann mittels selektiver Silber-Galvanik verdickt wird. Die Leitfähigkeit des so aufgebrachten Materials ist wesentlich höher als die von siebgedrucktem Material, so dass aufgrund der besseren Kontaktgeometrie und –leitfähigkeit ein höherer Wirkungsgrad erzielt werden kann. Das Fraunhofer ISE entwickelt im Rahmen des Projektes "Laserkontaktierte Rückseite von industriellen Siebdrucksolarzellen" die Grundlagen für eine industrielle Umsetzung von Solarzellen mit dielektrisch passivierter Rückseite und laser-legierten Rückseitenkontakten (laser fired contacts LFC). Es konnten Czochralski-Solarzellen mit konventionellem Siebdruck-Frontkontakt mit einem Wirkungsgrad von 18,5% demonstriert werden. Damit konnte der Zellwirkungsgrad um mindestens 4% relativ gesteigert und ein ökonomischer Vorteil von über 2% erreicht werden. Abb. 12 Dünnschichtzellen mit Kontaktfingern für elektrische Messungen. Quelle: HZB Fraunhofer ISE und Applied Materials erforschen und entwickeln die Grundlagen für die industrielle Umsetzung von physikalischen Gasphasen-Kontaktabscheidetechnologien. Mit dieser Hochratenabscheidetechnologie sollen auf einkristallinen Si-Scheiben Zellwirkungsgrade von über 20% demonstriert werden. Diese Verfahren sind sowohl für dickere Rückseitenschichten als auch dünnere Vorderseitensaatschichten für eine galvanische Verdickung nutzbar. Zur Evaluierung der Inline-Fähigkeit wird am Fraunhofer ISE ein vorkommerzieller Prototyp aufgebaut. Das ISFH erarbeitet ein Durchlauf-Hochratenvakuumaufdampfverfahren als Alternative zum heute üblichen Siebdruck. Kantenisolation Das konventionelle beidseitige Diffundieren eines Phosphor-Emitters macht eine Unterbrechung des elektrischen Kurzschlusses zwischen Rückkontakt und Frontemitter erforderlich. Früher wurde dies generell mittels Plasmaätzen in einem Batch-Ofen durchgeführt. Anschliessend hatte sich das Kantenisolieren mittels Laser etabliert, das mittlerweile vermehrt durch einseitiges nasschemisches Rückätzen des Emitters oder einseitiges Anbringen des Emitters ersetzt wird. Nun wird ein Gesamtsystem für ein schnelles (1s) und schädigungsminimiertes Kantenisolieren entwickelt. Dazu steuert Manz Automation ein neues System zur optischen Datenerkennung mit verbesserter Positioniergenauigkeit bei, Trumpf Laser eine Ultrakurzpuls-Laserstrahlquelle; das Laser-Zentrum Hannover entwickelte die neuartigen Ansätze zur LKI, Schott Solar stellt Solarzellen bereit und übernimmt die Auswertung sowie Tests der Proben. Qualitätssicherung bei Modulentwicklung und -erprobung Bei der heutigen Massenfertigung im Maßstab von Hunderten Megawatt-pro-Jahr-und-Fabrik werden Inline-Messtechnik und Qualitätssicherung immer wichtiger. Das Fraunhofer ISE entwickelte Instrumente zur Qualitätskontrolle in der Solarzellenproduktion. Dabei ging es insbesondere darum, welche im Prozessablauf messbaren Kenngrößen mit der Leistung der produzierten Zellen korrelieren und darum, welche Kenngrößen kontrolliert werden müssen, weil kritische Abweichungen Probleme bei nach- 9 10 BINE-Themeninfo II/2011 Abb. 13 Magnetron-Sputteranlage zur Oberflächenbeschichtung. Quelle: Fraunhofer IST Konzentrierende Photovoltaik Konzentrator-Systeme bündeln die Solarstrahlung mit Spiegeln oder Linsen und richten sie auf spezielle Konzentrator-Solarzellen. Gegenüber herkömmlichen Zellen verringert sich die erforderliche Halbleiterfläche auf etwa ein Fünfhundertstel. Mit einer metamorphen Dreifach-Solarzelle aus den III-V-Verbindungshalbleitern Galliumindium-phosphid, Galliumindiumarsenid und Germanium haben Forscher vom Fraunhofer ISE einen Rekordwirkungsgrad von 41,1% erreicht. Zellstapel und Konzentrator Für diesen hohen Wirkungsgrad werden mehrere Solarzellen übereinander gestapelt. Die DreifachSolarzelle besteht aus mehr als 20 einzelnen Schichten. In Konzentrator-Modulen sitzt etwa zehn Zentimeter über den drei Quadratmillimeter kleinen Solarzellen eine Fresnellinse, die das Sonnenlicht 400- bis 500fach konzentriert. Die Zellen sitzen zur Hitzeableitung auf einem Kupferträger. Solche Module erreichen einen Wirkungsgrad von 29%. Für den Wirkungsgrad der neuen höchsteffizienten Strukturen ist es entscheidend, das einfallende Sonnenlicht durch eine geeignete Wahl der absorbierenden Materialien in drei gleich große Spektralbereiche aufzuteilen. So generieren alle Teilzellen den gleichen Strom. Dies ist sehr wichtig bei seriell verschalteten Solarzellen, da der Strom des Bauelements immer durch den kleinsten Strom einer Teilzelle limitiert wird. Mit den metamorphen Ga0.35In0.65P/Ga0.83In0.17As/Ge Materialien konnte eine Solarzellenstruktur geschaffen werden, die unter dem terrestrischen Sonnenspektrum exakt stromangepasst ist. Ertragreiches System für sonnenreiche Regionen Die neuen Module eignen sich insbesondere für sonnenreiche Regionen mit viel direkter Sonneneinstrahlung, z. B. in Südeuropa. Auf einem Tracker montiert, werden sie zweiachsig der Sonne nachgeführt, damit der Brennpunkt der Linse jederzeit den aktiven Bereich der Solarzelle trifft. Abb. 14 Konzentrator-Photovoltaikmodule. Quelle: Matthias Heyde, Fraunhofer folgenden technologischen Schritten anzeigen. Verfahren zur Messung des Schichtwiderstands des Emitters, der Trägerlebensdauer von Ausgangsmaterial und teilprozessierten Solarzellen sowie der Leistungsverluste aufgrund parasitärer Widerstände wurden entwickelt und getestet. Das ISFH erforscht geeignete Algorithmen für eine simultane Auswertung der Ergebnisse unterschiedlicher Messverfahren. Mit neuen