Spondylitis ankylopoetica - Wirbelsäulenchirurgie Professor Doktor

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Spondylitis ankylopoetica - Wirbelsäulenchirurgie Professor Doktor
Informationsportal
Wirbelsäulenerkrankungen
Professor Dr. Jürgen Harms
Inhaltsverzeichnis · PDF-Downloadarchiv
Professor Harms
Curriculum Vitae
Anatomie
Wirbelkörper
Wirbelgelenke (Facettengelenke)
Bandscheiben
Bandapparat
Spinales Segment, Spinalnerven und Rückenmark
Blutversorgung Wirbelsäule und Rückenmark
Rückenmuskulatur
Aufbau der Wirbelsäule
Biomechanik der Wirbelsäule
Diagnostik
Anamnese
Klinische Untersuchung
Neurologisch-klinische Untersuchung
Neurophysiologische Untersuchung
Röntgen und Bildgebende Verfahren
Laboruntersuchung
Konservative Therapie
Krankengymnastik, Physikalische Therapie
Orthopädietechnik, Korsetttherapie
Schmerztherapie
Psychologische Betreuung
Der Rückenschmerz
Ursachen, Risikofaktoren
Schmerzentstehung
Akuter/Chronischer Schmerz
Mit/Ohne Beteiligung der Nervenwurzel
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Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad
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Degenerative Erkrankungen
Osteochondrose/Spondylose
Spondylarthrose
Bandscheibenleiden
Zervikales Bandscheibenleiden
Lumbales Bandscheibenleiden
Spinalkanalstenose
Zervikale Spinalkanalstenose
Lumbale Spinalkanalstenose
Degenerative Lumbalskoliose
Entzündliche Erkrankungen
Infektiöse Spondylodiszitis
Rheumatoide Arthritis
Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew)
Verletzungen der Wirbelsäule
Definition
Diagnostik
Symptome
Beurteilung der Stabilität
Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0)
Atlasfraktur (C1)
Atlanto-occipitale Dislokation (C0/C1)
Axisfraktur (C2)
Atlanto-axiale Instabilität (C1/C2)
Traumatische Spondylolyse, „hangman´s fracture“
Verletzungen der unteren HWS (C3-C7)
Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
Fehlstellung durch alte Frakturen (posttraumatische Deformität)
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Deformitäten
Definition, Epidemiologie, Symptome
Klassifikation (King, Lenke)
Diagnostik
Therapie
Geschichte der Skoliosetherapie
Idiopatische Skoliose
Kongenitale Skoliose mit:
· Formationsstörung
· Segmentationsstörung
Neuromuskuläre Skoliose mit:
· Meningomyelocele
· Infantile Cerebralparese
· Spinale Muskelatrophie
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I 07 1
I 07 2
I 08 1
I 08 2
I 08 3
Spondylolisthese
J
Tumoren
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gutartige Tumoren
bösartige Tumoren
Knochenmetastasen
Publikationen
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Curriculum Vitae · Professor Harms persönlich
Prof. Dr. med. Jürgen Harms
Leitender Arzt
Orthopädie-Traumatologie I
Wirbelsäulenchirurgie
SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach
76307 Karlsbad
1944
geboren in Darmstadt
1963 - 1968
Medizinstudium
Universität Frankfurt, Universität Saarbrücken
Med. Spezialisierung: Orthopädie
1974
Facharzt für Orthopädie
1978
Professor für Orthopädie
Universität des Saarlandes Homburg/Saar
Wissenschaftliche Untersuchungen über neue Chirurgietechniken und neue Materialien und
Instrumente für Wirbelsäulen- und Hüftchirurgie
seit 1980
Leitender Arzt Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie Klinikum Karlsbad-Langensteinbach,
Karlsbad (Akad. Lehrkrankenhaus der Universität Heidelberg)
Schwerpunkte der Wirbelsäulenchirurgie (alphabetische Reihenfolge):
· Bandscheibenprothesen
· Deformitäten
· Degenerative Erkrankungen
· Dorsale dynamische Stabilisierung
· Erhaltung der Beweglichkeit
· Frakturen
· Halswirbelsäulenchirurgie
· Skoliose
· Transorale Chirurgie im kranio-zervikalen Übergang
· Tumoren
Mitgliedschaften und Zusammenarbeit:
· Wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Wirbelsäulenspezialisten in Europa, Amerika, Asien, Afrika
und Australien
· Vorsitzender und Referent weltweit bei internationalen Kongressen
· Gastprofessor und Gastchirurg in USA, Fernost einschl. Pazifischer Raum, Afrika, Europa
· Berater im Rahmen diverser Forschungsprojekte
· Publikationen über neue Wirbelsäulen-Operationstechniken
· Editor Fachzeitschriften für Orthopädie
· Ehrenmitglied SRS - Scoliosis Research Society
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Wirbelkörper (vertebrum) · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
Die Wirbel haben in den unterschiedlichen Wirbelsäulensegmenten einen unterschiedlichen Aufbau, der sich
an ihren statischen und funktionellen Erfordernissen ausrichtet. Wirbelkörper, Wirbelbogen, Wirbelloch und die
Stellung der Wirbelgelenkflächen sehen in den drei Wirbelsäulenabschnitten zwar verschieden aus, man findet
jedoch wesentliche Strukturen, die sich an allen Wirbeln zeigen.
Die Grund- und Deckplatten der Halswirbelkörper sind klein und von rechteckiger Form, das Wirbelloch hat
einen großen, dreieckigen Querschnitt, die Dornfortsätze liegen horizontal.
• Halswirbel
Die Grund- und Deckplatten der Brustwirbelkörper sind dreieckig, rechteckiger aufgebaut, das Wirbelloch hat
einen runden Querschnitt, die Dornfortsätze sind steil abwärts gerichtet.
• Brustwirbel
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Die Grund- und Deckplatten der Lendenwirbelkörper sind groß und bohnenförmig, das Wirbelloch hat einen
kleinen, dreieckigen Querschnitt, die Dornfortsätze liegen horizontal und sind kräftig ausgebildet.
• Lendenwirbel
Die Anforderungen an unterschiedliche Beweglichkeit oder Tragfähigkeit bringen zwar verschiedene
Wirbelformen hervor, es zeigen sich jedoch an Hals-, Brust- und Lendenwirbeln Baustrukturen, die alle
Wirbelkörper aufweisen.
Der Wirbel besteht aus einer äußeren, harten Knochenschicht, der so genannten Kompakta und der innen
liegenden schwammartigen Knochensubstanz, der Spongiosa. Der rückenwärts (dorsal) gelegene Bogen
(3), die beiden Querfortsätze (2) und der Dornfortsatz (1) bilden zusammen mit den Bogenwurzeln (4) und
den Wirbelgelenkfortsätzen (5) das so genannte posteriore (hintere) Element, das mit allen Anteilen wichtige
Ansatzpunkte für die Rückenmuskulatur bietet und ein wesentliches Element der Beweglichkeit darstellt.
Der Wirbelkörper (7) liegt vorne, ventral (in Richtung Bauch- oder Brusthöhle) und erfüllt mit den dazwischen
liegenden Bandscheiben die Hauptaufgabe der tragenden Säule. Zwischen dem Wirbelkörper und dem hinteren
Bogen liegt das Wirbelloch (6). Die Gesamtheit aller Wirbellöcher bilden den Wirbelkanal (canalis vertebralis),
durch den das Rückenmark mit den austretenden Nerven geschützt verläuft.
Die Zwischenwirbellöcher (9) auf beiden Seiten des Wirbels werden von der incisura vertebralis inferior (10) und
superior (11) gebildet, durch diese Öffnungen zieht jeweils ein Spinalnerv, der vom Rückenmark abgeht, sowie
mehrere Blutgefäße. Die Brustwirbelkörper weisen die foveae costales (8) auf, an denen die Rippen ansetzen.
• Brustwirbel seitlich
· oberer Wirbelgelenkfortsatz (5)
· Querfortsatz mit fovea costalis transversalis (2)
· oberer Rippenansatz (8)
· Wirbelbogen (3)
· Wirbelkörper (7)
· unterer Wirbelgelenkfortsatz (5)
· Incisura vertebralis inferior (10)
· Dornfortsatz (1)
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Wirbelkörper (vertebrum) · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 01
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Wirbelkörper (vertebrum) · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
• Brustwirbel von oben
· Dornfortsatz (1)
· Querfortsatz (2)
· Wirbelbogen (3)
· Rippenansatz (8)
· Bogenwurzel (Pedikel) (4)
· Wirbelloch (6)
· Wirbelgelenkfläche (5)
· Wirbelkörper (7)
• Wirbelsegment, seitlich
Zwischenwirbelloch (9) mit:
· Incisura vertebralis inferior (10)
· Incisura vertebralis superior (11)
Lateinische Bezeichnungen der anatomischen Strukturen des Wirbels:
Dornfortsatz, processus spinosus (1)
Querfortsätze, processus transversus (2)
Wirbelbogen, arcus vertebrae (3)
Bogenwurzel, pediculus arcus vertebrae (4)
Gelenkflächen, processus articulares (5)
Wirbelloch, foramen vertebrale (6)
Wirbelkörper, corpus vertebrae (7)
Rippenansätze, fovea costales (8)
Zwischenwirbelloch, foramen intervertebralis (9)
incisura vertebralis inferior (10)
incisura vertebralis superior (11)
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B 02
An der Wirbelsäule finden sich insgesamt 23 paarige Wirbelgelenke (articulationes intervertebrales), wobei jeder
Wirbel jeweils 2 obere und untere Gelenkfortsätze aufweist, die von einer Gelenkkapsel umhüllt sind (processus
articulares inferiores und superiores).
Der untere Gelenkfortsatz des oben liegenden Wirbels bildet mit dem oberen Gelenkfortsatz des unteren
Wirbels ein so genanntes Zwischenwirbelgelenk (Facettengelenk).
Die Ausrichtung der jeweiligen Gelenkflächen ist in den verschiedenen Wirbelsäulensegmenten unterschiedlich
und hängt auch von den Anforderungen der Beweglichkeit im entsprechenden Segment ab.
Die Wirbelgelenkflächen der Halswirbelsäule verlaufen schräg um cirka 45° zur Horizontalen geneigt, die
Gelenkflächen der Brustwirbel stehen dagegen nahezu frontal. Die Beweglichkeit zwischen den einzelnen
Wirbelkörpern ist nicht groß, durch das Zusammenspiel aller Wirbelgelenke bietet die Wirbelsäule jedoch ein
großes Bewegungsausmaß.
Eine Besonderheit zeigt sich bei den Wirbelgelenken des oberen Kopfgelenks zwischen dem Hinterhauptbein
und dem 1. Halswirbel (Atlas), sowie dem unteren Kopfgelenk zwischen Atlas und 2. Halswirbel (Axis). Weitere
Erläuterungen hierzu finden Sie unter „Bandapparat der Wirbelsäule“
• Wirbelgelenke des 3.-5. Lendenwirbels, Gelenkfläche auseinandergezogen
· oberer Gelenkfortsatz
· Querfortsatz
· unterer Gelenkfortsatz
· Dornfortsatz
• Wirbelgelenke mit einsehbarer Gelenkfläche
· oberer Gelenkfortsatz
· unterer Gelenkfortsatz
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Wirbelgelenke (Facettengelenke) · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 02
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Wirbelgelenke (Facettengelenke) · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
• Wirbelgelenke der Lendenwirbelsäule
· Wirbelgelenke (Facettengelenke)
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B 03
Die Bandscheiben oder Zwischenwirbelscheiben liegen zwischen den Wirbelkörpern und sind mit ihnen
verwachsen. Die Bandscheiben bestehen aus dem äußeren Faserring (anulus fibrosus) und dem zentral
gelegenen Gallertkern (nucleus pulposus).
Der äußere Bereich des Faserrings besteht aus sich überkreuzenden, straffen Kollagenfasern, die fest mit den
knöchernen Randleisten benachbarter Wirbel (epiphyses anulares) verwachsen sind und diese verbinden. Im
inneren Bereich des Faserrings strahlen Kollagenfasern in die Deckplatten der Wirbelkörper ein.
Die Bandscheibe bedeckt die Grund- und Deckplatte der jeweils benachbarten Wirbelkörper vollständig, im
Bereich der knöchernen Randleisten überragt der äußere Bereich des Faserrings den Wirbelkörper gering.
Der zentral in der Bandscheibe gelegene Gallertkern (nucleus pulposus) besteht zu 80 % aus Wasser, welches
er in seinem aus gallertartigem Gewebe bestehenden Innenraum speichern kann. Der Gallertkern fängt
zusammen mit dem Faserring die entstehenden Druckbelastungen der Wirbelsäule auf und verteilt diese auf
die benachbarten Grund- und Deckplatten der Wirbelkörper. Die Bandscheibe hat insgesamt die Funktion eines
Stoßdämpfers, dessen Hauptarbeit vom Gallertkern im Sinne eines „Wasserkissens“, das verformt, aber nicht
zusammengedrückt werden kann, übernommen wird.
Die Wirbelsäule entwickelt bei Drehbewegungen (Rotation) und Beugung (Flexion) sehr starke Kompressions-,
Scher- und Zugkräfte, die von den Bandscheiben aufgefangen, verteilt und weitergeleitet werden müssen.
Bei Belastung der Bandscheibe wird Flüssigkeit aus der Bandscheibe abgegeben, sie wird schmäler. Bei
Entlastung, zum Beispiel während der Nachtruhe, nimmt sie wieder Flüssigkeit auf und wird dicker. Dieser
Mechanismus erklärt, weshalb die Körperlänge im Verlauf des Tages, je nach Belastungssituation, um 1-2 cm
schwanken kann.
Die Bandscheibe ist bereits ab dem 4. Lebensjahr ohne Blutgefäße, so dass die Ernährung der Bandscheibe
durch Diffusion (Durchwanderung) erfolgt. Die Bandscheiben liegen auf den jeweiligen knöchernen Deckplatten
der Wirbelkörpers auf, die eine poröse Struktur aufweisen.
Durch diese porösen knöchernen Strukturen hindurch erfolgt der Stoffwechsel der Bandscheiben durch
Diffusionskontakt mit den Knochenmarkräumen der Wirbelkörper.
Die Bandscheibe verliert im natürlichen Alterungsprozess die Fähigkeit, Wasser aufzunehmen,
der Quelldruck des Gallertkerns nimmt ab, wodurch die Druckweiterleitung vermehrt über den Faserring
erfolgt. Mit zunehmendem Elastizitätsverlust und Verschmälerung der Bandscheibe nähern sich Grund- und
Deckplatten benachbarter Wirbel an, es kommt zu ersten knöchernen Abstützungsreaktion mit Bildung von
Osteophyten (neuer Knochensubstanz) an den Randleisten der Wirbelkörper als Zeichen der Degeneration
(Abnutzung) der Bandscheibe (Osteochondrose, Spondylose).
• Bandscheibe eines Lendenwirbelsegments
· Wirbelkörper
Bandscheibe mit:
· Faserring (anulus fibrosus)
· Gallertkern (nucleus pulposus)
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Bandscheiben · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 03
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Bandscheiben · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
• Bandscheibe von oben gesehen
· Gallertkern (nucleus pulposus)
· Faserring (anulus fibrosus)
• Bandscheibe von oben gesehen, Lagebeziehung zu Rückenmark und Spinalnerven
· Rückenmark
· Spinalnerv
Bandscheibe mit:
· Faserring
· Gallertkern
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Bandapparat (Ligamente) der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 04
Die Stabilität und Beweglichkeit der Wirbelsäule wird durch ein ausgedehntes Geflecht von kräftigen
Bandstrukturen gewährleistet, die von der Rückenmuskulatur unterstützt werden.
Das vordere Längsband (1) (ligamentum longitudinale anterius) liegt als Grenzlamelle
zwischen Wirbelkörper und Bauch- oder Brustkorbraum und zieht als breites Band über alle
Wirbelkörpervorderseiten vom Kreuzbein bis zum Kopf.
Das hintere Längsband (2) (ligamentum longitudinale posterius) zieht entlang der Rückfläche des
Wirbelkörpers und kleidet somit die Vorderwand des Rückenmarkkanals aus.
Das Dornspitzenband (3) (ligamentum supraspinale zieht als drittes Längsband vom Steißbein bis
zum Dornfortsatz des 7. Halswirbels und bedeckt im Verlauf alle Dornfortsätze.
Das gelbe Band (4) (ligamentum flavum) liegt zwischen den Wirbelbögen.
Die Zwischendornfortsatzbänder (5) (ligamenta interspinalia) sind zwischen den Dornfortsätzen
gespannt.
Die Zwischenquerfortsatzbänder (6) (ligamenta intertransversaria) verbinden die einzelnen
Querfortsätze miteinander.
Die Zwischenrippenbänder (7) (ligamenta costotransversaria) verbinden die Rippen untereinander.
• Bandverbindungen der Wirbelsäule im Querschnitt
· Ligamentum longitudinale anterius, vorderes Längsband (1)
· Ligamentum longitudinale posterius, hinteres Längsband (2)
· Ligamentum supraspinale, Dornspitzenband (3)
· Ligamentum interspinale, Zwischendornfortsatzband (5)
· Ligamentum flavum, gelbes Band (4)
• Bandverbindungen der Wirbelsäule, Brustwirbelsäule, von seitlich gesehen
· Querfortsatz, processus transversus
· Ligamentum longitudinale anterius, vorderes Längsband (1)
· Ligamentum costotransversarium, Zwischenrippenband (7)
· Ligamentum intertransversarium, Zwischenquerfortsatzbänder (6)
· Rippe, costa
Der Bandapparat und die Wirbelgelenke des oberen und unteren Kopfgelenks, welche die Verbindung
und Beweglichkeit zwischen dem 1. und 2. Halswirbel (atlas und axis) und dem Kopf herstellen, weisen im
Gegensatz zu den anderen Wirbelsäulenabschnitten einige Besonderheiten auf. Beide Gelenke ermöglichen in
ihrem Zusammenspiel Bewegungen wie in einem Kugelgelenk.
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• Halswirbelsäule von hinten
· Dens axis
· 1. Halswirbel, atlas
· 2. Halswirbel, axis
Das obere Kopfgelenk (Atlantooccipitalgelenk) verbindet das Hinterhauptbein (os occipitale) mit den
Gelenkflächen des 1. Halswirbels (atlas). Das obere Kopfgelenk ermöglicht folgende Bewegungen des Kopfes:
· Vorwärtsbeugung bis 20°
· Rückwärtsbeugung bis 30°
· Seitwärtsneigung bis 15°
Das untere Kopfgelenk (Atlantoaxialgelenk) verbindet den 1. und 2. Halswirbel und besteht aus 3
Gelenkanteilen (2 seitliche und ein mittlerer Anteil). Es handelt sich um ein Drehgelenk, das sich um den
feststehenden Zapfen des 2. Halswirbels dreht (dens axis).
Im unteren Kopfgelenk sind Drehbewegungen des Kopfes um etwa 30° möglich.
Die Beweglichkeit der einzelnen Kopfgelenke für sich ist nicht besonders ausgeprägt, das Zusammenspiel
beider Kopfgelenke und der übrigen Halswirbel ermöglicht jedoch das große Beweglichkeitsausmaß der
Kopfbewegung.
Die Stabilität der Verbindung zwischen dem 1. und 2. Halswirbel, dem oberen und unteren Kopfgelenk und dem
Kopf wird durch einen straffen Bandapparat gewährleistet.
• Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, obere Halswirbelsäule von hinten, Teile des
Hinterhauptbeins und Bögen des 1.-3. Halswirbels sind entfernt.
· Hinterhauptbein, os occipitale
· Atlas, 1. Halswirbel
· Axis, 2. Halswirbel
· Membrana tectoria
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Bandapparat (Ligamente) der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 04
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Bandapparat (Ligamente) der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 04
• Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, obere Halswirbelsäule von hinten, membrana tectoria
entfernt, das ligamentum cruciforme verbindet Atlas, Axis und Hinterhauptknochen, die ligamenta alaria
verbinden dens axis mit dem Hinterhauptbein und dem atlas.
· Hinterhauptbein, os occipitale
· Ligamentum cruciforme, crus superius
· Ligamenta alaria
· Atlas
· Ligamentum cruciforme atlantis
· Axis
· Wirbelgelenkkapsel
• Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, obere Halswirbelsäule von hinten, ligamentum cruciforme
ist entfernt, die Fixationsbänder des dens Axis (ligamenta alaria und lig. apicis dentis) sind einsehbar.
· Hinterhauptbein
· Ligamentum apicis dentis
· Ligamenta alaria
· Atlas
· Dens axis
· axis
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· Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 05
Das Rückenmark ist ein Teil des zentralen Nervensystems, es verbindet das Gehirn mit den Spinalnerven, die
vom Rückenmark abgehen.
Vom Gehirn geht das Mark im Bereich des großen Hinterhauptlochs in das verlängerte Mark und von dort in
das ungefähr 45 cm lange, im Querschnitt rund-ovale Rückenmark (medulla spinalis) über. Das Rückenmark
verläuft geschützt durch die Wirbelkörper und Wirbelbögen im Rückenmarkkanal, verjüngt sich im Verlauf nach
unten und endet beim Erwachsenen als spitz zulaufender Markkegel (conus medullaris) in Höhe des
2. Lendenwirbels.
Von der Spitze des Markkegels in Höhe des 2. Lendenwirbels abwärts ist das Rückenmark stark zurückgebildet
und verläuft als ein etwa 25 cm langer Strang, dem so genannten Endfaden (filum terminale) bis zum
2. Steißbeinwirbel. Die Nervenfasern aus dem unteren Bereich des Rückenmarks ziehen im Wirbelkanal
unterhalb des 2. Lendenwirbels weiter.
Die dick gebündelten Nervenfasern sehen wie ein Pferdeschweif aus, deshalb nennt man diesen Bereich cauda
equina.
Das Rückenmark ist wie das Gehirn von Rückenmarkflüssigkeit (liquor cerebrospinalis) und von drei
schützenden Hüllen (Häuten) umgeben:
· Die harte Rückenmarkhaut (dura mater spinalis) erstreckt sich als äußere Hülle vom großen
Hinterhauptloch bis zum Kreuzbeinkanal
· Die mittlere Hülle wird von der bindegewebigen Spinnwebenhaut (Arachnoidea spinalis) gebildet, die viele
Blutgefäße mit sich führt.
· Die innere Hülle ist die weiche Hirnhaut (pia mater spinalis), die dem Rückenmark direkt aufliegt.
Die Schnittfläche des Rückenmarks zeigt eine typische Struktur.
Zentral liegt die graue Substanz (substantia grisea), die im Schnittbild wie ein Schmetterling aussieht, aus vielen
Nervenzellen aufgebaut ist und das Rückenmark in seiner gesamten Länge durchzieht.
Die graue Substanz wird von der weißen Substanz (substantia alba) ummantelt, die hauptsächlich lange
Nervenfasern enthält.
• Rückenmark
· Graue Substanz, substantia grisea
· Weiße Substanz, substantia alba
· Sensorische, hintere Nervenwurzel
· Spinalnerv
· Motorische, vordere Nervenwurzel
Das Rückenmark gibt im Verlauf insgesamt 31 Paare von Nervenwurzeln auf beiden Seiten ab. Die hintere
Nervenwurzel (radix dorsalis) und die vordere Nervenwurzel (radix ventralis) vereinen sich zu einem
Spinalnerven, der dann zwischen den Wirbeln durch das Zwischenwirbelloch austritt.
Die hintere Wurzel des Spinalnerven ist eine sensible, sensorische Nervenwurzel, die Empfindungen des
Körpers aufnimmt und zum Gehirn leitet, die vordere Nervenwurzel leitet
Impulse („Ausführungsbefehle“) an die Organe oder Gewebe (zum Beispiel: Muskeln), an denen etwas
ausgeführt werden muss.
Die „auf- oder wahrnehmende“ Funktion des Nerven wird afferent, die „ausführende“ Funktion efferent genannt.
Die verschiedenen Grundfunktionen eines Nerven werden vereinfacht im unten stehenden Beispiel erläutert.
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Spinales Segment, Spinalkanal, Spinalnerven und Rückenmark
· Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 05
Die Haut (4) empfindet Kälte und meldet dies über die sensorischen, afferenten Nervenbahnen (6) der hinteren
Nervenwurzel (2) dem Zentralnervensystem (Gehirn, Rückenmark) (1). Das Zentralnervensystem veranlasst
nun, dass über die motorischen, efferenten Leitungsbahnen (7) der vorderen Spinalnervenwurzel (3) der Muskel
(5) über den Spinalnerven (8) Impulse erhält, sich oft zusammenzieht und über dieses „Kältezittern“ Wärme
erzeugt wird.
• Vereinfachtes Beispiel der unterschiedlichen Leitungsqualitäten eines Nervs
· Rückenmark (1)
· hintere Nervenwurzel (2)
· vordere Nervenwurzel (3)
· Haut (4)
· Spinalnerv (8)
· sensorische, afferente Nervenfasern (6)
· Muskel (5)
· efferente, motorische Nervenfasern (7)
Das Rückenmark gibt im gesamten Verlauf 31 Paare von Spinalnerven ab, wodurch sich 31 Spinalsegmente
ergeben. Jedes spinale Segment hat ein genau zugeordnetes Gebiet, für das die Informationsübertragung
übernommen wird.
• Sicht auf einen Abschnitt der Brustwirbelsäule mit zwei Rückenmarksegmenten von schräg vorne.
Die aus dem Rückenmark austretenden Spinalnerven ziehen durch die Zwischenwirbellöcher zu ihren
Versorgungsgebieten.
· Rückenmark
· Spinalnerv
· Wirbelgelenk
· Wirbelkörper
· Bandscheibe
· Grenzstrang (truncus sympathicus)
Die Zuordnung in die Rückenmarksegmente bezieht sich immer auf den Bereich, wo die Spinalnerven
durch das Zwischenwirbelloch zweier benachbarter Wirbel das Rückenmark verlassen und zu ihrem
Versorgungsgebiet ziehen.
Bis zum Thorakalsegment Th1 werden die Segmente nach dem darunter liegenden Wirbel, ab Th1 wird das
entsprechende spinale Segment nach dem darüber liegenden Wirbel genannt.
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Spinales Segment, Spinalkanal, Spinalnerven und Rückenmark
Spinales Segment, Spinalkanal, Spinalnerven und Rückenmark
Die Rückenmarksegmente werden unterteilt in:
Entsprechende
Rückenmarksegmente
Höhe des Segments in Projektion
auf die Wirbelsäule
Zervikalmark (1)
C1-C8
C1-C7
Thorakalmark (2)
Th1-Th12
Th1-Th 9
Lumbalmark (3)
L1-L5
Th 10-Th12
Kreuz-Steißbeinmark (4,5)
S1-S5 und Co1
L1-L2
• Rückenmarksegmente, seitlich gesehen
· Zervikalmark (1)
· Thorakalmark (2)
· Lumbalmark (3)
· Kreuz-Steißbeinmark (4,5)
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B 05
· Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
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B 05
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Spinales Segment, Spinalkanal, Spinalnerven und Rückenmark
• Rückenmark und Spinalnervenabgänge, von vorn gesehen.
· Cauda equina
· Filum terminale
Die jeweiligen Rückenmarksegmente innervieren über die sensiblen Fasern der hinteren Wurzel der
Spinalnerven bestimmte Hautareale, diese Hautbezirke werden Dermatome genannt. In diese Dermatome
strahlen aber auch Nervenfasern benachbarter Rückenmarksegmente ein, so dass die Zuordnung auf eine
isolierte Nervenwurzel nicht immer ganz eindeutig ist.
Der erste Spinalnerv C1 besitzt kein Dermatom, so dass man, entsprechend der Anzahl der Spinalnerven,
insgesamt 30 Dermatome an der menschlichen Haut finden kann.
Bei Druck auf eine dieser Nervenwurzeln, zum Beispiel bei einem Bandscheibenvorfall,
können sich Ausfallserscheinungen in dem entsprechenden Hautsegment zeigen. Man spricht dann von einer
radikulären (von der Nervenwurzel ausgehenden) Symptomatik.
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B 05
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Spinales Segment, Spinalkanal, Spinalnerven und Rückenmark
• Die Verteilung der Dermatome
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B 06
Die arterielle Versorgung der Wirbel der Hals- und Brustwirbelsäule erfolgt aus Ästen der arteria subclavia, die
Versorgung der Lendenwirbelsäule, des Kreuz- und Steißbeins erfolgt aus Ästen der aorta abdominalis und der
ateria iliaca interna.
Der venöse Abfluss der Hals- und Brustwirbelsäule erfolgt, nachdem das venöse Blut in den inneren und
äußeren Venenplexus gesammelt wurde, über die vena azygos, vena hemiazygos und die vena hemiazygos
accessoria in die obere Hohlvene (vena cava superior).
Das venöse Blut der Lendenwirbelsäule, des Kreuz- und Steißbeins gelangt über die inneren und äußeren
Venenplexus in die venae lumbales, von dort in die untere Hohlvene (vena cava inferior).
• Arterielle Blutversorgung der Wirbelsäule, vereinfacht dargestellt
· Arteria vertebralis
· Arteria spinalis anterior
· Rami spinales
· Arteria cervicalis ascendens
· Arteria subclavia
· Arcus aortae
· Truncus brachiocephalicus
· Aorta
· Arteria intercostalis
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Blutversorgung der Wirbelsäule und des Rückenmarks
· Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 06
Das Rückenmark wird hauptsächlich von der vorderen (1) und hinteren (2) Spinalschlagader (arteria spinalis
anterior und posterior), sowie von der arteria spinalis mediolateralis (3) versorgt.
Im Halsbereich entspringen die Spinalarterien aus der arteria vertebralis (Wirbelschlagader), die von der arteria
subclavia (Schlüsselbeinarterie) wegzieht.
Im Brustkorbbereich haben die Spinalarterien Zuflüsse aus den Rippenschlagadern (arteriae intercostales), im
Lendenbereich aus den arteriae lumbales.
• Blutversorgung des Rückenmarks
· Arteria spinalis posterior (2)
· Arteria spinalis anterior (1)
· Arteria spinalis mediolateralis (3)
· Arteria radicularis anterior
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Blutversorgung der Wirbelsäule und des Rückenmarks
B 07
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Die Rückenmarkmuskulatur · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
Die Rückenmuskulatur teilt sich in die oberflächliche Schicht, die hauptsächlich zur muskulären Unterstützung
der Atmung (z.B.: musculus serratus posterior) oder der Beweglichkeit der Schulter-Armregion (z.B.: musculus
latissimus dorsi) (1), musculus trapezius (2) und musculus rhomboideus (3) dienen.
• Ausschnitt der oberflächlichen Rückenmuskulatur
· Musculus trapezius (2)
· Musculus rhomboideus (3)
· Musculus latissimus dorsi (1)
Die tieferen Schichten der Rückenmuskulatur werden als echte oder autochthone Rückenmuskeln bezeichnet,
die in einem komplizierten Verbund von Muskelgruppen unter anderem auch Dorn- und Querfortsätze der
Wirbel miteinander verbinden.
Das Zusammenspiel sämtlicher Muskelgruppen ermöglicht dann, den Rücken zu strecken, beugen, drehen oder
seitwärts zu neigen.
Ein wichtiger Vertreter ist der musculus erector spinae (4), der Rückenstrecker, der sich aus mehreren
Einzelmuskeln zusammensetzt und vom Becken bis zum Kopf erstreckt.
In der Tiefe des Muskelaufbaus des Rückens lassen sich weitere Muskelsysteme unterscheiden:
· Muskeln des spinalen Systems, die an den Dornfortsätzen der Wirbel ihren Ursprung und Ansatzpunkt haben,
wie zum Beispiel der musculus spinalis (6)
· Muskeln des transversospinalen Systems, die von den Querfortsätzen zu den Dornfortsätzen der Wirbel
verlaufen. Typische Muskeln dieser Gruppe sind die musculi rotatores thoracis (8), die musculi multifidi (7) und
die
· Muskeln des intertransversalen Systems, welche die Querfortsätze der Wirbel untereinander verbinden
(z.B.: musculi intertransversarii (9)).
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B 07
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Die Rückenmarkmuskulatur · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
• Teile der tiefen, autochthonen Rückenmuskulatur
· musculus erector spinae (4)
• Teile der tiefen, autochthonen Rückenmuskulatur
· musculi semispinales (5)
· musculi rotatores thoracis (8)
· musculus spinalis (6)
· musculi intertransversarii (9)
· musculi multifidi (7)
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B 08
Die Wirbelsäule als unser zentrales Achsenorgan stellt sich in der seitlichen Ansicht als eine doppelt S-förmige
Säule dar, die sowohl dynamische als auch statische Aufgaben erfüllen muss. Sie gibt dem Körper eine stabile
und bewegliche Stütze, die das Gewicht von Kopf, Rumpf und oberen Extremitäten trägt und das Rückenmark
(medulla spinalis) und die Wurzeln der austretenden Rückenmarksnerven (nervi spinales) schützt.
Durch verschiedene knöcherne Fortsätze an den Wirbelkörpern bietet die Wirbelsäule Ansatzpunkte für die dort
ansetzende Rückenmuskulatur.
Wirbelsäulenabschnitte
Die Wirbelsäule ist aufgebaut aus
7 Halswirbeln (vertebrae cervicales)
12 Brustwirbeln (vertebrae thoracicae)
5 Lendenwirbeln (vertebrae lumbales)
5 Kreuzbeinwirbeln (vertebrae sacrales), die zum Kreuzbein (os sacrum) verschmelzen
4-5 Steißbeinwirbeln (vertebrae coccygeae), die zum Steißbein (os coccygeum) verschmelzen
• Wirbelsäule seitlich (sagittal) und von hinten (dorsal)
· Halswirbelsäule (C1-C7)
· Brustwirbelsäule (Th1-Th12)
· Lendenwirbelsäule (L1-L5)
· Kreuzbein (S1-S5)
· Steißbein (C1-5)
Die Wirbelsäule zeigt in ihrem seitlichen Verlauf typische Krümmungen auf.
Die im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich vorhandene Krümmung nach vorne wird Lordose, die Krümmung im
Bereich der Brustwirbelsäule nach hinten Kyphose genannt.
• Wirbelsäule seitlich (sagittales Profil)
· Lordose der Halswirbelsäule
· Kyphose der Brustwirbelsäule
· Lordose der Lendenwirbelsäule
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Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 08
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Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
Halswirbelsäule
Die Halswirbelsäule besteht aus 7 Wirbeln (C1-C7) und zeigt als beweglichstes Segment der Wirbelsäule
Besonderheiten auf, die schnelle Bewegungen in allen Ebenen ermöglicht.
• Halswirbelsäule, Lokalisation
• Halswirbelsäule von hinten
· Dens axis
· Atlas (C1)
· Axis (C2)
· 3. Halswirbel (C3)
· 7. Halswirbel (C7)
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Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
• Halswirbelsäule seitlich
· Atlas (C1)
· Axis (C2)
· 7. Halswirbel (C7)
· 1. Brustwirbel (Th1)
Der erste und zweite Halswirbel, Atlas (C1) und Axis (C2), heben sich im Gegensatz zu den anderen Wirbeln
durch ihre Form deutlich ab, um die Befestigung und Beweglichkeit des Kopfes zu gewährleisten.
Der ringförmige Atlas (C1) ist der Träger des Kopfes und besteht aus den beiden Seitenstücken, massae
laterales, die durch den vorderen und hinteren Bogen verbunden sind. Über Gelenkflächen (fovea articularis
superior) ist der Atlas mit dem Hinterhauptbein des Schädels verbunden, wodurch das obere Kopfgelenk
gebildet wird, das eine Vorwärts- und Rückwärtsneigung, sowie eine geringe Seitwärtsneigung des Kopfes
ermöglicht.
• Atlas (C1) und Axis (C2), von hinten
· Atlas (C1) mit fovea articularis superior
· vorderer Bogen (arcus anterior)
· massa lateralis
· Hinterer Bogen (arcus posterior)
· Axis (C2)
· Dens axis
• Atlas (C1) ,von oben
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B 08
• Axis (C2), von oben
Der 2. Halswirbel (axis) schafft durch den besonderen Aufbau seines Wirbelkörpers und seinen zapfenförmigen
Fortsatz, dens axis, der in eine Lücke des 1. Halswirbels hineinragt, den Übergang zum 1. Halswirbel und der
unteren Halswirbelsäule.
Der Dens axis wird durch ein straffes Band in seiner Position gehalten, damit er das Rückenmark nicht schädigt.
Atlas und Axis ermöglichen durch die 4 atlantoaxialen Gelenke die Drehbewegungen des Kopfes, wobei sich
der Atlas exzentrisch um den Zapfen des Axis dreht.
Atlas, Axis und Hinterhauptbein des Kopfes sind durch einen komplexen Bandapparat verbunden, der im
Zusammenspiel mit dem oberen Kopfgelenk, den atlantoaxialen Gelenken und der Muskulatur die große
Beweglichkeit des Kopfes ermöglicht.
Die Halswirbel haben ein großes Wirbelloch zur Aufnahme des Rückenmarks und sind im Gegensatz zu Brustund Lendenwirbeln kleiner ausgebildet.
• Halswirbel, von oben
· Dornfortsatz (processus spinosus)
· Wirbelbogen (arcus vertebrae)
· Wirbelgelenkfläche
· Wirbelloch (foramen vertebrale)
· Foramen transversale
· Wirbelkörper (corpus vertebrae)
Die Halswirbel haben als weitere Besonderheit Öffnungen in den Querfortsätzen (foramina transversaria),
durch die die aus der Schlüsselbeinarterie (arteria subclavia) entspringenden Wirbelarterien (arteria vertebralis)
beidseits der Halswirbelsäule verlaufen und das Gehirn mit Blut versorgen.
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Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 08
• Verlauf der arteria vertebralis im Bereich der Halswirbelsäule, seitlich
· 1. Halswirbel (atlas, C1)
· Foramen transversum
· Arteria vertebralis
· Arteria carotis communis
· 7. Halswirbel (C7)
· Arteria subclavia
· Schlüsselbein (clavicula), teilentfernt
· 1. Brustwirbel (Th 1)
Brustwirbelsäule
Die Brustwirbelsäule besteht aus 12 Wirbeln (Th1-Th12) und zeigt einen nach hinten gebogenen Verlauf, die so
genannte Brustkyphose.
• Brustwirbelsäule, Lokalisation
• Brustwirbelsäule seitlich
· 1. Brustwirbel (Th1)
· 12. Brustwirbel (Th12)
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Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 08
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Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
• Brustwirbel seitlich
· oberer Wirbelgelenkfortsatz
· Querfortsatz mit fovea costalis transversalis
· oberer Rippenansatz
· Wirbelbogen
· Wirbelkörper
· unterer Wirbelgelenkfortsatz
· Incisura vertebralis inferior
· Dornfortsatz
• Brustwirbel mir Rippen, von oben
· Wirbelkörper
· Ligamentum costotransversarium
· Rippen
· Querfortsatz
· Wirbelbogen
· Dornfortsatz
Die Brustwirbel sind größer als die Halswirbel, haben einen kräftigen Körper, der in der Seitansicht wie ein
flacher Keil, der vorn etwas niedriger als hinten ist, aussieht. Die kräftigen dreikantigen Dornfortsätze zeigen
nach unten und hinten. Das Wirbelloch ist rund und kleiner als bei den Halswirbeln. Als Besonderheit finden sich
an den Brustwirbeln die Verbindungsstellen zu den Rippen des Brustkorbs. An jedem Querfortsatz finden sich
3 Gelenkverbindungen (fovea costalis superior, inferior und fovea costalis transversalis) ,worüber die jeweilige
Rippe durch den Rippenhöcker und Rippenköpfchen mit dem Brustwirbel verbunden sind. Diese Gelenke
werden durch eine straffe Gelenkkapsel und durch Bänder geschützt und in ihrer Position gesichert.
Die 12 Brustwirbel, die 12 Rippenpaare und das Brustbein bilden den Brustkorb, der den inneren Organen
Schutz bietet.
• Brustkorb von hinten
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Lendenwirbelsäule
Die Lendenwirbelsäule besteht aus 5 Wirbeln (L1-L5). Die Lendenwirbelkörper sind die größten Wirbel, da die
Lendenwirbelsäule einen großen Anteil des Körpergewichts tragen muss. In der seitlichen Ansicht sind sie wie
die Brustwirbel leicht keilförmig ausgebildet, wobei aber der vordere Anteil höher ist.
Die Querfortsätze sind gegenüber den Brustwirbeln deutlich zurückgebildet, die Dornfortsätze sind kräftig und
horizontal angelegt. Das Wirbelloch ist dreieckig und kleiner als bei den Brustwirbeln. Der besondere Aufbau
der Lendenwirbelkörper ermöglicht eine große Beweglichkeit für die Streckung und Überstreckung des Rumpfes
in diesem Wirbelsäulenabschnitt.
• Lendenwirbelsäule, Lokalisation
• Lendenwirbel, von oben
· Dornfortsatz
· Wirbelbogen
· Wirbelgelenk
· Querfortsatz
· Wirbelloch
· Wirbelkörper
• Lendenwirbelsäule, seitlich
· 1. Lendenwirbel (L1)
· 5. Lendenwirbel (L5)
· 1. Kreuzbeinwirbel (S1)
• Lendenwirbelsäule, von hinten
· 1. Lendenwirbel (L1)
· 5. Lendenwirbel (L5)
· 1. Kreuzbeinwirbel (S1)
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Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 08
Kreuzbein/Steißbein
Das Kreuzbein (os sacrum) ist aus 5 Wirbeln (S1-S5) zu einer dreieckförmigen Platte verschmolzen, die dem 5.
Lendenwirbelkörper ein breite Auflage bietet, sich nach unten keilförmig verjüngt und beidseits 4 Austrittslöcher
(foramina sacralia) für den Durchtritt von Nerven und Gefäßen hat.
An den Seiten des Kreuzbeins finden sich Gelenkflächen (articulationes sacroiliacae), die das Kreuzbein mit
den Darmbeinen des Beckens verbinden. Diese Verbindung wird durch einen starken Bandapparat gesichert
und lässt nur eine geringe Beweglichkeit zu.
Das Steißbein (os coccygeum) ist aus 4-5 Wirbeln verschmolzen und bietet Ansatzpunkte für Bänder und
Muskulatur des Beckens.
Becken, untere Lendenwirbel und Kreuzbein sind hohen statischen Anforderungen ausgesetzt, weshalb sich
in diesem Bereich ein komplexes System von starken Bändern findet, die die verschiedenen knöchernen
Strukturen miteinander verbindet.
• Kreuzbein-Steißbein, seitlich
· 5. Lendenwirbel (L5)
· Sacroiliacale Gelenkfläche
· Kreuzbein (os sacrum, S1-S5)
· Steißbein (os coccygeum)
• Kreuzbein-Steißbein, von hinten
· 5. Lendenwirbel (L5)
· Kreuzbein (os sacrum, S1-S5)
· Steißbein (os coccygeum)
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Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 08
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Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
• Becken, untere Lendenwirbelsäule, Kreuz- und Steißbein von vorn
· 5. Lendenwirbel
· Darmbein (os ilium)
· Sacroiliacalgelenk
· Kreuzbein
· Steißbein
· Schambein (os pubis)
· Sitzbein (os ischii)
· Symphyse
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B 09
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Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
Formtypen der Wirbelsäule
Die menschliche Körperhaltung ist individuell sehr verschieden und kann als Gesamteindruck eines aufrecht
stehenden Menschen gesehen werden. Die Körperhaltung hängt primär von einer genetisch vorgegebenen
Grundstruktur der individuell ausgebildeten Wirbelsäule ab, die dann aber durch viele weitere Faktoren, wie
zum Beispiel der Ausbildung von Muskulatur und Knochen, dem Bandapparat, der Muskelspannung und auch
durch psychische Einflüsse, eine große Variationsbreite zeigen kann.
Die normale Haltungsform (A) der Wirbelsäule zeichnet sich in der seitlichen Ebene (Sagittalebene) durch
die regelrechte Ausbildung von zwei verschiedenen „Biegungsformen“ aus. Die Lordose ist eine Biegung der
Wirbelsäule in der seitlichen Ebene nach vorne (ventral), wobei die konvexe Biegung nach vorn, die konkave
Biegung nach hinten (dorsal) zeigt. Die Hals- und Lendenwirbelsäule zeigen physiologisch eine Lordose. Die
Brustwirbelsäule zeigt im sagittalen Profil eine Kyphose, die Biegung zeigt hierbei nach dorsal.
• Kyphose - Lordose
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B 09
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Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
• Haltungsformen und Beckenneigung
Der Hohlrundrücken (B) weist eine stärker ausgeprägte Biegung der Brustkyphose und der Lendenlordose auf,
wodurch das Becken nach vorne kippt, der Bauch vorgewölbt ist und der Brustkorb abgeflacht erscheint.
Der Rundrücken (C) zeigt eine starke Ausbildung der Brustkyphose, wobei sich die Biegung der
Brustwirbelsäule bis tief zur Lendenwirbelsäule ausdehnen kann.
Der Flachrücken oder Geradrücken (D) zeigt eine starke Abflachung der Kyphose- und Lordosebiegung.
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B 09
Das Bewegungssegment
Die Wirbelsäule muss verschiedene mechanische Funktionen übernehmen, die wichtigsten sind die Aufnahme,
Dämpfung und Weiterleitung von Druck- und Stoßbelastungen, sowie das Abfangen und Einschränken von
Bewegungen.
Die kleinste funktionelle Einheit der Wirbelsäule wird auch Bewegungssegment genannt.
Ein Bewegungssegment besteht aus zwei benachbarten Wirbeln, der dazwischen liegenden
Bandscheibe, den Wirbelgelenken und dem Bandapparat.
Die Bandscheibe ist mit den Grund- und Deckplatten der Wirbel und dem vorderen Längsband verwachsen und
gibt der Wirbelsäule dadurch Stabilität. Durch die Verformbarkeit des Gallertkerns im Inneren der Bandscheibe
sorgt sie für Elastizität und Beweglichkeitsspiel im Bewegungssegment. Die Bandscheibe und der Bandapparat
stehen in einem funktionellen Gleichgewicht, man spricht vom discoligamentären Gleichgewicht.
Die Wirbelgelenke sind bei diesem Modell der Drehpunkt zwischen den Wirbelkörpern als vorderer Säule und
der hinteren Säule mit Quer- und Dornfortsätzen, Bandapparat und tiefer Rückenmuskulatur.
Durch Alterung der Wirbelsäule kann es in diesem empfindlichen Gleichgewichtssystem der Wirbelsäule
zu weitreichenden Dysbalancen kommen, die dann eine Vielzahl von degenerativ bedingten
Wirbelsäulenerkrankungen nach sich ziehen können.
• Die kleinste Einheit der Wirbelsäule, das Bewegungssegment nach Junghanns
· Wirbelkörper
· Wirbelgelenk
· Bandscheibe
· Bandapparat
Biomechanik der Wirbelsäulensegmente
Die Wirbelsäule stellt als Gesamtheit ein System dar, das einwirkende verformende Kräfte elastisch auffängt.
In der Biomechanik versteht man unter Verformung die räumliche Veränderung von Körperstrukturen durch
einwirkende Kräfte. Elastizität ist definiert als die Fähigkeit, die entstandene Verformung eigenständig wieder
rückgängig zu machen. Die wesentlichen geometrischen Begriffe in der Beschreibung von Körperebenen und
Bewegungsrichtungen sind in der folgenden Abbildung dargestellt.
Man unterscheidet folgende Körperebenen und Richtungsbezeichnungen:
· Frontalebene, die den Menschen in einen gedachten vorderen und hinteren Anteil aufteilt
· Sagittalebene, die als eine Aufteilung in einen rechten und linken Teil zu sehen ist
· Transversalebene, die eine Aufteilung in einen oberen und unteren Teil ermöglicht, sie wird häufig auch als
Horizontalebene bezeichnet.
· Lateral:
seitlich (rechts, links)
· Ventral:
vorn, bauchwärts
· Dorsal:
hinten, rückenwärts
· Kranial:
oben, kopfwärts
· Caudal:
unten, fußwärts
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Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
B 09
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Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
• Begriffe aus der Körpergeometrie
In einem Bewegungssegment sind im dreidimensionalen Raum 12 Bewegungsrichtungen in den Körperebenen
möglich, die möglichen Bewegungen sind:
· Zug und Kompression
· Seitlicher Schub nach rechts und links
· Sagittaler Schub nach vorne und hinten
· Beugung (Flexion) und Streckung (Extension)
· Torsion (Drehung) nach rechts und links
· Seitneigung nach rechts und links
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Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
In diesem Modell erfolgen Beugung und Streckung der Bewegungssegmente über die X-Achse, die
Seitwärtsneigung über die Z-Achse und die Seitwärtsdrehung über die Y-Achse.
• Kräfte und Bewegungen des Bewegungssegments im dreidimensionalen Raum nach White et.al. 1990
Belastbarkeit, Elastizität, Flexibilität und die freie Beweglichkeit der Wirbelsäulensegmente hängen von der
Unversehrtheit der Bewegungssegmente mit Wirbelkörper, Bandscheibe, Wirbelgelenken, Bandapparat und
tiefer, autochthoner Rückenmuskulatur ab.
Die Rückenmuskulatur erfüllt in diesem komplexen Zusammenspiel einzelner Elemente eine aktive Rolle im
so genannten „tension band“ System im Sinne einer Zuggurtung, die den menschlichen aufrechten Gang
ermöglicht.
Wird diese komplexe Harmonie im Zusammenspiel der einzelnen Bestandteile zum Beispiel durch den
Verschleiß im Alterungsprozess der Wirbelsäule gestört, kommt es zu weitreichenden Veränderungen im
Bewegungssegment, wodurch eine Vielzahl von degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen verursacht werden
können.
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B 09
Halswirbelsäule
Die Halswirbelsäule ermöglicht durch ihren speziellen Aufbau ein großes Beweglichkeitsspiel für den Kopf.
Biomechanisch gesehen kann man die Halswirbelsäule in drei Abschnitte unterteilen.
· Die obere Halswirbelsäule (C0-C2) mit dem oberen (C0-C1) und unteren (C1-C2) Kopfgelenk
(Atlantooccipitalgelenk und Atlantoaxialgelenk), die mit dem Hinterhauptbein des Schädels verbunden sind.
· Die mittlere Halswirbelsäule C2-C5
· Die untere Halswirbelsäule C5-Th1
Das obere Kopfgelenk ist hauptsächlich für Beugung und Streckung, das untere Kopfgelenk vornehmlich für
Rotationsbewegungen (Drehung) zuständig. Das Halswirbelsäulensegment C2/C3 übernimmt einen großen
Anteil der Seitwärtsbewegung.
Brustwirbelsäule
Die Brustwirbelsäule ist der Abschnitt mit der geringsten Beweglichkeit in der frontalen und sagittalen Ebene, da
die Rippen des Brustkorbs fest über Gelenkverbindungen mit den Brustwirbeln und dem Brustbein verbunden
sind.
Lendenwirbelsäule
Die Lendenwirbelsäule zeigt als Gesamtheit ihr größtes Beweglichkeitsausmaß mit 60°-70° bei Beugung
und bis zu 30° bei Streckung, die Seitwärtsneigung nach rechts und links ist bis 30° möglich. Die Rotation im
einzelnen Bewegungssegment der Lendenwirbelsäule liegt nur bei 2°.
Die untere Lendenwirbelsäule und hier besonders der Übergang zum Kreuzbein (lumbosacraler
Übergang) ist ein Schwachpunkt der Wirbelsäulenstatik, da der 5. Lendenwirbel bei einer Veränderung des
Lumbosacralwinkels eine Tendenz zeigt, nach vorne zu gleiten. Die gesunde Lendenwirbelsäule kann die
einwirkenden Scher-, Torsions- und Kompressionskräfte über das intakte Zusammenspiel der Komponenten des
Bewegungssegments auffangen. Da die Lendenwirbelsäule einer hohen statischen Belastung ausgesetzt ist, ist
sie für die Entstehung von degenerativ bedingten Erkrankungen besonders anfällig.
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Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie
C 01
Eine ausführliche Erhebung der Krankengeschichte, der Anamnese und die intensive körperliche Untersuchung
des Patienten sind für den Arzt wesentliche Bausteine der Diagnosefindung, auf deren Grundlage er eine
Verdachtsdiagnose stellen kann, die dann mit eventuell zusätzlich erforderlichen gezielten apparativen
Untersuchungen untermauert werden kann.
Bei der Erhebung der Krankengeschichte stellt der Arzt gezielte Fragen, um sich ein umfassendes Bild über den
aktuellen Zustand des Patienten zu machen.
Erfragt werden:
Bestehen Schmerzen?
Schmerzintensität: Wie stark sind die Schmerzen?
Schmerzlokalisation: Wo treten sie auf?
Schmerzausstrahlung: in welche Richtung ziehen die Schmerzen (Arme, Beine)?
Schmerzdauer: Seit wann, wie häufig, wie lange?
Schmerzqualität: Stechend, brennend, bohrend, dumpf, usw.?
Provokation einer Schmerzverstärkung: Bei Husten, Pressen oder Niesen?
Bestehen Missempfindungen/Sensibilitätsstörungen der Haut?
Wo treten sie auf?
Wie stark?
Seit wann?
Liegt eine Abschwächung der Empfindungsfähigkeit vor?
Zunahme oder Abnahme der Missempfindung?
Kribbeln? „Ameisenlaufen“?
Bestehen Auffälligkeiten der Muskulatur und des Bewegungsapparats?
Wo treten sie auf? Wie stark und seit wann?
Zunahme oder Abnahme der Auffälligkeit?
Schwäche in den Armen oder Beinen?
Verminderung der Kraftentwicklung?
Bewegungseinschränkungen?
Blockierungen, Steifigkeit?
Gangunsicherheit?
Bestehen Störungen der Darm-, Blasen oder Sexualfunktion?
Werden Medikamente oder Genussmittel (Alkohol, Nikotin, Drogen) eingenommen?
Bestehen Erkrankungen der Organsysteme?
Herz-Kreislauf
Bluthochdruck?
Gefäßverkalkung?
Schlaganfall?
Herzinfarkt?
Rhythmusstörungen?
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Anamnese · Diagnostik
C 01
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Anamnese · Diagnostik
Krampfadern?
Thrombose?
Stoffwechselerkrankungen
Fettstoffwechselstörung?
Diabetes?
Schilddrüsenerkrankung?
Gicht?
Magen Darm Trakt
Magengeschwüre?
Zwölffingerdarmgeschwüre?
Aufstoßen/Sodbrennen?
Verdauungsstörungen
Niere/ableitende Harnwege
Nieren/Blasenentzündungen?
Nierensteine?
Blutiger Urin?
Lunge
Asthma?
Emphysem?
Kurzatmigkeit?
Rasche Erschöpfung?
Gynäkologischer Status?
Operationen?
Allergien?
Bestehen Auffälligkeiten in der Familien- oder Sozialanamnese?
Familienanamnese
Bestehen schwerwiegende Erkrankungen bei Angehörigen?
Gibt es vererbbare Erkrankungen?
Gibt es Erkrankungen mit familiärer Häufung?
Sozialanamnese
Schul- und Berufsausbildung?
Aktuelle Berufstätigkeit?
Versorgungssituation?
Familiäre Situation?
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C 02
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Klinische Untersuchung · Diagnostik
Inspektion/Palpation
Nach der Anamneseerhebung erfolgt die Inspektion (Betrachten) und die manuelle Untersuchung (Palpation)
des Patienten. Dabei werden folgende Punkte geprüft:
Inspektion
Von vorne
Beckenschiefstand?
Beinachse korrekt?
Form des Brustkorbs?
Haltung von Kopf und Nacken?
Von hinten
Lotabweichung der Wirbelsäule?
Verlauf der Dornfortsätze?
Muskelrelief?
Form des Brustkorbs?
Schulterhöhe seitengleich?
Beckengeradstand?
Taillendreiecke symmetrisch?
Michaelisraute symmetrisch?
Rumpfüberhang?
Lendenwulst beim Vorwärtsbeugen?
Rippenbuckel beim Vorwärtsbeugen?
Von der Seite
Haltung von Kopf und Nacken?
Regelrechte Beckenkippung?
Seitliche Form der Wirbelsäule:
· Rundrücken?
· Hohlkreuz?
· Hohlrundrücken?
· Kyphose?
· Flachrücken?
Sichtbare Stufenbildung zwischen zwei Dornfortsätzen?
Palpation
Schmerz auslösbar?
Klopf- oder Stauchungsschmerz der Wirbelsäule auslösbar?
Druckschmerzhafte Muskulatur?
Dorn- und Querfortsätze schmerzhaft?
Iliosacralgelenke schmerzhaft?
Ischiasdruckpunkte (Valleixpunkte) schmerzhaft?
Stufe in der Dornfortssatzreihe tastbar?
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C 02
Funktions-und Bewegungsprüfungen
· Messung der Wirbelsäulenbeweglichkeit nach der Neutral-Null-Methode, bei der die Beweglichkeitsmaße nach
einem standardisierten Verfahren für Vorneigen (Flexion), Rückneigung (Extension), Rotation (Drehung) und
Seitneigung gemessen werden.
· Finger-Boden Abstand: Aussage über die Beweglichkeit der Wirbelsäule beim Vorneigen, gemessen wird der
Abstand der Fingerspitzen vom Boden beim Vorbeugen mit gestreckten Knien und Armen.
• Finger-Boden Abstand
· Schober Zeichen:
Messung für die Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule
Im Stehen wird von L5 die Wirbelsäule 10 cm nach oben markiert. Bei maximaler Rumpfbeugung verlängert
sich die Strecke um ca. 5 cm.
· Ott-Zeichen:
Messung für die Entfaltbarkeit der Brustwirbelsäule
Von C7 wird die Wirbelsäule 30 cm nach unten markiert. Bei maximaler Beugung des Rumpfes verlängert sich
die Strecke um ca. 3-4 cm.
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Klinische Untersuchung · Diagnostik
C 02
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Klinische Untersuchung · Diagnostik
• Zeichen nach Schober und Ott
· Psoas-Zeichen: Hinweis auf Erkrankungen der Lendenwirbelsäule oder der Iliosacralgelenke
· 3 Stufen Hyperextensionstest, wird in Bauchlage durchgeführt und gibt dem Untersucher Rückschlüsse, ob es
sich um eine Erkrankung des Hüftgelenks, der Iliosacralgelenke oder des lumbosacralen Übergangs handelt.
• 3 Stufen Hyperextensionstest
· Überprüfung des Hüftgelenks
· Überprüfung des Iliosakralgelenks (Menell Zeichen)
· Überprüfung des lumbosakralen Übergangs
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C 02
Überprüfung der Iliosacralgelenke durch:
· Überprüfung des Dehnungsschmerzes der Bänder (ligamentum iliolumbale, lig. sacrospinale und
lig. sacrotuberale
· Spine Test
Bei nicht blockiertem Iliosacralgelenk sinkt die spina iliaca posterior superior beim Anheben des
gleichseitigen Beines mit gebeugtem Knie ca. 1-2 cm nach unten.
· Menell Zeichen
In Bauchlage wird das Kreuzbein fixiert und das gestreckte Bein angehoben und in eine Hüftüberstreckung
gebracht. Liegt eine Blockierung des Iliosacralgelenks vor, werden dadurch Schmerzen ausgelöst.
· Vorlaufphänomen
Die Darmbeinstacheln (spina iliaca posterior superior) werden im Stehen getastet. Man vergleicht
diese Position der Darmbeinstacheln im Stehen mit der Position nach einer Beugung des Oberkörpers.
Von einem positiven Vorlaufphänomen spricht man, wenn durch ein blockiertes Iliosakralgelenk der
Darmbeinstachel der blockierten Seite mit dem Kreuzbein nach oben gezogen wird.
• Ausgangsposition im Stehen
· Dornfortsätze der Lendenwirbelsäule
· Beckenkamm (crista iliaca)
· Darmbeinstachel (spina iliaca posterior superior)
• Position mit gebeugtem Oberkörper (Positives Vorlaufphänomen links)
· Links höher stehender Darmbeinstachel
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Klinische Untersuchung · Diagnostik
C 03
Die Untersuchung der Nerven hat in der Wirbelsäulenorthopädie eine wesentliche Bedeutung, da durch
die orientierende neurologische Untersuchung geklärt werden kann, ob neurologische Auffälligkeiten, wie
motorische oder sensible Ausfälle, Lähmungen oder eine Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion vorliegen.
Bei akut aufgetretenen neurologischen Ausfällen muss die weitere Abklärung rasch durchgeführt werden.
Untersucht werden:
· Muskeleigenreflexe, mit denen die Funktionsfähigkeit des 2. Motoneurons in den jeweiligen
Wirbelsäulenabschnitten überprüft wird. Der Reflex wird durch eine passive Dehnung der Muskulatur
ausgelöst, zum Beispiel durch den Schlag mit dem Reflexhammer auf die Kniescheibensehne
· Fremdreflexe sind Reflexe, die ihren Effekt an einer anderen Stelle, nicht am Auslösungsort, hervorrufen. Beim
Bauchdeckenreflex wird durch Streichen der Bauchhaut eine Kontraktur der Bauchmuskulatur ausgelöst.
· Pathologische Reflexe sind Zeichen einer Schädigung der Pyramidenbahn und können beim Gesunden nicht
ausgelöst werden.
· Überprüfung der Ischiasdehnungszeichen:
· Lasègue: Das gestreckte Bein wird passiv angehoben und der Winkel angegeben, bei dem ein plötzlicher
heftiger Schmerz in Rücken und Bein auftritt. Ein Lasègue-Zeichen über 60° spricht eher für einen
Beckenkippschmerz bei degenerativen Veränderungen am lumbosakralen Übergang als für eine
Nervenwurzelaffektion.
· Bragard: Das Bein wird unter die Schmerzgrenze des Lasègue-Zeichens gesenkt und der Fuß passiv
dorsal flektiert, es sollte derselbe Schmerz auftreten wie bei der Prüfung nach Lasègue.
· Turyn: Es wird verfahren wie bei der Prüfung nach Bragard, aber die Großzehe dorsal flektiert.
· Gekreuzter Lasègue: Beim Heben des Beines auf der gesunden Seite entsteht auf der kranken Seite ein
Schmerz wie bei der Prüfung nach Lasègue, der gekreuzte Lasègue ist beweisend für eine
Nervenwurzelbeeinträchtigung.
· Bonnet: Ischiasschmerz bei Adduktion und Innenrotation des im Knie gebeugten Beines, auch das
Lasègue-Zeichen wird früher positiv, wenn das Bein in leichte Adduktion und Innenrotation überführt wird
· Valleixsche Druckpunkte: druckempfindliche Punkte im Verlauf des N. ischiadicus über LWK4 oder 5,
dem Kreuzbein-Darmbeingelenk, direkt unterhalb der Gesäßfalte, in der Kniekehle und hinter dem
Außenknöchel
· Sensibilitätsprüfung
Die Hautareale, die durch bestimmte Spinalnerven versorgt werden, nennt man Dermatome. Wenn
Gefühlsstörungen in einem dieser Dermatome auftreten, kann man durch die Zuordnung der Dermatome zu
bestimmten Spinalnerven Rückschlüsse auf die Höhe des betroffenen Wirbelsegments ziehen.
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Neurologisch klinische Untersuchung · Neurologische Untersuchung · Diagnostik
C 03
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Neurologisch klinische Untersuchung · Neurologische Untersuchung · Diagnostik
• Dermatome in vereinfachter Darstellung
· Prüfung der groben Kraft der Muskelgruppen
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C 04
Elektromyographie
Die Elektromyographie (EMG) ist ein Verfahren, mit dem Aktionspotenziale im Muskelgewebe durch elektrische
Stimulation gemessen werden können. Man kann die Ruheaktivität und die Aktivität des verschieden stark
kontrahierten Muskels messen und erhält so Hinweise auf eventuell bestehende Erkrankungen der Nervenoder Muskelzellen.
Elektroneurographie
Mit diesem Verfahren wird die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen, die bei einem gesunden Nerven bei
ca. 60 m/sec. liegt. Bei einem erkrankten Nerven kommt es zur Verlangsamung der Nervenleitgeschwindigkeit.
Evozierte Potentiale
Die Hirnrinde wird mit Magnetfeldern schmerzfrei stimuliert, über Elektroden kann aufgezeichnet werden, ob und
wie ein Muskel auf die Stimulation reagiert. Durch dieses Verfahren kann man die Nervenleitgeschwindigkeit
des Rückenmarks messen.
Intraoperatives Monitoring
Während einer Wirbelsäulenoperation ist die Überwachung der Funktionsfähigkeit des Rückenmarks sehr
wichtig. Durch das Verfahren der evozierten Potentiale kann die Nervenleitgeschwindigkeit der auf- und
absteigenden Rückenmarksbahnen überwacht werden,
wodurch das Risiko, während einer Operation das Rückenmark zu schädigen, deutlich verringert wird.
Doppler-Ultrasonographie
Mit dieser Untersuchung können Blutgefäße (Arterien und Venen) dargestellt werden, was besonders bei
Operationen an der Halswirbelsäule von Bedeutung ist.
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Neurophysiologische Untersuchungen · Neurologische Untersuchung · Diagnostik
C 05
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Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik
Was bedeutet konventionelles Röntgen?
Die konventionelle Röntgendiagnostik ist auch heute noch eine Basisuntersuchung in der Diagnostik des
Knochens und des Brustkorbs. Hierbei werden Bilder z.B. von der Wirbelsäule durch Röntgenstrahlen
erzeugt, die auf einem Röntgenfilm abgebildet werden und nach Belichtung den dargestellten Abschnitt
als Projektionsaufnahme zeigen. Das analoge konventionelle Röntgenverfahren mit dem Röntgenfilm als
Aufnahmesystem wird zunehmend von den digitalen Verfahren abgelöst, bei denen das Aufnahmesystem aus
einem Detektor mit einem Analog-Digital Wandler besteht.
• Magnetresonanztomografie (Kernspin, MRT)
• Computertomografie (CT)
• Konventionelles Röntgen
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C 05
Konventionelles Röntgen
Was bedeutet konventionelles Röntgen?
Die konventionelle Röntgendiagnostik ist auch heute noch eine Basisuntersuchung in der Diagnostik des
Knochens und des Brustkorbs. Hierbei werden Bilder z.B. von der Wirbelsäule durch Röntgenstrahlen
erzeugt, die auf einem Röntgenfilm abgebildet werden und nach Belichtung den dargestellten Abschnitt
als Projektionsaufnahme zeigen. Das analoge konventionelle Röntgenverfahren mit dem Röntgenfilm als
Aufnahmesystem wird zunehmend von den digitalen Verfahren abgelöst, bei denen das Aufnahmesystem aus
einem Detektor mit einem Analog-Digital Wandler besteht.
Welche Aufnahmetechniken gibt es?
Zur Beurteilung der Wirbelsäule können folgende Aufnahmetechniken die Diagnosestellung
erleichtern:
· Wirbelsäulenaufnahme in 2 Ebenen, a.p. und seitlich
· Schrägaufnahmem zur Beurteilung der Neuroforamina, der Facettengelenke und der Interartikularportion bei
Spondylolyse
· Wirbelsäulenganzaufnahmen im Stehen in 2 Ebenen zur Darstellung und Ausmessung von
Wirbelsäulendeformitäten
· Wirbelsäulenganzaufnahmen a.p. in Extension (Cotrel oder Haloextensionsgerät) zur Beurteilung der
Aufrichtbarkeit der bestehenden Seitabweichung bei Skoliose
· Bending Test zur Beurteilung, ob Seitabweichungen der Wirbelsäule spontan zu korrigieren oder bereits fixiert
sind.
· Röntgen in der Wahlebene nach Stagnara, plan d‘élection, eine Schrägaufnahme der Wirbelsäule zur
besseren Beurteilung von Kyphoskoliosen
· Röntgen a.p. der Darmbeinaponeurosen nach Risser
Die Bestimmung des Skelettalters ist für die Beurteilung des weiteren Fortschreitens einer bestehenden
Wirbelsäulendeformität von Bedeutung. Die Beckenkämme werden dargestellt, je nach Ausprägung der
Verknöcherung der Beckenkammapophysen kann auf das weitere Skelettwachstum zurückgeschlossen
werden.
Beurteilung des Skelettalters nach Risser, Stadium 0-5
• Stadium 0
• Stadium 1
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Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik
Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik
• Stadium 3
• Stadium 4
• Stadium 5
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• Stadium 2
C 05
· zunehmende Verknöcherung der
Apophysen des Beckenkamms
· Röntgen a.p. der Hand zur Beurteilung des Skelettwachstums nach Greulich und Pyle, wobei der zunehmende
Verschluss der Epiphysen (Wachstumsbereich der Röhrenknochen) des Handskeletts eine Bestimmung des
weiteren Wachstums zulässt.
• Röntgen a.p. der linken Hand
· Epiphysen der Finger
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C 05
· Bestimmung des Skoliosewinkels nach Cobb
Das Ausmaß der Seitausbiegung bei der Skoliose wird an einer Wirbelsäulenganzaufnahme im Stehen
bestimmt. Hierbei werden an den Scheitelwirbel (3) eine Vertikale (Senkrechte) (1a) zur Ebene der Grundplatte
(2a) des unteren Neutralwinkels (4) und eine Vertikale (1b) zur Ebene der Deckplatte (2b) des oberen
Neutralwinkels (5) gezogen. Der Schnittpunkt der beiden Vertikalen ergibt den Winkel á1 der Seitabweichung
(Skoliosewinkel). Der Winkel á2 des Schnittpunkts der Ebenen des unteren und oberen Neutralwinkels
entspricht als identischer Wechselwinkel ebenfalls dem Skoliosewinkel. Häufig liegt dieser Schnittpunkt jedoch
außerhalb des angefertigten Röntgenbilds, weshalb man sich des korrespondierenden Winkels á1 bedient.
• Skoliosewinkelbestimmung nach Cobb
· oberer Neutralwirbel
· Scheitelwirbel
· unterer Neutralwirbel
· Bestimmung des Skoliosewinkels nach Ferguson
Die Bestimmung der Krümmungswinkel nach Ferguson ist aufwändiger und wird im Gegensatz zur Cobb
Messung seltener angewendet.
Als Messpunkte werden die Mittelpunkte des oberen (1a) und unteren (1b) Scheitelwirbels herangezogen, die
durch eine Gerade (2) verbunden werden.
Die Mittelpunkte der Wirbel unterhalb und oberhalb der Scheitelwirbel werden durch je eine Gerade (3a, 3b)
verbunden.
Die Schnittpunkte dieser Geraden mit der Geraden 2 ergeben die Krümmungswinkel á1 und á2.
• Skoliosewinkelbestimmung nach Ferguson
· oberer Scheitelwinkel
· unterer Scheitelwinkel
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Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik
C 05
· Rotationsbestimmung nach Nash/Moe
Mit dieser Methode bestimmt man das Maß der Rotation (Verdrehung) der skoliotischen Wirbelsäule. Auf der
Röntgenaufnahme werden die Positionen der Bogenwurzeln in Relation zum Wirbelkörper beurteilt, wodurch 4
Rotationsgrade bestimmt werden können.
• Rotationsbestimmung nach Nash/Moe
· a: Normalbefund, keine Rotation
· b: Rotation Grad I
· c: Rotation Grad II
· d: Rotation Grad III
· e: Rotation Grad IV
• Projektion der Bogenwurzeln in Abhängigkeit von der Drehung des Wirbels
Konkavseite
Computertomografie, CT
Die Computertomografie (griechisch tomós, der Schnitt, gráphein, schreiben) ist eine spezielle Röntgentechnik,
mit der man Schnittbilder von Körperregionen eines Patienten erzeugen kann. Der englische Ingenieur
Hounsfield entwickelte 1971 den ersten Computertomografen. 1972 wurde das erste CT-Gerät zur
Schichtdarstellung des Kopfes im Atkinson Morley´s Hospital in London installiert.
Wie wird das CT-Bild erzeugt?
Eine Röntgenröhre kreist um den auf einem Untersuchungstisch liegenden Patienten, während er gleichzeitig
nach vorne an der Röntgenröhre vorbeigefahren wird. Die abgegebenen Röntgenstrahlen werden beim
Durchdringen der unterschiedlichen Gewebe der untersuchten Körperregion verschieden stark abgeschwächt.
Die unterschiedliche Abschwächung der Röntgenstrahlen wird von Detektoren aufgenommen und zu einem
Computer geschickt, der aus den Datensätzen Schnittbilder und 3D Ansichten
der untersuchten Region erstellen kann.
Die aufeinander folgenden Schnittbilder werden in Millimeterdicke sichtbar gemacht und erlauben so die
Gesamtbeurteilung der untersuchten Körperregion.
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Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik
C 05
Eine Weiterentwicklung der Computertomografie ist, die Elektronenstrahltomografie, EBT,
bei der die Aufnahmegeschwindigkeit der Schnittbilder so gesteigert werden konnte, dass
von bewegten Organen wie dem Herz scharfe Schnittbilder erzeugt werden können.
Indikation
Der diagnostische Schwerpunkt der Computertomografie liegt in der Darstellung der Bauch-und Beckenorgane,
des Brustkorbs und der sehr guten Diagnosestellung von Erkrankungen des Knochens, der Gelenke und der
Wirbelsäule.
Bei einigen Erkrankungen der Wirbelsäule, wie bei kongenitalen Deformitäten und Tumoren, hat sich die 3D
Rekonstruktion von CT-Untersuchungen als äußerst wirksam erwiesen.
• Computertomografie Quelle: Siemens
• CT: Arthrose des Sacroiliacalgelenks
· Arthrose des Sacroiliacalgelenks
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Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik
Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik
Magnetresonanztomografie, MRT oder Kernspintomografie
Die Magnetresonanztomografie ist im Gegensatz zur Computertomografie ein bildgebendes
Untersuchungsverfahren, bei der für den Patienten keine Röntgenstrahlenbelastung besteht, da für die
Untersuchung des Patienten Magnetfelder und Radiowellen eingesetzt werden.
Kernspintomografen sind seit 1984 im klinischen Einsatz.
Wie wird das MRT-Bild erzeugt?
Bei der Erstellung der MRT Bilder nutzt man die Tatsache, dass der menschliche Körper zu 90 % aus
Wasser besteht, sowie die magnetische Eigenschaft der Wasserstoffatomkerne in den Körpergeweben. Die
Wasserstoffatomkerne werden durch das MRT Gerät einem Magnetfeld, das bis zu 30000 Mal stärker als das
Magnetfeld der Erde ist, ausgesetzt und durch gepulst gesendete Radiowellen in Schwingung versetzt. Die sich
verändernden Energiesignale der
Wasserstoffatomkerne werden durch das MRT Gerät aufgefangen und durch ein kompliziertes mathematisches
Verfahren in anatomische Schnittbilder der untersuchten Körperregion umgewandelt.
Indikation
Mit der Magnetresonanztomografie lassen sich sämtliche Körpergewebe sehr genau darstellen, sie eignet
sich besonders zur Untersuchung von Weichteilgewebe wie Gehirn, Rückenmark, Nerven, Bandscheiben,
Blutgefäßen oder Tumoren.
Da der Patient bei dieser Untersuchung einem starken Magnetfeld ausgesetzt wird, können Patienten mit
elektrischen Implantaten wie z.B. einem Herzschrittmacher mit dieser Methode nicht untersucht werden.
• Magnetresonanztomografie,
Quelle: Siemens
• MRT Lendenwirbelsäule seitlich
· 12. Brustwirbel
· Bandscheibe
· Rückenmark
· 5. Lendenwirbel
· 1. Kreuzbeinwirbel
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C 05
C 05
Myelographie/Myelo-CT
Das Rückenmark (Myelon) und die abgehenden Nervenwurzeln sind schützend vom Duralsack umgeben, der
im so genannten Subarachnoidalraum mit Flüssigkeit (Liquor) gefüllt ist. Die Myelografie ist ein diagnostisches
Verfahren, bei dem durch ein wasserlösliches Kontrastmittel der Subarchnoidalraum dargestellt werden kann.
Wie wird die Myelografie durchgeführt?
In der Regel wird der Duralsack nach Desinfektion des Rückens im Bereich der Lendenwirbelsäule steril
punktiert und Kontrastmittel in den Rückenmarkkanal gespritzt.
Wenn das Kontrastmittel das Rückenmark und die abgehenden Nervenäste umspült,
werden Röntgenaufnahmen in verschiedenen Ebenen durchgeführt, mit denen die verschiedenen Bereiche des
Rückenmarkkanals beurteilt werden können.
Im Anschluss an diese Untersuchung wird häufig noch eine Computertomografie durchgeführt.
Indikation
Die Myelografie kann zur Diagnostik von Rückenmarkprozessen, Bandscheibenvorfällen und
Rückmarkkanalverengungen (Spinalkanalstenosen) eingesetzt werden.
Die Myelografie gehört in der Neuroradiologischen Diagnostik nach wie vor zu den wichtigsten
Untersuchungsverfahren im Bereich der Wirbelsäulendiagnostik, sie erfährt in den letzten Jahren wieder eine
zunehmende Bedeutung, nachdem sie vor einigen Jahren bereits tot gesagt wurde. Dies ist dadurch begründet,
dass die Myelografie die derzeit einzige zur Verfügung stehende Untersuchung ist, die eine dynamische
Untersuchung erlaubt.
Damit ist es möglich auch krankhafte Veränderungen zu diagnostizieren, die nur unter dynamischen
Bedingungen, d.h. unter Gewichtsbelastung zu sehen sind.
Gerade bei fusionierenden Operationen oder bei Bandscheibenersatz kommt der Myelografie zur Beurteilung
des betroffenen und der Nachbarsegmente eine besondere Bedeutung zu.
• Myelografie der
Halswirbelsäule a.p.
• Myelografie der Halswirbelsäule
seitlich
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Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik
Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik
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C 05
Discografie und post Disco-CT
Diese Untersuchung hat im Rahmen der fusionierenden, aber auch bei bewegungserhaltenden Operationen
eine besondere Bedeutung, da nur in der Kombination von Kernspintomografie und Discografie eine relativ
exakte Beurteilung des Funktionszustands der Wirbelsäule möglich ist. Die degenerativen Prozesse werden
hier nach Adams in verschiedene Grade eingeteilt, die eine recht exakte Beurteilung des Ausmaßes der
Degeneration zulassen.
Szintigraphie
Die Szintigrafie ist ein nuklearmedizinisches Diagnoseverfahren, bei der die „Funktion“ von Organen oder
Geweben durch Gabe von schwach radioaktiven Substanzen (Radionuklide) mit kurzer Halbwertzeit im Bild
dargestellt wird.
Wie wird das Szintigramm erzeugt?
Nachdem der Patient die Radionuklide erhalten hat, reichern sich diese abhängig von der bestehenden
Stoffwechselaktivität im Gewebe und den Organen an. Die Radionuklide senden Gammastrahlung aus, die
dann von Scannern oder einer Gammakamera erfasst werden. Aus den gewonnenen Daten errechnet der
Computer ein Bild der untersuchten Körperregion.
Indikation
Mit der Szintigrafie können Erkrankungen der Schilddrüse, des Herzens, des Gehirns, der Lunge und der
Knochen erfasst werden. Bei der Untersuchung des Knochens können Entzündungen und Tumoren gut
abgegrenzt werden.
• Normales
Ganzkörperskelettszintigramm
mit typischer Verteilung des
Radionuklids.
Freigabe DGN/Moser/Freiburg
• Szintigramm eines Patienten mit Knochenmetastasen mit deutlichen
umschriebenen Mehranreicherungen des Radionuklids in den
Wirbelkörpern, Rippen und im linken Schenkelhals.
· Wirbelmetastase
· Knochenmetastase linker Schenkelhals
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C 06
Laborchemische Untersuchungen gehören zu den Basisuntersuchungen, mit denen man sich einen
Überblick über das rote und weiße Blutbild, den Elektrolythaushalt, Gerinnungswerte, Leber- und
Bauchspeicheldrüsenparameter, Retentionswerte der Niere und viele andere spezifischen biochemischen Daten
unserer Organsysteme verschaffen kann.
Bei der Diagnostik von Wirbelsäulenerkrankungen sind Laborwerte immer nur ein kleiner Bestandteil der
Gesamtdiagnostik, da veränderte Laborwerte in der Regel keinen schlüssigen Beweis für das Vorliegen einer
bestimmten Erkrankung liefern.
Sind zum Beispiel die Entzündungsparameter im Blut erhöht, kann dies bei entsprechender klinischer
Symptomatik zwar ein Hinweis für das Vorliegen einer entzündlichen Wirbelsäulenerkrankung sein, diese Werte
können aber auch bei vielen anderen Infekten erhöht sein.
Blut- und Urinuntersuchungen
· Blutsenkungsgeschwindigkeit, C-reaktives Protein und Leukozyten können bei entzündlichen Prozessen
erhöht sein.
· Die Spiegel von Kalzium, alkalischer Phophatase, Phosphat, Vitamin D, Östrogen und Testosteron
ermöglichen Aussagen über den Knochenstoffwechsel.
· Erhöhte Tumormarker können einen Hinweis auf das Vorliegen einer Tumorerkrankung liefern.
Liquoruntersuchung
Liquor („Hirnflüssigkeit“) wird durch Punktion des Liquorraums gewonnen und kann Hinweise auf verschiedene
Erkrankungen, z.B. entzündliche Prozesse erbringen.
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Laboruntersuchungen · Diagnostik
D 01
Beratung
Nahezu alle Wirbelsäulenerkrankungen ziehen für den Patienten weitreichende Folgen in seinem Berufsund Privatleben nach sich. Die exakte Diagnosestellung auf der Basis einer ausführlichen Erhebung der
Krankengeschichte, körperlicher, neurologischer und apparativer Untersuchung ist die Grundlage für eine
individuelle Beratung des Patienten.
Nach erfolgter Diagnosestellung kann dann ein auf die jeweilige Situation abgestimmter Therapieplan erstellt
werden, der, je nach Befund, ein rein konservatives Vorgehen mit verschiedenen Anwendungen oder eine
Operation zur Behebung oder Verbesserung des Krankheitsbilds beinhalten kann.
Die Beratung soll dem Patienten das Verständnis für sein Krankheitsbild vermitteln, damit er mit diesem Wissen
die Grundlage erhält, den erarbeiteten Therapieplan konsequent umzusetzen, um dadurch den Verlauf seiner
Erkrankung positiv und anhaltend zu beeinflussen.
Krankengymnastik, Physikalische Therapie
Krankengymnastik wird therapeutisch eingesetzt, um Funktionen der Beweglichkeit,
Kraft, Koordination und der muskulären Balance zu erhalten (prophylaktische Anwendung), zu verbessern oder
wiederherzustellen (rehabilitative Anwendung).
Hauptziele der krankengymnastischen Therapie sind:
· Behandlung einer muskulären Dysbalance
· Schmerzminderung und Funktionsverbesserung
· Aufdehnung verkürzter Muskel- und Sehnenstrukturen
· Kräftigung der Muskulatur, eventuell mit Trainingsgeräten
· Haltungs- und Bewegungsschulung
· Erkennung und Behandlung von pathologischen Bewegungsmustern
· Behandlung der Gelenke mit Funktionsstörung
· Verhinderung von Inaktivitätsatrophien (Muskelverkürzungen und Muskelrückgang)
Krankengymnastisch behandelt werden hauptsächlich:
· Angeborene und degenerative (abnutzungsbedingte) Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats
· Traumatisch, entzündlich oder funktionell verursachte Störungen der Beweglichkeit
· Durch das Gehirn oder das Rückenmark zentral bedingte Bewegungsstörungen
· Periphere Lähmungen durch Muskelveränderungen
Nach Erhebung des krankengymnastischen Befunds können die vorliegenden funktionellen Störungen mit
verschiedenen Techniken individuell behandelt werden.
· Spezielle krankengymnastische Therapieformen bei der Skoliosebehandlung:
In Abhängigkeit von den vorliegenden Befunden ist der Einsatz gezielt wirkender physiotherapeutischer
Maßnahmen unter professioneller Anleitung ein zentrales Element der
konservativen Behandlung.
· Dreidimensionale Skoliosebehandlung nach Katharina Schroth
Die dreidimensionale Skoliosebehandlung nach Katharina Schroth stellt ein sehr komplexes
physiotherapeutisches Behandlungsschema dar, das bei intensivem Training unter Anleitung und regelmäßiger
Anwendung sehr hilfreich sein kann.
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Krankengymnastik, Physikalische Therapie · Konservative Therapie
D 01
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Krankengymnastik, Physikalische Therapie · Konservative Therapie
· Behandlung nach dem Vojta Konzept
Vojta hat ein Bewegungsentwicklungsmodell entwickelt, das bei jedem Menschen individuell ein
Bewegungsmuster beinhaltet, das die Körperlage im Raum sichert, Aufrichtung und zielorientierte Bewegung
ermöglicht und die Muskelfunktion innerhalb der Muskelketten differenziert. Bei diesen Vorgängen, die
automatisch und unwillkürlich ablaufen, steht die Wirbelsäule im Zentrum. Bewegungsmuster können
reflektorisch aktiviert werden, wodurch die Wirbelsäule dreidimensional beeinflusst werden kann.
· E-Technik (Hanke-Konzept)
Hierbei handelt es sich um eine neurophysiologische Behandlungsmethode, die auf der Grundlage des Vojta
Konzepts weiterentwickelt wurde. Sie hilft, gestörte Bewegungs- und Haltungsmuster zu verbessern.
Die genannten Therapiemethoden können in Kombination mit dem Erlernen spezieller Atemtechniken dem
Patienten helfen, die Wirbelsäule zu stabilisieren und neue Bewegungs- und Haltungsmuster zu erlernen.
Wie bei der Anwendung jeder konservativen unterstützenden Behandlungsmethode hängt der Erfolg von der
professionellen Anleitung und der Regelmäßigkeit der durchgeführten Übungen im Alltag ab.
Manuelle Therapie
Die manuelle Therapie ist ein schonendes Behandlungsverfahren bei Erkrankungen des Bewegungsapparats,
bei der mit speziellen Handgrifftechniken an den Gelenken, der Wirbelsäule und den Wirbelgelenken der
vorliegende Befund der Funktionsstörung erhoben werden und behandelt werden kann. Die speziellen
Handgriffe können sowohl zur Schmerzlinderung, als auch zur Mobilisation von gestörten Bewegungsabläufen
angewendet werden. Die manuelle Therapie greift mit ihren Techniken in der Wechselwirkung der
Funktionseinheit Gelenk-Muskulatur-Nervenversorgung ein, wobei abhängig vom erhobenen Befund
verschiedene Mobilisationstechniken zur Anwendung kommen:
· Durch die Weichteilbehandlung werden mit verschiedenen Dehnungs- und Entspannungstechniken die
verkürzten Strukturen „verlängert“
· Mit der Traktionstechnik wird an betroffenen Gelenkanteilen durch manuellen Zug eine Druckentlastung
provoziert, wodurch es zur Schmerzreduktion kommen kann
· Mit der Technik des translatorischen Gleitens kann ein reduziertes Beweglichkeitsspiel der Gelenke
wiederhergestellt werden.
Chirotherapie
Die Chirotherapie ist eine Behandlungsmethode für schmerzhafte Funktionsstörungen der Gelenke, Wirbelsäule
und der Wirbelgelenke, bei der durch manuelle Handgrifftechniken
Gelenkblockierungen wieder „eingerenkt“ werden und chronische Schmerzen im Bewegungssystem vermindert
werden können.
Die Chirotherapie sollte nur von speziell ausgebildeten Therapeuten angewendet werden, da eine falsche
Manipulation an der Wirbelsäule und den Wirbelgelenken zu massiven Schäden bis hin zu Lähmungen führen
kann.
Bei akuten Entzündungen, Bandscheibenvorfällen, Frakturen, Osteoporose und einer erhöhten Blutungsneigung
(Hämophilie) darf die Chirotherapie nicht angewendet werden.
