Bericht - IAESTE LC Aachen

Transcrição

Bericht - IAESTE LC Aachen
Bericht
Praktikum im Bereich Mechanical Engineering in Accra/Tema, Ghana,
Oktober bis Dezember 2011
Allgemeine Eindrücke
Ghana, vor allem in Accra, erlebte ich als eine aufstrebende Wirtschaftsnation im ständigen
Wandel. Die Stadt ist geprägt von einer regen Bautätigkeit, teilweise extrem viel Verkehr und
einer allgemein geschäftigen Atmosphäre. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Menschen
in Ghana in irgendeiner Weise distanziert wären. Mir wurde stets mit einer großen
Offenheit und Freundlichkeit begegnet. Häufig wird die Freundschaft angeboten, man wird
eingeladen, zum Beispiel zum Gottesdienst, oder es wird angeboten, ob man nicht die
Schwester heiraten möchte.
Neben einer offensichtlich vor allem in Accra ansässigen reichen Mittelschicht, die etwa mit
der Mittelschicht in Deutschland zu vergleichen ist, erlebt man viele Menschen, die von der
Dynamik der Entwicklung in Ghana ausgeschlossen sind und oder auf deren Rücken die
wirtschaftliche Entwicklung stattfindet.
Weitere Schattenseiten sind meiner Erfahrung nach die extreme Homophobie, die in der
ghanaischen Bevölkerung sehr präsent ist und der christliche Fundamentalismus sowie die
Tatsache, dass man durch eine weiße Hautfarbe durchgehend viel Aufmerksamkeit auf sich
zieht und von vielen die europäische oder westliche Herkunft mit extremem Reichtum
assoziiert wird.
Praktikum
Mein Arbeitergeber war eine indische Firma der Stahlindustrie, die Nägel, Dachbleche und
Eisenstangen herstellt. Ich führte Qualitätskontrollen durch und war zudem dafür zuständig,
die Arbeit der Tagelöhner zu organisieren und selbige zu bezahlen. Als größeres Projekt
während meiner Zeit in Ghana arbeitete ich an Konzepten zur Umgestaltung der
Nagelproduktionslinie.
In der Firma erlebte ich viele Spannungen zwischen dem größtenteils indischen Management
und der ghanaischen Belegschaft. Viele Arbeiter fühlten sich in ihrem eigenen Land von
ausländischen Geschäftsleuten ausgebeutet. Beispielsweise verdienen die Tagelöhner pro
Tag 2€ - 4€, was auch in Ghana kaum zum Überleben reicht.
Organisatorisches
Ich lebte in Accra mit anderen internationalen Praktikantinnen und Praktikanten in einer
sehr netten von IAESTE Ghana organisierten Gastfamilie. Unsere Gastmutter sorgte sich sehr
stark um unsere Sicherheit und unser Wohlbefinden. Zudem wurde von IAESTE Ghana ein
Trip in den Norden des Landes organisiert.
Die Anfahrt von der Gastfamilie zur Firma stellte sich als sehr unberechenbar und langwierig
heraus. Für die entstehenden Kosten bekam ich von IAESTE Ghana einen Zuschuss, so dass
sich dieser Faktor in Grenzen hielt. Letztendlich war die täglich Reise durch die Hauptstadt
mit dem ghanaischen Haupttransportmittel Tro-Tro aber von vielen Erlebnissen und
Begegnungen stärker geprägt als von Strapazen. Als Tro-Tro werde in Ghana Transportmittel
verschiedener Größe für ca. 15-35 Personen bezeichnet – meist Kleinbusse oder umgebaute
Lieferwagen, die das Rückgrat des Personenverkehrs des Landes darstellen.
Fazit
In Ghana zu leben und zu arbeiten war für mich ein beeindruckendes und unvergessliches
Erlebnis. Viele meiner Vorstellungen, die ich über den afrikanischen Kontinent und seine
Bewohner hatte, stellten sich als unsinnig heraus. Bemerkenswert weit geht die Deutsche
Medienberichterstattung an der Realität vorbei.
Ganz sicher ist auch zu sagen, dass, wie oben schon erwähnt, der Aufenthalt in Ghana
gerade für Europäer mit körperlichen und seelischen Strapazen verbunden ist. Meiner
Meinung nach wird man aber von den Erfahrungen und Begegnungen in weit größerem
Maße belohnt.