kamerabasierten Messmethoden werden die Orte von Verlusten lokalisiert. Ein neues Kombi-Analysegerät wird alle notwendigen Messverfahren integrieren und eine weitgehende Automatisierung der Messungen ermöglichen. Ziel eines Standardisierungsprojektes vom ISE mit Industriepartnern und der Physikalisch Technischen Bundesanstalt ist es, Zellenklassifizierung der deutschen Hersteller viel genauer vergleichen zu können. Hier konnte die absolute Genauigkeit der am ISE für die Industrie kalibrierten Referenzzellen auf einen neuen, im internationalen Vergleich führenden Stand angehoben werden. Die Zuverlässigkeit von PV-Modulen wird von den Fraunhofer Instituten ISE und IWM sowie dem TÜV Rheinland untersucht. Da Module mit innovativen, kostensenkenden Materialien mehrere Jahrzehnte einer Bewitterung standhalten müssen, wird ihre Gebrauchstauglichkeit und Beständigkeit unter künstlicher Bewitterung beschleunigt geprüft und unter verschiedenen Klimaten realitätsnah verifiziert. Um mit der stürmischen technologischen Entwicklung in der Industrie Schritt zu halten, wurden die Prozessierungsund Charakterisierungstechnologien der führenden industrienahen deutschen Forschungslabore am ISE, dem ISFH und der Uni Konstanz auf den neuesten Stand gebracht. PV-TEC am ISE ist zugleich Forschungsfabrik für Solarzellen und Evaluationszentrum für innovative Produktionsprozesstechnologien. Am ISE entsteht ein Modul-Technologiezentrum (MTC), das Prozessentwicklung für Verbindungs- und Versiegelungstechnologien, Modulentwicklung für kommende Zellgenerationen, Qualitätssicherung in der Produktion sowie Materialerprobung umfasst. Am ISFH wurde eine industrierelevante Infrastruktur für großflächige Prozesstechnologien für dünne Solarzellen und industrienahe Laserprozesse etabliert. Eine state-of-the-art Solarzellenfertigung dient zur Optimierung des Fertigungsprozesses. BINE-Themeninfo II/2011 Verlustmechanismen begrenzen den Wirkungsgrad exponentielle Strom-Spannungscharakteristik – dadurch ist die maximal generierbare elektrische Leistungsdichte Vmpp jmpp kleiner als das Produkt aus offener Klemmenspannung und Kurzschlussstromdichte jsc (4). In den n- und p-dotierten Bereichen findet eine Auger-Rekombination statt (5), bei der Elektron-Loch-Paare vernichtet werden. Diese fünf fundamentalen Verlustmechanismen führen dazu, dass der theoretisch maximale Wirkungsgrad einer idealen c-Si-Solarzelle bei 29% liegt. Die Oberflächen realer Solarzellen stellen eine abrupte Störung des Kristallgitters dar; das bewirkt rekombinationsaktive elektronische Zustände in der Bandlücke. Im realen Kristall kommen außerdem technologiebedingte mikroskopische Kristalldefekte und Verunreinigungen vor - es kommt zur Rekombination von Elektron-Loch-Paaren (6). Diese Volumenrekombination ist in multikristallinem Silizium viel stärker als in monokristallinem; dies reduziert bei einer typischen Industriesolarzelle den Wirkungsgrad auf 17 – 18%. Optische Reflexionsverluste aufgrund nicht optimaler Lichteinkopplung (7) und elektrische Leitungsverluste in der Solarzelle (8) führen dann zu einem Zellwirkungsgrad von etwa 16%. Weitere Verluste entstehen durch die Serienverschaltung und Verkapselung der Solarzellen im Modul; so erreicht der Modulwirkungsgrad etwa 14%. Die besten kleinflächigen c-Si-Solarzellen erreichen derzeit 25%, etwa 26% scheinen machbar: langfristig kann mit einem Modulwirkungsgrad von etwa 24% gerechnet werden. Weitere Steigerungen werden durch Lichtkonzentration (3) möglich, erforscht werden noch die Manipulation des Lichtspektrums (1) und (2) und die Einführung von geeigneten Heterojunctions (5). Warum erreichen viele kristalline Silizium-Solarzellen bei der Umwandlung solarer Strahlung in nutzbare elektrische Leistung ‚nur’ einen Wirkungsgrad von 16%, daraus hergestellte Solarmodule ‚nur’ 14%? Wo liegen die physikalischen und technologischen Grenzen dieses Wirkungsgrades? Damit Licht in elektrischen Strom umgewandelt wird, muss es in eine Solarzelle eindringen. Diese besteht aus einem Halbleitermaterial, welches eine charakteristische Bandlücke der Energie Eg zwischen den besetzten und unbesetzten elektronischen Zuständen aufweist. Bei kristallinem Silizium beträgt die Energie der Bandlücke etwa 1,1eV, was einer charakteristischen Lichtwellenlänge von 1,1 μm entspricht. Längerwelliges infrarotes Licht wird durch den Halbleiter durchgelassen, kurzwelligeres Licht wird absorbiert. Verschiedene Verlustmechanismen schmälern die Ausbeute an elektrischer Energie. Bei der Absorption eines Lichtteilchens (Photons) wird aus dem negativ geladenen Elektron und dem positiv geladenen Loch ein sogenanntes Elektron-Loch-Paar erzeugt. Bei hochenergetischem kurzwelligem Licht wird die überschüssige Energie hυ-Eg in Form von Wärme an das Kristallgitter abgegeben. Dabei gehen bereits etwa 30% der Lichtenergie für die Stromgewinnung verloren (1), ebenso die Energie der nicht absorbierten langwelligen Photonen des Sonnenspektrums (2). In der Solarzelle wird durch Ladungstrennung der lichtgenerierten Elektron-Lochpaare eine offene Klemmenspannung Voc generiert, die wiederum kleiner ist als die Bandlückenspannung Eg/q (3). Die Solarzelle besitzt eine h= Pmax illum hu > Eg – hu < Eg j eoVoc < Eg Voc V -jmpp Eg Eg Vmpp Wirkungsgrad h [%] + Pmax < jscVoc 100 –– Eg 90 80 70 + 1 – 2 – Eg 3 60 50 40 + 4 + R 5 6 R Mono c-Si Labor Multi c-Si Industrie 30 20 10 0 Abb. 15 Grenzen des Solarzellenwirkungsgrades (c-Si). Quelle: Willeke, Fraunhofer ISE 7 8 11 12 BINE-Themeninfo