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D 01
Extensionsbehandlung
Bei dieser Behandlungsart wird Zugkraft auf die Wirbelsäule und die Gelenke der Extremitäten ausgeübt,
wodurch es durch Entlastung der Wirbelsäulenabschnitte, Bandscheiben und eventuell komprimierter
Nervenwurzeln, sowie der Gelenke zur Linderung von Beschwerden kommt. Die Extensions- oder
Traktionsbehandlung wird in der Regel auf dem Extensionstisch oder Schlingentisch durchgeführt. Mit
der Glissonschlinge kann eine dosierte Traktion (Streckung) der Halswirbelsäule erzielt werden, das
Perl´sche Gerät übt Traktion auf die Lendenwirbelsäule aus, wodurch es zur Entlastung der entsprechenden
Rückenmarksnerven und Bandscheiben mit Rückgang der Schmerzen kommt. Die Wirkung der Traktion wird
vom Physiotherapeuten durch die Zugrichtung, den Kraftansatz und eine entsprechende Stellung der jeweiligen
Gelenke bestimmt
Osteopathie
Die Osteopathie ist eine ganzheitliche Therapiemethode, die die durch manuelle Grifftechniken
Funktionsstörungen an der Muskulatur, den Muskelhüllen (Faszien), Bändern, dem gesamten knöchernen
Skelett und den inneren Organen erkennen und behandeln kann.
Die Osteopathie gliedert ihren Therapiebereich in das Muskel-Skelett-System mit Knochen, Gelenken, Muskeln,
Muskelhüllen (Faszien), Sehnen und Bändern, in das System der inneren Organe und das Craniosacrale
System, das aus dem Schädel (cranium), dem Kreuzbein (os sacrum) und der verbindenden Wirbelsäule
besteht.
Die physikalische Therapie benutzt natürlich vorkommende oder apparativ erzeugte Energie wie Strom,
elektromagnetische Wellen oder Wärme um Heilungsvorgänge zu unterstützen und zu verbessern. Methoden
der physikalischen Therapie sind Wassertherapie, Elektrotherapie, Wärme- und Kälteanwendung, Massagen
und Extensionsbehandlung.
Hydrotherapie (Wassertherapie)
Die Anwendung von Wasser zu Heilzwecken war schon bei den Römern bekannt, Sebastian Kneipp zählte die
Hydrotherapie zu den fünf Säulen der Naturheilmethoden.
In der Hydrotherapie kommen folgende Verfahren zur Anwendung:
· Wassergüsse
· Waschungen
· Bäder
· Sauna
· Wickel
· Packungen
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Krankengymnastik, Physikalische Therapie · Konservative Therapie
D 01
Thermotherapie (Wärmebehandlung – Kältebehandlung)
Bei der Wärmetherapie wird durch Wärmeabgabe von Moorpackungen, Fango, Rotlicht oder heißer Rolle eine
Durchblutungsförderung, eine Stoffwechselanregung und eine Entspannung der Muskulatur der erkrankten
Körperregionen erreicht, wodurch bestehende Schmerzen reduziert werden.
Bei der Kältebehandlung (Kryotherapie) findet durch Eisauflagerung eine lokale Abkühlung der betroffenen
Gewebe statt, wodurch es zur Schmerzlinderung kommt.
Elektrotherapie
Bei diesem Verfahren erreicht man durch die Anwendung von Stromimpulsen mit konstanten oder
unterschiedlichen Frequenzen eine Förderung der lokalen Durchblutung der behandelten Gewebe, eine Regulation
der Muskelspannung (Muskeltonus), eine Anregung des lokalen Stoffwechsels und eine Reduzierung der
Schmerzen.
Massage
Massage stammt aus dem griechischen und bedeutet „Kneten oder Reiben“. Die Technik der Massage wurde
bereits von Hippokrates (460-377 v.Chr.) beschrieben.
Bei dieser Anwendungstechnik sollen durch gezielte Massagegriffe folgende Reize auf die behandelnden Gewebe
gesetzt werden:
· Reduktion der Schmerzen
· Psychische Entspannung
· Förderung der Durchblutung
· Entstauung von Venen und Lymphgefäßen
· Wiederherstellung einer normalen Muskelspannung
Je nach vorliegender Funktionsstörung kommen verschiedene Massagetechniken wie klassische Massage,
Bindegewebsmassage, Reflexzonenmassage, manuelle Lymphdrainage und andere Massageanwendungen zum
Einsatz.
PNF (Propriozeptive neuromuskuläre Faszikulation)
Die PNF ist eine spezialisierte Übungsbehandlung, bei der durch Widerstände, die der Therapeut dem Patienten
bei den Übungen entgegensetzt, ein verbessertes Zusammenspiel zwischen Muskulatur und den versorgenden
Nerven wieder antrainiert werden soll.
Die PNF findet ihre Anwendung in der Behandlung von Lähmungen nach Schlaganfall, Schädelhirntrauma, nach
Operationen des Bewegungsapparats, multipler Sklerose und Parkinsonscher Krankheit.
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Krankengymnastik, Physikalische Therapie · Konservative Therapie
D 02
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Orthopädietechnik, Korsett-Therapie · Konservative Therapie
Orthopädietechnik, Korsett-Therapie
Erste Beschreibungen einer Korsetttherapie der Skoliose finden sich bereits bei Hippokrates, im Mittelalter
wurde von Ambroise Paré ein Stützapparat aus Eisenplatten entwickelt.
Seit des von Blount 1945 entwickelten Milwaukee-Korsetts haben sich bis heute verschiedene
Weiterentwicklungen und Modifizierungen von Korsetts zur konservativen Skoliosetherapie
etabliert. Das Ziel der Korsett-Therapie besteht in der Aufhaltung des Fortschreitens der
Wirbelsäulenverkrümmung und einer teilweise Wiederaufrichtung der bestehenden Krümmung.
Die Skoliosetherapie mit einem Korsett, das über einen langen Zeitraum getragen werden muss, ist gerade für
einen heranwachsenden jungen Menschen eine starke psychische und physische Belastung, mit der er sich im
Alltag arrangieren muss. Dies setzt eine intensive begleitende und unterstützende Führung durch Eltern und
Therapeuten voraus.
Eine Korsetttherapie kann nur dann einen Erfolg zeigen, wenn folgende Faktoren gegeben sind:
· Richtige Wahl des Korsetts
· Korrekter Aufbau des Korsetts
· Regelmäßige Kontrollen, um Korrekturen zu veranlassen
· Einsicht und absolute Kooperationsbereitschaft durch den Patienten
· Intensive Unterstützung durch das familiäre und therapeutische Umfeld
Die Korsett-Therapie bei der Behandlung der Skoliose wird seit Jahren kontrovers diskutiert,
international gibt es keine einheitlichen Empfehlungen.
Der Einsatz einer Korsettversorgung ist oft fraglich, da die Effizienz der Korsettbehandlung
in keiner Weise bewiesen ist. Allgemein kann es dagegen als bewiesen angesehen werden, dass eine stark
progrediente (zunehmende) Skoliose durch eine Korsettversorgung letztendlich nicht zu beeinflussen ist!
Die therapeutischen Ziele, die bei der Skoliosetherapie in unserer Abteilung verfolgt werden finden Sie in dem
Kapitel „Deformitäten, Skoliose“.
In der folgenden Aufstellung finden Sie eine Kurzbeschreibung verschiedener Korsettarten.
Milwaukee Korsett
Das Milwaukee Korsett wurde 1945 von Blount in den USA entwickelt, es besteht aus einem
Kunststoffbeckenteil, das vorne und hinten über Aluminiumführungen mit dem geschlossenen Halsring
verbunden ist. Der Halsring wird hinten mit einer Schraube verschlossen, hier finden sich ebenfalls die
Hinterhauptpolster. Vorne befindet sich eine muldenförmige Auflage für das Kinn. Durch den Einbau von
Druckpolstern (Pelotten) wird eine Korrektur der Wirbelsäulenfehlstellung erreicht.
Durch das Korsett soll eine aktive Extension, Derotation und ein Lordoseausgleich herbeigeführt werden. Die
Behandlung im Milwaukee-Korsett wird durch eine spezielle Krankengymnastik im Korsett begleitet.
Die Nachteile liegen in einem stark lordosierenden Effekt auf die Brustwirbelsäule und in dem belastenden
Tragekomfort durch den Halsring.
Das Milwaukee-Korsett wird heute in aller Regel nur noch bei hochthorakalen Skoliosen verwendet.
Underarm braces (TLSO = thorako-lumbo-sakrale-Orthese)
Als underarm braces werden die Nachfolger des Milwaukee Korsetts bezeichnet, die ohne Halsring
auskommen. Bei den TLSO Orthesen wird über eingebaute Pelotten (Druckpolster) an drei Stellen Druck auf die
Wirbelsäule ausgeübt, damit die korrigierende Kraft ausgeübt werden kann, um die Fehlstellung der Wirbelsäule
zu verbessern.
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D 02
Diese so genannten Dreipunkte-Korsetts haben ihre Druckpolster in der Regel im Bereich der
Lendenwirbelsäule, der Außenseite des Beckens und am Brustkorb.
Die Derotationsorthesen nach Boston, Chêneau und das Lyoner (Stagnara) Korsett gehören zu dieser Art von
Orthesen.
Boston Korsett
Das Boston Korsett ist eine Weiterentwicklung des Milwaukee Korsetts.
Das Korsett wird nach einem Gipsabdruck aus Kunststoff angefertigt und soll über eingebaute Erhöhungen eine
teilaktive Korrektur der Wirbelsäulenfehlstellung erreichen.
Das Boston Korsett zeichnet sich anfänglich durch eine starke Entlordosierung der Lendenwirbelsäule aus,
die sich als nachteilig erwies. In der Folgezeit wurden durch den modularen Aufbau der Korsetts Varianten des
Boston Korsetts entwickelt, die eine Lendenlordose bis zu einem Cobb Winkel von 15° aufzeigen. Dies ist von
entscheidender Bedeutung bei der Korrektur der Fehlstellung, da nur über eine physiologische Ausbildung der
Lendenlordose eine Kyphosierung der thorakalen und thorakolumbalen Wirbelsäule erreicht werden kann. Das
Zusammenspiel der Module und der eingebauten Druckpelotten soll dann eine Aufrichtung und Derotation der
Wirbelsäule bewirken.
Das Boston Korsett wird in der Regel zur Behandlung lumbaler und thorakolumbaler Skoliosen eingesetzt.
Chêneau Korsett
Das Chêneau Korsett wurde Mitte der 70er Jahre durch den französischen Arzt Jacques Chêneau entwickelt.
Die Orthese wird nach Gipsabdruck aus Kunststoff gefertigt, verfügt über einen Beckenkorb, der das Becken
aufrichtet und eine Streckung der Lendenwirbelsäule zulässt.
Das Chêneau Korsett ist ein teilaktives Inspirations-Derotationskorsett, wodurch die Korrektur der bestehenden
Fehlstellung durch den Pelottendruck, die Freiräume in der Orthese, die als Ausgleichsräume dienen und eine
speziell zu erlernende Atemtechnik erreicht wird. Das Chêneau Korsett wird in der Regel zur konservativen
Therapie der idiopathischen thorakalen Skoliose eingesetzt.
Lyoner oder Stagnara Korsett
Durch eine hohe Anlage des Korsetts unter den Achseln bewirkt diese Orthese eine Rumpfextension. Der
Beckenteil und die Achselstützen sind vorn und hinten mit Aluminiumstäben verbunden, die eingebauten
Druckpelotten bewirken eine Derotation.
Das Stagnara Korsett kann bei thorakolumbalen und mittelhohen thorakalen Skoliosen eingesetzt werden.
Wilmington Brace
Dieses Korsett wird aus Thermoplast hergestellt und findet hauptsächlich bei thorakolumbalen Skoliosen ohne
fixierte Rotationsstellung der Wirbelsäule seine Anwendung.
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Orthopädietechnik, Korsett-Therapie · Konservative Therapie
D 02
Charleston Bending Brace
Dieses Korsett ist ein so genanntes Umkrümmungskorsett, da im Vergleich zu den oben genannten Orthesen
eine umkrümmende Kraft auf die Wirbelsäulenverbiegung einwirkt. Der Patient wird im Korsett in einer
maximalen Seitwärtsneigung der zu behandelnden Krümmung gehalten. Durch eine eingebaute Pelotte wird
Druck auf die maximale Spitze (Apex) der Krümmung ausgeübt, wodurch eine Umkrümmung der skoliotischen
Deformität erreicht wird. Das Korsett soll 8 Stunden während der Nachtruhe getragen werden und wird zur
Behandlung kurzer thorakolumbaler oder lumbaler Skoliosen eingesetzt.
Umkrümmungskorsett nach Lukeschitsch
Durch eine in den Beckenkorb eingebrachte Pelotte wird Druck auf den lumbalen Scheitel der skoliotischen
Krümmung ausgeübt. An den ventralen und dorsalen Aluminiumstangen des Korsetts können Pelotten stufenlos
eingestellt werden. Diese Druckkomponenten führen zu einer Derotation und Aufrichtung der Wirbelsäule.
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Orthopädietechnik, Korsett-Therapie · Konservative Therapie
D 03
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Schmerztherapie · Konservative Therapie
Über die Entstehung des Rückenschmerzes können Sie sich in dem Kapitel “Der Rückenschmerz” weiter
informieren. Nachfolgend erläutern wir kurz die möglichen medikamentösen und invasiven Möglichkeiten der
Schmerztherapie.
Medikamentöse Therapie
Eine medikamentöse Behandlung von Rückenschmerzen sollte immer mit dem behandelnden Arzt
abgesprochen werden, da vor Einleitung einer medikamentösen Behandlung abgeklärt werden muss, ob
Medikamentenunverträglichkeiten bestehen oder ob vorbestehende Erkrankungen den Einsatz bestimmter
Medikamente unmöglich machen.
Bei jeder medikamentösen Schmerztherapie muss bedacht werden, dass auch der Einsatz von starken
Schmerzmitteln nicht immer eine Schmerzfreiheit garantiert.
Medikamente aus der Klasse der nicht-steroidalen Antirheumatica und verwandte Substanzen mit folgenden
Wirkstoffen werden häufig zur Linderung von Rückenschmerzen eingesetzt:
· Acetylsalicylsäure
· Diclofenac
· Ibuprofen
· Paracetamol
· Novaminsulfon
· und andere ähnlich wirksame Wirkstoffe
Einige der Medikamente aus diesen Wirkstoffgruppen können bei längerer Einnahme eine Reizung der
Magenschleimhaut bis hin zu Magenblutungen nach sich ziehen, weshalb besondere Vorsicht geboten ist und in
der Regel ein zusätzliches Medikament als Magenschutz eingenommen werden sollte.
Bei schwersten oder massiven chronifizierten Schmerzen, die von Wirbelsäulenerkrankungen ausgehen, kann
auch der Einsatz von Opiaten erforderlich werden. In den Opiatklassen unterscheidet man:
schwach wirksame Opiate
· Tramadol
· Tilidin
Stark wirksame Opiate
· Fentanyl
· Hydromorphon
· Pentazozin
· Oxycodon
· Morphin
In einer adäquten medikamentösen Schmerztherapie bei starken Schmerzzuständen wird häufig eine
Kombination aus Schmerzmitteln, Muskelrelaxantien und Psychopharmaka eingesetzt.
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D 03
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Schmerztherapie · Konservative Therapie
Interventionelle Techniken der Schmerzbekämfung
· Periradikuläre Infiltrationstherapie
Diese Methode der Schmerztherapie wird bei Schmerzen eingesetzt, die durch Druck eines nicht
operationsbedürftigen Bandscheibenvorfalls auf die entsprechende Nervenwurzel eine Reizsymptomatik
verursachen. Bei degenerativ bedingten Verengungen der Zwischenwirbellöcher wird diese Methode ebenfalls
eingesetzt.
Unter röntgenologischer Durchleuchtung oder CT- gesteuert wird eine dünne Nadel an die entsprechende
Nervenwurzel herangeführt, nach Lagekontrolle wird die entsprechende Nervenwurzel dann mit einer
schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamentenmischung umspült, die aus einem örtlichen
Betäubungsmittel und einem Kortison-haltigen Präparat besteht. Durch diese Technik wird gewährleistet, dass
eine hohe Wirkstoffkonzentration an den Ursprungsort der Schmerzentstehung gelangt.
Je nach Intensität der Beschwerden muss diese Behandlung mehrmals über einen Zeitraum von 3 Wochen
durchgeführt werden.
Durch die Wirkung des örtlichen Betäubungsmittels kann es kurzfristig zu einer Schwäche oder einem
Taubheitsgefühl im Arm oder Bein kommen, die aber nach kurzer Zeit wieder verschwindet.
· Triggerpunktblockaden
Triggerpunkte sind bis zu einem cm² große Punkte im Muskel, den Muskelhüllen und den Sehnen, die
Schmerzen verursachen können. Von diesen Triggerpunkten aus können die Schmerzen in andere Regionen
weitergeleitet werden, man spricht dann von einem Projektionsschmerz. Diese Art von Schmerzen tritt oft am
Hinterkopf, dem Rücken, Nacken und Schultern auf.
Schmerzhaft Triggerpunkte können gerade in der Muskulatur eine Kettenreaktion auslösen. Durch eine
Überbelastung oder Schonhaltung bei schmerzhafter Muskulatur zieht sich der betroffene Muskel zusammen,
es kommt zu einer Verspannung, die zu einer örtlichen Minderdurchblutung des Muskelgewebes führt. Der
betroffene Patient nimmt eine Schonhaltung ein, um die Schmerzen zu lindern. Dadurch können sich aber
andere Muskelgruppen ebenfalls verspannen, neue Triggerpunkte entstehen und die Schmerzen werden
stärker.
Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, werden die Triggerpunkte bei der Untersuchung lokalisiert und gezielt
durch Infiltration eines örtlichen Betäubungsmittels blockiert.
Durch diese Behandlung kommt es rasch zu einer lokalen Schmerzlinderung.
· Sympathicusblockaden
Das vegetative Nervensystem (Sympathikus) besitzt mehrere vegetative Zentren mit empfindlichen
Nervenfasern, die unter anderem auch Schmerzzentren und schmerzleitende Fasern beeinflussen.
Sympathikusblockaden werden an der Halswirbelsäule (am ganglion stellatum) und an der Lendenwirbelsäule
(am lumbalen sympathischen Grenzstrang) durchgeführt. Bei dieser Behandlung wird örtliches
Betäubungsmittel an die genannten Nervenstrukturen gespritzt, wodurch es zu einer stärkeren Durchblutung
der Gewebe kommt, die von diesen Nervenzentren versorgt werden. Durch die bessere Muskeldurchblutung
kommt es zu einer Entspannung der Muskelfasern und damit zu einer Schmerzverminderung.
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D 03
· Facettenblockade
Bei der Facettenblockade handelt es sich um die Behandlung der Facettengelenke, der so genannten kleinen
Wirbelgelenke.
Unter Kontrolle mit der Computertomographie wird ein örtliches Betäubungsmittel genau an die kleinen
Wirbelgelenke gespritzt, wodurch es rasch zu einer Linderung der entsprechenden Schmerzen kommt.
Invasive Schmerztherapie
· Facettendenervation
Bei chronischen Schmerzen, die von den keinen Wirbelgelenken ausgehen, kann eine Behandlung, die die
nervale und damit die schmerzleitende Versorgung der Facettengelenke unterbricht, zu einer Schmerzlinderung
führen.
Bei dieser Methode wird unter Kontrolle durch Computertomographie eine Sonde an die Nervenäste gebracht,
die das jeweilige Facettengelenk versorgen. Nachdem die korrekte Sondenlage ermittelt wurde, wird über
Hochfrequenz erzeugte Hitze von 80-90° Celsius oder Lasertechnik auf die Nervenäste geleitet, die dadurch
zerstört werden.
Nach der Behandlung zeigt sich bei den meisten Patienten eine deutliche Schmerzminderung.
· Epidurale Rückenmarkstimulation
Diese Methode wird bei schweren, therapieresistenten neuropathischen Schmerzen oder Rhizopathien
(Wurzelreizungen) nach Bandscheibenoperationen eingesetzt.
In einer örtlichen Betäubung wird eine Elektrode in den Raum zwischen den Rückenmarkhüllen und
den Wirbelbögen eingebracht. Über eine Stimulation der Elektrode kann diese genau platziert werden.
Die Stimulation erfolgt über einen Impulsgenerator, der unter die Haut der Brustwand implantiert wird
(„Nervenschrittmacher“) und elektrische Impulse über ein Verbindungskabel zur Elektrode an das Rückenmark
abgibt. Diese elektrischen Impulse bewirken im Rückenmark eine Unterbrechung der Schmerzweiterleitung,
weshalb es dadurch zu einer deutlichen Schmerzlinderung kommt.
TENS (Transkutane elektrische Nerven-Stimulation)
Die TENS sendet über Elektroden, die auf der Haut aufgesetzt werden, elektrische Impulse zu den Nerven einer
Schmerzregion, wodurch die Schmerzleitung unterdrückt wird. Die Wirkungsweise von Nervenstimulationen in
der Schmerztherapie beruht auf zwei Ansätzen. Wenn die Nerven durch Elektroden von außen oder durch eine
Lage in den Rückenmarkhüllen, wie bei der epiduralen Rückenmarkstimulation, mit einer hohen Stromfrequenz
gereizt werden, sind die Nerven nicht mehr in der Lage, die Schmerzen zum Gehirn weiterzuleiten. Wird
die TENS Therapie mit niederfrequentem Strom durchgeführt, kommt es zur vermehrten Ausschüttung der
körpereigenen Schmerzmittel, der Endorphine. Die Endorphine besetzen dann die Rezeptoren, an denen
sich normalerweise die Botenstoffe ankoppeln, die für die Weiterleitung der Schmerzimpulse zum Gehirn
verantwortlich sind, wodurch das Schmerzempfinden herabgesetzt wird.
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D 03
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Schmerztherapie · Konservative Therapie
Akupunktur
Die Akupunktur wird mittlerweile, neben vielen anderen Einsatzmöglichkeiten, auch in der Therapie von
Rückenbeschwerden eingesetzt.
Die Akupunktur entstammt aus der Traditionellen Chinesischen Medizin. Die Grundlage dieser
Behandlungstechnik besteht in der Vorstellung, dass der menschliche Körper von Energieleitbahnen, so
genannten Meridianen, überzogen wird. Auf diesen Meridianen gibt es 361 verschiedene Punkte, die die
eine direkte Beziehung zu Organsystemen oder Körperarealen haben. Bei der Akupunktur werden sterile
Einmalnadeln an diesen festgelegten Punkten durch die Haut eingestochen. Durch die Verbindung dieser
Punkte mit den entsprechenden Körperregionen kann eine Regulierung der vorliegenden Störungen erreicht
werden.
Die Traditionelle Chinesische Medizin setzt die Akupunktur bereits mehr als 3000 Jahre zur Behandlung
einer Vielzahl von Erkrankungen ein, die Akupunktur wird dort sogar als Narkoseverfahren für Operationen
angewendet. In der westlichen Medizin wird die Akupunktur hauptsächlich zur Behandlung von
Schmerzzuständen eingesetzt.
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D 04
Schmerzen, besonders chronische Schmerzen, verursachen Stress, durch den es zu anhaltenden Phasen mit
Anspannung und Erregung kommen kann. In diesen Situationen kann die Schmerzschwelle erniedrigt werden,
was zu einer erhöhten Schmerzempfindung und dadurch zu einer steigenden Schmerzmitteleinnahme führen
kann. Deshalb ist bei chronischen Schmerzen eine psychologische Betreuung ein sinnvolles therapeutisches
Instrument, um dem Patienten bei der Schmerzbewältigung seiner Schmerzkrankheit zu helfen.
Der Sinn dieser unterstützenden Behandlungsverfahren liegt hauptsächlich darin, dem Patienten Hilfswege zu
zeigen, wie er über den Weg einer Schmerzdistanzierung mit seinen chronischen Schmerzen umgehen kann,
um individuell wieder Lebensqualität zu erlangen.
Die wichtigsten psychologischen Verfahren in der Behandlung chronischer Schmerzzustände sind:
· Entspannungstechniken
Die wichtigsten Techniken sind das autogene Training und die progressive Muskelentspannung nach Jacobson,
beide Verfahren können durch den Patienten nach Anleitung eigenverantwortlich als Übungsprogramm
durchgeführt werden.
· Autogenes Training
Das Konzept des autogenen Trainings wurde 1932 von dem Arzt I.H.Schultz entwickelt.
Die Grundlage dieser Technik ist die „konzentrative Selbstentspannung“, bei der durch Autosuggestion
(„Selbstbeeinflussung“) eine Veränderung der psychovegetativen Funktionen erreicht werden kann. In der
Basisstufe des autogenen Trainings wird über spezielle Wahrnehmungsübungen versucht, eine völlige
Konzentration auf seinen Körper zu erreichen.
Man unterscheidet:
· Wärmeübungen, bei denen suggeriert wird, dass sich Körperteile warm anfühlen
· Schwereübungen suggerieren die Schwere der Körperteile
· Mit Atem- und Herzübungen wird versucht, Atem- und Herzfrequenz zu beeinflussen
Nach mehrwöchigem Üben lassen sich Körperreaktionen beeinflussen, wodurch eine gute Entspannung in
Stresssituationen erreicht werden kann.
In einer fortgeschrittenen Stufe des autogenen Trainings benutzt man Bilder und Situationen, die vom
Übenden selbst gewählt werden, in die sich der Patient begibt und bewusst erlebt. Hierbei wird nicht nur
eine Entspannungssituation erreicht, sondern durch das Erlernen einer verbesserten Selbsterkenntnis und
Eigenwahrnehmung können Problemlösungen erarbeitet werden.
· Progressive Muskelentspannung nach Jacobson
Der Arzt Jacobson (1885-1976) beobachtete in seinen physiologischen Studien, dass beim Anspannen
der Muskulatur oft psychische Anspannung, Unruhe und gelegentlich sogar Angstzustände verursacht
wurden. Er entwickelte auf Grundlage dieser Erkenntnisse eine Methode, um Spannungen zu lösen. Die
Entspannungstechnik von Jacobson soll dem Übenden nach intensivem Training die Fähigkeit vermitteln,
seine Muskelgruppen zunächst durch gezieltes Anspannen und kurzem Halten der Spannung intensiv zu
erleben, im weiteren Trainingsverlauf einzelne oder mehrere Muskelgruppen zeitgleich zu entspannen
und eine regelmäßige, langsame Atmung zu erlernen. Das progressive Element dieser Methode besteht
bei entsprechendem regelmäßigem Training in der erlernbaren Fähigkeit, in sehr kurzer Zeit eine
Entspannungsphase zu erlangen.
Die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson ist leichter erlernbar als autogenes Training,
da genau nach den Anweisungen des Therapeuten (z.B. in der Gruppe oder allein mit Hilfe einer Hörkassette)
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Psychologische Betreuung · Konservative Therapie
D 04
geübt werden kann. Sie zielt auf das Erlernen eines körperlichen Entspannungszustandes ab, durch den
Spannungen, Schmerz und erhöhte psychische Erregung im Alltag abgebaut werden können.
· Biofeedback
Biofeedback wird, neben anderen Indikationsstellungen, auch im Rahmen einer verhaltenstherapeutischen
Behandlung bei Schmerzzuständen eingesetzt.
Die meisten Vorgänge im Körper laufen für die menschliche Wahrnehmung unbewusst
und nicht willentlich beeinflussbar ab. Klassische Beispiele sind zum Beispiel die Regulation des Blutdrucks
oder der Spannungszustand unserer Muskulatur, die von einer Vielzahl von eigenständigen Einflüssen reguliert
werden, ohne dass ein willentliches Eingreifen durch uns erfolgt. Beim Biofeedbackverfahren werden uns
diese aktuellen Körperzustände (z.B. Höhe des Blutdrucks, Spannung der Muskulatur oder der Haut) durch die
Unterstützung von kleinen Messgeräten über optische oder akustische Signale mitgeteilt, wodurch sie für uns
wahrnehmbar werden. Durch Erlernen und Erleben dieser Körperzustände nehmen wir in der ersten Phase
dieser Methode die unterschiedlichen Spannungs- und Entspannungssituationen wahr und können uns diese
einprägen. In der zweiten Phase lernen wir die für uns günstigen
Körpersignale, z.B. „entspannte Muskulatur“ , „Entspannung“ oder „normaler Blutdruck“, aus der Vielzahl von
Wahrnehmungen herauszufiltern und herzustellen.
Nach intensivem Einprägen der Vielfalt von günstigen und ungünstigen körperlichen Wahrnehmungen,
anfänglich durch die entsprechenden Biofeedbackgeräte unterstützt,
erreicht man mit dieser Methode im Laufe des Trainings die Fähigkeit, durch erlernte Wahrnehmung seines
Körperzustands (Einprägung), die für uns positiven und günstigen
Körpersituationen willentlich herzustellen. Die Methodik basiert auf dem Prinzip der so genannten operanten
Konditionierung, bei der wir unsere Körpervorgänge bewusst wahrnehmen, uns diese als günstig oder
ungünstig einprägen und in der Endstufe dieser Technik lernen, diese Körpervorgänge willentlich zu
beeinflussen und zu kontrollieren.
· Hypnose
Hypnose ist von dem griechischen Wort „hypnos“, der Schlaf, abgeleitet und kann als ein dem Schlaf ähnlicher
Zustand in tiefer Entspannung angesehen werden, der durch den Therapeuten hervorgerufen werden
kann. Im hypnotisierten Zustand ist der Patient völlig entspannt, er behält jedoch letztendlich die Kontrolle,
eine Manipulation durch den Hypnosetherapeuten ist nicht möglich. Der Therapeut erzeugt eine Situation
der körperlichen und geistigen Entspannung, wodurch die aktuelle Realität in den Hintergrund tritt und die
Möglichkeit besteht, die Aufnahmefähigkeit des Unterbewusstseins für Suggestionen zu erhöhen.
Im Hypnosezustand wird versucht, individuelle negative Erlebnisse oder Eigenschaften des Patienten durch
Suggestion in positive Eigenschaften oder Gewohnheiten „umzuprogrammieren“. Die medizinische Hypnose
wird, neben anderen Einsatzgebieten,
zur unterstützenden Behandlung in der Schmerztherapie, in der Suchttherapie und bei Angstzuständen
eingesetzt.
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Psychologische Betreuung · Konservative Therapie
E 01
Der Rückenschmerz, ein volkswirtschaftlicher Faktor
Wer kennt das nicht, der Rücken schmerzt, Sitzen, Bücken oder das Aufrichten machen plötzlich bislang nicht
bekannte Beschwerden.
Wenn man sich die bekannten Studien bezüglich des Symptoms Rückenschmerz in Deutschland betrachtet,
muss man davon ausgehen, dass aktuell die Häufigkeit von Rückenschmerzen bei Erwachsenen bei einer
Punktprävalenz von cirka 40 % liegt.
Die Punktprävalenz ist eine statistische Kennzahl, die angibt, wie hoch die Anzahl der Betroffenen einer
bestimmten Erkrankung (zum Beispiel Rückenschmerz) in einer bestimmten Population (zum Beispiel
innerhalb der Gruppe der Erwachsenen in Deutschland) zu einem bestimmten Zeitpunkt ist. Betrachtet man die
Lebenszeitprävalenz, so kann man davon ausgehen, dass mehr als 80 % der Erwachsenen in Deutschland im
Laufe ihres Lebens unter Rückenschmerzen gelitten haben.
Die Mehrzahl der Patienten mit Rückenschmerzen sind zwischen 30 und 50 Jahren alt.
Der Rückenschmerz nimmt bereits bei Heranwachsenden deutlich zu, man kann davon ausgehen, dass
in Deutschland etwa 40 % der 14-19 Jährigen unter wiederkehrenden Rückenschmerzen leiden. Der
Rückenschmerz hat sich somit zur Volkskrankheit Nr. 1 in Deutschland entwickelt.
Volkswirtschaftlich ist der Rückenschmerz ein gewaltiger Kostenfaktor:
· In Deutschland werden jährlich cirka 25-30 Milliarden Euro für Diagnostik und Therapie, Ausfallkosten durch
Arbeitsunfähigkeitstage und Kosten einer Berentung durch bestehende Rückenbeschwerden ausgegeben.
· cirka 40 % aller Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind durch Rückenschmerzen bedingt.
· cirka 20 % der Berentungen erfolgen auf Grundlage chronischer Wirbelsäulenbeschwerden
· cirka 10 % der akuten Rückenschmerzen gehen in chronische Verläufe über
· die chronischen Rückenschmerzpatienten machen bis zu 80 % der Gesamtkosten mit der Diagnose
„Rückenschmerz“ aus
· mehr als 10 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage werden jährlich durch Rückenbeschwerden verursacht
Welche Ursachen und Risikofaktoren für die Entstehung von Rückenschmerzen gibt es?
Der Rückenschmerz stellt keine eigenständige Diagnose dar, sondern muss als Komplex von Symptomen und
individuellen Faktoren gesehen werden, der sich aus biologischen, sozialen und psychischen Komponenten
zusammensetzt:
· Biologisch
· degenerative Veränderungen
· höheres Alter
· Trauma
· Defizite und Dysbalancen der Muskulatur, die den Rumpf stabilisiert
· Sozial
· Berufliche Situation mit körperlicher Schwerarbeit oder einseitiger Körperhaltung (z.B. langes Sitzen, langes
Stehen, Arbeiten in gebeugter Haltung)
· geringe berufliche Qualifikation oder berufliche Unzufriedenheit
· Lebensstil mit Rauchen, Übergewicht, mangelnder Bewegung, schlechter Kondition und fehlenden
Ausgleichstätigkeiten zu Beruf und Alltag.
· Psychisch
· Angst, Depression
· Überforderung
· Stress, Konflikte im Alltag
· Somatisierungsstörung
· Posttraumatische Belastungsstörungen
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Ursachen/Risikofaktoren · Der Rückenschmerz
E 01
Biologische Faktoren werden heute nicht mehr als alleiniger Auslöser von Wirbelsäulenbeschwerden
angesehen. Die radiologischen Zeichen der Abnutzung an der Wirbelsäule nehmen im Alter zwar zu, die Anzahl
der Rückenschmerzpatienten nimmt im Alter aber eher ab.
Rückenschmerzen werden häufig auch durch so genannte Triggerpunkte ausgelöst.
Triggerpunkte sind Areale im Gewebe, die auf Druck empfindlich und schmerzhaft reagieren. Myofasziale
Triggerpunkte sind bis zu einem cm² große Punkte im Muskel, den Muskelhüllen und den Sehnen, die
Schmerzen verursachen können. Von diesen Triggerpunkten aus können die Schmerzen in andere Regionen
weitergeleitet werden, man spricht dann von einem Projektionsschmerz. Diese Art von Schmerzen tritt oft am
Hinterkopf, dem Rücken, Nacken und Schultern auf.
Schmerzhaft Triggerpunkte können gerade in der Muskulatur eine Kettenreaktion auslösen. Durch eine
Überbelastung oder Schonhaltung bei schmerzhafter Muskulatur zieht sich der betroffene Muskel zusammen,
es kommt zu einer Verspannung, die zu einer örtlichen Minderdurchblutung des Muskelgewebes führt. Der
betroffene Patient nimmt eine Schonhaltung ein, um die Schmerzen zu lindern. Dadurch können sich aber
andere Muskelgruppen ebenfalls verspannen, neue Triggerpunkte entstehen und die Schmerzen werden
stärker.
Gibt es Hinweise für die Gefahr einer Chronifizierung oder auf das Vorliegen komplizierter
Rückenschmerzen?
Folgende Zeichen werden symbolisch als yellow flags („gelbe Flaggen“) bezeichnet, bei deren Vorliegen die
Gefahr einer Chronifizierung von Rückenschmerzen besteht:
· anhaltende und wiederkehrende Rückenbeschwerden
· Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als 4-6 Wochen
· radikuläre Schmerzen
· geringer Bildungsstand
· falsche Einstellung und Erwartungen an das Krankheitsbild, Depression
· ausgeprägtes Krankheitsgefühl und Erleben der Krankheit
· schlechte Schmerzverarbeitung
· anhaltende Belastungen im beruflichen und privaten Alltag
· Rentenwunsch.
Folgende Zeichen werden symbolisch als red flags („rote Flaggen“) bezeichnet, bei deren Vorliegen die
Möglichkeit von komplizierten Rückenschmerzen besteht:
· Zunahme von Rückenschmerzen trotz Behandlung
· Neurologische Ausfälle, Lähmungserscheinungen
· Vorerkrankungen wie Rheuma, Osteoporose, Tumorleiden
· Fieber in Verbindung mit Rückenschmerzen
· Systemische Cortisonbehandlung
· Immunsuppression
· Stärkeres Trauma in der Vorgeschichte
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Ursachen/Risikofaktoren · Der Rückenschmerz
E 02
Welche Komponenten spielen bei der Schmerzwahrnehmung eine Rolle?
Die Mehrzahl der Rückenbeschwerden treten im Bereich der Lendenwirbelsäule und des lumbosakralen
Übergangs, gefolgt von der Halswirbelsäule auf, da in diesen Wirbelsäulenabschnitten die einwirkenden
statischen Belastungen der Wirbelsäule am stärksten ausgeprägt sind.
Der Rückenschmerz als solcher ist keine Krankheit, sondern ist als Symptom zu werten, der primär ein
Warnsignal darstellen soll.
Der Schmerz setzt sich als kompliziertes Gesamtgebilde unserer Wahrnehmung aus folgenden
Einzelkomponenten zusammen:
Sensorische Komponente: „die Sinneswahrnehmung betreffend“
Affektive Komponente: „das Gefühlsleben betreffend“
Kognitive Komponente: „das Wahrnehmen betreffend“
Motorische Komponente: „die willkürliche Muskelbewegung betreffend“
Vegetative Komponente: „das unwillkürliche Nervensystem betreffend“
Welche Komponenten können im Bewegungssegment Schmerzen verursachen?
Physiologisch gesehen können alle Gewebestrukturen des Bewegungssegments, die mit Nerven versorgt sind,
als Auslöser für Schmerzen angesehen werden:
· Wirbelkörper
Im Wirbelkörper und seiner umgebenen Knochenhaut (Periost) finden sich Nerven, die aus der
Nervenversorgung der Längsbänder und des Truncus sympathicus (sympathischer Grenzstrang) einstrahlen.
· Facettengelenke (Wirbelgelenke)
Die Wirbelgelenke werden von mehreren Nervenästen versorgt aus dem medialen Ast des ramus dorsalis des
Spinalnervs versorgt.
· Bandscheiben
Die hinteren (dorsalen) und hinteren-seitlichen (posterolateralen) Abschnitte der Bandscheibe werden
hauptsächlich durch die rami communicantes der Spinalnerven, die vorderen (anterioren) und seitlichen
(lateralen) Bandscheibenanteile werden durch Äste aus dem sympathischen Grenzstrang nerval versorgt.
· Bandapparat (Ligamente)
Das hintere Längsband (ligamentum longitudinale posterior) wird durch Äste aus dem sympathischen
Grenzstrang und der rami communicantes der Spinalnerven innerviert.
· Spinalnervenwurzel
Eine Spinalnervenwurzel, die durch eine mechanische oder metabolische Reizung irritiert oder vorgeschädigt
ist, kann Schmerzen verursachen.
· Rückenmuskulatur
Die tieferen Schichten der Rückenmuskulatur werden als echte oder autochthone Rückenmuskeln bezeichnet,
die in einem komplizierten Verbund von Muskelgruppen unter anderem auch Dorn- und Querfortsätze der
Wirbel miteinander verbinden.
Das Zusammenspiel sämtlicher Muskelgruppen ermöglicht dann, den Rücken zu strecken, beugen, drehen
oder seitwärts zu neigen.
Ein wichtiger Vertreter ist der musculus erector spinae der Rückenstrecker, der sich aus mehreren
Einzelmuskeln zusammensetzt und vom Becken bis zum Kopf erstreckt.
In der Tiefe des Muskelaufbaus des Rückens lassen sich weitere Muskelsysteme unterscheiden:
· Muskeln des spinalen Systems, die an den Dornfortsätzen der Wirbel ihren Ursprung und Ansatzpunkt
haben.
· Muskeln des transversospinalen Systems, die von den Querfortsätzen zu den Dornfortsätzen der Wirbel
verlaufen.
· Muskeln des intertransversalen System, die die Querfortsätze der Wirbel untereinander verbinden.
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Schmerzentstehung · Schmerz · Der Rückenschmerz
E 02
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Schmerzentstehung · Schmerz · Der Rückenschmerz
Welche psychischen Faktoren können den Schmerz beeinflussen?
· Schmerzverstärkende Faktoren können zum Beispiel sein:
· Angst
· Depression
· Inaktivität
· Einsamkeit
· Schmerzabschwächende Faktoren können zum Beispiel sein:
· Positive Einstellung
· Sicherheit
· Intensive Ablenkung
Die körpereigene Schmerzabwehr setzt die so genannten Endorphine im Rückenmark und Gehirn frei, um die
Schmerzwahrnehmung zu dämpfen.
Welche Schmerzarten gibt es?
· Nozirezeptorenschmerz (lateinisch: nocere, schaden; capere, nehmen)
Dieser Schmerztyp wird durch direkte Reizung der Schmerzrezeptoren, der so genannten Nozirezeptoren,
verursacht. Nozirezeptoren sind die sensorischen Nervenendigungen langsam leitender afferenter
Nervenbahnen. Die meisten Nozirezeptoren reagieren auf folgende schädigenden Reize:
· mechanische Reize (Schlag, Druck)
· chemische Reize (Säuren)
· thermische Reize (Kälte, Hitze)
Nozirezeptoren, die auf verschiedene Reize reagieren, werden polymodal, die Rezeptoren, die nur auf eine
Reizart reagiert, unimodal genannt.
Die Nozirezeptoren der Haut sind für den Oberflächenschmerz, die Schmerzrezeptoren zum Beispiel der
inneren Organe, der Knochen, Muskeln und Gelenke sind für den Tiefenschmerz verantwortlich.
· Neuropathisch-neurogener Schmerz
Diese Schmerzart wird in der Regel als brennend oder einschießend beschrieben.
Die Ursachen neuropathischer Schmerzen sind in einer Schädigung des Zentralnervensystems oder der
peripheren Nerven zu sehen. Die nervalen Strukturen können entweder mechanisch (zum Beispiel durch einen
Bandscheibenvorfall mit Kompression der Spinalnervenwurzel) oder toxisch (zum Beispiel durch Giftstoffe)
geschädigt werden.
· Deafferenzierungsschmerz
Diese Schmerzart ist eine Sonderform des neuropathischen Schmerzes, bei der es zu einer kompletten oder
teilweisen Trennung der afferenten Verbindung zum Zentralnervensystem kommt. Ein typisches Beispiel stellt
der so genannte Phantomschmerz nach Amputation einer Gliedmaße dar, bei dem, zum Beispiel nach einer
Oberschenkelamputation, Schmerzen in den Zehen empfunden wird.
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E 02
· Viszeral-somatischer Schmerz
Diese Schmerzempfindung findet man bei Knochen, Gelenken, der Skelettmuskulatur und den inneren Organen
des Brustkorbs und Bauchraums. Viszerale Schmerzen der Brust- oder Bauchorgane werden oft an anderen
Stellen des Körpers empfunden als am eigentlichen Ursprungsort des Schmerzgeschehens. Schmerzen, die
zum Beispiel durch einen Herzinfarkt oder eine Verengung der Herzkranzgefäße (angina pectoris) ausgelöst
werden, werden als Schmerzen empfunden, die über die linke Schulter zum linken Arm ziehen. Die Hautareale,
in denen der viszerale Schmerz, entfernt vom eigentlichen Ursprungsort, empfunden wird, nennt man
„Head´sche Zonen“.
Dieser Mechanismus hängt damit zusammen, dass die Schmerz auslösenden Organstrukturen ( zum Beispiel
innere Organe) über afferente Bahnen aus dem gleichen Rückenmarksegment nerval versorgt werden wie die
Körperregionen, in denen der jeweilige Schmerz empfunden wird.
· Zentraler Schmerz
Schädigungen der supraspinalen und spinalen nozizeptiven Systeme können starke Schmerzen verursachen,
da durch die Schäden die Erregbarkeit dieser Nervenstrukturen gesteigert werden kann
Der empfundene Schmerz kann sich häufig aus verschiedenen Kombinationen der genannten Schmerzarten
zusammensetzen.
Wie wird der Schmerz weitergeleitet?
Die Schmerzweiterleitung und die bewusste Schmerzwahrnehmung erfolgt in einem komplexen
„Schmerzsystem“ des Organismus.
Die Schmerzrezeptoren nehmen den Schmerzreiz auf und leiten diesen über die afferenten (zuführenden)
nozizeptiven Leitungsbahnen als elektrischen Impuls zum Hinterhorn des Rückenmarks weiter. Im Rückenmark
erfolgt die Weiterleitung des Schmerzreizes durch biochemische Stoffe, den so genannten Neurotransmittern,
die die Schmerzinformation von einer Nervenzelle zur nächsten weitergeben.
Neurotransmitter sind exzitatorische (erregende) Aminosäuren (zum Beispiel Aspartat oder Glutamat) oder
Polypeptide (zum Beispiel Calcitonin).
Mit Hilfe dieser Neurotransmitter gelangen die Schmerzimpulse über das Rückenmark in das seitliche
Kerngebiet des Thalamus (im Mittelhirn), von wo aus sie zum sensomotorischen Kortex der Großhirnrinde
(gyrus postcentralis) weitergeleitet werden. Hier findet die bewusste Schmerzempfindung und
Schmerzverarbeitung statt. Die Lokalisation und die Stärke des empfundenen Schmerzes werden hier
gespeichert und in einer Form von „Schmerzgedächtnis“ als Lernprozess gespeichert.
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Schmerzentstehung · Schmerz · Der Rückenschmerz
E 03
Die Beurteilung von erstmals bestehenden Rückenschmerzen gestaltet sich manchmal schwierig, da sich hinter
dem Symptom Rückenschmerz eine Vielzahl von Erkrankungen verstecken können, die ihre Ursache entweder
im Bereich der Strukturen der Wirbelsäule, aber auch in anderen Organsystemen haben können.
Bei der Diagnosestellung von Rückenschmerzen ist es wichtig, rasch zu differenzieren, ob es sich um
unkomplizierte, unspezifische Rückenschmerzen, radikuläre Rückenschmerzen durch Kompression der
Spinalnervenwurzel, Rückenschmerzen durch bedrohliche Erkrankungen oder Verletzungen oder um einen
bereits chronifizierten Schmerzzustand handelt.
Wodurch können Rückenschmerzen verursacht werden (Differentialdiagnose)?
Ursachen, die im Bereich der Wirbelsäule liegen (vertebral)
· degenerativ: Bandscheibenleiden, Spondylarthrose, Osteochondrose
· Fehlbildungen, statische Störungen: Spondylolisthesis, Skoliose
· Wirbelbrüche
· Tumore: Knochentumore, Wirbelmetastasen
· entzündlich/immunologisch: Morbus Bechterew, Rheumatoide Arthritis, Osteomyelitis, Tuberkulose,
· Entwicklungsstörung: M. Scheuermann
· endokrin/metabolisch: Osteoporose, Hyperparathyreoidismus,
Ursachen, die außerhalb der Wirbelsäule liegen (extravertebral)
· psychogen: chronifizierte Rückenschmerzen, Depression,
· gynäkologisch: Prozesse an Eileiter und Gebärmutter
· retroperitoneal: Tumore u. Metastasen
· Gefäßsystem: spinale Durchblutungsstörungen, Aortenaneurysma
· Niere und ableitende Harnwege: Nierentumor, Nieren- und Harnleiterstein, Nierenbeckenentzündung
Was bedeutet „akuter Rückenschmerz“?
Akut auftretende Rückenschmerzen zeigen sich als Komplex aus folgenden Symptomen:
· Auftretende Funktionsstörungen (motorisch, sensibel) in unterschiedlicher Ausprägung
· Regional begrenzter Schmerz
· Unterschiedlich starke Schmerzintensität
· Kurze Schmerzdauer < 4 Wochen
· Klingen unter adäquater Therapie, teilweise auch von selbst ab
Was bedeutet „chronischer Rückenschmerz“?
Es gibt eine Vielzahl von Veröffentlichungen über die Chronifizierung des Schmerzes, die Angaben, ab wann
ein Schmerzzustand als chronisch zu definieren ist, schwanken zwischen 7 Wochen und 6 Monaten. Es gibt
verschiedene Erklärungsmodelle, welche Faktoren für die Schmerzchronifizierung verantwortlich sind:
Basler hat 1994 „5 Dimensionen des chronischen Schmerzes“ beschrieben, die entscheidenden Faktoren sind:
· Krankheitsdauer
· Anzahl der Behandlungsversuche (Anzahl der Ärzte, verschiedener Therapien Operationen und von
Rehabilitationsmaßnahmen)
· psychische Beeinträchtigung (Depression, Angst, Katastrophisieren, Hilflosigkeit)
· soziale Beeinträchtigung (Veränderung sozialer Rollen, soziale Isolation)
· berufliche Folgen (Fehltage, Arbeitsplatzverlust, Umschulung, Berentung)
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Akuter/Chronischer Schmerz · Schmerz · Der Rückenschmerz
E 03
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Akuter/Chronischer Schmerz · Schmerz · Der Rückenschmerz
Die Entstehung eines chronischen Schmerzzustands ist immer das komplexe Zusammenspiel einer Vielzahl
von individuellen Einzelfaktoren, die als Auslöser wirken können.
Als mögliche Risikofaktoren können im Einzelfall folgende Faktoren eine Rolle spielen:
· Berufliche Faktoren
· Bildungsstand
· Beruflicher Status
· Arbeitszufriedenheit
· Einkommen
· Rentenbegehren
· Soziodemographische Faktoren
· Alter
· Geschlecht
· Familienstand
· Soziales Netz
· Lebensstil und körperliche Aktivität
· Alkohol
· Drogen
· Rauchen
· Körperliche Inaktivität
· Psychische Faktoren
· Depression, Angst
· Stress
· Schmerzanamnese
· Dauer der Krankschreibung
· Dauer und Intensität der Schmerzen
· Befall mehrerer Schmerzregionen
Der chronifizierte Schmerz kann sich zu einer eigenständigen Schmerzkrankheit entwickeln, die sich
zunehmend von ihrer primären Ursache (zum Beispiel einem unkomplizierten Rückenschmerz) abkoppelt. Die
Behandlung einer bestehenden Schmerzkrankheit setzt ein multimodales Therapiekonzept voraus, das die
bestehenden körperlichen, psychischen und sozialen Ursachen des chronischen Schmerzzustands zusammen
behandelt.
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E 04
Was bedeutet „Rückenschmerz mit oder ohne Beteiligung der Nervenwurzel“?
Der Rückenschmerz allein stellt keine eigenständige Erkrankung dar, sondern muss als Warnsignal des
Körpers verstanden werden. Hinter dem Symptom „schmerzender Rücken“ kann sich eine Vielzahl von
Ursachen verstecken, die ohne Behandlung von selbst verschwinden können oder aber für den Patienten
weitreichende Folgen nach sich ziehen können. Die Aufgabe des behandelnden Arztes besteht darin, die vom
Patienten angegebenen Beschwerden zu sammeln, zu interpretieren und eine Diagnose zu stellen. Durch die
gezielte Befragung, die körperliche und neurologische Untersuchung des Patienten können bereits wertvolle
Hinweise darauf gewonnen werden, ob es sich um „einfache“ oder „komplizierte“ Rückenschmerzen handelt.
Diese Differenzierung ist wichtig, da entschieden werden muss, ob bei dem Patienten zur Diagnosestellung
zusätzliche apparative Untersuchungen (konventionelles Röntgen, Computertomografie, Kernspintomografie
und andere Verfahren) erforderlich sind, ob eine konservative Behandlung eingeleitet oder sogar ein operatives
Vorgehen vorgeschlagen werden muss.
Der unkomplizierte Rückenschmerz ohne Beteiligung der Spinalnervenwurzel kann durch eine Vielzahl von
Einzelfaktoren ausgelöst werden (Fehlbelastung, muskuläre Dysbalancen der Rückenmuskulatur, Triggerpunkte
und andere) und ist in der Regel durch physikalische Anwendungen, Krankengymnastik, regelmäßige
Bewegung, Muskelaufbau und bei Bedarf durch Einsatz leichter entzündungshemmender und schmerzstillender
Medikamente gut und nachhaltig zu behandeln.
Rückenschmerzen mit Beteiligung der Nervenwurzel werden auch als radikuläre Schmerzen bezeichnet.
Dies bedeutet, dass die Schmerzen durch Druck auf eine Spinalnervenwurzel ausgelöst werden, wodurch
Schmerzen, motorische oder sensible Ausfälle im Versorgungsgebiet der entsprechenden Spinalnerven
verursacht werden.
Das Rückenmark gibt im gesamten Verlauf 31 Paare von Spinalnerven ab, wodurch sich 31 Spinalsegmente
ergeben. Jedes spinale Segment hat ein genau zugeordnetes Gebiet, für das die Informationsübertragung
übernommen wird.
Die hintere Nervenwurzel (radix dorsalis) und die vordere Nervenwurzel (radix ventralis) vereinen sich zu einem
Spinalnerven, der dann zwischen den Wirbeln durch das Zwischenwirbelloch austritt.
Die hintere Wurzel des Spinalnerven ist eine sensible, sensorische Nervenwurzel, die Empfindungen des
Körpers aufnimmt und zum Gehirn leitet, die vordere Nervenwurzel leitet Impulse („Ausführungsbefehle“) an die
Organe oder Gewebe (zum Beispiel: Muskeln), an denen ein bestimmter Vorgang ausgeführt werden muss.
Die „auf- oder wahrnehmende“ Funktion des Nerven wird afferent, die „ausführende“ Funktion efferent genannt.
Die Zuordnung in die Rückenmarksegmente bezieht sich immer auf den Bereich, wo die Spinalnerven
durch das Zwischenwirbelloch zweier benachbarter Wirbel das Rückenmark verlassen und zu ihrem
Versorgungsgebiet ziehen.
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Mit oder ohne Beteiligung der Nervenwurzel · Formen · Der Rückenschmerz
E 04
In den Tabellen finden Sie Beispiele der Spinalsegmente von Hals- und Lendenwirbelsäule mit ihren
Kennmuskeln und den Arealen, in denen bei Druck auf die entsprechende Spinalnervenwurzel Schmerzen oder
Gefühlsstörungen zu erwarten sind:
• Spinalnervensegmente der Halswirbelsäule
Bereiche mit Schmerzen
und Gefühlsstörungen
Kennmuskel
C5
Schulter und seitlicher
Oberarm
m.deltoideus
C6
Radialer Ober- und
Unterarm, Daumen
m.biceps, m.brachioradialis
Radiusperiost
C7
Unterarmrücken, Mittel- und
Zeigefinger
Daumenballen,
m.pronator teres
Trizeps
C8
Unterarmrücken, Klein- und
Ringfinger
Kleinfingerballen,
mm.interossei, Fingerbeuger
Segment
Reflexabschwächung
• Spinalnervensegmente der Lendenwirbelsäule
Lendenwirbelsegment
Region der empfundenen Kennmuskel der
Schmerzen und der
motorischen
Reflexabschwächung
Gefühlsstörungen
Störung
Nervendehnungsschmerz
Leistengegend
Iliopsoas
Dehnungsschmerz der
nervus femoralis
L3
Außen- und Vorderseite
des Oberschenkels
Iliopsoas,
Quadrizeps
Patellarsehnenreflex
Dehnungsschmerz der
nervus femoralis
L4
Außen- und Vorderseite des
Oberschenkels, Innenseite
von Unterschenkel und Fuß
Quadrizeps
Patellarsehnenreflex
Dehnungsschmerz der
nervus femoralis, positiver
Lasègue
L5
Außenseite Unterschenkel,
innen liegender Fußrücken,
Großzehe
Extensor hallucis
longus
S1
Leistengegend
Trizeps surae
L1/L2
positiver Lasègue
Achillessehnenreflex
positiver Lasègue
Radikuläre Schmerzen mit eindeutigen Auffälligkeiten in den entsprechenden Versorgungsgebieten der
jeweilig betroffenen Spinalnerven können durch Druck auf die Spinalnervenwurzel bei folgenden Erkrankungen
entstehen:
· Bandscheibenvorfall
· Spinalkanalstenose (Verengung des Rückenmarkkanals)
· Tumorwachstum
· Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
Bei eindeutigen radikulären Symptomen wird die Diagnose über zusätzliche apparative Untersuchungen
gestellt, die Therapie ergibt sich individuell aus den erhobenen klinischen und apparativen Befunden und der
vorliegenden Symptomatik.
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Mit oder ohne Beteiligung der Nervenwurzel · Formen · Der Rückenschmerz
F 01
Was sind Osteochondrose und Spondylose?
Osteochondrose und Spondylose sind sekundäre strukturelle Reaktionen und Veränderungen des
Wirbelkörpers, die durch den Verschleiß (Degeneration) der Bandscheibe verursacht werden.
Wie entstehen diese Veränderungen?
Das Bewegungssegment der Wirbelsäule besteht aus zwei benachbarten Wirbelkörpern, ihren Wirbelbögen und
Gelenkverbindungen, der dazwischen liegenden Bandscheibe und dem komplexen System des Bandapparats,
der die Wirbelkörper verbindet.
Betrachtet man das Bewegungssegment als Säule, so bilden die Wirbelkörper statisch gesehen den vorderen
Pfeiler, die Wirbelgelenke und die Wirbelbögen den hinteren Pfeiler. Die unverbrauchte Bandscheibe ist
elastisch und dämpft die einwirkenden Kräfte ab.
• Bewegungssegment der Wirbelsäule
· Wirbelbogen
· Wirbelkörper
· Wirbelgelenk
· Bandscheibe
• Bewegungssegment der Wirbelsäule im Querschnitt
· Wirbelgelenk
· Wirbelbogen
· Bandapparat
· Bandscheibe
· Wirbelkörper
Die Bandscheibe ist einem natürlichen Alterungsprozess ausgesetzt, sie schrumpft, verliert ihre Elastizität
und verliert an Höhe. Der zunehmende Höhenverlust des Zwischenwirbelraums zieht morphologische
Veränderungen im gesamten Bewegungssegment nach sich.
Die degenerierte Bandscheibe kann die einwirkenden Kräfte nicht mehr elastisch abfangen, der Druck wird auf
die Grund- und Deckplatten der benachbarten Wirbelkörper abgegeben. Durch die vermehrte Druckbelastung
kommt es zunächst zu einer Verdichtung der Knochenstruktur (Sklerosierung) der Grund- und Deckplatten der
Wirbelkörper, die als Osteochondrose bezeichnet wird.
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Osteochondrose/Spondylose · Degenerative Erkrankungen
F 01
• Osteochondrose der Lendenwirbelsäule mit Verschmälerung der Zwischenwirbelräume und Sklerosierung
der Grund- und Deckplatten.
· Osteochondrose der Grundplatte
· Bandscheibe mit Höhenverlust
· Osteochondrose der Deckplatte
· normale Bandscheibe
Durch den Höhenverlust der Bandscheibe wird die Stabilität des Bewegungssegments verändert.
Durch die veränderten Zug- und Dehnungsreize und die zunehmende direkte Druckbelastung reagieren
die Abschlussplatten der Wirbelkörper bei Fortschreiten der Bandscheibendegeneration mit einer
Abstützungsreaktion, indem neue Knochensubstanz gebildet wird. Diese legt sich als knöcherne Ausziehung an
den Wirbelkanten an. Diesen knöchernen Umbau des Wirbelkörpers bezeichnet man als Spondylose.
Bei einer ausgeprägten Spondylose können diese Abstützreaktionen der Wirbelkörper so stark sein, dass es zu
einer knöchernen Überbrückung der Wirbel kommen kann.
Man spricht dann von einer Spondylosis hyperostotica.
• Osteochondrose und Spondylose der Halswirbelsäule. Die Bandscheibenräume sind verschmälert, Grundund Deckplatten sind sklerosiert, es zeigen sich knöcherne Abstützungsreaktionen an den Wirbelkanten.
· knöcherne Abstützreaktion
· verschmälerte Bandscheibe
Wo finden sich Osteochondrose und Spondylose?
Die beschriebenen Veränderungen können in jedem Bewegungssegment der Wirbelsäule auftreten. Sie
werden am häufigsten und mit der stärksten Ausprägung im Bereich der unteren Halswirbelsäule und der
Lendenwirbelsäule gefunden, da in diesen Bereichen die mechanische Belastung der Wirbelsäule am stärksten
ist.
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Osteochondrose/Spondylose · Degenerative Erkrankungen
F 01
Welche Symptome findet man bei Osteochondrose und Spondylose?
Obwohl im Röntgenbild häufig Zeichen der Osteochondrose und Spondylose zu finden sind,
verursachen sie aber nicht immer behandlungsbedürftige Beschwerden.
Abhängig von der Lokalisation treten Nackenschmerzen und Kreuzschmerzen auf, die reflektorisch verspannte
Muskulatur schmerzt. Bei fortschreitender Instabilität des Bewegungssegments und Zunahme des knöchernen
Umbaus der Wirbel kann es zu Einengungen der Austrittsstellen der Spinalnerven (foramina intervertebralia)
und des Rückenmarkkanals (Spinalkanalstenose) mit entsprechender neurologischer Symptomatik kommen.
Wie wird behandelt?
Die Behandlung richtet sich immer nach dem Schweregrad des Krankheitsbildes. In der Anfangsphase
stehen physiotherapeutische Maßnahmen zur Stabilisierung der Bewegungssegmente der Wirbelsäule
durch konsequenten Aufbau der Muskulatur, adäquate Schmerzbehandlung, lokale Injektionsbehandlungen
und begleitende physikalische Anwendungen wie Massagen, Wärmeanwendung und Elektrotherapie im
Vordergrund.
Bevor man dem Patienten ein operatives Verfahren empfiehlt, sollte grundsätzlich überprüft werden, ob bei dem
vorliegenden Befund und Beschwerdebild des Patienten auch so genannte minimal invasive interventionelle
Techniken eingesetzt werden können.
Folgende interventionelle Verfahren können eingesetzt werden:
· IDET (Intradiscale elektrothermale Therapie)
Dieses Verfahren eignet sich für Bandscheibenvorfälle, die Rückenschmerzen verursachen, bei denen keine
Reizung oder Kompression der Nerven vorliegt.
Unter Röntgenkontrolle wird eine spezielle Sonde in die betroffene Bandscheibe eingeführt. Die Sonde wird
kontrolliert erhitzt, was in den Kollagenfasern der Bandscheibe zu einer chemisch-physikalischen Reaktion
führt, wodurch es zur Schrumpfung des äußeren Faserrings der Bandscheibe kommt.
· Nucleoplastie
Bei diesem minimal invasiven Verfahren wird eine spezielle Sonde unter Röntgenkontrolle in die betroffene
Bandscheibe eingebracht. Durch die so genannte Coblationstechnik werden im Bereich der Sondenspitze
dünne Zellschichten durch ein Plasmaionenfeld aufgelöst, wodurch auf schonende Weise Gewebe entfernt
werden kann.
Durch dieses Verfahren wird eine Schrumpfung der Bandscheibe ausgelöst, wodurch bestehende Schmerzen
reduziert werden.
Ein operatives Verfahren ist dann indiziert, wenn bei klinisch relevanten Befunden ein entsprechendes
radiologisches Korrelat vorliegt und die konservative Therapie nicht erfolgreich war.
Mögliche Operationsverfahren sind die Mono/bisegmentale Dekompression mit Fusion in TLIF-Technik
(Transforaminale lumbale interkorporelle Fusion) oder ALIF-Technik (Anteriore lumbale interkorporelle Fusion).
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Osteochondrose/Spondylose · Degenerative Erkrankungen
F 02
Was ist eine Spondylarthrose?
Der degenerative Verschleiß der kleinen Wirbelkörpergelenke, der so genannten Facettengelenke
(articulationes intervertebrales) führt zur Arthrose der Gelenkflächen, die als Spondylarthrose bezeichnet wird.
Wie entsteht eine Spondylarthrose?
Das Bewegungssegment der Wirbelsäule, die so genannte kleinste Funktionseinheit, besteht aus dem vorderen
Pfeiler mit zwei benachbarten Wirbelkörpern und der an den Abschlussplatten der Wirbel fest verwachsenen
Bandscheibe, sowie dem hinteren Pfeiler, der sich aus den Quer- und Dornfortsätzen der Wirbel mit ihrem
Bandapparat, den Wirbelbögen und der kurzen Rückenmuskulatur zusammensetzt.
• Bewegungssegment der Wirbelsäule
· Querfortsatz
· Dornfortsatz
· Wirbelgelenk
· Bandscheibe
· Wirbelkörper
Die Bandscheibe und der Bandapparat sind funktionell im Gleichgewicht, wobei die paarig vorhandenen
Wirbelgelenke als Drehpunkt zwischen vorderem und hinterem Pfeiler dienen (discoligamentäres
Gleichgewicht).
• Discoligamentäres Gleichgewicht
· Wirbelgelenk
· Bandscheibe
· Bandapparat
Degenerative Veränderungen an den Bandscheiben, verbunden mit einem Höhenverlust des
Bandscheibenfachs, ziehen dann gravierende statische und mechanische Veränderungen im
Bewegungssegment nach sich. Das Bewegungssegment wird zunehmend instabil, es wirken veränderte
Bewegungskräfte auf die Facettengelenke ein.
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Spondylarthrose · Degenerative Erkrankungen
F 02
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Spondylarthrose · Degenerative Erkrankungen
Es kommt zur sekundären Fehlstellung und Überbelastung der Facettengelenke, wodurch es zur Abnutzung
der Gelenkflächen, zur Arthrose mit Gelenkspaltverschmälerung, Reizung der Gelenkkapsel und Anbau von
Knochensubstanz (Osteophyten) an den Kanten der Wirbelgelenke kommt.
• Spondylarthrose - Arthrose eines Facettengelenks
· Wirbelgelenkarthrose mit Osteophyten
· verschmälerte Bandscheibe
An welchen Wirbelsäulenabschnitten tritt die Spondylarthose auf?
Der Verschleiß der Facettengelenke kann in allen Wirbelsäulensegmenten auftreten, wobei sich eine
deutliche Häufung in den Bereichen starker mechanischer Belastung, der unteren Halswirbelsäule und der
Lendenwirbelsäule zeigt.
Welche Symptome gibt es?
Durch die Gefügelockerung im Bewegungssegment wird der Bandapparat gedehnt, es kommt zu myofaszialen
Schmerzen in den betroffenen Segmenten, die durch Reizung der Band- und Muskelansätze entstehen. Die
Fehlstellung und der arthrotische Umbau der Gelenkflächen führen zu schmerzhafter Bewegungseinschränkung
und Blockierungen der Facettengelenke.
Der Anbau von Osteophyten kann eine Verengung des Spinalnerven- und Rückenmarkkanals
(Spinalkanalstenose) verursachen, wobei eine Kompression neurologische Symptome nach sich zieht. Im
Bereich der Rückenmuskulatur zeigt sich ein schmerzhafter Hartspann mit lokaler Verhärtung der Muskulatur.
• Spondylarthrose, Osteochondrose, Gefügelockerung mit Einengung der foramina intervertebralia
· Osteochondrose
· Verengung des Spinalnervenkanals
· Facettengelenksarthrose
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F 02
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Spondylarthrose · Degenerative Erkrankungen
Wie wird behandelt?
Die bestehenden Schmerzen können mit Schmerzmedikamenten, Krankengymnastik und physikalischen
Anwendungen behandelt werden.
Eine Computertomographie gesteuerte Facettenblockade kann durch gezielte Gabe von Schmerzmitteln,
Kortisonhaltigen Medikamenten, die entzündungshemmend wirken und örtlichen Betäubungsmitteln in das
Facettengelenk zu einer Schmerzreduktion verhelfen.
Kryochirurgische Eingriffe können an den Facettengelenken durch Kälteanwendung für eine Verbesserung
sorgen.
Bei bestehenden Segmentinstabilitäten mit Kompression neurologischer Strukturen können je nach individuell
vorliegendem Befund größere operative Eingriffe erforderlich werden.
Als mögliche Operationsverfahren können hierbei die Mono/bisegmentale Dekompression mit Fusion In TLIFTechnik (Transforaminale lumbale interkorporelle Fusion) oder ALIF-Technik (Anteriore lumbale interkorporelle
Fusion) zur Anwendung kommen.
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F 03
Krankheitsbilder der Wirbelsäule, die durch Abnutzung entstanden sind, nennt man degenerative Erkrankungen.
Die Wirbelsäule durchläuft mit ihren strukturellen Elementen, den Wirbelkörpern, Bandscheiben und ihrem
Bandapparat einen physiologischen Alterungsprozess. Durch Bewegungsmangel, Übergewicht, schlechte
Körperhaltung und schwere körperliche Belastung kann der Alterungsprozess beschleunigt werden. Der größte
Teil der Rückenschmerzen wird durch degenerative Bandscheibenleiden verursacht. Das Erkrankungsalter liegt
meistens zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr.
Was sind Bandscheiben?
Die Wirbelsäule hat 23 Bandscheiben (disci intervertebrales), die zwischen den Wirbelkörper liegen.
Zwischen dem 1. und 2. Halswirbel und den verschmolzenen Kreuz- und Steißbeinwirbeln finden sich keine
Bandscheiben. Sie bestehen aus faserknorpeligem Material, sind den Auflageflächen der Wirbelkörper
annähernd angepasst und mit ihnen verwachsen.
Jede Bandscheibe besteht aus zwei Elementen:
1. Der äußere Ring der Bandscheibe (anulus fibrosus) besteht aus einem Geflecht aus kollagenen
Fasern, die in mehreren Schichten spiralig um die Längsachse der Wirbelsäule verlaufen. Die einzelnen
Schichten sind gegenläufig angelegt, durch diese Gitterstruktur erhält die Bandscheibe die Festigkeit, um
Rotationsbewegungen der Wirbelsäule aufzufangen.
2. Der anulus fibrosus umschließt den Gallertkern (nucleus pulposus), der einen hohen Wassergehalt aufweist
und durch seine Verformbarkeit eine Pufferfunktion, vergleichbar mit einem Wasserkissen besitzt. Durch
die direkte Nachbarschaft der Bandscheibe zum Rückenmark und den austretenden Spinalnerven können
bei einem Bandscheibenvorfall Schmerzen und neurologische Symptome wie Sensibilitätsstörungen oder
Lähmungen auftreten.
• Aufsicht auf einen Lendenwirbel mit Bandscheibe, Rückenmark und Spinalnerven
· Rückenmark
· Spinalnerv
· Anulus fibrosus der Bandscheibe
· Nucleus pulposus der Bandscheibe
· Wirbelkörper
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Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
F 03
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Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
• Querschnitt eines Lendenwirbelsäulensegments mit Bandscheibe
· Obere Wirbelgelenkfläche
· Wirbelkörper
· Dornfortsatz
· Anulus fibrosus
· Nucleus pulposus
· Untere Wirbelgelenkfläche
• Querschnitt eines Lendenwirbelsegments mit Rückenmark und Bandscheibe
· Rückenmark
Wie funktioniert eine Bandscheibe?
Die Bandscheibe kann als Puffer gesehen werden, der einwirkende Kräfte auffängt und verteilt. Die Blutgefäße
der Bandscheiben bilden sich sehr früh zurück, dadurch erfolgt die Ernährung der Bandscheiben im Gegensatz
zu anderen Geweben des Körpers, die über Blutgefäße versorgt werden, über Diffusion, das heißt, sie nimmt
Wasser aus der Umgebung auf oder gibt es ab.
Bei Belastung der Wirbelsäule verteilen die Bandscheiben durch ihre Elastizität normalerweise die auftretenden
Druck-, Zug- und Scherkräfte, indem sie sich bei Bewegung der Wirbelsäule entsprechend verformen, Wasser
aus dem Innenraum über eine durchlässige Membran auspressen und sie sich dadurch verschmälern. Bei
Druckentlastung, vorwiegend im Liegen oder während der Nachtruhe, wird den Bandscheiben Wasser mit den
erforderlichen Stoffwechselsubstanzen zugeführt, sie wird wieder prall-elastisch.
Der ständige Wechsel von Belastung und Entlastung ist für den Stoffwechsel und damit für den Erhalt der
Bandscheibenfunktion von zentraler Bedeutung.
Was geschieht beim Alterungsprozess der Bandscheibe?
Das Gewebe des anulus fibrosus und vor allem der Gallertkern verliert im Laufe der Jahre Wasser, wodurch die
Elastizität und die Regenerierungsfähigkeit der Bandscheibe vermindert werden. Die Bandscheibe wird derb
und brüchig, sie fibrosiert, verliert an Höhe und kann erste Einrisse in der Faserstruktur aufweisen. Durch diese
strukturellen Veränderungen kann sich Bandscheibengewebe verlagern.
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F 03
Wie entsteht ein Bandscheibenvorfall?
Wenn die Bandscheibe degenerative Veränderungen mit Riss- und Spaltbildung zeigt, kann es durch zu starke
mechanische Belastung zur Verlagerung von Teilen des Faserrings und des Gallertkerns kommen.
Man unterscheidet:
· die Protrusion der Bandscheibe, bei der es zu einer Vorwölbung des Gallertkerns mit erhaltenem Faserring
kommt.
· den Bandscheibenprolaps oder Bandscheibenhernie, bei dem Teile des Gallertkerns durch den zerstörten
Faserring der Bandscheibe austreten können.
· den sequestrierten Bandscheibenvorfall, bei dem Teile des verdrängten Gallertkerns und Faserrings
abgestoßen werden.
Die Vorwölbung oder Verlagerung von Bandscheibenteilen kann mittig oder zur Seite hin erfolgen. Man
spricht dann von einem medialen oder lateralen Bandscheibenvorfall. Die verlagerten oder abgestoßenen
Bandscheibenanteile können dann auf das Rückenmark oder die abgehenden Spinalnerven drücken, wodurch
die entsprechenden Symptome hervorgerufen werden.
• Normale Beziehung von Wirbelkörper, Bandscheibe, Rückenmark und Spinalnerven
· Anulus fibrosus
· Nucleus pulposus
· Spinalnervenwurzel
· Wirbelgelenkfläche
· Rückenmark
· Wirbelbogen
· Dornfortsatz
• Protrusion der Bandscheibe mit erhaltenem anulus fibrosus, Verlagerung des nucleus Pulposus nach
mediolateral. Kompression des Rückenmarks und Spinalnervs.
· Verlagerung des nucleus pulposus mit Druck auf das Rückenmark
· Spondylophytenanlagerung
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Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
F 03
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Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
• Lateraler Bandscheibenprolaps mit Druck auf den Spinalnerv
· Kompression des Spinalnervs
· Prolabierter nucleus pulposus
· Gerissener Anulus fibrosus
• Medialer Bandscheibenprolaps mit Kompression des Rückenmarks und der Spinalnervenwurzel
· Kompression des Rückenmarks
· Kompression des Spinalnervs
· Prolabierter nucleus pulposus
· Gerissener Anulus fibrosus
Gibt es Risikofaktoren für die Entstehung von Bandscheibenvorfällen?
Fehlstellungen der Wirbelsäule, Bewegungsmangel, schwach ausgebildete Muskulatur und Bindegewebe,
Übergewicht und ungünstige berufliche Dauerbelastung können die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ein
Bandscheibenvorfall auftritt.
Wo können Bandscheibenvorfälle auftreten?
Ein Bandscheibenvorfall kann in allen Wirbelsäulensegmenten auftreten. Im Bereich der Lendenwirbelsäule und
am Übergang zum Kreuzbein treten die meisten Bandscheibenvorfälle auf, gefolgt von den Bandscheibenleiden
der Halswirbelsäule, am seltensten im Bereich der Brustwirbelsäule.
Welche Symptome werden durch einen Bandscheibenvorfall verursacht?
Je nach Lokalisation und Ausmaß des Bandscheibenvorfalls können lokale Schmerzen mit oder ohne Ausstrahlung, bei starkem Druck auf das Rückenmark oder die Spinalnerven Störungen der Sensibilität und der
Motorik, bis hin zu Lähmungen, auftreten.
Die spezielle Symptomatik erfahren Sie in den Kapiteln über die Bandscheibenleiden der Hals-und Lendenwirbelsäule (zervikale und lumbale Bandscheibenleiden).
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F 03
Wie wird die Diagnose gestellt?
Nach Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), der klinischen und neurologischen Untersuchung kann
Ihr behandelnder Arzt bereits eine Verdachtsdiagnose stellen und eine weitere gezielte Diagnostik durch
Röntgenaufnahmen des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts, gegebenenfalls mit Funktionsaufnahmen,
veranlassen. Durch Bildgebende Verfahren wie Computertomographie, Kernspintomographie und Myelographie
erhält man zusätzliche Informationen, die dann zu einer exakten Diagnose führen.
Wie wird der Bandscheibenvorfall behandelt?
Der Bandscheibenvorfall wird, solange keine gravierenden Funktionsstörungen oder Schmerzen vorliegen,
konservativ durch Schmerzmedikamente, Krankengymnastik und Schonung behandelt.
Bei akut aufgetretenen Lähmungen ,Störung der Blasen- und Mastdarmentleerung oder zunehmenden
motorischen Ausfällen durch eine Wurzelkompression ist ein sofortiges operatives Eingreifen erforderlich.
Bei weiterhin bestehenden Schmerzen mit eventuell begleitenden Gefühlsstörungen, trotz adäquater
konservativer Behandlung, kann bei nachgewiesenem Bandscheibenvorfall eine Operation angezeigt sein.
Welches Operationsverfahren letztendlich zum Einsatz kommt, ergibt sich über den individuell erhobenen
Befund.
In den Themen „Zervikales Bandscheibenleiden“ und „Lumbales Bandscheibenleiden“ stellen wir Ihnen
verschiedene Operationsverfahren zur operativen Versorgung von Bandscheibenleiden vor.
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Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
F 04
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Zervikales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
Was ist ein zervikales Bandscheibenleiden?
Durch Alterung und Abnutzung können strukturelle Veränderungen der Bandscheiben an der Halswirbelsäule
entstehen, die sich dann durch eine Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) oder einen Bandscheibenvorfall
(Prolaps), eventuell mit Bildung eines Sequesters (von der Bandscheibe abgelöstes Material) und zusätzlich
durch morphologische Veränderungen an den knöchernen Strukturen der Wirbeln äußern (Spondylose,
Spondylarthrose).
Wie entsteht der zervikale Bandscheibenvorfall?
Die Halswirbelsäule hat ein hohes Maß an Beweglichkeit und muss die Last des Kopfes tragen. Die
Bandscheiben, die aus dem äußeren Ring (anulus fibrosus) und dem inneren Gallertkern (nucleus pulposus)
bestehen, liegen zwischen zwei benachbarten Wirbeln eines Bewegungssegments. Der anulus fibrosus
verbindet die einzelnen Wirbelkörper über einstrahlende Fasern (Sharpey-Fasern) miteinander, der zentrale
Gallertkern besteht zu 90 % aus Wasser und ist sehr elastisch Die Bandscheiben fangen die hohen axialen,
statischen, exzentrischen und dynamischen Belastungen, die auf die Halswirbelsäule treffen, auf, dämpfen
diese Kräfte ab und leiten sie weiter.
Durch den Abnutzungsprozess werden die Bandscheiben brüchig, es finden sich Einrisse im anulus fibrosus
und die Elastizität geht verloren.
Dadurch kann es im Bandscheibenfach zur Verdrängung von Bandscheibengewebe kommen, das bei
erhaltenem anulus fibrosus auf das Rückenmark oder eine Nervenwurzel drückt.
Man spricht dann von einer Bandscheibenprotrusion. Ein Bandscheibenprolaps liegt vor, wenn der anulus
fibrosus einreißt, Teile des Gallertkerns verlagert werden und auf das Rückenmark oder die Nervenwurzel
drücken. Kommt es zu einer Abtrennung des verlagerten Bandscheibenmaterials, das sich frei in den
Rückenmarkkanal bewegen kann, wird dies als Bandscheibensequester bezeichnet. Ein Bandscheibenvorfall
kann median (mittig), lateral (seitlich) in Richtung des Spinalnervenkanals oder in Kombinationsform vorliegen.
• Normale Lage der Bandscheibe mit anulus fibrosus und nucleus pulposus zu Rückenmark und Spinalnerven
· Anulus fibrosus
· Nucleus pulposus
· Spinalnervenwurzel
· Wirbelgelenkfläche
· Rückenmark
· Wirbelbogen
· Dornfortsatz
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F 04
• Normale Lage der Bandscheibe mit anulus fibrosus und nucleus pulposus zu Rückenmark und Spinalnerven
· Verlagerung des nucleus pulposus mit Druck auf das Rückenmark
· Spondylophytenanlagerung
• Bandscheibenprolaps mit gerissenem anulus fibrosus und verlagerten Anteilen des Gallertkerns mit Druck auf
den Spinalnerven
· Kompression des Spinalnervs
· Prolabierter nucleus pulposus
· Gerissener Anulus fibrosus
• Bandscheibenvorfall mit Druck auf den Spinalnerven.
· Bandscheibe
· Foramen intervertebrale
· Komprimierter Spinalnerv
· Bandscheibe
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Zervikales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
Zervikales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
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F 04
Wie wird ein zervikaler Bandscheibenvorfall festgestellt?
Nach körperlicher und neurologischer Untersuchung kann das Vorhandensein eines Bandscheibenvorfalls
durch Computer- oder Kernspintomographie nachgewiesen werden.
• Bandscheibenvorfall mit gerissenem anulus fibrosus, vorfallendem Gallertkern,
Druck auf das Rückenmark und die Wurzel des Spinalnerven
· Rückenmark
· Prolabierender Gallertkern
· Gerissener anulus fibrosus
Kernspintomographie
Skizze
Konventionelle Röntgenbilder der Halswirbelsäule in 2 Ebenen können durch die nachweisbare Minderung der
Höhe der Bandscheibenfächer einen indirekten Hinweis auf einen degenerativen Prozess an der Bandscheibe
erbringen.
• Halswirbelsäule a.p. mit Zeichen der Osteochondrose und Spondylose
· Spondylose, Osteochondrose
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Zervikales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
• Halswirbelsäule seitlich mit deutlicher Verschmälerung der Höhe der Zwischenwirbelräume und
spondylotischen Randzacken
· Spondylotische Randzacken
· Bandscheibenverschmälerung
Eine Myelographie kann durch Kontrastmittelgabe weitere Informationen über die Lagebeziehung der
vorgefallenen Bandscheibe zu den spinalen Strukturen erbringen.
Elektrophysiologische Untersuchungen erbringen den Nachweis, ob nervale Strukturen bereits geschädigt sind.
Welche Symptome zeigt ein zervikaler Bandscheibenvorfall?
Allgemeine Symptome zeigen sich in einer schmerzhaften Halswirbelsäule, muskulären Schmerzen im Nackenbereich und einer entsprechenden Schonhaltung. Die Symptomatik hängt immer von der Segmenthöhe des
Vor-falls ab. Bei Druck auf die Spinalnerven können folgende radikuläre Symptome bestehen:
Bereiche mit Schmerzen
und Gefühlsstörungen
Kennmuskel
C5
Schulter und seitlicher
Oberarm
m.deltoideus
C6
Radialer Ober- und
Unterarm, Daumen
m.biceps, m.brachioradialis
Radiusperiost
C7
Unterarmrücken, Mittel- und
Zeigefinger
Daumenballen,
m.pronator teres
Trizeps
C8
Unterarmrücken, Klein- und
Ringfinger
Kleinfingerballen,
mm.interossei, Fingerbeuger
Segment
Reflexabschwächung
Es kann zu Sensibilitätsstörungen und motorischen Ausfällen kommen, bei einem Massenprolaps mit massivem
Druck auf das Rückenmark zeigen sich die Zeichen der Myelonkomression:
· Gangunsicherheit, Schwäche der Beine
· Schwäche und Gefühlsstörungen der Hände
· Blasen- und Mastdarmentleerungsstörungen
· Potenzstörung
· Störung der Feinmotorik
· Reflexabschwächungen/Reflexverlust
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F 04
F 04
Wie wird der zervikale Bandscheibenvorfall behandelt?
Bei leichten Beschwerden ohne neurologische Ausfälle kann zunächst konservativ behandelt werden.
· Medikamentös über nicht steroidhaltige Antiphlogistica, Schmerzmedikamente, Muskelrelaxantien
· durch krankengymnastische Übungsbehandlung, isometrischen Spannungsübungen und Massagen
Bei Fortbestehen der Schmerzsymptomatik trotz geeigneter konservativer Behandlung und bei Zunahme von
neurologischen Symptomen kann, bei einer akuten Kompression des Myelon mit neurologischen Defiziten muss
operativ behandelt werden.
Für die operative Versorgung der degenerativen Bandscheibenleiden der Halswirbelsäule gibt es eine
Vielzahl chirurgischer Verfahren, die sowohl von hinten (dorsal), als auch von vorne (ventral) durchgeführt
werden können. Ziel aller Verfahren ist, den Druck auf die nervalen Strukturen durch die vorgefallenen
Bandscheibenanteile zu beseitigen (Dekompression).
In Abhängigkeit vom vorliegenden Ausgangsbefund können folgende Operationsverfahren zur Anwendung
kommen:
· Ventrale mikrochirurgische Nucleotomie mit Fusion nach Cloward-Robinson
· Ventrale Uncoforaminotomie mit Fusion nach Cloward-Robinson
· Ventrale Dekompression mit Implantation einer zervikalen Bandscheibenprothese
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Zervikales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
F 05
Was ist ein lumbales Bandscheibenleiden?
Die Veränderung der Bandscheibenstruktur durch Abnutzung (Degeneration) im Bereich der Lendenwirbelsäule
kann zur Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) oder einem Bandscheibenvorfall (Prolaps) führen.
Durch die Verlagerung von Bandscheibenanteilen in Richtung Rückenmark oder Spinalnerv wird Druck auf
diese Strukturen ausgeübt, wodurch Schmerzen mit Ausstrahlung in das Bein, sensible und motorische
Störungen hervorgerufen werden können.
Wie entsteht der lumbale Bandscheibenvorfall?
Die Bandscheibe verliert in einem natürlichen Alterungsprozess an Elastizität durch Störung Ihres
Stoffwechsels, sie wird derb und zeigt Risse im äußeren Faserring (anulus fibrosus), der zentrale Gallertkern
(nucleus pulposus) verliert die Fähigkeit, ausreichend Wasser zur Erhaltung seiner Elastizität aufzunehmen.
Die Bandscheibe verliert an Höhe, wodurch die Balance im Bewegungssegment gestört wird. Die auf die
Lendenwirbelsäule einwirkenden Kräfte können nicht mehr adäquat aufgefangen, gedämpft und weitergeleitet
werden, wodurch es in der Folgezeit zu weiteren strukturellen Veränderungen kommt. Durch die veränderten
Druckbelastungen kommt es zu knöchernen Anbauten an den Wirbeln (Spondylose), die Wirbelgelenke werden
umgeformt (Spondylarthrose). Der stabilisierende Bandapparat wird gedehnt, es kommt zur Instabilität des
Bewegungssegments.
Die veränderten Druckbelastungen können an der Bandscheibe eine Verlagerung von Bandscheibenanteilen in
Richtung Rückenmark und Spinalnerven bewirken. Eine Vorwölbung der Bandscheibe mit erhaltenem anulus
fibrosus wird als Bandscheibenprotrusion, die Verlagerung des nucleus pulposus bei eingerissenem äußeren
Faserring als Bandscheibenprolaps bezeichnet. Wenn sich Teile des vorgelagerten Bandscheibenmaterials
ablösen und frei in den Rückenmark- oder Spinalnervenkanal wandern, nennt man dies einen Bandscheibensequester.
Bandscheibenvorfälle können mittig (medial) liegen und auf das Rückenmark drücken oder seitlich
(lateral) auf die Wurzel des Spinalnerven drücken und entsprechende Symptome auslösen. Es gibt auch
Bandscheibenvorfälle, die kombiniert mediolateral liegen.
Aus einem multisegmentalen Bandscheibenleiden mit Instabilität mehrerer Bewegungssegmente kann in der
Folgezeit eine degenerative Lumbalskoliose entstehen.
• Blick auf einen Lendenwirbel mit normaler Lagebeziehung der Bandscheibe zu Rückenmark und Spinalnerven.
Anulus fibrosus und nucleus pulposus sind erhalten.