II/2011 Abb. 16 Schritt für Schritt von der Glasscheibe zur Solarzelle: Poly-Silizium-Solarzellen auf Glas entstehen durch epitaktische Verdickung von Saatschichten. Quelle: HZB Dünnschicht-Solarzellen In Dünnschichttechnologie gefertigte Solarmodule basieren auf Halbleitern, die großflächig und zumeist kostengünstig auf preiswerte Substrate wie Glas, Metall- oder Plastikfolien aufgebracht werden. Der Vorteil liegt in dem geringen Materialeinsatz und der vergleichsweise einfachen Produktionstechnik für große Flächen. Neben amorphem und mikrokristallinem Silizium kommen unterschiedliche Verbindungshalbleiter zum Einsatz, die spezifische Vor- und Nachteile aufweisen. Noch liegen die Wirkungsgrade deutlich unter denen der kristallinen Si-Zellen. Material und Bauelement Die Siliziumatome sind bei amorphem Silizium nicht regelmäßig sondern in einem ungeordneten Netzwerk angeordnet, welches ca. 10% Wasserstoffatome enthält. Der Bandabstand des Materials ist größer als der von kristallinem Silizium, daher liefern die Solarzellen hohe Zellspannungen. Unter Beleuchtung nimmt der Wirkungsgrad der Solarzellen zunächst ab, bleibt aber dann stabil. Mikrokristallines Silizium ist eine Mischphase aus sehr kleinen Siliziumkristallen und amorphem Silizium. Auch hier enthält das Material Wasserstoff, der wie beim amorphen Silizium zu einer inhärenten Passivierung von elektronischen Defekten führt. Mikrokristallines Silizium zeigt keine oder nur eine sehr geringe Lichtalterung und absorbiert im Gegensatz zum amorphen Silizium auch Sonnenlicht aus dem nahen lnfrarot. Für höchste Wirkungsgrade ist neben der Silizium-Schicht der transparente und leitfähige Frontkontakt, meistens ein dotiertes Metalloxyd wie Zinn- oder Zinkoxyd, von entscheidender Bedeutung. Am Forschungszentrum Jülich (FZJ) wurde für a-Si/μc-Si Tandemzellen ein Frontkontakt aus nanotexturierten Zinkoxidschichten entwickelt. Sie streuen zusammen mit dem reflektierenden Rückkontakt das Licht in der Zelle nahezu vollständig, das ermöglicht hohe Wirkungsgrade. Wie durch Lichtmanagement erreicht werden kann, dass das einfallende Licht in der Solarzelle längere Wege zurücklegt und mehr Solarstrom produziert wird, erforscht das Projekt LIMA (Lichtmanagement für industriell gefertigte Silizium-Dünnschicht-Module). Dünne Poly-Silizium-Zellen auf Glas Technologien zur Herstellung der Bauelemente Sowohl amorphes (a-Si:H) als auch mikrokristallines (μc-Si:H) Silizium wird mittels PECVD-Verfahren (Plasma Enhanced Chemical Vapor Deposition) durch Zerlegung von Silan (SiH4) und Wasserstoff hergestellt. Da der Prozess bei niedrigen Temperaturen von ca. 200 °C läuft, können kostengünstige Substratmaterialien wie Glas aber auch Metall- und Kunststofffolien eingesetzt werden. Die relativ geringe Depositionsgeschwindigkeit von 0,5 bis 2 nm/s beschränkt den Durchsatz der derzeitigen industriellen Produktion. Für höhere Wirkungsgrade werden als Alternative zum a-Si/μc-Si-Tandemkonzept auch mikrometerdicke polykristalline Silizium-Schichten auf Glas untersucht. Dieses polykristalline Material besitzt auf Grund seiner wesentlich größeren Kristallite (μm statt nm) große Ähnlichkeit zu kristallinem Silizium. Es hat also eine höhere elektronische Qualität und eine geringere Absorption. Das Helmholtz-Zentrum Berlin arbeitet an einem Zellkonzept für Poly-Silizium-Zellen auf Glas, bei dem die Silizium-Schicht mit Elektronenstrahlverdampfung abgeschieden wird; bisher sind Wirkungsgrade von 7% erreicht worden. Leistungsdichte [Wm2 µm-1] BINE-Themeninfo II/2011 2.000 Sonnen-Spektrum 1.500 1.000 500 0 0,5 0,75 1,0 1,25 Licht-Wellenlänge [µm] Solarzellen-Material (Absorber): Farbstoff-Injektionszelle CuGaSe2, a-Si CulnS2 CdTe, GaAs Si CulnSe2 Abb. 17 Energienutzung verschiedener Materialien im Sonnenspektrum. Quelle: HZB Spektrum des Sonnenlichts UV IR λ [nm] 400 500 600 700 800 900 AR-Schicht n-ZnSe 2µm n+-ZnO p-CuGaSe2 p+-CuxGaySe2 n+-ZnO n-ZnSe Metall 2µm aktive Schicht für blaues Licht aktive Schicht für rotes Licht p-CulnSe2 Glas Abb. 18 Schematische Darstellung einer Tandemzelle; die Kombination von zwei unterschiedlichen photovoltaisch aktiven Schichten ermöglicht eine bessere Ausnutzung des Sonnenlichts. Quelle: HZB Absorberschicht (CIGS) Ionenstrahlgestützte NiedrigtemperaturPufferschicht Beschichtung (ZnO) nasschemische Beschichtung Schicht Herstellungsschritt Rückseiten-Kontakt (Mo) Vorderseitenkontakt (ZnO) Beschichtung Dünnschicht-Solarzellen Kupfer, Indium, Selen in der Verbindung CuInSe2 oder mit Gallium in der Mischphase Cu(In,Ga)Se2 Beschichtung Ultraleicht und superdünn: ZnO Pufferschicht CIGS Mo Polyimid Abb. 19 Rolle zu Rolle Technologie zur Herstellung von CIGS-Solarzellen. Quelle: Solarion 13 14 BINE-Themeninfo II/2011 Abb. 20 In der Vakuum-Clusteranlage können ohne Unterbrechung des Vakuums alle Oberflächentechnologien zur Herstellung materialsparender Dünnschichtzellen in beliebiger Reihenfolge miteinander kombiniert werden. Quelle: Fraunhofer FEP Die Industrialisierung der Dünnschicht-Silizium-Technologie In den letzten Jahren ist eine große Produktionskapazität aufgebaut worden. Module mit einem Wirkungsgrad von 9–10% sind am Markt erhältlich. Größter Produzent ist derzeit die japanische Firma Sharp, die ihre Kapazität in Japan und Italien auf 1 GWp ausbaut. Cadmium-Tellurid- Zellen Der Marktanteil von Cadmium-Tellurid (CdTe)-Solarmodulen ist in den letzten fünf Jahren am stärksten gewachsen: von 1% im Jahr 2004 auf 9 % 2009. First Solar dominiert das Marktsegment, andere