· Rückenmark
· Spinalnerv
· Anulus fibrosus der Bandscheibe
· Nucleus pulposus der Bandscheibe
· Wirbelkörper
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Lumbales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
F 05
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Lumbales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
• Protrusion des Gallertkerns mit noch erhaltenem anulus fibrosus
· Bandscheibenprotrusion
• Bandscheibenprolaps mit gerissenem anulus fibrosus, Austritt des Gallertkerns mit Kompression des
Rückenmarks und Spinalnerven
· Kompression
· Austretender Gallertkern
· Gerissener Faserring
Wie wird ein Bandscheibenvorfall festgestellt?
Eine ausführliche Befragung, körperliche und neurologische Untersuchung erbringen die Verdachtsdiagnose, ob
ein Bandscheiben bedingtes Krankheitsbild vorliegen könnte.
Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule zeigen Abnutzungserscheinungen an den Wirbeln und deuten über
den Nachweis der Höhenminderung der Zwischenwirbelräume auf einen Bandscheibenschaden hin.
Durch die Kernspin- und Computertomographie, sowie die Kontrastmitteldarstellung des Rückenmarkraums
(Myelographie) kann ein Bandscheibenvorfall direkt nachgewiesen werden.
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F 05
• Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule seitlich mit Bandscheibenvorfall (L5/S1) mit Kompression des
Rückenmarks
· Lendenwirbel (L5)
· Bandscheibe (L5/S1)
· Rückenmark
· 1. Kreuzbeinwirbel (S1)
Durch neurophysiologische Untersuchungen (EMG, ENG, SEP) kann nachgewiesen werden, ob bereits ein
Schaden an den Spinalnerven oder am Rückenmark durch den bestehenden Druck entstanden ist.
Welche Symptome zeigen sich bei einem lumbalen Bandscheibenvorfall?
· Allgemeine Symptome wie muskulärer Hartspann der Lendenmuskulatur, Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit
der Lendenwirbelsäule, Bewegungseinschränkungen, Schmerzen beim Sitzen liegen meistens vor.
· Der Finger-Boden Abstand kann vermindert sein, die Beweglichkeit der Lenden- und Brustwirbelsäule ist
eingeschränkt (Schober Zeichen, Ott Zeichen).
· Die Druckpunkte im Verlauf des Ischiasnervs sind bei einer entsprechenden Wurzelreizung schmerzhaft
(Valleix´sche Druckpunkte). Beim Husten, Pressen oder Niesen können sich die ausstrahlenden Schmerzen
deutlich verstärken.
Je nach Höhe des Bandscheibenvorfalls zeigen sich Symptome, die dem Versorgungsgebiet der abgehenden
Spinalnerven entsprechen:
· Bei Bandscheibenvorfällen des Segments L5 ziehen die Schmerzen von der hinteren äußeren
Oberschenkelseite zur äußeren Vorderseite des Unterschenkels. Das Lasègue-Zeichen ist positiv.
· Bei einer Wurzelkompression des Segments S1 findet man Schmerzen und Sensibilitätsstörungen an der
Unterschenkelrückseite, der Ferse, dem Fußaußenrand und der 3.-5-Zehe. Das Lasègue-Zeichen ist positiv,
der Achillessehnenreflex ist abgeschwächt.
· Ein medianer Massenprolaps, meist in Höhe L3/L4 oder L4/5 gelegen, kann durch massiven Druck
auf das Rückenmark die so genannte Caudasymptomatik verursachen. Man sieht bei solchen Vorfällen
Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion, das Reithosenphänomen mit Sensibilitätsstörungen an den
Oberschenkelinnenseiten.
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F 05
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Lumbales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen
• Verteilungsmuster der Schmerzen und Gefühlsstörungen bei Reizung der lumbalen Spinalnervenwurzeln
Gibt es Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen (Differentialdiagnose)?
Erkrankungen der Wirbelsäule wie Spinalkanalstenose, Tumoren und Metastasen, Wirbelgleiten
(Spondylolisthesis) und Spondylodiszitis können eine ähnliche Symptomatik verursachen.
Eine arterielle Verschlusskrankheit der Becken- und Beinschlagadern, Hüftarthrose, gynäkologische Prozesse
und Prozesse am Iliosakralgelenk können ebenfalls mit ähnlichen Beschwerden verbunden sein.
Wie wird der lumbale Bandscheibenvorfall behandelt?
Die konservative Behandlung besteht in Medikation mit Analgetica, Muskelrelaxantien, und Antiphlogistica,
es können Wurzelblockaden, epidurale Infiltrationen und CT-gesteuerte Injektionsbehandlungen durchgeführt
werden. Eine Stufenlagerung auf einem Würfel lindert die Schmerzen in der Akutphase. Nach Abklingen der
starken Beschwerden findet ein Aufbau mit Krankengymnastik, Massagen, Wärme- und Elektrobehandlung
statt. Entlordosierende Bandagen oder Orthesen können für eine weitere Entlastung sorgen.
Bei bestehendem Caudasyndrom oder rasch zunehmenden neurologischen Defiziten muss zügig eine operative
Dekompression des Rückenmarks und der Nervenwurzel durchgeführt werden (absolute Operationsindikation).
Ein relative Operationsindikation besteht bei weiterhin bestehenden starken Schmerzen und funktionellen
Beeinträchtigungen trotz intensiver konservativer Behandlung.
Die Wahl des operativen Verfahrens hängt davon ab, ob ein mono-oder mehrsegmentaler Befund vorliegt und
wie ausgeprägt eine eventuell bestehende Instabilität ist.
In Abhängigkeit vom vorliegenden Ausgangsbefund können bei der operativen Behandlung des lumbalen
Bandscheibenvorfalls folgende Operationsverfahren durchgeführt werden:
. Intradiscale Elektrothermische Therapie (IDET)
· Mikrochirurgische Nukleotomie
· Mono/bisegmentale Dekompression und Fusion in TLIF-Technik
· Mono/bisegementale Dekompression und Fusion in ALIF-Technik
· Dekompression mit Implantation einer lumbalen Bandscheibenprothese
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F 06
Was ist eine Spinalkanalstenose?
Bei der Spinalkanalstenose handelt es sich um eine Verengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanal), die sich
meistens durch den degenerativen (abnutzungsbedingten) Umbau der Elemente des Bewegungssegments der
Wirbelsäule entwickelt. Über 90 % der Spinalkanalstenosen sind degenerativ bedingt.
Verengungen des Rückenmarkkanals können in seltenen Fällen auch nach Wirbelbrüchen und entzündlichen
Prozessen der Wirbel als Folge der strukturellen Veränderung des Bewegungssegments auftreten.
Spinalkanalstenosen sind auch im Rahmen seltener angeborener Erkrankungen, die mit Wirbelsäulenanomalien
einhergehen, zu finden.
(Mucopolysaccharidosen wie das Morquio Syndrom oder Wirbelfehlanlagen wie bei Klippel-Feil Syndrom)
Wo treten Spinalkanalstenosen auf?
Die Spinalkanalstenose kann in allen Wirbelsäulenabschnitten vorkommen, sie tritt aber hauptsächlich in
den Bewegungssegmenten mit der größten mechanischen Belastung, der unteren Halswirbelsäule und der
Lendenwirbelsäule auf (zervikale Spinalkanalstenose, lumbale Spinalkanalstenose).
Wodurch wird eine Spinalkanalstenose verursacht?
Die degenerative Spinalkanalstenose entwickelt sich als Folgezustand der abnutzungsbedingten
morphologischen und statischen Veränderungen des Bewegungssegments.
Durch den Verschleiß der Bandscheibe und der damit verbundenen Höhenminderung des Bandscheibenfachs
werden die auf das Bewegungssegment einwirkenden Kräfte nicht mehr physiologisch verteilt.
Durch die veränderte Druckbelastung kommt es an den knöchernen Strukturen der Wirbelkörper zur Anlagerung
von neuer Knochensubstanz (Spondylophyten), die zum Umbau des Wirbelkörpers (Spondylose) führen. Der
stabilisierende Bandapparat des betroffenen Wirbelsäulensegments erschlafft, es kommt zur Destabilisierung
der Wirbelgelenkverbindungen mit Anlagerung von Osteophyten, Verdickung der Gelenkkapsel und Umbau der
Facettengelenkflächen (Spondylarthrose). Der überdehnte Bandapparat der Wirbelsäule, insbesonders das
hintere Längsband und das gelbe Band verdicken und engen den Spinalraum weiter ein.
• Angelagerte Spondylophyten engen den Rückenmarkanal und den Kanal der Spinalnerven ein
· Verlagerung des nucleus pulposus mit Druck auf das Rückenmark
· Spondylophytenanlagerung
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Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
F 06
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Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
Eine Bandscheibenprotrusion oder ein Bandscheibenprolaps können durch die Verlagerung von
Bandscheibenanteilen in Richtung Spinalkanal zusätzlich den Raum für das Rückenmark und die Spinalnerven
einengen. Durch einen Gleitwirbel (Spondylolisthesis) kann der Spinalkanal durch Verlagerung des Wirbels
nach vorne eingeengt werden.
• Hinteres Längsband und gelbes Band sind hauptsächlich von der Verdickung betroffen
· gelbes Band (ligamentum flavum)
· hinteres Längsband (ligamentum longitudinale posterius)
Eine Bandscheibenprotrusion oder ein Bandscheibenprolaps können durch die Verlagerung von
Bandscheibenanteilen in Richtung Spinalkanal zusätzlich den Raum für das Rückenmark und die Spinalnerven
einengen. Durch einen Gleitwirbel (Spondylolisthesis) kann der Spinalkanal durch Verlagerung des Wirbels
nach vorne eingeengt werden.
• Bandscheibenprolaps mit Kompression des Rückenmarks durch den Gallertkern
· Einengung des Rückenmarkkanals mit Druck auf das Rückenmark
• Spinalkanalstenose bei Wirbelgleiten.
· 5. Lendenwirbel gleitet über S1 nach vorne
· Verengung des Rückenmarkkanals mit Kompression
· 1. Kreuzbeinwirbel (S1)
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Durch die Anlagerung von Spondylophyten am Wirbelkörper und Wirbelbogen, Verlagerung von Bandscheibenanteilen, Verdickung der Gelenkkapseln und Bändern werden die Räume für das Rückenmark und die
Spinalnerven eingeengt, wodurch Druck auf die spinalen Elemente ausgeübt wird und dadurch Schmerzen und
neurologische Symptome ausgelöst werden.
• Querschnittbild der unteren Halswirbelsäule mit Verengung des Rückenmarkkanals durch
Bandscheibenvorfall, Höhenminderung der Bandscheibenfächer, knöchernem Umbau der Wirbel, Verdickung
des hinteren Längsbandes.
· Rückenmarkkanal
· Verdickung des hinteren Längsbandes
· Bandscheibenvorfall
· Knöcherner Umbau der Wirbel
Wie wird die Spinalkanalstenose festgestellt?
Nach Erhebung der Krankengeschichte, klinischer und neurologischer Untersuchung kann die gestellte
Verdachtsdiagnose durch bildgebende Verfahren wie Nativaufnahmen mit Funktionsaufnahmen und
Schichtaufnahmen wie Computer- oder Kernspintomographie verifiziert werden.
• Nativröntgen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen
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Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
• Kernspintomographie Halswirbelsäule seitlich
Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Duralschlauch (Rückenmarkschlauch)
zusätzliche Informationen erbringen. Die Untersuchungen, bei denen wasserlösliches, vollständig
resorbierbares Kontrastmittel in den Duralschlauch gegeben wird, können Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen,
Schwindel, Übelkeit und eine Reaktion auf das Kontrastmittel („Kontrastmittelallergie“) zeigen.
• Myelographie bei Spinalkanalstenose und Bandscheibenvorfall
· Mit Kontrastmittel gefüllter Rückenmarkkanal
· Bandscheibenvorfall
Durch die neurophysiologischen Untersuchungen EMG, ENG und evozierte Potentiale wird untersucht, ob
Nervengewebe durch eine eventuell bestehende Kompression bereits geschädigt ist.
Bei Spinalkanalstenosen der Hals- und Lendenwirbelsäule wird durch eine Doppler-Ultrasonographie der
Zustand der Blutgefäße kontrolliert.
Welche Symptome gibt es?
Schmerzen im betroffenen Segment, muskulärer Hartspann der Rückenmuskulatur, schmerzhafte Triggerpunkte
und Bewegungseinschränkung zeigen sich fast immer.
Symptome, wie lokale und ausstrahlende (radikuläre) Schmerzen, motorische und sensible Ausfälle bis hin zu
Lähmungen, hängen von der jeweiligen Höhe des betroffenen Wirbelsäulensegments ab und werden bei der
zervikalen und lumbalen Spinalkanalstenose erläutert.
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F 06
F 06
Wie wird behandelt?
Konservativ:
Nicht jede radiologisch nachgewiesene Spinalkanalstenose verursacht therapiebedürftige Beschwerden.
Bei bestehenden Beschwerden wird zunächst eine konservative Behandlung mit Schmerzmedikamenten,
Infiltration von örtlichen Betäubungsmitteln in die Facettengelenke, Gabe von antiphlogistischen
(entzündungshemmenden) und Cortisonhaltigen Medikamenten in Kombination mit physikalischer Therapie
durchgeführt.
Krankengymnastik, manuelle Therapie, Akupunktur und Neurostimulation können eine Linderung bewirken.
Operativ:
Bei Krankheitsbildern mit Lähmungen und sensomotorischen Ausfällen muss das gequetschte Rückenmark
rasch operativ entlastet werden (Dekompression), um bleibende Schäden zu vermeiden. Spinalkanalstenosen,
die trotz längerer adäquater konservativer Behandlung keine Besserung der Symptomatik zeigen, werden
in der Regel ebenfalls operativ versorgt. Je nach radiologischem Befund kann die Entlastungsoperation des
Rückenmarks (Dekompression) in einer oder mehreren Wirbelsäulenetagen, ein-oder beidseitig ausgeführt
werden oder es kommen rein dekomprimierende Operationsverfahren wie Laminektomie, Hemilaminektomie
oder Laminotomie zur Anwendung, die für Entlastung des eingeengten Rückenmarks und der Spinalnerven
sorgen.
Bei Befunden, die sich über mehrere Etagen erstrecken und zur Dekompression tragende Knochenstruktur der
Wirbel entfernt werden musste, wird zusätzlich eine Versteifungsoperation (Fusionsoperation) durchgeführt, um
eine Instabilität der Wirbelsäule zu vermeiden.
Unter „Zervikale Spinalkanalstenose“ und „Lumbale Spinalkanalstenose“ stellen wir Ihnen verschiedene
Operationsverfahren vor, die bei Spinalkanalstenosen zum Einsatz kommen.
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Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
F 07
Was ist eine zervikale Spinalkanalstenose?
Es handelt sich hierbei um eine Einengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanal) der Halswirbelsäule, die
meistens durch Abnutzungserscheinungen (Degeneration) des Bewegungssegments verursacht wird. Durch die
Verengung hat das Rückenmark (Myelon) nicht mehr ausreichend Platz, durch den Druck auf das Myelon und
die abgehenden Nervenwurzeln kann es zum Auftreten von neurologischen Symptomen kommen.
Wie entsteht eine zervikale Spinalkanalstenose?
Die zervikale Spinalkanalstenose kann selten angeboren durch Fehlanlagen der Wirbel, Spina bifida oder
Meningozelen entstehen. Sie kann auch erworben durch Tumorwachstum, entzündliche Prozesse, Brüche oder
Verwachsungen nach Operationen entstehen.
Meistens entsteht die zervikale Spinalkanalstenose durch degenerativen Umbau (Verschleiß) verschiedener
Strukturen des Bewegungssegments.
Der Rückenmarkkanal der Halswirbelsäule ist in Höhe des 1. Halswirbels (C1) am weitesten, verjüngt sich nach
unten und ist ab dem 5. Halswirbel (C5) am engsten, weshalb Spinalkanalstenosen der Halswirbelsäule häufig
unterhalb von C4 auftreten.
Durch die Abnutzung der Bandscheiben und der damit verbundenen Minderung der Höhe des
Bandscheibenfachs wird das statische Gefüge des Bewegungssegments verändert, wodurch es zu strukturellen
Veränderungen kommt. Am Hinterrand der Wirbelkörper lagert sich neue Knochensubstanz (Osteophyten)
an, man spricht von einer Retrospondylose. Die Wirbelgelenke (Facettengelenke) bauen sich knöchern
um, die Gelenkkapsel verdickt, die Gelenkfläche wird arthrotisch zerstört (Spondylarthrose). Die processus
uncinati werden knöchern umgebaut, es kommt zur Ausbildung einer Unkarthrose. Zusätzlich kommt es durch
die zunehmende Instabilität des Bewegungssegments zu einer veränderten Belastung des Bandapparats
der Wirbelsegmente. Dadurch entsteht eine Verdickung der Bänder, insbesonders des gelben Bandes, das
sich zwischen den Wirbelbögen spannt (ligamentum flavum) und des hinteren Längsbandes (ligamentum
longitudinale posterius).
Neben diesen Faktoren kann der Raum für das Myelon oder die Spinalnerven durch eine
Bandscheibenprotrusion oder einen Bandscheibenprolaps einengt werden.
Sämtliche strukturellen Umbaumechanismen können zu einer Einengung des Rückenmarkkanals, der
Spinalnervenkanäle und ihrer Austrittsöffnungen führen, wodurch Druck auf das Rückenmark und die
Spinalnerven mit entsprechender Symptomatik verursacht werden kann.
• Zervikale Spinalkanalstenose
· Rückenmarkkanal
· Hinteres Längsband
· Bandscheibenvorfall
· Einengung (Stenose) des Spinalkanals
· Retrospondylose
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Zervikale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
Zervikale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
Welche Symptome verursacht die zervikale Spinalkanalstenose?
Durch Druck auf die abgehenden Spinalnervenwurzeln (Wurzelkompression) kommt es, dem Versorgungsgebiet
des gequetschten Nervens entsprechend, zu ausstrahlenden Schmerzen in den Arm (Brachialgie). Diese durch
Wurzelkompression entstandenen Symptome nennt man radikulär. Bei Zunahme der Kompression kommt es
zu Gefühlsstörungen bis hin zur Lähmung, die Reflexe können ausfallen. Bei einer durch Abnutzung bedingten
Spinalkanalstenose werden diese Symptome langsam zunehmend, bei einem Bandscheibenvorfall akut
auftreten.
• Die Schmerzausstrahlung in der Abhängigkeit vom betroffen Wirbelsegment können Sie aus der Tabelle
ersehen
Bereiche mit Schmerzen
und Gefühlsstörungen
Kennmuskel
C5
Schulter und seitlicher
Oberarm
m.deltoideus
C6
Radialer Ober- und
Unterarm, Daumen
m.biceps, m.brachioradialis
Radiusperiost
C7
Unterarmrücken, Mittel- und
Zeigefinger
Daumenballen,
m.pronator teres
Trizeps
C8
Unterarmrücken, Klein- und
Ringfinger
Kleinfingerballen,
mm.interossei, Fingerbeuger
Segment
Reflexabschwächung
• Die radikuläre Ausstrahlung bei zervikaler Wurzelkompression
· Beim Provokationstest nach Spurling werden die Schmerzen der betroffenen Seite durch Neigung
der Halswirbelsäule zur Seite, Kompression und Extension der Halswirbelsäule verstärkt. Druck- und
Klopfschmerzen können ausgelöst werden.
· Bei längerem Bestehen einer Kompression des Rückenmarks kann eine Schädigung des Rückenmarks
(Myelopathie) auftreten.
Die zervikale Myelopathie entsteht aus der Kombination von Druckschädigung des Rückenmarks durch die
bestehende Enge des Rückenmarkkanals, die bei Beugung noch verstärkt wird und einer Verschlechterung
der Durchblutungsversorgung des Rückenmarks, da durch den bestehenden Druck die arterielle
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F 07
F 07
Blutversorgung gedrosselt und der venöse Abtransport verlangsamt ist. Durch den bestehenden erhöhten
Druck kann es zur Ausbildung eines Ödems (Wasseransammlung) im Rückenmark kommen.
Diese Schädigung des Rückenmarks kann folgende Symptome zeigen:
· Gangunsicherheit, Schwäche der Beine
· Schwäche und Gefühlsstörungen der Hände
· Blasen- und Mastdarmentleerungsstörungen
· Potenzstörung
· Störung der Feinmotorik
· Reflexabschwächungen/Reflexverlust
· Positives Lhermitte-Zeichen (bei starkem Vorwärtsbeugen des Kopfes tritt ein elektrisierendes Gefühl auf, das
vom Genick über die Schultern und Wirbelsäule in Arme und Beine ziehen kann)
· Auftreten von pathologische Reflexen
· Zusätzlich können die in der Tabelle beschrieben radikulären Symptome auftreten
Wie wird die zervikale Spinalkanalstenose festgestellt?
Nach Erhebung der Krankengeschichte, klinischer und neurologischer Untersuchung kann die gestellte
Verdachtsdiagnose durch bildgebende Verfahren wie Nativaufnahmen mit Funktionsaufnahmen,
Schichtaufnahmen durch Computertomographie oder Kernspintomographie mit oder ohne Kontrastmittelgabe
verifiziert werden.
Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Duralschlauch (Rückenmarkschlauch) zusätzliche
Informationen erbringen. Die Untersuchungen, bei denen wasserlösliches, vollständig resorbierbares
Kontrastmittel in den Duralschlauch gegeben wird, können Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel,
Übelkeit und eine Reaktion auf das Kontrastmittel („Kontrastmittelallergie“) zeigen.
Durch die neurophysiologischen Untersuchungen EMG, ENG und evozierte Potentiale wird untersucht, ob
Nervengewebe durch eine eventuell bestehende Kompression bereits geschädigt ist. Eine Dopplersonograpie
kann zusätzliche Informationen über den Gefäßstatus der hirnversorgenden Schlagadern erbringen und
eventuell bestehende Gefäßverengungen nachweisen.
Wie wird die zervikale Spinalkanalstenose behandelt?
Akute und zunehmende neurologische Ausfälle sollten rasch operiert werden. Bei bleibenden radikulären
Symptomen und Schmerzen trotz adäquater konservativer Behandlung kann dem Patienten bei
Übereinstimmung von radiologischem und klinischen Befund zur operativen Versorgung geraten werden.
Konservativ Behandlung:
· Kurzfristige Ruhigstellung mit weicher Halskrause
· Wärmeanwendung gegen die verspannte Nackenmuskulatur
· Medikamentös über steroidhaltige Antiphlogistica, Schmerzmedikamente, Muskelrelaxantien
· Nach Rückgang der Schmerzen vorsichtiger Aufbau durch krankengymnastische Übungsbehandlung,
isometrischen Spannungsübungen und Massagen
· CT-gesteuerte Infiltrationsbehandlung der Facettengelenke oder Nervenwurzelblockaden
Operative Verfahren:
Ziel der Operation ist es, das Rückenmark und die Spinalwurzeln vom Druck zu befreien (Dekompression) und
das instabile Segment operativ zu versteifen (Spondylodese).
Abhängig vom jeweiligen Befund kommen Operationsverfahren mit Zugang von hinten (dorsal) oder vorne
(ventral) zum Einsatz.
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Zervikale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
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Zervikale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
Der Einsatz von Operationsverfahren von vorne erlaubt die saubere Darstellung sämtlicher vorderen Anteile
der Halswirbelsäule einschließlich der arteria vertebralis, die Präparation kann schonend innerhalb von
vorgegebenen
Weichteilsepten mit geringer Traumatisierung der Halsweichteile durchgeführt werden.
Die Nachteile des vorderen Zugangs an der oberen Halswirbelsäule bestehen in der möglichen Schädigung
folgender anatomischer Strukturen:
· nervus hypoglossus
· nervus laryngeus superior
· arteria carotis interna
· glomus caroticum
Die Nachteile des vorderen Zugangs im Bereich der unteren Halswirbelsäule bestehen in der möglichen
Schädigung des:
· ganglion stellatum
· nervus laryngeus recurrens
Die Nachteile des hinteren Zugangs im Bereich der Halswirbelsäule sind:
· durch die erforderliche ausgedehnte Muskelablösung entsteht ein ausgedehntes Weichteiltrauma mit
möglicher Schädigung folgender Muskeln:
- musculus rectus capitis posterior minor
- musculus rectus capitis posterior major
- musculus obliquus capitis inferior
· mögliche Schädigung der arteria vertebralis im Bereich der oberen Halswirbelsäule
Die Wahl zwischen einem vorderen, einem hinteren oder einem kombinierten Zugangsweg ist von folgenden
Faktoren abhängig:
· Lage und Ausdehnung des vorliegenden Prozesses
· Ausmaß der operativen Destabilisierung
· Wahl des Instrumentariums
· sagittalem Profil
In Abhängigkeit vom individuell vorliegenden Ausgangsbefund können folgende Operationstechniken bei der
operativen Versorgung von zervikalen Spinalkanalstenosen zum Einsatz kommen:
· Ventrale Fusion nach Cloward-Robinson
· Dorsale Dekompression mit zervikaler Fusion
· Ventrale Corpectomie mit zervikaler Spondylodese
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Was ist eine lumbale Spinalkanalstenose?
Es handelt sich um eine Verengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanal) und der Kanäle (recesssus laterales)
und Austrittsöffnungen (foramina intervertebralia) der abgehenden Spinalnervenwurzeln im Bereich der
Lendenwirbelsäule.
Wodurch wird sie verursacht?
Die degenerative Veränderung der Bandscheibe mit Höhenverlust im Bandscheibenfach verursacht
weitreichende Veränderungen im entsprechenden Bewegungssegment. Es kommt zum knöchernen Umbau
der Wirbelkörper (Spondylose), die Wirbelgelenke werden durch die entstehende Fehlbelastung arthrotisch
umgebaut, die Gelenkflächen werden zerstört, die Gelenkkapsel ist verdickt (Spondylarthrose). Das
Bewegungssegment wird durch diese Veränderungen instabil, der stabilisierende Bandapparat der Wirbelsäule
erschlafft in den betroffenen Segmenten. Inbesonders das gelbe Band (ligamentum flavum) und das hintere
Längsband (ligamentum longitudinale posterius) verdicken.
Man unterscheidet eine zentrale Einengung des Rückenmarkkanals und die Einengung der seitlich (lateral)
liegenden Kanäle der abgehenden Spinalnervenwurzeln. (Stenose des lateralen Rezessus)
Die strukturellen Umbaumechanismen des Bewegungssegments führen durch die Verdickung des ligamentum
flavum und der Wirbelgelenke zur zentral gelegenen Verengung des Rückenmarkkanals. Die Verengung des
lateralen Rezessus wird durch Anlagerung von Osteophyten an Teilen der Wirbelkörperhinterkante und der
Wirbelbögen, sowie Anteilen des Facettengelenk und des Pedikels hervorgerufen.
Tritt das Bandscheibenleiden in mehreren Bewegungssegmenten auf, kann dies zur Aufhebung der
physiologischen Biegung der Lendenwirbelsäule führen. Die Aufhebung dieser Lendenlordose führt zu einer
Verlagerung der Schwerpunktlinie der Wirbelsäule nach vorne. Durch die veränderten Schwerpunktverhältnisse
werden die an der Wirbelsäule einwirkenden Kräfte (Biegungs-, Dreh- und Scherkräfte) verändert.
Die bestehende Instabilität des Bewegungssegments kann in Verbindung mit einer gleichmäßigen Abnutzung
der Bandscheiben (symmetrischer Degeneration) durch die verändert einwirkenden Kräfte zu einem
Vorwärtsgleiten eines Wirbels führen (Spondylolisthesis), wodurch es auch zur Einengung des Spinalkanals
kommen kann.
• Normales Bewegungssegment der Lendenwirbelsäule
· Wirbelkörper
· Querfortsatz
· Dornfortsatz
· Bandapparat
· Bandscheibe
· Wirbelgelenk
· Spinalnerv
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Lumbale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
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Lumbale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
• Durch Instabilität bewirken die veränderten Kräfteverhältnisse eine Verschiebung der Wirbel (Translation)
· Einengung des foramen intervertebrale
· Arthose des Wirbelgelenks (Spondylarthrose)
• Die Verschiebung eines Wirbels nach vorn (Spondylolisthesis ) führt zur Einengung des Spinalkanals
· Einengung des Spinalkanals in Höhe L5/S1
Bei Instabilität und ungleichmäßiger Abnutzung der Bandscheiben (asymmetrische Degeneration) kann es
durch auftretende Rotationskräfte zur Ausbildung einer degenerativen Lumbalskoliose kommen.
Sämtliche Veränderungen führen zur Verengung der Räume für das Rückenmark und die abgehenden Nerven,
wodurch Druck auf die Nervenstrukturen ausgeübt wird.
• Spinalkanalverengung der Lendenwirbelsäule in Höhe L3/4 und L4/5
· Bandscheibenvorfall
· Spinalkanalstenose
· Retrospondylose
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Lumbale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
Welche Symptome gibt es?
Schmerzen im betroffenen Segment, muskulärer Hartspann der Rückenmuskulatur im Lendenbereich,
Schmerzen im Gesäß, schmerzhafte Triggerpunkte und Bewegungseinschränkung zeigen sich fast immer.
Im Sitzen oder in Körperhaltungen, bei denen die Lendenwirbelsäule nach hinten gebogen (kyphosiert) wird,
nehmen die Beschwerden oftmals ab, da durch diese Position der Bandapparat der Wirbelsäulensegmente
gedehnt wird, wodurch der Platz im Rückenmarkraum erweitert wird und das Rückenmark entlastet wird.
Symptome, wie lokale und ausstrahlende (radikuläre) Schmerzen, motorische und sensible Ausfälle bis hin zu
Lähmungen, hängen von der jeweiligen Höhe des betroffenen Wirbelsäulensegments ab.
• Die lumbalen Wirbelsegmente
· 1. Lendenwirbel (L1)
· 2. Lendenwirbel (L2)
· 3. Lendenwirbel (L3)
· 4. Lendenwirbel (L4)
· 5. Lendenwirbel (L5)
· 1. Kreuzbeinwirbel (S1)
• Verteilungsmuster der Schmerzen und Sensibilitätsstörungen bei radikulären Symptomen durch
Nervenwurzelkompression der lumbalen spinalen Segmente
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Lumbale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
• Die Areale der Schmerzempfindung und Sensibilitätsstörung, sowie die Muskeln, die in der Motorik gestört
sein können, sind in der Tabelle aufgeführt
Lendenwirbelsegment
Region der empfundenen Kennmuskel der
Schmerzen und der
motorischen
Reflexabschwächung
Gefühlsstörungen
Störung
Nervendehnungsschmerz
Leistengegend
Iliopsoas
Dehnungsschmerz der
nervus femoralis
L3
Außen- und Vorderseite
des Oberschenkels
Iliopsoas,
Quadrizeps
Patellarsehnenreflex
Dehnungsschmerz der
nervus femoralis
L4
Außen- und Vorderseite des
Oberschenkels, Innenseite
von Unterschenkel und Fuß
Quadrizeps
Patellarsehnenreflex
Dehnungsschmerz der
nervus femoralis, positiver
Lasègue
L5
Außenseite Unterschenkel,
innen liegender Fußrücken,
Großzehe
Extensor hallucis
longus
S1
Leistengegend
Trizeps surae
L1/L2
positiver Lasègue
Achillessehnenreflex
positiver Lasègue
Die lateralen Spinalkanalstenosen lösen durch Druck auf die Spinalnerven ein- oder beidseitige
Wurzelreizerscheinungen aus, die der Höhe des betroffenen Wirbelsegments entspricht. Die zentralen
Spinalkanalstenosen bewirken diffuse Schmerzen und Schwäche in den Beinen beim Laufen und Stehen, beim
Liegen oder Sitzen sind die Beschwerden rückläufig. Man spricht bei dieser Symptomatik von einer neurogenen
Claudicatio.
Bei massivem Druck auf das Rückenmark kann es zum Caudasyndrom, zur Schädigung des verlängerten
Rückenmarks, mit Lähmungserscheinungen an den Beinen und Störungen der Blasen-und Mastdarmfunktion
kommen.
Gibt es Erkrankungen, die eine ähnliche Symptomatik zeigen können (Differentialdiagnose)?
Da die lumbale Spinalkanalstenose ein breites Spektrum an Symptomen aufzeigen kann, ist es möglich, dass
auch andere Krankheiten diese Symptome verursachen.
Krankheiten mit ähnlichem Beschwerdebild sind:
Lumbaler Bandscheibenvorfall, Spondylolisthesis, Spinale Tumoren, Entzündungen (Spondylodiszitis, epiduraler
Abszess, Borreliose), Arthrose des Iliosakralgelenks, Hüftarthrose, Durchblutungsstörung der Becken- und
Beinschlagadern, Bauchaortenaneurysma, Neuropathien.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Nach Erhebung der Krankengeschichte, klinischer und neurologischer Untersuchung kann die gestellte
Verdachtsdiagnose durch bildgebende Verfahren wie Nativaufnahmen mit Funktionsaufnahmen,
Schichtaufnahmen durch Computertomographie oder Kernspintomographie mit oder ohne Kontrastmittelgabe
verifiziert werden.
Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Duralschlauch (Rückenmarkschlauch) zusätzliche
Informationen erbringen. Die Untersuchungen, bei denen wasserlösliches, vollständig resorbierbares
Kontrastmittel in den Duralschlauch gegeben wird, können Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel,
Übelkeit und eine Reaktion auf das Kontrastmittel („Kontrastmittelallergie“) zeigen.
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Durch die neurophysiologischen Untersuchungen EMG, ENG und evozierte Potentiale wird untersucht, ob
Nervengewebe durch eine eventuell bestehende Kompression bereits geschädigt ist. Eine Dopplersonograpie
kann zusätzliche Informationen über den Gefäßstatus der Haupt- und Beinschlagadern erbringen und eventuell
bestehende Gefäßverengungen nachweisen.
Wie wird behandelt?
Konservativ:
Bei bestehenden Beschwerden wird zunächst eine konservative Behandlung mit Schmerzmedikamenten,
Infiltration von örtlichen Betäubungsmitteln in die Facettengelenke, Gabe von antiphlogistischen
(entzündungshemmenden) und Cortisonhaltigen Medikamenten in Kombination mit physikalischer Therapie
durchgeführt.
Krankengymnastik, manuelle Therapie, Akupunktur und Neurostimulation können eine Linderung bewirken.
Operativ:
Bei Krankheitsbildern mit Lähmungen und sensomotorischen Ausfällen muss das gequetschte Rückenmark
rasch operativ entlastet werden (Dekompression), um bleibende Schäden zu vermeiden.
Spinalkanalstenosen, die trotz längerer adäquater konservativer Behandlung keine Besserung der Symptomatik
zeigen werden in der Regel ebenfalls operativ versorgt.
Je nach vorliegendem Befund kann die Entlastungsoperation des Rückenmarks (Dekompression) in einer oder
mehreren Wirbelsäulenetagen ausgeführt werden.
Es kommen rein dekomprimierende Operationsverfahren, wie Eröffnung des recessus lateralis, Laminektomie,
Hemilaminektomie oder Laminotomie zur Anwendung, die für Entlastung des eingeengten Rückenmarks und
Spinalnerven sorgen.
Bei Befunden, die sich über mehrere Etagen erstrecken und zur Dekompression tragende Knochenstruktur der
Wirbel entfernt werden musste, wird zusätzlich eine Versteifungsoperation (Fusionsoperation) durchgeführt, um
eine Instabilität der Wirbelsäule zu vermeiden.
Bei der operativen Versorgung von lumbalen Spinalkanalstenosen werden in Abhängigkeit vom
Ausgangsbefund folgende Operationsverfahren häufig eingesetzt:
· Mono/bisegmentale Dekompression und Fusion in TLIF- oder ALIF-Technik
· Dorsale Dekompression mit dorsolateral instrumentierter Fusion
· dorsale Dekompression mit dorsaler Instrumentation und ventraler Abstützung
· Corpectomie mit lumbaler Spondylodese
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Lumbale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen
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Degenerative Lumbalskoliose · Degenerative Erkrankungen
Was ist eine degenerative Lumbalskoliose?
Es handelt sich um ein Krankheitsbild im Bereich der Lendenwirbelsäule, das sich durch degenerative
multisegmentale Veränderungen der Bewegungssegmente (Verschleiß in mehreren Lendenwirbeletagen)
entwickelt und eine Seitabweichung der Wirbelsäule in der Frontalebene (Skoliose), eine Verengung des
Rückenmarkkanals (Spinalkanalstenose), sowie Instabilität der Wirbelsegmente zeigt.
Wie wird diese Erkrankung verursacht?
Die Bandscheiben unterliegen einem normalen Alterungsprozess, der sich durch einen veränderten
Stoffwechsel der Bandscheibe und Fehlbelastung der Wirbelsäule entwickelt.
Die Bandscheiben verlieren ihre Elastizität, es zeigen sich Risse im äußeren Faserring (anulus fibrosus), der
innere Gallertkern (nucleus pulposus) wird durch den Wasserverlust derb und es kann zu Höhlenbildungen im
Bandscheibengewebe mit Gasansammlungen kommen (Vakuumphänomen). Diese ersten Veränderungen der
Osteochondrose zeigen sich im Röntgenbild durch einen Höhenverlust des Zwischenwirbelraums.
• Röntgen der Lendenwirbelsäule seitlich.
Osteochondrose L5/S1 mit Verschmälerung des Bandscheibenfachs L5/S1.
· 5. Lendenwirbel
· Verschmälerung des Bandscheibenfachs L 5/S1 mit knöchernem Umbau der Wirbel
(Osteochondrose)
· 1. Kreuzbeinwirbel
In der Folgezeit können sich Bandscheibenverlagerungen (Protrusion) oder Bandscheibenvorfälle (Prolaps)
mit Kompression auf das Rückenmark und die Spinalnerven einstellen. Dieser Abnutzungsprozess der
Bandscheiben setzt gravierende Veränderungen der Stabilität des Bewegungssegments in Gang. Die
Bandscheiben können die auftreffenden Kräfte nicht mehr dämpfen, die veränderten Druckverhältnisse
bewirken einen Anbau von neuer Knochensubstanz an den Wirbeln, es kommt zur Spondylose.
• Spondylose L2-L5 mit exophytären Ausziehungen an den Grund- und Deckplatten, Höhenminderung der
Bandscheibenräume zwischen L2-L5
· Höhenminderung des Bandscheibenfachs
· Knöcherner Umbau an der Grundplatte
· Knöcherner Umbau an der Deckplatte
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Degenerative Lumbalskoliose · Degenerative Erkrankungen
• Das Wirbelsegment wird instabil, durch die veränderten Scherkräfte kommt es zur strukturellen Veränderung
der kleinen Wirbelgelenke mit asymmetrischer Arthrose der Gelenkflächen (Spondylarthrose)
· Arthrose der Wirbelgelenke
(Spondylarthrose)
Der komplexe Bandapparat, der die Wirbel untereinander stabilisiert, wird gedehnt und verdickt (Hypertrophie),
wodurch ein weiteres destabilisierendes Element hinzukommt.
Sämtliche bisher gezeigten Entwicklungsschritte führen zu einer Dysbalance des Bewegungssegments,
das normalerweise in einem Gleichgewichtszustand zwischen intakter Bandscheibe und stabilisierendem
Bandapparat steht, wobei die Wirbelgelenke als Drehpunkt wirken. Die Instabilität und Gefügelockerung
verändert in der Folgezeit die normalen Winkelverhältnisse der einzelnen Segmentstrukturen zueinander. Durch
einen zunehmend erweiterten Wirbelbogenwinkel (Winkel zwischen der Achse der unteren Wirbelgelenke und
der Wirbelbogenwurzel) kann ein Vorwärtsgleiten eines Wirbels (Pseudo-Spondylolisthesis) verursacht werden.
Dieses degenerative Wirbelgleiten sieht man fast ausschließlich am 4. Lendenwirbel, selten in den Wirbeletagen
L3/L4 oder L5/S1.
• Wirbelgleiten nach vorm (Pseudolisthesis L4)
· 4. Lendenwirbel
· L4 steht vor L5
· 5. Lendenwirbel
Durch die genannten Veränderungen des Wirbelsegments, die Instabilität verursacht durch Spondylose,
Spondylarthrose, Bandscheibendegeneration mit Prolaps oder Protrusion sowie dem degenerativen
Wirbelgleiten kann es zur Ausbildung einer Verengung des Rückenmarkkanals kommen (Spinalkanalstenose).
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Degenerative Lumbalskoliose · Degenerative Erkrankungen
• Lumbale Spinalkanalstenose L3-L5
· Bandscheibenvorfall
· Spinalkanalstenose
· Retrospondylose
Die degenerative Lumbalskoliose entsteht durch das multisegmentale Auftreten der oben geschilderten
Mechanismen im einzelnen Bewegungssegment. Eine asymmetrische (ungleiche) Abnutzung der
Bandscheiben scheint zusätzlich eine bedeutende Rolle zu spielen. Treten diese Veränderungen in mehreren
Lendenwirbeletagen übereinander auf, kommt es durch die ausgeprägte Instabilität zu einer Seitabweichung
der Lendenwirbelsäule und zur Ausbildung einer skoliotischen Deformität. Durch die bestehende Instabilität
kommt es zum Verlust der Rotationskontrolle der Lendenwirbelsäule, wodurch die physiologische Krümmung
der Lendenwirbelsäule (Lordose) aufgehoben wird und das normale sagittale Wirbelsäulenprofil verloren geht.
• Degenerative Lumbalskoliose mit ausgeprägten Veränderungen der Wirbelkörper, Seitabweichung und
Aufhebung der Lendenlordose
Welche Diagnostik wird durchgeführt?
Zunächst erfolgen Befragung, körperliche und neurologische Untersuchung. Über Röntgenaufnahmen der
Lendenwirbelsäule, Computer- oder Kernspintomographie kann das Ausmaß der bestehenden knöchernen
Veränderungen, eine bestehende Seitabweichung der Wirbelsäule, Bandscheibenvorfälle oder eine Verengung
des Rückenmarkkanals festgestellt werden. Elektrophysiologische Untersuchungen weisen eventuell
bestehende Schädigungen des Rückenmarks oder der Spinalnerven nach.
Welche Symptome gibt es?
Die Lendenwirbelsäule ist schmerzhaft, bei bestehender Skoliose ist die Seitabweichung vom Körperlot zu
sehen, die Lendenmuskulatur ist verspannt.
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Die Lumbalskoliose kann sämtlich Symptome, die durch lumbale Bandscheibenleiden und die lumbale
Spinalkanalstenose hervorgerufen werden, aufzeigen.
Abhängig von der Lokalisation eines Bandscheibenvorfalls oder einer bestehenden Spinalkanalstenose mit
Druck auf das Rückenmark oder die Spinalnerven können lokale und in die Beine ausstrahlende Schmerzen
und Gefühlsstörungen als Zeichen einer neurogenen Claudicatio auftreten.
Bei ausgeprägten Befunden kann durch Kompression des Rückenmarks ein Caudasyndrom mit Störung der
Blasen- und Mastdarmfunktion auftreten.
Mit Zunahme der Wirbelsäulendeformierung kann es zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität
kommen.
Wie wird behandelt?
Die konservative Behandlung erfolgt durch Krankengymnastik, isometrischen Übungen zur Stabilisierung der
Rückenmuskulatur und physikalischen Anwendungen.
Schmerz- und entzündungshemmende Medikamente, Infiltrationsbehandlung mit Lokalanästhetika und
Kortikoiden, gegebenenfalls das Tragen eines Stützkorsetts können eine Linderung bewirken.
Das operative Vorgehen verfolgt als Ziel die Reduzierung von Schmerzen, Dekompression des Rückenmarks
und der Spinalnerven, die Wiederherstellung des frontalen und sagittalen Wirbelsäulenprofils und Vermeidung
von weiterer Instabilität. Bei bestehendem Caudasyndrom oder rasch zunehmenden neurologischen Defiziten
muss zügig eine operative Dekompression des Rückenmarks und der Nervenwurzel durchgeführt werden.
(absolute Operationsindikation)
Abhängig von der jeweilig vorliegenden Befundkonstellation gibt es verschiedene Operationsverfahren zur
operativen Versorgung der degenerativen Lumbalskoliose.
Das jeweilige Operationsverfahren muss immer individuell abgestimmt werden. Grundsätzlich gilt jedoch, dass
die Mehrzahl der Eingriffe ausschließlich von hinten (dorsal) ausgeführt werden können.
Operationen mit einem Zugang von vorne (ventral) sind dann erforderlich, wenn durch dorsale Maßnahmen die
Fehlstellung der unteren Lendenwirbelsäule nicht beseitigt werden kann oder wenn die ausgeprägte lumbale
Kyphose alleine durch dorsale Verfahren nicht genügend korrigiert werden kann.
Folgende Operationsverfahren werden bei der degenerativen Lumbalskoliose häufig eingesetzt:
· Mehrsegmentale Dekompression mit Fusion in TLIF- oder ALIF-Technik
· Dorsale Aufrichtungsspondylodese mit ausschließlich dorsolateraler Fusion
· Pedikel-Substraktionsosteotomie in Kombination mit mehrsegmentaler Spondylodese in TLIF- oder ALIFTechnik
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Degenerative Lumbalskoliose · Degenerative Erkrankungen
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Infektiöse Spondylodiszitis · Entzündliche Erkrankungen
Was ist eine Spondylodiszitis?
Eine Spondylodiszitis ist eine Entzündung, die Grund- und Deckplatten der Wirbel, sowie die zugehörige
Bandscheibe befällt und häufig von einer Spondylitis (Entzündung des Wirbelkörpers) begleitet wird. Die
infektiöse Spondylodiszitis wird von Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten hervorgerufen und kann zur
Deformität von Wirbelsegmenten und neurologischen Komplikationen führen.
• Anatomische Strukturen des Bewegungssegments
· Grundplatte
· Bandscheibe
· Deckplatte
· Wirbelkörper
· Spinalnerv
• Wirbel von oben, topographische Beziehung der Bandscheibe zu Rückenmark und Spinalnerven
· Rückenmark
· Spinalnerv
Bandscheibe mit:
· Faserring
· Gallertkern
Wie werden die Spondyloliszitiden (Entzündung von Wirbeln und Bandscheiben) eingeteilt?
Die entzündlichen Erkrankungen der Wirbelsäule können in die Gruppe der nicht infektiösen Krankheitsbilder
des rheumatischen Formenkreises, wie zum Beispiel die Rheumatoide Arthritis oder die Spondylitis
ankylopoetica und in die Gruppe der infektiös entzündlichen Krankheitsbilder eingeteilt werden. Als Ursachen
für einen infektiös entzündlichen Befall der Wirbelsäule kennt man:
1. Spondylodiszitis durch bakterielle Infektion
Der bakterielle Befall der Wirbelsäule wird in eine spezifische und eine unspezifische Untergruppe eingeteilt.
Zu den wichtigsten Erregern der spezifischen bakteriellen Spondylodiszitis zählt man:
Mycobacterium tuberculosae, der Erreger der Tuberkulose, ist ein säurefestes unbewegliches
Stäbchenbakterium, das meist durch Tröpfcheninfektion (aerogen), seltener durch Hautverletzungen oder oral
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Infektiöse Spondylodiszitis · Entzündliche Erkrankungen
übertragen wird und weltweit vorkommt.
Die Tuberkulose befällt in der Regel die Lunge oder das Urogenitalsystem (Niere und ableitende Harnwege)
als Primärherd. Von dort können Tuberkelbakterien über die Lymphwege zur Wirbelsäule gelangen. An den
Wirbeln führt der Befall zu verkäsenden Nekrosen (Gewebeuntergang) mit Granulombildung, Osteomyelitis
(Entzündung von Knochen und Knochenmark) und Abszessen, die durch Eindringen in den Rückenmarkkanal
zur Kompression des Rückenmarks und zu Lähmungen führen können. Die Destruktion der Wirbel und das
fortschreitende Übergreifen auf benachbarte Wirbel kann zur Ausbildung einer kyphotischen Fehlstellung der
Wirbelsäule bis hin zur typischen Gibbusbildung („Buckel“) führen.
Die unbehandelte Tuberkulose im Endstadium weist die typische „Pott-Trias“ auf:
Gibbusbildung durch Wirbeldestruktion, Lähmung (Paraplegie) durch Eindringen der Wirbelabszesse in
den Rückenmarkkanal oder bei fortschreitender Gibbusbildung durch Einengung und Kompression des
Rückenmarks, sowie Abszessbildung im Bereich des Psoasmuskels durch Fortleitung der Wirbelabszesse.
Mycobacterium leprae, der Erreger der Leprakrankheit („Aussatz“), ist ein grampositives, säurefestes
Stäbchenbakterium, das durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen wird.
Lepra tritt hauptsächlich in den Tropen und Subtropen auf und führt zu einer granulomatösen Entzündung, die
sich über das Nervensystem, die Blutbahnen und die Lymphwege ausbreitet. Es kommt zur Ausbildung von
knotigen Veränderungen in der Haut und den peripheren Nerven, wodurch Gefühlsstörungen und Lähmungen
an Armen und Beinen, sowie häufig eine Lähmung des Gesichtsnerven auftreten kann. Die veränderten
Areale (Leprome) können zur Zersetzung ganzer Körperregionen führen. An der Wirbelsäule können ähnliche
Symptome wie bei dem Befall mit Tuberkelbakterien auftreten.
Brucellabakterien, die Erreger der Brucellose (Bangsche Krankheit, Maltafieber) sind kleine, unbewegliche,
gramnegative Stäbchenbakterien, die von Tieren (Hund, Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen) auf
den Menschen übertragen werden. Neben Fieberschüben, Leber- und Milzschwellungen kann es zu
einem entzündlichen Befall der Wirbel (Spondylitis), zu Entzündungen der Knochen (Osteomyelitis),
Schleimbeutelentzündungen (Bursitis), Gelenkentzündungen, Hirnhautentzündung (Meningoenzephalitis), zu
Infektionen des Urogenitaltrakts und zu Entzündungen der Herzklappen und Herzhäute kommen.
Salmonella typhosa, die eine schwere bakterielle ansteckende Erkrankung des Verdauungstrakts hervorrufen,
gehören zu einer großen, gramnegativen Gruppe von Stäbchenbakterien, die durch direkte orale Aufnahme von
verschmutztem Wasser oder infizierter Nahrung, seltener durch Schmierinfektion übertragen werden.
Die Bakterien werden über den Mund aufgenommen, gelangen in den Dünndarm und vermehren sich nach
Durchwanderung der Darmwand in den regionären Lymphknoten.
Über die Blutbahnen erfolgt dann die bakterielle Aussaat in die Leber, Milz, Nieren, Darm, Hirnhäute, Gelenke,
Knochen und Knochenmark. Im Vollbild der Erkrankung können, neben der Osteomyelitis und der Spondylitis
typhosa (Entzündung der Wirbel) als Komplikation an der Wirbelsäule, auch Herzmuskelentzündungen,
Hirnödem (Hirnschwellung), Durchbruch des Dünndarms durch auftretende Darmgeschwüre mit Peritonitis
(Bauchfellentzündung) und Herz- Kreislaufversagen auftreten.
Zu den wichtigsten Vertretern der unspezifisch bakteriellen Spondylodiszitis zählt man folgende Bakterien:
· Staphylokokkus aureus,
· Staphylokokkus epidermidis
· Streptokokkus viridans
· Escherichia coli
· Pseudomonas aeruginosa
· Pneumokokken
· Clostridium perfringens
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G 01
· Proteus mirabilis
Diese Bakterien können teilweise eitrige Entzündungen, Lungen- oder Harnwegsentzündungen hervorrufen,
die dann durch Keimverschleppung vom primären Entzündungsherd über die Blut- oder Lymphbahnen auch die
Wirbelsäule besiedeln können, dort zu Abszessen und Einschmelzung der Wirbel und Bandscheiben führen,
wobei es durch Einbruch der Abszesse in den Rückenmarkkanal zu schweren neurologischen Komplikationen
kommen kann.
Der bakterielle Befall der Wirbelsäule kann, neben einem primären Entzündungsherd wie eine
Lungenentzündung oder eine Entzündung im Bauch- oder Beckenraum (endogene Ursache), auch durch so
genannte exogene (von außen kommende) Faktoren wie Schuss- oder Stichverletzungen mit Eindringen dieser
Bakterien oder durch Infektionen nach einer Operation erfolgen (iatrogen).
2. Spondylodiszitis durch nicht bakterielle Ursache
Insbesonders bei immungeschwächten Patienten, Schwerkranken oder Intensivpatienten können Entzündungen
der Wirbel und Bandscheiben auch durch Viren, Pilze (Candida albicans, Aspergillus ) oder durch parasitären
Befall mit dem Hunde-, Schafs- oder Fuchsbandwurm (Echinokokkus) hervorgerufen werden, wobei der
Echinokokkusbefall an der Wirbelsäule zu ausgeprägten Zystenbildungen an der Wirbelsäule führen kann.
Wie gelangen die Erreger zur Wirbelsäule?
Es gibt mehrere Wege, über die Keime die Wirbel und Bandscheiben erreichen können:
· Über die Blutbahnen (hämatogen)
Entzündungsherde, die von der Wirbelsäule entfernt liegen, können die Wirbelkörper entweder arteriell über
die versorgenden Endarterien der Wirbel oder durch eine Strömungsumkehr im Batson Venenplexus durch
eine Druckerhöhung auf venösem Weg mit Erregern erreichen.
· Über die Lymphbahnen (lymphogen)
· Durch einen Entzündungsherd in der Nähe der Wirbelsäule, der auf die Wirbel übergreift (per continuitatem)
· Durch eine postoperative Wundinfektion (iatrogen).
Welche Symptome kann es bei einer Spondylodiszitis geben?
· Klopfend, pulsierende Rückenschmerzen
· Bewegungs- und belastungsabhängige Rückenschmerzen
· Druck- und Stauchschmerz der Wirbelsäule, Schonhaltung
· Gewebeuntergang (Nekrose) von Wirbel und Bandscheibe
· Eitrige Einschmelzung (Abszess)
· Untere Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule sind am häufigsten betroffen.
· Zerstörung der knöchernen Wirbelstruktur mit Ausbildung von Deformitäten (Gibbus)
· Fieber
· Erhöhung der Entzündungsparameter in der Laboruntersuchung (CRP, BSG, Leukozyten)
· Schwerwiegende neurologische Komplikationen mit sensomotorischen Ausfällen (Paraplegie, Lähmungen)
durch Eindringen von Abszess- oder Nekrosematerial in den Rückenmarkkanal mit Kompression des
Rückenmarks.
· Komplikationen durch fortgeleitete Abszessbildung:
· Psoasabzess
· Paravertebrale (neben den Wirbeln liegende) Weichteilabszesse
· Spezifische, nicht auf die Wirbelsäule bezogene Symptome anderer Organgruppen, die durch die auslösenden
Erkrankungen (z.B. Tuberkulose, Typhus usw.) verursacht werden.
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Infektiöse Spondylodiszitis · Entzündliche Erkrankungen
G 01
Welche Diagnostik wird bei einer Spondylodiszitis durchgeführt?
1. Anamnese:
· Gibt es einen bakteriellen Infekt in der kürzeren Vorgeschichte?
· Gibt es operative oder therapeutische Eingriffe an der Wirbelsäule, die nur kurz zurückliegen?
· Liegen auslösende Erkrankungen wie Tuberkulose oder eine Salmonellose vor?
· Liegen Autoimmunerkrankungen oder ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) vor?
2. Klinisch körperliche und neurologische Untersuchung:
· Wo liegen Schmerzen vor?
· Liegen radikuläre oder pseudoradikuläre neurologische Symptome vor?
3. Labordiagnostik:
Es gibt keinen Blutwert, den man bestimmen könnte, der beweisend für das Vorliegen einer Spondylodiszitis ist.
Die Werte, die als Hinweis auf einen entzündlichen Prozess dienen, können erhöht sein.
· Sind die Entzündungsparameter Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), das C-reaktive Protein (CRP) oder die
weißen Blutkörperchen (Leukozyten) erhöht?
· Ist die PMN-Elastase als Marker für einen akut entzündlichen Prozess erhöht?
· Sind die Lymphozyten erhöht?
· Ist der Tine-Test positiv (Tuberkulosediagnostik)
4. Nachweis des Erregers:
Die Spondylodiszitis kann entweder durch den histologischen (feingeweblichen) oder mikrobiologischen
Nachweis des Erregers nachgewiesen werden.
Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Spondylodiszitis kann man durch Feinnadel- oder Stanzbiopsien
Gewebematerial aus einem suspekten Wirbelabschnitt gewinnen. Dieses Material kann dann feingeweblich
unter dem Mikroskop untersucht werden. Mit Teilen des Materials beimpft man Nährböden, auf denen eventuell
vorhandene Keime angezüchtet werden können, die anschließend identifiziert werden können.
Ein Erregernachweis kann auch über die bakteriologische Untersuchung von Blut, Sputum (Speichel),
Magensaft und Urin erfolgen.
5. Bildgebende Verfahren:
· Konventionelles Röntgen (a.p. und seitlicher Strahlengang)
· Liegen Arrosionen der Grund- und Deckplatten der Wirbel vor?
· Liegen Destruktionen des Wirbelkörpers oder der Bogenwurzel vor?
· Zeigt sich ein paravertebraler Weichteilschatten als Hinweis für eine paravertebrale Abszessbildung?
· Findet man Keilwirbel als Hinweis für die entzündlich-destruktive Zusammenszinterung
(Zusammenbruch) des betroffenen Wirbels?
· Zeigt sich eine Verschmälerung des Zwischenwirbelraums als Hinweis auf eine Höhenminderung der
Bandscheibe?
· Kann eine Gibbusbildung nachgewiesen werden?
· Finden sich Sklerosierungen, Randosteophyten oder Blockwirbelbildungen als Zeichen eines
Reparationsversuchs?
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Infektiöse Spondylodiszitis · Entzündliche Erkrankungen
G 01
· Skelettszintigraphie
Da die radiologischen Zeichen der entzündlichen Zerstörung im Bereich der Wirbelsäule im Anfangsstadium
nicht nachweisbar sind, ist das 3-Phasen-Skelettszintigramm in der Anfangsphase eine wertvolles Instrument,
da die Entzündungsherde in dieser Untersuchung sehr gut und früh darstellbar sind.
· Computertomographie (CT), Kernspintomographie (MRT) mit oder ohne Kontrastmittel
Mit diesen Untersuchungsverfahren lassen sich die betroffenen Regionen in dünnen Schichten sehr gut und
aussagekräftig darstellen. Veränderungen des spöngiösen Aufbaus des Wirbels, Bandscheiben, Rückenmark
und Nerven können differenziert beurteilt werden. Bestehende Abszesse im Epiduralraum oder paravertebral
können lokalisiert, im Verlauf kontrolliert oder, je nach Lage des Abszesses, CT-gesteuert punktiert oder
drainiert werden. Bei einer Spondylodiszitis mit unbekanntem Primärherd können diese Verfahren bei der
Suche nach dem verursachenden Entzündungsherd hilfreich eingesetzt werden.
Wie wird die Spondylodiszitis behandelt?
Die Behandlung richtet sich immer nach dem Schweregrad des vorliegenden Wirbelsäulenbefunds und einer
eventuell bestehenden Grunderkrankung.
Das Ziel der Behandlung besteht in einer völligen Ausheilung des entzündlichen Wirbelsäulenbefalls mit einer
funktionell guten Wirbelsäulenstellung.
Die unkomplizierte Spondylodiszitis kann bei entsprechender Befundkonstellation mit folgenden Maßnahmen
konservativ behandelt werden:
· antibiotisch medikamentös nach Erregeraustestung
· Immobilisation durch Bettruhe für mehrere Wochen, abhängig vom Befund
· Korsettbehandlung über mehrere Monate, abhängig vom Befund
Bei einer komplizierten Spondylodiszitis mit neurologischen Komplikationen, ausgeprägten Deformitäten mit
Stellungsverlust der Wirbelsäule, Abszessbildungen im Epiduralraum oder dem Versagen der antibiotischen
Behandlung besteht die Indikation für ein operatives Vorgehen.
Ziele des operativen Vorgehens sind ein radikales Ausräumen des entzündlich zerstörten Gewebes
(Debridement) und eine stabile Rekonstruktion des bestehenden Defekts in funktionell befriedigender Stellung.
Es gibt keinen internationalen Standard für die operative Behandlung der Spondylodiszitis.
Je nach betroffenem Wirbelsäulenabschnitt und vorliegendem Lokalbefund kommen verschiedene
Operationsverfahren zum Einsatz, die entweder von ventral (von vorne), von dorsal (von hinten) oder in
Kombination beider Verfahren durchgeführt werden.
Die Rekonstruktion der vorhandenen Defekte kann durch Einbau von eigenem Knochenmaterial
(Beckenkamm-, Rippen- oder Wadenbeinspan) oder durch Einbau von Implantaten als Wirbelkörpersersatz
erfolgen. Die Stabilisierung erfolgt über eine Versteifung des betroffenen Wirbelsegments (Spondylodese).
Bei der operativen Behandlung der Spondylodiszitis werden in Abhängigkeit vom vorliegenden Befund folgende
Operationsverfahren häufig durchgeführt:
· Ventrales Debridement mit partieller oder kompletter Wirbelkörperresektion mit Dekompression des
Spinalkanals und Rückenmarks, Stabilisierung durch ventrale Abstützung mit dorsale instrumentierter
Spondylodese
· je nach Befund kann im Bereich der Brustwirbelsäule eine ventrale Dekompression mit Fusion durchgeführt
werden
· im Bereich der Lendenwirbelsäule werden die Eingriffe, gerade bei einem bestehenden schlechten
Allgemeinzustand des Patienten, nur von dorsal ausgeführt.
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Infektiöse Spondylodiszitis · Entzündliche Erkrankungen
G 02
Um welche Erkrankung handelt es sich bei der Rheumatoiden Arthritis?
Die Rheumatoide Arthritis, auch chronische Polyarthritis genannt, ist eine komplexe, chronisch entzündliche
Autoimmunerkrankung, die in Schüben verläuft und hauptsächlich die synovialen Gelenke, Sehnen,
Sehnenscheiden und Schleimbeutel befällt, diese durch chronische Entzündungsprozesse zerstört, wodurch
es im Verlauf zur Ausbildung von Deformitäten an den Extremitäten und an der Wirbelsäule zu Instabilitäten
kommen kann.
Die Erkrankung kann auch an der Wirbelsäule die synovialen Facettengelenke der Halswirbelsäule zwischen
Atlas und Axis (1. und 2. Halswirbel), sowie Augen, Herz, Lunge, Nervensystem und die Haut erfassen.
Die Rheumatoide Arthritis ist nicht heilbar, cirka 0,5-2 % der Bevölkerung leiden unter dieser Erkrankung,
Frauen sind 3 mal häufiger betroffen als Männer. Das typische Erkrankungsalter liegt zwischen dem 35. und
45. Lebensjahr, wobei es als besondere Verlaufsform die so genannte „Juvenile Rheumatoide Arthritis“ gibt, die
bereits im Kindesalter auftritt.
Wie entsteht diese Erkrankung?
Die Ursache der Entstehung einer Rheumatoiden Arthritis ist bislang noch nicht vollständig geklärt. Bei der
Rheumatoiden Arthritis als Autoimmunerkrankung werden verschiedene auslösende Faktoren wie genetische
Disposition, Viren oder Bakterien und spezielle hormonelle Faktoren in Betracht gezogen, die der Auslöser für
eine Fehlreaktion der körpereigenen Immunabwehr sein können.
Die Immunabwehr kann normalerweise körpereigene (z.B. körpereigene Zellen) von körperfremden Stoffen
(Antigene wie z.B. Bakterien und Viren) unterscheiden.
Zur Abwehr der körperfremden Antigene werden Abwehrstoffe, die so genannten Antikörper gebildet,
die auch Immunglobuline genannt werden. Die verschiedenen Immunglobuline sind Eiweißstoffe, die in
unterschiedlichen Gruppen klassifiziert werden. Man unterscheidet die Immunglobulinklassen G, A, M, D
und E. Die Immunglobuline können aber auch als Antigene wirken, gegen die neue Antikörper gebildet
werden. Zu diesen Anti-Antikörpern gehören die Rheumafaktoren, die zusammen mit den Immunglobulinen
Immunkomplexe bilden, die dann in der Synovialmembran (Gelenkinnenhaut) aufgenommen werden und bei
der Blutuntersuchung nachgewiesen werden können.
75-90 % der Patienten mit Rheumatoider Arthritis zeigen einen seropositiven Nachweis von Rheumafaktoren.
Immunglobulin M Rheumafaktoren können schon weit vor Auftreten der Symptomatik dieser Erkrankung
nachgewiesen werden.
Was verursacht die fehlgesteuerte Immunabwehr an den Gelenken?
Durch die oben genannten möglichen auslösenden Faktoren kommt es dazu, dass das Immunsystem diese
Fähigkeit zur Differenzierung verliert und sich in der „Abwehrfunktion“ auch gegen körpereigene Strukturen
richtet, diese als fremde Strukturen angreift und zerstört.
Fehlgesteuerte Immunzellen verursachen in einem betroffenen Gelenk die Produktion von Botenstoffen, den
so genannten Zytokinen. Diese Stoffe sind normalerweise als Boten für die Kommunikation unter einzelnen
Zellen verantwortlich. Die bei der Entstehung der Rheumatoiden Arthritis hauptverantwortlichen Zytokine sind
das Interleukin 1, das für die Zerstörung von Knorpelgewebe und die Aktivierung von knochenabbauenden
Zellen, den Osteoklasten, verantwortlich ist und das TNF-alpha, der Tumornekrose-Faktor, der hauptsächlich
den Entzündungsprozess auslöst und beeinflusst. Die meisten dieser Zytokine werden im Synovialgewebe der
Gelenke gefunden. Die membrana synovialis ist die Innenschicht jeder Gelenkkapsel, die für die Produktion
von Synovia (Gelenkflüssigkeit, „Gelenkschmiere“) zuständig ist, durch die die Ernährung des Gelenkknorpels
erfolgt. Das Synovialgewebe ist der primäre Angriffsort, von dem die Gelenkzerstörung durch Pannusbildung bei
der Rheumatoiden Arthritis ausgeht.
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
• Normales Knie von vorne
· Femurkondylen (Oberschenkel)
· Kniescheibe
· Gelenkknorpel
· Schienbeinkopf
· Kniescheibensehne (Patellarsehne)
• Normales Knie seitlich
· Femurkondylen (Oberschenkel)
· Kniescheibe
· Gelenkknorpel
· Schienbeinkopf
· Kniescheibensehne (Patellarsehne)
• Normales Knie seitlich mit Schleimbeutel und Gelenkkapsel, die innen die Synovialmembran enthält
· Bursa präpatellaris (Schleimbeutel)
· Gelenkkapsel
· Schienbeinkopf
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
Pannusbildung und fortschreitende Gelenkzerstörung
Gesunde
Synovialmembran
Entzündliche
Synovialmembran
beginnt zu wuchern und
bildet aggressive
Zellverbände (Pannus)
Der Pannus bedeckt
die Knorpelschicht
zwischen Ansatzbereich
der Synovialmembran und
der Knorpel-Kochengrenze.
Auslösende Faktoren der
Rheumatischen Arthritis
Die Entzündung wird
verstärkt, greift auf
Schleimbeutel und
Sehnen-Bandapparat über.
Zytokine werden
ausgeschüttet, die zu
Destruktion und Abbau von
Knochen führen.
Der Pannus führt am
Gelenkknorpel zu
Durchblutungsstörungen.
Im fortgeschrittenen
Stadium kommt es zur
Gelenkeinsteifung
(Ankylose) und Bildung
von Deformitäten.
• Schnittbild durch ein Kniegelenk mit angelagertem Pannus
· Pannusgewebe
· Gelenkknorpel
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
• Schnittbildung durch ein Kniegelenk mit fortgeschrittener Pannusbildung und Knorpeldestruktion
· Pannusgewebe
· Zerstörter Gelenkknorpel
Welche Kriterien werden bei der Diagnosestellung herangezogen?
Um eine einheitliche Diagnosestellung zu gewährleisten, werden in der Regel die Kriterien des American
College of Rheumatology herangezogen, wobei von diesen 7 Kriterien mindestens 4 für die Diagnose einer
rheumatoiden Arthritis erfüllt sein müssen.
1. Morgensteifigkeit der Gelenke (mindestens 1 Stunde andauernd über mehr als 6 Wochen)
2. Arthritis mit tastbarer Schwellung in 3 oder mehr Gelenkregionen länger als 6 Wochen bestehend
3. Arthritis an Hand- oder Fingergelenken länger als 6 Wochen bestehend
4. Symmetrische Arthritis (gleichzeitig, beidseits dieselbe Gelenkregion) länger als 6 Wochen bestehend
5. Rheumaknoten
6. Rheumafaktornachweis im Blut
7. Typische Röntgenveränderungen (gelenknahe Osteoporose und/oder Erosionen)
Welche Untersuchungen werden durchgeführt?
Die Diagnosestellung „Rheumatoide Arthritis“ beruht auf dem Gesamtergebnis der typischen Befunde der
klinischen, laborchemischen und radiologischen Untersuchungen.
Rheumatologische Anamnese und Untersuchung
Die Erhebung einer speziellen rheumatologischen Krankengeschichte kann bereits durch die Befragung
wertvolle Hinweise liefern, die eine erste Verdachtsdiagnose erbringen können.
· Von wo gehen die Schmerzen aus?
· von den Gelenken?
· von den Weichteilen?
· von der Wirbelsäule?
· Wie ist der zeitliche Verlauf der Erkrankung?
· akuter Beginn oder langsam steigernd ?
· in Schüben mit Phasen des Stillstands und der Verschlechterung?
· zeigt der Schmerz einen typischen Tagesverlauf?
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
· Wie ist das Muster des Gelenkbefalls?
· sind eher die großen oder kleinen Gelenke befallen?
· ist nur ein Gelenk oder sind mehrere betroffen?
· wandern die Beschwerden von Gelenk zu Gelenk?
· Da rheumatische Erkrankungen oft auch Organsysteme befallen, ist es sinnvoll, nach Auffälligkeiten in
folgenden Bereichen zu suchen:
· Nieren und ableitende Harnwege (Blasen-Harnröhrenentzündungen, Balanitis, durchgemachte
Geschlechtskrankheiten)?
· Magen-Darmtrakt (Durchfälle, Blutbeimengungen)?
· Herz-Gefäßsystem
· Lunge
· Haut (Schuppenflechte, knotige Veränderungen, Schwellungen, Geschwüre)?
· Augensymptomatik (Brennen, Sehstörungen, Fremdkörpergefühl, Trockenheit, Rötung)?
· Fieber (Fieberschübe, Schüttelfrost)?
· Neurologische Symptomatik
Bei jeder körperlichen Untersuchung sollten sämtliche Organsysteme erfasst werden.
Wir beschränken uns hier in der nachfolgenden Aufstellung auf die wichtigsten klinischen Untersuchungen bei
bestehendem Verdacht auf eine rheumatologische Erkrankung.
· Inspektion (Betrachtung)
· Fehlstellungen, Asymmetrien oder Deformierungen des Skeletts?
· Regelrechte Beinachsen?
· Gelenke (Beweglichkeit, Gelenkerguss, Rötung, Schwellung?)
· Muskulatur (zu wenig/zu stark ausgebildet, (= Atrophie/Hypertrophie), regelrechte Kraftentwicklung?
· Körperhaltung und Bewegungsablauf normal?
· Haut und Schleimhäute (Hautveränderungen, Schuppenflechte, knotige Veränderungen,
Wassereinlagerungen)?
· Palpation (Tasten)
· Muskulatur: Muskelspannung (Muskeltonus) erhöht oder erniedrigt, Myogelosen (Hartspann),
Triggerpunkte (Druckpunkte, von denen ein fortgeleiteter Schmerz ausgelöst werden kann)?
· Schmerzauslösung (Druck-, Klopf-, Zug-, Stauchschmerz)?
· Schmerzauslösung in den Ansatzgebieten von Sehnen, Bändern und Gelenkkapseln
(Enthesiopathie)?
· Sehnen und Schleimbeutel (entzündlich verändert)?
· Gelenke (Erguss, Beweglichkeit, Kapselverdickung, Reibegeräusche)?
· Brustkorb (Atembewegungen regelrecht, Kompressionsschmerz auslösbar)?
· Funktionsprüfungen
Spezielle Funktionsprüfungen an der Wirbelsäule sind:
· Aktive und passive Bewegungsprüfungen der Wirbelsäule (Beugung, Streckung, Drehung,
Seitneigung)
· Finger-Boden Abstand (Maß für die Gesamtbeugefähigkeit der Wirbelsäule)
· Schober Zeichen (Messung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule)
· Ott Zeichen (Messung der Beweglichkeit der Brustwirbelsäule)
· Hinterhaupt-Wand Abstand (Maß für die Ausprägung der Brustkyphose)
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· Kinn-Brustbein Abstand (Hinweis auf die Halswirbelsäulenbeweglichkeit)
· Tests für einen Befall des Iliosacralgelenks:
· Dreiphasentest
· Vorlaufphänomen
· Mennell´scher Handgriff
Weitere Funktionsprüfungen sind:
· Beweglichkeitsmessung der Gelenke mit der Neutral-Null-Methode
· Messung der groben Kraft an Armen und Beinen
· Überprüfung der Gelenkstabilität
Labordiagnostik
· Unspezifische Entzündungszeichen wie Erhöhung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), der
Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und des C-reaktiven Proteins (CRP). Erhöhte Werte für BSG und CRP
sind ein Hinweis für einen vorliegenden entzündlichen Prozess. Patienten mit Rheumatoider Arthritis haben
in einem akuten Krankheitsschub oft eine Erhöhung dieser Werte.
· Als spezifischer Nachweis dient die Bestimmung der Rheumafaktoren, die Autoantikörper gegen eine
bestimmte Struktur der körpereigenen Immunglobuline sind und vorwiegend in den Immunglobulinklassen A, M
und G zu finden sind.
· Der Antikörpernachweis gegen CCP (cyclisches citrullinisiertes Peptid) gelingt bereits in einem sehr frühen
Stadium der Erkrankung und zeigt eine Beziehung zum Schweregrad der Erkrankung. Citrullin entsteht aus
der Aminosäure Arginin und ist Bestandteil einiger Proteine, die für das Entstehen der Rheumatoiden Arthritis
verantwortlich gemacht werden.
· Es können noch weitere Autoantikörper z.B. gegen Kollagen Typ II und Histone nachgewiesen werden.
Bildgebende Verfahren
· Konventionelles Röntgen
Konventionelle Röntgenaufnahmen der Hände und Vorfüße zeigen die typischen Befallmuster der
Veränderungen an den kleinen Gelenken der Finger und Zehen.
Eine Instabilität der oberen Halswirbelsäule kann mit Aufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen und
seitlichen Funktionsaufnahmen in Rück- und Vorwärtsneigung, sowie der transoralen Densaufnahme
nachgewiesen werden.
· Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT) können zum Nachweis von Instabilitäten
der oberen Halswirbelsäule und zur Beurteilung der entzündlichen Veränderungen von knöchernen- und
Weichteilstrukturen eingesetzt werden.
· Das Ganzkörperskelettszintigramm zeigt die entzündlich veränderten Areale.
· Die Gelenksonographie deckt Gelenkergüsse auf oder kann zur Beurteilung von Weichteilschwellungen
verwendet werden.
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
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Welche Symptome kann es bei der Rheumatoiden Arthritis geben?
Im Frühstadium:
· Diffuse Gelenkschmerzen, die wieder vergehen
· Sehnenscheidenentzündungen
· Krankheitsgefühl
· Ermüdbarkeit
· Symmetrische Polyarthritis der Fingergelenke
· Morgensteifigkeit
Im voll ausgeprägten Stadium:
Das Vollbild sämtlicher krankhaften Veränderungen der Rheumatoiden Arthritis zeigt eine Vielfalt von
Zerstörungen an den großen und kleinen Gelenken, die rasch zu starken Einschränkungen des gewohnten
Lebens führen und durch die schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und Deformierungen von Händen
und Füßen zu eindrücklicher Symptomatik führt.
Viele Patienten mit Rheumatoider Arthritis zeigen im Verlauf dieser Erkrankung auch einen Befall der
Wirbelsäule, besonders häufig der Halswirbelsäule mit teilweise lebensbedrohlichen Komplikationen. Da
sich der rheumatische Befall der Halswirbelsäule über einen langen Zeitraum mit seiner Symptomatik hinter
Erkrankungen der Halswirbelsäule, die durch Abnutzung (degenerativ) hervorgerufen werden, „verstecken“
kann, ist es wichtig, frühzeitig zu differenzieren, ob eine rheumatische Destruktion der Wirbelsäule vorliegt.
Eine früh gestellte Diagnose der rheumatisch befallenen Halswirbelsäule ermöglicht ein operatives Vorgehen
bereits zu einem Zeitpunkt, an dem die lokalen Zerstörungen von Knochen- und Bandstrukturen, sowie
Komplikationen wie Rückenmark- oder Nervenkompression noch so gering ausgeprägt sind, dass sehr gute
Operationsergebnisse erzielt werden können.
· Symptome an der Wirbelsäule
Die Rheumatoide Arthritis befällt sehr häufig die Halswirbelsäule, wobei die obere Halswirbelsäule
(Hinterhauptbein, 1. und 2. Halswirbel, C0-C2) am häufigsten betroffen ist und oft eine Instabilität zwischen dem
1. und 2. Halswirbel zu sehen ist (atlantoaxiale Instabilität). Ein rheumatischer Befall unter dem 2. Halswirbel
(C2) verursacht so genannte subaxiale Instabilitäten.
Der Befall der Brust- oder Lendenwirbelsäule ist eher selten.
Welche Folgen hat der rheumatische Befall an der oberen Halswirbelsäule?
Die Instabilität im Bereich der oberen Halswirbelsäule wird durch entzündlich-rheumatischen Befall des oberen
und unteren Kopfgelenks mit ihren Knochen- und Bandstrukturen, die eine stabile Verbindung des Kopfes mit
der oberen Halswirbelsäule garantieren, verursacht.
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
Anatomischer Aufbau der Halswirbelsäule:
• Halswirbelsäule von hinten
· Dens axis
· Atlas (C1)
· Axis (C2)
· 3. Halswirbel (C3)
· 7. Halswirbel (C7)
• Atlas (C1) von oben
• Axis (C2) von oben
Das obere Kopfgelenk (C0/C1), auch Atlantooccipitalgelenk genannt, stellt die Verbindung zwischen
Hinterhauptbein des Schädelknochens (os occipitale, C0) und den Gelenkflächen des 1. Halswirbels (Atlas, C1)
her. Das untere Kopfgelenk (Atlantoaxialgelenk, C1/C2) verbindet den 1. und 2. Halswirbel untereinander.
Dieser Bereich der Halswirbelsäule „trägt“ den Kopf und ist für die große Beweglichkeit der Halswirbelsäule
verantwortlich. Diese starke Belastung setzt eine stabile Verbindung zwischen den Elementen Hinterhauptbein,
1. und 2. Halswirbel voraus, die durch einen straffen und kompliziert aufgebauten Bandapparat in diesem
Wirbelsäulenabschnitt gewährleistet wird.
• Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, obere Halswirbelsäule von hinten, membrana tectoria
entfernt, das ligamentum cruciforme verbindet Atlas, Axis und Hinterhauptknochen, die ligamenta alaria
verbinden dens axis mit dem Hinterhauptbein und dem Atlas.
· Hinterhauptbein, os occipitale
· Ligamentum cruciforme, crus superius
· Ligamenta alaria
· Atlas
· Ligamentum cruciforme atlantis
· Axis
· Wirbelgelenkkapsel
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• Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, obere Halswirbelsäule von hinten, ligamentum cruciforme
ist entfernt, die Fixationsbänder des dens Axis (ligamenta alaria und lig.apicis dentis) sind einsehbar.
· Hinterhauptbein
· Ligamentum apicis dentis
· Ligamenta alaria
· Atlas
· Dens axis
· axis
Die entzündliche Wucherung des Synovialgewebes mit Pannusbildung führt an der Halswirbelsäule zur
Zerstörung von Wirbelbestandteilen, Wirbelgelenken und Bandscheiben, sowie zur Zersetzung des komplexen
Bandapparats, wodurch es zur Instabilität kommt.
Im Bereich der Halswirbelsäule unterscheidet man folgende Instabilitätsformen:
· Ventrale (anteriore) atlantoaxiale Instabilität, bei der es durch die aggressive Wirkung des entzündlichen
Pannusgewebes zur Zerstörung der Ligamente zwischen dem 1. und 2. Halswirbel (ligamenta alaria und
ligamentum transversum atlantis), der atlantoaxialen Gelenkkapseln und zu einer Arrosion des Dens axis
kommen kann. Diese entzündliche Destruktion bewirkt eine Verschiebung des 1. Halswirbels (atlas) gegenüber
dem 2. Halswirbel (Dens axis).
· Atlantoaxiale Kyphose, sie ist eine Sonderform der ventralen atlantoaxialen Instabilität. In einem
fortgeschrittenen Krankheitsstadium kann es zur Zerstörung der vorderen Anteile des 2. Halswirbels
kommen, wodurch, bei gleichzeitig bestehender Band- und Gelenkkapselinstabilität, der 1. Halswirbel nach
vorne-unten über den 2. Halswirbel gleitet und sich durch das Vorwärtsgleiten im hinteren Wirbelbereich
„aufrichtet“.
· Vertikale atlantoaxiale Instabilität, bei der es durch einseitige Zerstörung der atlantoaxialen
Gelenkverbindungen zu einer Instabilität mit Rotation (Verdrehung) der oberen Halswirbelsäule kommt. Sind
die atlantoaxialen Gelenke beidseits zerstört, kann der Dens axis bis in das Hinterhauptloch (foramen
occipitale magnum) hochtreten, was als basiläre Impression bezeichnet wird.
· Subaxiale Instabilität, alle rheumatisch bedingten Instabilitäten der Halswirbelsäule, die unterhalb von
C2 liegen, werden subaxiale Instabilitäten genannt. Hierbei kommt es durch die Zerstörung des KapselBandapparats, der Facettengelenke und der Bandscheiben zu Instabilitäten der Wirbelsegmente mit Rotationsoder Translationsfehlstellung.
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Welche Symptome gibt es bei den genannten Instabilitäten der Halswirbelsäule?
· Nackenschmerzen/Kopfschmerzen
· Instabilitätsgefühl
· Schmerzhafte Krepitationen („Knirschen, Knacken“)
· Blockierungen
· Springphänomen
· Missempfindungen bis hin zu kompletten neurologischen Ausfällen in Armen und Beinen als Zeichen der
zervikalen Myelopathie (Druck auf das Rückenmark)
· Vertebrobasiläre Insuffizienz mit Schwindel, Übelkeit und Nystagmus (unwillkürliche schnelle
Augenbewegungen). Dies kann als Zeichen einer Minderdurchblutung der arteria basilaris und der arteriae
vertebrales durch eventuell bestehenden Druck auf die Gefäße, ausgelöst durch die Verschiebungen im
Bereich der oberen Halswirbelsäule, gesehen werden.
· Drop attacks, ein plötzliches Umfallen bei erhaltenem Bewusstsein durch die arteria basilaris Insuffizienz und
einer einsetzenden Gangstörung
· Lhermitte-Zeichen, bei dem es sich um einen Nervendehnungsschmerz handelt, der bei Bewegung der
Halswirbelsäule elektrisierende Missempfindungen entlang der gesamten Wirbelsäule bis in das Gesäß
auslösen kann.
· Dyspnoe (Kurzatmigkeit), Dysphagie (Schluckstörungen) und Dysphonie (Stimmstörungen) als Zeichen der
bulbären Beteiligung (Druck auf das verlängerte Rückenmark)
· Blasen- und Mastdarmstörungen
· Atemlähmung, plötzlicher Tod durch akute Einklemmung des oberen Halsmarks
Welche Diagnostik wird bei Verdacht auf eine Halswirbelsäuleninstabilität durchgeführt?
· Konventionelle Röntgenaufnahmen:
Halswirbelsäule in 2 Ebenen, Schrägaufnahmen, Aufnahmen in Streck- und Beugestellung der
Halswirbelsäule, transorale Densaufnahme zur Beurteilung von Verschiebungen der oberen Halswirbelsäule
· Mit der Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT) lassen sich knöcherne Veränderungen
an den Wirbeln, zerstörte Bandstrukturen des Bandapparats der Kopfgelenke, das Ausmaß der Pannusbildung
und eventuelle Kompressionsschäden von Rückenmark und Nerven sehr gut darstellen.
CT und MRT lassen sich auch als so genannte Funktionsaufnahmen in Überstreckungs- und Beugestellung
der Halswirbelsäule durchführen, wodurch eine Instabilität noch besser dokumentiert werden kann.
· Neurophysiologische Untersuchungen wie evozierte Potenziale, Elektromyographie und transkranielle
Magnetstimulation ermöglichen eine Differenzierung der eventuell bestehenden Nerven- oder
Rückenmarksschädigung.
Wann besteht die Indikation für eine operative Versorgung einer Halswirbelinstabilität?
Die entzündlich aggressive Zerstörung im Bereich der knöchernen und ligamentären Strukturen der
Kopfgelenke nimmt im Verlauf der Erkrankung zu, wodurch das Auftreten von neurologischen Ausfällen
durch Kompression von Nerven und Rückenmark, sowie die Verstärkung der Instabilität deutlich erhöht sind.
Zusätzlich führt das Pannusgewebe zur Fixierung der Strukturen, wodurch ein operativer Eingriff erschwert wird.
Indikationen sind:
· Anhaltende starke Schmerzen trotz adäquater Therapie
· Nachgewiesene Zunahme der Instabilität
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· Nachgewiesene Zunahme der destruktiven Veränderungen am Knochen und Bandapparat mit fortschreitender
Deformität.
· Zeichen der zervikalen Myelopathie (Veränderungen am Rückenmark durch anhaltenden Druck)
· Nachweis einer basilären Impression
· Neurologische Ausfälle
· Durchmesser des Rückenmarks < 6 mm, nachgewiesen durch eine MRT in Beugestellung der Halswirbelsäule
Welche operativen Verfahren werden bei der Instabilität der Halswirbelsäule angewendet?
Durch eine rechtzeitige Diagnosestellung und frühzeitige operative Intervention können bei Instabilitäten der
Halswirbelsäule sehr gute Operationsergebnisse erzielt werden.
Liegen bereits ausgedehnte Schäden an den Wirbeln, dem Bandapparat und dem Rückenmark mit
neurologischen Ausfällen vor, kann man mit der Operation oft nur den vorgegebenen Schaden stabilisieren und
das Fortschreiten weiterer Komplikationen eindämmen.
Es gibt eine Vielzahl von operativen Verfahren der rheumatischen Halswirbelsäule, die sich immer an der
individuellen Erfordernis ausrichten.
Bei rheumatischem Befall der Halswirbelsäule gibt es eine Vielzahl von operativen Verfahren, um Instabilitäten,
Rückenmark- und Nervenkompressionen zu beheben. Folgende Operationsverfahren werden in unserer
Abteilung bei der operativen Behandlung der rheumatischen Wirbelsäule häufig durchgeführt:
· bei C1/C2 Manifestation: dorsale C1/C2 Fusion in Harms-Technik
· transorale Densresektion mit dorsaler Fusion
· ventrale Korpektomie mit vorderer und hinterer Instrumentation
· dorsale Dekompression mit dorsaler Instrumentation und Fusion
· langstreckige Fusionen bei mehrsegmentalem Befall
Weitere Symptome der Rheumatoiden Arthritis sind:
Symptome an den Händen:
· Polyarthritis der Fingergelenke
· Normalbefund der rechten Hand
· Fingerendgelenk
· Mittelgelenk
· Grundgelenk
· Mittelhandknochen
· Handwurzelknochen
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• Arthrose eines Fingergelenks
· Normaler Gelenkknorpel
· Zerstörter Gelenkknorpel
• Polyarthritis der Fingergrundgelenke
· Gelenkzerstörung
· Kapselschwellung mit Gelenkergüssen
· Sehnenscheidenentzündung mit Schwellung der Sehnen und Sehnenfächer
• Normaler Sehnenbefund beugeseitig
· Normale Beugesehnen
· Normale Sehnenscheide
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• Normaler Sehnenbefund streckseitig
· Normale Strecksehnen
· Normale Sehnenscheide
• Sehnenscheidenentzündung beugeseitig
· Entzündete Beugesehnen
· Entzündete Sehnenscheide
• Sehnenscheidenentzündung streckseitig
· Entzündete Strecksehnen
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• Sehnenscheidenentzündung
· Normale Sehne mit Sehnenscheide
· Entzündete Sehne und Sehnenscheide
· Arthritische Zerstörung der Handwurzel
• Normaler Aufbau der Handwurzel
· Normale Handwurzelknochen
· Intakter Gelenkknorpel
• Entzündliche Zerstörung der Handwurzelknochen
· Zerstörte Handwurzelknochen
· Aufgelöste Gelenkflächen
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· Gaenslen Zeichen: Bei Händedruck wird durch die Entzündung der Fingergrundgelenke Schmerz ausgelöst.