Hersteller wie Antec oder Calyxo, Prime Solar, Abound, haben zurzeit nur eine geringe Produktion. CdTe-Module werden hauptsächlich in großen Freiflächen-Anlagen eingesetzt, der Wirkungsgrad erreicht 8% – 11%. Die CdTe-Technologie zeichnet sich durch ein einfaches und kostengünstiges Produktionsverfahren aus; bereits jetzt sind Produktionskosten unter 1 €/Wp möglich. Dadurch kann unter günstigen Sonneneinstrahlbedingungen, z. B. in Südeuropa, Strom zu mit fossilen Energieträgern vergleichbaren Kosten erzeugt werden. Bei CdTe-Solarmodulen ist die photovoltaisch aktive Schicht zwischen zwei Glasscheiben einlaminiert. In solchen Aufbauten wird kein Kadmium und Tellur oberhalb von gesetzlichen Grenzwerten frei. Alte oder nicht funktionsfähige Module werden von den Herstellern im Rahmen eines Recyclingprogrammes kostenlos zurückgenommen. Aktuell arbeiten Forscher daran, den Modulwirkungsgrad auf 12% zu erhöhen, die Abscheiderate zu steigern sowie die Frontkontakte zu verbessern. CIS-/ CIGSe-Zellen Die höchsten Wirkungsgrade auf dem Gebiet der Dünnschicht-PV liefern derzeit Solarzellen mit einem hochabsorbierenden Verbindungshalbleiter aus dem Materialsystem Cu(In,Ga,Al)(S,Se)2. Diese Verbindungen werden aufgrund ihrer Kristallstruktur zu den Chalkopyriten gezählt. Mehrere Universitäten und Forschungsinstitute arbeiten an der Herstellung und Charakterisierung von Chalcopyrit-basierten Solarzellen. Mit einem Wirkungsgrad von 20,1% holte das Stuttgarter ZSW 2010 den langjährig vom National Renewable Energy Labs (USA) gehaltenen Weltrekord zur Effizienz von CIGSe-Labor-Solarzellen nach Deutschland. Material und Bauelement Auf einem Trägermaterial, in der Regel Glas, wird eine etwa 1,8 – 2 μm dicke, p-leitende Cu(In,Ga,Al)(S,Se)2 Absorberschicht abgeschieden. Eine darüberliegende CdS-Pufferschicht stellt die hohe Qualität der Grenzfläche zwischen der p- und n-Komponente des Halbleiter-HeteroÜbergangs in CIGSe-Dünnschichtsolarzellen sicher. Der darauf ca. 300 nm dick aufgesputterte n-leitende, transparente ZnO-Frontkontakt dient der Stromsammlung. Die gefertigten Zellen werden strukturiert und zu Modulen serienverschaltet. Um eine 25-jährige Lebensdauer auf Dach oder im Feld gewährleisten zu können, müssen die Solarmodule gegen Umwelteinflüsse geschützt werden. Sie werden deshalb mit einer Polymerfolie und einem Deckglas verkapselt. Die Industrialisierung der CIGSe-Technologie Zu CdTe wird vor allem in den USA geforscht; in Deutschland war dieses Verfahren in den letzten Jahren kein Schwerpunkt in öffentlichen Forschungsprogrammen. In aktuellen Arbeiten wird versucht, die bisher erreichten Laborwirkungsgrade von 16,5% dem theoretisch möglichen Wert von über 20% anzunähern. Viele junge Firmen haben erfolgreich eine Pilotfertigung aufgebaut, einige haben bereits mit der Aufskalierung in industriellem Umfang angefangen. In Deutschland sind dies Würth Solar, Solibro, Avancis, Sulfurcell, Global Solar Deutschland. Auch weltweit werden große Anstrengungen unternommen. So hat die japanische Firma Solar BINE-Themeninfo II/2011 Technologien zur Herstellung der Bauelemente Wichtig für die wirtschaftliche Herstellung von Dünnschichtsolarzellen sind hoher Durchsatz und gute Produktionsausbeute bei hoher Qualität. Dabei verfolgt die Industrie zwei technologische Hauptrichtungen: (1) Sequentielle Prozesse mit H2 Se oder schneller reaktiver Umsetzung von Se und Metallschichten (RTP) Polykristalline CuInS2 oder Cu(In,Ga)Se2 Dünnschichten werden auf einem Substrat (z. B. Mo-beschichtetes Glas) aus metallischen Cu-In-Vorläuferschichten in Gegenwart von H2Se, H2S oder elementarem Selen- und Schwefeldampf (Chalkogengas, Prozessgas) bei Temperaturen um 500 °C bis 600 °C abgeschieden. Frontier 2010 angekündigt, die derzeit größte Produktion von rund einem Gigawatt aufzubauen. In den vergangenen Jahren haben sich einige Firmen in Deutschland und den USA auf flexible CIGSe-Dünnschichttechnologien spezialisiert: Global Solar Energy, Solarion, Odersun, CIS Solartechnik, Solopower, Miasole und Nanosolar. Alle genannten Firmen setzen auf ein Rolle-zu-Rolle Herstellungsverfahren. • Indium-freie Zellen Insbesondere Indium gehört zu den Rohstoffen, die aufgrund ihrer vielfältigen technischen Verwendungsmöglichkeiten in Zukunft knapp und teuer werden könnten. Die neuere Forschung zeigt, dass auch die Halbleiterverbindungen Cu2ZnSnS4 (CZTS) sowie Cu2ZnSnSe4 (CZTSe) eingesetzt werden können. Diese sogenannten Kesterite stellen ein Absorbermaterial dar, das aus reichlich vorhandenen und ungiftigen Komponenten besteht. Erste Versuche, photovoltaische Bauelemente mit CZTS-Absorbern herzustellen, resultierten in Wirkungsgraden von 7–10%. • Flexible CIGSe-Zellen Die Herstellung der CIGS-Zellen auf flexiblen Folien hat in letzter Zeit große Fortschritte gemacht. Für die Massenproduktion werden von verschiedenen Firmen Stahlfolien oder temperaturbeständige Kunststoffe (Polyimid) verwendet. Der momentane Rekordwirkungsgrad für CIGSe-Dünnschichtsolarzellen auf Polyimidfolie liegt bei 17,6% (2010, EMPA, CH). Bisher erreicht der Wirkungsgrad der CIGS-Zellen etwa 20%, während im Prinzip Wirkungsgrade von über 30% möglich sind. Mit einer Computersimulation zum sog. Indium-Gallium-Rätsel ist Wissenschaftlern der Universität Mainz ein wichtiger Durchbruch bei der Suche nach effizienteren Dünnfilm-Solarzellen gelungen. Die Erkenntnisse aus dem comCIGS-Projekt weisen einen neuen Weg zur Effizienzsteigerung. Erfolgt die Umsetzung innerhalb weniger Sekunden, spricht man von einem „Rapid Thermal Processing“ (RTP). Die dafür nötigen hohen Aufheizraten mit Temperatur-Gradienten von bis zu 500° C pro Minute werden mittels starken Strahlungsheizern, beispielsweise Halogen- oder Quarzlampen, erreicht. Diese Technologie hat den Sprung von der Labormethode zu einer industriellen Produktion geschafft. Sie besitzt ein großes Potenzial zur Kostenreduktion, ermöglicht hohen Durchsatz lässt sich auf große Produktionsraten hochskalieren. (2) CIGSe-Mehrstufen-Koverdampfungsprozess Alternativ können Cu(In,Ga)Se2 (CIGSe) Schichten auch über Koverdampfung hergestellt werden, indem Cu, In, Ga und Se im Vakuum mehr oder weniger gleichzeitig auf ein geheiztes Substrat aufgedampft werden. Abbildung 22 zeigt beispielhaft das Ratenprofil für diese Elemente in einem sogenannten Mehr-Stufen-Prozess. Zuerst werden neben Selen nur In und Ga angeboten, um auf dem etwa 330 °C heißen mit Mo beschichteten Glassubstrat eine In-Ga-Se Vorläuferschicht zu erzeugen; in der zweiten Phase wird diese durch das Aufbringen von Cu und Se bei über 500° C SubstratTemperatur zu Cu(In,Ga)Se2 umgesetzt. Dieser komplexe Herstellungsprozess wird mit der am Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie entwickelten laser-light-scattering (LLS) in-situ Prozesskontrolle überwacht und gesteuert. So wird in einem Zwei-Schicht-Prozess bereits in der 1. Phase Cu verdampft, oder in Inline-Prozessen die geeignete Charakteristik der Aufdampfraten durch die Translation der Substrate über statischen Verdampferquellen eingestellt. Über mehrstufige Koverdampfung konnten im Labor bereits Wirkungsgrade von bis zu 20,3% erreicht werden; industriell erzeugte, kommerziell erhältliche CIGSe-Module haben Wirkungsgrade von bis zu 13%. Se Rate Abb. 21 Dünnschichtsolarzellen aus amorphem Silizium. Quelle: HZB Cu In Ga 1-Schicht 2-Schicht In-line Mehr-Stufen Cu-Überschuss Zeit Abb. 22 Schematische Darstellung unterschiedlicher Co-Verdampfungsprozesse zur Herstellung von CIGSe-Dünnschichten. Quelle: HZB 15 16 BINE-Themeninfo II/2011 Abb. 23 Flexible organische Solarzelle. Quelle: Heliatek Neue Zellentwicklungen Flexible Solarzellen, die sich problemlos in den unterschiedlichsten Bereichen einsetzen lassen, die preisgünstig mobil, auf Fassaden oder sogar in Kleidung integriert Strom produzieren: bei der dritten Solarzell-Generation wandeln organische Farbstoffe Licht in Strom um; hergestellt werden die Zellen mit angepassten etablierten Verfahren bei niedrigen Temperaturen. Effizienz und Lebensdauer der Module sind noch verbesserungsfähig, interessante Konzepte wie Tandemzellen sind in Arbeit. Organische Solarzellen basieren auf farbstoffähnlichen Molekülen wie Phtalocyaninen oder polyzyklischen Farbstoffen, die eine sehr starke Absorption im Wellenlängenbereich des sichtbaren Sonnenlichts aufweisen. Sie können sehr kostengünstig hergestellt werden und erlauben den großflächigen Einsatz mit leichten und wenn nötig auch flexiblen Modulen. Die wichtigsten Forschungsfelder betreffen die Effizienz bei der Energieumwandlung und die Verlängerung der Lebenszeit. Die Lebensdauer hängt vom Materialsystem ab (Polymer, niedermolekular oder Hybrid). Fraunhofer ISE hat für Polymersolarzellen eine Lebensdauer von 1,5 Jahren gemessen (bei Dauerbelichtung unter 1.000 W/m2 und bei 50 °C). beschichtet sind. Forscher suchen nach günstigeren TCOAlternativen, z. B. auf ZnO-Basis. Absorber der dritten Generation sollen aus ultra-dünnen Schichten bestehen und trotzdem hoch absorbierend sein. Hier kommt eine breite Palette organischer Farbstoffe mit halbleitenden Eigenschaften in Betracht. Die Eigenschaften von Molekülen und Polymeren lassen sich mit relativ geringem Entwicklungsaufwand an die Erfordernisse der OPV anpassen. Das gleiche gilt für die Adaption von etablierten Beschichtungsverfahren wie Eintauchen, Drucken, Sprühen, Vakuumdeposition, Rolle-zu-Rolle. Eine Markteinführung entsprechender Produkte der OPV wird in Kürze erwartet. Prototypen sind schon erhältlich, z. B. in Form von Handtaschen mit organischen 1W-Modulen. Konzepte, Strategien, Potenziale Auf dem Gebiet der Photovoltaik mit organischen Materialien (OPV) sowie hybrider Systeme gibt es eine Vielfalt von Konzepten jenseits der klassischen Si- oder Dünnschichttechnologie. Die Entwickler profitieren von Synergien mit benachbarten Feldern der organischen Elektronik wie organischen Leuchtdioden (OLED) und organischen Feldeffekttransistoren (OFET) mit Produkten wie Monitoren, Beleuchtung und RFID (Radio Frequency Identification). Das Ziel ist, auf breiter Basis Ausgangsmaterialien sowie Herstellungsverfahren für den Einsatz in der OPV zu evaluieren und anzupassen. Geeignete Substrate sind schon auf dem Markt und können unverändert eingesetzt werden, meist aus Glas oder flexiblen PET-Folien, die mit Indium-Zinn-Oxid als transparentem Frontkontakt (TCO) Neue Eigenschaften und Einsatzmöglichkeiten Die neuen Technologien unterscheiden sich von den klassischen durch die eingesetzten Materialien (Farbstoffe) und Herstellungsmethoden. Es werden durchgängig Niedertemperaturverfahren verwendet, sowohl im Vakuumprozess als auch bei nasschemischen Verfahren. Die physikalischen Funktionsprinzipien zeigen bemerkenswerte Unterschiede, sie werden intensiv erforscht. Die Absorber in organischen Solarzellen (OSZ) bestehen im Wesentlichen aus Farbstoffmolekülen mit Donatoroder Akzeptoreigenschaften, die ohne zusätzliche Matrix (etwa aus Si) auskommen. Folglich sind die aktiven Schichten mit nur wenigen 100 nm