· Carpaltunnelsyndrom durch Druck des entzündlichen Gewebes auf Nerven
· Inkompletter Faustschluss durch die zunehmende Zerstörung der Gelenke
· Muskelminderung (Atrophie) der Daumenballenmuskulatur
· Verminderung der groben Kraft
· Arthrosen der Fingermittelgelenke (Bouchard) und der Fingerendgelenke (Heberden) mit Auftreibungen im
Gelenkbereich.
• Fingermittelgelenkarthrose (Bouchard)
·Bouchard-Knoten
• Fingerendgelenkarthrose (Heberden)
· Heberden-Knoten
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· Ulnardeviation des 2.-5. Fingers
Durch die Gelenkzerstörung und Schrumpfung der Gelenkkapseln und Sehnen werden der 2.-5. Finger nach
außen (auf die Seite der Elle, ulna) gezogen, man nennt dieses Phänomen Ulnardrift.
• Ulnardrift
· Weitere Handdeformitäten sind:
· Schwanenhalsdeformität, bei der es durch Destruktion der Gelenke und Sehnen zu einer fixierten
Überstreckung der Fingermittelgelenke bei gleichzeitiger Beugung der Fingerendgelenke kommt.
· Knopflochdeformität, bei der die Fingermittelgelenke in Beugestellung bei gleichzeitiger Überstreckung
der Fingerendgelenke fixiert sind.
· So genannte 90°/90° Deformation der Daumen mit Beugestellung im Grundgelenk und Überstreckung
im Endgelenk.
· Symptome an den Füßen und Sprunggelenken
• Anatomie der Strecksehnen am Fuß
· Achillessehne
Strecksehnen der Zehen:
· Extensor digitorum longus
· Extensor digitorum brevis
· Extensor hallucis brevis
· Extensor hallucis longus
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• Anatomie der Beugesehnen am Fuß
· Achillessehne
Beugesehnen der Zehen:
· Sehne des m. tibialis posterior
· Flexor digitorum longus
· Flexor hallucis longus
· Sehne des m. tibialis anterior
• Normale knöcherne Anatomie von Sprunggelenk und Fuß.
· Schienbein (tibia)
· Wadenbein (fibula)
· Sprungbein (talus)
· Kahnbein (os naviculare)
· Fersenbein (calcaneus)
· Würfelbein (os cuboideum)
· Mittelfußknochen (metatarsalia)
· Zehengrundgelenke
· Zehen (phalanges)
• Normale knöcherne Anatomie des Sprunggelenks
· Schienbein (tibia)
· Sprunggelenk mit Gelenkknorpel
· Wadenbein (fibula)
· Sprungbein (talus)
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· Arthritis des Sprunggelenks
• Osteoarthritis des Sprunggelenks
· Entzündung des Sprunggelenks mit Zerstörung des Knorpels und Knochens (Osteoarthritis)
· Großzehendeformitäten, Hallux valgus und Hallux rigidus
• Hallux valgus mit seitlicher Abweichung der Großzehe und arthrotischer Veränderung des
Großzehengrundgelenks
· Arthrose des Großzehengrundgelenks mit Achsabweichung der Großzehe
• Hallux rigidus mit schweren arthrotischen Veränderungen im Großzehengrundgelenk, keine Achsfehlstellung
im Grundgelenk.
· Zerstörung des Großzehengrundgelenks
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
G 02
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
· Deformitäten der kleinen Zehen, Hammerzehe und Krallenzehe
• Zehendeformitäten (Krallenzehe)
• Zehendeformitäten (Hammerzehe)
· Windmühlenvorfuß, bei dem alle Zehen nach seitlich ausweichen
· Kapselverdickung und Schmerzen der Zehengelenke
· Sehnenentzündungen
· Symptome an den Hüftgelenken
· Gelenkschmerzen, Bewegungseinschränkung
· Fortschreitende Gelenkdestruktion
• Normales Hüftgelenk
• Arthrotisch verändertes Hüftgelenk
· Schleimbeutelentzündungen der bursa trochanterica
• Bursitis trochantericae
· Gesäßmuskulatur
· Hüftkopf
· Schambein, (os pubis)
· Sitzbein, (os ischii)
· Schenkelhals
· Trochanter major
· Entzündeter Schleimbeutel, (bursa trochanterica)
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
· Symptome an den Schultergelenken
• Anatomie der Schulter von hinten
· Acromion
· Processus coracoideus
· Oberarmkopf
· Schultergelenkpfanne, (cavitas glenoidalis)
· Oberarm, (humerus)
· Schulterblatt, (scapula)
• Anatomie der Schulter von vorne
· Schlüsselbein, (clavicula)
· Acromion
· Processus coracoideus
· Schultergelenkpfanne,
(cavitas glenoidalis)
· Schulterblatt, (scapula)
• Lagebeziehung von Bandapparat und Schleimbeutel am Schultergelenk bei angehobenem Arm
· Schlüsselbein, (clavicula)
· Ligamentum coracoclavicularis
· Ligamentum coracoacromialis
· Bursa subacromialis
· Coracoid
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
· Muskelatrophie (Muskelminderung) der Rotatorenmanschette
• Muskulatur der Rotatorenmanschette der Schulter von vorn gesehen
· Schlüsselbein, (clavicula)
· Musculus supraspinatus
· Musculus subscapularis
· Musculus infrascapularis
• Muskulatur der Rotatorenmanschette der Schulter von hinten gesehen
· Musculus supraspinatus
· Musculus infraspinatus
· Musculus teres minor
· Sehnenscheidenentzündungen und Schleimbeutelentzündung der bursa subacromialis
· Schmerzhafte entzündliche Kapselschwellung
· Gelenkdestruktion mit Bewegungseinschränkung
• Entzündliche Kapselschwellung
· Entzündlich geschwollene Gelenkkapsel
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
• Entzündliche Gelenkdestruktion
· Osteoarthritis des Schultergelenks
· Symptome an den Kniegelenken
· Schmerzhafte Kapselschwellung
· Bewegungseinschränkung durch Muskelatrophie mit Beugekontraktur und Streckdefizit
· Instabilität durch entzündlichen Funktionsverlust der Seiten- und Kreuzbänder
· Zunehmende Achsenfehlstellung
· Gelenkdestruktion durch die Folgen der Pannusbildung
• Knie seitlich, beginnende
Gelenkzerstörung
• ausgeprägte Pannusbildung
an der Oberschenkelrolle mit
fortgeschrittener Knorpelzerstörung
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
· Symptome an den Ellenbogengelenken
• Normale Anatomie des Ellenbogens seitlich mit Oberarmknochen, Elle, Speiche und Schleimbeutel.
· Oberarmknochen, (humerus)
· Speiche, (radius)
· Gelenkfläche
· Elle, (ulna)
· Schleimbeutel, (bursa olecrani)
· Kapselschwellung mit Entzündung der Gelenkschleimhaut
· Entzündung des Schleimbeutels, bursa olecrani
• Entzündung der bursa olecrani
· Schleimbeutelentzündung, (bursitis olecrani)
· Rotationshemmung und Streckdefizit des Unterarms
· Gelenkzerstörung mit Bewegungseinschränkung
• Ellenbogen, gestreckt von oben
· Gelenkzerstörung
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
• Ellenbogen seitlich
· Gelenkzerstörung
· Symptome an der Haut
· Rheumaknoten
Sie finden sich meist nur bei Patienten mit seropositiver Rheumatoider Arthritis und zeigen sich als
prallelastische, teils gut verschiebliche, teils fixierte Knoten in der Unterhaut an den Streckseiten der
Unterarme, an Knie-, Ellenbogen-, Sprung-, Zehen- und Handgelenken. Rheumaknoten können selten
auch zum Beispiel in der Lunge, im Herzen oder in der Muskulatur liegen.
· Symptome an den Organen
· Herz: Herzbeutelentzündung mit Erguss, selten zeigt sich eine Entzündung der Herzinnenhaut
(Endokarditis) und des Herzmuskels (Myokarditis).
· Lunge: Rippfellentzündung (Pleuritis), Veränderung des Lungengerüsts (interstitielle Lungenfibrose)
· Augen: verminderte Produktion von Tränenflüssigkeit, selten Gefäßentzündungen (Episkleritis)
· Magen-Darmtrakt: Geschwüre und Blutungen, die von der medikamentösen Behandlung mit nichtsteroidalen Antirheumatika ausgelöst werden können.
· Nervensystem: Nervenkompressionssyndrome peripherer Nerven durch Druck des entzündlichen
Gewebes.
· Blut: Häufig ist als Folge der chronischen Entzündung eine Blutarmut der roten Blutzellen (Anämie) zu
finden, wodurch es zu verminderter Belastbarkeit und Luftnot kommen kann.
· Osteoporose (Knochenschwund), hervorgerufen durch lange Cortisontherapie und Inaktivität. Osteoporose
kann selbst durch geringe Unfallmechanismen Knochen- und Wirbelbrüche verursachen.
Wie wird die rheumatoide Arthritis behandelt?
Die wichtigsten Behandlungsgrundsätze sind:
· Verbesserung und Erhaltung der Lebensqualität
· Schmerzlinderung
· Verlangsamung des Verlaufs
· Eindämmung von entzündlichen Prozessen und Schüben
· Erhaltung der Gelenkbeweglichkeit
· Frühzeitige operative Intervention an der Wirbelsäule, um Komplikationen zu vermeiden.
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Konservative und medikamentöse Behandlung
Die konservative Behandlung hat folgende Zielrichtungen:
· Krankengymnastik und Ergotherapie werden zur Behandlung von Bewegungsstörungen und
Verhütung von Fehlstellungen, sowie zur Muskelkräftigung durchgeführt
· Thermotherapie kann zur Schmerzbehandlung und Entzündungshemmung eingesetzt werden.
· Klassische Massage, Wärme- und Kältetherapie kommen zur Muskellockerung zum Einsatz
· Elektrotherapie mit Nieder-, Mittel- und Hochfrequenzeinsatz dient der Schmerzlinderung
· begleitende psychologische Betreuung mit Entspannungs- und Verarbeitungstechniken
· Es gibt eine Vielzahl von weiteren Therapieansätzen wie Manuelle Therapie, Osteopathie,
Homöopathie, Phytotherapie, Traditionelle Chinesische Medizin, Neuraltherapie und andere, die
individuell angesetzt werden können.
· Orthopädietechnik - Die Orthopädietechnik kann durch individuell angepasste Orthesen, spezielle
Handlagerungsschienen, orthopädischer Schuhversorgung, Gehhilfen und anderen Hilfsmitteln
unterstützend therapeutisch helfen, bestehende oder drohende Deformitäten und
Bewegungslimitierungen zu behandeln.
Die medikamentöse Behandlung der Rheumatoiden Arthritis ist komplex und bedarf eines individuell auf die
jeweilige persönliche Krankheitssituation angepassten Therapieplans, der wegen der möglichen weitreichenden
Nebenwirkungen regelmäßig überwacht werden muss.
In der Regel kommen folgende Medikamentengruppen zum Einsatz, die, abhängig von der bestehenden
Krankheitsphase, in einem individuellen Therapieplan kombiniert werden:
· Basistherapeutika
Dies sind Medikamente, die durch Eingriff in das Immunsystem das starke Entzündungsgeschehen des
Krankheitsverlaufs und damit die destruktiven Prozesse verlangsamen sollen. Diese Medikamente sollen früh
nach Diagnosestellung eingesetzt werden. Zu den Basistherapeutika zählen:
· Immunsuppressiva (z.B.: Methotrexat, Ciclosporin, Leflunomid, Azathioprin) sind Medikamente, die die
Immunabwehr unterdrücken. Mögliche Nebenwirkungen sind:
· Veränderungen des Blutbilds
· Hemmung der Bildung von weißen Blutkörperchen
· Nieren- und Leberfunktionsstörung
· Methotrexat und Leflunomid müssen vor einer Schwangerschaft abgesetzt werden, da das Kind
geschädigt werden kann.
· Goldverbindungen (z.B.: Natriumaurothiomalat oder Auronofin) greifen ebenfalls in das Immungeschehen
ein und unterdrücken die Abwehrfunktion Mögliche Nebenwirkungen sind:
· Hemmung der Bildung von roten und weißen Blutkörperchen
· Hemmung der Bildung von Blutplättchen
· oft schlechte Verträglichkeit
· Malariamedikamente (z.B.: Hydroxychloroquin, Chloroquin) bremsen die Immunabwehr. Man vermutet,
dass sie die Komplexbildung von Antikörper und Antigen verhindern und damit helfen, den autoaggressiven
entzündlichen Prozess der Erkrankung zu unterbrechen. Mögliche Nebenwirkungen sind:
· Sehstörungen und Magenbeschwerden
· Weitere Immunsuppressiva, die zum Einsatz kommen können, sind Penicilinamin und Sulfasalazin
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
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· Medikamente, die Zytokine blockieren (Botenstoffe Interleukin1 und TNF alpha)
· Tumornekrosefaktor (TNF)- alpha Blocker (z.B.: Infliximab, Etanercept, Adalimumab) hemmen die Wirkung
dieses Zytokins, wodurch die entzündliche Gewebedestruktion gebremst wird.
· Interleukin 1-Blocker (z.B.: Anakinra), die eine Blockierung der Interleukin 1 Wirkung verursachen und
dadurch die Zerstörung von Knorpel und Knochen verlangsamen.
· Kortisonbehandlung (z.B.: Prednison)
Kortison wirkt immunsuppressiv und stark entzündungshemmend.
Die wichtigsten Nebenwirkungen sind:
· Osteoporose (Knochenschwund)
· Grauer und grüner Star (Augenerkrankung)
· Blutungen und Geschwüre im Magen-Darm-Trakt
· Ausdünnung der Haut, Akne
· Stammfettsucht
· Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
· Bluthochdruck
· Verminderung der weißen Blutkörperchen
· Elektrotherapie mit Nieder-, Mittel- und Hochfrequenzeinsatz dient der Schmerzlinderung
· begleitende psychologische Betreuung mit Entspannungs- und Verarbeitungstechniken
· Es gibt eine Vielzahl von weiteren Therapieansätzen wie Manuelle Therapie, Osteopathie, Homöopathie,
Phytotherapie, Traditionelle Chinesische Medizin, Neuraltherapie und andere, die individuell angesetzt
werden können.
· Orthopädietechnik - Die Orthopädietechnik kann durch individuell angepasste Orthesen, spezielle
Handlagerungsschienen, orthopädischer Schuhversorgung, Gehhilfen und anderen Hilfsmitteln
unterstützend therapeutisch helfen, bestehende oder drohende Deformitäten und Bewegungslimitierungen
zu behandeln.
· Nichtsteroidale Antirheumatica (NSAR) ( z.B.: Diclofenac, Ibuprofen) wirken entzündungshemmend und
schmerzlindernd.
· Da viele Rheumamittel die Magenschleimhaut angreifen, werden in der Regel Medikamente verabreicht, die
die Schleimhaut schützen.
· Die moderne Schmerztherapie kennt eine Vielfalt von therapeutischen Wegen, um akute oder chronische
Schmerzen zu bekämpfen, angepasst auf die individuelle Schmerzsituation wird ein adäquater Therapieplan
erstellt.
Behandlung der Rheumatoiden Arthritis durch radioaktive Strahlen (Radiosynovioorthese)
Bei dieser Methode wird die entzündete Gelenkschleimhaut (Synovia) durch Einspritzen von radioaktiven
Medikamenten (Radionukliden) in die Gelenkschleimhaut direkt durch Strahlenwirkung behandelt. Die
Radionuklide setzen sich in den Zellen der Gelenkschleimhaut fest und führen dort zu einer Verödung der
Synovia, wodurch die wuchernde Gelenkschleimhaut verkleinert und die Entzündung verringert wird. Die
verwendeten Radionuklide sind Erbium169, Rhenium186 und Yttrium90, die, abhängig von ihrer Wirkdauer
und Eindringtiefe, in die betroffenen Gelenke eingespritzt werden. Behandlungen mit der Radiosynovioorthese
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
G 02
werden an den kleinen Hand- und Fußgelenken, den Knie- und Hüftgelenken, den Schulter- , Ellenbogen
und Handgelenken durchgeführt. Nach erfolgtem Eingriff kann cirka 3 Monate später beurteilt werden, wie
erfolgreich die lokale Bestrahlung war. Bei den meisten Patienten zeigt sich, abhängig vom Schweregrad der
Gelenkveränderung, eine Besserung der Schmerzsymptomatik.
Operative Therapie der Rheumatoiden Arthritis
Bei rheumatischem Befall der Halswirbelsäule gibt es eine Vielzahl von operativen Verfahren, um Instabilitäten,
Rückenmark- und Nervenkompressionen zu beheben.
Folgende Operationsverfahren werden in unserer Abteilung bei der operativen Behandlung der rheumatischen
Wirbelsäule häufig durchgeführt:
· bei C1/C2 Manifestation: dorsale C1/C2 Fusion in Harms-Technik
· transorale Densresektion mit dorsaler Fusion
· ventrale Korpektomie mit vorderer und hinterer Instrumentation
· dorsale Dekompression mit dorsaler Instrumentation und Fusion
· langstreckige Fusionen bei mehrsegmentalem Befall
Bei den betroffenen großen und kleinen Gelenken, die durch den Entzündungsprozess in unterschiedlichem
Ausmaß geschädigt sind, kommen, je nach vorliegendem Befund, folgende Operationsverfahren zur
Anwendung:
· Synovektomie: Die entzündliche Gelenkschleimhaut wird entweder über eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie)
oder offen entfernt, wodurch die weitere entzündliche Gelenkzerstörung verlangsamt wird.
· Bei weitgehender Zerstörung eines Gelenks wird häufig der Ersatz durch ein künstliches Gelenk
(Endoprothese) durchgeführt. Gelenke können entweder komplett (Totaleendoprothese) oder teilweise
(Teilendoprothese) ersetzt werden.
· Resektionsarthroplastiken sind Teilentfernungen eines Gelenks mit anschließender plastischer Ausbildung
eines „Pseudogelenks“. Diese Eingriffe werden oft bei der Korrektur von Fußdeformitäten (Hammerzehe,
Krallenzehe) durchgeführt.
Versteifungsoperationen (Arthrodesen) von Gelenken können in besonderen Fällen durchgeführt werden. Die
Versteifung des Gelenks bedeutet zwar Beweglichkeitsverlust, bietet aber Schmerzfreiheit. Arthrodesen
können immer nur in Abwägung der Restbeweglichkeit der anderen Gelenke durchgeführt werden.
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Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen
· Entzündliche Erkrankungen
G 03
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Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans)
Um welche Erkrankung handelt es sich bei der Spondylitis ankylopoetica?
Die Spondylitis ankylopoetica ist eine chronisch entzündliche rheumatische Erkrankung, die zur Gruppe der
seronegativen Spondylarthropathien gehört, in Schüben verläuft und meistens an den Illiosakralgelenken
(Kreuzbein-Darmbein-Gelenken) beginnt. An der Wirbelsäule führt sie zu aufsteigenden, entzündlich
zerstörenden Veränderungen der Wirbelgelenke und ganzer Wirbelsäulenabschnitte. Durch die zusätzlich
bestehende Verkalkung der Längsbandstrukturen des Bandapparats der Wirbelsäule kommt es zur
aufsteigenden Ankylose (Versteifung) der Wirbelsäule.
Männer sind häufiger betroffen als Frauen, die Krankheit beginnt bei den meisten Patienten zwischen dem
15. und 40. Lebensjahr.
Zusätzlich finden sich häufig entzündliche Veränderungen an den Gelenken der Extremitäten, entzündliche
Reizungen an den knöchernen Ansätzen von Sehnen, Bändern und der Gelenkkapseln (so genannte
Enthesiopathien) und oft ein Befall der Augen und des Herzens.
• Becken und Lendenwirbelsäule von vorn, Iliosakralgelenke (Verbindung zwischen Darmbein (os ilium) und
Kreuzbein (os sacrum) regelrecht ausgebildet
· 5. Lendenwirbel
· Darmbein, (os ilium)
· Kreuzbein, (os sacrum)
· Iliosakralgelenk
• Becken und Lendenwirbelsäule von hinten, Sacroiliitis mit ausgeprägten entzündlichen Veränderungen und
Anlagerung von Syndesmophyten
· Sacroiliitis mit Befall beider Gelenkfugen
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· Entzündliche Erkrankungen
G 03
Wie entsteht diese Erkrankung?
Bis heute ist nicht bekannt, durch welche Ursachen die entzündlichen Prozesse ausgelöst werden. Bekannt ist,
dass sich bei 95 % der Patienten mit dieser Erkrankung das genetische Merkmal HLA-B27 findet, so dass eine
erbliche Grundlage vermutet wird.
HLA Antigene gehören zur Gruppe der Immunglobuline, sie finden sich in der Zellmembran. Sie spielen
im menschlichen Immunsystem eine zentrale Rolle, da sie körpereigene und körperfremde Eiweißstoffe
unterscheiden können und dadurch dem Immunsystem signalisieren können, welche körperfremden Stoffe
(Antigene) bekämpft werden müssen.
Bei Patienten mit einer Spondylitis ankylopetica finden sich auch oft Infekte des Magen-Darm- und
Urogenitaltrakts, die durch Klebsiellen hervorgerufen werden. Klebsiellen sind unbewegliche Bakterien
mit einer Kapsel, die neben anderen Infektionen auch eine Lungenentzündung (Pneumonie), Meningitis
(Hirnhautentzündung) und eine Blutvergiftung (Sepsis) hervorrufen können.
Die Klebsiellen besitzen mikrobielle O- und K-Antigene, das sind körperfremde Eiweißstoffe, die im
menschlichen Organismus die Bildung von Antikörpern (Abwehrstoffen) anregen.
Auf dieser Grundlage vermutet man als eine mögliche Krankheitsursache, dass es in der menschlichen
Immunabwehr bei HLA-B27 positiven Patienten mit gleichzeitig bestehender Klebsielleninfektion zu einer
Kreuzreaktion zwischen den körpereigenen und bakteriellen Antigenen kommt, wodurch ein Autoimmunprozess
ausgelöst wird, der dazu führt, dass zunächst gesunde Strukturen wie Wirbelgelenke und Wirbelkörper durch
eine Fehlinformation vom eigenen Immunsystem angegriffen und geschädigt werden.
Welche Untersuchungen werden durchgeführt?
1. Rheumatologische Anamnese
Die Erhebung einer speziellen rheumatologischen Krankengeschichte kann bereits durch die Befragung
wertvolle Hinweise liefern, die eine erste Verdachtsdiagnose erbringen können.
· Von wo gehen die Schmerzen aus?
· von den Gelenken?
· von den Weichteilen?
· von der Wirbelsäule?
· Wie ist der zeitliche Verlauf der Erkrankung?
· akuter Beginn oder langsam steigernd ?
· in Schüben mit Phasen des Stillstands und der Verschlechterung?
· zeigt der Schmerz einen typischen Tagesverlauf?
· Wie ist das Muster des Gelenkbefalls?
· sind eher die großen oder kleinen Gelenke befallen?
· ist nur ein Gelenk oder sind mehrere betroffen?
· wandern die Beschwerden von Gelenk zu Gelenk?
· Da rheumatische Erkrankungen oft auch Organsysteme befallen, ist es sinnvoll, nach Auffälligkeiten in
folgenden Bereichen zu suchen:
· Nieren und ableitende Harnwege (Blasen-Harnröhrenentzündungen, Balanitis, durchgemachte
Geschlechtskrankheiten)?
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Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans)
· Entzündliche Erkrankungen
G 03
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Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans)
· Magen-Darmtrakt (Durchfälle, Blutbeimengungen)?
· Herz-Gefäßsystem
· Lunge
· Haut (Schuppenflechte, knotige Veränderungen, Schwellungen, Geschwüre)?
· Augensymptomatik (Brennen, Sehstörungen, Fremdkörpergefühl, Trockenheit, Rötung)?
· Fieber (Fieberschübe, Schüttelfrost)?
· Neurologische Symptomatik
2. Körperliche Untersuchung
Bei jeder körperlichen Untersuchung sollten sämtliche Organsysteme erfasst werden.
Wir beschränken uns hier in der nachfolgenden Aufstellung auf die wichtigsten klinischen Untersuchungen bei
bestehendem Verdacht auf eine rheumatologische Erkrankung.
· Inspektion (Betrachtung)
· Fehlstellungen, Asymmetrien oder Deformierungen des Skeletts?
· Regelrechte Beinachsen?
· Gelenke (Beweglichkeit, Gelenkerguss, Rötung, Schwellung)?
· Muskulatur (zu wenig/zu stark ausgebildet, (= Atrophie/Hypertrophie), regelrechte Kraftentwicklung)?
· Körperhaltung und Bewegungsablauf normal?
· Haut und Schleimhäute (Hautveränderungen, Schuppenflechte, knotige Veränderungen,
Wassereinlagerungen?)
· Palpation (Tasten)
· Muskulatur: Muskelspannung (Muskeltonus) erhöht oder erniedrigt, Myogelosen (Hartspann),
Triggerpunkte (Druckpunkte, von denen ein fortgeleiteter Schmerz ausgelöst werden kann)?
· Schmerzauslösung (Druck-, Klopf-, Zug- oder Stauchschmerz)?
· Schmerzauslösung in den Ansatzgebieten von Sehnen, Bändern und Gelenkkapseln (Enthesiopathie)?
· Sehnen und Schleimbeutel entzündlich verändert?
· Gelenke (Erguss, Beweglichkeit, Kapselverdickung, Reibegeräusche)?
· Brustkorb (Atembewegungen regelrecht, Kompressionsschmerz auslösbar)?
· Funktionsprüfungen - Spezielle Funktionsprüfungen an der Wirbelsäule sind:
· Aktive und passive Bewegungsprüfungen der Wirbelsäule (Beugung, Streckung, Drehung, Seitneigung)
· Finger-Boden Abstand (Maß für die Gesamtbeugefähigkeit der Wirbelsäule)
· Schober Zeichen (Messung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule)
· Ott Zeichen (Messung der Beweglichkeit der Brustwirbelsäule)
· Hinterhaupt-Wand Abstand (Maß für die Ausprägung der Brustkyphose)
· Kinn-Brustbein Abstand (Hinweis auf die Halswirbelsäulenbeweglichkeit)
· Tests für einen Befall des Iliosacralgelenks:
· Dreiphasentest
· Vorlaufphänomen
· Mennell´scher Handgriff
· Weitere Funktionsprüfungen sind:
· Beweglichkeitsmessung der Gelenke mit der Neutral-Null-Methode
· Messung der groben Kraft an Armen und Beinen
· Überprüfung der Gelenkstabilität
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Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans)
3. Apparative Diagnostik
· Konventionelles Röntgen
Da die Spondylitis ankylopoetica meistens mit dem Befall der Iliosacralgelenke beginnt, sind hier die ersten
röntgenologischen Veränderungen mit unscharfen Gelenkkonturen, erosiven Knochendefekten und einer
gelenknahen Knochenverdichtung (Sklerosierung) zu sehen. Im fortgeschrittenen Verlauf der Erkrankung ist
die knöcherne Überbauung des Gelenks sichtbar (Ankylosierung).
Bei weiterer Zunahme der Erkrankung lassen sich in allen Wirbelsäulenabschnitten Knochenspangen
(Syndesmophyten) erkennen, die einzelne Wirbel überbrücken und die Wirbelsäule dadurch zunehmend
einsteifen. Die fortgeschritten eingesteifte Wirbelsäule wird auch Bambusstabwirbelsäule genannt.
• Becken und Lendenwirbelsäule mit geringen degenerativen Veränderungen
• Sakroiliitis mit Verknöcherung der Iliosakralgelenke, Lendenwirbelsäule im Sinne einer Bambusstabwirbelsäule
versteift
Röntgenologisch lassen sich noch weitere entzündlich destruktive Veränderungen feststellen, die durch den
Umbau der Wirbel durch eine Spondylodiszitis (Entzündung des Wirbels und der Bandscheibe) und durch
Verknöcherung der Bandstrukturen der Wirbelsäule entstanden sind.
· Andersson Läsion (Defekte der Abschlussplatten der Wirbel als Zeichen der Spondylodiszitis
· Romanus Läsion als Zeichen der Spondylitis anterior
· „scheinende Ecken“ an den vorderen Wirbelkörperrandleisten durch Sklerosierung
· Verknöcherung der Wirbelgelenke und der Rippen-Wirbelgelenke
· Wirbelkörperdeformierungen (Kasten- und Tonnenwirbelform)
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· Entzündliche Erkrankungen
G 03
· Zeichen der Segmentinstabilität
Bei zunehmender Einsteifung von Wirbelsäulenabschnitten, die von noch nicht versteiften Abschnitten
unterbrochen sind, zeigen sich Zeichen der Degeneration und der Instabilität wie Drehgleiten der Wirbel,
Pseudospondylolisthesis (Vorwärtsgleiten der Wirbel) und Osteochondrose
· In der seitlichen Aufnahme der Halswirbelsäule lassen sich Instabilitäten der oberen Halswirbelsäule
(atlanto-axiale Instabilität) erkennen.
· Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT)
Mit dieser Untersuchung können die knöchernen Veränderungen der Sacoiliacalgelenke und der benachbarten
Weichteile gut dargestellt werden.
Im Bereich der Wirbelsäule sind Ödeme oder Zysten (Flüssigkeitsansammlungen), Knochennekrosen
(Knochenareale mit zerstörtem Knochen), Rückenmark und Weichteile sehr gut zu beurteilen.
· Skelettszintigraphie
Sie kann im Frühstadium der Erkrankung nur in Kombination mit den klinischen und konventionellen
Röntgenbefunden die Diagnose einer Spondylits ankylopoetica erhärten.
4. Labordiagnostik
· Bestimmung des HLA-B27 Antigens
· Bestimmung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), der Blutsenkungsgeschwindigkeit und des C-reaktiven
Proteins als Hinweise für eine vorliegende Entzündung.
· Rheumafaktorbestimmung ist immer negativ („seronegative Spondyloarthritis“)
Welche Kriterien gibt es, die die Verdachtsdiagnose einer Spondylitis ankylopoetica erhärten?
Da diese Erkrankung unterschiedliche Verlaufsformen und Erscheinungsbilder hat und ähnliche Symptome
anderer Krankheiten zeigt, ist es schwierig, sich auf ein definitives Beurteilungsschema festzulegen, das die
Diagnose der Erkrankung sicher zulässt. Es gibt deshalb verschiedene Kriterien und Gradeinteilungen, die in
der Gesamtheit der individuell erhobenen Befunde zu sehen sind, teilweise mit Punkten bewertet werden und
die Diagnosestellung erleichtern.
1. Gradeinteilung der Sacroiliitis
Grad O: Normalbefund
Grad 1: Gelenkspalt verwaschen und gering sklerosiert
Grad 2: Erosionen, starke Sklerosierung, Gelenkspalt unregelmäßig und erweitert
Grad 4: Erosionen, Gelenkspaltverschmälerung, Gelenkspalt teilweise oder komplett
ankylosiert (verknöchert)
2. Kriterien des Kreuzschmerzes vom entzündlichen Typ
· Schleichender Krankheitsbeginn vor dem 40. Lebensjahr
· Schmerzen seit mindestens 3 Monaten bestehend
· Morgensteifigkeit
· Besserung der Beschwerden
3. Frühdiagnosekriterien der Spondylitis ankylopoetica
· HLA-B27 Antigen positiv, Blutsenkungsgeschwindigkeit erhöht
· Positive klinische Untersuchungszeichen der Sacroiliacalgelenke
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Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans)
· Entzündliche Erkrankungen
G 03
· Beweglichkeit der Hals- und Lendenwirbelsäule eingeschränkt
· Spontan- und Druckschmerz des knöchernen Brustkorbs
· Atembewegungen des Brustkorbs eingeschränkt
· Hinweise auf Gelenkbeteiligung oder Enthesiopathien
· Augensymptomatik (Iritis, Iridozyklitis) (Entzündung der Regenbogenhaut)
4. New York Kriterien, die sinnvoll erst bei länger bestehender Erkrankung angewendet
werden können, da die röntgenologischen Veränderungen an den Sacroiliacalgelenken
erst im Laufe der Erkrankung auftreten (zwischen dem 2. und 10. Krankheitsjahr).
Klinische Kriterien:
· starke Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule
· akute oder frühere Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und des lumbosacralen Übergangs
· eingeschränkte Atembreite in Höhe des 4. Zwischenrippenraum
Eine gesicherte Spondylitis ankylopoetica liegt nach diesen Kriterien vor, wenn eine beidseitige Sacroiliitis Grad
3 oder 4 mit einem der klinischen Kriterien, eine beidseitige Sacroiliitis Grad 2 mit klinischem Kriterium 1 oder
eine einseitige Sacroiliitis Grad 3 oder 4 mit den klinischen Kriterien 2 und 3 nachweisbar ist.
Welche Symptome findet man bei der Spondylitis ankylopoetica?
· Wirbelsäule, Brustkorb und Becken
· Sacroiliitis mit tief sitzenden Rückenschmerzen
· Entzündlicher Rückenschmerz
· Wirbelkörperdeformierung
· Deformierung und Einsteifung der Wirbelsäule (Bambusstabwirbelsäule)
· Verkalkung vornehmlich der Längsbandstrukturen des Bandapparats der Wirbelsäule
· Im Verlauf veränderte Körperhaltung durch die zunehmende Versteifung der Wirbelsäule, die
Lendenwirbelsäule flacht ab, die Brustwirbelsäule krümmt sich und bildet einen Buckel
· Reaktive Osteoporose (Knochenschwund) durch Immobilität
· Wirbelbrüche
Durch den Verlust der Elastizität und Beweglichkeit der Wirbelsäule können im fortgeschrittenen Stadium
schon leichte Unfallmechanismen dazu führen, dass hauptsächlich im Bereich des zervikothorakalen
Übergangs (Hals-Brustbereich) und des thorakolumbalen Übergangs (Brustkorb-Lendenbereich)
Wirbelbrüche entstehen. Die Wirbelbrüche werden durch die Kombination der bestehenden
Krankheitsfaktoren Osteoporose, fehlende Elastizität und teilweiser Einsteifung von
Wirbelsäulenabschnitten verursacht, da die Wirbelsäule die einwirkenden Kräfte nicht mehr dämpfen
und weiterleiten kann. Es kann zu Kompressionsfrakturen (Stauchungsbrüchen) oder verschobenen
Brüchen (Luxationsfrakturen) mit neurologischen Ausfällen, bis hin zur Querschnittlähmung kommen.
· Wirbelsäuleninstabilität im Bereich des Kopf-Halswirbelsäulenübergangs (okzipito-zervikale Instabilität),
(atlantoaxiale Instabilität)
· Einschränkung der Brustkorbatmung, die durch die Verknöcherung und Versteifung der RippenWirbelgelenke und der Verbindung der Rippen zum Brustbein verursacht wird und in Kombination mit
einer kyphotischen Deformierung der Brustwirbelsäule („Buckel“) zu ausgeprägten Atemstörungen führen
kann.
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Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans)
· Entzündliche Erkrankungen
G 03
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Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans)
· Periphere Gelenke
• Normales Hüftgelenk
• Hüftgelenksarthrose mit destruktiven Veränderungen
des Hüftkopfs und der Hüftgelenkspfanne
· Knorpeldestruktion des Hüftkopfs
· Knorpeldestruktion der Gelenkpfanne
• Knie seitlich, Arthrose der
Kniescheibenrückfläche und
der Oberschenkelrolle
• Knie seitlich, Normalbefund
· Femurkondylen (Oberschenkel)
· Kniescheibe
· Gelenkknorpel
· Schienbeinkopf
· Kniescheibensehne (Patellarsehne)
· Seltener mit Befall der Finger- und Zehengelenke, Ellenbogen- und Sprunggelenke
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· Entzündliche Erkrankungen
G 03
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Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans)
· Enthesiopathien
· mit Schmerzen und Entzündungen in den Ansatzgebieten von Sehnen und Bändern, die häufigsten
Verteilungsmuster sehen Sie hier:
· Dornfortsätze der Halswirbelsäule
· Schulter, acromion tuberculum majus, processus coracoideus
· Übergang Brustbein-Rippenknorpel
· Ellenbogen, olecranon, epicondylus medialis und lateralis
· Becken, crista iliaca
· Becken, spina iliaca anterior superior
· Oberschenkelknochen, Trochanter major
· Oberschenkelknochen, Trochanter minor
· Becken, Scham- und Sitzbein
· Knie, condylus femoris medialis und lateralis
· Achillessehnenansatz
· Ansatz der Bänder des Fußgewölbes
· Tuberositas des 5. Mittelfußknochens
• Enthesiopathie der Achillessehne (Sehnenansatzreizung)
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· Entzündliche Erkrankungen
G 03
• Enthesiopathie im Bereich des Trochanter major am Oberschenkelknochen mit Reizung des Schleimbeutels.
· Schleimbeutelentzündung (bursitis subtrochanterica)
· weitere Organmanifestationen
· Herzbeteiligung mit Klappenfehler der Aortenklappe (Aorteninsuffizienz), Entzündung der Hauptschlagader
(Aortitis), Herzrhythmusstörungen und Herzbeutelentzündung.
· Beteiligung der Lunge mit einer zystischen Lungenfibrose
· Augenbeteiligung mit Entzündung der vorderen Augenkammer und der Regenbogenhaut (Iridozyklitis)
· Nierenbeteiligung mit Nephritis und sekundärer Amyloidose
· Neurologische Beteiligung im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung mit Rückenmarkkompression und
Cauda equina Syndrom.
Wie verläuft diese Erkrankung?
Der Verlauf dieser Krankheit ist nur schwer abzuschätzen, da sich eine Vielfalt von Verlaufsvarianten zeigt. Die
Erkrankung verläuft normalerweise über Jahre in Schüben, kann aber in seltenen Fällen auch mit ausgeprägten
Entzündungsreaktionen sehr schnell zur Versteifung der Wirbelsäule führen. Es gibt Verläufe, bei denen sich auf
Dauer nur die Sacroiliitis ohne weitere wesentliche Symptome zeigt. Erschwerend kommt bei der Beurteilung
hinzu, dass die exakte Diagnose oft erst nach einigen Jahren der Krankheitsdauer gestellt werden kann, da
radiologische Zeichen der Sacroiliitis erst nach einigen Jahren auftreten können.
Die zu Beginn auftretende Entzündung der Iliosacralgelenke führt zu einer Instabilität, wodurch das Becken
aufgerichtet wird. Durch diese statische Veränderung wird im weiteren Verlauf eine „kompensatorische
Kettenreaktion“ ausgelöst. Durch die Steilstellung des Beckens kommt es zur Abflachung der
Lendenwirbelsäule, die physiologische Lordosekrümmung verschwindet. Der Körperschwerpunkt wird
vor die Körperachse verlagert, was zu einer kompensatorischen Verstärkung der Brustkyphose führt, es
bildet sich ein Buckel, der mit zunehmender Erschlaffung der langen Rückenstreckmuskulatur und weiterer
Schwerpunktverlagerung nach vorne die Brustkyphose weiter verstärkt. Der Kopf und damit auch der
Blick ist in dieser Position auf den Boden gerichtet, wodurch es zur kompensatorischen Verstärkung der
Halswirbelsäulenlordose kommt.
Durch die Beckenaufrichtung werden die Hüftgelenke überstreckt, was durch eine vermehrte Beugung der
Kniegelenke ausgeglichen wird. Die Fehlposition der Hüft- und Kniegelenke führt zu Beugekontrakturen, die
insgesamt die Deformierung der Wirbelsäule verstärken.
Die entzündliche Verknöcherung der Brustbein-Rippengelenke und der Rippen-Wirbelgelenke führen
zusammen mit der Deformität des Brustkorbs zu Atemstörungen.
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Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans)
· Entzündliche Erkrankungen
G 03
Wie wird die Spondylitis ankylopoetica behandelt?
Es gibt keine Therapie, die zur Heilung der Erkrankung führt.
Die konservative Therapie stützt sich auf die Kombination folgender Behandlungsmethoden:
· Medikamentöse Behandlung
· Entzündungshemmung
· durch NSAR (nicht-steroidale Antirheumatica)
· durch Cortisonpräparate, die wegen der Nebenwirkungen nicht als Dauertherapeutikum eingesetzt
werden können
· TNF-alpha-Blocker (Tumor-Nekrose-Faktor alpha), eine noch neue Medikamentengruppe, die das
TNF-alpha, ein Zytokinin, das bei rheumatischen Erkrankungen, auch bei der Spondylitis ankylopoetica
erhöht ist und wohl eine große Rolle bei der entzündlichen Gelenkzerstörung spielt, blockiert
· Durch Injektion des radioaktiven Isotops Radium 224 können die Entzündungen günstig beeinflusst
werden.
· Schmerzmedikamente
· Muskelrelaxantien
· Eine Behandlung mit so genannten „langfristig krankheitsmodifizierenden“ Medikamenten wie
zum Beispiel Sulfalazin oder Methotrexat kann angewendet werden, wenn der Krankheitsverlauf durch
einen starken Befall der großen Gelenke bestimmt wird. Bei einem reinen Befall der Wirbelsäule ist die
Anwendung umstritten.
· Aktive und passive Bewegungstherapie
Die Bewegungstherapie muss mit angepasster sportlicher Aktivität, Haltungs- und Bewegungsschulung,
Ausgleich der bestehenden muskulären Dysbalancen, Atem- und Ausdauertraining regelmäßig und intensiv
zur Erhaltung und Verbesserung der Wirbelsäulen- und Gelenkbeweglichkeit durchgeführt werden.
· Physikalische Therapie mit Bestrahlung, Massagen, Elektrotherapie, Kälte- und Wärmeanwendung und
anderen, die dazu hilft, die Muskulatur zu lockern und Entzündungen zu verringern.
· Weitere mögliche Behandlungsmethoden sind Homöopathie, Phytotherapie, Traditionelle Chinesische Medizin,
Neuraltherapie und begleitende psychologische Betreuung mit Entspannungstechniken
· Eine operative Therapie bei der Spondylitis ankylopoetica kann erforderlich werden,
· Bei massiven Deformitäten der Wirbelsäule:
Wenn die Verkrümmungen der Wirbelsäule so stark sind, dass innere Organe, wie zum Beispiel die Lunge,
eingeengt werden und die Lebensqualität durch die stark gebeugte Haltung massiv eingeschränkt ist, dann
können Korrekturosteotomien zur Aufrichtung der Wirbelsäule durchgeführt werden.
· Bei massiver Instabilität von Wirbelsegmenten:
Bei teilweise versteifter Wirbelsäule, die von noch nicht versteiften Wirbelsegmenten unterbrochen sind,
kann es zur Instabilität dieser Wirbelsegmente kommen.
Die instabilen Segmente werden dann operativ versteift (Spondylodese)
· Bei Wirbelbrüchen wird in der Regel eine operative Stabilisierung des Wirbelbruchs durch dorso-ventrale
(vom Rücken und Bauch ausgeführte) Stabilisierungsverfahren erreicht.
· Bei bestehendem Befall großer Gelenke mit entzündlicher Destruktion kann die operative Versorgung mit
künstlichen Hüft- oder Kniegelenken erforderlich werden.
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Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans)
· Entzündliche Erkrankungen
G 03
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Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans)
Es gibt verschiedene Operationsverfahren, die zur korrigierenden Aufrichtung der Wirbelsäule oder bei
Instabilitäten zum Einsatz kommen. Folgende Operationsmethoden werden in unserer Abteilung abhängig von
der bestehenden Indikationsstellung häufig durchgeführt:
· bei überwiegend lumbaler Kyphose:
- Pedikelsubstraktionsosteotomie mit langstreckiger Instrumentation
- multisegmentale Smith-Peterson Osteotomie (Chevron-Osteotomie) mit langstreckiger
Pedikelinstrumentation
· bei thorakaler Kyphose:
- komplette Wirbelkörperresektion mit Aufrichtungsspondylodese
· bei thoracocervicaler Manifestation:
- thoracocervicale Aufrichtungsspondylodese mit Pedikelsubstraktion bei TH 1
· bei hochcervicaler Manifestation:
- C1/C2 Fusion in Harms-Technik
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11
H 01
Was bedeutet „Verletzung der Wirbelsäule“?
Die Wirbelsäule ist das zentrale Achsenorgan des Menschen. Sie muss große statische und dynamische Kräfte
auffangen und weiterleiten. Zusätzlich übernimmt sie die Schutzfunktion für das Rückenmark (Myelon) und die
abgehenden Spinalnerven.
Bei einem Trauma können verschiedene Kräfte auf die Wirbelsäule einwirken, die zu Frakturen (Brüchen)
und Dislokationen (Verschiebungen) der knöchernen Strukturen des Wirbels und der Wirbelgelenke, zu
Schädigung des Gelenkknorpels und zu Zerreißungen des stabilisierenden Bandapparats, zu Verletzungen der
Bandscheibe, des Rückenmarks und der Spinalnerven führen können.
• Wirbelsegment im Querschnitt Bandstrukturen
• Wirbelsegment mit Rückenmark und Spinalnerven
· Rückenmark
· Spinalnerv
· Wirbelgelenk
· Wirbelkörper
· Bandscheibe
· Grenzstrang (truncus sympathicus)
Behandlungsversuche von Wirbelsäulenverletzungen gibt es schon lange, bereits in der Epoche der Ägypter
wurde von Imhoptep (2682-2613 v. Chr.), einem Arzt und Wesir, erstmals das klinische Bild einer kompletten
Rückenmarksdurchtrennung mit allen wichtigen Symptomen in einem Papyrus beschrieben.
Hippokrates entwickelte ca. 1400 v. Chr. eine Extensionsbank, mit der er Wirbelbrüche und Deformitäten
der Wirbelsäule durch Streckung behandelte. Paulus von Aegina, der wahrscheinlich im 7. Jahrhundert n.
Chr. in Alexandria wirkte, beschrieb in einem chirurgischen Buch erstmals, dass „ein auf das Rückenmark
drückende Knochenstück zu entfernen sei“. In der Folgezeit wurden verschiedene manualtherapeutische und
Extensionsverfahren zur Behandlung von Wirbelbrüchen beschrieben.
Die Entdeckung der Röntgenstrahlen durch den Physiker Wilhelm Conrad Röntgen, deren Wirkung und
Aussagekraft er erstmals im Januar 1896 der Öffentlichkeit vorstellte, war ein Meilenstein in der Diagnostik und
ein Wegbereiter in der Weiterentwicklung der Wirbelsäulenchirurgie.
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Definition · Verletzung der Wirbelsäule
H 01
Die operative Versorgung von Wirbelsäulenverletzungen hat in den letzten Jahrzehnten eine rasche
Weiterentwicklung von eingesetzten Materialien und Operationstechniken vollzogen, weshalb es heute mit der
zusätzlich vorhandenen sehr differenzierten intensivmedizinischen prä- und postoperativen Behandlung
Schwerstverletzter möglich ist, auch komplizierte Befunde mit sehr guten Ergebnissen operativ zu behandeln.
Welche Verletzungsmechanismen gibt es an der Wirbelsäule?
Bei einem Trauma können verschiedene Kräfte auf die Wirbelsäule einwirken, die spezielle Verletzungsmuster
an den verschiedenen Strukturen der Wirbelsäule hervorrufen können.
Man unterscheidet:
· Extensionskräfte (Zugkräfte)
· Kompressionskräfte (Stauchungskräfte)
· Flexionskräfte (Beugungskräfte)
· Rotationskräfte (Drehungskräfte)
· Translation (Scherkräfte)
Wirbelsäulenverletzungen werden meistens durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung als Folge von
Verkehrs- oder Sportunfällen und von Stürzen aus großer Höhe verursacht.
Brüche der Lenden- oder Brustwirbel kommen häufiger vor als Brüche im Bereich der Halswirbelsäule, wogegen
bei Halswirbelsäulenverletzungen im Gegensatz zu Brust- oder Lendenwirbelsäulenverletzungen häufiger
neurologische Komplikationen auftreten.
Welche Ziele werden bei der Behandlung von Wirbelsäulenverletzungen verfolgt?
· Stabilität und Form sollen wiederhergestellt werden
· Erhalt oder Wiederherstellung der Wirbelsäulenachsen müssen gewährleistet sein
· Vermeidung oder Minderung von neurologischen Komplikationen
· Vermeidung funktioneller Verluste
· Erlangung größtmöglicher Schmerzfreiheit
Welche Vorteile oder Nachteile zieht die operative oder konservative Behandlung der Verletzungen der
Wirbelsäule nach sich?
Konservative Behandlung:
Vorteile:
· kein operativer Eingriff mit Operations- und Narkoserisko
Nachteile:
· lange Immobilisationsphase mit erhöhtem Risiko von Sekundärkomplikationen wie Thrombose,
Lungenentzündung, Dekubitus, Abnahme der Muskelmasse und Knochendichte
· länger bestehende Bewegungs- und Lagerungsinstabilität des Wirbelbruchs
· erschwerte Mobilisationsphase
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Definition · Verletzung der Wirbelsäule
H 01
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Definition · Verletzung der Wirbelsäule
Operative Behandlung:
Vorteile:
· Rekonstruktion der frakturierten Wirbelanteile
· Wiederherstellung der korrekten Wirbelsäulenachsen
· Rekonstruktion des Bandapparats
· Vermeidung oder Verringerung neurologischer Komplikationen durch die operative Entlastung von
gequetschtem Rückenmark oder Spinalnerven
· Lagerungs- und Bewegungsstabilität postoperativ
· Günstige Beeinflussung der Schmerzsituation
· Gute funktionelle Ergebnisse nach Ausheilung
· Schnellere Mobilisation und Reintegration des Verletzten in sein gewohntes Umfeld
Nachteile:
· Operationsrisiko mit Wundinfekten, Nachblutungen oder Organverletzungen
· Narkoserisiko
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H 02
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Diagnostik · Verletzung der Wirbelsäule
Klinische und neurologische Untersuchung
Durch die Untersuchung des verletzten Patienten können bereits vor Durchführung apparativer Diagnostik
Hinweise auf vorliegende Schäden des Rückenmarks, der Spinalnerven oder weiterer Begleitverletzungen
gewonnen werden.
Das Behandlungsmanagement bei Verdacht auf eine Verletzung der Wirbelsäule setzt ein subtiles Vorgehen
voraus, da durch unvorsichtige Manipulationen, falsche Lagerung oder ungenügend gesicherten Transport
des Verletzten zusätzliche Schäden verursacht werden können.
Bei der körperlichen und neurologischen Untersuchung sind folgende Punkte wichtig:
· Schmerzangaben des Patienten
· Äußere Verletzungszeichen (Hämatom (Bluterguss)), (Prellmarken)?
· Schonhaltung?
· Liegen motorische oder sensible Ausfälle vor?
· Wie ist der Reflexstatus?
· Liegen medulläre oder radikuläre Ausfälle vor?
· Liegt eine komplette oder inkomplette Querschnittsymptomatik vor?
· Liegen Begleitverletzungen vor?
Radiologische und bildgebende Untersuchungsverfahren
· Konventionelle Röntgenbilder in 2 Ebenen, gegebenenfalls weitere konventionelle Spezialaufnahmen können
eine bestehende Verdachtsdiagnose auf eine vorliegende Wirbelsäulenverletzung bestätigen. Eine exakte
Diagnosestellung setzt die Anfertigung korrekter Röntgenbilder voraus, was häufig durch die ausgeprägte
Schmerzsituation des Patienten negativ beeinflusst wird. Zu starke Manipulationen am Verletzten bergen
zusätzlich die Gefahr, dass sich ein bestehender Ausgangsbefund verschlechtert. Die konventionellen
Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule lassen demnach häufig nur Rückschlüsse auf sichtbare grobe
Veränderungen am knöchernen Befund zu.
· Die Computertomographie (CT) kann sowohl knöcherne Strukturen als auch die Situation von Weichteilen,
Bandscheiben und Bändern darstellen.
Durch Rekonstruktionsaufnahmen können Wirbelbrüche gut dargestellt werden.
· Die Kernspintomographie (MRT) ermöglicht eine optimale Darstellung von Rückenmark, Nerven und
Weichteilen. Knöcherne Strukturen werden im CT besser dargestellt.
CT und MRT sind die diagnostische Grundlage für die Festlegung der therapeutischen Strategie und der
operativen Vorgehensweise.
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H 03
Welche Symptome können bei Verletzungen der Wirbelsäule auftreten?
· äußere Verletzungszeichen (Schürfungen, Prellmarken und Blutergüsse im Bereich der Wirbelsäule), wobei
das Vorliegen von äußeren Verletzungszeichen keinen sicheren Hinweis auf das Vorliegen eines Wirbelbruchs
oder dessen Stabilität erbringt.
· Fehl- und Schonhaltung
· Schmerzen
· Motorische Ausfälle
· Sensible Ausfälle
· Medulläre/radikuläre Symptomatik
Bei einer Schädigung des Rückenmarks (medullär) kommt es immer in Abhängigkeit von der Höhe des
geschädigten Wirbelsäulenabschnitts zu sensiblen und motorischen Ausfällen und zur Störung der Mastdarm-,
Blasen- und Sexualfunktion.
Bei einer Schädigung von Spinalnervenwurzeln (radikulär), die in der Regel durch eine Quetschung der
Nervenwurzel im Bereich der foramina intervertebralia entsteht, kommt es zu motorischen und sensiblen
Ausfällen im entsprechenden Versorgungsgebiet des betroffenen Spinalnervs.
Etwa 2/3 aller Querschnittlähmungen sind die Folge von Unfällen mit Wirbelbrüchen oder isolierten
Rückenmarkquetschungen ohne Wirbelbruch, die sehr selten, vornehmlich bei Kindern und Jugendlichen
vorkommen.
Die restlichen Querschnittlähmungen werden durch angeborene Fehlanlagen der Wirbelsäule und
Rückenmarks, durch Tumore, entzündliche Prozesse oder Durchblutungsstörungen des Rückenmarks
verursacht.
Eine komplette Querschnittsymptomatik zeigt folgende Zeichen:
· Schlaffe Lähmung unterhalb des geschädigten Wirbelsegments
· Kompletter Ausfall der Sensibilität unterhalb der Verletzungshöhe
· Eigen- und Fremdreflexe sind nicht auslösbar
· Komplette Lähmung der Blasen-, Mastdarm- und Sexualfunktion
· Ausfall der Gefäß- und Wärmeregulation, die in Abhängigkeit von der Höhe der Wirbelsäulenverletzung zum
spinalen Schock mit Blutdruckabfall, Verlangsamung des Herzschlags (Bradykardie) bis hin zum Herzstillstand
und Atemstörungen bis zum Atemstillstand führen kann.
Welche Klassifizierungen zur Beurteilung motorischer und sensibler Defizite gibt es?
Zwei gebräuchliche Klassifikationssysteme sind das Bewertungsschema der „American Spinal Injury
Assiciation“ (ASIA) und das Frankel Schema.
ASIA Klassifikation der motorischen Ausfälle:
0 = komplette Lähmung
1 = sichtbare oder tastbare Muskelkontraktion
2 = aktive Bewegung über das volle Bewegungsausmaß, wenn die Schwerkraft aufgehoben ist
3 = aktive Bewegung gegen die Schwerkraft über das volle Bewegungsausmaß
4 = aktive Bewegung über das vollständige Bewegungsausmaß gegen geringen Widerstand
5 = aktive Bewegung gegen vollen Widerstand
NT = Überprüfung nicht möglich
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Symptome · Verletzung der Wirbelsäule
H 03
ASIA Klassifikation der sensiblen Ausfälle, die auf jedes Dermatom bezogen sind:
0 = keine Sensibilität vorhanden
1 = veränderte Sensibilität
2 = normal
NT = Überprüfung nicht möglich
Frankel Schema der Beurteilung der Querschnittsymptomatik:
A = komplettes Querschnittsyndrom, keine motorischen oder sensiblen Funktionen in den sakralen Segmenten
S4-S5
B = inkomplettes Querschnittsyndrom, keine motorische Funktion, die sensible Funktion ist in den Segmenten
S4 und S5 nachweisbar
C = inkomplettes Querschnittsyndrom, motorische Funktion ist unterhalb des neurologischen Niveaus erhalten,
die entsprechenden Kennmuskeln weisen einen Muskelkraftgrad von weniger als drei nach Janda auf.
D = Inkomplettes Querschnittsyndrom, motorische Funktion unterhalb des geschädigten Segments ist erhalten,
die entsprechenden Kennmuskeln weisen einen Muskelkraftgrad von mehr als 3 nach Janda auf.
E = Motorische und sensible Funktionen sind normal
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Symptome · Verletzung der Wirbelsäule
H 04
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Beurteilung der Stabilität · Verletzung der Wirbelsäule
Nach welchen Kriterien kann die Stabilität einer Wirbelfraktur beurteilt werden?
Die Beurteilung der Stabilität eines Wirbelbruchs ist ein wichtiges Kriterium, um das therapeutische Konzept
(operative Stabilisierung oder konservatives Vorgehen) festzulegen.
Ein stabiler Bruch muss folgende Kriterien gewährleisten:
· Rückenmark und Spinalnerven dürfen nicht gefährdet sein
· Die physiologisch einwirkenden Lasten müssen getragen werden, ohne dass der Wirbelbruch zu einer
Deformität der Wirbelsäule führt.
Denis hat zur Stabilitätsbeurteilung das Drei-Säulen-Modell erstellt. Er unterscheidet zwischen der vorderen
Säule (A), die aus dem Wirbelkörper besteht, der mittleren Säule (B), die sich aus den Wirbelbögen und
Gelenkfortsätzen zusammensetzt und der hinteren Säule (C), die die Dornfortsätze und den dorsalen
Bandapparat beinhaltet.
Denis definiert die Stabilität durch folgende Kriterien:
· Die Beteiligung aller drei Säulen führt zur Instabilität
· Die Verletzung von zwei Säulen mit Drehung der geschädigten Säulenanteile um die intakte Säule führt zur
Instabilität
· Die isolierte Verletzung einer Säule führt nicht zur Instabilität
• Drei-Säulen-Modell nach Denis
· Lig. longitudinale anterius
· Lig. longitudinale posterius
· Lig. supraspinale
· Lig. flavum
· Wirbelkörper
· Bandscheibe
· Lig. interspinale
· Foramen intervertebrale
· Wirbelbogen
Eine weitere Klassifikation zur Beurteilung der Stabilität ist das Zwei-Säulen-Modell nach Magerl. Er
unterscheidet nur zwischen der vorderen Säule, die aus dem Wirbelkörper besteht und der hinteren Säule,
die aus den hinter dem Wirbelkörper liegenden knöchernen und Bandstrukturen besteht.
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H 05
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Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0) · Verletzung der Wirbelsäule
Welche anatomischen Besonderheiten zeigt die obere Halswirbelsäule (C0-C2)?
Der erste und zweite Halswirbel, Atlas (C1) und Axis (C2), heben sich im Gegensatz zu den anderen Wirbeln
durch ihre Form deutlich ab, um die Befestigung und Beweglichkeit des Kopfes zu gewährleisten.
• Atlas (C1) und Axis (C2), von hinten
· Atlas (C1) mit fovea articularis superior
· vorderer Bogen (arcus anterior)
· massa lateralis
· Hinterer Bogen (arcus posterior)
· Axis (C2)
· Dens axis
Der ringförmige Atlas (C1) ist der Träger des Kopfes und besteht aus den beiden Seitenstücken, massae
laterales, die durch den vorderen und hinteren Bogen verbunden sind. Über Gelenkflächen (fovea articularis
superior), die auf den massae laterales sitzen, ist der Atlas mit dem Hinterhauptbein des Schädels verbunden,
wodurch das obere Kopfgelenk gebildet wird, das eine Vorwärts- und Rückwärtsneigung, sowie eine geringe
Seitwärtsneigung des Kopfes ermöglicht.
• Atlas (C1) ,von oben
Der 2. Halswirbel (axis) schafft durch den besonderen Aufbau seines Wirbelkörpers und seinen zapfenförmigen
Fortsatz, dens axis, der in eine Lücke des 1. Halswirbels hineinragt, den Übergang zum 1. Halswirbel und der
unteren Halswirbelsäule.
Der Dens axis wird durch ein straffes Band in seiner Position gehalten, damit er das Rückenmark nicht schädigt.
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H 05
• Axis (C2), von oben
Atlas und Axis ermöglichen durch die 4 atlantoaxialen Gelenke die Drehbewegungen des Kopfes, wobei sich
der Atlas exzentrisch um den Zapfen des Axis dreht.
Atlas, Axis und Hinterhauptbein des Kopfes sind durch einen komplexen Bandapparat verbunden, der im
Zusammenspiel mit dem oberen Kopfgelenk, den atlantoaxialen Gelenken und der Muskulatur die große
Beweglichkeit des Kopfes ermöglicht.
• Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, tiefe Schicht obere Halswirbelsäule von hinten, ligamentum
cruciforme ist entfernt,die Fixationsbänder des Dens axis (ligamenta alaria und lig. apicis dentis) sind
einsehbar.
· Hinterhauptbein
· Ligamentum apicis dentis
· Ligamenta alaria
· Atlas
· Dens axis
· Axis
Frakturen der Kondylen des Hinterhauptbeins
Wo befindet sich diese Verletzung?
Das Hinterhauptbein (os occipitale) bildet den Hinterkopfanteil des knöchernen Schädels und formt das
Hinterhauptloch (foramen magnum), durch das das verlängerte Rückenmark (medulla oblongata) vom
Gehirn zur Wirbelsäule zieht. Der untere Anteil des os occipitale (pars basilaris) bildet den hinteren Anteil
der Schädelbasis. Im Bereich der pars lateralis des Hinterhauptbeins befinden sich außen die Kondylen des
Hinterhauptbeins (condylus occipitalis), die mit den Gelenkflächen (fovea articularis superior) des 1. Halswirbel
(Atlas) verbunden sind.
Diese Gelenkverbindungen bilden zusammen mit dem komplexen Bandapparat das obere Kopfgelenk (C0/C1).
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Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0) · Verletzung der Wirbelsäule
H 05
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Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0) · Verletzung der Wirbelsäule
• Schädelbasis, von innen gesehen
· Os frontale, Stirnbein
· Os sphenoidale, Keilbein
· Os temporale, Schläfenbein
· Pars basilaris des Hinterhauptbeins
·Pars lateralis des Hinterhauptbeins
· Foramen magnum
· Os occipitale, Hinterhauptbein
Wie werden die Frakturen der Kondylen des Hinterhauptbeins eingeteilt?
Die Frakturen der Kondylen des Hinterhauptbeins (os occipitale) werden nach Jeanneret in 4 Subtypen
unterteilt.
Subtyp I stellt eine Schädelbasisfraktur dar, die zum Hinterhauptloch (foramen magnum) läuft, und häufig
das foramen nervi hypoglossi (Austrittskanal des 12. Hirnnerven) in den Bruch mit einbezieht, wodurch es zu
neurologischen Ausfällen im Versorgungsgebiet dieses Nervs kommen kann. (Lähmung der Zunge und der
Zungenmuskulatur, Sprachstörungen)
• Schädelbasis, von innen gesehen Jeanneret Subtyp I
Subtyp II ist eine Ringfraktur der Schädelbasis um das foramen magnum, bei der eine oder beide
Hinterhauptkondylen betroffen sein können. Dieser Bruchtyp verläuft meistens tödlich.
• Schädelbasis, von innen gesehen Jeanneret Subtyp II
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H 05
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Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0) · Verletzung der Wirbelsäule
Subtyp III stellt eine ein- oder beidseitige Kompressionsfraktur der Hinterhauptkondylen dar, die gelegentlich in
Kombination mit einem Bruch der massa lateralis des Atlas auftritt.
Hinterhauptbein
• Obere Halswirbelsäule, C0-C2, von hinten Jeanneret Subtyp III
· Hinterhauptkondyle
· Atlas (C1)
· Axis (C2)
Subtyp IV entspricht einem ein- oder beidseitigen Ausriss der ligamenta alaria, wobei häufig eine
atlanto-occipitale Dislokation auftritt.
• Obere Halswirbelsäule, C0-C2, von hinten Jeanneret Subtyp IV
· Hinterhauptbein
· Ligamenta alaria
Durch welche Unfallmechanismen entstehen Kondylenverletzungen des Hinterhauptbeins?
Die Verletzungen der Hinterhauptkondylen entstehen in der Regel durch schwere axiale Stauchungen, die auf
die obere Halswirbelsäule einwirken.
Welche Symptome zeigen sich bei dieser Verletzung?
Je nach Frakturtyp zeigt sich eine Palette von leichten Symptomen, wie leichte Nacken- und Kopfschmerzen,
Übelkeit und Schwindelgefühl. Wenn die lebenswichtigen Zentren in der medulla oblongata betroffen sind, kann
der sofortige Tod eintreten. Je nach Frakturtyp können die unteren Hirnnerven betroffen sein (nervus abducens,
nervus facialis, nervus hypoglossus).
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H 05
Wie werden Kondylenfrakturen behandelt?
Wenn es sich um isolierte Frakturen der Kondylen ohne Bandausrisse handelt, wird die Verletzung in der Regel
konservativ durch Ruhigstellung durch eine Zervikalstütze oder einen Halo-Fixateur behandelt.
Kondylenfrakturen mit starker Dislokation (Verschiebung) und Kompression (Einengung) des oberen Halsmarks
müssen operativ dekomprimiert und stabilisiert werden.
Die chirurgische Rekonstruktion des dislozierten Kondylenfragments erfolgt zum Beispiel durch eine vordere
Reposition des verschobenen Fragments mit vorderer und zusätzlich hinterer Fusion, sowie der Dekompression
des Halsmarks.
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Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0) · Verletzung der Wirbelsäule
H 06
Der erste und zweite Halswirbel, Atlas (C1) und Axis (C2), heben sich im Gegensatz zu den anderen Wirbeln
durch ihre Form deutlich ab, um die Befestigung und Beweglichkeit des Kopfes zu gewährleisten.
• Atlas und Axis, von hinten gesehen
Atlas (C1) mit
· fovea articularis superior
· vorderer Bogen (arcus anterior)
· Dens axis
· Hinterer Bogen (arcus posterior)
· massa lateralis
· Axis (C2)
Der ringförmige Atlas (C1) ist der Träger des Kopfes und besteht aus den beiden Seitenstücken, massae
laterales, die durch den vorderen und hinteren Bogen verbunden sind. Über die oberen Gelenkflächen
(fovea articularis superior), die auf den Seitenmassiven (massae laterales) sitzen, ist der Atlas mit dem
Hinterhauptbein des Schädels verbunden, wodurch das obere Kopfgelenk gebildet wird, das eine Vorwärts- und
Rückwärtsneigung, sowie eine geringe Seitwärtsneigung des Kopfes ermöglicht.
Nach unten ist der Atlas über die untere Gelenkflächen (fovea articularis inferior) mit dem 2. Halswirbel (axis)
verbunden.
• Atlas, 1. Halswirbel, von oben gesehen
Anatomische Strukturen
· massa lateralis (seitliche Knochenmassive, die nach oben die Gelenkflächen zum
Hinterhauptbein und nach unten zum 2. Halswirbel (Axis) tragen.
· arcus posterior, (hinterer Bogen)
· processus transversus (Querfortsatz)
· fovea articularis superior (Gelenkfläche zum Hinterhauptbein)
· arcus anterior (vorderer Bogen)
· tuberculum anterius
· foramen magnum (Hinterhauptloch)
Welche Frakturtypen gibt es?
Die Frakturen des 1. Halswirbels (Atlas) werden nach Gehweiler in 5 Subtypen unterteilt:
Typ I: Fraktur des vorderen Atlasbogens
Bei diesem Frakturtyp handelt es sich um eine Abrissfraktur des tuberculum anterius des vorderen Atlasbogens,
an dem ein Muskel der tiefen vorderen Halsmuskulatur (musculus longus colli) ansetzt.
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Atlasfrakturen (C1) · Verletzung der Wirbelsäule
H 06
Durch Hyperextension der Halswirbelsäule (massive Überstreckung nach hinten) wird der musculus longus colli
stark angespannt, wodurch es zum knöchernen Ausriss des tuberculum anterius des Atlas kommen kann.
Der isolierte Ausriss des tuberculum anterius atlantis stellt eine stabile Fraktur dar.
• Fraktur des vorderen Atlasbogens Gehweiler Typ I
Typ II: Fraktur des hinteren Atlasbogens
Der Bruch des hinteren Atlasbogens kann durch Hyperextension, starke Flexion (Beugung) oder axiale
Stauchung der Halswirbelsäule entstehen. Bei der axialen Stauchung kommt es zur Einkeilung des hinteren
Atlasbogens zwischen den Gelenkmassiven des Hinterhauptbeins und dem 2. Halswirbel (axis), wodurch der
hintere Atlasbogen gebrochen wird.
Der isolierte Bruch des hinteren Atlasbogens ist ein stabiler Bruch.
• Fraktur des hinteren Atlasbogens Gehweiler Typ II
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Atlasfrakturen (C1) · Verletzung der Wirbelsäule
H 06
Typ III: Kombinierte Frakturen des vorderen und hinteren Atlasbogens
Der kombinierte Bruchtyp des vorderen und hinteren Atlasbogens wird auch als „Jefferson-Fraktur” bezeichnet.
• Kombinierte Fraktur der Atlasbögen Gehweiler Typ III
Typ IV: Fraktur der Massa lateralis.
Bei der isolierten Fraktur eines der Gelenk tragenden Seitenmassive des Atlas (massa lateralis) handelt es sich
um eine stabile Fraktur.
• Fraktur der massae laterales Gehweiler Typ IV
Typ V: Fraktur des Processus transversus.
Die Querfortsätze des Atlas (processus transversus) sind Ansatzpunkte einiger Muskeln der seitlichen Gruppe
der tiefen Hals- und Nackenmuskulatur. Nach unten ziehen zum Beispiel Anteile des musculus scalenus
medius, nach oben zieht der musculus rectus capitis lateralis. Abrissfrakturen der Querfortsätze des Atlas sind
stabile Brüche.
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Atlasfrakturen (C1) · Verletzung der Wirbelsäule
Atlasfrakturen (C1) · Verletzung der Wirbelsäule
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H 06
• Fraktur des processus transversus Gehweiler Typ V
• Ausschnitt der Halsmuskulatur, von vorn gesehen
· Pars basilaris des Hinterhauptbeins
· Warzenfortsatz (processus mastoideus)
· Griffelfortsatz (processus styloideus)
·Musculus rectus capitis lateralis
· Musculus rectus capitis anterior
· Querfortsatz des Atlas (Processus transversus)
· Musculus scalenus medius
· Musculus longus capitis
· Musculus longus colli
· Tuberculum anterius atlantis
Jefferson Frakturen des Atlas
Kombinierte Frakturen des vorderen und hinteren Atlasbogens, entsprechend Gehweiler, Typ III, werden auch
Jefferson Frakturen genannt.
G. Jefferson hat diese Kombinationsbrüche des 1. Halswirbels 1920 erstmals beschrieben und in verschiedene
Typen eingeteilt.
Welche Formen der Jefferson Fraktur gibt es?
Die klassische Jefferson Fraktur ist die 4-Part Fraktur, es können aber auch Frakturtypen mit 2 oder 3
Frakturteilen entstehen.
• Jefferson Fraktur, 2-Part-Fraktur
• Jefferson Fraktur, 3-Part-Fraktur
• Jefferson Fraktur, 4-Part-Fraktur
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H 06
Wie entstehen Jefferson Frakturen?
Wenn Kräfte axial, wie bei einem Kopfsprung, auf die Halswirbelsäule wirken, werden diese Kräfte über die
Gelenkmassive des Hinterhauptbeins (condyli occipitales) auf das obere Kopfgelenk weitergeleitet. Da in
diesem Bereich keine Bandscheibe ist, muss der Atlas die einwirkenden Kräfte ohne Pufferwirkung verteilen.
Die axial einwirkenden Kräfte werden durch die Neigung der Gelenkflächen der Kopfgelenke in Kräfte
umgewandelt, die nach außen abgeleitet werden. Durch diese nach den Seiten gerichtete Umleitung der
einwirkenden Energie kommt es zum Auseinanderbersten der Atlasbögen.
Durch das seitliche Auseinanderweichen der Atlasbögen kann es zur Zerreißung des Ligamentum transversum
atlantis kommen. Dieses Band gewährleistet die Stabilität des unteren Kopfgelenks zwischen 1. und 2.
Halswirbel. Bei einer Zerreissung kommt es zur Instabilität mit möglicher Kompression des Rückenmarks durch
Einengung des Rückenmarkkanals.
• Atlas, von oben Ligamentum transversum
· Hinterer Atlasbogen (arcus posterior)
· Wirbelloch (foramen vertebrale)
· Obere Gelenkfläche (fovea articularis superior)
· Ligamentum transversum atlantis
· Dens axis
Welche Symptome gibt es bei Jefferson Frakturen?
· Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule
· Schiefhals
· Schluckstörungen
· Verletzungen des nervus glossopharyngeus und nervus occipitalis major
· Bei instabilen Frakturtypen Kompression des Rückenmarks mit neurologischen Ausfällen
· Verletzung der arteria vertebralis in 30 % der auftretenden Fälle
Wie werden Frakturen des Atlas diagnostiziert?
· Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen
· Computer- oder Kernspintompgraphie
Wie werden Frakturen des Atlas behandelt?
Stabile, nicht verschobene Frakturen des Atlas können häufig konservativ durch Ruhigstellung mittels spezieller
Zervikalstützen für 8 Wochen behandelt werden.
Jefferson-Frakturen mit ligamentärer Zerreißung und daraus folgender seitlicher Verschiebung von C1 gegen
C2 müssen zwingend operativ versorgt werden. Mögliche Operationsverfahren sind:
· transorale Reposition und Osteosynthese von C1 nach Harms
· C0/C2-Fusion
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Atlasfrakturen (C1) · Verletzung der Wirbelsäule
H 07
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Atlanto-occipitale Dislokation (C0/C1) · Verletzung der Wirbelsäule
Was ist eine Atlanto-occipitale Dislokation (C0/C1)?
Bei der atlanto-occipitalen Dislokation handelt es sich um eine schwere Verletzung der oberen Kopfgelenke
mit einer Dislokation (Verschiebung) der Gelenkanteile zwischen Hinterhauptbein und 1. Halswirbel, die selten
auftritt.
• Obere Halswirbelsäule, C0-C2, von hinten
· Hinterhauptbein, (C0), (os occipitale)
· Oberes Kopfgelenk (C0/C1), Gelenkkapsel entfernt
· Oberes Kopfgelenk (C0/C1), mit Gelenkkapsel
· Atlas (C1)
· Axis (C2)
Welche Typen dieser Verletzung gibt es?
Man unterscheidet nach der Richtung der Verschiebung der Kondylenmassive des Hinterhauptbeins zum
1. Halswirbel folgende Dislokationstypen:
· Typ I mit Verschiebung nach vorn (ventral)
· Typ II mit Verschiebung nach hinten (dorsal)
· Typ III mit axialer Distraktion des oberen Kopfgelenks
· Typ IV mit Verschiebung zur Seite (lateral)
Welche Symptome gibt es?
· Ausgeprägte Weichteilschwellung im Bereich von Hals und Kopf
· Ausfall der Hirnnerven VI-XII
· Symptome des eingeklemmten Hirnstamms bis hin zur Lähmung der Atmungs- und Kreislaufzentren
(Schnappatmung, Herzrhythmusstörungen)
· Diese Verletzung führt häufig bereits am Unfallort zum Tod.
· Wenn die Verletzung überlebt wird, zeigen sich oft bleibende neurologische Symptome bis hin zur Tetraplegie
(Querschnittlähmung, bei der Arme und Beine betroffen sind)
Wie wird diese Verletzung behandelt?
Falls diese schwere Verletzung primär überlebt wird, kommen folgende Operationsverfahren zur Anwendung:
. transorale C0/C1-Fusion
. dorsale C0/C1-Fusion
. falls erforderlich C0/C1/C2-Fusion
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H 08
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Axisfraktur (C1) · Verletzung der Wirbelsäule
Frakturen des Axis (C2)
• Axis von hinten
· Dens axis
· Gelenkfläche zum 1. Halswirbel
· corpus axis
· Querfortsatz (processus transversus)
· foramen transversarium
· Wirbelbogen (arcus axis)
· Dornfortsatz (processus spinosus)
• Bandapparat des Dens axis, von hinten gesehen
· Hinterhauptbein, os occipitale
· Ligamentum apicis dentis
· Ligamenta alaria
· Dens axis
Welche Frakturarten des 2. Halswirbels gibt es?
Man unterscheidet:
· Frakturen des Dens axis
· Frakturen des corpus axis
· Frakturen der Wirbelbögen
Wie werden die Frakturen des dens axis eingeteilt?
Frakturen des dens axis gehören zu den häufigsten Brüchen der Halswirbelsäule.
Nach der Klassifikation von Anderson-D´Alonso gibt es drei Frakturtypen:
Typ I
Die Spitze des dens axis ist oberhalb des ligamentum transversum schräg gebrochen. Diese Fraktur kann bei
einer atlanto-occipitalen Dislokation durch einen knöchernen Ausriss der ligamenta alaria entstehen.
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Axisfraktur (C1) · Verletzung der Wirbelsäule
• Densfraktur Typ I nach Anderson-D´Alonso
Typ II
Dieser Frakturtyp verläuft nahe der Densbasis am Übergang zum Körper des Axis.
Dieser Typ macht den größten Anteil der Densfrakturen aus. Da die Bruchfläche klein ist, sind diese
Brüche oft gefährdet, schlecht zu heilen. Es kommt häufig in der Heilungsphase zu einer so genannten
Pseudarthrosebildung, das heißt, einer bindegewebigen Überbrückung des Bruchspalts ohne knöcherne
Ausheilung.
• Densfraktur Typ II nach Anderson-D´Alonso
Typ III
Dieser Bruchtyp reicht bis in den Körper des Axis und entsteht durch ein Flexionstrauma.
Bei diesem Trauma wird die einwirkende Kraft einer massiven Beugung auf das ligamentum tranversum des
Atlas, das den dens axis umgibt, weitergeleitet. Wenn dieses Band bei Einwirkung der Kraft nicht reißt, wird die
Energie auf den dens axis weitergeleitet, wodurch es dann zu diesem Bruchtyp kommt.
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Axisfraktur (C1) · Verletzung der Wirbelsäule
• Densfraktur Typ III nach Anderson-D´Alonso
Wie entstehen Frakturen des dens axis?
Densfrakturen können durch Hyperextensionstraumata (massive Rückwärtsneigung) entstehen, die zu einer
Luxationstendenz des Atlas nach hinten führen.
Densfrakturen durch Hyperflexionstraumata (massive Vorwärtsneigung) verursachen eine Luxationstendenz
des Atlas nach vorn.
Welche Symptome gibt es bei Densfrakturen?
· Nackenschmerzen
· Schluckbeschwerden
· Neurologische Ausfälle
Wie werden Densfrakturen diagnostiziert?
· Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen
· Transorale Densaufnahme
· Eventuell seitliche Funktionsaufnahme zur Stabilitätsbeurteilung
· Konventionelle Schichtaufnahmen
· Computertomographie
Wie werden Densfrakturen behandelt?
Die Behandlung der Densfrakturen ist vom Typ und der Stabilität der jeweiligen Fraktur abhängig.
Bei stabilen Frakturen kann konservativ durch Reposition und Ruhigstellung in einem Halo-Fixateur für 16
Wochen behandelt werden.
Ein Halo-Fixateur ist ein spezielles Festhalte- und Spannsystem, das zur Ruhigstellung von konservativ zu
behandelnden Frakturen der oberen Halswirbelsäule verwendet wird.
Hierzu wird nach Reposition der bestehenden Fraktur ein Kopfring aus Carbon oder Aluminium mit mehreren
Schrauben oberhalb der Ohrmuschellinie im Schädelknochen fixiert. Dieser Haloring wird über Längsträger
fest mit einer Haloweste verbunden. Durch dieses System ist die Halswirbelsäule bedingt mit einer
Restbeweglichkeit von ca. 30 % ruhig gestellt und der Bruch kann in stabiler Position ausheilen.
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Axisfraktur (C1) · Verletzung der Wirbelsäule
· Typ I Frakturen mit Ausriss der ligamenta alaria werden durch eine Fusionsoperation behandelt.
· Typ II Frakturen werden nach folgenden Methoden operativ versorgt:
· klassische operative Behandlung durch eine ventrale Verschraubung nach Böhler oder
· durch eine Osteosynthese C1/C2 mit oder ohne Fusion, wobei sich ein ventraler (vorderer) Zugang bei
jungen Menschen mit guter Knochenqualität anbietet. Der ventrale Operationszugang gestaltet sich bei
Hyperextensionsfrakturen meist sehr schwierig. Bei dieser Operation ist ein dorsaler (hinterer) Zugang
bei alten Menschen mit schlechter Knochenqualität und bei einem vorliegenden Hyperextensionstrauma
indiziert.
· Typ III Frakturen werden überwiegend konservativ im Halo-Fixateur therapiert.
Wir empfehlen immer die operative Reposition mit C1/C2 Instrumentation in Harms-Technik. Ob eine
zusätzliche Fusion (Versteifung) erforderlich ist, hängt von der Unversehrtheit des Kopfgelenks ab.
Frakturen des Axiskörpers
Die Brüche des Axiskörpers gibt es nur selten als eigenständigen Bruchtyp. Meistens zeigen sich Ausläufer
von Densfrakturen oder Brüchen der Densbögen, die in den Körper hineinstrahlen, wobei die Differenzierung
oft schwierig ist.
Brüche des Axiskörpers entstehen durch Hyperextension oder Kompression.
Die reinen Axiskörperbrüche sind im konventionellen Röntgenbild meist schwer zu erkennen, weshalb zum
sicheren Ausschluss eine Computertomographie erfolgen sollte.
Je nach vorliegendem Befund kann die Therapie einer Fraktur des Axiskörpers konservativ über einen HaloFixateur oder durch eine Fusionsoperation erfolgen.
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H 09
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Atlanto-axiale Dislokation (C1/C2) · Verletzung der Wirbelsäule
Bei dieser Verletzung handelt es sich um eine Verschiebung (Dislokation) zwischen den beiden ersten
Halswirbeln, die durch eine Zerreißung der stabilisierenden Bänder, durch Frakturen einer der beiden Wirbel
oder durch eine Kombinationsverletzung entstehen kann.
Der 1. und 2. Halswirbel sind über Gelenke und Bänder miteinander verbunden und bilden das untere
Kopfgelenk C1/C2. Der komplexe Bandapparat, insbesonders die ligamenta alaria, das ligamentum
transversum atlantis und das ligamentum cruciforme gewährleisten die stabile Führung der beiden Wirbel in
ihren Gelenkflächen.
• 1. und 2. Halswirbel (Atlas und Axis)
Atlas (C1) mit:
· fovea articularis superior
· vorderer Bogen (arcus anterior)
· Dens axis
· Hinterer Bogen (arcus posterior)
· massa lateralis
· Axis (C2)
• Bandapparat des unteren Kopfgelenks
· os occipitale
· ligamentum cruciforme atlantis, crus superius
· ligamenta alaria
· 1. Halswirbel, (Atlas)
· ligamentum cruciforme
· 2. Halswirbel, (Axis)
• Atlas, Ligamentum transversum
· Hinterer Atlasbogen (arcus posterior)
· Wirbelloch (foramen vertebrale)
· Obere Gelenkfläche (fovea articularis superior)
· Ligamentum transversum atlantis
· Dens axis
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H 09
Welche Formen der Dislokation gibt es?
· Ventrale translatorische atlanto-axiale Dislokation, häufig bei Ausriss des ligamentum transversum des Atlas
· Rotatorische atlanto-occipitale Dislokation, bei der es durch die einwirkende traumatisierende Kraft zu einer
Verdrehung von Atlas und Axis gegeneinander kommt. Rotatorische atlanto-occipitale Instabilitäten können bei
der Rheumatoiden Arthritis durch entzündliche Zerstörung des Bandapparats ohne Trauma auftreten.
Wie wird die Diagnose gestellt?
· Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen mit transoraler Aufnahme des dens axis zur Beurteilung
des atlanto-dentalen Gelenkspalts.
· Computertomographie oder Magnetresonanztomographie zur Beurteilung knöcherner oder ligamentärer
Verletzungen.
· bei alten Verletzungen ist die Durchführung eines Dvorak-CT oder MRT in maximaler Rechts- und
Linksflexion zur genauen Beurteilung erforderlich.
Wie wird diese Verletzung behandelt?
Rotatorische atlanto-axiale Dislokationen werden in der Regel folgendermaßen behandelt:
· frische C1/C2 Luxationen werden reponiert und konservativ im Halo-Fixateur für 16 Wochen therapiert.
· veraltete Luxationen werden immer zunächst durch einen konservativen Behandlungsversuch mit Reposition
in Narkose und Ruhigstellung im Halo-Fixateur behandelt.
· Wenn eine Reposition unmöglich ist, sollte zunächst eine Vorbehandlung durch Haloextension für 14 Tage
erfolgen, anschließend erfolgt eine dorsale Reposition und Instrumentation C1/C2, in der Mehrzahl der Fälle
mit einer definitiven Fusion.
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Atlanto-axiale Dislokation (C1/C2) · Verletzung der Wirbelsäule
H 10
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Traumatische Spondylolyse C2, hangman´s fracture (traumatische
Spondylolisthesis C2/C3) · Verletzung der Wirbelsäule
Um welche Verletzung handelt es sich?
Bei der traumatischen Spondylolyse C2 handelt es sich um Frakturen der Bogenwurzeln des 2. Halswirbels
(Axis), die durch Hyperextension (Überstreckung) und Distraktion (Auseinanderziehen) entstehen.
Dieser Frakturtyp ist die typische Verletzung beim Erhängen, weshalb dieser Bruch auch „hangman´s fracture“
genannt wird.
• 2. Halswirbel, Axis
· Dens axis
· Gelenkfläche zum Atlas (processus articularis superior)
· Gelenkfläche zum 3. Halswirbel
· Wirbelbogen, arcus axis
• Bogenfraktur des Axis
Welche Symptome können bei dieser Verletzung auftreten?
Ein durch Erhängen verursachter Bruch führt zur Zerreißung der medulla oblongata (verlängertes Rückenmark),
der Bandscheibe und dem Bandapparat zwischen dem 2. und 3. Halswirbel. Wirbelbögenbrüche, die aus
anderen Unfallursachen entstehen, können mit schwersten neurologischen Ausfällen, teilweise auch ohne
neurologische Symptome auftreten, da der Abbruch der Wirbelbögen den Rückenmarkkanal noch weiter
macht und es dadurch zu einer Dekompression des Rückenmarks kommt. Dieser Mechanismus wird auch als
„rettende Bogenwurzelfraktur“ genannt. Häufig findet sich auch eine Verletzung der arteria vertebralis.
Wie wird diese Verletzung festgestellt?
Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen, Funktionsaufnahmen und die Computertomographie
ermöglichen die Diagnosestellung.
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H 10
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Traumatische Spondylolyse C2, hangman´s fracture (traumatische
Spondylolisthesis C2/C3) · Verletzung der Wirbelsäule
Wie werden die Wirbelbogenfrakturen des 2. Halswirbels eingeteilt?
Effendi hat 1981 eine Klassifikation dieser Frakturen eingeführt, die folgende Subtypen unterscheidet:
Effendi Typ I
Bei diesem Typ handelt es sich um eine isolierte Fraktur der Bogenwurzeln des Axis. Die Bandscheibe zum
3. Halswirbel ist intakt, der Axiskörper ist nur gering verschoben.
Dieser Frakturtyp ist stabil.