ultra-dünn. Module BINE-Themeninfo II/2011 En passant Abb. 25 In den Chloroplasten läuft die Photosynthese ab. Quelle: WDR Abb. 24 Handtasche mit eingearbeitetem Solarmodul. Quelle: Kraftwerk aus OSZ sind materialsparend und einfach zu fertigen, leicht und mechanisch sehr flexibel. Im Spektralbereich des Sonnenlichts haben sie bemerkenswerte Absorptionseigenschaften. Sie zeigen relativ schmale, durch die Auswahl der Moleküle spektral einstellbare Absorptionsbanden mit extrem hohen Absorptionskoeffizienten. Der einstellbare Absorptionsbereich bietet dem Produktdesigner neue gestalterische Elemente durch das Spiel mit Transparenz und Farbe der Module. Diese Eigenschaften der Solarzellen dritter Generation machen eine enorme Vielfalt von Anwendungen möglich, trotz noch geringer Effizienz und kurzer Lebensdauer von wenigen Jahren. Die Industriepartner denken daran, die Module in Kleidung, Handtaschen, Mobiltelefone, Autodächer, Fensterscheiben, Jalousien sowie Gebäudefassaden zu integrieren (Abb. 24 ). Grundlegende Zellarchitekturen Die hier vorgestellten prinzipiellen Zellkonzepte sind allesamt Donator-Akzeptor-Systeme mit entweder ein oder zwei organischen Absorbermaterialien. Trotz gemeinsamer Grundlagen unterscheiden sich die Zellkonzepte erheblich, zum Teil durch die Zellarchitektur, zum Teil durch die Präparationsmethode. Sequentiell geschichtete Organische Solarzellen (OSZ) 1985 gelang es amerikanischen Forschern erstmals, aus einem Metall-Phthalozyanin als Donator (D) und einem Perylenderivat als Akzeptor (A), eine Solarzelle mit 1% Effizienz auf Indiumzinnoxid (ITO) als transparentem Kontakt zu realisieren. Es handelte sich um eine Zweischichtsolarzelle, d. h. die beiden Absorberschichten (D, A) wurden sequentiell angeordnet. Zweischichtsolarzellen werden ausschließlich im Vakuumprozess hergestellt. Folglich müssen alle verwendeten Materialien die nötige thermische Stabilität aufweisen. Die alternative Herstellung solcher sequentieller Zellarchitekturen durch nasschemische Abscheidung ist wenig geeignet, da sich die Löslichkeit der Materialien während der Überschichtung durch die zweite Lage nachteilig auswirkt. Leben von Licht und Wasser Blattgrün – Farbstoff und Energiewandler Ein maigrüner Laubwald oder eine frühlingsgrüne Wiese sind eine Wohltat für die Augen – und frisch ausgetriebenes Grün ist zugleich Sinnbild für eine unbändige Lebenskraft. Jedes grüne Blatt ist ein Wunderwerk der Natur, das Sonnenlicht einfängt und in Energie umwandelt. Es nutzt das eingefangene Licht, um aus Wasser und CO2 Kohlenhydrate herzustellen. Die Pflanze setzt Sauerstoff frei und produziert mit Zucker und Stärke Energie, Vorräte und Baustoffe. Algen und Grünpflanzen haben seit Urzeiten den Kniff raus: Sie wandeln Sonnenlicht in verfügbare Energie um und produzieren nebenbei Sauerstoff. Zentraler Baustein für dieses Naturwunder ist das Chlorophyll; dieser grüne Farbstoff fängt das Licht ein, konzentriert es in den aktiven Empfängerzellen. Das absorbierte Licht wird (in einer Redoxreaktion) in chemische Energie umgewandelt. Die daraus erzeugten energiereichen organischen Verbindungen dienen der Energieversorgung und dem Wachstum der Pflanze. So sorgt die Photosynthese dafür, dass beständig Energie und Baustoffe für das gesamte Leben auf dem Planeten nachgeliefert wird. Dieses Konzept der Energiegewinnung aus Sonnenlicht, nämlich Strahlung einzufangen, zu konzentrieren und ein erzeugtes Energiegefälle zu nutzen, wird mit technischen Mitteln durch die photovoltaische Energieerzeugung verfolgt. Dabei orientiert sich die organische Photovoltaik (Grätzel-Zellen) mit ihren organischen Farbstoffen recht eng an den Farbstoffmolekülen der Photosynthese und hat diese in der Effektivität mit 8% gegenüber 2% bereits übertroffen. Abb. 26 Grün ist Leben: Pflanzen setzen schon immer auf die Nutzung der Sonnenenergie. Quelle: BMU 17 18 BINE-Themeninfo II/2011 Abb. 27 Rolle-zu-Rolle-Druck von Elektronik wie RFID-Tags oder Abb. 28 Organische Solarzellen werden in Reinräumen organischer Photovoltaik. Quelle: PolyIC Pressebild hergestellt. Quelle: Siemens, Konarka Sehr effiziente OSZ mit Donator-AkzeptorMischabsorbern Für die Herstellung gemischter Absorberschichten eignen sich sowohl Vakuum- als auch nasschemische Verfahren. Ziel ist eine möglichst innige Mischung der beiden Materialien, um eine große innere Grenzfläche zwischen Donator- und Akzeptormaterial zu erzeugen. Das wird sowohl durch Koverdampfung im Vakuum als auch durch nasschemische Abscheidung aus einer Mischlösung erreicht. Die entstehenden D/A-Mischabsorber wandeln sehr effizient Licht in Ladungsträger um. Im Forschungsstadium ist die nasschemische Deposition von Polymermischungen gegenüber den Vakuumtechniken preisgünstiger. In gewöhnlichen Chemielaboren kann mit der großen Materialvielfalt der Polymerchemie geforscht werden. Problematisch für die industrielle Produktion sind allerdings die großen Lösemittelmengen. Wegen der geringeren Entwicklungskosten (pro Labor) konzentriert sich der größere Teil der Forschung auf Polymersolarzellen. So ist bald mit einer Vielzahl von konkurrierenden Polymersolarzellen auf dem Markt zu rechnen. Abb. 30 Schema einer farbstoffsensitivierten Solarzelle (Dye Sensitised Solar Cell, DSSC). Quelle: Max Planck Institut für Polymerforschung Glas Anode (FTTO) TiO2 Sperrschicht Kathode (Au) TiO2 Vergleichsweise wenig geforscht wird zu OSZ aus Mischungen von kleinen Molekülen. Das liegt daran, dass für die thermische Vakuumdeposition aufwendige