• Axisbogenfraktur, Effendi Typ I
Effendi Typ II
Bei den Effendi Typ II Frakturen des Axis kommt es zu einer Dislokation der Bruchfragmente mit Beteiligung der
Bandscheibe C2/C3.
In Abhängigkeit von der einwirkenden Kraft kommt es zur Abkippung des vorderen Wirbelanteils nach hinten
oder vorn, beziehungsweise zu einer Verschiebung des anterioren Axisanteils nach vorn.
• Dorsale Kippung, Axisbogenfraktur, Effendi Typ II
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Traumatische Spondylolyse C2, hangman´s fracture (traumatische
Spondylolisthesis C2/C3) · Verletzung der Wirbelsäule
• Anteriore Kippung, Axisbogenfraktur, Effendi Typ II
• Verschiebung nach vorn, Axisbogenfraktur, Effendi Typ II
Effendi Typ III
Die Typ III Frakturen zeigen eine Abkippung des vorderen Bruchstücks des Axis nach ventral, eine Zerreißung
der Bandscheibe C2/C3, zusätzlich kommt es zur Luxation der Wirbelgelenke C2/C3.
• Axisbogenfraktur, Effendi Typ III
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Traumatische Spondylolyse C2, hangman´s fracture (traumatische
Spondylolisthesis C2/C3) · Verletzung der Wirbelsäule
Wie erfolgt die Behandlung dieser Verletzung?
Bei der Behandlung dieser Frakturtypen ist das Ausmaß der Bandscheibenverletzung für das therapeutische
Vorgehen entscheidend.
Bei einer Fraktur ohne oder mit geringer Bandscheibenbeteiligung gibt es zwei Therapiemöglichkeiten:
· konservative Behandlung mit Ruhigstellung im Halo-Fixateur für 12 Wochen
· operativ durch eine direkte C2 Verschraubung nach Judet
Bei einer nachgewiesenen gravierenden Beteiligung der Bandscheibe ist die Versteifung von C2/C3 indiziert,
wobei dieser Eingriff von dorsal oder ventral durchgeführt werden kann.
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Verletzungen der unteren HWS (C3-C7) · Verletzung der Wirbelsäule
Verletzungen der unteren Halswirbelsäule sind schwerwiegend und treten häufig in Kombination mit
neurologischen Komplikationen auf.
• Halswirbelsäule seitlich (C1-Th1)
• Halswirbelsäule von hinten (C1-C7)
Wie werden die Frakturen der unteren Halswirbelsäule eingeteilt?
Aebi hat in Anlehnung an die AO Klassifikation eine Einteilung der Frakturen der unteren Halswirbelsäule
(C3-C7) eingeführt, die sich auf die vordere Säule (Wirbelkörper und Bandscheibe) und die posterioren
(hinteren) Elemente des Wirbels (Wirbelgelenke und Bandapparat) bezieht.
• Vordere und hintere Elemente des Wirbels
Typ A Frakturen - sind Verletzungen, die sich vorwiegend im Bereich der vorderen Säule befinden:
A1:
A1.1:
A1.2:
A1.3:
rein oder vorwiegend knöcherne Verletzung
gleichmäßige Kompression
Kantenabbruch ohne sichtbare Bandverletzung
Keilfraktur ohne sichtbare Bandverletzung
A2:
A2.1:
A2.2:
A2.3:
osteoligamentäre Läsion
Wirbelkörperfraktur, mehrfragmentär, eine Deckplatte betroffen, 1 Bandscheibe verletzt
A2.1 + 2 Bandscheiben betroffen
Trümmerfraktur, Hinterwand weniger als 3 mm disloziert, hintere Elemente nicht
sichtbar verletzt
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Verletzungen der unteren HWS (C3-C7) · Verletzung der Wirbelsäule
A3:
rein oder vorwiegend ligamentäre Läsion
A3.1: Zerreißung des vorderen Längsbandes und der Bandscheibe
A3.2: traumatische Diskushernie
Typ B Frakturen - sind Verletzungen, die sich vorwiegend im Bereich der posterioren Elemente befinden:
B1:
B1.1:
B1.2:
B1.3:
rein oder vorwiegend ossäre Läsion
isolierte Fraktur der hinteren Elemente
(1) Dornfortsatz
(2) Bogen
(3) beides
Fraktur der kleinen Wirbelgelenke ohne Dislokation
(1) unilateral
(2) bilateral
Kombination von B1.1 und B1.2
(1) Dornfortsatz
(2) Bogen
(3) beides
B2:
B2.1:
osteoligamentäre Läsion
Fraktur der hinteren Elemente mit Subluxation
(1) Dornfortsatz
(2) Bogen
(3) beides
B2.2:
B2.3:
Facettenfraktur (Abscherung)+Subluxation der Nachbarfacetten
(1) unilateral
(2) bilateral
Ausbruch der Massa articularis (Bruch durch Pedikel und Bogen)
(1) unilateral
(2) bilateral
B3:
B3.1:
B3.2:
rein oder vorwiegend ligamentäre Läsion
Ruptur hinterer Bandkomplex mit Subluxation in den Wirbelgelenken (bilateral)
Ruptur hinterer Bandkomplex mit asymmetrischer Subluxation in den
Wirbelgelenken (unilateral)
Typ C Frakturen - sind Verletzungen, die sowohl die vordere Säule als auch die hinteren Elemente betreffen:
C1:
reine oder vorwiegend ossäre Läsion
C1.1: Berstungsfraktur des Wirbelkörpers in Kombination mit Berstungsfraktur der
hinteren Elemente (Bogen, Dornfortsatz)
C1.2: horizontale Fraktur durch Wirbelkörper mit Berstung der hinteren
Elemente (Bogen, Dornfortsatz)
C2:
osteoligamentäre Läsion
C2.1: Luxationsfraktur mit Fraktur in den hinteren Elementen
(1) Bogen +/oder Processus spinosus
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C2.2:
(2) Facettenfraktur
(3) (1) + (2) kombiniert
Keilfraktur des Wirbels mit Zerreißung des hinteren Ligamentkomplexes
(1) osteoligamentär
(2) rein ligamentär
C2.3:
Wirbelkörperfraktur (Spaltung im vorderen oberen Anteil + hinteres Fragment mit Dislokation größer als
3 mm im Spinalkanal) (tear drop fracture)
(1) osteoligamentär
(2) rein ligamentär
C3:
C3.1:
C3.2:
C3.3:
reine oder vorwiegend ligamentäre Verletzung
reine Luxation unilateral verhakt
reine Luxation bilateral verhakt
Zerreißung des Diskus und Luxation nach dorsal mit Zerreißung des hinteren
Ligamentkomplexes
Welche Symptome kann es bei Brüchen der unteren Halswirbelsäule geben?
In Abhängigkeit vom vorliegenden Frakturtyp können folgende Symptome vorliegen:
· Schmerzen (lokal, bewegungsabhängig, ausstrahlend)
· Medulläre Symptome mit inkomplettem oder komplettem Querschnitt
· Radikuläre Symptomatik
· Halsumfangsvermehrung durch prävertebrale Einblutung
· Spinaler Schock
· Spezifische Symptome der zusätzlichen Begleitverletzungen
Wie wird die Diagnose gestellt?
Bei Verdacht auf eine Halswirbelfraktur setzt das Management des Unfallverletzten ein sehr behutsames
Vorgehen voraus. Die Untersuchung, Lagerung und Transport müssen so sicher und schonend erfolgen, dass
durch die Manipulationen keine Verschlechterung des Ausgangszustands provoziert wird.
Die klinische und neurologische Untersuchung ergibt Hinweise auf:
· Die Höhenlokalisation der Verletzung (Kennmuskeln, Reflexstatus, Sensomotorischer Status)
· Medulläre oder radikuläre Symptomatik
· Eventuell vorliegende Begleitverletzungen
Die radiologische Diagnostik erfolgt über konventionelle Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen,
wobei die Halswirbelsäule schonend unter Zug gehalten werden sollte.
Die wichtigsten Zeichen der Instabilität im konventionellen Röntgen sind:
· Segmentale sagittale Verschiebung
· Erweiterung des Bandscheibenraums
· Subluxation der Facettengelenke
· Verbreiterung des prävertebralen Weichteilschattens als Zeichen einer Einblutung.
· Knöcherner Abriss der grundplattennahen Wirbelvorderkante (Tear-drop Zeichen) als Hinweis auf eine
vorliegende discoligamentäre Instabilität.
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Verletzungen der unteren HWS (C3-C7) · Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der unteren HWS (C3-C7) · Verletzung der Wirbelsäule
Die Computertomographie mit Rekonstruktionsaufnahmen ermöglicht eine exakte Darstellung der zerstörten
Wirbelanteile, mit der Magnetresonanztomographie können die bestehenden Verletzungen des Rückenmarks,
der Spinalnerven und des Bandapparats gut dargestellt werden.
Wie werden die Verletzungen der unteren Halswirbelsäule behandelt?
Bei Verdacht auf eine Halswirbelverletzung muss umgehend eine sichere Ruhigstellung durch steife Orthesen
(zum Beispiel stiff-neck) bis zur definitiven Diagnosestellung gewährleistet werden.
Absolute Indikation zur operativen Versorgung besteht bei:
· Kompletter Tetraplegie
· Inkomplettem Querschnittsyndrom
· Frakturen mit radikulären Ausfällen durch Wurzelkompression
· Instabilen Frakturen ohne neurologische Komplikation
Je nach Ausgangsbefund kommen Operationsverfahren mit dorsalem oder ventralem Zugang zur Anwendung.
· Ventrale Fusion nach Cloward-Robinson
. Ventrale Corporektomie und Überbrückungsspondylodese mit Titankorb und Platte
. Ventro-dorsale Repositions-Spondylodese mit ventraler und dorsaler Instrumentation
. Alleinige dorsale Reposition und Fusion
· Dorsale Dekompression mit dorsal instrumentierter Fusion
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
Die meisten Verletzungen der Wirbelsäule treten im Bereich des thorakolumbalen Übergangs, dem Bereich
zwischen unterer Brustwirbelsäule und oberer Lendenwirbelsäule auf, wobei mehr als die Hälfte aller
Wirbelfrakturen den 12. Brustwirbel und 1. Lendenwirbel betreffen.
Die Häufigkeit der Wirbelfrakturen in diesem Bereich ergibt sich aus den besonderen biomechanischen
Faktoren, die durch den Übergang der physiologischen Krümmungen der Wirbelsäule (Lendenlordose,
Brustkyphose) in diesem Areal entstehen.
• Wirbelsäule seitlich und von hinten
· 1. Brustwirbel
· 12. Brustwirbel
· 1. Lendenwirbel
· 5. Lendenwirbel
• Brustwirbelsäule seitlich
· 1. Brustwirbel (Th1)
· 12. Brustwirbel (Th12)
• Lendenwirbelsäule seitlich
· 1. Lendenwirbel (L1)
· 5. Lendenwirbel (L5)
· Kreuzbeinwirbel (S1)
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
Wie werden die Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule eingeteilt?
Böhler führte 1929 erstmals eine Klassifizierung der Wirbelfrakturen ein, die 5 Subtypen unterschieden hat.
In der Folgezeit wurden unterschiedliche Einteilungen der Wirbelfrakturen vorgenommen, die Bezug auf den
Frakturtyp oder den Frakturmechanismus nahmen (zum Beispiel Klassifikationen nach Denis oder Ferguson
und Allen).
Bei allen Verletzungen der Wirbelsäule können die knöchernen und Bandstrukturen des vorderen und hinteren
Bereichs des Wirbelsegments sowie die Bandscheibe beteiligt sein.
• Bewegungssegment seitlich, Bandapparat
· Ligamentum longitudinale anterius, Vorderes Längsband
· Ligamentum longitudinale posterius, Hinteres Längsband
· Ligamentum supraspinale, Dornspitzenband
· Ligamentum interspinale, Zwischendornfortsatzband
· Ligamentum flavum, gelbes Band
· Bandscheibe
• Bandapparat Brustwirbelsäule
· Querfortsatz, processus transversus
· Ligamentum longitudinale anterius, Vorderes Längsband
· Ligamentum costotransversarium, Zwischenrippenband
· Ligamentum intertransversarium, Zwischenquerfortsatzbänder
· Rippe, costa
1994 hat F. P. Magerl eine Klassifikation zur Beurteilung von Verletzungen im Bereich der Brust- und
Lendenwirbelsäule eingeführt, die bis heute üblicherweise zur Beurteilung herangezogen wird.
Diese Klassifikation berücksichtigt die Kräfte, die bei einer Verletzung auf die Wirbelsäule einwirken
(Kompressions, Distraktions- und Translations/Rotationskräfte) und die typischen Verletzungsmuster, die an den
Wirbeln, Bandscheiben und dem Bandapparat durch den Verletzungsmechanismus verursacht werden.
Man unterscheidet:
Typ A Verletzungen, die durch Kompressionskräfte verursacht werden,
Typ B Verletzungen entstehen bei einwirkenden Distraktionskräften,
Typ C Verletzungen treten bei Rotationskräften auf.
Die drei Verletzungstypen A, B und C sind jeweils in drei Gruppen mit je drei zusätzlichen Untergruppen
aufgeteilt.
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
Typ-A-Verletzungen: Wirbelkörperkompression (Kompressionsverletzung)
Typ A stellt Verletzungen dar, die durch axiale Kräfte verursacht werden und den Wirbelkörper bei intakten
dorsalen Bandstrukturen betreffen:
• Typ A Verletzung
A1: Impressionsbrüche (Impaktionsbrüche), bei denen es zu Deckplatteneinbrüchen ohne Beteiligung der
Wirbelhinterkante kommt. Man unterscheidet:
A1.1: Deckplattenimpression
• Deckplattenimpression
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
A1.2: Keilbruch
A1.2.1: kranialer Keilbruch
• kranialer Keilbruch
A1.2.2: seitlicher Keilbruch
A1.3: Wirbelkörperimpaktion
• Wirbelkörperimpaktion
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
A2: Spaltbrüche, die sich durch eine Spaltbildung in der Sagittal- oder Frontalebene auszeichnen, der
Verschiebungsgrad der einzelnen Fragmente ist unterschiedlich stark ausgeprägt.
A2.1: sagittaler Spaltbruch
A2.2: frontaler Spaltbruch
• frontaler Spaltbruch
A2.3: Kneifzangenfraktur
• Kneifzangenfraktur
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
A3: Berstungsbrüche zeigen häufig eine Zertrümmerung des Wirbelkörpers mit Beteiligung der
Wirbelhinterkante bei intaktem dorsalem Bandapparat.
Die A3 Frakturen sind oft instabil und zeigen durch die Verlagerung der hinten liegenden Frakturfragmente
mit Anteilen der Bandscheibe in den Rückenmarkkanal neurologische Symptome durch die Kompression des
Rückenmarks.
A3.1: inkompletter Berstungsbruch
A3.1.1: kranialer inkompletter Berstungsbruch
• kranialer inkompletter Berstungsbruch
A3.1.2: seitlicher inkompletter Berstungsbruch
A3.1.3: kaudaler inkompletter Berstungsbruch
A3.2: Berstungsspaltbruch
A3.2.1: kranialer Berstungsspaltbruch
• kranialer Berstungsspaltungsbruch
• kranialer Berstungs- spaltungsbruch, von hinten
• kranialer Berstungsspaltungsbruch, seitlich
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
A3.2.2: seitlicher Berstungsspaltbruch
A3.2.3: kaudaler Berstungsspaltbruch
A3.3: kompletter Berstungsbruch
A3.3.1: Kneifzangenberstungsbruch
A3.3.2: kompletter Flexionsberstungsbruch
A3.3.3: kompletter axialer Berstungsbruch
• kompletter axialer
Berstungsbruch, von hinten
• kompletter axialer
Berstungsbruch, seitlich
Typ-B-Verletzungen: Verletzungen der vorderen und hinteren Wirbelelemente mit Distraktion
(Distraktionsverletzungen)
Bei der Typ B Verletzung kommt es durch die Distraktion zur Zerreißung der vorderen und/oder hinteren
Elemente des Bewegungssegments.
• Typ B Verletzung
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
B1:
dorsale Zerreißung durch die Intervertebralgelenke (Flexion-Distraktion)
B1.1: mit Zerreißung der Bandscheibe
B1.1.1: Flexionssubluxation
• Flexionssubluxation
B1.1.2: vordere Luxation
• vordere Luxation
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
B1.1.3: Flexionssubluxation oder vordere Luxation mit Fraktur der Gelenkfortsätze
• Flexionssubluxation oder
vordere Luxation mit Fraktur der
Gelenkfortsätze
B1.2: mit Fraktur des Wirbelkörpers vom Typ A Flexionssubluxation Typ B1.2.1 und kranialem Keilbruch Typ
A1.2.1
• Kombinationsverletzung aus
Flexionssubluxation Typ B1.2.1
und kranialem Keilbruch Typ A1.2.1
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
Flexionssubluxation B1.2.1 mit Kneifzangenfraktur vom Typ A2.3
• Kombinationsverletzung - Flexionssubluxation Typ B1.2.1. mit
Kneifzangenfraktur Typ A2.3
Flexionssubluxation B1.2.1 mit kranialem inkompletten Berstungsbruch Typ A3.1.1
B1.2.2: vordere Luxation mit kranialem Keilbruch vom Typ A1.2.1
• Typ B1.2.2. vordere Luxation mit
kranialem Keilbruch Typ A1.2.1
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
B1.2.3: Flexionssubluxation mit Fraktur der Gelenkfortsätze und Wirbelkörperfraktur
• Flexionssubluxation mit Fraktur
der Gelenkfortsätze und Wirbelkörperfraktur
B2:
dorsale Zerreißung durch den Wirbelbogen (Flexion-Distraktion)
B2.1: horizontale Zerreißung des Wirbels
• horizontale Zerreißung des Wirbels
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
B2.2: Flexionsspondylolyse mit Zerreißung der Bandscheibe
• Flexionsspondylolyse mit
Zerreißung der Bandscheibe
B2.3: Flexionsspondylolyse mit Wirbelkörperfraktur
• Flexionsspondylolyse mit
Wirbelkörperfraktur
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
B3:
ventrale Zerreißung durch die Bandscheibe (Hyperextensionsscherverletzung)
B3.1: Hyperextensionssubluxation
B3.1.1: ohne Gelenkfortsatzfraktur
• ventrale Zerreißung durch
die Bandscheibe ohne
Gelenkfortsatzfraktur
B3.1.2: mit Gelenkfortsatzfraktur oder Fraktur der Bogenwurzeln
B3.2: Hyperextensionsspondylolyse
• Hyperextensionsspondylolyse
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
B3.3: hintere Luxation (eine der schwersten Verletzungen der Wirbelsäule, die oft mit einer k ompletten
Querschnittlähmung verbunden ist)
• hintere Luxation
Typ-C-Verletzungen: Verletzungen der vorderen und hinteren Wirbelelemente mit Rotation (Rotationsoder Torsionsverletzung)
Typ C Verletzungen sind entweder Typ A Verletzungen in Kombination mit zusätzlicher Rotation oder Typ B
Verletzungen in Kombination mit Rotation und Scherfrakturen.
Sie sind meistens instabil und zeigen eine hohe Rate an neurologischen Komplikationen.
• Typ C Verletzung
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· Verletzung der Wirbelsäule
C1:
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
Typ A mit Rotation
C1.1: Rotationskeilbruch
• Rotationskeilbruch, von vorn
• Rotationskeilbruch, seitlich
• Rotationskeilbruch, von hinten
• Wirbelkörperseparation, seitlich
• Wirbelkörperseparation, Aufsicht
C1.2: Rotationsspaltbruch
C1.2.1:sagittaler Rotationsspaltbruch
C1.2.2:frontaler Rotationsspaltbruch
C1.2.3:Rotationskneifzangenfraktur
C1.2.4:Wirbelkörperseparation
• Wirbelkörperseparation, von vorn
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
C1.3: Rotationsberstungsbruch
C1.3.1:inkompletter Rotationsberstungsbruch
C1.3.2:Rotationsberstungsspaltbruch
C1.3.3:kompletter Rotationsberstungsbruch
• kompletter
Rotationsberstungsbruch,
• kompletter
Rotationsberstungsbruch,
• kompletter
Rotationsberstungsbruch,
C2:
Typ B1 mit Rotation
C2.1: Typ B1 mit Rotation
C2.1.1:Rotationsflexionssubluxation
• Rotationsflexionssubluxation,
von vorn
• Rotationsflexionssubluxation,
seitlich
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· Verletzung der Wirbelsäule
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
C2.1.2:Rotationsflexionssubluxation mit Gelenkfortsatzfraktur
C2.1.3:einseitige Luxation
• einseitige Luxation, von hinten
• einseitige Luxation, seitlich
C2.1.4:vordere Rotationsluxation ohne/mit Gelenkfortsatzfraktur
C2.1.5:Rotationsflexionssubluxation ohne/mit Gelenkfortsatzfraktur mit Wirbelkörperbruch
C2.1.6:einseitige Luxation mit Wirbelkörperbruch
C2.1.7:vordere Rotationsluxation ohne/mit Gelenkfortsatzfraktur mit Wirbelkörperbruch
C2.2: Typ B2 mit Rotation
C2.2.1:horizontale Zerreißung des Wirbelkörpers mit Rotation
• horizontale Zerreißung des
Wirbelkörper mit Rotation,
seitlich gesehen
• horizontale Zerreißung des
Wirbelkörper mit Rotation,
von hinten
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· Verletzung der Wirbelsäule
H 12
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
C2.2.2:Rotationsflexionsspondylolyse mit Zerreißung der Bandscheibe
C2.2.3:Rotationsflexionsspondylolyse mit Wirbelkörperfraktur
C2.3: Typ B3 mit Rotation
C2.3.1:einseitige Hyperextensionssubluxation ohne/mit Gelenkfortsatz- oder Bogenwurzelfraktur
C2.3.2:einseitige Hyperextensionsspondylolyse
C2.3.3:hintere Rotationsluxation
C3: Rotationsscherbrüche
C3.1: Slicefraktur (Holdsworth)
C3.2: Rotationsschrägbruch
• Rotationsschrägbruch
Welche Symptome kann es bei Brüchen der Brust- und Lendenwirbelsäule geben?
Die Instabilität der Wirbelsäulenverletzungen und damit die Gefahr von neurologischen Komplikationen nehmen
vom Typ A nach Typ C zu.
In Abhängigkeit vom vorliegenden Frakturtyp können folgende Symptome vorliegen:
· Schmerzen (lokal, bewegungsabhängig, ausstrahlend)
· Medulläre Symptome mit inkomplettem oder komplettem Querschnitt
· Radikuläre Symptomatik
· Spinaler Schock
· Spezifische Symptome der zusätzlichen Begleitverletzungen
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Wie wird die Diagnose gestellt?
Bei Verdacht auf eine Wirbelfraktur setzt das Management des Unfallverletzten ein sehr behutsames Vorgehen
voraus. Die Untersuchung, Lagerung und Transport müssen so sicher und schonend erfolgen, dass durch die
Manipulationen keine Verschlechterung des Ausgangszustands provoziert wird.
Die klinische und neurologische Untersuchung ergibt Hinweise auf:
· Die Höhenlokalisation der Verletzung (Kennmuskeln, Reflexstatus, Sensomotorischer Status)
· Medulläre oder radikuläre Symptomatik
· Eventuell vorliegende Begleitverletzungen
Die radiologische Diagnostik erfolgt über konventionelle Röntgenaufnahmen der Brust- oder Lendenwirbelsäule
in 2 Ebenen, wobei durch die bestehenden Schmerzen des Unfallverletzten oft nur eine ungenügend exakte
Einstellung der Bildebenen erfolgen kann, wodurch die Aussagekraft der Röntgenbilder deutlich vermindert wird.
Die Computertomographie mit Rekonstruktionsaufnahmen ermöglicht eine exakte Darstellung der zerstörten
Wirbelanteile, mit der Magnetresonanztomographie können die bestehenden Verletzungen des Rückenmarks,
der Spinalnerven und des Bandapparats gut dargestellt werden.
Wie werden Brust- und Lendenwirbelbrüche behandelt?
Ziele der operativen Behandlung von Wirbelsäulenverletzungen:
· Bei einem inkompletten oder kompletten Querschnittsyndrom muss eine rasche Dekompression des
gequetschten Rückenmarks und der Spinalnerven erfolgen, um die vorhandene neurologische Symptomatik
zu verbessern oder keine weitere Verschlechterung zu provozieren.
· Die Stabilität der Wirbelsäule muss wiederhergestellt werden.
· Die achsengerechte Stellung der Wirbelsäule, inbesonders das sagittale Profil mit den physiologischen
Wirbelsäulenkrümmungen( Lordose/Kyphose), muss rekonstruiert werden.
· Eine erforderliche Fusionsstrecke (Segmente der Versteifung) muss so gewählt werden, dass die Stabilität der
Versorgung sicher gewährleistet ist, aber so wenige Bewegungssegmente wie möglich versteift werden.
· Frühe Mobilisation und Rehabilitation, um eine rasche Reintegration des Verletzten in sein gewohntes privates
und berufliches Umfeld zu garantieren.
Stabile Frakturen der Brust- oder Lendenwirbelsäule ohne neurologische Komplikationen, wie zum Beispiel
Impaktionsbrüche des Typs A1 werden konservativ behandelt.
Instabile Brüche, wie zum Beispiel Berstungsfrakturen des Typ A 3, Flexions-Distraktionsverletzungen des Typ B
oder Rotationsverletzungen des Typ C werden operativ versorgt. In Abhängigkeit von der Lokalisationshöhe und
vom Ausmaß der Schädigung von Rückenmark und Spinalnerven gibt es verschiedene Operationsverfahren zur
Stabilisierung der Brust- und Lendenwirbelfrakturen, die über einen dorsalen (von hinten), ventralen (von vorn)
oder einen kombinierten dorso-ventralen Operationszugang durchgeführt werden.
Folgende Operationsverfahren werden bei der operativen Versorgung von Brust- und Lendenwirbelbrüchen
häufig eingesetzt:
· Ventrale Dekompression und ventral instrumentierte Spondylodese
· Ventrale Dekompression, ventrale Abstützung mit dorsaler Kompressionsspondylodese
· Dorsale Dekompression, dorsale Stabilisation, ventrale Abstützung und dorsale Kompressionsspondylodese
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19
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Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs
· Verletzung der Wirbelsäule
H 13
Was bedeutet „posttraumatische Deformität“?
Von einer posttraumatischen Deformität spricht man, wenn ein Wirbelbruch nach erfolgter Behandlung ein
unzureichendes Therapieergebnis zeigt.
Welche Ursachen für die Entstehung einer posttraumatischen Deformität gibt es?
· Nach konservativer Behandlung
Eine Fehlstellung kann entstehen, wenn der vorliegende Frakturtyp falsch eingeschätzt wurde (stabile/instabile
Fraktur) oder eine Fraktur übersehen wird.
· Nach operativer Versorgung können Fehlstellungen entstehen, wenn
· der Frakturtyp falsch eingeschätzt wird.
· das gewählte Operationsverfahren dem Frakturtyp nicht angepasst ist.
· es zu einer postoperativen Lokalinfektion kommt, die eine stabile knöcherne Ausheilung des Bruchs
verhindert.
· es zu einer posttraumatischen Osteonekrose kommt, bei der es sich um ein Absterben von
Knochengewebe in Folge von lokalen Durchblutungsstörungen im Bereich des Bruchs handelt, wodurch
eine knöcherne Ausheilung verhindert wird.
Wie können Komplikationen im Sinne der posttraumatischen Deformität vermieden werden?
· Verständnis der pathomechanischen Grundlagen, die für die Funktion des Bewegungssegments von
entscheidender Bedeutung sind (tension band System/load sharing Prinzip).
· Beachtung und Umsetzung dieser biomechanischen Grundlagen bei der Frakturversorgung
Was muss bei der Korrektur posttraumatischer Deformitäten bedacht werden?
Korrektureingriffe bei posttraumatischen Deformitäten, so genannte „Salvage-Verfahren“ („Rettungsoperation“),
sind gerade bei bereits voroperierten Wirbelbefunden technisch sehr anspruchsvoll und häufig mit einer hohen
neurologischen Komplikationsrate verbunden, weshalb solche Eingriffe ausschließlich in dafür eingerichteten
Spezialkliniken durchgeführt werden sollen.
Die Wiederherstellung des sagittalen Wirbelsäulenprofils ist bei diesen Eingriffen von entscheidender
Bedeutung.
Folgende Operationsverfahren können bei der Korrektur von posttraumatischen Deformitäten angewendet
werden:
· Corpectomie und dorsale Spondylodese
· Dorsale Aufrichtungsspondylodese
· Pedikel-Substraktionsosteotomie mit dorsaler lumbaler Spondylodese
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Fehlstellung durch alte Verletzungen, (posttraumatische Deformität)
I 01
Was ist eine “Skoliose“?
Die Skoliose ist eine komplexe dreidimensionale Deformität der Wirbelsäule, die strukturelle Veränderungen
in den drei Ebenen der Wirbelsäule (Frontal-, Sagittal- und Transversalebene) nach sich zieht und in allen
Wirbelsäulensegmenten auftreten kann.
Das Wort „Skoliose“ kommt aus der griechischen Sprache und bedeutet „krumm“ (scolios).
Bei der Skoliose zeigt sich in der Frontalebene eine (teil) fixierte seitliche Verbiegung der Wirbelsäule mit
Deformierung der Wirbelkörper. In der Transversalebene kommt es im Scheitelbereich der Skoliose zu einer
Rotation (Drehung) der Wirbel um die eigene Achse, wobei es zusätzlich zu einer Torsion (spiralförmigen
Verwindung) der Wirbelsäule im betroffenen Bereich kommt. In der Sagittalebene kommt es zur Veränderung
der physiologischen Krümmungen (Kyphose und Lordose), wobei es je nach vorliegendem Skoliosetyp zur
Zunahme oder Abnahme der Kyphose- oder Lordosekrümmung kommen kann.
Durch die Verdrehung kann auf der Konvexseite der Wirbelsäulenverkrümmung der Rippenbuckel, auf der
Gegenseite (Konkavseite) das Rippental entstehen. Die seitliche Verbiegung der Wirbelsäule ist weder aktiv
noch passiv komplett ausgleichbar. Bei fortschreitender seitlicher Verbiegung der Wirbelsäule kommt es zu
einer zunehmenden Versteifung der Wirbelsäulensegmente. Man unterscheidet die aktiv und passiv nicht
vollständig ausgleichbare strukturelle Skoliose mit Deformation und Rotation der Wirbelkörper von der rein
funktionellen Skoliose. Die funktionelle Skoliose findet sich meistens bei Haltungsschäden, wie zum Beispiel
Beinlängendifferenzen. In diesen Fällen ist die Skoliose nicht fixiert, sie ist im Liegen ausgleichbar.
Morphologisch kommt es durch die zunehmende Fehlstellung der Wirbelkörper zu strukturellen Veränderungen
an den gesamten Wirbelkörperelementen (Wirbelkörper, Dorn-, Quer- und Bogenfortsätze, Bogenwurzeln und
Bogengelenke).
Zum besseren Verständnis der Körpergeometrie sind aus den unten stehenden Bildern die Körperebenen und
medizinischen Richtungsangaben ersichtlich.
• Skoliose, Frontalebene
• Skoliose, Sagittalebene
• Körperebenen und Richtungsangaben
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Definition, Epidemiologie, Symptome · Skoliose · Deformitiäten
I 01
Wie werden die Skoliosen eingeteilt?
Man teilt die Skoliosen in folgende Gruppen ein:
· Idiopathische Skoliose
80-90 % aller Skoliosen bezeichnet man als „idiopathisch“. (griechisch: idios = selbst, pathos = Leiden,
Erkrankung). Das bedeutet, dass es sich um eine Skolioseform handelt, deren Entstehung und Ursache
bislang nicht geklärt ist. Die idiopathischen Skoliosen werden nach dem Alter des jeweiligen ersten Auftretens
in folgende Untergruppen geteilt:
· Infantile idiopathische Skoliose (Erstmanifestation der Skoliose bis zum 3. Lebensjahr)
· Juvenile idiopathische Skoliose (Erstmanifestation zwischen dem 3.-10. Lebensjahr)
· Adoleszente idiopathische Skoliose (Erstmanifestation zwischen dem 10. Lebensjahr und dem Abschluss
des Wachstums)
· Kongenitale Skoliose
Unter einer kongenitalen (angeborenen) Skoliose versteht man eine Wirbelsäulendeformität mit Seitverbiegung
und Verdrehung der Wirbelsäule, die durch angeborene Störungen in der embryonalen Wirbelentwicklung
die Ausbildung von einem oder mehreren fehlgebildeten Wirbeln verursacht. Die unvollständig ausgebildeten
Wirbel führen zu einem asymmetrischen Wachstum der Wirbelsäule. Fehlangelegte Wirbel können in jedem
Wirbelsäulenabschnitt auftreten.
Durch so genannte Formationsstörungen, Segmentationsstörungen oder kombinierte Formen von
Wirbelfehlanlagen wird das normale Wachstum der Wirbelsäule gestört und es kann dadurch in der weiteren
Entwicklung der Wirbelsäule zur Ausbildung einer Skoliose kommen.
Kongenitale Skoliosen treten selten auf, können aber wegen der Schwere der Wirbelsäulendeformität eine
frühzeitige Operation erforderlich machen.
· Neuromuskuläre Skoliose
Man beschreibt damit Krankheitsbilder, die primär durch neurologische oder muskuläre Erkrankungen
entstehen und durch eine Vielzahl von Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung bestimmt sind (zum
Beispiel Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats, geistiger Behinderung oder Schädigung der
Sinneswahrnehmung).
Viele dieser Erkrankungen beginnen bereits im Kindesalter und können, neben der Vielzahl der
vorherrschenden Einzelsymptome, durch die neuromuskuläre Störung des Haltungsapparats mit lokal oder
generalisiert auftretenden Muskeldysfunktionen im Verlauf der Erkrankung auch zur Ausbildung einer Skoliose
führen.
Wie häufig tritt die Skoliose auf (Epidemiologie)?
In der Literatur gibt es bei der Angabe der Häufigkeit des Auftretens einer Skoliose weltweit eine große
Schwankungsbreite. Dies hängt mit unterschiedlichen Definitionen zusammen, ab welchen Kriterien eine
Skoliose vorliegt. Die Angaben schwanken zwischen 0,1 und 15 %, im Durchschnitt kann man eine Häufigkeit
von ca. 4 % annehmen. In Deutschland sind etwa 400.000 Menschen von einer Skoliose betroffen.
Cirka 90 % aller Skoliosen sind idiopathische Skoliosen, von der Mädchen viermal so häufig betroffen
sind als Jungen. Die restlichen 10 % diagnostizierter Skoliosen verteilen sich auf die kongenitalen und
neuromuskulären Skoliosen
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Definition, Epidemiologie, Symptome · Skoliose · Deformitiäten
I 01
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Definition, Epidemiologie, Symptome · Skoliose · Deformitiäten
Welche Symptome kann eine Skoliose verursachen?
Im Anfangsstadium kann die Skoliose bei Kindern keinerlei Beschwerden verursachen, weshalb diese
Erkrankung häufig nur durch Zufall entdeckt wird.
Bei einer fortgeschrittenen Skoliose können sich folgende Symptome zeigen:
· Nicht lotgerechter Verlauf der Dornfortsatzreihe
· Verschiedene Höhe des Schulterstandes
· Rippenbuckel, der durch die Rotation der Wirbel auf der konvexen Seite der Skoliose entsteht
· Rippental, das ebenfalls durch die Rotationsasymmetrie der Wirbel entsteht und auf der Konkavseite der
skoliotischen Krümmung liegt.
· Lendenwulst bei einer lumbalen Skoliose durch die Hervorhebung der paraspinalen Muskulatur auf der
Konvexseite
· Verstrichene Taillendreiecke
· Schräge Kopfhaltung
· Seitlicher Rumpfüberhang
· Rückenschmerzen
· Deformität des Brustkorbs
Bei einer fortgeschrittenen Deformierung des Brustkorbs kann es zur Kompression von Herz und Lunge
kommen, wodurch die Herz-Kreislauf- und Atemfunktion stark beeinträchtigt werden kann.
· Einschränkung der Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität
· Degenerative Veränderungen an den betroffenen Wirbelsäulensegmenten
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I 02
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Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten
Mit welchen Klassifikationen werden Skoliosen beurteilt?
Klassifikationen dienen dazu, für unterschiedliche Untersucher einen einheitlichen Maßstab zur Beurteilung
einer Erkrankung zu schaffen, um ein großes Maß an vergleichbaren Ergebnissen zu ermöglichen. Eine
Klassifikation ermöglicht, in der Beurteilung „die gleiche Sprache zu sprechen“.
Deshalb sind an Klassifikationen zwei wichtige Ansprüche zu stellen:
· Reproduzierbarkeit
Die Klassifikation soll durch ihren Aufbau gewährleisten, dass derselbe Untersucher bei zeitlich unabhängiger
erneuter Befundung zum gleichen Ergebnis wie bei der ersten Befunderhebung kommt. Dieses Kriterium wird
auch Intraobserver Zuverlässigkeit genannt.
· Reliabilität
Dieses Kriterium zeigt die Zuverlässigkeit auf, mit der die gewählte Klassifikation gewährleistet, dass alle
Untersucher bei der Beurteilung einer Erkrankung über die betreffende Klassifikation zum gleichen Ergebnis
kommen. Man bezeichnet dies auch als Interobserver Zuverlässigkeit.
Die Beurteilung von Skoliosen setzt, je nach gewählter Klassifikation, die Beurteilung des Röntgenbilds voraus.
Hierbei ist die Qualität des Röntgenbildes von Bedeutung, ein schlecht zentriertes Bild lässt keine sichere
Beurteilung zu, da nur über die korrekte Festlegung der Messpunkte (oberem und unteren Neutralwirbel,
Scheitelwirbel, Endwirbel) eine sichere Beurteilung des Skoliosewinkels möglich wird. Je komplexer ein
Klassifikationssystem ist und verschiedene Parameter für eine exakte Zuordnung zum Klassifikationsgrad
erforderlich sind, desto größer wird die Fehlerquote beim ungeübten Untersucher.
Bereits 1905 hat Wilhelm Schulthess eine Einteilung der Skoliose nach der Lokalisation und der Form der
vorliegenden Krümmung etabliert. Er definierte 5 Erscheinungstypen der Skoliose:
· Cervikothorakaler Typ (im Übergangsbereich Hals-zu Brustwirbelsäule)
· Thorakaler Typ (im Bereich der Brustwirbelsäule)
· Thorakolumbaler Typ (im Übergangsbereich Brust-zu Lendenwirbelsäule)
· Lumbaler Typ (im Bereich der Lendenwirbelsäule)
· Typ mit primären Doppelkrümmungen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule
Diese Einteilung wurde in den folgenden Jahrzehnten weiter modifiziert, bis im Jahre 1983
die Kingklassifikation der idiopathischen Skoliose einführt wurde.
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Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten
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I 02
Klassifikation der idiopatischen Skoliose nach King
Die Skolioseeinteilung nach King legt 5 Skoliosetypen der idiopathischen Skoliose fest, die mit folgenden
Parametern den Schweregrad der Skoliose beurteilt:
· Ermittlung des Skoliosewinkels am Röntgenbild nach Cobb
· Ermittlung des Flexibiltätsindexes durch die Bendingaufnahmen
King Typ I
King Typ II
King Typ III
King Typ IV
King Typ V
King Typ I
zeigt eine S-förmige Krümmung, bei der die Mittellinie von der thorakalen und der lumbalen Krümmung
überquert wird. Die lumbale Krümmung ist größer und rigider als die thorakale Krümmung. Der Flexibilitätsindex
in den Bendingaufnahmen ist negativ.
King Typ II
zeigt eine S-förmige Krümmung, wobei sowohl die thorakale Hauptkrümmung als auch die lumbale
Sekundärkrümmung die Mittellinie überschreiten. Die thorakale Krümmung ist größer.
King Typ III
zeigt eine thorakale Krümmung, bei der die lumbale Krümmung die Mittellinie nicht überquert.
King Typ IV
zeigt eine langbogige thorakale Krümmung, bei der sich der 5. Lendenwirbel über das os sacrum (Kreuzbein)
zentriert, der 4. Lendenwirbel aber bereits in Richtung der Krümmung gekippt ist.
King Typ V
zeigt eine thorakale Doppelkrümmung, wobei sich der 1. Brustwirbel (Th 1) in die Konvexität der oberen
Krümmung neigt.
Der Nachteil der King Klassifikation besteht in folgenden Punkten:
· das sagittale Profil fließt nicht in die Beurteilung ein
· so genannte „Double and Triple-Major Curves“ (Auftreten von Skoliosenformen mit zwei oder drei
Primärkrümmungen) werden nicht berücksichtigt.
Die Skolioseklassifikation nach King ist in der Beurteilung der Skoliosen nach wie vor weit verbreitet und wurde
in einigen Modifikationen mit weiteren Subtypen versehen.
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I 02
Lenke-Klassifikation der idiopathischen Skoliose
Lenke führte 2001 eine neue Klassifikation der idiopathischen Skoliosen ein, die wesentlich komplexer
ist als die King Klassifikation. Bei der Festlegung des Skoliosetyps werden hierbei auf der Basis von
Wirbelsäulenganzaufnahmen in 2 Ebenen, sowie der rechten und linken Bendingaufnahmen folgende
Parameter erfasst:
· Festlegung der 6 Kurventypen
Der Kurventyp wird durch die Lokalisation, der Ausgeprägtheit und der Flexibilität der vorhandenen
Krümmungen bestimmt. Für die Festlegung der Lokalisation sind die Krümmungsscheitel folgendermaßen
festgelegt:
· Hochthorakale Lokalisation:
Krümmungsscheitel zwischen Th 2 und Th 6
· Thorakale Lokalisation:
Krümmungsscheitel zwischen Th 6 und der Bandscheibe Th 11/12
· Thorakolumbale Lokalisation:
Krümmungsscheitel zwischen Th 12 und L1
· Lumbale Lokalisation:
Krümmungsscheitel zwischen der Bandscheibe L1/2 und L4
· Festlegung der Flexibilität der Kurve
Die Flexibilität wird entweder über die Restkrümmung in der Bendingaufnahme oder die Stärke der Kyphose
beurteilt. Eine Krümmung wird als strukturell festgesetzt, wenn der Bending-Cobb Winkel über 25° oder der
Kyphosewinkel über 20° liegt.
Mit diesen beiden Parametern lassen sich folgende 6 Kurventypen festlegen:
· Typ I (main thoracic, Hauptkrümmung ausschließlich thorakal)
Die Hauptkrümmung ist strukturell, die anderen Krümmungen nicht
· Typ II (double thoracic, 2 thorakale Krümmungen)
Die thorakale Hauptkrümmung und die hochthorakale Nebenkrümmung sind strukturell, sämtlich anderen
Krümmungen sind nicht strukturell.
· Typ III (double major, 2 Hauptkrümmungen)
Die thorakale, thorakolumbale oder lumbale Krümmung ist strukturell, die thorakale Krümmung ist größer
als die thorakolumbale oder lumbale Krümmung, eine bestehende hochthorakale Krümmung ist nicht
strukturell.
· Typ IV (triple major, 3 Hauptkrümmungen)
Alle drei Krümmungen sind strukturell, die thorakale Krümmung ist die Hauptkrümmung
· Typ IV (primary thoracolumbar/lumbar, Hauptkrümmung ausschließlich thorakolumbal oder lumbal)
Die Hauptkrümmung liegt im Übergangsbereich Brust- zu Lendenwirbelsäule oder im Lendenwirbelbereich
und ist strukturell, die hochthorakale oder thorakale Nebenkrümmung ist nicht strukturell.
· Typ VI (primary thoracolumbar/lumbar-main thoracic)
Die thorakolumbale oder lumbale Hauptkrümmung ist strukturell, die thorakale Nebenkrümmung ist auch
strukturell, aber hat einen mindestens 5° kleineren Cobb-Winkel.
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Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten
I 02
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Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten
• A (no to Minimal Curve)
• B (Moderate Curve)
• C (Large Curve)
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I 02
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Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten
• Possible Sagittal Contours (to determine specific curve type)
· Festlegung des „Lumbar spine modifier“
Dieser Parameter erfasst die Veränderungen im lumbalen Anteil der Skoliose. Man unterscheidet die Modifier
Typen A, B und C.
Um den Typ zu bestimmen, legt man auf der a.p. Ebene des Röntgenbilds eine senkrechte Linie zur
Horizontalen über die Mitte des Kreuzbeins nach oben.
Der Wirbel, der durch die Senkrechte in nahezu gleiche Anteile geteilt wird, wird als „stabiler Wirbel“ (SV)
bezeichnet, trifft die mittige Aufteilung für eine Bandscheibe zu, so wird der darunter gelegene Wirbel als
stabiler Wirbel bezeichnet.
Lumbar spine modifier Typ A
Die Senkrechte verläuft zwischen den Pedikeln zum stabilen Wirbel (SV).
Es handelt sich um eine geringe lumbale Krümmung.
• Lumbar spine modifier, Typ A
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Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten
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I 02
Lumbar spine modifier Typ B
Die Senkrechte verläuft zwischen dem konkavseitigen Rand des Scheitelwirbels und dem medialen Rand des
konkavseitigen Pedikels. Es handelt sich um eine moderate lumbale Krümmung.
• Lumbar spine modifier, Typ B
Lumbar spine modifier Typ C
Die Senkrechte verläuft gänzlich medial des Scheitelwirbels. Es handelt sich um eine starke lumbale
Krümmung.
• Lumbar spine modifier, Typ C
· Festlegung des “Sagittal thoracic modifier“
Als letzter Parameter wird im sagittalen Profil (seitliche Röntgenaufnahme) das Ausmaß der bestehenden
Kyphose (Rundrückenbildung) bestimmt.
Die Messwerte werden mit den Indices - , N oder + hinterlegt.
Definiert sind folgende Kyphosewinkel nach Cobb:
Kyphose zwischen Th 5 und Th 12 kleiner als 10° nach Cobb: Kyphose zwischen Th 5 und Th 12 zwischen 10° und 40° nach Cobb:
Kyphose zwischen Th 5 und Th 12 größer als 40° nach Cobb: N
+
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I 02
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Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten
Mit Hilfe der genannten Parameter erhält man eine Klassifikation, die insgesamt 42 verschiedene Untertypen
der idiopathischen Skoliose beinhaltet, wobei jeder Untertyp den Kurventyp (Typ 1-6), das sagittale Profil der
Kyphose (-, N, +) und den lumbalen Modifier (A, B, C) berücksichtigt.
Über die Vielzahl der zu bestimmenden Skolioseformen in der Lenke Klassifikation wird ein differenziertes
Hilfsmittel zur Eingruppierung des Schweregrads einer idiopathischen Skoliose geboten, wodurch die Planung
einer Behandlungsstrategie und eines operativen Vorgehens erleichtert wird. Die Lenke Klassifikation erfordert
bei der Festlegung des Skoliosetyps einen erfahrenen Untersucher und ist wegen der differenzierteren
Einteilung der Formen der idiopathischen Skoliose der King Klassifikation an Genauigkeit und Aussagekraft
deutlich überlegen.
In der internationalen Anwendung setzt sie sich in klinischen Abteilungen zunehmend durch.
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I 03
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Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten
Welche Diagnostik wird bei der Diagnose „Skoliose“ durchgeführt?
Der wichtigste Teil der Diagnostik besteht in der gezielten Befragung (Anamnese, Erhebung der
Krankengeschichte) und einer ausführlichen körperlichen Untersuchung. Die Befragung und die Untersuchung
ermöglichen dem behandelnden Arzt, sich ein umfassendes Bild über den aktuellen Zustand des Patienten zu
machen und eine erste Verdachtsdiagnose zu stellen, die danach mit apparativen Untersuchungen bestätigt
und dokumentiert werden kann.
Bei der Anamnese können folgende Aspekte hinterfragt werden:
Familienanamnese:
Bestehen schwerwiegende Erkrankungen bei Angehörigen?
Gibt es vererbbare Erkrankungen?
Gibt es Erkrankungen mit familiärer Häufung?
Sozialanamnese:
Schul- und Berufsausbildung?
Aktuelle Berufstätigkeit?
Versorgungssituation?
Familiäre Situation?
Bestehen Schmerzen?
Schmerzqualität (Stechend, brennend, bohrend, dumpf, ausstrahlend, usw.)?
Schmerzdauer (Seit wann, wie häufig, wie lange)?
Schmerzintensität (Wie stark)?
Schmerzlokalisation (Wo treten sie auf)?
Auffälligkeiten der Muskulatur und des Bewegungsapparats:
Wie stark und seit wann ?
Zunahme oder Abnahme der Auffälligkeit?
Bewegungseinschränkungen? Blockierungen, Steifigkeit?
Wo treten sie auf?
Schwäche in den Armen oder Beinen?
Verminderung der Kraftentwicklung?
Gangunsicherheit?
Hat die Regelblutung bereits eingesetzt (Menarche, Pubarche), wichtig zur Beurteilung des weiteren Verlaufs,
da das Längenwachstum nach Beginn der Regelblutung noch etwa 2 Jahre anhält)?
Bestehende Erkrankungen:
Erfragt werden bestehende Erkrankungen der Organsysteme:
· Herz-Kreislauf
· Lunge
· Magen-Darm
· Niere und ableitende Harnwege
· Stoffwechselerkrankungen
Sind Allergien bekannt?
Wurden bereits Operationen durchgeführt?
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I 03
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung erfolgt am entkleideten Patienten und besteht aus der Inspektion, dem strukturierten
„Anschauen“ des Patienten, aus der Palpation, dem gezielten Abtasten, der neurologischen Untersuchung,
sowie Funktions- und Bewegungsprüfungen.
Inspektion
Von vorne:
· Beckenschiefstand?
· Beinachse korrekt?
· Form des Brustkorbs?
· Haltung von Kopf und Nacken?
· Schulterhöhe seitengleich?
Von hinten:
· Lotabweichung der Wirbelsäule?
· Verlauf der Dornfortsätze?
· Muskelrelief?
· Form des Brustkorbs?
· Schulterhöhe seitengleich?
· Beckengeradstand?
· Taillendreiecke symmetrisch?
· Michaelisraute symmetrisch?
· Rumpfüberhang?
· Lendenwulst beim Vorwärtsbeugen?
· Rippenbuckel beim Vorwärtsbeugen?
· Rippental sichtbar?
Von der Seite:
· Haltung von Kopf und Nacken?
· Regelrechte Beckenkippung?
Seitliche Form der Wirbelsäule (sagittales Profil):
· Rundrücken?
· Hohlkreuz?
· Hohlrundrücken?
· Kyphose?
· Flachrücken?
Palpation
· Schmerz auslösbar?
· Klopf- oder Stauchungsschmerz der Wirbelsäule auslösbar?
· Druckschmerzhafte Muskulatur?
· Dorn- und Querfortsätze schmerzhaft?
· Iliosacralgelenke schmerzhaft?
· Ischiasdruckpunkte (Valleixpunkte) schmerzhaft?
· Liegen Muskelatrophien vor?
· Zeigen sich Gelenkkontrakturen?
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Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten
I 03
Neurologische Untersuchung
Die Untersuchung der Nerven hat in der Wirbelsäulenorthopädie eine wesentliche Bedeutung, da durch
die orientierende neurologische Untersuchung geklärt werden kann, ob neurologische Auffälligkeiten, wie
motorische oder sensible Ausfälle, Lähmungen oder eine Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion vorliegen.
Bei akut aufgetretenen neurologischen Ausfällen muss die weitere Abklärung rasch durchgeführt werden.
Untersucht werden:
· Muskeleigenreflexe, mit denen die Funktionsfähigkeit des 2. Motoneurons in den jeweiligen
Wirbelsäulenabschnitten überprüft wird. Der Reflex wird durch eine passive Dehnung der Muskulatur
ausgelöst, zum Beispiel durch den Schlag mit dem Reflexhammer auf die Kniescheibensehne.
· Fremdreflexe sind Reflexe, die ihren Effekt an einer anderen Stelle, nicht am Auslösungsort, hervorrufen. Beim
Bauchdeckenreflex wird durch Streichen der Bauchhaut eine Kontraktur der Bauchmuskulatur ausgelöst.
· Pathologische Reflexe sind Zeichen einer Schädigung der Pyramidenbahn und können beim Gesunden nicht
ausgelöst werden.
· Sensibilitätsprüfung
Die Hautareale, die durch bestimmte Spinalnerven versorgt werden, nennt man Dermatome. Durch
Feststellung von Gefühlsstörungen in diesen Hautbezirken, können Rückschlüsse auf den Ursprungsort eines
Wirbelsäulenleidens gezogen werden.
• Dermatome
· Prüfung der groben Kraft der Muskelgruppen
· Lasègue und Bragard Test: Bei einer Irritation der Nervenwurzel des Ischiasnervs werden durch Anheben des
Beinsam liegenden Patienten Schmerzen im Bein und Rücken ausgelöst.
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Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten
I 03
Funktions-und Bewegungsprüfungen
· Der Vorneigetest ist ein einfaches Untersuchungsverfahren, um die Verdachtsdiagnose „Skoliose“ zu stellen.
Bei diesem Test beugt der Patient den nackten Oberkörper nach unten. Der Untersucher betrachtet dann
den Rücken von vorn und von hinten. Normalerweise ist der Rücken seitengleich hoch ausgebildet. Beim
Vorliegen einer thorakalen Skoliose (Verkrümmung der Wirbelsäule im Brustwirbelbereich) kann eine auffällige
Vorwölbung des Rückens auf einer Seite („Rippenbuckel“) und eine deutliche Abflachung auf der anderen
Seite zu erkennen sein („Rippental“). Bei einer Skoliose, die ihre Krümmung im Bereich der Lendenwirbelsäule
zeigt (lumbale Skoliose), findet sich ein auffälliger Lendenwulst.
Erklärung am Beispiel einer „rechtskonvexen thorakalen Skoliose“:
Das Bild zeigt den Rücken eines Patienten, der Verlauf der Wirbelsäule ist gestrichelt markiert. Man sieht, dass
die Wirbelsäule im Bereich der Brustwirbelsäule („thorakal“) von hinten gesehen bogig nach rechts-außen
(„rechts konvex“) verformt ist.
• Rechtskonvexe Skoliose
• Rechtskonvexe Skoliose
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Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten
Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten
• Rippenbuckel und Rippental bei
rechtskonvexer Skoliose im
Vorneigetest, von vorne gesehen
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• Rippenbuckel und Rippental bei
rechtskonvexer Skoliose im
Vorneigetest, von hinten gesehen
I 03
• Brustkorb mit Brustwirbelsäule,
von hinten
Im Bereich der Brustwirbelsäule sind die Rippen des Brustkorbs mit den Wirbeln verbunden. Der Rippenbuckel
entsteht bei der thorakalen Skoliose dadurch, dass die Seitverkrümmung und die Torsion (Verdrehung) der
Wirbel den knöchernen Brustkorb so deformieren, dass auf der nach außen gebogenen Seite der Skoliose
(„Konvexseite“) der Rippenbuckel und auf der Gegenseite („Konkavseite“) das Rippental entsteht.
Liegt eine Skoliose im Bereich der Lendenwirbelsäule vor (lumbale Skoliose), kann im Vorneigetest der so
genannte Lendenwulst erkennbar sein. Diese Vorwölbung auf der Konvexseite der lumbalen Skoliose wird
ebenfalls durch die Torsion der Wirbel verursacht, die zu einer Vorwölbung der paraspinalen Muskulatur und
damit zum sichtbaren Lendenwulst beim Vorwärtsneigen führt.
· Messung des Rippenbuckels nach Götze
Der Rippenbuckel wird hierbei am weit nach vorne geneigten Patienten gemessen. Man bestimmt die
maximale Höhendifferenz zwischen Rippenbuckel und Rippental, wobei der höchste Punkt des Buckels und
der tiefste Punkt des Rippentals die Messpunkte sind. Eine bestehende Beinlängendifferenz wird vor der
Messung durch Brettchen ausgeglichen.
· Skoliometer (Inclinometer)
Mit diesem Gerät kann die Krümmung der Wirbelsäule ohne Strahlenbelastung ausmessen werden, es ist zur
Verlaufskontrolle gut geeignet. Der mit dem Skoliometer gemessene Krümmungsgrad lässt Rückschlüsse auf
den Cobb-Winkel zu, der im Röntgenbild ausgemessen wird.
· Bestimmung des Skoliosewinkels nach Cobb
Das Ausmaß der Seitausbiegung bei der Skoliose wird an einer Wirbelsäulenganzaufnahme im Stehen
bestimmt. Hierbei werden an den Scheitelwirbel (3) eine Vertikale (Senkrechte) (1a) zur Ebene der Grundplatte
(2a) des unteren Neutralwinkels (4) und eine Vertikale (1b) zur Ebene der Deckplatte (2b) des oberen
Neutralwinkels (5) gezogen. Der Schnittpunkt der beiden Vertikalen ergibt den Winkel a1 der Seitabweichung
(Skoliosewinkel). Der Winkel a2 des Schnittpunkts der Ebenen des unteren und oberen Neutralwinkels
entspricht ebenfalls dem Skoliosewinkel (identischer Wechselwinkel). Häufig liegt dieser Schnittpunkt jedoch
außerhalb des angefertigten Röntgenbilds, weshalb man sich des korrespondierenden Winkels a1 bedient.
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I 03
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Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten
• Skoliosewinkelbestimmung nach Cobb
· oberer Neutralwirbel
· Scheitelwirbel
· unterer Neutralwirbel
· Bestimmung des Krümmungswinkels nach Ferguson
Die Bestimmung der Krümmungswinkel nach Ferguson ist aufwändiger und wird im Gegensatz zur
Cobb-Messung seltener angewendet. Als Messpunkte werden die Mittelpunkte des oberen (1a) und unteren
(1b) Scheitelwirbels herangezogen, die durch eine Gerade (2) verbunden werden.
Die Mittelpunkte der Wirbel unterhalb und oberhalb der Scheitelwirbel werden durch je eine Gerade (3a, 3b)
verbunden. Die Schnittpunkte dieser Geraden mit der Geraden 2 ergeben die Krümmungswinkel a1 und a2.
• Krümmungswinkelbestimmung nach Ferguson
· oberer Scheitelwirbel
· unterer Scheitelwirbel
Die genannten Messmethoden sind zwar neuen Computer-gestützten Verfahren in der Genauigkeit unterlegen,
sie können aber ohne großen Aufwand und kostengünstig durchgeführt werden.
· Rotationsbestimmung nach Nash/Moe
Mit dieser Methode bestimmt man das Maß der Rotation (Verdrehung) der skoliotischen Wirbelsäule. Auf der
Röntgenaufnahme werden die Positionen der Bogenwurzeln in Relation zum Wirbelkörper beurteilt, wodurch
4 Rotationsgrade bestimmt werden können:
a: Normalbefund, keine Rotation
b: Rotation Grad I
c: Rotation Grad II
d: Rotation Grad III
e: Rotation Grad IV
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Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten
• konvexseitig
konkavseitig
· a: Normalbefund, keine Rotation
· b: Rotation Grad I
· c: Rotation Grad II
· d: Rotation Grad III
· e: Rotation Grad IV
· Rotationsbestimmung nach Raimondi
Diese Methode der Rotationsermittlung wird ebenfalls am Röntgenbild durchgeführt. Als Messpunkte
werden in der Frontalaufnahme die rechte und linke Seitenbegrenzung des Wirbels und der Mittelpunkt der
konvexseitigen Bogenwurzel benötigt. Mit diesen Messpunkten errechnet man die Breite des Wirbels (x) und
den Abstand der Mittellinie der konvexseitigen Bogenwurzel zum konvexseitigen Wirbelkörperrand (y). Die
gemessenen Werte werden in Millimeter angegeben, über die Zuordnung der gemessenen x- und y-Werte
kann man aus einer Tabelle die entsprechende Gradzahl der Wirbelrotation ablesen.
· Rotationsbestimmung durch Messschablonen
B. Drerup und Perdriolle haben verschiedene Schablonen entwickelt, mit denen man das Maß der Rotation
des einzelnen Wirbels bestimmen kann.
· Messung der Wirbelsäulenbeweglichkeit nach der Neutral-Null-Methode, bei der die Beweglichkeitsmaße
nach einem standardisierten Verfahren für Vorneigen (Flexion), Rückneigung (Extension), Seitneigung und
Rotation (Drehung) gemessen werden.
· Finger-Boden Abstand (FBA)
Hierbei wird der Abstand der Fingerspitzen vom Boden beim Vorbeugen mit gestreckten und Armen
gemessen. Der Abstand lässt einen Rückschluss über die Beugungsfähigkeit (Flexion) der Wirbelsäule zu.
· Schober Zeichen
Messung für die Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule. Im Stehen wird von S1 die Wirbelsäule 10 cm nach
oben markiert. Bei maximaler Rumpfbeugung verlängert sich die Strecke um ca. 5 cm
· Ott-Zeichen
Messung für die Entfaltbarkeit der Brustwirbelsäule
Von C7 wird die Wirbelsäule 30 cm nach unten markiert. Bei maximaler Beugung des Rumpfes verlängert sich
die Strecke um ca. 3 cm.
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• Krümmungswinkelbestimmung nach Nash/Moe
I 03
I 03
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Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten
• Schober- und Ott Zeichen. Finger-Boden Abstand
Bestimmung der Skelettreife
Die Bestimmung des Skelettalters ist für die Beurteilung des weiteren Fortschreitens einer bestehenden
Wirbelsäulendeformität von Bedeutung.
· Risser-Zeichen
Die Beckenkämme werden in einer Röntgenaufnahme dargestellt, je nach Ausprägung der Verknöcherung der
Beckenkammapophysen kann auf das weitere Skelettwachstum geschlossen werden. Es gibt die Stadien
0-5, wobei „Risser, Stadium 5“ bedeutet, dass die Apophysen des Beckenkamms komplett verknöchert sind
und damit das Wachstum abgeschlossen ist.
Beurteilung des Skelettalters nach Risser, Stadium 0-5
• Stadium 0
• Stadium 1
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Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten
• Stadium 3
• Stadium 4
• Stadium 5
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• Stadium 2
I 03
· zunehmende Verknöcherung der
Apophysen des Beckenkamms
· Beurteilung des Skelettwachstums nach Greulich und Pyle
In den ap Röntgenaufnahmen der Hand kann der Zustand der Verknöcherung der Epiphysen des Handskeletts
beurteilt werden.
Greulich und Pyle haben einen Atlas verfasst, mit dessen Hilfe das Knochenalter bestimmt werden kann. Der
unterschiedlich fortgeschrittene Verschluss der Epiphysen des Handskeletts ermöglicht die Bestimmung des
weiteren Wachstums.
• Beurteilung des Skelettwachstums nach Greulich und Pyle
· Epiphysen
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I 03
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Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten
· Fotodokumentation zur Verlaufsdokumentation
· 3D-Rasterstereografie (z.B.Formetric, Moiré-Topografie oder ISIS)
Mit Hilfe dieser Methoden kann ohne Strahlenbelastung eine dreidimensionale statische und dynamische
Ausmessung der Wirbelsäule durchgeführt werden.
Da diese Verfahren ohne Röntgenstrahlen auskommen, sind sie bei der Verlaufskontrolle kindlicher und
jugendlicher Skoliosen besonders geeignet.
Röntgendiagnostik
· konventionelles Röntgen
Bei sämtlichen konventionellen Röntgenaufnahmen ist zu bedenken, dass es sich um zweidimensionale
Aufnahmen handelt, weshalb es durch die zusätzlich bestehende Rotation der Wirbel zu einem
Summationseffekt in der Röntgenaufnahme kommt.
Trotz der Strahlenbelastung, die dem Patienten bei konventionellen Röntgenaufnahmen zugemutet werden
müssen, sind diese Aufnahmen erforderlich, um folgende Informationen zu erhalten:
· Erhebung des aktuellen Befunds (Status)
· Verlaufsbeobachtung
· Erstellung der Behandlungsstrategie
· Dokumentation des Krümmungskorrektur bei konservativer Behandlung
oder nach einem operativen Eingriff
· Wirbelsäulenganzaufnahmen im Stehen in frontaler und seitlicher Ebene. Diese Aufnahmen dienen zur
Darstellung und Ausmessung von Wirbelsäulendeformitäten in der Frontalebene (Skoliosekrümmung) und
zur Beurteilung des sagittalen (seitlichen) Profils der Wirbelsäule (Beurteilung der Lordose und Kyphose).
Die Aufnahmen sollten immer auf einer langen Platte und nicht durch zwei zusammengesetzte Aufnahmen
erfolgen, da bei den zusammengesetzten Bildern die Röntgenebenen häufig nicht identisch sind und dadurch
die Beurteilung fehlerhaft werden kann. Eine eventuell bestehende Beillängendifferenz sollte vor der Aufnahme
mit Brettchen ausgeglichen werden, wodurch eine Kippstellung des Beckens vermieden werden soll und das
Becken besser horizontal eingestellt werden kann.
· Wirbelsäulenganzaufnahmen ap in Extension (Cotrel oder Haloextensionsgerät)
Mit dieser Aufnahmetechnik (Traktionsaufnahmen) wird die Aufrichtbarkeit der bestehenden Seitabweichung
bei Skoliose bestimmt, wobei durch ein Extensionsgerät Längszug auf die Wirbelsäule ausgeübt wird.
· Bending Test
Diese Röntgenaufnahmen werden auch Umkrümmungsaufnahmen genannt. Am liegenden Patienten wird
die verkrümmte Wirbelsäule durch manuellen Druck „umgekrümmt“. Die Aufnahme in maximal möglicher
Umkrümmung ermöglicht eine Aussage über die Rigidität (Starrheit) der bestehenden Seitausbiegung, das
heißt, man kann erkennen, ob Seitabweichungen der Wirbelsäule spontan zu korrigieren oder bereits fixiert
sind.
Die Aufrichtung der Wirbelsäule, die sich durch das passive Bending erreichen lässt, kann nach folgender
Formel in Prozent ausgedrückt werden:
Krümmungsaufrichtung in % =
Beispiel:
Krümmungswinkel der Stehendaufnahme – Krümmungswinkel der
Bendingaufnahme x 100 /Krümmungswinkel der Stehendaufnahme
Krümmungswinkel der Stehendaufnahme = 60°
Krümmungswinkel der Bendingaufnahme = 40°
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I 03
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Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten
Berechnung: (60° - 40°) x 100 = 2000 = 33,33 %
60
60
Die seitliche Achsabweichung kann in diesem Beispiel um 33,33 % durch das passive Bending aufgerichtet
werden.
· Röntgen in der Wahlebene nach Stagnara, plan d‘élection
Stagnara verbesserte die radiologische Beurteilung der Kyphoskoliosen durch Einführung einer speziellen
Schrägaufnahme, bei der die Röntgenkassette parallel zur medianen Fläche des Rippenbuckels ausgerichtet
wird („plan d‘élection“).
• Stagnara, plan d‘élection
· Computertomographie/Kernspintomographie
Diese Computergestützten Schichtbildtechniken bieten eine gute Beurteilung der Knochen- und
Weichteilsituation und ermöglichen die räumliche Darstellung der Wirbelsäulendeformität über eine
dreidimensionale Rekonstruktion.
Dieser Untersuchungsmethoden bedient man sich bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer kongenitalen
(angeborenen) Skoliose und bei nicht stehfähigen Patienten.
· Lungendiagnostik
Mit der Spirometrie wird die Vitalkapazität der Lunge gemessen. Über den ermittelten Wert erhält man
eine Aussage darüber, ob eine bestehende Deformität des Brustkorbs durch die Skoliose bereits zu einer
Beeinträchtigung der Lungenfunktion geführt hat.
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I 04
Wie wird die Skoliose behandelt?
Die Behandlung der Skoliose kann nicht einheitlich betrachtet werden. Verschiedene Faktoren der
Behandlung, wie die Versorgung mit Korsett oder gerade der Zeitpunkt einer operativen Versorgung werden
häufig in Abhängigkeit von Krümmungswinkelangaben teilweise sehr kontrovers diskutiert. Wie in anderen
Fachdisziplinen auch, gibt es eine Meinungsvielfalt im therapeutischen Vorgehen, was die Entscheidung des
Patienten zu einem empfohlenen therapeutischen Vorgehen nicht erleichtert.
Eine exakte Diagnosestellung auf der Grundlage einer intensiven Befragung, der körperlichen
und neurologischen Untersuchung, sowie der Röntgenuntersuchung ergibt die Basis für ein gutes
Beratungsgespräch, in dem der Patient, gegebenenfalls die Eltern, über die Diagnose „Skoliose“, deren Verlauf,
eventuell bestehenden Risiken und Behandlungsstrategien mit konservativem oder operativem Vorgehen durch
den behandelnden Arzt aufgeklärt werden kann.
Die Behandlungsstrategie setzt ein differenziertes Vorgehen voraus, ein bestimmtes Ausmaß des
Krümmungswinkels der Skoliose allein sagt noch nichts über den Zeitpunkt eines operativen Vorgehens aus.
Eine angeborene (kongenitale) Skoliose durch eine Wirbelkörperfehlanlage oder eine neuromuskuläre Skoliose
setzen ein anderes Behandlungsmanagement voraus als die Behandlung einer idiopathischen Skoliose, da die
Patienten in den beiden genannten Gruppen andere Entstehungsmechanismen und Progredienzrisiken in der
Entstehung und im Verlauf der skoliotischen Fehlstellung zeigen, weshalb die bestehenden Grunderkrankungen
bei den kongenitalen und neuromuskulären Skoliosen häufig ein sehr frühes operatives Vorgehen bereits im
Kleinkindalter erforderlich machen.
Die Behandlung der Skoliose setzt sich aus drei Bausteinen zusammen:
· Physiotherapie
· Korsettbehandlung
· Operative Korrektur der Deformität
Physiotherapie
In Abhängigkeit von den vorliegenden Befunden ist der Einsatz gezielt wirkender physiotherapeutischer
Maßnahmen unter professioneller Anleitung ein zentrales Element der
konservativen Behandlung.
· Dreidimensionale Skoliosebehandlung nach Katharina Schroth
Die dreidimensionale Skoliosebehandlung nach Katharina Schroth stellt ein sehr komplexes
physiotherapeutisches Behandlungsschema dar, das bei intensivem Training unter Anleitung und
regelmäßiger Anwendung sehr hilfreich sein kann.
· Behandlung nach dem Vojta Konzept
Vojta hat ein Bewegungsentwicklungsmodell entwickelt, das bei jedem Menschen individuell ein
Bewegungsmuster beinhaltet, das die Körperlage im Raum sichert, Aufrichtung und zielorientierte Bewegung
ermöglicht und die Muskelfunktion innerhalb der Muskelketten differenziert. Bei diesen Vorgängen, die
automatisch und unwillkürlich ablaufen, steht die Wirbelsäule im Zentrum. Bewegungsmuster können
reflektorisch aktiviert werden, wodurch die Wirbelsäule dreidimensional beeinflusst werden kann.
· E-Technik (Hanke-Konzept)
Hierbei handelt es sich um eine neurophysiologische Behandlungsmethode, die auf der Grundlage des Vojta
Konzepts weiterentwickelt wurde. Sie hilft, gestörte Bewegungs- und Haltungsmuster zu verbessern.
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Therapie · Skoliose · Deformitiäten
I 04
Die genannten Therapiemethoden können in Kombination mit dem Erlernen spezieller Atemtechniken dem
Patienten helfen, die Wirbelsäule zu stabilisieren und neue Bewegungs- und Haltungsmuster zu erlernen.
Wie bei der Anwendung jeder konservativen unterstützenden Behandlungsmethode hängt der Erfolg von der
professionellen Anleitung und der Regelmäßigkeit der durchgeführten Übungen im Alltag ab.
Korsettbehandlung
Erste Beschreibungen einer Korsetttherapie der Skoliose finden sich bereits bei Hippokrates, im Mittelalter
wurde von Ambroise Paré ein Stützapparat aus Eisenplatten entwickelt.
Seit des von Blount 1945 entwickelten Milwaukee-Korsetts haben sich bis heute verschiedene
Weiterentwicklungen und Modifizierungen von Korsetts zur konservativen Skoliosetherapie etabliert. Das Ziel
der Korsett-Therapie besteht in der Aufhaltung des Fortschreitens der Wirbelsäulenverkrümmung und einer
teilweise Wiederaufrichtung der bestehenden Krümmung.
Die Skoliosetherapie mit einem Korsett, das über einen langen Zeitraum täglich getragen werden muss, ist
gerade für einen heranwachsenden jungen Menschen eine starke psychische und physische Belastung, mit der
er im Alltag zurecht kommen muss. Dies setzt eine intensive begleitende und unterstützende Führung durch
Eltern und Therapeuten voraus.
Eine Korsetttherapie kann nur dann einen Erfolg zeigen, wenn folgende Faktoren beachtet werden:
· Lokalisation und Ausprägung der Skoliose
· Skelettalter
· Richtige Wahl des Korsetts
· Korrekter Aufbau des Korsetts
· Regelmäßige Kontrollen, um Korrekturen zu veranlassen
· Einsicht und absolute Kooperationsbereitschaft durch den Patienten
· Intensive Unterstützung durch das familiäre und therapeutische Umfeld
Die Korsett-Therapie bei der Behandlung der Skoliose wird seit Jahren kontrovers diskutiert,
international gibt es keine einheitlichen Empfehlungen.
Der Einsatz einer Korsettversorgung ist oft fraglich, da die Effizienz der Korsettbehandlung
in keiner Weise bewiesen ist. Allgemein kann es dagegen als bewiesen angesehen werden, dass eine stark
progrediente (zunehmende) Skoliose durch eine Korsettversorgung letztendlich nicht zu beeinflussen ist!
Das Milwaukee-Korsett wird heute in aller Regel nur noch bei hochthorakalen Skoliosen verwendet.
In der folgenden Aufstellung finden Sie eine Kurzbeschreibung verschiedener Korsettarten.
Milwaukee Korsett
Das Milwaukee Korsett wurde 1945 von Blount in den USA entwickelt, es besteht aus einem
Kunststoffbeckenteil, das vorne und hinten über Aluminiumführungen mit dem geschlossenen Halsring
verbunden ist. Der Halsring wird hinten mit einer Schraube verschlossen, hier finden sich ebenfalls die
Hinterhauptpolster. Vorne befindet sich eine muldenförmige Auflage für das Kinn. Durch den Einbau von
Druckpolstern (Pelotten) wird eine Korrektur der Wirbelsäulenfehlstellung erreicht.
Durch das Korsett soll eine aktive Extension, Derotation und ein Lordoseausgleich herbeigeführt werden. Die
Behandlung im Milwaukee-Korsett wird durch eine spezielle Krankengymnastik im Korsett begleitet.
Die Nachteile liegen in einem stark lordosierenden Effekt auf die Brustwirbelsäule und in dem belastenden
Tragekomfort durch den Halsring.
underarm braces (TLSO = thorako-lumbo-sakrale-Orthese)
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Therapie · Skoliose · Deformitiäten
I 04
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Therapie · Skoliose · Deformitiäten
Die underarm braces bezeichnen die Nachfolger des Milwaukee Korsetts, die ohne Halsring auskommen. Bei
den TLSO Orthesen wird über eingebaute Pelotten (Druckpolster) an drei Stellen Druck auf die Wirbelsäule
ausgeübt, damit die korrigierende Kraft ausgeübt werden kann, um die Fehlstellung der Wirbelsäule zu
verbessern.
Diese so genannten Dreipunkte-Korsetts haben ihre Druckpolster in der Regel im Bereich der
Lendenwirbelsäule, der Außenseite des Beckens und am Brustkorb.
Die Derotationsorthesen nach Boston, Cheneau und das Lyoner (Stagnara) Korsett gehören zu dieser Art von
Orthesen.
Boston Korsett
Das Boston Korsett ist eine Weiterentwicklung des Milwaukee Korsetts. Das Korsett wird nach einem
Gipsabdruck aus Kunststoff angefertigt und soll über eingebaute Erhöhungen eine teilaktive Korrektur der
Wirbelsäulenfehlstellung erreichen.
Das Boston Korsett zeichnet sich anfänglich durch eine starke Entlordosierung der Lendenwirbelsäule aus, die
sich als nachteilig erwies. In der Folgezeit wurden durch den modularen Aufbau des Korsetts Varianten des
Boston Korsetts entwickelt, die eine Lendenlordose bis zu einem Cobb Winkel von 15° aufzeigen. Dies ist von
entscheidender Bedeutung bei der Korrektur der Fehlstellung, da nur über eine physiologische Ausbildung der
Lendenlordose eine Kyphosierung der thorakalen und thorakolumbalen Wirbelsäule erreicht werden kann. Das
Zusammenspiel der Module und der eingebauten Druckpelotten soll dann eine Aufrichtung und Derotation der
Wirbelsäule bewirken. Das Boston Korsett wird in der Regel zur Behandlung lumbaler und thorakolumbaler
Skoliosen eingesetzt.
Chêneau Korsett
Das Cheneau Korsett wurde Mitte der 70er Jahre durch den französischen Arzt Jacques Cheneau entwickelt.
Die Orthese wird nach Gipsabdruck aus Kunststoff gefertigt, verfügt über einen Beckenkorb, der das Becken
aufrichtet und eine Streckung der Lendenwirbelsäule zulässt.
Das Cheneau Korsett ist ein teilaktives Inspirations-Derotationskorsett, wodurch die Korrektur der bestehenden
Fehlstellung durch den Pelottendruck, die Freiräume in der Orthese, die als Ausgleichsräume dienen und eine
speziell zu erlernende Atemtechnik erreicht wird. Das Cheneau Korsett wird in der Regel zur konservativen
Therapie der idiopathischen thorakalen Skoliose eingesetzt.
Lyoner oder Stagnara Korsett
Durch eine hohe Anlage des Korsetts unter den Achseln bewirkt diese Orthese eine Rumpfextension. Der
Beckenteil und die Achselstützen sind vorn und hinten mit Aluminiumstäben verbunden, die eingebauten
Druckpelotten bewirken eine Derotation. Das Stagnara Korsett kann bei thorakolumbalen und mittelhohen
thorakalen Skoliosen eingesetzt werden.
Wilmington Brace
Dieses Korsett wird aus Thermoplast hergestellt und findet hauptsächlich bei thorakolumbalen Skoliosen ohne
fixierte Rotationsstellung der Wirbelsäule seine Anwendung.
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Charleston Bending Brace
Dieses Korsett ist ein so genanntes Umkrümmungskorsett, da im Vergleich zu den oben genannten Orthesen
eine umkrümmende Kraft auf die Wirbelsäulenverbiegung einwirkt. Der Patient wird im Korsett in einer
maximalen Seitwärtsneigung der zu behandelnden Krümmung gehalten. Durch eine eingebaute Pelotte wird
Druck auf die maximale Spitze (Apex) der Krümmung ausgeübt, wodurch eine Umkrümmung der skoliotischen
Deformität erreicht wird. Das Korsett soll 8 Stunden während der Nachtruhe getragen werden und wird zur
Behandlung kurzer thorakolumbaler oder lumbaler Skoliosen eingesetzt.
Umkrümmungskorsett nach Lukeschitsch
Durch in den Beckenkorb eingebrachte Pelotten wird Druck auf den lumbalen Scheitel der skoliotischen
Krümmung ausgeübt. An den ventralen und dorsalen Aluminiumstangen des Korsetts können Pelotten stufenlos
eingestellt werden. Diese Druckkomponenten führen zu einer Derotation und Aufrichtung der Wirbelsäule.
Operative Behandlung
Die operativen Korrekturverfahren einer Skoliose gehören zu den großen Eingriffen an der Wirbelsäule, die, wie
andere Operationen auch, Komplikationen nach sich können. Deshalb sollten bei der Indikationsstellung zum
operativen Vorgehen folgende Kriterien bestehen:
· Progression (Zunahme) des Krümmungswinkels
· Ungünstiges sagittales Profil
· Schmerzen
Bei der Auswahl der Operationstechnik sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:
· Flexibilität der Hauptkrümmung
· Flexibilität der Gegenkrümmungen
· Sagittales Profil
· Bestimmung der Endwirbel für die Instrumentation
· Stable zone
Für die operative Therapie der Skoliose stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, mit denen die
Verkrümmung und Verdrehung der skoliotischen Deformität korrigiert und stabilisiert werden können. Es lassen
sich folgende Verfahren unterscheiden:
· Dorsale Verfahren, die über einen Zugangsweg von hinten erfolgen
· Ventrale Verfahren, die einen vorderen Zugang haben
· Kombinierte dorsale und ventrale Operationsverfahren
Weitere Information zur operativen Versorgung der verschiedenen Skolioseformen und ausgewählte
Operationsverfahren, die in unserer Abteilung bei der Behandlung von Skoliosen eingesetzt werden, stellen wir
Ihnen in den Bereichen „Idiopathische Skoliose“, Kongenitale Skoliose“ und Neuromuskuläre Skoliose“ vor.
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Therapie · Skoliose · Deformitiäten
I 05
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Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten
Geschichte der Skoliosetherapie
Die Geschichte der Erkennung und Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen reicht zurück bis in die Antike.
Die Wirbelsäule war und ist seit über 2000 Jahren für viele Mediziner ein weitreichendes Forschungsgebiet,
auf dem es im Laufe der Zeit immer wieder neue Erkenntnisse in den Gebieten der Anatomie, Physiologie,
Pathologie und Therapie gegeben hat.
Hippokrates von Kos (um 460-377 v. Chr.) gilt als Begründer der wissenschaftlichen Schulmedizin in Europa.
• Hippokrates von Kos
Zitate von Hippokrates wie „Die Wirbelsäule trägt Ursache und Wirkung in Eins“ oder „Erlanget Wissen über
das Rückgrat, denn von diesem gehen viele Krankheiten aus“ zeugen davon, dass Hippokrates bereits vor über
2000 Jahren die Bedeutung der Wirbelsäule erkannte.
Die Arbeiten von Hippokrates und Autoren in seinem Umfeld sind in einem Werk von cirka 60 Schriften, dem so
genannten „corpus hippokratum“ zusammengefasst.
Er schrieb Werke über die Gelenke (de articulis), Knochenbrüche (de fracturis) und die Rachiotherapie,
(Rhachis, griechisch, Rückgrat, Wirbelsäule) die Behandlung des Rückens. In seinen funktionellen
anatomischen Beschreibungen erwähnt er über den Begriff „Parathremata“ Verschiebungen von Gelenken und
Wirbeln, in denen er die Ursache viele Erkrankungen sah. Hippokrates beschrieb erstmals Behandlungen, die
Grundzüge der Manualtherapie erkennen lassen. Er benutzte Traktion (Zug) und Druck, um Verrenkungen,
Knochenbrüche und Verbiegungen an der Wirbelsäule zu korrigieren.
Appolonius von Kitium (1. Jahrhundert v. Christus) hat einige Werke von Hippokrates erstmals mit
Illustrationen versehen, die als eindeutige Handlungsanweisungen für die Reposition von Knochenbrüchen oder
Gelenkluxationen, sowie manipulativ korrigierenden Eingriffen an der Wirbelsäule unter Traktion zu verstehen
sind. Er beschreibt zum Beispiel „die Einrichtung der Wirbel, die geschieht durch die Ferse des Arztes und
durch die Winden“.
Galen aus Pergamon (129-199 nach Christus)
Galen, ein römischer Arzt griechischer Herkunft, war neben Hippokrates der Arzt der Antike, der die Entwicklung
der Medizin als Wissenschaft durch seine Arbeiten entscheidend beeinflusst hat. Er hat viele Werke in
den Fachrichtungen Anatomie (de usu partium corporis humani“ und „de anatomicis administrationibus“),
Physiologie und Pathologie geschrieben, die sich auf Erkenntnisse aus Tiersektionen stützten. Von Bedeutung
sind seine Werke über die Knochenlehre (Osteologie), die Muskellehre (Myologie), den Aufbau des
Skelettsystems und der Beschreibung von Gehirn- und Rückenmarksnerven. Die gewonnenen Erkenntnisse
waren für die nächsten Jahrhunderte eine wesentliche Grundlage der Ausbildung von Ärzten.
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Oribasius (326-403), ein griechische Arzt aus Pergamon, verfasste eine Medizinische Sammlung, die
„synagogia latrike“, eine Enzyklopädie in zweiundsiebzig Bänden, die hauptsächlich auf den Werken von Galen
und weiteren griechischen Ärzte beruhte. In den Illustrationen finden sich auch Anwendungsbeispiele von
Extensionsbehandlungen.
• Extensionsbehandlung in der Antike
Guido Guidi (1491-1547) war Professor für Chirurgie am berühmten „College de France“ in Paris. Er schuf ein
umfassendes illustriertes Werk über die Erkrankungen der Wirbelsäule und deren Behandlung.
• Extensionsbehandlung im Mittelalter
Ambroise Paré (1510-1590) ein französischer Feldarzt, gilt als Wegbereiter der modernen Chirurgie und der
Versorgung mit Prothesen und Stützorthesen. Er schuf die ersten Stützkorsetts aus Metall zur Korrektur von
Wirbelsäulendeformitäten.
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Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten
• Ambroise Paré
I 05
• Stützkorsett aus Metall
Andreas Vesal, genannt Vesalius, (1515-1564), ein berühmter Chirurg und Anatom aus Padua, begründete
durch sein anatomisches Werk “De humani corporis fabrica libri septem“ erstmals die wissenschaftliche
Anatomie in der Neuzeit. Im Gegensatz zu den Arbeiten Galens beruhten seine anatomischen Zeichnungen auf
Sektionen, die er an allen zum Tode Verurteilten in Padua durchführte.
• A. Vesal, „De humanis corporis“
Wilhelm Fabry, genannt Fabricius Hildanus (1560-1634), war ein großer deutscher Wundarzt, auf den die
erste Darstellung einer skoliotischen Wirbelsäule in seinem Werk „Der Abriß des Rückgrads“ zurückgeht.
• Fabricius Hildanus
• Hildanus, Der Abriß des Rückgrads
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Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten
I 05
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Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten
Francis Glisson (1597-1677), ein englischer Anatom, beschrieb in einem umfassenden Werk erstmals
ausführlich die Krankheit Rachitis, einer damals sehr verbreiteten Knochenerkrankung, die auf einem Vitamin
D Mangel beruht und durch die Knochenstoffwechselstörung zu Skelettdeformitäten, besonders auch zur
Skoliose, führte.
Er schuf für diese Erkrankung eine Extensionsbehandlung, bei der mittels einer gepolsterten Lederschlinge,
die am Kinn und Hinterkopf befestigt wurde, Zug auf die Wirbelsäule ausgeübt wurde, um die
Wirbelsäulenverbiegung zu begradigen. Das Prinzip der „Glissonschlinge“ findet noch heute in der modernen
Extensionsbehandlung seine Anwendung.
• Francis Glisson
In der Folgezeit wurden Gerätschaften für die Extensionsbehandlung und Orthesen zur Korrektur von
Wirbelsäulenverkrümmungen ständig weiterentwickelt.
Um 1762 entwickelte Augustin Roux verschiedene Orthesen zur Korrektur von Wirbelsäulenverkrümmungen
• Korrekturorthesen nach Roux
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Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten
1783 konstruierten Le Vacher und Sheldrake weitere Korrekturmodelle zur Begradigung der deformierten
Wirbelsäule
• Korrekturorthesen nach Le Vacher und Sheldrake
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Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten
1835 schuf J. Hossard das erste Korsett mit einer mechanischen Verstellmöglichkeit, um
Wirbelsäulenkrümmungen im Korsett zu korrigieren.
• Korrekturorthesen nach Hossard
Die Diagnostik und Therapie der Wirbelsäulenerkrankungen war bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts
vorwiegend durch die klinische Untersuchung und die therapeutische Anwendung von unterschiedlichen
Korsetts und Extensionsbehandlungen geprägt.
1839 führte Jules Guerin erstmals die „myotomie rachidienne“ , eine Muskeldurchtrennung der paraspinalen
Muskulatur zur Therapie der Skoliose durch, da er in der muskulären Dysbalance der paraspinalen Muskulatur
die Ursache der Skolioseentstehung sah. Die Korrekturergebnisse waren schlecht, weshalb sich diese Methode
nicht etablierte.
11. November 1895, Wilhelm Conrad Röntgen der Würzburger Professor der Physik vollbringt einen
wichtigen Fortschritt in der Diagnostik, als er bei Experimenten mit Kathodenstrahlröhren eine bis dahin
nicht bekannte Strahlenart entdeckte. Im Januar 1901 stellte er seine Entdeckung vor und fertigte eine
Röntgenaufnahme seiner Hand an. Seither werden diese Strahlen als Röntgenstrahlen bezeichnet.
Erst ab 1925 konnten dann Wirbelsäulenaufnahmen in 2 Ebenen angefertigt werden, die eine angemessene
Aussage über den strukturellen Wirbelsäulenbefund ermöglichten.
L. Wullstein leistete 1902 mit seiner Veröffentlichung „Die Skoliose in ihrer Behandlung und Entstehung“ durch
seine klinischen und experimentellen Forschungen einen großen Beitrag zum Verständnis der Skoliose.
• Wullstein, Skoliosetherapie
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Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten
1911 führte Fred Albee erste Fusionsoperationen (Wirbelsäulenversteifungen) bei Patienten mit tuberkulös
deformierter Wirbelsäule durch. Die Versteifung erfolgte über eine Fusion der Wirbelbögen, bei der nach
Spaltung der Dornfortsätze ein Knochenspan aus dem Schienbein eingebracht wurde.
1920 stellte der Chirurg Wreden erstmals eine Operationstechnik der Skoliose vor, bei der Metallimplantate
eingesetzt wurden.
1931 veröffentlichte Russel Hibbs die Resultate von über 300 Skolioseoperationen, bei denen er eine
Spondylodese (Versteifung) durchgeführt hatte, die auf der Methodik von Albee aufbaute. Er benutzte die
Dornfortsätze und feine Knochenspäne aus den Wirbelbögen als autologes (körpereigenes) Knochenmaterial
zur Versteifung. Zusätzlich verödete er die Gelenke der Wirbelbögen im Bereich der Versteifungszone.
1933 verwendete Ghormley erstmals Späne aus dem Beckenkamm als autologes Material zur
Wirbelsäulenversteifung.
1951 veröffentlichte Lange in einer orthopädisch-chirurgischen Operationslehre ein
Skolioseoperationsverfahren, bei der zur Stabilisation des Korrekturergebnisses eine innere Fixation mit
Küntscher-Nägeln, die an den Dornfortsätzen der Wirbel befestigt wurden, durchgeführt wurde.
• Lange, Skoliose-Op, Versorgung mit Küntschernagel
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1962 führte Paul R. Harrington, ein amerikanischer Orthopädischer Chirurg, ein selbst entwickeltes
Instrumentarium ein, das Harrington Stab-System, durch das die operative Skoliosetherapie revolutioniert
wurde.
Das wesentliche Prinzip bestand in der Einbringung eines konvexen Kompressionsstabes und eines konkaven
Distraktionsstabes zum Ausgleich und zur Stabilisierung der skoliotischen Verkrümmung der Wirbelsäule.
Mit dieser Technik konnten viele Patienten mit idiopathischer, kongenitaler und neuromuskulärer Skoliose
erfolgreich behandelt werden. Es folgten bis heute viele Modifikationen und Weiterentwicklungen dieser
genialen Innovation von Harrington.
• Paul R. Harrington
Pierre Stagnara, (1917-1995), ein bedeutender französischer Orthopäde hat die Weiterentwicklung der
Skoliosetherapie in der Zeit von 1950-1982 entscheidend mitgeprägt. Er erkannte die Bedeutung der Entfernung
des Rippenbuckels („resection du chevalet costal“) und der damit verbundenen erhöhten Flexibilität der
Wirbelsäule. Er entwickelte die Technik des „Greffe anterieur“, des vorderen Abstützspans zur Unterstützung der
Wirbelsäulenstabilität bei der operativen Versorgung von Skoliosen, die mit einer schweren Kyphose kombiniert
waren. Er verbesserte die radiologische Beurteilung der Kyphoskoliosen durch Einführung einer speziellen
Schrägaufnahme, bei der die Röntgenkassette parallel zur medianen Fläche des Rippenbuckels ausgerichtet
wird („plan d‘élection“).
• Pierre Stagnara
• Stagnara, plan d‘élection
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1975 stellte Luque eine Weiterentwicklung des Harrington Instrumentariums zur posterioren segmentalen
Fixation der Wirbelsäule vor. Bei dieser Methode wird die skoliotische Krümmung durch 2 individuell gebogene
Metallstäbe, die mit Drahtschlingen an den Wirbelbögen nach Durchtrennung der Ligamenta flava befestigt
werden, ausgeglichen und stabilisiert. Der Vorteil dieser Methode bestand in einer hohen postoperativen
biomechanischen Stabilität, die praktisch keine Nachtherapie im Korsett erforderte, der Nachteil bestand in
einem sehr hohen Risiko des Auftretens neurologischer Komplikationen.
1973 entwickelte Dwyer den operativen Zugang für die Korrektur von Skoliosen über einen Zugang von vorn
(anteriorer oder ventraler Zugang).
Der Zugang von vorne wurde durch die operativen Ergebnisse von Hodgson und Stock vorbereitet, die
viele Tuberkulosepatienten über einen transpleural-retroperitonealen Zugang operierten und dadurch ein
standardisierter Zugang zur Lendenwirbelsäule und unteren Brustwirbelsäule geschaffen wurde.
Durch dieses ventrale Verfahren wurden die neurologischen Komplikationen verringert, die Fusionsstrecke
wurde verkürzt und die Stabilität wurde durch die interkorporelle Fusion verbessert. Nachteile der Methode
bestanden in der mehrmonatigen Nachbehandlung im Korsett und der fehlenden Möglichkeit der Derotation der
Wirbel.
• Dwyer
1975 stellte Klaus Zielke die Ventrale Derotationsspondylodese (VDS) vor, die er aus dem Dwyer Verfahren
weiterentwickelte. Die wesentliche Verbesserung lag in einer neuen Kompressionstechnik und dem Einsatz
eines Derotators. Mit diesem Verfahren konnten in der Frontalebene ausgezeichnete Ergebnisse erzielt werden,
der Nachteil bestand in einer unzureichenden Beachtung des sagittalen Profils der Wirbelsäule mit Aufhebung
der Lendenlordose.
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Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten
I 05
1984 entwickelten Yves Cotrel und Jean Dubousset eine Operationsmethode, die von der Luque-Methode
abgeleitet war. Ziel des Verfahrens war, durch eine dreidimensionale Korrektur der Wirbelsäule mittels
Translation, Distraktion und Kompression eine bessere Derotation und ein verbessertes sagittales Profil
der skoliotischen Wirbelsäule in Kombination mit einer Primärstabilität zu erzielen. Die Grundidee dieses
Operationskonzept ist auch heute noch die Grundlage für die dorsale Instrumentation von Skoliosen. Die
neurologischen Komplikationen, die bei der Methode nach Luque durch die Drahtcerclagen um die Wirbelbögen
hervorgerufen wurden, konnten bei dieser neuen Methode dadurch vermieden werden, dass die beiden
Metallstäbe mit Haken und Schrauben direkt knöchern in den Pedikeln der Wirbel fixiert wurden. Der Nachteil
der Methode bestand in der ungenügenden Wiederherstellung des sagittalen Profils der Wirbelsäule und einer
häufigen Dekompensation der nicht instrumentierten Wirbelsäulenanteile.
Die dorsalen und ventralen Instrumentationen gibt es in verschiedenen weiterentwickelten Methoden oder in
kombinierter Anwendung der Verfahren.
Die Methoden nach Harrington, Luque und Cotrel-Dubousset sind Operationsverfahren, die von hinten über
einen Zugang am Rücken (posteriorer Zugang) durchgeführt werden.
Eine Weiterentwicklung des Instrumentariums von Cotrel-Dubousset für dorsale Operationsverfahren ist zum
Beispiel das Spinefix-System
Die Operationsverfahren nach Dwyer und Zielke erfolgen über einen ventralen (vorderen) Zugang. Die
Instrumentation für den anterioren Zugang wurde ständig weiterentwickelt, basiert aber immer noch auf den
Prinzipien des Zielke Instrumentariums.
Neuere Entwicklungen sind die primärstabilen Instrumentarien von Halm-Zielke, Kaneda und CDH, sowie die
ventrale Lordosierungs- und Derotationsspondylodese (VLDS).
Das zunehmende Verständnis der Biomechanik der Wirbelsäule und die bahnbrechenden Arbeiten von Paul
Harrington, der erstmals ein Implantatsystem zur Skoliosebehandlung entwickelt und eingesetzt hat, haben
dazu geführt, dass sich das Gebiet der Wirbelsäulenchirurgie seit 1960 stetig weiterentwickelt hat. Durch eine
kontinuierliche Verbesserung von Operationstechniken und Implantatsystemen, die rasante Weiterentwicklung
von Computer gestützter apparativer Diagnostik mit hoher Aussagekraft und einer hoch entwickelten
Intensivmedizin können heute anspruchsvolle und komplizierte Eingriffe an der Wirbelsäule durchgeführt
werden, die dem betroffenen Patienten völlige Heilung seines Leidens oder eine Verbesserung seiner
Lebensqualität durch Linderung des bestehenden Befunds ermöglicht.
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Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten
I 06
Was ist eine Idiopathische Skoliose?
80-90 % aller Skoliosen sind idiopathische Skoliosen, der Rest verteilt sich auf die neuromuskulären und
kongenitalen Skoliosen, die nachvollziehbare Grunderkrankungen für die Entstehung einer Skoliose aufweisen.
Mädchen sind etwa viermal häufiger betroffen als Jungen.
Idiopathisch bedeutet, dass dieses Leiden „aus sich heraus entsteht“, letztendlich die Ursachen nicht bekannt
sind (griechisch: „idios, selbst; pathos, Leiden).
Die idiopathische Skoliose ist eine dreidimensionale Wirbelsäulendeformität, bei der bis heute der exakte
Entstehungsmechanismus ungeklärt ist.
Die Dreidimensionalität der Skoliose bringt zum Ausdruck, dass sich die Veränderungen an der Wirbelsäule in
den drei Körperebenen, der Frontal-, Sagittal- und Transversalebene abspielen. In der Frontalebene kommt es
zur Seitabweichung, in der Transversalebene findet die Rotation der Wirbel in den betroffenen Segmenten um
ihre eigene Achse sowie die Torsion, eine schraubenförmige Verwindung der Wirbelsäule statt.
Eine weitere Veränderung zeigt sich in der Sagittalebene, in der sich die typischen seitlichen Konturen der
Wirbelsäulenschwingungen (Kyphose und Lordose) verändern können.
Skoliosen im Bereich der Brustwirbelsäule weisen häufig eine Abflachung des sagittalen Profils mit Bildung
eines thorakalen Flachrückens auf, Skoliosen im Übergangsbereich der Brust- zur Lendenwirbelsäule zeigen
oft eine Kyphosierung (Rundrückenbildung) dieses Bereichs. Durch die Deformierung der Wirbelsäule kommt
es zu strukturellen Veränderungen der Bewegungssegmente mit rasch einsetzenden und zunehmenden
Veränderungen der Wirbel, Wirbelgelenke, Bandscheiben und des Bandapparats, was durch die veränderte
statische Belastung der Segmente verursacht wird.
Welche Faktoren werden als Auslöser für die idiopathische Skoliose diskutiert?
· Genetische Faktoren
Studien haben eine familiäre Häufung der Skoliose nachgewiesen.
· Wachstumsschub
Es besteht die Möglichkeit, dass die Wirbelsäule im Wachstumsschub weniger Stabilität besitzt und dadurch in
Kombination mit Haltungsfehlern anfälliger für die Ausbildung von Fehlstellungen ist.
· Körperhaltung
In Vergleichsstudien von Skoliosepatienten mit Patienten ohne Wirbelsäulenbefund wurde nachgewiesen,
dass unter den Patienten mit einer Skoliose ein wesentlich größerer Anteil von Personen mit einer Störung
der propriozeptiven Funktionen gefunden wurde. Propriozeptive Funktionen beinhalten die Fähigkeit zur
Tiefenwahrnehmung zum Beispiel des Muskeltonus. Ist diese Funktion gestört, kann es zur Veränderung der
Körperhaltung und damit zur Ausbildung von Fehlstellungen kommen.
· Mechanische Faktoren
Biomechanische Studien haben gezeigt, dass eine Bewegung der Wirbelsäule in Richtung einer der
bestehenden Körperachsen, eine Gegenbewegung einer der anderen Körperachsen nach sich zieht. Dieses
Phänomen wird als „Coupling Effekt“ bezeichnet. Dieser Effekt und das unterschiedliche Rotationsverhalten
der Wirbel in einem lordotischen oder kyphotischen Wirbelsäulenabschnitt bei einer einwirkenden axialen Kraft
(zum Beispiel in einem Wachstumsschub) können eine Seitverbiegung der Wirbelsäule mit Rotation der Wirbel
verursachen.
Wie werden die idiopathischen Skoliosen eingeteilt?
Es gibt keine international einheitliche Einteilung der idiopathischen Skoliose.
Gebräuchlich sind, neben vielen anderen Gruppierungsmöglichkeiten, Einteilungen, die sich auf das
Lebensalter des Erstauftretens der Skoliose oder auf Form und Krümmungstyp der Skoliose beziehen.
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Idiopathische Skoliose · Skoliose · Deformitiäten
I 06
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Idiopathische Skoliose · Skoliose · Deformitiäten
Auf der Grundlage des Altersabschnitts der Erstdiagnosestellung unterscheidet man:
· Infantile Skoliose
Dieser Typ tritt bis zum 3. Lebensjahr auf, ist selten und zeigt gehäuft Skoliosen im Bereich der
Brustwirbelsäule.
· Juvenile Skoliose
Der juvenile Typ tritt zwischen dem 4. und 10. Lebensjahr auf und zeigt sowohl Skoliosen im Brustwirbel- als
auch im Lendenwirbelbereich.
Die Häufigkeitsverteilung zwischen Mädchen und Jungen ist etwa identisch.
· Adoleszente Skoliose
Sie tritt ab dem 11. Lebensjahr auf, ist die häufigste Form und betrifft Mädchen cirka viermal so häufig als
Jungen. Oft zeigen sich Skoliosen im Brutwirbelsäulenbereich.
· Adulte Skoliosen, die im Erwachsenenalter auftreten.
Mit Bezug auf den Krümmungstyp unterscheidet man Skolioseformen, die im Bereich der Hals-, Brust- oder
Lendenwirbelsäule, sowie in den Übergangsbereichen okzipitozervikal, zervikothorakal, thorakolumbal oder
lumbosakral liegen.
Was muss bei der Stellung der Operationsindikation beachtet werden?
Die Entscheidung, eine Skoliose operativ zu behandeln, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
· Zunahme der Skoliosekrümmung (Progression)
· Bestehendes ungünstiges sagittales Profil
. Vermeidung struktureller Veränderungen in der kompensatorischen Kurve
· Schmerzen
· Vermeidung sekundärer Komplikationen (Herz-Kreislaufsystem und Lunge)
· Faktoren, wie Patientenalter, Cobb-Winkel, individuelle Beeinträchtigung und Leidensdruck fließen zusätzlich
in diesen Entscheidungsprozess ein.
Bei der Wahl der Operationstechnik sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:
· Flexibilität der Haupt- und Gegenkrümmung (Rigidität)
· Sagittales Profil
· Stable zone
· Bestimmung der Endwirbel für die Instrumentation
Was sind die Ziele der operativen Korrektur der Skoliose?
Ziel ist die dreidimensionale Wiederherstellung der Wirbelsäule:
· In der Frontalebene muss durch eine Distraktion die Aufrichtung der Skoliose aus der seitlichen Krümmung
in eine lotgerechte Stellung erfolgen.
· In der Transversalebene erfolgt über eine Derotation die Behebung der Rotations- und Torsionsfehlstellung.
· In der Sagittalebene muss das seitliche Profil der Wirbelsäule wieder hergestellt werden.
· Die Instrumentation sollte primär stabil sein, damit eine Nachbehandlung ohne Korsett erfolgen kann, was bei
einer dorsalen Instrumentation mit Pedikelschrauben und einer Doppelstab-Instrumentation ermöglicht wird.
Bei ventralen Eingriffen muss die Notwendigkeit einer Nachbehandlung mit einem Korsett davon abhängig
gemacht werden, wie gut die Qualität des Knochens ist.
Bei schlechter Knochenqualität kann eine Korsettbehandlung für zwei bis drei Monate postoperativ erforderlich
werden.
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Bei intakter Knochenqualität ist ansonsten bei den ventralen Eingriffen, die ventral mit einem Korb (Cage)
abgestützt werden, in der Regel keine postoperative Korsettversorgung erforderlich.
· Die Fusionsstrecke (Länge der Versteifung) muss so kurz wie möglich gehalten werden, um eine gute
Restbeweglichkeit der Wirbelsäule auf Grundlage des individuellen Befunds zu ermöglichen.
Die dreidimensionale Korrektur kann durch eine ventrale oder durch eine dorsale Instrumentation erreicht
werden.
a. Dorsale Instrumentation
Durch die dorsale Instrumentation, die heute im wesentlichen über Pedikelschrauben sowohl im thoracalen als
auch im lumbalen Bereich ausgeübt wird, kann zunächst nach entsprechender Mobilisation der Gelenke eine
gute Korrektur in der Frontalebene erreicht werden. Das sagittale Profil ist nur bedingt beeinflussbar. Deswegen
ist bei vorbestehender ausgeprägter thoracaler Lordose immer eine ventrale Release-Operation notwendig.
Auch die axiale Rotationsebene kann durch die dorsale Stabrotation nur bedingt beeinflusst werden, da mit
der Stabrotation keine Rotation der Wirbelsäule vorgenommen wird. Vielmehr handelt es sich dabei um eine
Translation des instrumentierten Wirbelsäulenabschnittes in der Transversalebene.
b. Ventrale Instrumentation
Die ventrale Instrumentation geht auf Dwyer und Zielke zurück. Sie hat den großen Vorteil, dass bei dieser
Operation die Bandscheiben ausgeräumt werden, so daß es möglich ist, auch eine direkte, segmentale Rotation
zwischen den Wirbelkörpern vorzunehmen, was bei der dorsalen Instrumentation (s. oben) nicht möglich ist.
Gleichzeitig muss man bei der ventralen Instrumentation bedenken, dass die Entfernung der Bandscheiben zu
einer Verkürzung der vorderen Säule führt, so dass bei der ventralen Instrumentation immer ein kyphosierender
Effekt entsteht. Diesen kyphosierenden Effekt kann man sich sehr gut bei thoracalen Skoliosen, die ja häufig mit
einer thoracalen Lordose einhergehen, zunutze machen. Deswegen sind unter heutigen Gesichtspunkten die
thoracalen Skoliosen mit einer apikalen Lordose die ideale Indikation für eine ventrale Instrumentation.
Daneben eignen sich die lumbalen und thoracolumbalen Krümmungen sehr gut für eine ventrale
Instrumentation. Hier ist allerdings darauf zu achten, dass die Operation immer mit einer ventralen Abstützung
zwischen den Wirbelkörpern kombiniert wird, um den kyphosierenden Effekt der ventralen Instrumentation (s.o.)
zu vermeiden.
c. Kombinierter Zugang
Bei sehr rigiden Skoliosen und vor allen Dingen bei Doppelkurven ist häufig ein ventrales Release, entweder
im thoracalen oder im lumbalen Bereich notwendig, das dann von einer dorsalen Instrumentation gefolgt wird.
Nach einem ventralen Release lässt sich durch die dorsale Instrumentation auch sehr gut das axiale Profil und
die Rotation beeinflussen, da ja die Bandscheibe ausgeräumt ist und somit eine direkte Rotation möglich ist, die
ohne Bandscheibenrauräumung eben nicht durchzuführen ist.
Als wichtiges Ziel der Operation muß neben der Korrektur in der Frontalstellung vor allen Dingen die
Wiederherstellung eines sehr guten sagittalen Profils angesehen werden. Ein weiteres wichtiges Ziel ist
die Horizontalisierung des zuletzt instrumentierten Wirbelkörpers. Dies bedeutet, dass der caudal zuletzt
instrumentierte Wirbelkörper horizontal zum Sakrum stehen sollte.
Die dorsale Instrumentation hat den großen Vorteil, dass die postop. Behandlung in der Regel korsettfrei
durchführbar ist. Bei der ventralen Instrumentation ist, in Abhängigkeit von der Knochenqualität eine 2 bis 3monatige Ruhigstellung in einem Korsett postoperativ notwendig.
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Welche Erscheinungsformen gibt es und wie können sie operativ korrigiert werden?
Zunächst muss man zwischen Skoliosen im Brustwirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulenbereich (Thorakal- und
Lumbalskoliose) unterscheiden. Dann gibt es die Unterscheidung, ob eine einbogige oder eine doppelbogige
Skoliose vorliegt. Die doppelbogigen Skoliosen treten in der Regel im Brust- und Lendenwirbelbereich
gemeinsam auf. Die große einbogige Skoliose im Sinne eines großen C tritt bei der idiopathischen Skoliose
seltener, bei der neuromuskulären Skoliose dagegen gehäuft auf.
Thorakale Krümmungen
Unter thorakalen Skoliosen versteht man Skoliosen, die ihre Primärkrümmung im Bereich der Brustwirbelsäule
haben und die kompensatorische Gegenkrümmung lumbal liegt. Bei einer zusätzlichen hochthorakalen
Gegenkrümmung muss diese in die Instrumentation einbezogen werden, da ohne Einbeziehung dieser
hochthorakalen Gegenkrümmung eine Dysbalance trotz gut korrigierter Hauptkrümmung auftreten kann.
Die thorakalen Skoliosen zeigen als besonderes Merkmal eine Veränderung des sagittalen Profils dahingehend,
dass sie eine Tendenz zur Ausbildung einer Hypokyphose (Flachrücken) bis hin zur Lordose (Hohlrückenform)
der Brustwirbelsäule aufweisen. Diese sagittale Fehlstellung wird zum Beispiel von Dickson als Primärursache
für die Skoliose angesehen.
Thorakale Skoliosen können durch Operationsverfahren mit einem ventralen (vorderen), dorsalen (hinteren)
oder kombinierten Zugangsweg zur Wirbelsäule korrigiert werden.
Operationsverfahren über einen ventralen Zugangsweg
Die Mehrzahl der thorakalen Skoliosen vom Typ Lenke 1A, 1B, 1C und 3C kann häufig durch ein rein
ventrales Operationsverfahren mit sehr guten Ergebnissen dreidimensional korrigiert werden. Der Vorteil des
ventralen Verfahrens besteht darin, dass immer eine Verkürzung der vorderen Säule durch die Entfernung der
Bandscheiben erreicht wird, wodurch automatisch eine hypokyphotisch-lordotische Fehlstellung im sagittalen
Profil in eine Normalkyphose überführt werden kann.
Operationsverfahren über einen dorsalen Zugangsweg
Ein dorsaler Zugangsweg sollte dann in Betracht gezogen werden, wenn neben der thorakalen
Primärkrümmung eine zusätzliche rigide, hochthorakale Gegenkrümmung besteht. Wenn diese hochthorakale
Gegenkrümmung nicht in die Operation einbezogen wird, kann es zu einer Dekompensation kommen, da die
Spontankorrektur dieser hochthorakalen Gegenkrümmung unzureichend ist.
Ein Operationsverfahren nur über einen dorsalen Zugang wählt man, wenn:
· Eine gute Mobilität der Primärkrümmung vorliegt, was leicht im Bending-Test überprüft werden kann
· Keine ausgeprägte thorakale Hypokhose-Lordose vorliegt
Operationsverfahren über kombinierte ventrale und dorsale Zugangswege
Kombinierte Verfahren kommen immer dann zur Anwendung, wenn die Primärkrümmung eine sehr rigide
Kurve aufweist und das sagittale Profil der Wirbelsäule ungünstig ist. Beim Vorliegen einer rigiden Haupt- und
zusätzlichen hochthorakalen rigiden Nebenkrümmung kommt das kombinierte Operationsverfahren ebenfalls
zum Einsatz.
In diesen Fällen kann die Rigidität (Steifheit) der Wirbelsäule durch eine ventrale Release-Operation
(Lockerung) verbessert werden und in der gleichen oder einer 2. Operation von dorsal instrumentiert werden,
wodurch sehr gute dreidimensionale Korrekturen erzielt werden können. Das sagittale Profil der Wirbelsäule
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Idiopathische Skoliose · Skoliose · Deformitiäten
I 06
spielt eine große Rolle, ob man eine ventrale Release Operation mit oder ohne ventraler Instrumentation
durchführt. Bei einer ausgeprägten thorakalen Lordose ist immer ein ventrales Release notwendig, um eine
genügende Rekyphosierung der Brustwirbelsäule zu erreichen.
Bei sehr rigiden Skoliosen kann eine präoperative Extensionsbehandlung mittels einer Halo-Extension zur
Anwendung kommen. Hierbei wird durch ein spezielles angebrachtes System permanent Zug in Richtung der
Längsachse der Wirbelsäule ausgeübt, um bereits vor der Operation die eingesteifte Krümmung zu lockern.
Dieses zusätzliche Verfahren sollte bei sehr rigiden Skoliosen mit einem Krümmungswinkel über 70° nach Cobb
zum Einsatz kommen.
Bei massiv eingesteiften Skoliosen muss manchmal so vorgegangen werden, dass zunächst eine 2-wöchige
Halo-Extension durchgeführt wird, anschließend das ventrale Release erfolgt und erst nach einer erneuten
2-wöchigen Halo-Extensionsbehandlung die dorsale Instrumentation erfolgt. Durch dieses aufwändige
therapeutische Vorgehen lassen sich auch bei massiv rigiden Skoliosen sehr gute Korrekturergebnisse erzielen.
Thorakolumbale und lumbale Krümmungen
Diese Krümmungstypen können über einen ventralen Operationszugang ideal versorgt werden. Dwyer und
Zielke haben dieses Operationsverfahren in den 70er Jahren vorangetrieben. Nach der Einführung des
CD-Instrumentariums von Cotrel-Dubousset kam dieses Verfahren zunächst in Verruf, da zwar sehr gute
Korrekturergebnisse in der Frontalebene im Sinne der Wirbelsäulenaufrichtung erzielt wurden, häufig aber eine
unzureichende Korrektur, manchmal sogar eine Verschlechterung des sagittalen Wirbelsäulenprofils mit diesen
Verfahren verbunden war.
Die von Harms vorgeschlagenen Veränderungen in den ventralen Operationsverfahren, inbesonders die
Verwendung von strukturellen ventralen Abstützmaterialien (Cages), haben dazu geführt, dass die oben
beschriebenen Nachteile, die Ausbildung einer lumbalen Kyphose, völlig zu vermeiden sind.
Deshalb kann heute bei den meisten thorakolumbalen oder lumbalen Krümmungen die so genannte ventrale
lordosierend-derotierende Spondylodese mit guter ventraler Abstützung zwischen den Wirbelkörpern als
Therapie der Wahl angesehen werden.
Wenn sehr rigide thorakolumbale und lumbale Skoliosen mit einer ausgeprägten thorakolumbalen Kyphose
vorliegen, kann auch bei diesen Krümmungstypen ein kombiniertes operatives Vorgehen erforderlich werden.
Durch ein ventrales Release und einer dorsalen Instrumentation mit einem Doppelstabsystem
können auch bei diesen Befunden sehr gute Korrekturergebnisse erzielt werden, die häufig eine
Nachbehandlung ohne Korsett ermöglichen. Diese Technik kommt häufig bei älteren Patienten zur Anwendung.
Double Major Kurve
Bei diesem Krümmungstyp handelt es sich um doppelbogige Kurven, die meistens eine rechtskonvexe
thorakale und eine linkskonvexe lumbale Krümmung aufweisen. Das Problem dieses Typs ist darin zu sehen,
dass die Skoliose oft erst spät erkannt wird, da sich die beiden gegenläufigen Krümmungen gut kompensieren
und dadurch erst spät klinische Auffälligkeiten entstehen. Bei der Double Major Kurve ist das sagittale Profil
meistens nicht so ungünstig verändert wie bei den thorakalen oder lumbalen Skoliosen.
Früher war man bei der operativen Versorgung dieses Kurventyps eher zurückhaltend. Man hat mittlerweile
herausgefunden hat, dass ausgeprägte lumbale Krümmungen, die zwar in der Jugend kaum Probleme
verursachen, im weiteren Verlauf doch die Grundlage für das frühe Einsetzen von degenerativen
Veränderungen der fehlbelasteten Bandscheiben mit Schmerzen nach sich ziehen. Deshalb sollte auch beim
Vorliegen dieser Doppelkurven, gerade auch bei Doppelkurven mit einer Progressionstendenz, zu einem
operativen Vorgehen geraten werden.
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Idiopathische Skoliose · Skoliose · Deformitiäten
I 06
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Idiopathische Skoliose · Skoliose · Deformitiäten
Bei der Versorgung der Double Major Kurven können sowohl dorsale als auch ventrale Operationsverfahren
zum Einsatz kommen. In der Regel zeigen diese Doppelkurven eine gute Flexibilität, so dass sie sich für die
alleinige dorsale Instrumentation eignen. Mit der Verwendung von Pedikelschrauben kann das frontale und
sagittale Wirbelsäulenprofil sehr gut korrigiert werden.
Sollten die Bendingtests beim Vorliegen einer Double Major Kurve zeigen, dass eine der beiden Krümmungen
nur ungenügend aufgerichtet werden kann oder ein unzureichendes seitliches Profil besonders in der
Thorakalebene besteht, kann man auch eine ventrale Instrumentation über beide Kurven durchführen.
Mit dem ventralen Vorgehen ist es dann oft möglich, die Versteifungsstrecke nach unten zu verkürzen. Die
Möglichkeit der Einsparung eines zu versteifenden Segments kann schon ein Grund sein, bei diesen Befunden
das ventrale Vorgehen zu empfehlen, da jedes zusätzliche bewegliche Segment in der Lendenwirbelsäule für
die Gesamtfunktion der Wirbelsäule von großer Bedeutung sein kann.
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I 07 1
Was ist eine „Kongenitale Skoliose“?
Unter einer kongenitalen (angeborenen) Skoliose versteht man eine Wirbelsäulendeformität mit Seitverbiegung
und Verdrehung der Wirbelsäule, die durch angeborene Störungen in der embryonalen Wirbelentwicklung
die Ausbildung von einem oder mehreren fehlgebildeten Wirbeln verursacht. Die unvollständig ausgebildeten
Wirbel führen zu einem asymmetrischen Wachstum der Wirbelsäule. Fehlangelegte Wirbel können in jedem
Wirbelsäulenabschnitt auftreten.
Durch so genannte Formationsstörungen, Segmentationsstörungen oder kombinierte Formen von
Wirbelfehlanlagen wird das normale Wachstum der Wirbelsäule gestört und es kann dadurch in der weiteren
Entwicklung der Wirbelsäule zur Ausbildung einer Skoliose kommen.
Kongenitale Skoliosen treten selten auf, können aber wegen der Schwere der Wirbelsäulendeformität eine
frühzeitige Operation erforderlich machen.
Wie entstehen die Wirbel in der Embryonalentwicklung?
Die 4.-8. Schwangerschaftswoche wird Embryonalperiode genannt. In dieser Entwicklungsperiode werden die
Organe aus den drei Keimblättern angelegt (Organogenese).
Man unterscheidet drei Keimblätter:
Das äußere Keimblatt (Ektoderm), aus dem sich das Rückenmark, Nervensystem, Gehirn, Haut und Haare
bilden.
Das innere Keimblatt (Entoderm), aus dem sich der Verdauungstrakt, Leber, Bauchspeicheldrüse, Harnblase
und Harnröhre, Schilddrüse und Atemtrakt entwickeln.
Das mittlere oder 3. Keimblatt (Mesoderm) bildet die Wirbelsäule, die Rippen und die Muskulatur.
Durch Zellwanderung entlang der Mittellinie (paraaxial) des Mesoderms bilden sich die so genannten Somiten
(Urwirbel), wobei sich zunächst 42-44 paarig angelegte Somitenpaare neben der Chorda dorsalis und dem
Neuralrohr ausbilden. Die einzelnen Somiten bilden Segmentierungsfurchen aus, die bereits am Embryo
sichtbar sind.
Die Somiten differenzieren sich weiter, wobei aus der Somitenwand drei Entwicklungsanlagen entstehen:
Das Dermatom bildet die Haut und das Unterhautgewebe, aus dem Myotom entsteht die quergestreifte
Muskulatur von Armen, Beinen und Rumpf und aus dem Sklerotom entwickeln sich die Wirbelsäule und die
Rippen.
Die primäre Anlage der Urwirbel (Ursegmente) entspricht noch nicht der endgültigen Anlage der Wirbel. In der
weiteren Phase des Embryonalwachstums werden 10 Somiten nicht weiterentwickelt, es kommt zur Ausbildung
der 32-33 endgültigen Wirbel.
Zwischen der 7. und 10. Schwangerschaftswoche entstehen die Wirbel durch Teilung der Sklerotome in der
Mitte in einen vorderen und hinteren Abschnitt, wobei die Wirbel durch Vereinigung von zwei benachbarten
Halbsomiten (Ursegmenten) entstehen. Die Teilungsstelle entspricht dem späteren Zwischenwirbelspalt.
Die Bandscheiben entstehen aus der vorderen Somitenhälfte, die zellärmer ist. Diese Neugliederung der
Körperachse wird als Resegmentierung bezeichnet.
Treten in der Verschmelzung der Halbsomiten Störungen auf, kann es zur Ausbildung von fehlangelegten
Wirbelkörpern kommen, die sich dann als Formationsstörung oder Segmentationsstörung der
Wirbelkörperbildung zeigen.
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Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
I 07 1
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Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
• Drei angelegte Somitenpaare bei einem menschlicher Embryo cirka in der 3.-4. Schwangerschaftswoche
(von hinten bei geöffnetem Dottersack gesehen).
· Neuralrinne
· Somiten
· Eröffneter Dottersack
Welche Formen der angeborenen Wirbelfehlbildung gibt es?
Man unterscheidet Formationsstörungen, Segmentationsstörungen und kombinierte Formen der
Wirbelfehlanlage.
Formationsstörungen
Eine Formationsstörung liegt vor, wenn ein Wirbelkörper unvollständig angelegt ist.
Man unterscheidet:
· Vordere Formationsfehler (Keilwirbel)
• normal ausgebildete mittlere
Brustwirbelsäule, seitlich gesehen
• Keilwirbel (seitlich gesehen)
· Keilwinkel
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I 07 1
Ein Keilwirbel liegt vor, wenn ein Wirbelkörper einseitig dysplastisch (fehlangelegt) ist, die Pedikel
(Bogenwurzeln) aber noch erhalten sind.
· Laterale Formationsfehler (Halbwirbel)
• Wirbelsäulenabschnitt mit zwei Halbwirbeln, kompensiert
· Halbwirbel
Bei lateralen Formationsstörungen entstehen so genannte Halbwirbel, wenn eine Wirbelseite dysplastisch
angelegt ist. Man sieht verschiedene Formen von Halbwirbeln. Es können auf einer Wirbelseite die
Bogenwurzeln und Wirbelgelenke überhaupt nicht angelegt sein, es kann aber auch nur zu einer leichten
seitlichen Abschrägung der Wirbelkontur kommen.
Halbwirbel können als Einzelbefund oder gehäuft auftreten und, je nach Erscheinungsbild, zu einer Deformität
der Wirbelsäule im frontalen und sagittalen Wirbelsäulenprofil führen. Sind zwei Halbwirbel oberhalb und
unterhalb eines intakt angelegten Wirbels in umgekehrter Keilrichtung vorhanden, können die beiden Halbwirbel
die Tendenz der Wirbelsäule, sich zu verbiegen, eventuell kompensieren (siehe Bild).
· Mittlere Formationsfehler
· Schmetterlingswirbel
Liegt ein mittlerer Formationsfehler, also ein zentraler Wirbelkörperdefekt vor, kommt es zur Ausbildung eines
Schmetterlingswirbels. Die vorhandenen Wirbelanteile können Wachstumsfugen aufweisen, sie können aber
auch mit Wirbelkörpern des benachbarten Wirbelsegments verwachsen sein. Schmetterlingswirbel, die in ihrer
Höhe normal ausgebildet sind, müssen nicht zu einer Abweichung der Wirbelsäulenachse führen.
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Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
I 07 1
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Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
Welchen Verlauf können kongenitale Skoliosen haben?
Der Spontanverlauf kongenitaler Skoliosen ist variabel und hängt vom Ausmaß der Fehlbildung ab. Einige
Fehlbildungen wie der inkarzerierte oder balancierte Halbwirbel lassen eine günstige Prognose erwarten,
im Gegensatz zu rasch progredienten (fortschreitendenden) Formen wie Halbwirbel in Verbindung mit einer
kontralateralen Barbildung (Stabbildung auf der Gegenseite). Auch die Ausbildung von 2 unilateral gelegenen
Halbwirbeln führt in der Regel zu einer starken Verkrümmung und erfordert eine frühzeitige Intervention.
Ein vollständiger unilateraler Formationsdefekt lässt einen Halbwirbel entstehen, eine der häufigsten Ursachen
der kongenitalen Skoliose. Ein solcher Halbwirbel besitzt mit Ausnahme weniger inkarzerierter Formen
ein nahezu normales Wachstumspotential und bildet so eine keilförmige Deformität, die sich während des
Wachstums verstärkt. Mit zunehmendem Alter nehmen sowohl Ausmaß als auch Rigidität (Starrheit) der
Primärkrümmung zu. In den ursprünglich nicht betroffenen benachbarten Wirbelsäulenabschnitten bilden sich
sekundäre Gegenkrümmungen aus, die mit zunehmendem Alter zunehmend rigide werden und manchmal ein
größeres Problem als der eigentliche Keilwirbel darstellen.
Einfache Halbwirbel weisen nach McMaster und Ohtsuka eine Progredienz (Zunahme) der
Wirbelsäulenverkrümmung von 1-3,5° jährlich auf, am ungünstigsten ist der Verlauf bei Lage der Keilwirbel
im Bereich der unteren Brustwirbelsäule und am thorakolumbalen Übergang. Halbwirbel mit gleichzeitig
bestehender kontralateraler Barbildung zeigen eine Progredienz von 5-10° und mehr pro Jahr auf, was die
Dramatik dieser Fehlbildung doch sehr deutlich beleuchtet. Bei entsprechend ungünstiger Lage können
die kongenitalen Skoliosen auch mit einer zunehmenden Kyphosierung verbunden sein, was eine ganz
ungünstige Prognose hat. Insbesondere kann es bei dieser Fehlform auch zur Ausbildung einer Myelopathie
(Rückenmarkschädigung) mit zunehmenden neurologischen Störungen im Alter kommen.
Wie werden kongenitale Skoliosen behandelt?
Konservative Therapieversuche sind nicht Erfolg versprechend, das asymmetrische Wachstum kann durch
keine Korsettbehandlung beeinflusst werden, allenfalls ist eine Beeinflussung der sekundär sich ausbildenden
Gegenkrümmung möglich.
In Anbetracht des ungünstigen Spontanverlaufs besteht bei nachgewiesener oder zu erwartender Progredienz
die Indikation zur operativen Therapie.
Bisher beschriebene operative Verfahren sind:
· In situ Fusion · Konvexseitige Hemiepiphysiodesen
· Konvexseitige Hemiarthrodesen
· Wuchslenkende Operationsverfahren
· Instrumentation mit Zielke-Askani Growing-rod
· Vepter Instrumentation
Neben den genannten Operationsverfahren kommen Halbwirbelresektionen mit Fusionen (Entfernung der
Halbwirbel mit anschließender operativer Versteifung) des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts in Frage.
Die Resektion eines Halbwirbels wurde erstmals von ROYL im Jahre 1928 beschrieben. Die Methode konnte
sich jedoch lange nicht durchsetzen. Erst LEATHERMAN berichtet 1979 über gute Ergebnisse bei einer
größeren Anzahl von Halbwirbelresektionen über einen zweizeitigen vorderen und hinteren Eingriff. Die
Korrektur nach Resektion des Halbwirbels wurde durch Gips- oder Kunststoffkorsette über etwa 6 Monate
erreicht. Alternativ wurde die Lücke nach Resektion des Halbwirbels über eine Kompressionsinstrumentation
(Harrington) mit Haken geschlossen.
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I 07 1
Der Nachteil der kombinierten Keilwirbelresektion, wie sie von LEATHERMAN propagiert wurde, sind folgende:
· Notwendigkeit eines zweiten ventralen Eingriffes in einer zweiten Narkose
· Korrektur durch Korsett mit langfristiger Immobilisation - besonders im thorakalen Bereich schwer durchführbar
· Kompression durch Hakeninstrumentation erfordert stabile dorsale knöcherne Strukturen und kann deswegen
bei Kleinkindern nur bedingt durchgeführt werden
Um die Nachteile dieses Verfahrens zu umgehen, wurde von uns eine Technik der Keilwirbelresektion
entwickelt, die alleine vom dorsalen Zugang her durchgeführt wird. Sie wurde erstmals im Jahre 1991
angewandt und ist durch zwei grundsätzliche Merkmale charakterisiert:
· Komplette Resektion des Halbwirbels über einen rein dorsalen Zugang
· Korrektur und Stabilisation der Fehlbildung erfolgt durch eine kurzstreckige hemirigide transpedikuläre
Instrumentation
Operationstechnik:
Über einen dorsalen Zugang (Zugang von hinten) werden der Halbwirbel und die benachbarten Wirbel
einschließlich der Wirbelbogen der kleinen Wirbelgelenke dargestellt. Im Bereich der Brustwirbelsäule
müssen auch die Rippen-Wirbelgelenke präpariert werden. Der Eintrittspunkt der Pedikelschrauben
(Pedikel=Bogenwurzel) an den benachbarten Wirbeln wird zunächst mit Kanülen markiert, die Lage und
Richtung der Kanüle wird dann im Bildwandler kontrolliert (Abb. 1).
• Abb. 1
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Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
I 07 1
Nach Vorbohren und Einschneiden eines Gewindes werden die Pedikelschrauben eingebracht. Die
dorsalen Anteile des Halbwirbels werden reseziert (entfernt): Lamina, Gelenkfacetten, Querfortsatz, dorsale
Pedikelanteile. Der Duralsack und die Nervenwurzeln ober- und unterhalb des Pedikels des Halbwirbels werden
dargestellt (Abb. 2).
Abb. 2
Nach Resektion der Bogenwurzel erfolgt die Darstellung des seitlichen Anteils des Halbwirbels: im Bereich
der Lendenwirbelsäule muss dazu der Querfortsatz reseziert werden, im Bereich der Brustwirbelsäule muss
das überzählige Rippenköpfchen reseziert werden, um die Seitenwand des Wirbelkörpers gut darzustellen.
Die Präparation der Seitenwand und der Vorderwand des Wirbelkörpers erfolgt stumpf, sie kann subperiostal
oder extraperiostal (unterhalb oder außerhalb der Knochenhaut) erfolgen. Es ist wichtig, vorsichtig dann einen
stumpfen Spatel vorzuschieben, um die ventral vor dem Halbwirbel liegenden Gefäße zu schützen (Abb. 3).
Abb. 3
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Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
I 07 1
Unter Schutz von Duralsack (Rückenmarkhülle) und Nervenwurzeln werden dann die den Halbwirbel
begrenzenden Bandscheiben inzidiert und ausgeräumt, der Rest des Pedikels zusammen mit dem Halbwirbel
wird dann mobilisiert und entfernt (Abb. 4).
Abb. 4
Danach wird die auf der Konkavseite liegende Bandscheibe entfernt, die die beiden Wirbelkörper verbindet, die
sich nach cranial und caudal dem Halbwirbel anschließen. Die Deckplatten der benachbarten Wirbel werden
angefrischt (Abb. 5).
Abb. 5
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Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
I 07 1
Danach erfolgt das Einsetzen der Längsträger auf der Konvexseite und Ausübung von Kompression über die
Konvexität, wodurch sich die Lücke, die nach Resektion des Halbwirbels entstanden ist, vollständig schließt,
die angefrischten Endplatten der benachbarten Wirbelkörper nähern sich aneinander. Das Knochenmaterial
aus dem Halbwirbel wird zur raschen knöchernen Fusion angelagert. Auch auf der Konkavität erfolgt eine
entsprechende dynamische Stabilisierung (Abb. 6 und 7).
Abb. 6
Abb. 7
Bei gleichzeitig bestehender ausgeprägter Kyphosierung kann ein Titankorb als vordere Abstützung in das
Bandscheibenfach eingesetzt werden. Dieser wirkt dann als Hypomochleon (Dreh- oder Unterstützungspunkt)
für die dorsale Kompression, um eine segmentale Lordose zu erzielen. Gleichzeitig wird dadurch eine zu starke
Verkürzung des Rückenmarkes verhindert.
Bei einfachen Halbwirbeln ohne weitere Fehlbildungen genügt es im Allgemeinen, nur die beiden direkt an den
Halbwirbel angrenzenden Wirbel zu fusionieren. Bei stärkeren strukturellen Veränderungen der Nachbarwirbel
oder höhergradiger Kyphose können weitere Segmente temporär in die Instrumentation einbezogen werden.
Bei kontralateraler Barbildung und Rippensynostosen wird der Bar durchtrennt und die konkavseitigen
Rippenköpfchen reseziert. Die Instrumentation muss über die gesamte Länge des Bars durchgeführt werden.
Nachbehandlung:
In der Regel ist das Aufstehen nach dem ersten postoperativen Tag möglich. Je nach Stabilität der
Instrumentation und Länge der Fusion wird ein Korsett (2-Schalen-Orthese oder ein Stagnara-Korsett) für ca. 12
Wochen angepasst.
Beurteilung der Ergebnisse
Korrektur der Hauptkrümmung:
Der segmentale Winkel der Hauptkrümmung betrug präoperativ durchschnittlich 37,6° (16-66°). Diese korrigierte
sich postoperativ auf 8,7° (-1° bis 29°) und betrug 6,2° (-5° bis 30°) bei der letzten Nachuntersuchung. Dies
bedeutet eine durchschnittliche Korrektur von 31,4° oder 84 % (Abb. 8).
Der Gesamtwinkel der Hauptkrümmung betrug präoperativ durchschnittlich 45,9° (16° bis 109°), er korrigierte
sich postoperativ auf 11,9° (-1° bis 45°) und 9,9° (-5° bis 55°) bei der letzten Nachuntersuchung. Dies bedeutet
eine durchschnittliche Korrektur von 36° oder 78 %.
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Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
I 07 1
Korrektur der Sekundärkrümmung:
Auch die Korrektur der Sekundärkrümmung ist sehr zufriedenstellend. Für die nach kranial sich anschließende
Gegenkrümmung konnte in der Regel eine Spontankorrektur von 80° und für die nach kaudal sich
anschließende Sekundärkrümmung eine Spontankorrektur von 75° erreicht werden.
Korrektur in der Sagittalebene:
Auch das sagittale Profil konnte in der Regel erhalten oder normalisiert werden.
Komplikationen:
In keinem Fall kam es zu neurologischen Komplikationen. Möglich ist ein Implantatbruch, da es sich um eine
dynamische Instrumentation in einem gesamten dynamischen System handelt. Bei wenigen Patienten kam es
im Laufe des weiteren Wachstums zu einer erneuten Skoliose, die einer erneuten operativen Korrektur bedurfte.
Zusammenfassung:
Es handelte sich hier insgesamt um doch sehr erfreuliche Ergebnisse, wobei auch die Anzahl der
Nachoperationen als voll akzeptabel anzusehen ist. Denn es muss bedacht werden, dass es sich bei diesen
Patienten um sehr junge Patienten handelt. Das Durchschnittsalter in unserem Patientengut lag bei 3,5 Jahren
(15 Monate bis 6 Jahre).
Somit ist klar definiert, dass die Wirbelsäule zum Zeitpunkt der Operation ein großes Wachstumspotential
besitzt. Die Auswirkungen auf die Fusion innerhalb des wachsenden Skeletts können nie sicher vorausgesagt
werden. Insgesamt waren wir jedoch erstaunt, wie relativ gering der Einfluss des Wachstums auf das fusionierte
Segment gewesen ist.
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Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
I 07 2
Was ist eine „Kongenitale Skoliose“?
Unter einer kongenitalen (angeborenen) Skoliose versteht man eine Wirbelsäulendeformität mit Seitverbiegung
und Verdrehung der Wirbelsäule, die durch angeborene Störungen in der embryonalen Wirbelentwicklung
die Ausbildung von einem oder mehreren fehlgebildeten Wirbeln verursacht. Die unvollständig ausgebildeten
Wirbel führen zu einem asymmetrischen Wachstum der Wirbelsäule. Fehlangelegte Wirbel können in jedem
Wirbelsäulenabschnitt auftreten.
Durch so genannte Segmentationsstörungen, Formationsstörungen oder kombinierte Formen von
Wirbelfehlanlagen wird das normale Wachstum der Wirbelsäule gestört und es kann dadurch in der weiteren
Entwicklung der Wirbelsäule zur Ausbildung einer Skoliose kommen. Kongenitale Skoliosen treten selten auf,
können aber wegen der Schwere der Wirbelsäulendeformität eine frühzeitige Operation erforderlich machen.
Wie entstehen die Wirbel in der Embryonalentwicklung?
Die 4.-8. Schwangerschaftswoche wird Embryonalperiode genannt. In dieser Entwicklungsperiode werden die
Organe aus den drei Keimblättern angelegt (Organogenese).
Man unterscheidet drei Keimblätter:
Das äußere Keimblatt (Ektoderm), aus dem sich das Rückenmark, Nervensystem, Gehirn, Haut und Haare
bilden.
Das innere Keimblatt (Entoderm), aus dem sich der Verdauungstrakt, Leber, Bauchspeicheldrüse, Harnblase
und Harnröhre, Schilddrüse und Atemtrakt entwickeln.
Das mittlere oder 3. Keimblatt (Mesoderm) bildet die Wirbelsäule, die Rippen und die Muskulatur.
Durch Zellwanderung entlang der Mittellinie (paraaxial) des Mesoderms bilden sich die so genannten Somiten
(Urwirbel), wobei sich zunächst 42-44 paarig angelegte Somitenpaare neben der Chorda dorsalis und dem
Neuralrohr ausbilden. Die einzelnen Somiten bilden Segmentierungsfurchen aus, die bereits am Embryo
sichtbar sind.
Die Somiten differenzieren sich weiter, wobei aus der Somitenwand drei Entwicklungsanlagen entstehen:
Das Dermatom bildet die Haut und das Unterhautgewebe,
aus dem Myotom entsteht die quergestreifte Muskulatur von Armen, Beinen und Rumpf und
aus dem Sklerotom entwickeln sich die Wirbelsäule und die Rippen.
Die primäre Anlage der Urwirbel (Ursegmente) entspricht noch nicht der endgültigen Anlage der Wirbel. In der
weiteren Phase des Embryonalwachstums werden 10 Somiten nicht weiterentwickelt, es kommt zur Ausbildung
der 32-33 endgültigen Wirbel.
Zwischen der 7. und 10. Schwangerschaftswoche entstehen die Wirbel durch Teilung der Sklerotome in der
Mitte in einen vorderen und hinteren Abschnitt, wobei die Wirbel durch Vereinigung von zwei benachbarten
Halbsomiten (Ursegmenten) entstehen. Die Teilungsstelle entspricht dem späteren Zwischenwirbelspalt. Die
Bandscheiben entstehen aus der vorderen Somitenhälfte, die zellärmer ist.
Diese Neugliederung der Körperachse wird als Resegmentierung bezeichnet. Treten in der Verschmelzung der
Halbsomiten Störungen auf, kann es zur Ausbildung von fehlangelegten Wirbelkörpern kommen, die sich dann
als Formationsstörung oder Segmentationsstörung der Wirbelkörperbildung zeigen.
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Kongenitale Skoliose mit Segmentationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
I 07 2
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Kongenitale Skoliose mit Segmentationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
• Drei angelegte Somitenpaare bei einem menschlicher Embryo cirka in der 3.-4. Schwangerschaftswoche
(von hinten bei geöffnetem Dottersack gesehen).
· Neuralrinne
· Somiten
· Eröffneter Dottersack
Welche Formen der angeborenen Wirbelfehlbildung gibt es?
Man unterscheidet Segmentationsstörungen, Formationsstörungen und kombinierte Formen der
Wirbelfehlanlage.
Segmentationsstörungen
Eine Segmentationsstörung liegt vor, wenn der Bandscheibenzwischenraum nicht vollständig oder überhaupt
nicht angelegt ist und die Wachstumsfuge des Wirbels fehlt.
Fehlt der gesamte Bandscheibenzwischenraum, handelt es sich bei dieser Fehlanlage um einen Blockwirbel.
Ist der Wirbel nur in bestimmten Arealen nicht segmentiert, führt das zu einer Spangen- oder Stabbildung
(Barbildung), die dorsal (hinten), lateral (seitlich) oder posterolateral (hinten, seitlich) liegen kann.
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Kongenitale Skoliose mit Segmentationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
• Normal ausgebildetes Wirbelsegment
· Wirbelkörper
· Dornfortsatz
· Wirbelgelenk
· Bandscheibe
· Spinalnerv
· Rückenmark
Man kann folgende Segmentationsstörungen unterscheiden:
· Dorsale (hintere) Segmentationsstörung
• Hintere Segmentationsstörung, Wirbelsäule seitlich gesehen
· Zusammengewachsene hintere Wirbelanteile
Bei der hinteren Segmentationsstörung sind Wirbelbögen und Wirbelgelenke nicht getrennt angelegt, wodurch
es im hinteren Anteil der Wirbel zu einem Zusammenwachsen mehrerer Wirbel kommen kann. Durch ein
stärkeres Wachstum der vorderen Anteile der Wirbel kann es zu einer vermehrten Lordoseausbildung
(Hohlkreuz) kommen.
· Ventrale (vordere) Segmentationsstörung
• Ventrale Segmentationsstörung, Wirbelsäule seitlich gesehen
· Zusammengewachsene vordere Wirbelanteile
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I 07 2
Bei der ventralen (vorderen Segmentationsstörung) sind die Wirbelkörper mehrerer Wirbel ohne Anlage der
Bandscheiben zusammengewachsen. Durch ein vermehrtes Wachstum der hinteren Wirbelanteile kommt es zur
Ausbildung einer Kyphose (Buckelbildung).
· Laterale (seitliche) Segmentationsstörung
• Seitliche Segmentationsstörung Wirbelsäule von vorn gesehen
· Seitliche, einseitige Stabblidung (unilaterale Barbildung)
Die laterale Segmentationsstörung wird durch eine Fehlanlage der Bogenwurzeln hervorgerufen. Dadurch
kommt es zu einer seitlichen Verwachsung mehrerer Wirbel mit Ausbildung eines seitlichen Knochenstabs.
Durch verstärktes Wachstum der nicht zusammengewachsenen Gegenseite kommt es zur Ausbildung einer
Skoliose.
· Blockwirbelbildung
· Blockwirbel
Die völlige Segmentationsstörung von zwei Wirbeln führt zu einer Blockwirbelbildung, die allenfalls eine
Höhenminderung, aber keine Fehlstellung der Wirbelsäule verursacht.
Kombinierte Anlagestörungen
Segmentationsstörungen und Formationsstörungen können mit verschiedenen fehl angelegten Wirbeln oder
zusammengewachsenen Rippenansätzen (Rippensynostosen) kombiniert auftreten. Die kongenitale Skoliose
tritt häufig mit angeborenen Fehlanlagen von anderen Organsystemen auf. (Herz, Magen-Darmtrakt, Niere,
ableitende Harnwege), weshalb bei Vorliegen einer Fehlanlage von Wirbeln auch das Vorhandensein anderer
Organfehlbildungen abgeklärt werden sollte.
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Kongenitale Skoliose mit Segmentationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
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Kongenitale Skoliose mit Segmentationsstörung · Skoliose · Deformitiäten
Welchen Verlauf können kongenitale Skoliosen haben?
Der Spontanverlauf kongenitaler Skoliosen ist variabel und hängt vom Ausmaß der Fehlbildung ab. Einige
Fehlbildungen wie der inkarzerierte oder balancierte Halbwirbel lassen eine günstige Prognose erwarten,
im Gegensatz zu rasch progredienten (fortschreitendenden) Formen wie Halbwirbel in Verbindung mit einer
kontralateralen Barbildung (Stabbildung auf der Gegenseite). Auch die Ausbildung von 2 unilateral gelegenen
Halbwirbeln führt in der Regel zu einer starken Verkrümmung und erfordert eine frühzeitige Intervention.
Ein vollständiger unilateraler Formationsdefekt lässt einen Halbwirbel entstehen, eine der häufigsten Ursachen
der kongenitalen Skoliose. Ein solcher Halbwirbel besitzt mit Ausnahme weniger inkarzerierter Formen
ein nahezu normales Wachstumspotential und bildet so eine keilförmige Deformität, die sich während des
Wachstums verstärkt. Mit zunehmendem Alter nehmen sowohl Ausmaß als auch Rigidität (Starrheit) der
Primärkrümmung zu. In den ursprünglich nicht betroffenen benachbarten Wirbelsäulenabschnitten bilden sich
sekundäre Gegenkrümmungen aus, die mit zunehmendem Alter zunehmend rigide werden und manchmal ein
größeres Problem als der eigentliche Keilwirbel darstellen.
Einfache Halbwirbel weisen nach McMaster und Ohtsuka eine Progredienz (Zunahme) der
Wirbelsäulenverkrümmung von 1-3, 5° jährlich auf, am ungünstigsten ist der Verlauf bei Lage der Keilwirbel
im Bereich der unteren Brustwirbelsäule und am thorakolumbalen Übergang. Halbwirbel mit gleichzeitig
bestehender kontralateraler Barbildung zeigen eine Progredienz von 5-10° und mehr pro Jahr auf, was die
Dramatik dieser Fehlbildung doch sehr deutlich beleuchtet. Bei entsprechend ungünstiger Lage können
die kongenitalen Skoliosen auch mit einer zunehmenden Kyphosierung verbunden sein, was eine ganz
ungünstige Prognose hat. Insbesondere kann es bei dieser Fehlform auch zur Ausbildung einer Myelopathie
(Rückenmarkschädigung) mit zunehmenden neurologischen Störungen im Alter kommen.
Wie werden kongenitale Skoliosen behandelt?
Konservative Therapieversuche sind nicht Erfolg versprechend, das asymmetrische Wachstum kann durch
keine Korsettbehandlung beeinflusst werden, allenfalls ist eine Beeinflussung der sekundär sich ausbildenden
Gegenkrümmung möglich.
In Anbetracht des ungünstigen Spontanverlaufs besteht bei nachgewiesener oder zu erwartender Progredienz
die Indikation zur operativen Therapie.
Bisher beschriebene operative Verfahren sind:
· In situ Fusion
· Konvexseitige Hemiepiphysiodesen
· Konvexseitige Hemiarthrodesen
· Wuchslenkende Operationsverfahren
· Instrumentation mit Zielke-Askani Growing-rod
· Vepter Instrumentation
Neben den genannten Operationsverfahren kommen Halbwirbelresektionen mit Fusionen (Entfernung der
Halbwirbel mit anschließender operativer Versteifung) des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts in Frage.
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I 08 1
Was sind „Neuromuskuläre Erkrankungen?
Man beschreibt damit Krankheitsbilder, die primär durch neurologische oder muskuläre Erkrankungen
entstehen und durch eine Vielzahl von Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung bestimmt sind (zum
Beispiel Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats, geistiger Behinderung oder Schädigung der
Sinneswahrnehmung).
Viele dieser Erkrankungen beginnen bereits im Kindesalter und können, neben der Vielzahl der
vorherrschenden Einzelsymptome, durch die neuromuskuläre Störung des Haltungsapparats im Verlauf der
Erkrankung auch zur Ausbildung einer Skoliose führen.
Was ist eine Meningomyelocele?
Es handelt sich um eine angeborene Erkrankung, die durch einen Defekt in der embryonalen Ausbildung des
Neuralrohrs zu einer so genannten Hemmungsfehlbildung des Zentralnervensystems führt, wobei Anteile der
Rückenmarkshäute (Meningen) und des Rückenmarks (Myelon) durch die nicht geschlossenen Wirbelbögen
austreten und ungeschützt offen liegen können.
In Deutschland werden cirka 500 Kinder pro Jahr mit einem Neuralrohrdefekt geboren.
Wie entsteht eine Meningomyelocele?
Während der Embryonalentwicklung formt sich zwischen dem 20. und 28. Schwangerschaftstag aus der
Neuralplatte das Neuralrohr, aus dem sich das Gehirn, Rückenmark, Wirbelsäule und der Schädel bilden.
Diesen Vorgang der Organbildung kann man sich so vorstellen, als würde man ein Blatt Papier (hier die
Neuralplatte) biegen, bis sich die Blattränder berühren und verschmelzen, wodurch eine Röhre (hier das
Neuralrohr) entstehen würde. Bei einem Neuralrohrdefekt kommt es nur zu einem unvollständigen Verschließen
des Neuralrohrs, wodurch Schäden in der weiteren Entwicklung und Ausbildung von Gehirn, Rückenmark und
Wirbelsäule verursacht werden.
• Lendenwirbel von oben gesehen
· Dornfortsatz
· Wirbelbögen
· Querfortsatz
· Rückenmark
· Spinalnerv
· Wirbelkörper mit Bandscheibe
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Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten
I 08 1
• Offener Wirbelbogen, durch den Anteile der Rückenmarkshäute oder des Rückenmarks ungeschützt zum
Rücken hin austreten können.
· Offener Wirbelbogen
Durch den unvollständigen Schluss des Neuralrohrs werden auch die Wirbel inkomplett ausgebildet, die so
genannten Wirbelbögen bleiben offen. Durch diese offenen Stellen können Anteile der Rückenmarkshäute oder
des Rückenmarks nach hinten (rückenwärts) austreten. Die Wirbelsäule mit ungeschlossenen Wirbelbögen
wird spina bifida („gespaltene Wirbelsäule“) genannt. Liegen Rückenmark und Rückenmarkshäute ungeschützt
offen, spricht man von einer spina bifida aperta, liegt die Wirbelsäulen- und Rückenmarks-fehlbildung nicht
sichtbar unter der schützenden Haut („versteckt“), nennt man dies eine
spina bifida occulta.
Treten durch diesen Spalt nur die Rückenmarkshüllen („Meningen“) aus und bilden einen rückenwärts
vorgewölbten, mit Liquor („Hirnwasser“) gefüllten Sack, so spricht man von einer Meningocele.
Wenn sich Rückenmarkshäute und Rückenmark (Myelon) zusammen durch die offenen Wirbelbögen nach
hinten vorwölben, spricht man von einer Meningomyelocele.
Durch die Ausstülpung der Rückenmarkshäute und des Rückenmarks kommt es zu einer gestörten Zirkulation
des Liquors mit Rückstau des Hirnwassers in die Hirnwasserkammern (Hirnventrikel), wodurch es zur
Ausbildung eines Hydozephalus (Wasserkopf) kommt. Wenn sich das Neuralrohr in dem Bereich, aus dem
sich das Gehirn entwickeln soll, nicht schließt, kommt es zur Anenzephalie, das heißt, das Gehirn wird nicht
ausgebildet.
Je nach Lokalisation und Ausmaß des Defekts kommt es zur Ausbildung von unterschiedlich stark ausgeprägten
Lähmungen von Armen, Beinen, Darm und Harnblase. Die Anenzephalie ist nicht mit dem Leben vereinbar.
Welche Ursachen gibt es für die Entstehung einer Meningomyelocele?
Die Ursachen der Entstehung der Neuralrohrdefekte (spina bifida, Meningocele, Meningomyelocele und
Anenzephalie) sind bislang nicht geklärt. Als Ursachen werden folgende Faktoren diskutiert:
· Genetische Faktoren
· Folsäurestoffwechsel
Folsäure ist ein wasserlösliches Vitamin aus dem B-Komplex (Vitamin B9) und ist in der Embryonalentwicklung
ein wichtiger Baustein für die Ausbildung von Gehirn, Rückenmark und Wirbelsäule. Es wurde lange
angenommen, dass ein Mangel an Folsäure für die Ausbildung von Neuralrohrdefekten verantwortlich sei.
Neuere Studien haben gezeigt, dass viele Neuralrohrdefekte auch bei normalen Folsäurespiegeln im Blut
aufgetreten sind, so dass es sich eher nicht um einen Folsäure-Vitaminmangel handelt. Man vermutet
eine Störung des Folatstoffwechsels oder die Bildung von Autoantikörpern gegen die Folsäurerezeptoren,
wodurch der Einbau von Folsäure in die Zellen verhindert wird. Die beiden möglichen Ursachen können bei
bestehendem Kinderwunsch durch eine zusätzliche Zufuhr von Folsäure so kompensiert werden, dass die
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Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten
I 08 1
Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Neuralrohrdefekts verringert wird. Da sich Defekte des Neuralrohrs
bereits in den ersten Schwangerschaftswochen ausbilden, ist die frühzeitige Folsäuresubstitution, zum Beispiel
bereits nach Absetzen der Pille bei geplanter Schwangerschaft sinnvoll.
Wie werden Neuralrohrdefekte festgestellt?
Neuralrohrdefekte können bereits ab der 10. Schwangerschaftswoche im Ultraschall nachgewiesen werden.
Zwischen der 16. und 18. Schwangerschaftswoche wird der Alpha-1-Fetoprotein (AFP) Test im mütterlichen Blut
oder im Fruchtwasser durchgeführt. Das AFP ist ein Eiweißstoff, der vom Foetus gebildet wird. Eine Erhöhung
des AFP ist ein Hinweis auf einen vorliegenden Neuralrohrdefekt.
Welche Symptome findet man bei der Meningomyelocele oder spina bifida?
· Gehäuftes Auftreten in Höhe der Lendenwirbelsäule oder des Kreuzbeins
· Unterschiedlich stark ausgeprägte, komplette oder inkomplette Lähmungen und Empfindungsstörungen
in Abhängigkeit von der Lokalisation des Befunds und dem Ausmaß der Rückenmarkschädigung. Durch die
Lähmungen entsteht eine Dysbalance der Skelettmuskulatur, die Muskelverkürzungen (Kontrakturen) und
Fehlstellungen im Bereich der Hüft-, Knie- und Fußgelenke nach sich ziehen.
Die Meningomyelocele ist sehr häufig mit angeborenen (kongenitalen) Fehlbildungen vergesellschaftet, was
stark zur Progredienz (Zunahme) der Wirbelsäulen-Fehlstellung beiträgt.
· Störung der Entleerungsfunktion von Harnblase und Mastdarm mit häufigen Harnwegsinfekten
· Störung der Sexualfunktion
· Bei Kindern mit spina bifida kann als zusätzliche Fehlbildung das Arnold Chiari Syndrom auftreten, bei dem
es sich um eine komplexe Fehlbildung in der hinteren Schädelgrube und am Übergang vom Gehirn zum
Rückenmark handelt, die meist von Meningomyelozelen im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Ausbildung
eines Hydrozephalus begleitet ist.
· Hydrozephalus (Wasserkopf)
Der Liquor (Hirnwasser) wird in den 4 Hirnkammern (Ventrikel), die im Inneren des Gehirns liegen,
gebildet und dient dem Schutz von Gehirn und Rückenmark im Sinne einer Polsterung. Das Gehirn und
das Rückenmark sind von den weichen Häuten, der pia mater und der arachnoidea, sowie von der harten
Haut, der dura mater umgeben. Zwischen den beiden weichen Hirn- und Rückenmarkshäuten befindet
sich ein Raum, der so genannte Subarachnoidalraum. Der in den Hirnventrikeln gebildete Liquor fließt über
den Subarachnoidalraum zum Rückenmarkkanal ab, wo er das Rückenmark umspült. Kommt es zu einer
Abflussbehinderung des Liquors, zum Beispiel durch eine Meningomyelocele, kann der Rückstau des Liquors
die Hirnventrikel aufdehnen, wodurch Druck auf das umliegende Hirngewebe und somit eine Schädigung des
Nervengewebes verursacht werden kann. Bei Säuglingen und Kleinkindern, bei denen der Schädel noch nicht
knöchern verschlossen ist (offene Fontanellen), fällt der Hydrozephalus durch eine Umfangszunahme des
Kopfes und eine Vorwölbung im Bereich der Fontanellen auf.
Neben der spina bifida können auch Tumore, Entzündungen oder Blutungen im Gehirn oder Rückenmark
zu einem Hydrozephalus führen. Bei einem angeborenen Hydrozephalus muss direkt nach der Geburt
operativ dafür gesorgt werden, dass der erhöhte Hirndruck gesenkt und damit weitere Schäden am Gehirn
vermieden werden. Zu diesem Zweck wird ein Ventilschlauchsystem in die Hirnventrikel eingelegt, das
den überschüssigen Liquor über einen Schlauch unter der Haut zum Bauchraum führt, wo der Liquor dann
resorbiert werden kann. Dieses Ventilschlauchsystem wird ventrikuloperitonealer Shunt genannt.
· Entwicklung eines zerebralen Krampfleidens (Epilepsie)
· Tethered cord, „das gefesselte Rückenmark“
Nahezu alle Patienten mit einer Meningomyelozele zeigen in der Kernspintomographie eine Verwachsung des
Rückenmarks mit der Umgebung und cirka 40 % der Kinder zeigen im Laufe der weiteren Entwicklung eine
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Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten
I 08 1
neurologische Verschlechterung, die durch Zug auf das Rückenmark durch das Längenwachstum verursacht
wird.
· Dekubitalgeschwüre am Rücken durch eine zunehmende Gibbusbildung (Buckel) und im Bereich des
Trochanter major der Oberschenkelknochen.
· Orthopädische Symptome.
· Die Entwicklung einer Skoliose ist vom Ausmaß der Wirbelbogendefekte und der Höhe der Lähmung
abhängig. Sie bildet sich meist thorakolumbal (Übergang Brustwirbelsäule-Lendenwirbelsäule), lumbal
(Lendenwirbelsäulenbereich) oder lumbosakral (Übergang Lendenwirbelsäule-Kreuzbeinregion) mit einer
kompensatorischen Gegenkrümmung oberhalb der Lähmung. Bei Fortschreiten der skoliotischen und
kyphotischen Verkrümmung der Wirbelsäule kann eine bereits erlernte Sitz- oder Gehfähigkeit wieder
verloren gehen, zusätzlich können Störungen der Atmungsfunktion mit häufigen Lungeninfekten durch
zunehmenden Druck des deformierten Brustkorbs auf die Lunge auftreten.
· Gibbusbildung (Buckel) durch eine zunehmende kyphotische Deformierung der Wirbelsäule mit Gefahr der
Druckgeschwürbildung (Dekubitus)
· Durch die Lähmung der Skelettmuskulatur kommt es zu Fehlstellungen und Kontrakturen im Bereich von
Hüft-, Knie- und Fußgelenken.
· Kalksalzminderung der Knochen durch Inaktivität (Osteoporose) mit erhöhter Knochenbruchgefährdung
Wie wird die Spina bifida/Meningomyelozele behandelt?
Das wichtigste Ziel der Behandlung von Kindern mit einer spina bifida besteht darin, den betroffenen Kindern
im Rahmen ihres individuell bestehenden Ausgangsbefunds durch Einsatz optimaler Therapiekonzepte
ein Maximalmaß an Bewegungsfähigkeit und Eigenständigkeit zu ermöglichen. Diese komplexe
Erkrankung erfordert deshalb die Zusammenarbeit eines Teams von Spezialisten (Kinderchirurgen,
Neurochirurgen, Kinderärzte, Neurologen, Urologen, Physiotherapeuten, Logo- und Ergotherapeuten und
Orthopädiemechaniker)
· Verschluss des „offenen Rückens“
Kinder, die mit einer spina bifida geboren werden, müssen direkt nach der Geburt operiert werden. Der
„offene Rücken“ muss nach Möglichkeit in den ersten 24-48 Stunden nach der Geburt verschlossen werden,
da ansonsten eine große Infektionsgefahr des Rückenmarks und der Rückenmarkshäute besteht. Bei
dieser Operation werden die in der Meningomyelocele vorgelagerten Anteile des Rückenmarks und der
Rückenmarkshäute schonend in den Rückenmarkkanal zurückverlagert, der Defekt wird durch Muskulatur,
die Muskelhülle und die Haut abgedeckt. Bei großen Defekten kann eine plastische Deckung des betroffenen
Areals erforderlich werden. Bereits seit einigen Jahren besteht die Möglichkeit, den offenen Rücken im Rahmen
der Fetalchirurgie, das heißt einer Operation des noch ungeborenen Kindes in der Gebärmutter, zwischen
der 18. und 25. Schwangerschaftswoche zu verschließen. Die Operation kann in einem offenen Verfahren
mit Öffnung der Bauchdecke und der Gebärmutter wie bei einem Kaiserschnitt oder minimal-invasiv in der
geschlossenen Gebärmutter durchgeführt werden.
· Behandlung des Hydrozephalus
Bei zusätzlich bestehendem Hydrozephalus ist es erforderlich, einen Shunt zu legen, damit die
Zirkulationsstörung des Liquors mit erhöhtem Hirndruck ausgeglichen wird. Dieser Shunt ist ein
Ventilschlauchsystem, das aus einer „Schlauchverbindung“ zwischen den Hirnkammern und der Bauchhöhle
besteht. Über ein Bohrloch wird der Schlauch in einen Hirnventrikel eingebracht und unter der Haut in der
Regel zur Bauchhöhle geführt (ventrikulo-peritonealer Shunt). Steigt der Hirndruck, wird der Überschuss an
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Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten
I 08 1
Hirnwasser über dieses Schlauchsystem in die Bauchhöhle abgeleitet, wo es resorbiert („aufgenommen“) wird.
Die Shuntanlage reguliert den Hirndruck, wodurch weitere Schädigungen des kindlichen Gehirns vermieden
werden. In einigen Fällen ist die Ableitung des Hirnwassers in die Bauchhöhle nicht möglich, man hat dann die
Möglichkeit, eine Ableitung über das Ventilschlauchsystem zum Herzvorhof zu legen (ventrikulo-atrialer Shunt).
· Therapie der Skoliose und der Gibbusbildung
Bei Zunahme der Wirbelsäulenverkrümmung sollte bei Kindern mit neuromuskulären Erkrankungen, wie zum
Beispiel der spina bifida, eine frühzeitige Korrekturoperation bereits vor Abschluss des Wachstums angestrebt
werden, um die Sitzfähigkeit zu erhalten, weitere Folgeschäden an der Wirbelsäule und eine zunehmende
Verschlechterung der Herz-Kreislauf- und Atemfunktion zu vermeiden.
· Behandlung des „tethered cord Syndroms“
Bei zunehmender neurologischer Symptomatik durch Zug auf das durch Verwachsungen fixierte Rückenmark
kann eine schonende Lösung des Rückenmarks in den Verwachsungsbereichen erforderlich werden
(Neurolyse).
· Behandlung von Kontrakturen und Fehlstellungen
Im Verlauf der Erkrankungen entstehen häufig Verkürzungen der Sehnen und der Muskulatur( Kontrakturen),
die zu starken Funktionseinbußen führen können. In diesen Fällen werden operative Sehnenverlängerungen
oder Sehnendurchtrennungen (Tenotomien) durchgeführt, um eine Verbesserung der Beweglichkeit zu erzielen.
In seltenen Fällen können korrigierende Eingriffe an der Hüfte oder Umstellungsoperationen am Unterschenkel
oder bei Fußdeformitäten erforderlich werden.
· Behandlung der Harnblasenlähmung
Durch die bestehende Lähmung zeigen sich häufige Harnwegsinfekte, weshalb das Erlernen einer speziellen
Blasenentleerungstechnik oder der Selbstkatheterung angestrebt werden sollte.
· Physiotherapie
Die Verbesserung und Erhaltung der motorischen Funktionen und damit die Erlangung einer maximal möglichen
Eigenständigkeit der betroffenen Kinder setzt voraus, dass die breite Palette von Übungsbehandlungen genutzt
wird.
Klassische Physiotherapie, neurophysiologisch orientierte Behandlungsmethoden wie Bobath oder Vojta,
Manualtechniken und Craniosacraltherapie oder myofasziale Entspannungstechniken sollten gezielt eingesetzt
werden.
· Orthopädietechnik
Die Unterstützung durch die Orthopädietechnik kann wertvolle Erleichterungen und Verbesserungen im
Alltag bringen. Um Muskelverkürzungen oder Fehlstellungen zu vermeiden, kann die Anpassung von
Lagerungsschienen, die hauptsächlich nachts getragen werden, erforderlich werden. Wirbelsäulen stützende
Korsetts, Funktionsorthesen oder Geh- und Stehhilfen wie Swifel-Walker oder Parawalker können die
Eigenständigkeit verbessern.
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Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten
I 08 1
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Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten
Welche weiteren neuromuskulären Erkrankungen gibt es?
Die bekanntesten neuromuskulären Erkrankungen sind:
· Infantile Cerebralparese
· spinale Muskelatrophie
· Duchenne Muskeldystrophie
Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine fortschreitende Muskelerkrankung, beginnend im 1.-2.
Lebensjahr mit einer Schwäche der Beckenmuskulatur, die sich über die Schultergürtelmuskulatur zu einer
generalisierten Muskelschwäche ausdehnt. Da es sich um einen X-chromosomalen Erbgang handelt, sind nur
Knaben betroffen. Die Lebenserwartung liegt bei etwa 20 Jahren. Durch Befall der Herzmuskulatur oder der
Atemmuskulatur sterben die Betroffenen im Rahmen einer Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) oder durch
eine Ateminsuffizienz mit wiederholten schweren Lungenentzündungen.
· Syringomyelie, Syringobulbie
Die Syringomyelie ist eine Erkrankung des Rückenmarks, die hauptsächlich die Hals- und Brustwirbelsäule,
die Syringobulbie das verlängerte Rückenmark (medulla oblongata) befällt. Im Rückenmark bilden sich Höhlen
(Syringen) aus, die keine Nervenzellen enthalten, was zu unterschiedlich schweren Ausfallserscheinungen
(Störung der Tiefensensibilität, des Lageempfindens, Gangunsicherheit, Muskelschwund mit gestörter
Körperstatik und Ausbildung einer Skoliose) führt.
Es gibt angeborene (Arnold-Chiari Malformation, Spina bifida und andere Primärerkrankungen) und erworbene
Ursachen (Tumore oder Infektionen des Rückenmarks), die zur Ausbildung dieser Höhlen führen können.
· Poliomyelitis
Die Kinderlähmung wird durch RNA Viren aus der Gruppe der Picornaviren verursacht.
Nach Befall des Zentralnervensystems führt die Poliomyelitis durch eine Schädigung des zweiten motorischen
Neurons im Rückenmark zu Lähmungen und Hirnhautentzündung.
Eine antivirale Therapie gibt es bislang noch nicht, der beste Schutz wird durch eine vorbeugende Impfung
gewährleistet.
· Spinocerebelläre Ataxie (Friedreich Ataxie)
Die Friedreich´sche Ataxie ist eine erbliche Störung der vom Rückenmark gesteuerten Motorik, die sich
durch eine Störung der Bewegungskoordination mit unsicherem Stand und Gang (Stand- und Gangataxie)
auszeichnet.
Die Erkrankung ist fortschreitend, als mögliche Ursache vermutet man eine Eisenübersättigung der
Mitochondrien, was zur Bildung so genannter freier Radikale führt, die dann die Nervenzellen schädigen.
Neben weiteren Komplikationen wie Ausbildung einer Herzmuskelvergrößerung (Kardiomyopathie) kann diese
Ataxie auch eine Skoliosebildung verursachen.
· Arthrogryposis multiplex congenita (AMC)
Es handelt sich um eine angeborene Fehlentwicklung des Bindegewebes und des Nervensystems, durch
die es zu einer gestörten Entwicklung der Muskulatur (Muskelschwäche oder fehlende Muskelgruppen) und
damit verbunden zu Fehlentwicklungen der Gelenke mit Einsteifung kommen kann. Die Erkrankung kann mit
Fehlstellungen der Wirbelsäule und schweren Fehlbildungen des Zentralnervensystems vergesellschaftet sein.
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I 08 2
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Neuromuskuläre Skoliose - Infantile Cerebralparese · Skoliose · Deformitiäten
Was sind „Neuromuskuläre Erkrankungen?
Man beschreibt damit Krankheitsbilder, die primär durch neurologische oder muskuläre Erkrankungen
entstehen und durch eine Vielzahl von Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung bestimmt sind (zum
Beispiel Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats, geistiger Behinderung oder Schädigung der
Sinneswahrnehmung).
Viele dieser Erkrankungen beginnen bereits im Kindesalter und können, neben der Vielzahl der
vorherrschenden Einzelsymptome, durch die neuromuskuläre Störung des Haltungsapparats im Verlauf der
Erkrankung auch zur Ausbildung einer Skoliose führen.
Was ist eine Infantile Cerebralparese?
Die Infantile Cerebralparese wird durch eine nicht fortschreitende, frühkindliche Schädigung des Gehirns und
Zentralnervensystems verursacht, die sich durch eine Mehrfachbehinderung mit Störungen des Haltungs- und
Bewegungsapparats, geistiger Behinderung, Schädigung der Sinneswahrnehmung und anderen Symptomen
auszeichnet. Die Art und die Schwere der Ausprägung der einzelnen Symptome hängen vom Ausmaß der
Gehirnschädigung ab.
Wodurch kann es zu einer Infantilen Cerebralparese kommen?
Verschiedene Erkrankungen können in der
· intrauterinen (in der Gebärmutter)
· peripartalen (während des Geburtsvorgangs) und
· postnatalen (nach der Geburt)
Entwicklung des kindlichen Gehirns durch eine Hirnschädigung zu einer Infantilen Cerebralparese führen:
· Mögliche Ursachen, die das kindliche Gehirn während der Schwangerschaft in der Gebärmutter (intrauterin)
schädigen können sind:
· Virale, bakterielle oder parasitäre Infektionen (Zytomegalie, Röteln, Herpes, Toxoplasmose, Listeriose,
Lues, Syphilis)
· Zytomegalie (Einschlusskörperchenkrankheit)
Diese Virusinfektion wird durch das Zytomegalievirus hervorgerufen, das zur Gruppe der Herpesviren gehört.
Der Erreger wird durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion über Kontakt mit Blut, Speichel, Zervixschleim und
Spermaflüssigkeit übertragen.
Wenn es während der Schwangerschaft zu einer Zytomegalieinfektion der Mutter kommt, kann das Virus das
ungeborene Kind in der Gebärmutter infizieren, wodurch folgende Schäden am ungeborenen Kind ausgelöst
werden können:
· der Befall des fetalen Gehirns mit Zytomegalieviren verursacht eine Enzephalitis (Gehirnentzündung) mit
Verkalkungen, die zu Entwicklungsstörungen im Zentralnervensystem mit Hör- und Sehschäden, Störung
der motorischen Entwicklung, Spastik, Krampfanfällen und Sprachdefekten führen kann.
· Leber- und Milzvergrößerung (Hepatosplenomegalie)
· Gelbsucht (Ikterus)
· Verminderung der Blutplättchen (Thrombocytopenie)
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I 08 2
Bei Infektionen des ungeborenen Kindes hängt die Prognose der weiteren Entwicklung vom Zeitpunkt
der Infektion während der Schwangerschaft ab. Je früher die Infektion in die kindliche Entwicklungsphase
eingreift, desto ausgeprägter sind die Schäden, die verursacht werden, häufig wird durch die Infektion eine
Fehlgeburt ausgelöst.
Eine spezifische Therapie gegen die Zytomegalieinfektion gibt es nicht.
· Röteln (Rubella)
Röteln werden durch Rubiviren aus der Familie der Togaviridae verursacht. Die Übertragung erfolgt durch
Tröpfcheninfektion, während einer Schwangerschaft können die Viren über die Plazenta (Mutterkuchen)
auf das ungeborene Kind übertragen werden und schwere Schäden verursachen. Die möglichen massiven
Schädigungen des Fetus werden als Röteln-Embroypathie, Gregg-Syndrom oder Connatales RötelnSyndrom (CRS) bezeichnet. Je früher die Infektion in der Phase der kindlichen Organbildung stattfindet, desto
ausgeprägter sind die Missbildungen. Die Rötelninfektion kann in den ersten 4 Schwangerschaftsmonaten zur
Fehlgeburt, Frühgeburt oder zu folgenden Schäden führen:
· Innenohrtaubheit
· Defekte am Herz (offener ductus arteriosus)
· Myokarditis (Herzmuskelentzündung)
· Katarakt (grauer Star, Trübung der Augenlinse)
· Missbildungen im Zentralnervensystem
· Enzephalitis (Gehirnentzündung)
· Hepatosplenomegalie (Leber- und Milzvergrößerung)
· Thrombocytopenie (Verminderung der Blutplättchenzahl)
Eine spezifische antivirale Therapie gibt es nicht, deshalb ist es vor geplanten Schwangerschaften
wichtig, zu überprüfen, ob nach einer bereits stattgefundenen Rötelninfektion Antikörper vorhanden sind.
Falls keine Antikörper (IgG-Antikörper-Titer gegen Röteln) nachweisbar sind, sollte eine Impfung vor
Schwangerschaftsbeginn durchgeführt werden. Kommt es zu einer Erstinfektion mit Rötelnviren während
der Schwangerschaft, das heißt ohne vorhandene Antikörper der Mutter, besteht die Möglichkeit innerhalb
der ersten 48 Stunden nach Infektion ein Röteln-Hyperimmunglobulin zu verabreichen, wobei dieses
Medikament bereits 5 Tage nach Rötelinfektion nicht mehr wirksam ist.
· Herpes
Die Herpeserkrankung wird durch Herpes simplex Viren Typ 1 und Typ 2 verursacht. Typ1 Viren führen zu
den typischen Lippenbläschen, Typ 2 Viren zu Genitalherpes. Eine Herpesinfektion im frühen Stadium einer
Schwangerschaft tritt selten auf, kann zur Fehlgeburt führen oder verursacht folgende kindliche Schäden:
· Ausbildung eines kleinen Schädels
· Hydrozephalus (Wasserkopf)
· Herpesinfektion der Augen mit Gefahr der Erblindung
· Intelligenzdefekte
Die größte Anzahl der kindlichen Herpesinfektionen erfolgt beim Geburtsvorgang, bei dem ein bestehender
Genitalherpes auf das Neugeborene übertragen werden kann. Diese Infektion kann schwerste Symptome
bei dem Neugeborenen hervorrufen, ist trotz medikamentöser Behandlung mit einer hohen Sterblichkeit
verknüpft oder führt zu massiven bleibenden Schäden:
· Enzephalitis (Gehirnentzündung) mit Zerstörung von Hirngewebe, was zu schweren geistigen
Behinderungen führt.
· Epilepsie (Krampfanfälle)
· Herpesinfektion der Augen mit Gefahr der Erblindung
· Herpesbefall innerer Organe wie Magen, Lunge und Leber
Die medikamentöse Behandlung der Herpesinfektionen erfolgt durch das Virostatikum Aciclovir.
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· Toxoplasmose (parasitär)
Diese Infektionskrankheit wird durch einen einzelligen Parasiten, das Protozoon Toxoplasma gondii
hervorgerufen. Der Hauptwirt dieses Parasiten ist die Katze, die nach Toxoplasmoseerkrankung Eier dieses
Erregers ausscheiden. Die Erregereier im Katzenkot sind sehr überlebensfähig und werden entweder durch
Schmierinfektion (Katzenstreu) oder Nahrungsaufnahme (schwach erhitztes oder rohes Fleisch) aufgenommen
und können dann die Toxoplasmoseinfektion auslösen. Kommt es zu einer Toxoplasmoseinfektion des
Ungeborenen während der Frühschwangerschaft durch Erstinfektion der Mutter, kann dies zu einer Fehlgeburt
oder zu schweren Entwicklungsstörungen des Gehirns mit Verkalkungen, Krämpfen, Hydrozephalus
(Wasserkopf) oder Entzündung der Augen kommen. Auch Kinder, die mit einer Toxoplasmoseinfektion auf die
Welt kommen, bei der Geburt aber noch keine Symptome zeigen, können im Laufe ihrer weiteren Entwicklung
Schäden des Gehörs und der Augen und eine verlangsamte geistige Entwicklung mit Aufmerksamkeitsdefiziten
erleiden.