Anlagen nötig sind und die Materialien thermisch stabil sein müssen. Diese Nachteile sind in einer späteren Massenfertigung irrelevant. Mit Vakuummethoden lassen sich organische Mischphasen durch Koverdampfung sowie sequentielle Schichten sehr variabel und präzise herstellen und auf die spezielle Anwendung maßschneidern. Deshalb liefern beide Forschungsgebiete (Polymere und kleine Moleküle) trotz unterschiedlich intensiver Forschungsaktivitäten gleich gute Ergebnisse. Donator-Akzeptor-Nanokomposite (DAN) Eine ideale Zellarchitektur erhält man durch Kombination der beiden oben genannten, komplementären AbsorberArchitekturen. Durch sequenziell deponierte aber hochgradig verzahnte Donator-Akzeptor-Schichten kann man die Vorteile der beiden, nämlich hohe Reinheit und Kristallinität der Einzelschichten wie auch eine maximierte DAGrenzflächenmorphologie, zusammenführen. Wegen der begrenzten Transporteigenschaften organischer Halbleiter bewegt sich die Verzahnung typischerweise im Bereich von 100 nm Domänengröße. Deshalb wird in der Entwicklung und industriellen Fertigung funktionaler Materialien auf DAN-Basis die Nanotechnologie eine Schlüsselrolle spielen. Durch Verfahren, die die Selbstorganisation der Materialien ausnutzen, lassen sich die Herstellungskosten weiter reduzieren. Hybride Systeme nutzen flüssige oder feste Elektrolyten. Bei der farbstoffsensibilisierten Solarzelle (Brian O’Regan und Michael Grätzel 1991) besteht der Absorber nur aus wenigen Nanometern einer Donatorschicht, basierend auf Rutheniumkomplexen, diese umgibt die innere Oberfläche einer nanoporösen und transparenten Titandioxidlage (TiO2) als Akzeptor. Die so gebildete D/A-Grenzfläche erstreckt sich über das gesamte Volumen der mehrere μm dicken TiO2-Lage. Die Ladungsträgergeneration ist mit der in organischen Mischsolarzellen vergleichbar. Bei beiden ist der Abtransport der Ladungsträger „Löcher“ zum Rückkontakt wegen der komplizierten Nanomorphologie ein Problem. Die besten Ergebnisse liefert ein flüssiger Elektrolyt als Lochleiter, dies hat allerdings Einfluss auf Stabilität und Toxizität. Ersatzstoffe aus gallertartigen oder festen Elektrolyten sind hier auf dem Vormarsch. Farbstoff Lochleiter Bei der ETA (extremely thin absorber)-Zelle wird eine eher kompakte, kristalline TiO2-Schicht mit korallenartig hoch strukturierter Oberflächenmorphologie mit dem Absorber BINE-Themeninfo II/2011 Im Portrait Der Forscher und der Unternehmer – zwei Expertenmeinungen Prof. Dr. Vladimir Dyakonov Vorstandsvorsitzender des ZAE Bayern – Bayerisches Zentrum für angewandte Energieforschung e.V., Sprecher des Forschungsverbundes Erneuerbare Energien (FVEE) Abb. 29 Prototyp eines per Siebdruck hergestellten Farbstoffsolarmoduls. Quelle: Fraunhofer ISE beschichtet. Es bildet sich eine stark gefaltete aber geschlossene Lage der D/A-Grenzfläche aus. Deshalb kann hier ein gewöhnlicher Metallrückkontakt verwendet werden. Bei der ETA-Zelle wurden anfänglich nur anorganische Farbstoffe eingesetzt, inzwischen auch mehr organische Absorber. Konzepte für die Markteinführung Die genannten Zellkonzepte haben das Potenzial der neuen Technologien demonstriert. Forschungsarbeiten und erste Machbarkeitsstudien wurden seit 2000 in nationalen Netzwerken durchgeführt. Neue Ansätze steigerten die zunächst geringen Effizienzen auf über 3%. Die rasante Entwicklung weckte schließlich das Interesse der Industrie, und die Forschung wurde in der Folge durch die „OPV-Initiative 2007–2012“ weiter intensiviert. Inzwischen hat sich die Zelleffizienz in den Forschungslaboren noch einmal mehr als verdoppelt (Stand 2010). Die gemeldeten Rekorde sind zwar nicht immer miteinander vergleichbar, zeigen aber mit 8,1% (Polymere) und 8,3% (kleine Moleküle) beachtliche Werte. Die neuen Rekordzellen integrieren verschiedene Einzelinnovationen zu komplexeren und deshalb realistischen Zellarchitekturen mit neuartigen Schichtmaterialien: • Gezielte Nanostrukturierung sowie Dotierung der Absorberschichten verbessern die Transporteigenschaften; Absorber mit präzisen Dotierungsgradienten (z. B. p-i-n-Struktur) bringen sehr gute Ergebnisse. • Die Einführung von optischen Spacern in die Schichtarchitektur hilft, das Sonnenlicht optimal einzukoppeln. Da sich in ultra-dünnen Schichtsystemen bei Beleuchtung stehende Interferenzen ausbilden, muss der Abstand zur reflektierenden Metallschicht am Rückkontakt durch transparente, leitfähige Pufferschichten geeigneter Dicke frei einstellbar sein, um eine Absorberschicht in das Maximum einer Interferenz bestimmter Wellenlänge zu positionieren. • Eine Erweiterung des Absorptionsspektrums erreicht man durch Kombination zweier unterschiedlicher OSZ zu einer Tandemzelle. Hier werden zwei Solarzellen übereinander geschichtet, sodass man im Idealfall ein Bauteil mit doppelter offener Klemmenspannung bei gleichem Fotostrom erhält. “Die Bundesregierung betont in ihrem neuen Energiekonzept, dass der Umbau des Energiesystems notwendig ist und setzt sich sehr ambitionierte Ziele: Erneuerbare Energien sollen 60% des Endenergieverbrauchs abdecken – doch im Konzept spielt Photovoltaik keine bedeutende Rolle. Für mich ist gerade die Photovoltaik Beispiel einer erfolgreichen Industriepolitik, von der Grundlagenforschung über Demonstrationsprojekte bis zur Markteinführung, entsprechend hat sich eine leistungsfähige PV-Industrie in Deutschland entwickelt. Eine kontinuierliche Markteinführungspolitik, insbesondere durch das EEG, hat dazu geführt, dass sich diese Technologie zu einem Jobmotor in Forschung, Industrie, Großhandel und installierendem Gewerbe entwickelt hat. Obwohl mit solchen förderpolitischen Signalen die internationale technologische Spitzenstellung von Industrie und Forschung unter der wachsenden weltweiten Konkurrenz nicht zu erhalten ist, muss die gegenwärtige Innovationsdynamik durch eine deutliche Ausweitung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Forschungsinstituten, Universitäten und Industrie verstärkt werden.” Dr. Ing. E.h. Frank Asbeck Gründer und Vorstandsvorsitzender der SolarWorld AG „Die Photovoltaik ist Spitzenlaststrom und unverzichtbarer Baustein unserer zukünftigen Energieversorgung: unendlich, sauber und dezentral verfügbar. Spätestens zum Zeitpunkt der Netzparität wird jeder Hausbesitzer seinen Eigenstrom auf dem Dach selbst produzieren wollen. Und sich somit unabhängig vom Energieversorger machen. Aber er wird auch mündiger, denn er wird sich keine x-beliebige Solarstromanlage auf sein Dach schrauben, sondern Top-Qualität fordern. Für uns als Hersteller kristalliner Solarprodukte und Premiummarke bedeutet das: Wir müssen unsere Kosten senken und weiterhin den Kunden nachhaltige, langlebige Qualitätsprodukte ohne Giftstoffe anbieten. Darum setzen wir uns für den Verzicht von Schwermetallen in der Solarstromtechnologie ein. Wir müssen jetzt die richtigen Weichen für diese Umwelttechnologie stellen. Bis zum Jahr 2030 kann der gesamte Haushaltsstrom der Bundesrepublik solar erzeugt werden. Aber nicht nur in Deutschland, sondern weltweit wird die solare Welt weiter wachsen.“ 19 BINE-Themeninfo II/2011 Ausblick Von der Wafer- bis zur Modulproduktion werden Bearbeitungs- und Fertigungsverfahren effizienter und kostengünstiger. Möglich wird dies durch Prozesse, die mit weniger problematischen Chemikalien arbeiten, bei niedrigen Temperaturen laufen oder auf Vakuum verzichten können. Ebenfalls werden unterbrechungsfreie Produktionsverfahren entwickelt, bei denen Solarzellen ähnlich wie in einer Großdruckerei „von der Rolle“ produziert werden. Die hohe wisenschaftliche Produktivität der Forscher und die rasante technische Entwicklung werden deutlich, wenn man sieht, wie atemberaubend schnell leistungsfähige von noch leistungsfähigeren, neu entwickelten Solarzellen „überholt“ werden. Für den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien ist es essentiell, dass Forschung und Entwicklung in engem Verbund von wissenschaftlichen Einrichtungen und Industrie – auch staatlich gefördert – vorangetrieben werden. Für Entwickler und Hersteller geht es gleichermaßen darum, die Leistung der Solarzellen sowie die Produktionsverfahren zu optimieren: Es wird immer wichtiger, das gesamte Modul so günstig und haltbar wie möglich zu produzieren. So verbessern neben möglichst dünnen Solarzellen auch Einsparungen bei Rahmen und Glas die Öko- und Energiebilanz. Großseriennahe Versuchs- und Erprobungslinien wie sie PV-TEC in Freiburg zur Verfügung stellt, können dazu beitragen, neue Verfahren schneller und sicherer in die Großserienproduktion einzubinden. Unabhängige Tests und Prüfungen von Komponenten und Modulen tragen dazu bei, transparente Qualitätsstandards zu etablieren und diese abzusichern. Neben Innovationen in Richtung immer leistungsfähigerer Solarzellen werden sich Herstellung und Verarbeitung durch neue Verfahren stark verändern. Da werden Wafer vom Block abgerissen, statt sie zu sägen; oder großflächige Solarzellen werden gesputtert oder gedruckt. Welche Technologien sich durchsetzen werden, ist noch offen, doch bereits absehbar ist ein höherer Anteil der Dünnschicht-Technologie. Solarzellen der dritten Generation, die günstiger produziert werden können als die der ersten und zweiten Generation, werden diese in einigen Bereichen ersetzen. Dies besonders dann, wenn sie leichter und flexibler sind oder im Fassadenbereich freiere Farbgestaltung ermöglichen. Für günstige Module – auch mit niedrigerem Wirkungsgrad – eröffnen sich neue Einsatzbereiche, ob an Fassaden, Freiflächen, Fahrzeugen oder Kleidung. Und es wird möglich, netzferne Gebiete (z. B. in Entwicklungsländern) zuverlässig und bezahlbar mit Strom zu versorgen. Projektorganisation Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 11055 Berlin Projektträger Jülich Forschungszentrum Jülich GmbH Dr. Christoph Hünnekes 52425 Jülich Förderkennzeichen 0325006A 0325043A 0325120A 0327625 0327650E 0327662A 0327693A 0329849A 0329866A Kontakt · Info Fragen zu diesem Themeninfo? Wir helfen Ihnen weiter: 0228 92379-44 Mehr vom BINE Informationsdienst >> Recycling von Photovoltaik-Modulen. BINE-Projektinfo 02/2010 >> Photovoltaik. BINE basisEnergie Nr. 03 >> Haselhuhn, R.: Photovoltaik. Gebäude liefern Strom. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2010. 176 S., ISBN 978-3-8167-8319-0 >> Dieses Themeninfo gibt es auch online und in englischer Sprache unter www.bine.info im Bereich Publikationen / Themeninfos. In der Rubrik "Service" finden Sie ergänzende Informationen. Links und Literatur >> >> >> >> >> >> www.ise.fraunhofer.de www.helmholtz-berlin.de www.helmholtz-berlin.de/projects/pvcomb www.csp.fraunhofer.de www.forschungsjahrbuch.de European Communities, Brussels (Belgium) (Hrsg.):Strategic Research Agenda SRA for Photovoltaic Solar Energy Technology. 2007. 76 S., ISBN 978-79-05523-2 Weitere Informationen zum Thema sind beim BINE Informationsdienst oder unter www.bine.info abrufbar. Konzept und Gestaltung: iserundschmidt, Bonn · Layout: KERSTIN CONRADI · Mediengestaltung, Berlin 20