Bei Erstinfektion einer Mutter mit Toxoplasmose erfolgt ab der 16. Schwangerschaftswoche eine antibiotische
Behandlung, die das Übergreifen der Erreger auf das Kind verhindert
· Listeriose (bakteriell)
Die Listeriose wird durch das grampositive Listeria monocytogenes Bakterium hervorgerufen und wird
hauptsächlich durch den Verzehr von infizierten rohen tierischen Produkten verursacht. Während einer
Schwangerschaft kann der Erreger bereits ab der 5. Schwangerschaftswoche über die Plazenta auf das
Ungeborene übertragen werden, die meisten Infektionen treten ab dem 5. Schwangerschaftsmonat auf. Die
Listerioseinfektion kann zu Fehlgeburt, Frühgeburt oder schweren Erkrankungen des Neugeborenen führen.
Man unterscheidet bei Neugeborenen eine Frühform der Listeriose (early-onset-desease), die sich direkt
nach der Geburt mit Sepsis (Blutvergiftung), Pneumonie (Lungenentzündung) und ausgedehnten Abszessen
(Eiteransammlungen) in den Organen zeigt. Die Spätform (late-onset-desease) ist dadurch gekennzeichnet,
dass sich die Krankheitszeichen wie eitrige Meningitis (Hirnhautentzündung), Krämpfe und Eintrübung erst
ab der 2-3. Lebenswoche einstellen. Neurologische Spätfolgen wie Hydozephalus und geistige Retardierung
können ebenso auftreten. Die Listeriose wird antibiotisch behandelt.
· Lues (Syphilis, harter Schanker) (bakteriell)
Lues ist eine Geschlechtskrankheit, die durch das Bakterium Treponema pallidum verursacht wird. Eine an
Lues erkrankte Mutter kann die Bakterien nach dem 4. Schwangerschaftsmonat über die Plazenta auf das
Ungeborene übertragen, was unbehandelt zu schweren Schädigungen des Kindes führen kann.
Weitere Ursachen für eine mögliche Entwicklung einer frühkindlichen Hirnschädigung während der
Schwangerschaft sind:
· Drogen-, Alkohol- und Nikotinkonsum der Mutter
· Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
· EPH-Gestose (auch unter den Bezeichnungen Eklampsie, schwangerschaftsinduzierte Hypertonie,
SIH oder HELLP-Syndrom bekannt). Die Ursache der Gestose ist nicht bekannt. Sie kann bei der
Schwangeren Bluthochdruck (Hypertonie), Wassereinlagerungen (Ödeme), Eiweißausscheidung im Urin
(Proteinurie), Krämpfe und Koma auslösen, sowie zu einem Leberversagen mit Dekompensation des
Gerinnungssystems mit Blutungen (Hämolyse) und Multiorganversagen führen (HELLP-Syndrom). Man
unterscheidet Früh- und Spätgestosen, beide Formen stellen für die Mutter und das Ungeborene je nach
Verlauf eine schwere Schwangerschaftskomplikation dar. Durch die genannten Symptome der Mutter
kann es zur Unterversorgung des Mutterkuchens (Plazentainsuffizienz) kommen, die dadurch verursachte
Mangelversorgung des Ungeborenen kann zu Gehirnschäden führen.
Eine vorzeitige Lösung der Plazenta kann eine Fehl, Früh- oder Totgeburt verursachen.
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Neuromuskuläre Skoliose - Infantile Cerebralparese · Skoliose · Deformitiäten
I 08 2
· Röntgenbestrahlung im 1. Trimenon der Schwangerschaft.
Eine hohe Strahlendosis kann den Embryo bis etwa zur 15. Schwangerschaftswoche schädigen.
· Frühe Sauerstoffunterversorgung des Ungeborenen
· Durch Anomalien der Placenta oder Nabelschnur
· Durch Blutungen, Schock oder Kollaps der Mutter
· Folgende Ursachen können einen kindlichen Hirnschaden während des Geburtsvorgangs verursachen
(peripartal):
· Sauerstoffunterversorgung (Anoxie) des Gehirns durch Nabelschnurstrangulation oder Verlegung der
Atemwege
· Plazenta praevia (Verlegung des Muttermunds durch den Mutterkuchen)
· Geburtstrauma mit Hirnblutung
· Nach der Geburt (postpartal) kann ein kindlicher Hirnschaden durch diese Erkrankungen ausgelöst werden:
· Hirnblutungen
· Hirnhautentzündungen (Enzephalitiden)
In welchen Ausprägungsformen kann die Infantile Cerebralparese auftreten?
Man unterscheidet nach den verschiedenen Störungen des Bewegungsablaufs die:
· Spastische Form (spasmos, griechisch: der Krampf), bei der durch Schädigung der motorischen Bahn, die vom
Gehirn zum Rückenmark zieht, die Muskelspannung erhöht ist und eine Verlangsamung oder Einschränkung
des Bewegungsablaufs mit steifen Bewegungen verursacht.
· Dyskinetisch-athetotische Form, bei der die Kerne unter der Hirnrinde geschädigt sind. Durch unwillkürliche
Muskelkontraktion kommt es zu langsamen, krampfartigen Bewegungsabläufen, wobei die Gelenke massiv
überstreckt oder gebeugt werden, was besonders an den Handgelenken auftritt.
· Ataktische Form, die durch eine Schädigung des Kleinhirns und der Kleinhirnbahn verursacht wird
und Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen aufweist, wodurch es zu ruckhaften, abgehackten
Bewegungsabläufen kommt.
Man kann auch eine Einteilung nach dem vorliegenden Lähmungsbild vornehmen:
· Hemiparese (Halbseitenlähmung)
· Diparese (Lähmung vorwiegend beider Beine)
· Tetraparese (Lähmung von Kopf, Rumpf, Armen und Beinen)
Welche orthopädischen Probleme können bei der infantilen Cerebralparese auftreten?
In Abhängigkeit der Schwere der Lähmungen und des Bewegungstyps finden sich:
· Muskelverkürzungen im Bereich der Hüft- und Kniegelenke
· Muskelverkürzungen an Händen und Füßen
· Spastik der Rumpf-, Arm- und Beinmuskulatur mit Kontrakturen (Muskelverkürzungen)
· Fuß- und Handdeformitäten
· Deformitäten der Wirbelsäule (Skoliose, Kyphose)
· Einschränkung bis hin zum Verlust von Geh-, Steh- und Sitzfähigkeit
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Neuromuskuläre Skoliose - Infantile Cerebralparese · Skoliose · Deformitiäten
I 08 2
Wie werden die orthopädischen Probleme der Infantilen Cerebralparese behandelt?
Durch die Vielzahl der möglichen Symptome ist immer eine intensive Zusammenarbeit zwischen Eltern, Kind
und Therapeuten erforderlich. Die gesamte therapeutische Zielsetzung richtet sich nach der Schwere der
Behinderung, dem Alter des Kindes und der individuellen Tragweite der zu behandelnden Einschränkung.
Ziel muss sein, durch präventive (vorbeugende) Maßnahmen (Krankengymnastik, orthopädische Hilfsmittel,
Beschäftigungstherapie) bestehende Funktionseinschränkungen zu verbessern, die Leistungsfähigkeit einer
koordinierten Bewegung und Haltung zu trainieren und drohende Deformitäten an der Wirbelsäule und den
Gelenken zu verhindern. Je nach vorliegendem individuellem Gesamtbefund können bei bereits bestehenden
Deformitäten operative Korrektureingriffe erforderlich werden, um den Verlust der Geh-, Steh- oder Sitzfähigkeit
zu verhindern, Schmerzen zu vermeiden und um weitere Funktionseinbußen von Gliedmaßen aufzuhalten.
Die Progredienz einer Skoliose bei infantiler Cerebralparese führt häufig zu grotesken Verkrümmungen der
Wirbelsäule, vor allen Dingen auch zur Ausbildung eines basin oblique (Fehlstellung des Beckens).
Dadurch kommt es recht häufig zu erheblichen pflegerischen Problemen, durch die ausgeprägte basin-obliqueStellung kann es gleichzeitig auch zu einem Verlust der Sitzmöglichkeit des Patienten kommen.
Bei so ausgeprägten Skoliosen ist dann auch bei infantiler Cerebralparese eine OP-Indikation gegeben.
Ziel dieser Operation muss eine Ausgradung der Wirbelsäule und vor allen Dingen auch eine Ausgradung der
Beckenstellung sein, so dass die Sitzfunktion der Patienten wieder hergestellt werden kann. Dies bedeutet,
dass in den meisten Fällen die Instrumentation bis nach S1 bzw. in das Becken zu erfolgen hat. Bei den
ausgeprägten Rigiditäten, die man bei infantiler Cerebralparese findet, sind häufig auch ventrale mobilisierende
Maßnahmen möglich, um überhaupt eine ausreichende Korrektur zu erreichen. Wichtig bei diesen Kindern ist
eine segmentale Instrumentation mit Pedikelschrauben, da in der Regel eine Korsettbehandlung bei diesen
Patienten nicht möglich ist. Es muss deswegen möglichst eine rigide Verstrebung zwischen Knochen und
Implantat angestrebt werden, um die postoperativen Komplikationen auf ein Minimum zu reduzieren.
Welche weiteren neuromuskulären Erkrankungen gibt es?
Die bekanntesten neuromuskulären Erkrankungen sind:
Meningomyelocele
spinale Muskelatrophie
Duchenne Muskeldystrophie
Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine fortschreitende Muskelerkrankung, beginnend im 1.-2.
Lebensjahr mit einer Schwäche der Beckenmuskulatur, die sich über die Schultergürtelmuskulatur zu einer
generalisierten Muskelschwäche ausdehnt. Da es sich um einen X-chromosomalen Erbgang handelt, sind nur
Knaben betroffen. Die Lebenserwartung liegt bei etwa 20 Jahren. Durch Befall der Herzmuskulatur oder der
Atemmuskulatur sterben die Betroffenen im Rahmen einer Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) oder durch
eine Ateminsuffizienz mit wiederholten schweren Lungenentzündungen.
Syringomyelie Syringobulbie
Die Syringomyelie ist eine Erkrankung des Rückenmarks, die hauptsächlich die Hals- und Brustwirbelsäule,
die Syringobulbie das verlängerte Rückenmark (medulla oblongata) befällt. Im Rückenmark bilden sich Höhlen
(Syringen) aus, die keine Nervenzellen enthalten, was zu unterschiedlich schweren Ausfallserscheinungen
(Störung der Tiefensensibilität, des Lageempfindens, Gangunsicherheit, Muskelschwund mit gestörter
Körperstatik und Ausbildung einer Skoliose) führt.
Es gibt angeborene (Arnold-Chiari Malformation, Spina bifida und andere Primärerkrankungen) und erworbene
Ursachen (Tumore oder Infektionen des Rückenmarks), die zur Ausbildung dieser Höhlen führen können.
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Neuromuskuläre Skoliose - Infantile Cerebralparese · Skoliose · Deformitiäten
I 08 2
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Neuromuskuläre Skoliose - Infantile Cerebralparese · Skoliose · Deformitiäten
Poliomyelitis
Die Kinderlähmung wird durch RNA Viren aus der Gruppe der Picornaviren verursacht.
Nach Befall des Zentralnervensystems führt die Poliomyelitis durch eine Schädigung des zweiten motorischen
Neurons im Rückenmark zu Lähmungen und Hirnhautentzündung.
Eine antivirale Therapie gibt es bislang noch nicht, der beste Schutz wird durch eine vorbeugende Impfung
gewährleistet.
Spinocerebelläre Ataxie (Friedreich Ataxie)
Die Friedreich´sche Ataxie ist eine erbliche Störung der vom Rückenmark gesteuerten Motorik, die sich
durch eine Störung der Bewegungskoordination mit unsicherem Stand und Gang (Stand- und Gangataxie)
auszeichnet.
Die Erkrankung ist fortschreitend, als mögliche Ursache vermutet man eine Eisenübersättigung der
Mitochondrien, was zur Bildung so genannter freier Radikale führt, die dann die Nervenzellen schädigen.
Neben weiteren Komplikationen wie Ausbildung einer Herzmuskelvergrößerung (Kardiomyopathie) kann diese
Ataxie auch eine Skoliosebildung verursachen.
Arthrogryposis multiplex congenita (AMC)
Es handelt sich um eine angeborene Fehlentwicklung des Bindegewebes und des Nervensystems, durch
die es zu einer gestörten Entwicklung der Muskulatur (Muskelschwäche oder fehlende Muskelgruppen) und
damit verbunden zu Fehlentwicklungen der Gelenke mit Einsteifung kommen kann. Die Erkrankung kann mit
Fehlstellungen der Wirbelsäule und schweren Fehlbildungen des Zentralnervensystems vergesellschaftet sein
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Neuromuskuläre Skoliose - Spinale Muskelatrophie · Skoliose · Deformitiäten
Was sind „Neuromuskuläre Erkrankungen?
Man beschreibt damit Krankheitsbilder, die primär durch neurologische oder muskuläre Erkrankungen
entstehen und durch eine Vielzahl von Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung bestimmt sind (zum
Beispiel Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats, geistiger Behinderung oder Schädigung der
Sinneswahrnehmung).
Viele dieser Erkrankungen beginnen bereits im Kindesalter und können, neben der Vielzahl der
vorherrschenden Einzelsymptome, durch die neuromuskuläre Störung des Haltungsapparats im Verlauf der
Erkrankung auch zur Ausbildung einer Skoliose führen.
Was sind „Spinale Muskelatrophien“ (SMA)?
Unter dem Begriff „Spinale Muskelatrophie“ werden Krankheiten zusammengefasst, die durch eine erbliche
und fortschreitende Schädigung des motorischen Systems gekennzeichnet sind. Bei diesen Erkrankungen
sind motorische Zellen (á-Motoneurone) hauptsächlich des Rückenmarks (spinal), aber auch motorische
Nervenzellen in der Hirnrinde und im Hirnstamm geschädigt und werden zerstört, wodurch die Weiterleitung
von Nervenimpulsen vom Gehirn zu den ausführenden Muskeln gestört ist. Die Störung der Weiterleitung von
Nervenimpulsen durch Untergang der Motoneurone führt zu folgenden Symptomen im motorischen System:
· Muskelatrophie („Muskelschwund“)
· Paresen (Lähmungen)
· Hypotonie der Muskulatur (Verringerung der Muskelspannung)
· Schluck-, Kau- und Sprechstörungen bei Mitbeteiligung der Motoneurone des Hirnstamms
Wodurch werden Spinale Muskelatrophien hervorgerufen?
Bei der Spinalen Muskelatrophie handelt es sich um eine Erberkrankung mit autosomal rezessivem Erbgang.
Dies bedeutet, ein Kind kann nur dann an einer Spinalen Muskelatrophie erkranken, wenn beide Elternteile
Träger des genetischen Merkmals sind und beide das Krankheitsmerkmal auf das Kind übertragen. Überträgt
nur ein Elternteil das genetische Merkmal, so kommt beim Kind die Erkrankung nicht zum Ausbruch, das Kind
kann die Erkrankung aber als Träger des Merkmals weitervererben.
Betroffenen mit einer Spinalen Muskelatrophie oder Trägern dieses genetischen Merkmals fehlt das so
genannte „survival motoneuron 1“ (SMN 1). Dieses Gen produziert ein spezielles Protein (Eiweißstoff), das
für die Funktionsfähigkeit der Motoneurone verantwortlich ist. Durch das Fehlen dieses Proteins kommt es zur
Schädigung der Motoneurone und damit zur Störung der Weiterleitung von Impulsen im motorischen System.
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Neuromuskuläre Skoliose - Spinale Muskelatrophie · Skoliose · Deformitiäten
• Vereinfachte Darstellung des motorischen Systems
· 1. Motorisches Neuron in der Hinrinde
· Motoneurone im Bulbus des Hirnstamms
· Rückenmark
· 2. Motorisches Neuron im Rückenmark
(Vorderhorn)
Wie werden sie Spinalen Muskelatrophien eingeteilt?
Die spinalen Muskelatrophien werden in 4 Krankheitsgruppen eingeteilt (SMA Typ I-IV), die bezüglich der
Symptome, des Verlaufs und der Prognose variieren. Alle Muskeln des Körpers können betroffen sein, wobei
die Muskelgruppen, die dem Rumpf nahe sind wie Schulter-, Rücken- und Beckenmuskulatur meist am
stärksten betroffen sind. Die Muskelatrophie der Beine ist in der Regel stärker ausgeprägt als die der Arme.
SMA Typ I, auch Werdnig-Hoffmann Krankheit oder akut infantile SMA genannt, zeigt folgende Symptome:
· Beginn der Erkrankung bereits im Mutterleib
· Autosomal rezessiver Erbgang
· Diagnosestellung vor dem 6. Lebensmonat
· Nur geringe Kindsbewegungen in der Gebärmutter
· Stark verminderter Muskeltonus („floppy infant“)
· Froschschenkelhaltung der Beine
· Abschwächung oder Aufhebung der Muskeleigenreflexe
· Auffällige Faszikulationen („Zittern“) der Zunge
· Hauptsächlich Körperstamm betonte Muskelatrophie
· Meist Beginn im Bereich des Beckengürtels und der Oberschenkel
· Sitzen und Gehen sind nicht erlernbar
· Saug- und Schluckstörungen mit Gefahr der Aspiration („Verschlucken“) von Nahrung, Flüssigkeit oder
Speichel in die Lunge, wodurch eine Lungenentzündung ausgelöst werden kann.
· Atemstörung bis hin zur Atemlähmung durch Schwäche der Interkostalmuskulatur, den so genannten
Zwischenrippenmuskeln, die bei der Atmung für die Bewegung des Brustkorbs verantwortlich sind.
· Ausbildung eines Glockenthorax (Glockenartige Verformung des Brustkorbs)
· Deformitäten im Bereich des knöchernen Skeletts mit Ausbildung einer Skoliose, Hyperlordose und
Fußfehlstellungen
· Decubitus („Wundliegen“)
· Häufige Infekte der Lunge
· Geringe Lebenserwartung, cirka 90 % der Kinder sterben bis zum 10. Lebensjahr durch die bestehende
Ateminsuffizienz.
SMA Typ II, die chronisch infantile oder intermediäre SMA zeigt folgende Symptome:
· Autosomal rezessiver Erbgang
· Krankheitsbeginn meist im 1. Lebensjahr
· Freies Sitzen ist erlernbar
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Neuromuskuläre Skoliose - Spinale Muskelatrophie · Skoliose · Deformitiäten
· Freies Gehen nur mit Hilfe oder Hilfsmitteln möglich
· Zungenfaszikulationen und leichtes Zittern der Finger
· Ausbildung einer skoliotischen Wirbelsäulendeformität
· Deformität des Brustkorbs
· Selten Schluckstörungen
· Störung der Nahrungsaufnahme
· Atrophie der Interkostalmuskulatur mit Ateminsuffizienz
· Pulmonale Infekte
· Cirka 30 % der Kinder erleben das 10. Lebensjahr, wenige werden älter als 20 Jahre
SMA Typ III, auch juvenile SMA oder Kugelberg-Welander Erkrankung genannt, ist gekennzeichnet durch:
· Meist autosomal rezessiver Erbgang, gelegentliches Auftreten der Erkrankung als Neumutation
· Variabler Krankheitsbeginn (zwischen dem 1. Lebensjahr und fortgeschrittenem Jugendalter)
· Meist Beginn im Bereich der Muskulatur des Becken- und Schultergürtels
· Keine wesentliche Verkürzung der Lebenserwartung
· Gehen ohne Hilfe ist möglich, wobei sich die Fähigkeit zu stehen oder zu laufen im Verlauf der Erkrankung
wieder verschlechtern kann.
· Fußdeformitäten
· Kontrakturen der Gelenke
SMA Typ IV, adulte SMA mit folgenden Symptomen:
· Meist schleichender Beginn nach dem 30. Lebensjahr
· Unterschiedliche Ausprägung der muskulären Schwächen
· Atem- und Schluckmuskulatur nur selten betroffen
· Lebenserwartung ist nicht eingeschränkt
Wie wird die Diagnose einer spinalen Muskelatrophie gestellt?
· Nachweis des Fehlens des SMN 1 Gens durch eine molekulargenetische Blutuntersuchung
· Klinische und neurologische Untersuchung zur Befunderhebung des vorliegenden Muskel- und Reflexstatus,
sowie zur Abgrenzung von anderen organischen Erkrankungen
· Durchführung einer Muskelbiopsie, bei der ein Stück Gewebe aus einem Muskel in örtlicher Betäubung
entfernt wird. Diese Gewebeprobe wird unter dem Mikroskop untersucht und ermöglicht eine Abgrenzung zu
Muskelerkrankungen, die andere Ursachen haben.
· Mit der Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit und einer Elektromyographie (EMG) können elektrische
Impulse eines Nerven, die Leitgeschwindigkeit des Impulses und die Ansprechbarkeit des Muskels auf den
Impuls gemessen werden.
· Die Bestimmung der Kreatinkinase (CK), einem Muskelenzym, ist für die Diagnosesicherung wenig spezifisch,
da sie bei den verschiedenen Formen der spinalen Muskelatrophie sowohl im Normalbereich als auch leicht
erhöht sein kann.
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Wie werden die spinalen Muskelatrophien behandelt?
Bislang gibt es keine ursächliche Behandlung, durch die spinale Muskelatrophien geheilt werden können.
Deshalb müssen die Behandlungsmaßnahmen intensiv genutzt werden, die eine Verbesserung der Muskelkraft
oder eine Verlangsamung der Zunahme der Muskelschwäche bewirken. Abhängig vom individuellen Befund
der jeweiligen Erkrankung können folgende Behandlungen im Rahmen eines individuell zu erstellenden
Therapieplans in Zusammenarbeit zwischen Eltern, Erkrankten, behandelnden Ärzten und Therapeuten sinnvoll
sein:
· Krankengymnastik zur Verbesserung und Erhaltung der Muskelfunktion und zur Behandlung und Vorbeugung
von Muskelkontrakturen (Verkürzungen)
· Physikalische Therapie (Massagen, Kälte/Wärmebehandlung,
· Elektrotherapie (TENS, Interferenzstrom)
· Ultraschallbehandlung
· Ergotherapie
· Logopädie besonders bei Schluckstörungen
· Psychologische Begleitung
· Schmerztherapie
· Bei Schluckstörungen mit unzureichender Nahrungsaufnahme kann es erforderlich werden, dass
die Nahrung über eine Magensonde zugeführt wird. In der Regel wird dann eine so genannte PEG
(perkutane endoskopische Gastrostomie) angelegt. Bei diesem Verfahren wird unter optischer Kontrolle
der Magenspiegelung ein dünner Schlauch durch die Bauchdecke in den Magen gelegt, worüber die
Nahrungsaufnahme durchgeführt werden kann.
· Behandlung von Atemstörungen
Durch die Atrophie der Muskulatur der Brustwand, der Atemhilfsmuskulatur, des Zwerchfells und der
Muskelschwäche der Bauchdecke ist die Atemfunktion in unterschiedlich starker Ausprägung eingeschränkt.
Dies kann zu einer Sauerstoffunterversorgung führen, die eingeschränkte Beweglichkeit des Brustkorbs
führt zusätzlich zu einem verminderten Abtransport von Sekret und Schleim aus der Lunge, wodurch es zu
wiederholten Lungeninfekten kommen kann.
Aus diesen Gründen ist eine Überwachung der Lungenfunktionswerte, eine Verbesserung der
Schleimdrainage aus der Lunge durch eine gezielte Atem- und Lagerungstherapie und bei bestehenden
Infekten der Lunge eine antibiotische Behandlung erforderlich. Bei schweren Atemstörungen, hauptsächlich
bei SMA Typ I Kindern, kann eine maschinelle Unterstützung der Atemfunktion erforderlich werden.
· Orthopädische Hilfsmittel wie spezielle Sitz-, Steh- und Gehhilfen und ein der Behinderung angepasstes
Umfeld können die individuelle Situation und Eigenständigkeit verbessern oder die Pflege erleichtern.
Operative Versorgung einer Skoliose
Durch die bestehenden Muskelatrophien der Rumpfmuskulatur kommt es zur massiven Veränderung der
Körperstatik, wodurch es gerade bei Patienten mit einer spinalen Muskelatrophie, die auf den Rollstuhl
angewiesen sind, häufig zur Ausbildung einer Skoliose kommt. Da die neuromuskulär bedingten Skoliosen
durch die bestehende Grunderkrankung mit konservativen Maßnahmen nur mit geringem Erfolg zu behandeln
sind, kann eine frühzeitige Operation, bevor es zu einer Verschlechterung der Atmungs- und Kreislauffunktion
kommt, sinnvoll sein.
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Neuromuskuläre Skoliose - Spinale Muskelatrophie · Skoliose · Deformitiäten
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Neuromuskuläre Skoliose - Spinale Muskelatrophie · Skoliose · Deformitiäten
Welche weiteren neuromuskulären Erkrankungen gibt es?
Die bekanntesten neuromuskulären Erkrankungen sind:
Meningomyelocele
Infantile Cerebralparese
Duchenne Muskeldystrophie
Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine fortschreitende Muskelerkrankung, beginnend im 1.- 2.
Lebensjahr mit einer Schwäche der Beckenmuskulatur, die sich über die Schultergürtelmuskulatur zu einer
generalisierten Muskelschwäche ausdehnt. Da es sich um einen X-chromosomalen Erbgang handelt, sind nur
Knaben betroffen. Die Lebenserwartung liegt bei etwa 20 Jahren. Durch Befall der Herzmuskulatur oder der
Atemmuskulatur sterben die Betroffenen im Rahmen einer Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) oder durch
eine Ateminsuffizienz mit wiederholten schweren Lungenentzündungen.
Syringomyelie Syringobulbie
Die Syringomyelie ist eine Erkrankung des Rückenmarks, die hauptsächlich die Hals- und Brustwirbelsäule,
die Syringobulbie das verlängerte Rückenmark (medulla oblongata) befällt. Im Rückenmark bilden sich Höhlen
(Syringen) aus, die keine Nervenzellen enthalten, was zu unterschiedlich schweren Ausfallserscheinungen
(Störung der Tiefensensibilität, des Lageempfindens, Gangunsicherheit, Muskelschwund mit gestörter
Körperstatik und Ausbildung einer Skoliose) führt.
Es gibt angeborene (Arnold-Chiari Malformation, Spina bifida und andere Primärerkrankungen) und erworbene
Ursachen (Tumore oder Infektionen des Rückenmarks), die zur Ausbildung dieser Höhlen führen können.
Poliomyelitis
Die Kinderlähmung wird durch RNA Viren aus der Gruppe der Picornaviren verursacht.
Nach Befall des Zentralnervensystems führt die Poliomyelitis durch eine Schädigung des zweiten motorischen
Neurons im Rückenmark zu Lähmungen und Hirnhautentzündung.
Eine antivirale Therapie gibt es bislang noch nicht, der beste Schutz wird durch eine vorbeugende Impfung
gewährleistet.
Spinocerebelläre Ataxie (Friedreich Ataxie)
Die Friedreich´sche Ataxie ist eine erbliche Störung der vom Rückenmark gesteuerten Motorik, die sich durch
eine Störung der Bewegungskoordination mit unsicherem Stand und Gang (Stand- und Gangataxie) auszeichnet.
Die Erkrankung ist fortschreitend, als mögliche Ursache vermutet man eine Eisenübersättigung der
Mitochondrien, was zur Bildung so genannter freier Radikale führt, die dann die Nervenzellen schädigen.
Neben weiteren Komplikationen wie Ausbildung einer Herzmuskelvergrößerung (Kardiomyopathie) kann diese
Ataxie auch eine Skoliosebildung verursachen.
Arthrogryposis multiplex congenita (AMC)
Es handelt sich um eine angeborene Fehlentwicklung des Bindegewebes und des Nervensystems, durch
die es zu einer gestörten Entwicklung der Muskulatur (Muskelschwäche oder fehlende Muskelgruppen) und
damit verbunden zu Fehlentwicklungen der Gelenke mit Einsteifung kommen kann. Die Erkrankung kann mit
Fehlstellungen der Wirbelsäule und schweren Fehlbildungen des Zentralnervensystems vergesellschaftet sein.
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Spondylolisthese
Was ist eine Spondylolisthesis?
Der Begriff Spondylolisthesis setzt sich aus den griechischen Worten „spondylos“, der Wirbel und „olisthesis“,
das Gleiten, zusammen.
Bei der Spondylolisthesis handelt es sich um das Gleiten eines Wirbelkörpers mit seinen oberen
Gelenkfortsätzen, Bogenwurzeln und Querfortsätzen über den darunter liegenden Wirbel nach vorne, wobei der
Wirbelbogen mit seinen unteren Gelenkfortsätzen am Ursprungsort verbleibt. Das Wirbelgleiten kann in jedem
Wirbelsegment der Lendenwirbelsäule auftreten, wobei die Schweregrade III-IV des Wirbelgleitens fast nur im
Segment 5. Lendenwirbel/1. Kreuzbeinwirbel vorkommt.
Welche Einteilungen gibt es für das Wirbelgleiten?
Die Spondylolisthesis wird in ihrer Entstehung in folgende Untergruppen klassifiziert:
Typ I: isthmische-lytische Form, bei der eine Läsion der pars interarticularis (1) des Wirbels vorliegt.
Bei einer „echten“ Spondylolisthesis wird das Wirbelgleiten durch einen knöchernen Defekt der Wirbelbögen (2),
einer so genannten Spondylolyse, in der pars interarticularis (1) des Wirbels hervorgerufen.
• Wirbel seitlich und von oben
· Pars interarticularis (1)
· Wirbelbogen, arcus vertebrae (2)
· Bogenwurzel, pediculus arcus vertebrae
· Bandscheibe
Die Spondylolyse als knöcherne Unterbrechung im Bereich des Wirbelbogenansatzes kann einseitig oder
beidseitig auftreten, man spricht auch von einer Unterbrechung der Interartikularportion.
Bei Vorliegen einer Spondylolyse verliert das entsprechende Bewegungssegment an Stabilität, da die Funktion
der Wirbelgelenke aufgehoben ist, wodurch der Wirbelkörper nach ventral (bauchwärts) gleitet. Durch die
entstandene Instabilität müssen die einwirkenden Kräfte hauptsächlich über die Rückenmuskulatur und die
Bandscheibe des betroffenen Segments aufgefangen werden.
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J
Spondylolisthese
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J
• Einseitige Spondylolyse, Wirbel von oben
· Wirbelbogen
· Wirbelgelenk
· einseitige Spondylolyse
• Beidseitige Spondylolyse, Wirbel von oben
· beidseitige Spondylolyse
Ist die pars interarticularis beidseits unterbrochen, kann der 5. Lendenwirbel, begünstigt durch die nach vorne
(ventral) geneigte Bandscheibe L5/S1, über den 1. Kreuzbeinwirbel, nach vorne gleiten.
• Untere Lendenwirbelsäule seitlich, Spondylolyse L5
· 4. Lendenwirbel, L4
· Spondylolyse
· 5. Lendenwirbel, L5
· Bandscheibe, L5/S1
· 1. Kreuzbeinwirbel, S1
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Spondylolisthese
• Untere Lendenwirbelsäule seitlich, der 5. Lendenwirbel gleitet nach vorne.
· Spondylolyse
· 5. Lendenwirbel, L5
· Bandscheibe, L5/S1
· 1. Kreuzbeinwirbel, S1
Die isthmisch spondylolytische Form des Wirbelgleitens tritt in etwa 80-85 % in der Höhe des Wirbelsegments
L5/S1, cirka 15 % in der Segmenthöhe L4/L5 und sehr selten in der Höhe L3/L4 auf.
Typ II: isthmisch - dysplastische Form der Spondylolisthesis
Der dysplastische Typ findet sich in der Regel nur am 5. Lendenwirbel, wobei es sich bei dieser Form um eine
Elongation der Interartikularportion des Gleitwirbels ohne Defektbildung innerhalb des Wirbelbogens handelt.
Bei Zunahme des Gleitvorgangs kann es sekundär zu einer Unterbrechung der Interartikularportion kommen.
Das auffälligste Merkmal dieser Form ist aber die Elongation der Interartikularportion, die bei der isthmischlytischen Form in dieser Weise nie zu finden ist.
Bemerkenswert ist, dass es nur bei der dysplastischen Form der Spondylolisthesis zum Vollbild der
Spondyloptose
(völliges Abkippen des Gleitwirbels nach vorne) kommen kann. Bei der isthmisch-lytischen Form dagegen findet
sich nie eine Spondyloptose.
Der Pathomechanismus der Spondyloptose ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Es ist jedoch so, dass es
bei einem zunehmenden Gleitvorgang bei einer isthmisch-dysplastischen Spondylololisthesis zwangsläufig zu
einer Aufrichtung des Kreuzbeins gegenüber dem 5. Lendenwirbel kommen muss, damit die Last des Körpers
(gravity line) weiterhin über dem Hüftkopf zentriert bleibt. Durch diese Retroversion des Sakrum mit dem
Becken kommt es dann häufig zu der grotesken Verformung des lumbosacralen Übergangs, der schon oft im
klinischen Bild mühelos diagnostiziert werden kann.
Nur bei der isthmisch-dysplastischen Form kommt es zur Ausbildung einer lumbosacralen Kyphose, es entsteht
also eine kyphotische Knickbildung zwischen dem 5. Lendenwirbel und dem 1. Kreuzbeinwirbel. Eine solche
kyphotische Fehlform ist bei der Isthmisch-lytischen Form nie zu beobachten.
Unter diesem Aspekt der lumbosacralen Kyphose ist die isthmisch-dysplastische Form auch als eine
kyphotische Fehlhaltung der Wirbelsäule zu interpretieren und als solche entsprechend zu behandeln.
Typ I und Typ II der Spondylolisthesis müssen sowohl bei der Diagnostik, als auch in der Therapie
unterschiedlich betrachtet werden.
Typ III: degenerative Form der Spondylolisthesis
Die degenerativ bedingte Form des Wirbelgleitens wird durch eine Abnutzung der Wirbelgelenke und
der Bandscheibe verursacht. Hierbei kommt es zu einem Wirbelgleiten ohne Defektbildung in der
Interartikularportion, es zeigt sich jedoch immer eine Verengung des Spinalkanals (Spinalkanalstenose).
Sie tritt meistens in der Höhe des 4. Lendenwirbels auf, eine Spondylolyse findet sich im Wirbelbogen nicht,
weshalb man diese Form auch als „Pseudo-Spondylolisthesis“ bezeichnet.
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J
Spondylolisthese
Welche Messmethoden gibt es, um Ausmaß und Schweregrad des Wirbelgleitens
zu bestimmen?
1. Schweregradbestimmung nach Meyerding
Das Ausmaß des Wirbelgleitens wird in den 4 Stadien nach Meyerding dadurch bestimmt,
dass die Deckplatte des 1. Sakralwirbels in 4 gleich große Abschnitte eingeteilt wird und sich
der jeweilige Schweregrad des Wirbelgleitens dadurch ergibt, auf welche der 4 Einteilungen der Oberfläche des
1. Kreuzbeinwirbels sich die Hinterkante des nach vorne gleitenden Wirbels projiziert. Die Länge der Gleitfläche,
die der 5. Lendenwirbelkörper auf dem 1. Kreuzbeinwirbel nach vorne gleitet, bestimmt den Schweregrad I-IV.
• Normalzustand des lumbosakralen Übergangs (Übergang 5. Lendenwirbel/1. Kreuzbeinwirbel)
· 5. Lendenwirbel
· Bandscheibe L5/S1
· Gleitstrecke auf dem 1. Kreuzbeinwirbel
· 1. Kreuzbeinwirbel
• Meyerding Stadium 1-2
Ab dem Meyerding Stadium 3, bei dem der 5. Lendenwirbelkörper 50 % der Gleitfläche auf dem Kreuzbein nach
vorn geglitten ist, spricht man definitionsgemäß von schwerem Wirbelgleiten.
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Spondylolisthese
• Meyerding Stadium 3-4
Die schwerste Form des Wirbelgleitens bezeichnet man als Spondyloptose, bei der der 5. Lendenwirbel 100 %
der Gleitfläche nach vorne und zusätzlich am Kreuzbein nach unten abgerutscht ist.
• Spondyloptose
2. Gleitstreckenbestimmung des gleitenden Wirbels
Es gibt verschiedene Methoden, die Länge der Gleitstrecke des gleitenden Wirbels zu bestimmen. Taillard,
Wiltse und Winter entwickelten Messmethoden, bei denen man auf dem Röntgenbild über definierte Hilfslinien,
die über bestimmte Wirbelstrukturen (z.B. Hinterkante oder Deckplatte des Wirbels) gelegt werden, ein
prozentuales Ausmaß der Gleitstrecke errechnen kann.
3. Bestimmung des Gleitwinkels
Es gibt unterschiedliche Methoden, mit denen man den Gleitwinkel, das heißt, das Ausmaß der Abkippung
zwischen dem 1. Kreuzbeinwirbel und dem abgleitenden 5. Lendenwirbel, bestimmen kann. Bei diesen
Methoden werden im Röntgenbild Hilfslinien auf Strukturen des 5. Lendenwirbels und 1. Kreuzbeinwirbels
(Grund- oder Deckplatten, Vorder- oder Hinterkanten der Wirbel) gelegt, mit deren Hilfe man den jeweiligen
Gleitwinkel errechnen kann.
4. Bestimmung des Lordosewinkels der Lendenwirbelsäule
Je weiter der 5. Lendenwirbel nach vorne abkippt, desto stärker ist die Tendenz der Wirbelsäule zur
Kompensation der Wirbelsäulenstatik ein vermehrtes Hohlkreuz im Lendenwirbelsäulenbereich (Hyperlordose)
zu bilden.
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5. Inklinationswinkel des Kreuzbeins
Mit der Bestimmung des Inklinationswinkels des Kreuzbeins errechnet man auf dem Röntgenbild der
Lendenwirbelsäule seitlich, in stehender Position, den Winkel des Kreuzbeins zur Vertikalen. Dieser Winkel
ist bei einer Spondylolisthesis von Bedeutung, da mit steigendem Schweregrad des Wirbelgleitens die
kompensatorische Lendenlordose zunimmt und sich das Kreuzbein dadurch steiler steht, wodurch sich der
Inklinationswinkel verkleinert.
Welche Diagnostik wird durchgeführt?
Klinische Untersuchung:
· Anamnese
· Familiäre Belastung ?
· Sportliche Betätigung?
· Inspektion
· Stufenbildung: Je ausgeprägter das Wirbelgleiten ist, desto stärker fällt eine sichtbare und tastbare
Stufenbildung zwischen dem Dornfortsatz des gleitenden Wirbels und des darüber liegenden Wirbels auf.
Diese Stufen -bildung wird auch als Schanzenphänomen bezeichnet.
· Hyperlordose (Hohlkreuz): Bei Fortschreiten des Wirbelgleitens kommt es ab dem Gleitgrad Meyerding II-III
zu einer zunehmenden Kyphosierung des 5. Lendenwirbelkörpers gegenüber dem
1. Kreuzbeinwirbel, da für den 5. Lendenwirbel bei weiterem Vorwärtsgleiten die vordere (ventrale)
Abstützung fehlt. Diese entstandene Kyphosierung von L5 muss nun durch eine Hyperlordose der
Lendenwirbelsäule ausgeglichen werden, um aufrecht gehen zu können.
· Auftreten einer Skoliose: Beim Wirbelgleiten kann in seltenen Fällen durch eine reflektorische Schonhaltung
in Folge einer Nervenwurzelkompression eine skoliotische Fehlhaltung auftreten.
Bei ausgeprägtem Wirbelgleiten kann es durch die Kombination von Gleiten und Rotation des Gleitwirbels
zu einer strukturellen Skoliose kommen.
· Palpation
· Findet sich eine tastbare Stufenbildung der Dornfortsätze?
· Liegt ein Klopf-, Druck- und Rüttelschmerz der betroffenen Region vor?
· Zeigt sich ein paravertebragener muskulärer Hartspann der lumbalen Rückenmuskulatur?
· Wie ist der Beckenstand?
· Funktions- und Schmerzuntersuchungen
· Neurologische Untersuchung mit Überprüfung der Sensibilität, Motorik und der Reflexe, um eine beteiligte
Nervenkompression auszuschließen (Lasègue Zeichen, Bragard Zeichen, Far-out Syndrom).
· Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (Schobersches Zeichen)
· Schmerzauslösung bei Stauchung der Wirbelsäule
· Kletterphänomen: Aufrichten des Oberkörpers aus gebückter Haltung ist nur unter starken Schmerzen und
mit Abstützung der Arme auf den Oberschenkeln möglich.
· Apparative Diagnostik
· Röntgen Lendenwirbelsäule in 2 Ebenen mit Schrägaufnahmen:
In der konventionellen seitlichen Aufnahme ist das Ausmaß des Wirbelgleitens gut zu erkennen,
die zusätzlichen Schrägaufnahmen zeigen häufig die bestehende Spondylolyse noch deutlicher
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Spondylolisthese
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(Hundehalsbandphänomen). In der Aufnahme im a.p. Strahlengang lässt sich eine zusätzlich bestehende
Skoliose erkennen, bei einer stark ausgeprägten Lordosierung der Lendenwirbelsäule stellt sich der
5. Lendenwirbel wie ein umgekehrter Napoleonhut dar.
· Funktionsaufnahmen der Lendenwirbelsäule in maximaler Reklination (Rückwärtsbeugung) und Inklination
(Vorwärtsbeugung) lassen eventuell bestehende Instabilitäten des betroffenen Wirbelsäulensegments
erkennen.
· Computertomographie (CT)
Die Darstellung der bestehenden Spondylolyse ist im CT zwar deutlich, die übrigen Strukturen wie
Weichteile, Bandscheiben, Nerven und Muskulatur werden in der Magnetresonanztomographie wesentlich
besser dargestellt.
· Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspin)
Mit der MRT lassen sich Veränderungen an den Nervenwurzen, dem Spinalkanal und den Bandscheiben
sehr gut beurteilen.
· Myelographie
Die Röntgendarstellung des Spinalkanals mit Kontrastmittel kann weiteren Aufschluss über eine eventuell
bestehende Verengung des Rückenmarkkanals oder eine Kompression eines Nervens im Wurzelbereich
geben, die im MRT nicht sicher beurteilt werden kann.
· Skelettszintigraphie
Kann in den genannten Untersuchungen kein Hinweis auf eine Spondylolyse erbracht werden, kann
mit der Skelettszintigraphie bereits in einem frühen Stadium eine drohende oder bereits vorhandene
Spondylolyse durch Anreicherung des Kontrastmittelindikators in der pars interarticularis des Wirbelkörpers
nachgewiesen werden.
Welche Symptome gibt es?
Trotz radiologischem Nachweis einer Spondylolyse oder einer Spondylolisthesis sind viele Patienten
beschwerdefrei.
Die meisten Symptome sind unspezifisch und können auch bei anderen Wirbelsäulenerkrankungen auftreten,
wie zum Beispiel bei degenerativen Veränderungen der Bandscheiben und der Wirbelkörper.
· Kreuzschmerzen, die in das Gesäß und die Beine ausstrahlen
· Stauchungsschmerz der Wirbelsäule
· Druckschmerz des Dornfortsatzes des 5. Lendenwirbels
· Verstärkte Hohlkreuzbildung (Hyperlordose)
Bei schwerem Wirbelgleiten Meyerding Stadium 3-4 können zusätzlich auftreten:
· Tastbare und sichtbare Stufenbildung in Höhe des gleitenden Wirbels mit deutlichem Herausragen des
Kreuzbeins nach hinten
· neurologische Ausfälle
· reflektorische oder strukturelle Skoliose
· gebeugte Knie, um aufrecht stehen zu können
· fast völlige Aufhebung der Beugefähigkeit der Hüfte durch Verkürzung der Streckmuskulatur der Hüfte
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Spondylolisthese
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Spondylolisthese
Wie wird die Spondylolisthesis behandelt?
Therapieziele:
· Verbesserung der Lebensqualität durch Schmerzreduktion oder Schmerzbeseitigung
· Verhinderung des Fortschreitens des Wirbelgleitens
· Beseitigung von bestehenden neurologischen Symptomen
Die Spondylolisthesis kann in den meisten Fällen konservativ behandelt werden.
Die konservative Behandlung umfasst:
· Die intensive Beratung und Aufklärung des Patienten über sein Krankheitsbild mit
· Erläuterung der Wichtigkeit einer eventuell erforderlichen Gewichtsreduktion
· einer Berufsberatung bei eventuell erforderlichem Berufswechsel
· einer erforderlichen Anpassung der körperlichen Belastung bei der beruflichen Tätigkeit und beim Sport
· medikamentöse Therapie mit Gabe von
· Analgetica
· Antiphlogistica
· Muskelrelaxantien
· Lokalen Infiltrationen
· Physiotherapie
Um die Stabilisierung des betroffenen Wirbelsäulensegments zu fördern, ist der Aufbau einer kräftigen
Rücken- und Bauchmuskulatur erforderlich. Dies kann durch isometrisches Training und eine entsprechende
Rückenschule erreicht werden.
· Massagen, Wärmeanwendungen und Elektrotherapie können die Schmerzzustände zusätzlich günstig
beeinflussen.
· Orthopädietechnische Hilfen
· Korsettbehandlung (entlordosierende/stabilisierende Rumpforthesen)
· Orthopädisch angepasste Schuhe
Operative Therapie
Indikationen:
· Leidensdruck, trotz adäquater konservativer Therapie und Anpassung der Lebens- und Arbeitssituation
bestehen weiterhin starke Schmerzen
· Auftreten von neurologischen Ausfällen
· Zunahme des Wirbelgleitens
Ziele der operativen Therapie:
· Stabilisierung des Bewegungssegmentes (Spondylodese) mit Wiederherstellung der Zwischenwirbelhöhe
· Gegebenenfalls Beseitigung neurologischer Symptome (durch Reposition und/oder Dekompression)
· Schmerzreduzierung
· Verbesserung der Wirbelsäulenstatik
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Es gibt verschiedene Operationsverfahren zur Therapie der Spondylolisthesis, wobei zwischen dem Typ I
und dem Typ II unterschieden werden muss:
Typ I: Isthmisch – lytische Form:
A. Verschraubung und Knochenanlagerung (direct repair) der Spondylolyse
Diese Operation kann dann durchgeführt werden, wenn die lytische Spondylolisthese zu einem frühen
Zeitpunkt erkannt wird. Eine Ausheilungsquote der Defektbildung ist nach der Literatur in etwa 50 bis 60 %
zu erwarten. Diese Operation ist nur dann möglich, wenn kein oder nur ein ganz geringfügiger Gleitvorgang
vorliegt und vor allen Dingen nur dann, wenn keine Schädigung der Bandscheibe nachzuweisen ist (MRT) .
B.
Bei Zunahme des Gleitvorgangs infolge einer zunehmenden degenerativen Schädigung der Bandscheibe
(Überlastung) ist dann die Indikation zur Repositions-Spondylodese gegeben.
Diese Repositions-Spondylodese kann sowohl in TLIF- als auch in ALIF-Technik durchgeführt werden. Eine
alleinige dorsale Instrumentation und dorso-laterale Fusion erscheint uns nicht ausreichend, da hier die
Pseudarthroserate wesentlich höher ist.
Typ II: isthmisch – dysplastische Form
Hier ist in die Indikation zur Operation wesentlich großzügiger zu stellen, als bei der isthmisch-lytischen
Form. Im Gegensatz zu der isthmisch-lytischen Form kommt es bei der isthmisch-dysplastischen Form in
vielen Fällen schon im frühen Kindesalter (ab dem 4. oder 5. Lebensjahr) zu erheblichen Beschwerden, die
dann einer operativen Intervention bedürfen. Gleichzeitig ist eine klare OP-Indikation gegeben, wenn bei der
isthmisch-dysplastischem Form eine Progredienz zu erkennen ist.
Wir wissen, daß bei einer entsprechenden Progredienz in sehr vielen Fällen das Vollbild der Spondyloptose
erreicht wird, was dann zu erheblichen Problemen führen kann. Schon bei einer leichten Progression oder
bei Beschwerden sollte nach unserer Ansicht auch schon im frühen Kindesalter die operative Reposition und
Fusion L5/S1 vorgenommen werden, da die Reposition bei Kindern sehr leicht erreichbar ist.
Ab dem 13./14. Lebensjahr bei starken lumbosacralen Kyphosen ist die Reposition wesentlich schwieriger
und vor allen Dingen auch mit einer wesentlich höheren neurologischen Komplikationsrate (Lähmung des
Nerven L5) vergesellschaftet.
Hier kommen grundsätzlich 3 Operationsverfahren in Betracht:
1. Alleinige dorsale Repositions-Spondylodese mit temporärer oder dauerhafter Instrumentation von L4
2. Kombinierte ventro-dorsale Reposition ebenfalls mit Instrumentation von L4
3. Corporektomie von L5 und Fusion von L4 gegenüber S1 (Gaines-Procedure)
Wichtigstes Ziel dieser Operation ist nicht nur die Reposition von L5 gegenüber S1, sondern die Beseitigung
der lumbosakralen Kyphose und die Beseitigung der Retroversion des Beckens. Diese ist nur im Kindesoder im frühen Adoleszentenalter möglich. Bei Erwachsenen ist dieses Ergebnis nicht oder mit einem viel
größeren Aufwand zu erzielen.
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Spondylolisthese
K 01
Die Diagnose „Tumor“ oder „Tumorverdacht“ stellt für jeden Betroffenen einen gravierenden Einschnitt in sein
bisheriges Leben dar. Bereits in der ersten Phase der persönlichen Konfrontation mit seinem Krankheitsbild,
die durch Ängste, Unsicherheit und Verzweiflung geprägt sein kann, erfordert diese Erkrankung eine starke
Mitarbeit des Patienten, da der Betroffene direkt nach Stellung der Verdachtsdiagnose „Tumor“ unter
Umständen eine große Anzahl von klinischen und apparativen Untersuchungen, Befragungen und Gesprächen
zu bewältigen hat, damit rasch eine exakte Diagnose gestellt werden kann.
Sämtliche Untersuchungen haben die Beantwortung folgender Fragen zum Ziel:
· Ist der Tumor gutartig oder bösartig (Dignität)?
· Um welche Art von Tumor handelt es sich?
· Wie ist die Ausdehnung des Tumors?
· Handelt es sich um einen Tumor, der primär im Knochen entsteht oder um eine Metastase (Fernabsiedelung
von Tumorgewebe) eines Tumors, der sich außerhalb der Wirbelsäule befindet?
· Liegen Metastasen in anderen Organen (Leber, Lunge, Lymphknoten) vor?
· Welches Tumorstadium liegt vor (Staging)?
· Wie sind die Behandlungsmöglichkeiten des Tumors (Operation, Bestrahlung, Chemotherapie)?
Erst wenn die Untersuchungen Ergebnisse zur Beantwortung dieser wichtigen Fragen ergeben haben,
ist es möglich, dem Patienten eine fundierte Beschreibung seines Krankheitsbilds zu geben und mit dem
Betroffenen die Konsequenzen seiner Erkrankung, mögliche Behandlungsansätze, Risiken und Komplikationen
zu besprechen. Da eine Tumorerkrankung immer ein sehr komplexes Krankheitsbild darstellt, das meistens
verschiedene Fachrichtungen der Medizin betrifft, werden diagnostische und therapeutische Behandlungsziele
in der Regel durch ein Team von Spezialisten aus verschiedenen medizinischen Bereichen besprochen
und festgelegt. Die Zusammenarbeit dieser Spezialisten in der so genannten Tumorkonferenz garantiert
dem betroffenen Patienten ein Höchstmaß an Kompetenz, Qualität und Sicherheit in der Festlegung und
Durchführung von Diagnostik und Therapie.
Was bedeutet „Tumor“?
Der Begriff „Tumor“ stammt aus der lateinischen Sprache und bedeutet „Schwellung oder Geschwulst“ und
wird in der Medizin wertneutral verwendet. Jede festgestellte Raumforderung wird ohne Kenntnis der Dignität
(„gutartig/bösartig“) als Tumor bezeichnet. An der Wirbelsäule findet man, wie auch an den übrigen Knochen
des Skeletts, gutartige (benigne) oder bösartige (maligne) Tumore und bösartige Tumorabsiedelungen
(Metastasen) von malignen Tumoren, die ihren Primärsitz außerhalb der Wirbelsäule haben.
Welche gutartigen Knochentumoren der Wirbelsäule gibt es?
Die gutartigen Tumoren des Knochens werden nach ihrem Entstehungsort (Knochen, Knorpel oder Gefäße) in
folgende Gruppen eingeteilt:
1. Gutartige Tumoren, die von der knöchernen Struktur ausgehen (osteogen)
Osteoidosteom
Das Osteoidosteom ist ein osteogener, gutartiger Knochentumor, der in seinem Feinaufbau eine trabekuläre
Struktur (Bälkchenform) zeigt, die von einer gefäßreichen Stützgewebsschicht durchzogen wird. Häufig findet
sich, zentral im Tumor gelegen, eine röntgenologisch nachweisbare Aufhellung, der so genannte Nidus.
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Gutartige Tumoren · Tumoren
K 01
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Gutartige Tumoren · Tumoren
Häufige Lokalisationen:
· Wirbel, gehäuftes Auftreten an den Bogenwurzeln (Pedikeln) und den Dornfortsätzen ( processus spinosus)
· Oberschenkelknochen (Femur)
· Schenkelhals
· Schienbein (Tibia)
· Oberarmknochen (Humerus)
Häufigkeit und Geschlechtsverteilung:
Das Osteoidosteom tritt in der Regel zwischen dem 10. und 25. Lebensjahr auf, Männer sind 3 mal häufiger
betroffen als Frauen. Das Osteoidosteom macht cirka 6 % aller Wirbelsäulentumoren aus.
• Osteoidosteom des 6. Halswirbels
Osteoblastom
Das Osteoblastom ist ein gutartiger, osteogener Knochentumor, der einen Aufbau ähnlich der Spongiosa
(junge Knochensubstanz) zeigt, von weicher, blutreicher Konsistenz ist und im Tumorgebilde gleichzeitig Aufund Abbauvorgänge im Knochen durch die aktiven Osteoklasten (Riesenzellen, die im Knochenstoffwechsel
Knochensubstanz abbauen) und Osteoblasten (Zellen, die im Knochenstoffwechsel für den Knochenaufbau
verantwortlich sind) aufweist.
Häufige Lokalisationen:
· Wirbel, gehäuftes Auftreten an den Bogenwurzeln und Dornfortsätzen
· Große Röhrenknochen (Oberschenkel, Schienbein, Oberarm)
· Rippen
· Hand- und Fußwurzelknochen
Häufigkeit und Geschlechtsverteilung:
Das Osteoblastom tritt meist zwischen dem 10. und 30. Lebensjahr auf, Männer sind etwas häufiger betroffen
als Frauen. Das Osteoblastom macht etwa 5 % aller Wirbeltumoren aus
2. Gutartige Tumoren, die von der knorpeligen Struktur ausgehen (chondrogen)
Chondrom
Das Chondrom ist ein chondrogener, gutartiger Knochentumor, der sehr langsam wächst und aus reifem,
hyalinen Knorpelgewebe besteht.
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K 01
Osteochondrom (kartilaginäre Exostose)
Das Osteochondrom ist ein chondrogener, gutartiger Tumor, der aus Knorpel- und Knochengewebe besteht. In
den knöchernen Strukturen des Tumors finden sich oft Knorpelinseln, die verkalken können.
Häufige Lokalisationen:
· Große Röhrenknochen (Oberschenkel, Oberarm, Schienbein)
· Schulterblatt
· Selten Finger und Zehen
· Wirbelbefall eher selten, vornehmlicher Sitz im Bereich des lumbosakralen Übergangs
Häufigkeit und Geschlechtsverteilung:
Chondrome und Osteochondrome werden häufig zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr festgestellt, sie machen
cirka 4-5 % aller Wirbeltumoren aus.
Liegt ein gehäuftes Auftreten von Osteochondromen an verschiedenen Stellen des knöchernen Skeletts vor, so
ist die Wahrscheinlichkeit einer Entartung in einen bösartigen Tumor deutlich erhöht.
Chondroblastom
Das Chondroblastom ist ein gutartiger, chondrogener Tumor, der einen Aufbau aus jungen Chondroblasten
(Zellen, die für den Knorpelaufbau verantwortlich sind) zeigt, sehr zellreich und voll mit Blutgefäßen ist. Der
Tumor ist derb und elastisch, unter dem Mikroskop sind so genannte Riesenzellen nachweisbar, die zu einer
Verwechslung mit einem echten Riesenzelltumor, der bösartig ist, führen kann.
Häufige Lokalisationen:
· Große Röhrenknochen (Oberschenkel, Oberarm, Schienbein)
· Wirbelbefall eher selten
Häufigkeit und Geschlechtsverteilung:
Chondroblastome treten gehäuft im 2. Lebensjahrzehnt auf und machen etwa 0,5-15 % aller Wirbeltumore aus.
Eine bevorzugte Geschlechtsgewichtung gibt es nicht.
Chondromyxoidfibrom
Das Chondromyxoidfibrom ist ein gutartiger, chondrogener Tumor, der hauptsächlich aus myxoidem
(schleimartigem) Gewebe besteht. Im Bereich des Tumors finden sich oft Auftreibungen und Deformierungen
der Knochenstruktur.
Häufige Lokalisationen:
· Große Röhrenknochen (Oberschenkel, Oberarm, Schienbein)
· Wirbelbefall sehr selten
Häufigkeit und Geschlechtsverteilung:
Der Tumor befällt hauptsächlich Jugendliche im 2. Lebensjahrzehnt ohne besondere Geschlechtsverteilung und
ist mit einem Anteil von etwa 0,5 % aller Wirbeltumoren sehr selten.
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Gutartige Tumoren · Tumoren
K 01
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Gutartige Tumoren · Tumoren
3. Gutartige Tumoren des Knochens, die durch Gefäßwucherungen entstehen (vasogen)
Hämangiom
Das Hämangiom ist ein gutartiger vasogener Tumor, der aus neu gebildeten kavernösen und kapillären
Blutgefäßen besteht.
Etwa 40 % aller Hämangiome des knöchernen Skeletts finden sich an der Wirbelsäule, häufig mit Befall von
mehreren Wirbeln. Frauen sind öfter als Männer betroffen.
• Hämangioperizytom
4. Gutartige Knochentumoren anderen Ursprungs
Benignes fibröses Histiozytom
Es handelt sich hierbei um einen seltenen gutartigen, fibrösen Knochentumor, der lediglich etwa 0,1-0,2 %
sämtlicher Wirbeltumore ausmacht
Riesenzelltumor
Der Riesenzelltumor ist ein Knochentumor, der semimaligne ist, das heißt er kann sowohl in einer gutartigen
als auch in einer bösartigen Form in Erscheinung treten. Die feingewebliche Differenzierung ist sehr schwierig,
diese Tumoren neigen nach Ausräumung häufig zu einem Nachwachsen (Rezidivbildung)
5. Tumorähnliche, gutartige Knochenveränderungen
Aneurysmatische Knochenzyste
Hierbei handelt es sich um einen gutartigen Knochenprozess, der zu einer Zerstörung des Knochens durch
Bildung von zystischen Hohlräumen führt. Diese Hohlräume sind meist mit Blut gefüllt und werden von neu
gebildeten Knochenlamellen begrenzt.
Die aneurymatische Knochenzyste tritt häufig an der Wirbelsäule auf und macht ungefähr 10 % sämtlicher
Wirbeltumoren aus.
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Gutartige Tumoren · Tumoren
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K 01
• Aneurysmatische Knochenzyste der Halswirbelsäule
Granulom Eosinophiles
Das eosinophile Granulom bildet meist gutartige Granulome, die im Knochen, Magenschleimhaut, Dünndarm,
Lunge oder der Haut auftreten können.
Bei einem Befall des Knochens wird die knöcherne Struktur vom Markraum ausgehend angegriffen und
aufgelöst (Osteolyse).
Die Granulome treten meist einzeln auf, es gibt aber auch Verläufe mit zahlreichen gleichzeitigen
Granulomherden.
Das Haupterkrankungsalter liegt zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr und tritt in den späteren Lebensjahren
nur selten auf, Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen. Die Ursache der Granulomentstehung ist
bislang nicht bekannt.
Wo treten die gutartigen Knochentumoren an der Wirbelsäule auf?
• Lokalisation der Wirbeltumore
· Wirbelkörper
· Dornfortsatz
· Wirbelgelenk
· Bandscheibe
· Spinalnerv
· Rückenmark
Gutartige (benigne) Knochentumore, wie das Osteoblastom, das Osteoidosteom oder Knochenzysten sind oft in
den hinteren (posterioren) Wirbelanteilen lokalisiert.
Gutartige Knochenprozesse, wie das Hämangiom und das eosinophile Granulom sind oft in den vorderen
(anterioren) Wirbelanteilen zu finden.
Primäre bösartige (maligne) Knochentumoren und Fernabsiedelungen (Metastasen) von Tumoren mit anderem
Primärsitz treten häufig in den vorderen (anterioren) Wirbelanteilen auf.
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K 01
Welche Symptome können gutartige Tumoren der Wirbelsäule verursachen?
Art und Ausprägung der Symptome hängen von der Ausdehnung und Lokalisation des Tumors ab. Da das
Vorliegen eines Tumors keine spezifischen Symptome verursacht, ist eine Differenzierung eines Tumorleidens
zu Rückenschmerzen anderer Ursachen, wie zum Beispiel Erkrankungen der Wirbelsäule durch Abnutzung,
schwierig, da ähnliche Symptome vorliegen können.
· Schmerzen mit unterschiedlicher Ursache und Qualität
· Periostschmerzen (Knochenhaut) durch Anhebung und Dehnung der Knochenhaut als Folge der
Zerstörung der Kortikalisschicht (Außenwand des Wirbels) durch den Tumor
· Lokaler Druck- oder Klopfschmerz
· Ruheschmerz
· Belastungsunabhängiger Schmerz
· Nachtschmerz
· Dauerschmerz
· Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule
· Neurologische Störungen durch Kompression des Rückenmarks oder der Spinalnerven
· Radikuläre Symptomatik durch Druck des Tumors auf die Spinalnervenwurzeln. Bei Kompression der
hinteren Spinalnervenwurzel kommt es im entsprechenden Versorgungsgebiet zu sensiblen Ausfällen
mit schmerzhaften Missempfindungen. Bei Druck auf die vordere Spinalnervenwurzel kommt es zu
motorischen Ausfällen mit Lähmungserscheinungen und Minderung der Muskulatur in den entsprechenden
Versorgungssegmenten.
· Querschnittsymptomatik
Bei Druck auf die Hinterstränge des Rückenmarks kommt es zu Störungen der Tiefensensibilität, zu
Gangstörungen und zu verändertem Schmerz- und Temperaturempfinden.
Bei Schädigung der Pyramidenbahnen durch Tumordruck auf das Rückenmark kann es zur
Ausbildung einer muskulären Schwäche der Beine mit Ermüdungsgefühl und zu vorübergehenden
Lähmungserscheinungen kommen.
· Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion
· Störung der Sexualfunktion
· Veränderung der Reflexe (gesteigert, vermindert, aufgehoben)
· Instabilität des betroffenen Bewegungssegments durch
· Zunehmende Destruktion des tumorös veränderten Wirbels
· Pathologischen Bruch des destabilisierten Wirbels
Wie werden gutartige Tumoren der Wirbelsäule diagnostiziert?
Gutartige Tumoren der Wirbelsäule wachsen meist langsam und werden oft als Zufallsbefund im Rahmen
einer anderen Untersuchung festgestellt. Da nicht jeder gutartige Tumor über das Röntgenbild sofort sicher
als gutartig eingestuft werden kann, ist es für jedes weitere therapeutische Vorgehen absolut wichtig, eine
konsequente Diagnostik durchzuführen, bis die Dignität (gutartig/bösartig) des festgestellten Wirbelbefunds
eindeutig bewiesen ist.
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Gutartige Tumoren · Tumoren
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Gutartige Tumoren · Tumoren
Folgende Untersuchungsverfahren können zur exakten Diagnosestellung herangezogen werden:
· Erhebung der Krankengeschichte und klinische Untersuchung
· Wann und wie sind die Beschwerden aufgetreten? (akut einsetzend, langsam zunehmend)
· Traten die Beschwerden ohne erkennbare Ursache auf?
· Liegt ein Unfallgeschehen in der Vorgeschichte?
· Liegen bereits bekannte Wirbelsäulen- oder Rückenbeschwerden vor?
· Ist die Wirbelsäulenbeweglichkeit eingeschränkt?
· Wo sind die Schmerzen?
· Wie ist die Schmerzqualität (dumpf, brennend, dauernd, intermittierend, abhängig von Belastung oder
Körperhaltung)?
· Liegen Weichteilschwellungen vor?
· Sind Lymphknotenschwellungen nachweisbar?
· Kam es zu einer ungewollten Gewichtsabnahme?
· Gibt es Auffälligkeiten bei der klinischen Untersuchung der Organsysteme?
· Neurologische Untersuchung
· Liegen sensible oder motorische Störungen vor?
· Zeigt sich ein Hinken durch Schonung, Lähmung oder eine Beinverkürzung?
· Finden sich Zeichen einer Störung der Blasen-, Mastdarm- oder Sexualfunktion?
· Ist die Muskulatur normal ausgebildet oder liegt eine Atrophie (Muskelschwund) vor?
· Sind die Reflexe verändert?
· Apparative bildgebende Diagnostik
· Konventionelles Röntgen
Die konventionellen Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen mit Schräg- oder Ziel- Aufnahmen können als
Erstdiagnostik bereits wertvolle Hinweise ergeben.
Lage und Ausdehnung des Tumors, Beschaffenheit der knöchernen Struktur des Wirbels und die Höhe
des Zwischenwirbelraums können beurteilt werden. Über die Lage des Tumors im Wirbel können erste
Rückschlüsse auf die Dignität (gutartig/bösartig) des Tumors gezogen werden, da gutartige Prozesse mit
Ausnahme der Hämangiome und des Eosinophilen Granuloms meist in den hinteren Abschnitten der Wirbel
und bösartige Tumoren meist in den vorderen Wirbelabschnitten zu finden sind.
· Computertomographie (CT)
Mit diesem Schichtbildverfahren lassen sich Tumorveränderungen an der knöchernen Wirbelstruktur
darstellen. Aus verschiedenen Schnittbildschichten können dreidimensionale Rekonstruktionen des
Lokalbefunds hergestellt werden. Die Computertomographie wird zur zielgenauen Punktion eines
verdächtigen Befunds oder zur Darstellung von Engstellungen des Rückenmarkkanals mit Hilfe von
Kontrastmittel herangezogen. (CT-Myelographie)
· Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspin)
Die Kernspintomographie eignet sich sehr gut, um die Lagebeziehung des Tumors zum Rückenmark und
den Spinalnerven, eine mögliche Infiltration in die benachbarten Weichteile und die Verdrängung oder das
Einwachsen des Tumors in Gefäße in engen Schichten zu beurteilen.
Dieses Untersuchungsverfahren hat heute bei der Diagnostik von Tumorleiden und ihrer
differentialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen Erkrankungen der Wirbelsäule den höchsten Stellenwert.
Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet der MRT ist die Verlaufskontrolle nach Operation, Bestrahlungs- oder
Chemotherapie eines Wirbeltumors.
Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad
© www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten.
K 01
· Nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren
· 3-Phasenskelettszintigraphie
Bei diesem Untersuchungsverfahren wird dem Patienten ein radioaktiver Marker injiziert (Technetium99m-Methylen-Diphosphonat), der sich dann im Knochen dort anreichert, wo ein erhöhter
Stoffwechsel stattfindet. Das gesamte knöcherne Skelett wird abgebildet, die Areale mit erhöhtem
Knochenstoffwechsel zeichnen sich gegenüber den unauffälligen Knochenstrukturen deutlich ab, so
dass sämtliche Bezirke mit erhöhtem Stoffwechsel gleichzeitig sichtbar gemacht werden.
Dieses Untersuchungsverfahren ist unspezifisch, das heißt, jeder Bezirk mit erhöhtem
Knochenstoffwechsel wird dargestellt. Eine Differenzierung zwischen gutartigem oder bösartigem
Tumor, aktivierter Arthrose oder der infektiösen Entzündung eines Wirbels ist nur mit Hilfe der anderen
diagnostischen Verfahren durchführbar.
· Positronen-Emissionstomographie (PET)
Mit diesem Verfahren können nach Gabe eines radioaktiv markierten Untersuchungsmedikamentes
erhöhte Stoffwechselprozesse ( z.B. der erhöhte Stoffwechsel eines Tumors) im Körper sichtbar
gemacht werden. Moderne PET Geräte sind mit einem CT-Gerät kombiniert. Mit diesem so genannten
„two-in-one-Scanner“ werden die entsprechenden Aufnahmen sowohl in CT-, als auch in PET-Technik
durchgeführt und anschließend am Computer zu einem aussagekräftigen Bild vereint.
· Single-Photonen-Emissions-Computertomographie (SPECT)
Dieses nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren kann, in Kombination mit der SpiralComputertomographie, nach Gabe unterschiedlicher, gering radioaktiver Substanzen veränderte
Stoffwechselvorgänge im Körper bis in den molekularen Bereich sichtbar machen. Durch die
Kombination beider Untersuchungsverfahren werden die gewonnenen Daten der SPECT-Untersuchung
mit den Daten der Schichtbilder der Spiral-Computertomographie vereint, so dass eine exakte
Lokalisation er auffälligen Körperregionen ermöglicht wird.
· Myelographie
Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Rückenmarkkanal Veränderungen,
die den Rückenmarkkanal verengen oder die Spinalnerven komprimieren, (z.B.: Tumorkompression,
Bandscheibenvorfall) sichtbar machen.
Durch Veränderung der Lage des Patienten auf dem Untersuchungstisch wird das Kontrastmittel über den
gesamten Rückenmarkkanal verteilt, eine dynamische Untersuchung in Bewegung ist unter Durchleuchtung
möglich. Die Myelographie wird meist mit einer anschließenden Computertomographie kombiniert.
· Biopsie und feingewebliche Untersuchung
Bei einer Biopsie wird mit verschiedenen Verfahren Gewebe aus einem verdächtigen Bezirk entnommen, das
anschließend mikroskopisch untersucht werden kann.
Dieses Untersuchungsverfahren ermöglicht die sichere Beurteilung, ob ein festgestellter Tumor gutartig oder
bösartig ist und welche weiteren therapeutischen Schritte eingeleitet werden müssen.
Es gibt verschiedene Biopsiemethoden:
· Geschlossene Verfahren
Durch die Feinnadelbiopsie oder die Stanzbiopsie wird eine geringe Menge des verdächtigen Gewebe
in Narkose entnommen. Unter mikroskopischer Beurteilung kann dann die exakte histologische
(feingewebliche) Diagnose gestellt werden (Tumorart, gutartig/bösartig).
Diese Punktionen sind schonend und werden in der Regel unter Kontrolle mit der Computertomographie
durchgeführt.
· Offene Verfahren
Durch die Exzisions-, oder Inzisionsbiopsie werden die tumorös veränderten Bezirke in Narkose entweder
komplett oder teilweise entfernt und feingeweblich untersucht.
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Gutartige Tumoren · Tumoren
K 01
· Labordiagnostik
Die Laboruntersuchungen erbringen in der Regel keinen eindeutig sicheren Beweis für das Vorliegen
eines Tumors, teilweise sind die Laborparameter unspezifisch, das heißt, sie können auch bei anderen
Erkrankungen verändert sein.
· Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)
· C-reaktives Protein (CRP)
· Weiße Blutkörperchen (Leukozyten)
Die Erhöhung dieser so genannten Entzündungsparameter kann bei Tumorleiden vorliegen, kann aber bei
jedem Infekt ebenso vorkommen.
Tumormarker sind Eiweißstoffe, die in niedriger Konzentration im Blutplasma vorkommen und von
Tumorzellen, manchmal auch von normalen Zellen abgegeben und bestimmt werden können.
Eine Erhöhung der Konzentration verschiedener Tumormarker kann einen Hinweis auf das Vorliegen eines
bestimmten Tumors liefern, sie ist aber nicht beweisend.
Bekannte Tumormarker sind zum Beispiel:
· alpha-Fetoprotein (AFP) als Hinweis für ein Karzinom der Leber
· Neuronen-spezifische Enolase (NSE) als Hinweis auf ein kleinzelliges Bronchialkarzinom oder auf
neuorendokrine Tumore
· Prostata-spezifische Phosphatase (PSA) als Hinweis auf ein Prostatakarzinom
· Monoklonale Antikörper aus der Gruppe der Cancer Antigene (CA) können, je nach vorliegendem CA
Typus, Hinweise auf Tumore der Brustdrüse, der Bauchspeicheldrüse oder des Magens erbringen.
Carcinoembryonales Antigen (CEA) als Hinweis für Tumoren des Magen-Darmtrakts.
Wie erfolgt die Behandlung der gutartigen Tumore der Wirbelsäule?
Gutartige Tumore der Wirbelsäule treten selten auf, können klein und völlig unauffällig sein und werden
gelegentlich nur als Zufallsbefund im Rahmen einer Röntgenuntersuchung wegen einer anderen Ursache
festgestellt.
Sie können aber durch ihr Wachstum die Stabilität des Bewegungssegments verändern, die spezifischen
Strukturen, wie Knochen und Bänder zerstören, sowie Druck auf das Rückenmark und die Spinalnerven
ausüben.
Die sichere und exakte Sicherung der Dignität (gutartig/bösartig) des Tumors ist für die weiteren
Behandlungsschritte die wesentliche Voraussetzung.
Ist das Wachstum des gutartigen Tumors so fortgeschritten, dass die Zerstörung der knöchernen Wirbelstruktur
und des Bandapparats die biomechanischen Funktionen des Bewegungssegments nachteilig verändert oder
neurologische Ausfälle durch Druck auf das Rückenmark und die Spinalnerven drohen, beziehungsweise
bereits eingetreten sind, so wird ein operatives Vorgehen erforderlich.
Die Wahl des Operationsverfahrens und der entsprechende Zugangsweg ergeben sich aus der Lokalisation des
Tumors und der eventuell bestehenden Tumorausdehnung im Knochen und den umgebenden Weichteilen.
Falls ein operatives Vorgehen erforderlich werden sollte, gibt es verschiedene Methoden der Tumorentfernung
und anschließenden Stabilisierung des Bewegungssegments.
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Gutartige Tumoren · Tumoren
K 01
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Gutartige Tumoren · Tumoren
Auch bei gutartigen Tumoren ist nach Möglichkeit eine en-bloc-Resektion anzustreben, da ansonsten
in einer hohen Zahl mit Tumor-Rezidiven zu rechnen ist, die dann das Operationsrisiko stark erhöhen.
Dies gilt insbesonders für die aneurysmatischen Knochenzysten, die an der Wirbelsäule ein wesentlich
höheres Rezidivpotential aufweisen, als dies bei einer Lokalisation an den Extremitäten der Fall ist. Primär
monosegmental lokalisierte aneurysmatische Knochenzysten können bei Rezidiven sehr ausgedehnt auf die
angrenzenden Wirbelsäulenabschnitte übergreifen und dann ein sehr großes operationstechnisches Problem
für den Patienten und für den Operateur darstellen.
In unserer Abteilung werden bei der operativen Behandlung gutartiger Wirbeltumore folgende
Operationsverfahren häufig durchgeführt.
Tumoren der Halswirbelsäule:
· transorale Densresektion mit dorsaler Spondylodese
· dorsale Dekompression mit zervikaler Fusion
· ventrale Corpektomie mit zervikaler Spondylodese
Tumoren der Brust- und Lendenwirbelsäule:
· Corpektomie mit dorsaler Spondylodese
Tumoren des os sacrum (Kreuzbein)
· Sacrum-Op mit Spezialinstrumentation
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10
K 02
Die Diagnose „Tumor“ oder „Tumorverdacht“ stellt für jeden Betroffenen einen gravierenden Einschnitt in sein
bisheriges Leben dar. Bereits in der ersten Phase der persönlichen Konfrontation mit seinem Krankheitsbild,
die durch Ängste, Unsicherheit und Verzweiflung geprägt sein kann, erfordert diese Erkrankung eine starke
Mitarbeit des Patienten, da der Betroffene direkt nach Stellung der Verdachtsdiagnose „Tumor“ unter
Umständen eine große Anzahl von klinischen und apparativen Untersuchungen, Befragungen und Gesprächen
zu bewältigen hat, damit rasch eine exakte Diagnose gestellt werden kann.
Sämtliche Untersuchungen haben die Beantwortung folgender Fragen zum Ziel:
· Ist der Tumor gutartig oder bösartig (Dignität)?
· Um welche Art von Tumor handelt es sich?
· Wie ist die Ausdehnung des Tumors?
· Handelt es sich um einen Tumor, der primär im Knochen entsteht oder um eine Metastase (Fernabsiedelung
von Tumorgewebe) eines Tumors, der sich außerhalb der Wirbelsäule befindet?
· Liegen Metastasen in anderen Organen (Leber, Lunge, Lymphknoten) vor?
· Welches Tumorstadium liegt vor (Staging)?
· Wie sind die Behandlungsmöglichkeiten des Tumors (Operation, Bestrahlung, Chemotherapie)?
Erst wenn die Untersuchungen Ergebnisse zur Beantwortung dieser wichtigen Fragen ergeben haben,
ist es möglich, dem Patienten eine fundierte Beschreibung seines Krankheitsbilds zu geben und mit dem
Betroffenen die Konsequenzen seiner Erkrankung, mögliche Behandlungsansätze, Risiken und Komplikationen
zu besprechen. Da eine Tumorerkrankung immer ein sehr komplexes Krankheitsbild darstellt, das meistens
verschiedene Fachrichtungen der Medizin betrifft, werden diagnostische und therapeutische Behandlungsziele
in der Regel durch ein Team von Spezialisten aus verschiedenen medizinischen Bereichen besprochen
und festgelegt. Die Zusammenarbeit dieser Spezialisten in der so genannten Tumorkonferenz garantiert
dem betroffenen Patienten ein Höchstmaß an Kompetenz, Qualität und Sicherheit in der Festlegung und
Durchführung von Diagnostik und Therapie.
Was bedeutet „Tumor“?
Der Begriff „Tumor“ stammt aus der lateinischen Sprache und bedeutet „Schwellung oder Geschwulst“ und
wird in der Medizin wertneutral verwendet. Jede festgestellte Raumforderung wird ohne Kenntnis der Dignität
(„gutartig/bösartig“) als Tumor bezeichnet.. An der Wirbelsäule findet man, wie auch an den übrigen Knochen
des Skeletts, gutartige (benigne) oder bösartige (maligne) Tumore und bösartige Tumorabsiedelungen
(Metastasen) von malignen Tumoren, die ihren Primärsitz außerhalb der Wirbelsäule haben.
Wie werden Tumore klassifiziert?
Die Eingruppierung der Tumore erfolgt auf der Grundlage der Zellverbände, aus denen sie gebildet sind und mit
größter Wahrscheinlichkeit auch abstammen.
Die Zuordnung, ob ein Tumor gutartig oder bösartig ist und um welche feingewebliche Art des Tumors
es sich handelt, erfolgt durch histologische (feingewebliche), histochemische und immunhistochemische
Untersuchungen. Bei diesen Untersuchungen können Proteine (Eiweißkörper) von Geweben mit Hilfe von
Antikörpern sichtbar gemacht werden, wodurch ein Rückschluss ermöglicht wird, welches spezielle Gewebe
(zum Beispiel welche Art von Tumorgewebe) vorliegt.
Die gutartigen Tumore können in der Regel leicht bestimmt werden, da sie ein sehr differenziertes Zellbild
aufweisen, das heißt der Zellverband ist aus den gleichen Zellen aufgebaut und wirkt homogen. Je
undifferenzierter ein Zellverband ist, desto schwieriger kann es sein, exakt festzulegen, welche Dignität
(gutartig/bösartig) das zu untersuchende Gewebe besitzt, da in einem undifferenzierten Tumorzellverband
verschiedene Entwicklungsstufen der Zelldifferenzierung vorliegen können.
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Bösartige Tumoren · Tumoren
K 02
Die bösartigen Knochentumore können, wie auch die gutartigen Tumore, dem Ort ihrer Entstehung
entsprechend, in osteogene (vom Knochen ausgehende), chondrogene (vom Knorpel ausgehende), vasogene
(von den Gefäßen ausgehende), fibrös-histiozytäre (vom Bindegewebe ausgehende) und hämatopoetische
(vom Knochenmark ausgehende) Tumore eingeteilt werden.
Welche bösartigen Knochentumoren gibt es an der Wirbelsäule?
· Bösartige osteogene Tumore
· Osteosarkom
Das Osteosarkom tritt gehäuft zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr auf. Männliche Kinder und
Jugendliche sind häufiger betroffen als weibliche, Erwachsene sind deutlich weniger betroffen.
Osteosarkome können bei Erwachsenen an der Wirbelsäule und am Becken nach Bestrahlung eines
anderen Tumors oder bei einem vorbestehenden morbus Paget (Erkrankung des Knochens, die durch den
Abbau von Knochensubstanz gekennzeichnet ist) entstehen.
Die Ursache der Entstehung dieses Tumors ist bislang nicht eindeutig geklärt, wachstumsbedingte und
hormonelle Faktoren werden als Auslöser diskutiert.
Die Osteosarkome entstehen in den Metaphysen (Wachstumszone) der langen Röhrenknochen oder
in der Spongiosa (junge Knochensubstanz) der kleineren Knochen. Hauptsächliche Lokalisationen sind
Kniegelenksbereich, Kieferknochen, Oberarmknochen, Becken, Hüfte, seltener Wirbel und kleine Knochen
an Händen und Füßen.
Das Osteosarkom neigt dazu, sehr schnell hämatogene Metastasen (Tumorfernabsiedelungen, die über
die Blutbahn verstreut werden) in die Lunge, in andere Knochenabschnitte des Skeletts oder seltener in die
Lymphknoten zu bilden.
Die Behandlung des Osteosarkoms besteht aus einer hochdosierten Chemotherapie und der operativen
Entfernung des Tumors.
· Aggressives Osteoblastom
Das aggressive Osteoblastom ist ein seltener, langsam wachsender, bösartiger Tumor, der an der
Wirbelsäule die Wirbelbögen und Bogenwurzeln, sowie die langen Röhrenknochen (Oberarm,
Oberschenkel) befällt.
· Bösartige chondrogene Tumore
· Chondrosarkom/Chondromyxoidsarkom
Hochdifferenzierte Chondrosarkome wachsen langsam, nicht differenzierte Tumore können in wenigen
Monaten große Tumore bilden, die ein gefäßarmes, knorpeliges Tumorgewebe bilden.
Diese Tumorart kommt gehäuft zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr vor, Männer sind häufiger betroffen.
Chondrosarkome treten gehäuft an den Rippen, dem Becken und den langen Röhrenknochen, seltener an
der Wirbelsäule auf. Die Metastasierung erfolgt in die Lunge und die angrenzenden Lymphknoten.
Chondrosarkome sind wenig strahlensensibel und reagieren auf Bestrahlungs- und Chemotherapie
nur wenig. Deshalb ist die Therapie der 1. Wahl die möglichst radikale operative Entfernung des
Tumorgewebes.
· Bösartige vasogene Tumore
· Hämangiosarkom/Angioasarkom/Hämangioendotheliom
Diese seltenen Tumorarten gehen von den Blutgefäßen aus und kommen vornehmlich in der Haut, Leber,
weiblichen Brust, aber auch im Knochen vor. Die Behandlung besteht in der operativen Entfernung des
Tumors, Chemotherapie oder Bestrahlung.
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Bösartige Tumoren · Tumoren
K 02
· Bösartige fibrös-histiozytäre Tumore
· Fibrosarkom
Das Fibrosarkom geht vom Bindegewebe aus und bildet Tumorverbände aus kollagenen Fasern ohne
Knochen- oder Knorpelwachstum, die die Knochensubstanz auflösen (Osteolyse). Die Therapie besteht in
der operativen Entfernung des Tumors, da er kaum auf Chemotherapie oder Strahlenbehandlung anspricht.
· Malignes fibröses Histiozytom
Dieser Tumor hat ein breites feingewebliches Erscheinungsbild und tritt gehäuft nach bereits
vorbestehenden Schädigungen der Knochensubstanz (zum Beispiel morbus Paget oder nach hochdosierter
Bestrahlung). Der Tumor führt zu einer ausgedehnten Osteolyse des befallenen Knochens. Die Behandlung
besteht in der operativen Entfernung und einer Chemotherapie.
· Bösartige hämatopoetische Tumore
· Plasmozytom (multiples Myelom. Morbus Kahler)
Das Plasmozytom ist der häufigste bösartige Tumor der Wirbelsäule. Die Mehrzahl der Erkrankungen tritt
nach dem 50. Lebensjahr auf, Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Bei einem Plasmozytom kommt es zu einer unkontrollierten Wucherung von Plasmazellen im
Knochenmark, wodurch die Blutbildung gestört wird. Plasmazellen sind Teil des Immunsystems und werden
im Knochenmark gebildet.
Die entarteten Plasmazellen führen zu einer Auflösung des betroffenen Knochens (Osteolyse). Bei diesem
Abbau von Knochensubstanz wird Calcium freigesetzt, wodurch der Calciumwert im Blut deutlich erhöht
wird (Hypercalciämie)
Die wuchernden Plasmazellen verdrängen die gesunden roten und weißen Blutkörperchen, weshalb es
zu Blutarmut (Anämie) und Infektanfälligkeit und Immunschwächung kommt. Die Gammaglobuline sind
vermehrt, im Urin finden sich Paraproteine (Bence Jones Proteine).
Die Diagnose wird durch eine Knochenmarkbiopsie gesichert.
Die häufigsten Lokalisationen sind Wirbelkörper, Rippen, Schlüsselbein, Schädel, Becken und
Oberschenkelknochen.
Das Plasmozytom wird chemotherapeutisch und durch Bestrahlung behandelt. Bei Vorliegen eines
einzelnen Myelombefunds an der Wirbelsäule, bestehenden Wirbeleinbrüchen oder drohender
Querschnittsymptomatik kann ein operatives Vorgehen erforderlich werden.
· Ewing Sarkom
Das Ewing Sarkom tritt bei Kindern und Jugendlichen auf und ist der aggressivste aller Knochentumoren.
Das Ewing Sarkom findet sich hauptsächlich in den langen Röhrenknochen, dem Becken und den
Wirbelkörpern. Diese Tumorart wächst sehr schnell und beginnt sehr früh Metastasen in das Skelett
und die Lunge zu streuen. Das Ewing Sarkom ist gut strahlensensibel und spricht auch auf eine
chemotherapeutische Behandlung an. Je nach bestehendem Lokalbefund kann eine operative
Tumorentfernung erforderlich werden.
· Non-Hodgkin-Lymphom (NHL)
Bei malignen Lymphomen handelt es sich um bösartige Tumorerkrankungen des lymphatischen Systems.
Bei dieser Tumorart kommt es zur Entartung und Wucherung von Lymphozyten, die eigentlich für die
Immunabwehr zuständig sind.
Da die Non Hodgkin Lymphome aus Lymphozyten in unterschiedlichen Entwicklungsstadien entstehen
können, werden sie in verschiedene Gruppen eingeteilt (B- und T-Zell-Lymphome, niedrig und hochmaligne
NHL).
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Bösartige Tumoren · Tumoren
K 02
Da sich die Tumorzellen im Lymphsystem ausbreiten, können sie praktisch überall im Körper
vorkommen. Die Behandlung dieser Lymphome besteht in der Bestrahlung, der Chemotherapie
und der Radioimmuntherapie. Je nach Lymphomtyp kann eine Knochenmarktransplantation oder
Stammzellentransplantation sinnvoll sein.
Abhängig vom Lymphomtyp, der Lokalisation und dem Krankheitsstadium kann eine operative Entfernung
eines Lymphoms sinnvoll sein.
· Bösartige Tumore anderen Ursprungs
· Riesenzelltumor (Osteoklastom, brauner Tumor)
Die Riesenzelltumor gehören zur Gruppe der semimalignen Tumoren, da sie bei gutartigem Vorkommen
rasch zur bösartigen Form entarten können.
Dieser Tumor tritt zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr auf, Frauen sind etwas öfter betroffen als Männer.
Riesenzelltumore kommen im Bindegewebe des Knochens vor, die vorhandenen Osteoklasten bauen den
gesunden Knochen ab, was zu Osteolysen führt.
Das Osteoklastom neigt nach Entfernung zu erneutem Auftreten (Rezidiv) und ist feingeweblich schwierig
zu differenzieren, da er das Bild seines Gewebeaufbaus ändern kann. Dieser Tumor zeigt sich meistens an
den langen Röhrenknochen, seltener an der Wirbelsäule, eine Metastasierung in die Lunge ist möglich.
· Chordom
Das Chordom ist ein potentiell bösartiger Tumor, der von den Resten der chorda dorsalis ausgeht (aus der
chorda dorsalis entstehen in der Embryonalentwicklung die Wirbel). Dieser Tumor findet sich fast nur im
Bereich der Schädelbasis, der Kreuz-Steißbeinregion und der Halswirbelsäule.
Er tritt im mittleren Lebensalter auf und führt am Knochen zu ausgedehnten Osteolysen. Das Chordom
spricht auf Strahlentherapie und Chemotherapie kaum an, weshalb ein operatives Vorgehen in
Abhängigkeit vom Lokalbefund erforderlich sein kann.
Welche Symptome können bösartige Tumore der Wirbelsäule verursachen?
Art und Ausprägung der Symptome hängen von der Ausdehnung und Lokalisation des Tumors ab. Da das
Vorliegen eines Tumors keine spezifischen Symptome verursacht, ist eine Differenzierung eines Tumorleidens
zu Rückenschmerzen anderer Ursachen, wie zum Beispiel Erkrankungen der Wirbelsäule durch Abnutzung,
schwierig, da ähnliche Symptome vorliegen können.
· Allgemeine Symptome wie
· Fieber
· Gewichtsabnahme
· Nachtschweiß
· Abgeschlagenheit
· Leistungsknick
· Schmerzen mit unterschiedlicher Ursache und Qualität
· Dumpfe Dauerschmerzen in der Höhe des Tumorbefalls
· Periostschmerzen (Knochenhaut) durch Anhebung und Dehnung der Knochenhaut als Folge der
Zerstörung der Kortikalisschicht (Außenwand des Wirbels) durch den Tumor
· Lokaler Druck- oder Klopfschmerz
· Ruheschmerz
· Belastungsunabhängiger Schmerz
· Nachtschmerz
· Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule
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Bösartige Tumoren · Tumoren
K 02
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Bösartige Tumoren · Tumoren
· Lymphknotenvergrößerung
· Neurologische Störungen durch Kompression des Rückenmarks oder der Spinalnerven.
· Radikuläre Symptomatik durch Druck des Tumors auf die Spinalnervenwurzeln.
Bei Kompression der hinteren Spinalnervenwurzel kommt es im entsprechenden Versorgungsgebiet zu
sensiblen Ausfällen mit schmerzhaften Missempfindungen.
Bei Druck auf die vordere Spinalnervenwurzel kommt es zu motorischen Ausfällen mit
Lähmungserscheinungen und Minderung der Muskulatur in den entsprechenden Versorgungssegmenten.
· Querschnittsymptomatik
Bei raschem Tumorwachstum kann es zu einer akuten, kompletten Querschnittsymptomatik kommen.
Bei Druck auf die Hinterstränge des Rückenmarks kommt es zu Störungen der Tiefensensibilität, zu
Gangstörungen und zu verändertem Schmerz- und Temperaturempfinden.
Bei Schädigung der Pyramidenbahnen durch Tumordruck auf das Rückenmark kann es zur
Ausbildung einer muskulären Schwäche der Beine mit Ermüdungsgefühl und zu vorübergehenden
Lähmungserscheinungen kommen.
· Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion
· Störung der Sexualfunktion
· Veränderung der Reflexe (gesteigert, vermindert, aufgehoben)
· Instabilität des betroffenen Bewegungssegments durch
· Zunehmende Destruktion des tumorös veränderten Wirbels
· Pathologischen Bruch des destabilisierten Wirbels
· Symptome, die von den Organsystemen ausgehen, in denen der Primärtumor sitzt und Fernabsiedelungen
in die Wirbelsäule streut. (gynäkologische Symptome, Beschwerden im Magen-Darmtrakt, Auffälligkeiten im
Urogenitalsystem, der Lunge, Schilddrüse und Prostata)
Wie werden bösartige Tumore der Wirbelsäule diagnostiziert?
Bösartige Primärtumore der Wirbelsäule werden oft als Zufallsbefund bei einer röntgenologischen Untersuchung
der Wirbelsäule wegen „Rückenschmerzen“ festgestellt.
Für jedes weitere therapeutische Vorgehen ist es absolut wichtig, eine konsequente Diagnostik durchzuführen,
bis die Dignität (gutartig/bösartig), die Art des Primärtumors des festgestellten Wirbelbefunds und eine eventuell
bereits bestehende Absiedelung von Fernmetastasen in andere Organsysteme (Lunge, Leber, Lymphknoten)
eindeutig bewiesen ist.
Folgende Untersuchungsverfahren können zur exakten Diagnosestellung herangezogen werden:
· Erhebung der Krankengeschichte und klinische Untersuchung
· Wann und wie sind die Beschwerden aufgetreten (akut einsetzend, langsam zunehmend)?
· Traten die Beschwerden ohne erkennbare Ursache auf?
· Liegt ein Unfallgeschehen in der Vorgeschichte?
· Liegen bereits bekannte Wirbelsäulen- oder Rückenbeschwerden vor?
· Ist die Wirbelsäulenbeweglichkeit eingeschränkt?
· Wo sind die Schmerzen?
· Wie ist die Schmerzqualität? (dumpf, brennend, dauernd, intermittierend, abhängig von Belastung oder
Körperhaltung)
· Liegen Weichteilschwellungen vor?
· Sind Lymphknotenschwellungen nachweisbar?
· Kam es zu einer ungewollten Gewichtsabnahme?
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· Neurologische Untersuchung
· Liegen sensible oder motorische Störungen vor?
· Zeigt sich ein Hinken durch Schonung, Lähmung oder eine Beinverkürzung?
Lage und Ausdehnung des Tumors, Beschaffenheit der knöchernen Struktur des Wirbels und die Höhe des
Zwischenwirbelraums können beurteilt werden.
Über die Lage des Tumors im Wirbel können erste Rückschlüsse auf die Dignität (gutartig/bösartig) des
Tumors gezogen werden, da gutartige Prozesse mit Ausnahme der Hämangiome und des Eosinophilen
Granuloms meist in den hinteren Abschnitten der Wirbel und bösartige Tumoren meist in den vorderen
Wirbelabschnitten zu finden sind.
· Computertomographie (CT)
Mit diesem Schichtbildverfahren lassen sich Tumorveränderungen an der knöchernen Wirbelstruktur
darstellen. Aus verschiedenen Schnittbildschichten können dreidimensionale Rekonstruktionen des
Lokalbefunds hergestellt werden. Die Computertomographie wird zur zielgenauen Punktion eines
verdächtigen Befunds oder zur Darstellung von Engstellungen des Rückenmarkkanals mit Hilfe von
Kontrastmittel herangezogen (CT-Myelographie).
· Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspin)
Die Kernspintomographie eignet sich sehr gut, um die Lagebeziehung des Tumors zum Rückenmark und
den Spinalnerven, eine mögliche Infiltration in die benachbarten Weichteile und die Verdrängung oder das
Einwachsen des Tumors in Gefäße in engen Schichten zu beurteilen.
Dieses Untersuchungsverfahren hat heute bei der Diagnostik von Tumorleiden und ihrer
differentialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen Erkrankungen der Wirbelsäule den höchsten Stellenwert.
Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet der MRT ist die Verlaufskontrolle nach Operation, Bestrahlungs- oder
Chemotherapie eines Wirbeltumors.
· Nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren
· 3-Phasenskelettszintigraphie
Bei diesem Untersuchungsverfahren wird dem Patienten ein radioaktiver Marker injiziert (Technetium99m-Methylen-Diphosphonat), der sich dann im Knochen dort anreichert, wo ein erhöhter
Stoffwechsel stattfindet. Das gesamte knöcherne Skelett wird abgebildet, die Areale mit erhöhtem
Knochenstoffwechsel zeichnen sich gegenüber den unauffälligen Knochenstrukturen deutlich ab,
so dass sämtliche Bezirke mit erhöhtem Stoffwechsel gleichzeitig sichtbar gemacht werden. Dieses
Untersuchungsverfahren ist unspezifisch, das heißt, jeder Bezirk mit erhöhtem Knochenstoffwechsel
wird dargestellt. Eine Differenzierung zwischen gutartigem oder bösartigem Tumor, aktivierter Arthrose
oder der infektiösen Entzündung eines Wirbels ist nur mit Hilfe der anderen diagnostischen Verfahren
durchführbar.
· Positronen-Emissionstomographie (PET)
Mit diesem Verfahren können nach Gabe eines radioaktiv markierten Untersuchungsmedikamentes
erhöhte Stoffwechselprozesse (z.B. der erhöhte Stoffwechsel eines Tumors) im Körper sichtbar
gemacht werden. Moderne PET Geräte sind mit einem CT-Gerät kombiniert. Mit diesem so genannten
„twoin-one-Scanner“ werden die entsprechenden Aufnahmen sowohl in CT-, als auch in PET-Technik
durchgeführt und anschließend am Computer zu einem aussagekräftigen Bild vereint.
· Single-Photonen-Emissions-Computertomographie (SPECT)
Dieses nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren kann, in Kombination mit der SpiralComputertomographie, nach Gabe unterschiedlicher, gering radioaktiver Substanzen veränderte
Stoffwechselvorgänge im Körper bis in den molekularen Bereich sichtbar machen. Durch die
Kombination beider Untersuchungsverfahren werden die gewonnenen Daten der SPECT-Untersuchung
mit den Daten der Schichtbilder der Spiral-Computertomographie vereint, so dass eine exakte
Lokalisation der auffälligen Körperregionen ermöglicht wird.
· Myelographie
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Bösartige Tumoren · Tumoren
K 02
Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Rückenmarkkanal Veränderungen,
die den Rückenmarkkanal verengen oder die Spinalnerven komprimieren, (z.B.: Tumorkompression,
Bandscheibenvorfall) sichtbar machen.
Durch Veränderung der Lage des Patienten auf dem Untersuchungstisch wird das Kontrastmittel über den
gesamten Rückenmarkkanal verteilt, eine dynamische Untersuchung in Bewegung ist unter Durchleuchtung
möglich. Die Myelographie wird meist mit einer anschließenden Computertomographie kombiniert.
· Angiographie
In Fällen, in denen eine exakte Darstellung der Tumor versorgenden Blutgefäße zur Operationsplanung
erforderlich ist, Kernspin- oder Computertomographie aber keine sicheren Ergebnisse zeigen, kann eine
Kontrastmitteldarstellung der arteriellen Gefäße durchgeführt werden, die eine genaue Aussage über die
Blutversorgung des Tumors oder die Lagebeziehung des Tumors zu großen Gefäßen ermöglicht.
· Sonographie
Die Ultraschalluntersuchung, inbesonders des Bauchraums, ermöglicht eine
rasche, orientierende Aussage über das eventuelle Vorliegen von Lebertumoren, Nieren- und
Nebennierentumoren oder verdächtigen Lymphknotenveränderungen entlang der großen Gefäße des
Bauchraums.
· Biopsie und feingewebliche Untersuchung
Bei einer Biopsie wird mit verschiedenen Verfahren Gewebe aus einem verdächtigen Bezirk entnommen, das
anschließend mikroskopisch untersucht werden kann.
Dieses Untersuchungsverfahren ermöglicht die sichere Beurteilung, ob ein festgestellter Tumor gutartig oder
bösartig ist und welche weiteren therapeutischen Schritte eingeleitet werden müssen.
Es gibt verschiedene Biopsiemethoden:
· Geschlossene Verfahren
Durch die Feinnadelbiopsie oder die Stanzbiopsie wird eine geringe Menge des verdächtigen Gewebes
in Narkose entnommen. Unter mikroskopischer Beurteilung kann dann die exakte histologische
(feingewebliche) Diagnose gestellt werden (Tumorart, gutartig/bösartig).
Diese Punktionen sind schonend und werden in der Regel unter Kontrolle mit der Computertomographie
durchgeführt.
· Offene Verfahren
Durch die Exzisions-, oder Inzisionsbiopsie werden die tumorös veränderten Bezirke in Narkose entweder
komplett oder teilweise entfernt und feingeweblich untersucht.
· Labordiagnostik
Die Laboruntersuchungen erbringen in der Regel keinen eindeutig sicheren Beweis für das Vorliegen eines
Tumors, teilweise sind die Laborparameter unspezifisch, das heißt, sie können auch bei anderen Erkrankungen
verändert sein.
· Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)
· C-reaktives Protein (CRP)
· Weiße Blutkörperchen (Leukozyten)
Die Erhöhung dieser so genannten Entzündungsparameter kann bei Tumorleiden vorliegen, kann aber bei
jedem Infekt ebenso vorkommen.
Tumormarker sind Eiweißstoffe, die in niedriger Konzentration im Blutplasma vorkommen und von
Tumorzellen, manchmal auch von normalen Zellen abgegeben und bestimmt werden können.
Eine Erhöhung der Konzentration verschiedener Tumormarker kann einen Hinweis auf das Vorliegen eines
bestimmten Tumors liefern, sie ist aber nicht beweisend.
Bekannte Tumormarker sind zum Beispiel:
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Bösartige Tumoren · Tumoren
K 02
· alpha-Fetoprotein (AFP) als Hinweis für ein Karzinom der Leber
· Neuronen-spezifische Enolase (NSE) als Hinweis auf ein kleinzelliges Bronchialkarzinom oder auf
neuorendokrine Tumore.
· Prostata-spezifische Phosphatase (PSA) als Hinweis auf ein Prostatakarzinom
· Monoklonale Antikörper aus der Gruppe der Cancer Antigene (CA) können, je nach vorliegendem CA
Typus, Hinweise auf Tumore der Brustdrüse, der Bauchspeicheldrüse oder des Magens erbringen.
· Carcinoembryonales Antigen (CEA) als Hinweis für Tumoren des Magen-Darmtrakts
Wie wird bei der Diagnostik von Knochentumoren oder Knochenmetastasen vorgegangen (Staging)?
Wird ein Tumor am Knochen oder einem anderen Organ festgestellt, muss sich der behandelnde Arzt rasch
ein Gesamtbild über folgende Faktoren bilden, um den neu festgestellten Tumor in ein bestimmtes Stadium zu
gruppieren:
· Dignität, das heißt: Ist der Tumor gutartig oder bösartig?
Eine exakte Aussage darüber kann durch eine Gewebeprobe und die feingeweblich mikroskopische
Untersuchung (Histologie) gemacht werden.
· In dieser Untersuchung kann auch das Ausmaß der Differenzierung der Tumorzellverbände bestimmt werden,
das heißt, wie stark die Tumorzellverbände von gesunden, differenzierten Zellen abweichen. Dieser Vorgang
wird als Tumor-Grading bezeichnet und liefert wertvolle Hinweise auf die Aggressivität, das Wachstum und die
Metastasierungstendenz des Tumors.
Die Gradingsstufen werden von G1 (gut differenziert) bis G4 (undifferenziert) eingeteilt. Je undifferenzierter
Tumorgewebe ist, desto ausgeprägter ist die Bösartigkeit.
· Tumorsitz und Ausdehnung
Durch Computer- und Kernspintomographie kann die Lage und Ausdehnung des Tumors und seine Beziehung
zu den benachbarten Gewebestrukturen erkannt werden.
· Liegen Absiedelungen des Tumors (Metastasen) in anderen Organsystemen vor (Lunge, Leber, Knochen)?
Ganzkörperskelettszintigraphie, Kernspin- und Computertomographie zeigen, ob und wo Fernmetastasen
vorliegen. Das exakte Wissen um die genannten Faktoren sind entscheidend, um eine individuelle
Behandlungsstrategie und Prognose des Verlaufs zu erstellen
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Bösartige Tumoren · Tumoren
K 02
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Bösartige Tumoren · Tumoren
Gibt es ein System, mit dem bösartige Knochentumoren oder Knochenmetastasen klassifiziert werden
(TNM-Klassifikation)?
Für alle bösartigen Tumore, mit Ausnahme der Leukämie und der bösartigen Lymphome, gibt es das so
genannte TNM-System, das zur Beurteilung des individuell bestehenden Tumorleidens herangezogen werden
kann.
Das TNM-System ist international standardisiert und unterstützt die behandelnden Ärzte nach der
Diagnosestellung und im Verlauf der Erkrankung durch eine gemeinsame „Sprache“.
Die drei Buchstaben stehen für:
· T (Tumor)
Tumorausdehnung oder Größe des Primärtumors
· N (Node, Knoten)
Liegen Lymphknotenmetastasen vor?
· M (Metastase)
Liegen Fernabsiedelungen des Primärtumors vor?
· G (Grading)
Welcher Differenzierungsgrad des Tumorgewebes liegt vor?
Die Buchstaben T, N, M und G werden zusätzlich mit Ziffern versehen, die dann eine Aussage über die Größe
des Tumors (T1-T4), über Vorhandensein und Anzahl von Lymhknotenmetastasen (N0-N3), das Fehlen oder
Vorkommen von Fernmetastasen in anderen Organsystemen (M0 oder M1) und den Differenzierungsgrad des
Tumorgewebes (G1-G4) ermöglichen.
Kann bei Diagnosestellung zu einem der drei Faktoren des TNM – Systems und des Grading keine sichere
Aussage gemacht werden, bezeichnet man dies mit dem Zusatzbuchstaben X.
„MX“ würde zum Beispiel bedeuten, dass über das Vorliegen von Fernmetastasen keine sicheren Aussagen
gemacht werden können.
Beispiel für die TNM Klassifikation eines primären Knochentumors der Wirbelsäule:
T1N1M1G4 würde bedeuten:
T1:
der Tumor hat die Kortikalis (harte knöcherne Außenwand) des Wirbels durchbrochen
und infiltriert bereits das angrenzende Gewebe
N1:
es liegen bereits regionäre Lymphknotenmetastasen vor
M1:
es finden sich bereits Fernabsiedelungen des Tumors in Lunge, Leber oder anderen Knochen
G4:
das Tumorgewebe ist nicht differenziert, also sehr bösartig
Gibt es ein Klassifizierungssystem, das dem Operateur durch die Lagebeziehung des Tumors zu seiner
Umgebung Hinweise auf ein mögliches operatives Vorgehen gibt?
Weinstein hat 1991 eine Klassifikation eingeführt, die es ermöglicht, einen Tumor in verschiedene Lagetypen zu
gruppieren. Der Wirbel wird in 4 Zonen eingeteilt:
Zone I entspricht den dorsalen (hinteren) Strukturen des Wirbels
Zone II umfasst die Pedikel (Bogenwurzeln) und die Querfortsätze rechts und links
Zone III betrifft den Wirbelkörper
Zone IV die Hinterkante des Wirbelkörpers. Zusätzlich macht man über die Buchstaben A, B und C die
Unterscheidung, ob der Tumor im Knochen (intraossär = A) oder außerhalb des Knochens (extraossär = B) liegt
oder ob bereits eine Metastasierung vorliegt (= C).
Beispiel: Klassifikation I A würde demnach bedeuten, dass es sich um einen innerhalb der dorsalen
Wirbelstrukturen befindlichen Tumor handelt.
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Bösartige Tumoren · Tumoren
• Klassifikation nach Weinstein (1991)
· Wirbelkörper (III)
· Hinterkante (IV)
· Pedikel, Querfortsätze rechts und links (II)
· Dorsale Strukturen (I)
1997 wurde die Weinstein Klassifikation verfeinert und als Weinstein-Boriani-Biagini System des Tumorstaging
eingeführt.
Der Wirbel ist graphisch in der Aufsicht dargestellt und im Uhrzeigersinn in 12 radiäre Segmente eingeteilt.
Zusätzlich finden sich 5 konzentrische Areale A-E, die vom äußeren Areal A (außerhalb des Wirbels liegende
Weichteile) bis zum inneren Areal E (Spinalkanal mit Rückenmark) eine exakte Lagezuordnung des Tumors
ermöglichen.
• Weinstein-Boriani-Biagini Klassifikation
· Dornfortsatz, processus spinosus
· Obere Facettengelenkfläche,
· Querfortsatz
· Bogenwurzel, (Pedikel)
· Wirbelkörper
· Weichteile
Durch die oben genannte Klassifikation kann der Operateur durch die differenzierte Zuordnung des Tumors zu
den Abschnitten im Bereich des Wirbels und seiner Umgebung wertvolle Hinweise erhalten, aus denen sich
verschiedene strategische Ansätze des operativen Vorgehens ableiten lassen.
Wie erfolgt die Behandlung von bösartigen Tumoren der Wirbelsäule?
Nach gestellter Verdachtsdiagnose „Tumor der Wirbelsäule“ müssen die Dignität (gutartig/bösartig), die genaue
Lokalisation, das Vorhandensein von Metastasen in anderen Organsystemen und der feingewebliche Aufbau
des Tumors abgeklärt werden.
Bestätigt sich die Diagnose eines bösartigen Tumors, muss auf der Grundlage der bestehenden Befunde die
Behandlungsstrategie festgelegt werden.
Da ein Tumorleiden eine komplexe Erkrankung darstellt, erfolgt die Festsetzung der individuellen Behandlung
in einem Team von Spezialisten. An dieser so genannten interdisziplinären Tumorkonferenz sind die
Fachdisziplinen beteiligt, die bei der vorliegenden Tumorerkrankung ihr Spezialwissen einbringen und dadurch
für eine maximale Behandlungsqualität sorgen. In der Tumorkonferenz sind Chirurgen, Spezialisten für die
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K 02
K 02
chemotherapeutische Tumorbehandlung (Onkologen) und für die Strahlentherapie, Radiologen, Pathologen
und Fachärzte aus den medizinischen Disziplinen vertreten, die für die Aufstellung einer individuellen
Behandlungsstrategie ihr Fachwissen einbringen.
Die wichtigsten Säulen der Behandlung von Wirbeltumoren sind:
· Bestrahlungstherapie
· Chemotherapie
· Schmerztherapie
· Tumoroperation
Bösartige Tumorleiden der Wirbelsäule sind trotz Operation und unterstützender Strahlen- oder Chemotherapie
nicht immer heilbar.
Gerade an der Wirbelsäule sind dem Operateur durch die anatomischen Besonderheiten (Rückenmark,
Spinalnerven, Gefäßversorgung) in der Radikalität des operativen Vorgehens Grenzen gesetzt, nicht jeder
Tumor kann radikal im onkologischen Sinn entfernt werden.
Die Tumorchirurgie der Wirbelsäule kann aber, immer angepasst an den individuell vorliegenden Befund, helfen,
die Lebensqualität des Patienten deutlich zu verbessern.
· Bei günstiger Lokalisation kann ein Tumor komplett entfernt werden (kurative, „heilende“ Behandlung)
· Bei drohenden oder bestehenden Wirbelinstabilitäten durch das Tumorwachstum kann die Gefahr von
neurologischen Ausfällen oder Querschnittsymptomatik verhindert werden.
· Durch Entfernung des Tumors oder eine Reduzierung der Tumormasse können Schmerzen gelindert werden.
Falls ein operatives Vorgehen erforderlich werden sollte, gibt es verschiedene Methoden der Tumorentfernung
und anschließenden Stabilisierung des Bewegungssegments.
Folgende Operationsverfahren werden in unserer Abteilung bei der Behandlung bösartiger Wirbeltumore häufig
durchgeführt:
Tumoren der Halswirbelsäule:
· transorale Densresektion mit dorsaler Spondylodese
· dorsale Dekompression mit zervikaler Fusion
· ventrale Corpektomie mit zervikaler Spondylodese
Tumoren der Brust- und Lendenwirbelsäule:
· Corpektomie mit dorsaler Spondylodese
Tumoren des os sacrum (Kreuzbein)
· Sacrum-Op mit Spezialinstrumentation
Was ist die Tumornachsorge?
Bösartige Tumoren erfordern nach der Behandlung eine regelmäßige Kontrolle.
In der Regel werden in den ersten 2 Jahren nach Stellung einer Tumordiagnose in 3-monatigem Abstand
Kontrolluntersuchungen durchgeführt.
Im 3.-5. Jahr erfolgen die Kontrollen halbjährlich, ab dem 6. Jahr im Jahresabstand.
Bei diesen Terminen wird durch verschiedene Untersuchungen (CT, Kernspin, Szintigraphie, Ultraschall,
klinische und neurologische Untersuchung) überprüft, ob der Gesamtzustand stabil geblieben ist oder ob es zu
einem erneuten Tumorwachstum gekommen ist.
Die regelmäßige Kontrolle garantiert die Möglichkeit eines raschen Eingreifens, falls es im Verlauf zu erneutem
Tumorwachstum kommt.
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Bösartige Tumoren · Tumoren
K 03
Was sind Metastasen?
Metastasen, auch „Tochtergeschwülste oder Fernabsiedelungen“ genannt, sind bösartige Zellen oder
Zellverbände, die auf verschiedenen Wegen von einem Primärtumor (zum Beispiel von einem bösartigen Tumor
der Lunge, weiblichen Brust, Gebärmutter, Niere, Magen oder Prostata) in andere Gewebe oder Organsysteme,
wie die Leber, die großen Röhrenknochen oder die Wirbel transportiert werden und dort mit Tumorwachstum
beginnen.
Man spricht dann von einem metastasierenden Primärtumor mit zum Beispiel Leber-, Knochen- oder
Wirbelmetastasen.
Welche bösartigen Primärtumore streuen ihre Metastasen (Tumorfernabsiedelungen) in die Wirbelsäule oder
andere Knochen?
Die wichtigsten bösartigen Tumore, die Fernabsiedelungen in die Wirbel oder andere Knochen setzen, sind:
· Mamakarzinom (Krebs der weiblichen Brustdrüse)
· Prostatakarzinom (Krebs der Vorsteherdrüse)
· Bronchialkarzinom (Lungenkrebs)
· Schilddrüsenkarzinom
· Hypernephroides Nierenkarzinom (Nierenkrebs)
· Hautkrebs
· Magenkrebs
· Krebs des Gebärmutterhalses (Portiokarzinom)
• Häufige Lokalisationen von Knochenmetastasen
· Schädelkalotte
· Halswirbel
· Oberarmkopf
· Brustwirbel
· Oberarmschaft
· Lendenwirbel
· Beckenschaufel
· Oberschenkelhals
· Oberschenkel
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Knochenmetastasen · Tumoren
K 03
Wie können Knochenmetastasen entstehen?
Die genaue Entstehung von Metastasen ist bislang noch nicht geklärt. Ein möglicher Mechanismus ist die so
genannte Tumorzell-Embolisation, die in den biochemischen Verhältnissen der jungen Knochensubstanz der
Wirbel (Spongiosa) ein günstiges Milieu für das Einnisten von Tumorzellen und ein weiteres Tumorwachstum
findet.
Der Primärtumor, der außerhalb der Wirbelsäule sitzt, gibt Tumorzellen ab, die dann im Blutkreislauf zirkulieren.
Über die Blutbahnen können diese Tumorzellen in das Knochenmark gelangen, wo sich die Tumorzellen als
Zellverbände an die Knochenwand binden. Diese bösartigen Zellverbände nennt man Mikrometastasen.
Das normale Gleichgewicht im gesunden Knochen ist, neben anderen Faktoren, auch durch die ausgewogene
Aktivität der Osteoblasten, die für den Knochenaufbau zuständig sind und die Osteoklasten, die eine
Abbaufunktion des Knochens übernehmen, bestimmt.
Die Mikrometastasen stören dieses Gleichgewicht, wodurch die Tumorzellverbände in den Knochen eindringen
und diesen zerstören. Die häufigsten Knochenmetastasen sind so genannte osteoklastische (Knochen
abbauende) Metastasen, die den Knochen durch Tumorwachstum zerstören und auflösen (Osteolyse).
Wie gelangt Tumorgewebe von einem bösartigen Primärtumor außerhalb der Wirbelsäule zu den Wirbeln
(Metastasierungswege)?
Die Metastasierung eines Primärtumors kann über verschiedene Wege führen:
· hämatogen - über das Blutgefäßsystem
· lymphogen - über da Lymphgefäßsystem
· per continuitatem - durch direktes Weiterwachsen des Primärtumors in das Umgebungsgewebe
Wirbelmetastasen werden hauptsächlich auf hämatogenem Weg gestreut.
Man kennt verschiedene Typen der hämatogenen Aussaat von Metastasen:
· Lungentyp
Ein primär bösartiger Lungenkrebs streut seine Metastasen über die Lungenvenen in das linke Herz. Von dort
gelangen die Fernabsiedelungen des Primärtumors in die Blutgefäße des großen Kreislaufs zum Beispiel in die
Leber, Knochen, Gehirn und andere Organe.
· Lebertyp
Ein bösartiger Lebertumor gibt Tumorzellen frei, nachdem er in das Lebervenensystem durchgebrochen ist.
Von dort gelangen die Krebszellen in die Lunge, die dann die weitere Aussaat der Tumorzellen über den
Metastasierungsweg des Lungentyps bewirkt.
· Pfortadertyp
Die Pfortader (vena portae) sammelt das venöse Blut des Magens, der Bauchspeicheldrüse, der Milz, des
Dünndarms und Teilen des Dickdarms und führt dieses Blut zur Leber. Findet sich an den genannten Organen
ein bösartiger Tumor, so können sich Tumorzellen über diesen Weg zur Leber und anschließend über den
Lebertyp im Körper ausbreiten.
· Hohlvenentyp (vena cava)
Die obere und untere Hohlvene sammelt das venöse Blut aus dem Körper und transportiert es zum rechten
Herzvorhof. Befindet sich ein bösartiger Tumor im Einzugsgebiet der beiden Hohlvenen, gelangen die
Tumorzellen auf diesem Weg über die rechte Herzseite zur Lunge, von wo aus es zur weiteren Metastasierung
nach dem Lungentyp kommen kann.
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Knochenmetastasen · Tumoren
K 03
· vertebraler Metastasierungstyp
Der Abfluss des venösen Blutes der Wirbel erfolgt über den so genannten Batson Venenplexus, einem
feinen Netz von klappenlosen Venen, der sich aus dem plexus venosus vertebralis externus und internus
zusammensetzt.
Das venöse Blut der Hals- und Brustwirbelsäule wird nach Passage des Batson Venenplexus zur oberen
Hohlvene (vena cava superior), das venöse Blut der Lendenwirbelsäule, Kreuz- und Steißbein über den Batson
Plexus zur unteren Hohlvene (vena cava inferior) und von dort zur rechten Herzhälfte transportiert.
Primärtumore der Lunge, der weiblichen Brustdrüse, der Prostata, Nieren und des Magen-Darmtrakts stehen
über Gefäßverbindungen mit dem Batson Venenplexus der Wirbel in Verbindung. Durch ein Druckerhöhung
im Gefäßsystem, zum Beispiel durch Husten, Pressen oder Niesen, kann es zu einer Strömungsumkehr des
venösen Blutes im Batson Venenplexus kommen, wodurch das Blut nicht von den Wirbeln wegtransportiert
wird, sondern von den oben genannten Organen zu den Wirbeln „gepresst“ wird. Durch diesen Mechanismus
kann es zur direkten Aussaat von Tumorzellen eines Primärtumors dieser Organe an die Wirbel kommen.
Welche Symptome können Metastasen verursachen?
Art und Ausprägung der Symptome hängen von der Ausdehnung und Lokalisation der Metastasen ab. Da das
Vorliegen eines Tumors keine spezifischen Symptome verursacht, ist eine Differenzierung eines Tumor- oder
Metastasenleidens zu Rückenschmerzen anderer Ursachen, wie zum Beispiel Erkrankungen der Wirbelsäule
durch Abnutzung, schwierig, da lange Zeit ähnliche Symptome vorliegen können.
· Allgemeine Symptome wie
· Fieber
· Nachtschweiß
· Gewichtsabnahme
· Abgeschlagenheit
· Leistungsknick
· Schmerzen mit unterschiedlicher Ursache und Qualität
· Dumpfe Dauerschmerzen in der Höhe des Tumorbefalls
· Periostschmerzen (Knochenhaut) durch Anhebung und Dehnung der Knochenhaut als Folge der
Zerstörung der Kortikalisschicht (Außenwand des Wirbels) durch die Metastase
· Lokaler Druck- oder Klopfschmerz
· Ruheschmerz
· Belastungsunabhängiger Schmerz
· Nachtschmerz
· Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule
· Lymphknotenschwellung
· Neurologische Störungen durch Kompression des Rückenmarks oder der Spinalnerven
· Radikuläre Symptomatik durch Druck des Tumorgewebes auf die Spinalnervenwurzeln.
Bei Kompression der hinteren Spinalnervenwurzel kommt es im entsprechenden Versorgungsgebiet zu
sensiblen Ausfällen mit schmerzhaften Missempfindungen.
Bei Druck auf die vordere Spinalnervenwurzel kommt es zu motorischen Ausfällen mit
Lähmungserscheinungen und Minderung der Muskulatur in den entsprechenden Versorgungssegmenten.
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K 03
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Knochenmetastasen · Tumoren
· Querschnittsymptomatik
Bei raschem Metastasenwachstum kann es zu einer akuten, kompletten Querschnittsymptomatik
kommen, deren neurologischen Ausfallserscheinungen immer von der Höhe des durch die tumoröse
Fernabsiedelung befallenen Wirbel-segments abhängt. Über die vorliegenden motorischen oder sensiblen
Ausfälle kann bereits bei der klinischen Untersuchung eine Aussage über die Höhenzuordnung des
Wirbeltumors gemacht werden.
Bei Druck auf die Hinterstränge des Rückenmarks kommt es zu Störungen der Tiefensensibilität, zu
Gangstörungen und zu verändertem Schmerz- und Temperaturempfinden.
Bei Schädigung der Pyramidenbahnen durch Tumordruck auf das Rückenmark kann es zur
Ausbildung einer muskulären Schwäche der Beine mit Ermüdungsgefühl und zu vorübergehenden
Lähmungserscheinungen kommen.
· Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion
· Störung der Sexualfunktion
· Veränderung der Reflexe (gesteigert, vermindert, aufgehoben)
· Instabilität des betroffenen Bewegungssegments durch
· Zunehmende Destruktion des tumorös veränderten Wirbels
· Pathologischen Bruch des destabilisierten Wirbels
· Symptome, die von den Organsystemen ausgehen, in denen der Primärtumor sitzt und Fernabsiedelungen
in die Wirbelsäule streut (gynäkologische Symptome, Beschwerden im Magen-Darmtrakt, Auffälligkeiten im
Urogenitalsystem, der Lunge, Schilddrüse und Prostata).
Wie werden Metastasen der Wirbelsäule diagnostiziert?
Knochen- oder Wirbelmetastasen werden oft im Rahmen der Umgebungsuntersuchungen bei einem
bereits festgestellten Primärtumor mit Sitz außerhalb der Wirbelsäule oder als Zufallsbefund bei einer
röntgenologischen Untersuchung der Wirbelsäule wegen „Rückenschmerzen“ festgestellt.
Für jedes weitere therapeutische Vorgehen ist es absolut wichtig, eine konsequente Diagnostik durchzuführen,
bis die Dignität (gutartig/bösartig) und die Art des Primärtumors (Sitz des Primärtumors außerhalb der
Wirbelsäule oder primärer Knochentumor?) des festgestellten Wirbelbefunds eindeutig bewiesen ist.
Folgende Untersuchungsverfahren können zur exakten Diagnosestellung herangezogen werden:
· Erhebung der Krankengeschichte und klinische Untersuchung
· Wann und wie sind die Beschwerden aufgetreten (akut einsetzend, langsam zunehmend)?
· Traten die Beschwerden ohne erkennbare Ursache auf?
· Liegt ein Unfallgeschehen in der Vorgeschichte?
· Liegen bereits bekannte Wirbelsäulen- oder Rückenbeschwerden vor?
· Ist die Wirbelsäulenbeweglichkeit eingeschränkt?
· Wo sind die Schmerzen?
· Wie ist die Schmerzqualität (dumpf, brennend, dauernd, intermittierend, abhängig von Belastung oder
Körperhaltung)?
· Liegen Weichteilschwellungen vor?
· Kam es zu einer ungewollten Gewichtsabnahme?
· Gibt es Auffälligkeiten bei der klinischen Untersuchung der Organsysteme?
· Liegen auffällige Lymphknotenschwellungen vor?
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· Neurologische Untersuchung
· Liegen sensible oder motorische Störungen vor?
· Zeigt sich ein Hinken durch Schonung, Lähmung oder eine Beinverkürzung?
· Finden sich Zeichen einer Störung der Blasen-, Mastdarm- oder Sexualfunktion?
· Ist die Muskulatur normal ausgebildet oder liegt eine Atrophie (Muskelschwund) vor?
· Sind die Reflexe verändert?
· Apparative bildgebende Diagnostik
· Konventionelles Röntgen
Die konventionellen Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen mit Schräg- oder Ziel- Aufnahmen können als
Erstdiagnostik bereits wertvolle Hinweise ergeben. Lage und Ausdehnung des Tumors, Beschaffenheit der
knöchernen Struktur des Wirbels und die Höhe des Zwischenwirbelraums können beurteilt werden.
Über die Lage des Tumors im Wirbel können erste Rückschlüsse auf die Dignität (gutartig/bösartig) des
Tumors gezogen werden, da gutartige Prozesse mit Ausnahme der Hämangiome und des Eosinophilen
Granuloms meist in den hinteren Abschnitten der Wirbel und bösartige Tumoren meist in den vorderen
Wirbelabschnitten zu finden sind.
· Computertomographie (CT)
Mit diesem Schichtbildverfahren lassen sich Tumorveränderungen an der knöchernen Wirbelstruktur
darstellen. Aus verschiedenen Schnittbildschichten können dreidimensionale Rekonstruktionen des
Lokalbefunds hergestellt werden. Die Computertomographie wird zur zielgenauen Punktion eines
verdächtigen Befunds oder zur Darstellung von Engstellungen des Rückenmarkkanals mit Hilfe von
Kontrastmittel herangezogen CT-Myelographie).
· Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspin)
Die Kernspintomographie eignet sich sehr gut, um die Lagebeziehung des Tumors zum Rückenmark und
den Spinalnerven, eine mögliche Infiltration in die benachbarten Weichteile und die Verdrängung oder das
Einwachsen des Tumors in Gefäße in engen Schichten zu beurteilen.
Dieses Untersuchungsverfahren hat heute bei der Diagnostik von Tumorleiden und ihrer
differentialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen Erkrankungen der Wirbelsäule den höchsten Stellenwert.
Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet der MRT ist die Verlaufskontrolle nach Operation, Bestrahlungs- oder
Chemotherapie eines Wirbeltumors.
· Nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren
· 3-Phasenskelettszintigraphie
Bei diesem Untersuchungsverfahren wird dem Patienten ein radioaktiver Marker injiziert (Technetium99m-Methylen-Diphosphonat), der sich dann im Knochen dort anreichert, wo ein erhöhter
Stoffwechsel stattfindet. Das gesamte knöcherne Skelett wird abgebildet, die Areale mit erhöhtem
Knochenstoffwechsel zeichnen sich gegenüber den unauffälligen Knochenstrukturen deutlich ab,
so dass sämtliche Bezirke mit erhöhtem Stoffwechsel gleichzeitig sichtbar gemacht werden. Dieses
Untersuchungsverfahren ist unspezifisch, das heißt, jeder Bezirk mit erhöhtem Knochenstoffwechsel
wird dargestellt. Eine Differenzierung zwischen gutartigem oder bösartigem Tumor, aktivierter Arthrose
oder der infektiösen Entzündung eines Wirbels ist nur mit Hilfe der anderen diagnostischen Verfahren
durchführbar.
· Positronen-Emissionstomographie (PET)
Mit diesem Verfahren können nach Gabe eines radioaktiv markierten Untersuchungsmedikamentes
erhöhte Stoffwechselprozesse (z.B. der erhöhte Stoffwechsel eines Tumors) im Körper sichtbar
gemacht werden. Moderne PET Geräte sind mit einem CT-Gerät kombiniert. Mit diesem so genannten
„two-in-one-Scanner“ werden die entsprechenden Aufnahmen sowohl in CT-, als auch in PET-Technik
durchgeführt und anschließend am Computer zu einem aussagekräftigen Bild vereint.
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Knochenmetastasen · Tumoren
K 03
· Single-Photonen-Emissions-Computertomographie (SPECT)
Dieses nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren kann, in Kombination mit der SpiralComputertomographie, nach Gabe unterschiedlicher, gering radioaktiver Substanzen veränderte
Stoffwechselvorgänge im Körper bis in den molekularen Bereich sichtbar machen. Durch die
Kombination beider Untersuchungsverfahren werden die gewonnenen Daten der SPECT-Untersuchung
mit den Daten der Schichtbilder der Spiral-Computertomographie vereint, so dass eine exakte
Lokalisation der auffälligen Körperregionen ermöglicht wird.
· Myelographie
Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Rückenmarkkanal Veränderungen,
die den Rückenmarkkanal verengen oder die Spinalnerven komprimieren, (z.B.: Tumorkompression,
Bandscheibenvorfall) sichtbar machen.
Durch Veränderung der Lage des Patienten auf dem Untersuchungstisch wird das Kontrastmittel über den
gesamten Rückenmarkkanal verteilt, eine dynamische Untersuchung in Bewegung ist unter Durchleuchtung
möglich. Die Myelographie wird meist mit einer anschließenden Computertomographie kombiniert.
· Angiographie
In Fällen, in denen eine exakte Darstellung der Tumor versorgenden Blutgefäße zur Operationsplanung
erforderlich ist, Kernspin- oder Computertomographie aber keine sicheren Ergebnisse zeigen, kann eine
Kontrastmitteldarstellung der arteriellen Gefäße durchgeführt werden, die eine genaue Aussage über die
Blutversorgung des Tumors oder die Lagebeziehung des Tumors zu großen Gefäßen ermöglicht.
· Sonographie
Die Ultraschalluntersuchung, inbesonders des Bauchraums, ermöglicht eine rasche, orientierende Aussage
über das eventuelle Vorliegen von Lebertumoren, Nieren- und Nebennierentumoren oder verdächtigen
Lymphknotenveränderungen entlang der großen Gefäße des Bauchraums.
· Biopsie und feingewebliche Untersuchung
Bei einer Biopsie wird mit verschiedenen Verfahren Gewebe aus einem verdächtigen Bezirk entnommen, das
anschließend mikroskopisch untersucht werden kann.
Dieses Untersuchungsverfahren ermöglicht die sichere Beurteilung, ob ein festgestellter Tumor gutartig oder
bösartig ist und welche weiteren therapeutischen Schritte eingeleitet werden müssen.
Es gibt verschiedene Biopsiemethoden:
· Geschlossene Verfahren
Durch die Feinnadelbiopsie oder die Stanzbiopsie wird eine geringe Menge des verdächtigen Gewebes
in Narkose entnommen. Unter mikroskopischer Beurteilung kann dann die exakte histologische
(feingewebliche) Diagnose gestellt werden (Tumorart, gutartig/bösartig).
Diese Punktionen sind schonend und werden in der Regel unter Kontrolle mit der Computertomographie
durchgeführt.
· Offene Verfahren
Durch die Exzisions-, oder Inzisionsbiopsie werden die tumorös veränderten Bezirke in Narkose entweder
komplett oder teilweise entfernt und feingeweblich untersucht.
· Labordiagnostik
Die Laboruntersuchungen erbringen in der Regel keinen eindeutig sicheren Beweis für das Vorliegen eines
Tumors, teilweise sind die Laborparameter unspezifisch, das heißt, sie können auch bei anderen Erkrankungen
verändert sein.
· Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)
· C-reaktives Protein (CRP)
· Weiße Blutkörperchen (Leukozyten)
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Knochenmetastasen · Tumoren
K 03
Die Erhöhung dieser so genannten Entzündungsparameter kann bei Tumorleiden vorliegen, kann aber bei
jedem Infekt ebenso vorkommen.
Tumormarker sind Eiweißstoffe, die in niedriger Konzentration im Blutplasma vorkommen und von Tumorzellen,
manchmal auch von normalen Zellen abgegeben und bestimmt werden können.
Eine Erhöhung der Konzentration verschiedener Tumormarker kann einen Hinweis auf das Vorliegen eines
bestimmten Tumors liefern, sie ist aber nicht beweisend.
Bekannte Tumormarker sind zum Beispiel:
· alpha-Fetoprotein (AFP) als Hinweis für ein Karzinom der Leber
· Neuronen-spezifische Enolase (NSE) als Hinweis auf ein kleinzelliges Bronchialkarzinom oder auf
neuorendokrine Tumore
· Prostata-spezifische Phosphatase (PSA) als Hinweis auf ein Prostatakarzinom
· Monoklonale Antikörper aus der Gruppe der Cancer Antigene (CA) können, je nach vorliegendem CA Typus,
Hinweise auf Tumore der Brustdrüse, der Bauchspeicheldrüse oder des Magens erbringen.
· Carcinoembryonales Antigen (CEA) als Hinweis für Tumoren des Magen-Darmtrakts
Wie wird bei der Diagnostik von Knochentumoren oder Knochenmetastasen vorgegangen (Staging)?
Wird ein Tumor am Knochen oder einem anderen Organ festgestellt, muss sich der behandelnde Arzt rasch
ein Gesamtbild über folgende Faktoren bilden, um den neu festgestellten Tumor in ein bestimmtes Stadium zu
gruppieren:
· Dignität, das heißt: Ist der Tumor gutartig oder bösartig?
Eine exakte Aussage darüber kann durch eine Gewebeprobe und die feingeweblich mikroskopische
Untersuchung (Histologie) gemacht werden.
· In dieser Untersuchung kann auch das Ausmaß der Differenzierung der Tumorzellverbände bestimmt werden,
das heißt wie stark die Tumorzellverbände von gesunden, differenzierten Zellen abweichen. Dieser Vorgang
wird als Tumor-Grading bezeichnet und liefert wertvolle Hinweise auf die Aggressivität, das Wachstum und die
Metastasierungstendenz des Tumors.
Die Gradingsstufen werden von G1 (gut differenziert) bis G4 (undifferenziert) eingeteilt. Je undifferenzierter
Tumorgewebe ist, desto ausgeprägter ist die Bösartigkeit.
· Tumorsitz und Ausdehnung
Durch Computer- und Kernspintomographie kann die Lage und Ausdehnung des Tumors und seine Beziehung
zu den benachbarten Gewebestrukturen erkannt werden.
· Liegen Absiedelungen des Tumors (Metastasen) in anderen Organsystemen vor (Lunge, Leber, Knochen)?
Ganzkörperskelettszintigraphie, Kernspin- und Computertomographie zeigen, ob und wo Fernmetastasen
vorliegen.
Das exakte Wissen um die genannten Faktoren sind entscheidend, um eine individuelle Behandlungsstrategie
und Prognose des Verlaufs zu erstellen.
Gibt es ein System, mit dem bösartige Knochentumoren oder Knochenmetastasen klassifiziert werden
(TNM-Klassifikation)?
Für alle bösartigen Tumore, mit Ausnahme der Leukämie und der bösartigen Lymphome, gibt es das so
genannte TNM-System, das zur Beurteilung des individuell bestehenden Tumorleidens herangezogen werden
kann.
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Knochenmetastasen · Tumoren
Knochenmetastasen · Tumoren
Das TNM-System ist international standardisiert und unterstützt die behandelnden Ärzte nach der
Diagnosestellung und im Verlauf der Erkrankung durch eine gemeinsame „Sprache“.
Die drei Buchstaben stehen für:
· T (Tumor)
Tumorausdehnung oder Größe des Primärtumors
· N (Node, Knoten)
Liegen Lymphknotenmetastasen vor?
· M (Metastase)
Liegen Fernabsiedelungen des Primärtumors vor?
· G (Grading)
Welcher Differenzierungsgrad des Tumorgewebes liegt vor?
Die Buchstaben T, N, M und G werden zusätzlich mit Ziffern versehen, die dann eine Aussage über die Größe
des Tumors (T1-T4), über Vorhandensein und Anzahl von Lymhknotenmetastasen (N0-N3), das Fehlen oder
Vorkommen von Fernmetastasen in anderen Organsystemen (M0 oder M1) und den Differenzierungsgrad des
Tumorgewebes (G1-G4) ermöglichen.
Kann bei Diagnosestellung zu einem der drei Faktoren des TNM – Systems und des Grading keine sichere
Aussage gemacht werden, bezeichnet man dies mit dem Zusatzbuchstaben X.
„MX“ würde zum Beispiel bedeuten, dass über das Vorliegen von Fernmetastasen keine sicheren Aussagen
gemacht werden können.
Beispiel für die TNM Klassifikation eines primären Knochentumors der Wirbelsäule:
T1N1M1G4 würde bedeuten:
T1: der Tumor hat die Kortikalis (harte knöcherne Außenwand) des Wirbels durchbrochen
und infiltriert bereits das angrenzende Gewebe
N1: es liegen bereits regionäre Lymphknotenmetastasen vor
M1: es finden sich bereits Fernabsiedelungen des Tumors in Lunge, Leber oder anderen Knochen
G4: das Tumorgewebe ist nicht differenziert, also sehr bösartig
Gibt es ein Klassifizierungssystem, das dem Operateur durch die Lagebeziehung der Wirbelmetastase
zu seiner Umgebung Hinweise auf ein mögliches operatives Vorgehen gibt?
Die Tomita-Klassifikation teilt die Metastasen der Wirbelsäule auf der Grundlage ihrer Lokalisation in 7 Subtypen
ein, aus denen sich in Kombination mit einem speziell entwickelten Score-System die erwarteten Therapieziele
und das mögliche chirurgische Vorgehen ableiten lassen.
Tumorbefall innerhalb
der knöchernen Grenzen
des Wirbels
• Tomita Klassifikation der Lokalisation von Wirbelmetastasen
Typ 1
Tumorbefall des
Wirbelkörpers
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K 03
K 03
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Tumorbefall innerhalb der knöchernen Grenzen des Wirbels
Knochenmetastasen · Tumoren
Typ 2
Tumorbefall des
Wirbelkörpers mit
Ausdehnung über
die Pedikel
Tumorbefall mit Durchbruch über die knöchernen
Grenzen des Wirbels
Typ 3
Tumorbefall des
Wirbelkörpers mit
Ausdehnung über
die Pedikel und
Wirbelbögen
Typ 4
Tumorbefall des
Wirbelkörpers, Pedikel
der Wirbelbögen und
epiduraler Ausdehnung
Typ 5
Tumorbefall der
vorderen und
hinteren Säule
mit Durchbruch
in den
Paravertebralraum
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Knochenmetastasen · Tumoren
Typ 7
Mehrsegmentaler
Tumorbefall mit
unterschiedlicher
Lokalisation
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Tumorbefall mit Durchbruch
über die knöchernen
Grenzen des Wirbels
Typ 6
Tumorbefall von
2-3 Wirbeln
Mehrsegmentaler Tumorbefall
innerhalb und außerhalb der
knöchernen Grenzen
des Wirbels
K 03
In dem von Tomita 2001 vorgestellten Score-System werden drei Parameter der vorliegenden Tumorerkrankung
mit Punkten bewertet, aus dem Gesamtergebnis der Punkte können Therapieziele und ein mögliches
chirurgisches Vorgehen abgeleitet werden.
Die drei Bewertungsparameter der zu beurteilenden Metastasenerkrankung beinhalten:
1. Malignitätsgrad (Grad der Bösartigkeit) des Primärtumors:
· langsam wachsender Tumor (z.B.: Karzinom der weiblichen Brustdrüse, der Prostata oder der Schilddrüse)
· moderat wachsender Tumor (z.B.: Karzinom der Niere oder des Gebärmutterhalses)
· schnell wachsender Tumor: (z.B.: Karzinom der Lunge, Leber , des Magens, Dickdarms sowie Tumoren, deren
Sitz nicht bekannt ist.
2. Viszerale Metastasen (Fernabsiedlungen) in Lunge, Leber, Nieren oder Gehirn:
· keine viszeralen Metastasen
· viszerale Metastasen, die durch Operation oder transarterielle Embolisation behandelt werden können
· viszerale Metastasen, die nicht behandelt werden können
3. Knochenmetastasen:
· solitäre oder isolierte Metastasen der Wirbelsäule
· multiple Knochenmetastasen (solitäre oder isolierte Metastasen der Wirbelsäule zusammen mit anderen
Knochenmetastasen oder multiple Wirbelsäulenmetastasen mit oder ohne Knochenmetastasen )
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Knochenmetastasen · Tumoren
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K 03
Diese drei Bewertungsparameter werden in einem Score mit Punkten hinterlegt:
Punkte
Prognose
Faktoren
Faktoren
Primärtumor
Viszerale Metastasen
Knochenmetastasen
1
langsam wachsend
keine (0)
solitär
2
moderat wachsend
heilbar
multiple
3
schnell wachsend
nicht heilbar
keine (0)
In diesem Bewertungsschema können zwischen 2 und 10 Punkten erreicht werden,
Die erreichten Punkte aus dem Scoreschema ergeben für den Operateur strategische Hinweise für das zu
erreichende Therapieziel und ein mögliches operatives Vorgehen.
Punkte
Therapieziel
Chirurgisches Vorgehen
2,3
langfristige lokale Kontrolle
weite oder marginale Entfernung
4,5
mittelfristige lokale Kontrolle
6,7
kurzfristige Palliation
palliative operative Eingriffe
8,9,10
terminale Versorgung
unterstützende Behandlung
marginale oder intraläsionale Metastasenentfernung
Bei Ausgangsbefunden mit einem Punktwert von 2-3, bei denen das Tumorgewebe weit oder an der Grenze
zum gesunden Gewebe (marginal) entfernt werden kann, kann langfristig von einer lokalen Besserung
ausgegangen werden. Diese Befunde haben die beste Prognose.
Bei Befunden mit einem Score von 4-5 Punkten kann durch eine marginale oder intraläsionalen (innerhalb
der Tumorgrenzen liegenden) Entfernung des Metastasengewebes von einer mittelfristigen Besserung
ausgegangen werden.
Bei einem Scorewert von 6 oder 7 Punkten werden in der Regel nur so genannte palliative (lindernde,
schützende) Eingriffe durchgeführt, um eingebrochene Wirbel zu stabilisieren oder eine drohende
Querschnittslähmung durch eine Dekompressionsoperation zu verhindern.
Durch diese Maßnahmen ist nur eine kurzfristige Besserung der Tumorerkrankung zu erreichen.
Patienten, bei denen Scores zwischen 8 und 10 Punkten vorliegen, werden in der Regel nicht operiert.
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K 03
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Knochenmetastasen · Tumoren
Wie werden Metastasen der Wirbelsäule behandelt?
Nach gestellter Verdachtsdiagnose „Metastase der Wirbelsäule“ müssen die Dignität (gutartig/bösartig),
die genaue Lokalisation, das Vorhandensein des Primärtumors und weiteren Metastasen in anderen
Organsystemen und der feingewebliche Aufbau der Metastase abgeklärt werden.
Bestätigt sich die Diagnose eines bösartigen Tumors, muss auf der Grundlage der bestehenden Befunde die
Behandlungsstrategie festgelegt werden.
Da ein Tumorleiden eine komplexe Erkrankung darstellt, erfolgt die Festsetzung der individuellen Behandlung
in einem Team von Spezialisten. An dieser so genannten interdisziplinären Tumorkonferenz sind die
Fachdisziplinen beteiligt, die bei der vorliegenden Tumorerkrankung ihr Spezialwissen einbringen und dadurch
für eine maximale Behandlungsqualität sorgen. In der Tumorkonferenz sind Chirurgen, Spezialisten für die
chemotherapeutische Tumorbehandlung (Onkologen) und für die Strahlentherapie, Radiologen, Pathologen
und Fachärzte aus den medizinischen Disziplinen vertreten, die für die Aufstellung einer individuellen
Behandlungsstrategie ihr Fachwissen einbringen.
Die wichtigsten Säulen der Behandlung von Wirbelsäulenmetastasen sind:
· Bestrahlungstherapie
· Chemotherapie
· Schmerztherapie
· Tumoroperation
Bösartige Tumorleiden der Wirbelsäule sind trotz Operation und unterstützender Strahlen- oder Chemotherapie
nicht immer heilbar.
Gerade an der Wirbelsäule sind dem Operateur durch die anatomischen Besonderheiten (Rückenmark,
Spinalnerven, Gefäßversorgung) in der Radikalität des operativen Vorgehens Grenzen gesetzt, nicht jeder
Tumor kann radikal im onkologischen Sinn entfernt werden.
Die Tumorchirurgie der Wirbelsäule kann aber, immer angepasst an den individuell vorliegenden Befund, helfen,
die Lebensqualität des Patienten deutlich zu verbessern.
· Bei günstiger Lokalisation kann ein Tumor komplett entfernt werden (kurative, „heilende“ Behandlung)
· Bei drohenden oder bestehenden Wirbelinstabilitäten durch das Tumorwachstum kann die Gefahr von
neurologischen Ausfällen oder Querschnittsymptomatik verhindert werden.
· Durch Entfernung des Tumors oder eine Reduzierung der Tumormasse können Schmerzen gelindert werden.
Metastasen der Wirbelsäule sind grundsätzlich wie gutartige oder bösartige Tumoren zu betrachten. Wenn
es zu einer Metastasenbildung gekommen ist, so ist zunächst zu unterscheiden, ob eine monolokuläre
Manifestation oder eine multilokuläre Manifestation vorliegt, da dies für die Wahl des Operationsverfahrens
von entscheidender Bedeutung ist. Bei monolokulärer Manifestation sollten die gleichen Kriterien wie bei
der Behandlung gutartiger oder bösartiger Tumoren angestrebt werden: möglichst radikale Entfernung,
wenn möglich en-bloc-Resektion. Wir wissen, dass durch eine solche radikale Metastasenchirurgie die
lokalen Tumorrezidive deutlich reduziert werden können. Wir wissen weiterhin, dass eine solche radikale
Metastasenchirurgie, in Kombination mit einer adjuvanten Chemo- und Radio-Therapie einer alleinigen
Radiotherapie weit überlegen ist.
Bei fortgeschrittener Metastasenausbreitung sind natürlich solche radikalen Maßnahmen nur bedingt
einzusetzen. Hier steht die Schmerzbehandlung und vor allen Dingen auch die Erhaltung der Stabilität der
Wirbelsäule im Vordergrund. Das Therapiekonzept muss deswegen von den verschiedenen Disziplinen, die
an der Tumorbehandlung beteiligt sind, festgelegt werden. Auf der anderen Seite wissen wir, dass durch eine
aggressive Chirurgie der Metastasen zwar nicht die Lebenszeit der Patienten verlängert werden kann, jedoch
eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen ist. Dies sollte immer als Maßstab der Intervention
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K 03
und vor allen Dingen auch der Größe der Intervention angesehen werden, da es notwendig ist, dass ein
Tumorpatient mit begrenzter Lebenserwartung auch von den sich bietenden Vorteilen einer Operation profitiert.
Falls ein operatives Vorgehen erforderlich werden sollte, gibt es verschiedene Methoden der Tumorentfernung
und anschließenden Stabilisierung des Bewegungssegments.
Folgende Operationsverfahren werden in unserer Abteilung bei der Behandlung von Wirbelmetastasen häufig
durchgeführt:
Tumoren der Halswirbelsäule:
· transorale Densresektion mit dorsaler Spondylodese
· dorsale Dekompression mit zervikaler Fusion
· ventrale Corpektomie mit zervikaler Spondylodese
Tumoren der Brust- und Lendenwirbelsäule:
· Corpektomie mit dorsaler Spondylodese
Tumoren des os sacrum (Kreuzbein)
· Sacrum-Op mit Spezialinstrumentation
Was ist die Tumornachsorge?
Bösartige Tumoren erfordern nach der Behandlung eine regelmäßige Kontrolle. In der Regel werden in
den ersten 2 Jahren nach Stellung einer Tumordiagnose in 3-monatigem Abstand Kontrolluntersuchungen
durchgeführt.
Im 3.-5. Jahr erfolgen die Kontrollen halbjährlich, ab dem 6. Jahr im Jahresabstand.
Bei diesen Terminen wird durch verschiedene Untersuchungen (CT, Kernspin, Szintigraphie, Ultraschall,
klinische und neurologische Untersuchung) überprüft, ob der Gesamtzustand stabil geblieben ist oder ob es zu
einem erneuten Tumorwachstum gekommen ist.
Die regelmäßige Kontrolle garantiert die Möglichkeit eines raschen Eingreifens, falls es im Verlauf zu erneutem
Tumorwachstum kommt.
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Jahrbuch der Chirurgie 1999
143. Biomechanics of the spine
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142. Die posteriore, lumbale, interkorporelle Fusion in unilateraler transforaminaler Technik
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141. Intraobserver and interobserver reliability of the classification of thoracic adolescent idiopathic scoliosis
Lenke LG, Betz RR, Bridwell KH, Clements DH, Harms J, Lowe TG, Shufflebarger HL
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Publikationen · Professor Harms persönlich
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140. Kombinierte Stabilisationsverfahren an der thorako-lumbalen Wirbelsäule
Stoltze D, Harms J
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139. Facettengelenkremodellierung bei degenerativer Spondylolisthese
Berlemann U, Jeszenszky D, Willms R, Harms J
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138. Facet joint remodeling in degenerative spondylolisthesis: an investigation of joint orientation and tropism
Berlemann U, Jeszenszky DJ, Buhler DW, Harms J
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The Textbook of Spinal Surgery Second Edition Vol. 1; Editor Dewald B, 1935-48; Lippincott-Raven
Philadelphia-New York 1997
134. True Spondylolisthesis Reduction and Monosegmental Fusion in Spondylolisthesis
Harms J, Jeszenszky D, Stoltze D, Boehm H
The Textbook of Spinal Surgery Second Edition Vol. 1; Editor Dewald B, 1337-1348; Lippincott-Raven
Philadelphia-New York 1997
133. Principles of load sharing
Lowery G, Harms J
The Textbook of Spinal Surgery Second Edition Vol. 1; Editor Dewald B, 155-66; Lippincott-Raven PhiladelphiaNew York 1997
132. Ventral Correction of Thoracic Scoliosis
Harms J, Jeszenszky D, Beele B
The Textbook of Spinal Surgery Second Edition Vol. 1; Editor Dewald B, 611-26; Lippincott-Raven PhiladelphiaNew York 1997
131. Die operative Behandlung der bakteriellen Spondylitis bzw. Spondylodiszitis
Stoltze D, Harms J
Osteosynthese International (1997) 5: 257–68.
130. Classification and Treatment of Thoracolumbar Spinal Injuries
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Journal Bone and Joint Surgery EFORT Instructional Course Lecture Book No. 3
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129. Titanium Surgical Mesh for Vertebral Defect Replacement and Intervertebral Spacers
Lowery G, Harms J
Manual of Internal Fixation of the Spine, Editors Thalgot JS, Aebi M, Lippincott-Raven Publishers, Philadelphia
1996
128. Lumbosacral Fusion with Harms Instrumentation
Harms J. Beele B, Boehm H, Jeszenszky D, Stoltze D
Lumbosacral and Spinopelvic Fixation, edited by Joseph Y. Margulies, et al., 529-38, Lippincott-Raven
Publishers, Philadelphia 1996
127. Die operative Behandlung der degenerativen Lumbalskoliose
Harms J, Jeszenszky D, Stoltze D
Sonderdruck W. Zuckschwerdt Verlag 1996
126. The Use of Fibrin Adhesive in der Surgical Treatment of Spinal Lesions
Stoltze D, Harms J
Orthopedic Surgery Maxillofacial Surgery, Editors G. Schlag, P. Bösch, H. Matras, 112-120; Springer Verlag
1994
125. Operative Behandlung der Spondyloptose
Stoltze D, Harms J
Wirbelsäulenerkrankungen, Wirbelsäulenverletzungen, Hrsg. von U. Weber und G. Schwetlick, 112-118; Georg
Thieme Verlag, Stuttgart-New York 1994
124. A comprehensive classification of thoracic and lumbar injuries
Magerl F, Aebi M, Gertzbein SD, Harms J, Nazarian S
Eur Spine J. 1994;3(4):184-201.
123. Ersatzoperationen bei irreparablen Nervenläsionen
Mittelmeier H, Harms J
Neurologie in Praxis und Klinik in 3 Bänden, 6.34-6.43, Georg Thieme Verlag 1993
122. Moss Surgical Technique
Harms J, G. Tabasso
Karlsbad-Langensteinbach, 1993
121. Chirurgische Therapie von Tumoren der Halswirbelsäule
Stoltze D, Harms J, Boehm H
Die operative Behandlung der Halswirbelsäule, Hrsg. von K.A. Matzen, 255-264, W. Zuckschwerdt Verlag 1993
120. Therapie kindlicher Halswirbelsäulenverletzungen
Boehm H, Stoltze D, Harms J
Die operative Behandlung der Halswirbelsäule, Hrsg. von K.A. Matzen, 221-230, W. Zuckschwerdt Verlag 1993
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Publikationen · Professor Harms persönlich
119. Operative Therapie bei mehrsegmentaler zervikaler Spinalkanalstenose
Boehm H, Stoltze D, Jensen R, Harms J
Die operative Behandlung der Halswirbelsäule, Hrsg. von K.A. Matzen, 195-200, W. Zuckschwerdt Verlag 1993
118. Operative Möglichkeiten bei kraniozervikaler Instabilität und Stenose durch rheumatoide ArthritisBoehm H,
Stoltze D, Harms J
Die operative Behandlung der Halswirbelsäule, Hrsg. von K.A. Matzen, 65-72, W. Zuckschwerdt Verlag 1993
117. Indications and technique of osteosynthesis in injuries of the cervical vertebrae
von Gumppenberg S, Harms J
Chirurg. 1992 Nov;63(11):849-55.
116. Wertigkeit der Stabilität bei der Indikation zur operativen Behandlung von Verletzungen der Brust- und
Lendenwirbelsäule
Stoltze D, Harms J, Nanassy A
Rehabilitation beginnt am Unfallort, Hrsg. von A.G. Zäch, 115-121; Springer Verlag 1992
115. Transpedikuläre Schraubensysteme bei der Behandlung der Spondylolisthese
Stoltze D, Harms J
Die Instabliltät des lumbosakralen Scharniers, Hrsg. von A. v. Strempel 170-176;Thieme Verlag 1992
114. Die Reposition der Hinterkantenfragmente durch den ventralen Zugang Indikation, Technik und Ergebnisse
Stoltze D, Harms J
Neue Aspekte der Marknagelung. Akutversorgung von Wirbelsäulenverletzungen, Hrsg. von K. Wenda und G.
Ritter, 97-101; Springer Verlag 1992
113. Operative Behandlung bei bakterieller Spondylitis und Spondylodiszitis
Stoltze D, Boehm H, Harms J
Fortschritte in der Unfallchirurgie. Prophylaxe und Therapie, Hrsg. von R. Rahmanzadeh und A. Meißner,
Springer Verlag 1992
112. The Indications and Principles of Correction of Post-Traumatic Deformities
Harms J, Stoltze D
European Spine Journal, Vol. 1 pp. 142-151.
111. Screw-Threaded Rod System in Spinal Fusion Surgery
Harms J
Spine State of the Art Reviews. 1992 Vol. 6, No. 3, pp. 541-575.
110. Spätfolgen nach Verletzungen der Wirbelsäule
Boehm H, Harms J, Stoltze D
Fortschritte in der Unfallchirurgie. Prophylaxe und Therapie, Hrsg. von R. Rahmanzadeh und A. Meißner,
Springer Verlag 1992
109. Posttraumatische Fehlstellung der Wirbelsäule
Boehm H, Harms J, Stoltze D
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Fortschritte in der Unfallchirurgie. Prophylaxe und Therapie, Hrsg. von R. Rahmanzadeh und A. Meißner,
Springer Verlag 1992
108. Wann besteht die Indikation zur operativen Behandlung von Wirbelfrakturen?
Blauth M, Haas N, Bötel U , Harms J, Meinig G, S. v. Gumppenberg
Langenbecks Arch Chir. 377: 125- 30, Springer-Verlag 1992
107. Cervico-occipitale Stabilisierungen unter besonderer Brücksichtigung der transoralen Technik Stoltze D,
Harms J
Die instabile Wirbelsäule - Biomechanische, differentialdiagnostische und spezielle therapeutische Aspekte,
Hrsg. von Gert A. Fuchs, Georg Thieme verlag, 1991
106. Primary management of fresh injuries of the thoracic and lumbar vertebrae
von Gumppenberg S, Vieweg J, Claudi B, Harms J
Aktuelle Traumatol. 199, Dec;21(6):265-73.
105. Zielke pedical screw system for thoracic and lumbar spine fractures - anatomic and biomechanical
fundamentals of the spinal column, classification of spinal column injuries, instrumentation systems.
Stoltze D, Harms J
The Textbook of Spinal Surgery, 1991 Vol 2, pp. 991-1000.
104. Surgical Treatment of Spondylolisthesis: The Harms Technique. Classification, Treatment, Operative
Technique: Summary
Harms J, Boehm H, Zielke K
The Textbook of Spinal Surgery, 1991 Vol. 1 pp. 593-602.
103. The triazine carbon fiber-reinforced disc-prothesis: biomechanical and biological properties
Harms J, Boehm H
The Artificial Disc, Edited by M. Brock, H.M. Mayer and K. Weigel Springer Verlag 1991
102. Die operative Therapie der Spondylitis
Stoltze D, Harms J
Forum Orthopädie, Essex Pharma GmbH, pp. 4-18. 1990
101. Correction and stabilization of angular kyphosis
Boehm H, Harms J, Donk R, Zielke K
Clin Orthop Relat Res. 1990 Sep;(258):56-61.
100. Die operative Behandlung der BWS- und LWS-Frakturen mit dem USI-System
Harms J, Stoltze D
Fixateur externe- Fixateur interne, 18- 27, Springer Verlag 1989
99. Der Gebrauch des USI- Systems in der Behandlung von WirbelsäulenfrakturenHarms J
Die Wirbelsäule in Forschung und Praxis. BD 107, Die instrumentierte Fusion von Wirbelsäulenfrakturen und
–erkrankungen, 93-6; Hippokrates Verlag 1988
98. Comments on the contribution: initial results of surgical treatment of scoliosis with the Cotrel and Dubousset
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CD instruments by Ch. Hopf, H. H. Matthiass and J. Heine. Z. Orthop. 125 (1987) 347 Zielke K, Harms J, Metz
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Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1988 Dec;126(6):709-18.
97. Klinische Erscheinungen bei kraniozervikalen Übergangsstörungen- Eine Demonstration ohne Röntgenbild
Heckl RW, Harms J
Neuroorthopädie 4, Hrsg. von D. Hohmann, B. Kügelgen und K. Liebig, 207- 10; Springer Verlag 1988
96. Die Operationsindikation bei Frakturen der Wirbelsäule
Harms J
Oerationsindikationen bei Frakturen im Kindesalter, Hrsg. von S. Hoffmann v. Kap-herr, 140-5; Gustav Fischer
Verlag 1987
95. Operative Behandlung frischer Wirbelsäulenverletzungen mit Querschnittlähmung
Stoltze D, Harms J, Winnerlein M, Nanassy A
Hefte zur Unfallheilkunde, Heft 189, Redigier von A. Pannike, Springer-Verlag 1987
94. Animal experiment histologic and biomechanical studies of tissue tolerance and adhesiveness of bone
cement containing carbon fibers and apatite
Schmitt E, Hassinger M, Mittelmeier H, Harms J, Schmalenbach HW, Heisel J
Aktuelle Probl Chir Orthop. 1987;31:400-3.
93. Craniocervical junction-diseases, diagnostic application of imaging procedures, surgical technics Schmelzle
R, Harms J
Fortschr Kiefer Gesichtschir. 1987;32:206-8.
92. Classification of fractures of the thoracic and lumbar vertebrae
Harms J
Fortschr Med. 1987 Sep 30;105(28):545-8.
91. Resiform TCF - ein neuer werkstoff für Endoprothesen
Esper FJ, Walter Gohl, Harms J, Mittelmeier H
Bosch Technische Berichte Band 8 (1986/-), Heft 3
90. Gewerbereaktion auf Aluminiumoxyd in Tierversuch und bei klinischer Anwendung
Harms J
Buchreihe für Orthopädie und orthopädische Grenzgebiete, BAND 12: H. Mittelmeier, J. Heisel, 10 Jahre
Erfahrungen mit Keramik-Hüftendoprothesen, 139-42; Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft mbH 1986
89. Erfahrungen mit Keramik-Endoprothesen am Südwestdeutschen Rehabilitationskrankenhaus Karlsbad/
Langensteinbach
Harms J
Buchreihe für Orthopädie und orthopädische Grenzgebiete, BAND 12: H. Mittelmeier, J. Heisel, 10 Jahre
Erfahrungen mit Keramik-Hüftendoprothesen,56- 7; Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft mbH 1986
88. Carbon Fiber Reinforced Triazin Resin for Endoprostheses
Esper FJ, Harms J, Mittelmeier H, Gohl W
Materials Research Society Symposia Proceedings Volume 55/1986 Biomedical Materials
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87. Spinal Instrumentation and Monitoring
Hack HP, Zielke K, Harms J
The Pediatric Spine, Editors Bradford DS, Hensinger RM, 491-517, Thieme 1985
86. Operative Behandlung der Spondylolisthese durch dorsale Reposition und ventrale Fusion
Harms J, Stoltze D, Grass M
Orthopädische Praxis Heft 12/85, 21. Jahrgang, 996-1001. Jg. 21 (1985) 12, 996- 1001;
85. Osteoligamentäre und diskoligamentäre Instabilität der Lendenwirbelsäule. (Indikation und
verletzungsadäquate Technik der operativen Behandlung)
Stoltze D, Harms J, Grass Th
Orthopädische Praxis Heft 12/85 21. Jahrgang, 953-7. Jg. 21 (1985) 12, 953- 7;
84. Erwiderung zu den Publikationen von G. P. Kuhlmann über zementfreie Keramikprothesen in Heft 4 und
5/85 der Orthop. Praxis
Harms J
Orthopädische Praxis Heft 10/85, 21. Jahrgang, 839-40. Jg. 21 (1985) 10, 839-40;
83. Die thorakale Myelopathie
Heckl RW, Baum R, Harms J
Neuroorthopädie 3, Hrsg. von D. Hohmann, B. Kügelgen und K. Liebig, 160- 8; Springer Verlag 1985
82. Der posttraumatisch enge Spinalkanal
Stoltze D, Heckl RW, Harms J
Hefte zur Unfallheilkunde, Heft 163, 158; Zusammengestellt von U. Heim, J. Poigenfürst und C. Burri, Springer
Verlag 1984
81. Kohlenfaserverstärkte Triazinharzprothesen
Harms J, Stockmann M
Biomaterialien und Nahtmaterial, Hrsg. von H. M. Rettig, 91- 5; Springer Verlag 1984
80. Die operativen Möglichkeiten primär und sekundär maligner Wirbelsäulentumoren
Harms J
Die Wirbelsäule in Forschung und Praxis. BD 103, Tumoren der Wirbelsäule, 195- 8; Hippokrates Verlag 1984
79. Die Wertigkeit der Computertomographie und Myelographie für die Operationsindikation und –taktik von
Wirbelsäulenverletzungen
Stoltze D, Philippi R, Harms J
Hefte zur Unfallheilkunde, Heft 165, 133- 4; Hrsg. von C. Burri, U. Heim, J. Poigenfürst, Springer Verlag 1983
78. Der hüft- und knieprojizierte Schmerz bei retroperitonealen Raumforderungen
Stoltze D, Harms J, Brinkmann KE, Böttger E
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1983 Juli/August Heft 4, Band 121, 451. Z. Orthop. 121 (1983) 451; F. Enke Verlag
77. Die operative Behandlung von Missbildungen im lumbosakralen Übergang
Stoltze D, Kühnel R, Harms J
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1983 Juli/August Heft 4, Band 121, 355. Z. Orthop. 121 (1983) 4, 355- 6; F. Enke
Verlag
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76. Indikation, Technik und Ergebnise der operativen Frakturbehandlung im Bereich der BWS und LWS Harms
J, Stoltze D
Der vordere Zugang zur Wirbelsäule; Indikation, Ergebnisse, Komplikationen - Sommertagung der
Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Innsbruck, Juni 1983, 73-5.
75. Indikation zur kombinierten vorderen und hinteren Instrumentation bei Halswirbelsäulenverletzungen Stoltze
D, Brinkmann KE, Harms J
Der vordere Zugang zur Wirbelsäule; Indikation, Ergebnisse, Komplikationen - Sommertagung der
Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Innsbruck, Juni 1983,52-4.
74. Tierexperimentelle Ergebnisse über die Verwendung von kohlefaserverstärkten Kunststoffprothesen Harms
J, Mittelmeier H, Mäusle E
Die zementlose Fixation von Hüftendprothesen, Hrsg. von E. Morscher, 257-9; Springer Verlag 1983
73. Experimentelle Befunde zur Wachstumslenkung an der Epiphysenfuge des Unterschenkels durch
Klammerung nach BlountHarms J, Freitag V
Regionale plastische und rekonstruktive Chirurgie im Kindesalter, Hrsg. von W. Kley und C. Naumann, 306- 11;
Springer Verlag 1983
72. Korrektur-Osteotomien nach Verletzungen des Ellenbogengelenkes im Wachstumsalter
Brinkmann KE, Harms J
Orthopädische Praxis, Heft 12/1983, 19. Jahrgang, 900-1. Jg. 19, (1983) 12, 900-1;
71. Indikation zur Spondylektomie im HWS- Bereich
Schell W, Harms J, Stoltze D
Der vordere Zugang zur Wirbelsäule; Indikation, Ergebnisse, Komplikationen - Sommertagung der
Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Innsbruck, Juni 1983, 14-7.
70. Der Wert der Computertomographie in der Indikationsstellung zur operativen Behandlung der
Wirbelsäulenverletzungen
Stoltze D, Harms J, Brinkmann KE
Hefte zur Unfallheilkunde, Heft 158, 309-12; Zusammengestellt von A. Pannike; Springer-Verlag 1982
69. Experimentelle Befunde zur Wachstumslenkung an der Epiphysenfude des Unterschenkels durch
Klammerung nach Blount
Harms J, Fritz T, Stoltze D
Osteogenese und Knochenwachstum, Möglichkeiten der beeinflussung in Experiment und Klinik; Ergebnisse
praxisbezogener Grundlagenforschung - 4. Münchner Symposion für experimentelle Orthopädie, 253-5; Georg
Thieme Verlag 1982
68. A one-stager procedure in operative treatment of spondylolistheses: dorsal traction-reposition and anterior
fusion
Harms J, Rolinger H
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1982 May-Jun;120(3):343-7. Band 120 Heft 3 Mai/Juni 1982
67. Pain in the knee as a first symptom of retroperitoneal space-occupying processes
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Publikationen · Professor Harms persönlich
Stoltze D, Harms J, Bottger E, Heckl RW
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1982 Feb;120(1):10-3.
66. Die Möglichkeiten der operativen Therapie bösartiger Tumoren der Wirbelsäule
Harms J, Brinkmann KE, Stoltze D
Plastische und Wiederherstellungschirurgie bei bösartigen Tumoren, Hrsg. von H. Scheunemann und R.
Schmidseder, 152-6; Springer Verlag 1982
65. Wirbelsäulenchirurgie - Indikation und Möglichkeit
Stoltze D, Harms J
Beschäftigungs- und Arbeitstherapie (Ergotherapie) im Fachbereich Orthopädie, 5- 13; Verlag modernes lernen
1981
64. Technik und Ergebnisse der Plattfußoperation nach Mittelmeier
Harms J, Mittelmeier H, Nizard M
Der Fuß, Hrsg. Von A. Murri, Uelzen. Medizin. Literar. Verl.-Ges.. 1981. 288 S.. MLV-Buchreihe für Orthopädie
und orthopädische Grenzgebiete ; 3.
63. Die Endoprothetik der Hüfte
Harms J, Mittelmeier H
Deutsches Ärzteblatt- 78. Jahrgang, Heft 3, 67-74, 15.01.1981 - Ärztliche Mitteilungen, Jg. 78 (1981) 3, 67- 74.
62. Absinken des Implantatlagers bei der Druckplattenosteosynthese und seine biomechanische Bedeutung
Mittelmeier H, Harms J
Transplantatlager und Implantatlager bei verschiedenen Operationsverfahren, Hrsg. von G. Hierholzer,
H. Zilch, 224-8; Sonderdruck aus 16. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und
Wiederherstellungschirurgie November 1978 in Düsseldorf; Springer Verlag
61. Zur Lösung des Zementproblems mittels Apatit- Carbonfaser-Knochenzement
Mittelmeier H, Hanser U, Harms J
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1980 Aug, Band 118, Heft 4, 658 Z. Orthop.118 (1980) 658 ; F.Enke Verlag
60. Biocompatibility of implants in orthopedics
Harms J, Mäusle E
Hefte Unfallheilkd. 1980;(144):1-119.
59. An original surgical procedure for the treatment of valgus flat foot in children
Mittelmeier H, Nizard M, Harms J
Rev Chir Orthop Reparatrice Appar Mot. 1980 Jul-Aug;66(5):335-7.
58. Die endoprothetische Versorgung der Daumensattelgelenkarthrose
Biehl G, Harms J
Orthopädische Praxis Heft 5/80, 16. Jahrgang, 403-8. Jg. 16 (1980) 5; 403-8.
57. Spinal traction syndrome
Harms J, Schwaiger C, Biehl G, Schmitt J
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1980 Apr;118(2):246-50.
Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad
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56. Tierexperimentelle und histopathologische Untersuchungen der Grenzschicht von Knochenzement mit
Apatitbeimengungen
Harms J, Mittelmeier H, Mäusle E
Grenzschichtprobleme der Verankerung von Implantaten unter besonderer Berücksichtigung von
Endoprothesen; Ergebnisse praxisbezogener Grundlagenforschung - 2. Münchner Symposion für
experimentelle Orthopädie am 15. und 16. Februar 1980, 119- 22; Georg Thieme Verlag 1980
55. Alumina Ceramic - A new material for arteficial hip prostheses
Harms J, Mäusle E
Mechanical Properties of Biomaterials, Edited by G. W. Hastings and D. F. Williams, 1980 John Wiley & Sons
Ltd
54. Indikation zur und Ergebnisse nach Renukleotomie
Harms J, Maue M, Biehl G
Orthopädische Praxis Heft 1/80, 16. Jahrgang, 55-7. Jg. 16 (1980) 1; 55- 7.
53. Statistische Auswertung von 4 Jahren klinischer Prüfung der Hüft- Alloplastik mit Keramik-TragrippenEndorpothesen
Harms J, Mittelmeier H
Medizinisch-Orthopädische Technik 1/80, 100. Jahrgang, 25-9.
52. Die Möglichkeiten des endoprothetischen Hüftgelenkersatzes bei jüngeren Patienten mit selbsthaftenden
Prothesen nach Mittelmeier
Harms J, Heretsch P, Maue M, Biehl G
Orthopädische Praxis Heft 12/79, XV. Jahrgang, 1040-3.
51. Der prothetische Hüftgelenkersatz bei Brüchen des oberen Oberschenkelendes
Mittelmeier H, Harms J
Nach einem Vortrag auf der Unfallmedizinischen Arbeitstagung in Heidelberg am 27. und 28. Oktober 1979
50. Haft- und Gleiteigenschaften von Osteosyntheseimplantaten und ihre praktische Bedeutung
Enzler MA, Perren SM Z. Orthop. 117 (1979) 710- 2; F. Enke Verlag
49. Derzeitiger Stand der zementfreien Verankerung von Keramik- Metall- Verbundprothesen Mittelmeier H,
Harms J
Z. Orthop. 117 (1979) 478- 81; F. Enke Verlag
48. Experimental research into the stability of bone plate osteosynthesis as a function of the initial stress in
animalsDiehl K, Harms J, Hanser U, Mittelmeier H
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1979 Aug;117(4):710-2.
47. Der vordere Zugang zur Brust- und Lendenwirbelsäule
Harms J, Männl HFK
Kongressbericht: 20. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgie14.- 16. Juni 1979 Demeter Verlag
46. Treatment of post-traumatic hip joint disease by total replacement with a ceramic endoprosthesis Mittelmeier
H, Harms J
Unfallheilkunde. 1979 Feb;82(2):67-75.
Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad
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Publikationen · Professor Harms persönlich
45. Ergebnisse operativ behandelter Acromioclaviculargelenks- VerletzungenFinkbeiner GF, Mentzel M, Harms
J
Aktuelle Traumatol. 1979, Band 9, Heft 2 , 75-84., Goerg Thieme Verlag
44. Tissue reaction to ceramic implant material
Harms J, Mäusle E
J Biomed Mater Res. 1979 Jan;13(1):67-87.
43. Messung der intra- und postoperativen Korrekturkräfte bei der Skoliosekorrektur mit dem erweiterten
Harrington- Instrumentarium
Biehl G, Harms J, Hanser U, Hildebrandt J
Medizinisch-Orthopädische Technik 6/78, 98. Jahrgang, 217-9. Jg. 98 (1978) 6; 217- 9.
42. Pathologische Veränderungen am Implantatlager bei Endoprothetik mit Zementimplantation und
Selbstverankerung
Mittelmeier H, Harms J
Transplantatlager und Implantatlager bei verschiedenen Operationsverfahren, Hrsg. von G. Hierholzer,
H. Zilch, 298-303; Sonderdruck aus 16. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und
Wiederherstellungschirurgie November 1978 in Düsseldorf; Springer Verlag
41. Histopathologie am Hüftkopf nach homoioplastischer Knochen- Knorpeltransplantation
Mittelmeier H, Harms J
Transplantatlager und Implantatlager bei verschiedenen Operationsverfahren, Hrsg. von G. Hierholzer,
H. Zilch, 60-53; Sonderdruck aus 16. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und
Wiederherstellungschirurgie November 1978 in Düsseldorf; Springer Verlag
40. Results of resection, analogous bone grafting and osteosynthesis of juvenile bone cysts
Harms J, Groh P
Arch Orthop Trauma Surg. 1978 Oct 27;92(4):285-90.
39. Problematik der Übertragbarkeit des Tierversuchs in der Implantatentwicklung
Harms J, Mäusle E, Diehl K
Orthopäde 7, 2-13. (1978); Springer Verlag
38. Operative Behandlungsergebnisse von Ellenbogenverletzungen unter besonderer Berücksichtigung
veralteter Fälle
Biehl G, Harms J
Saarländisches Ärzteblatt 1978/ 4
37. Die perilunären Luxationen des Handgelenks
Biehl G, Harms J
Aktuelle Traumatol. 1978, Band 8, Heft 1; 43-51; Georg Thieme Verlag
36. Die Anwendung von Keramik in der Gelenkersatz-Chirurgie
Mittelmeier H, Harms J
Medizinisch-Orthopädische Technik 2/77, 97. Jahrgang, 55- 7.
Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad
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Publikationen · Professor Harms persönlich
35. The extension nail. A new method for lengthening of the femur and tibia
Baumann F, Harms J
Arch Orthop Unfallchir. 1977 Dec 9;90(2):139-46.
34. Querschnittslähmung und Rehabilitation- eine Standortanalyse
Finkbeiner GF, Biehl G, Harms J
Saarländisches Ärzteblatt 1977/ 9
33. Pathology of paratenonitis achilleae in athletes
Harms J, Biehl G, von Hohbach G
Arch Orthop Unfallchir. 1977 Apr 22;88(1):65-74.
32. Operative treatment of paratenonitis achilleae in athletes
Biehl G, Harms J
Arch Orthop Unfallchir. 1977 Mar 31;87(3):309-15.
31. Vergleichende makroskopische und mikroskopische Befunde am Kapselgewebe
Harms J, Mäusle E
Orthopädische Praxis 1 (1977); 33- 5.
30. Behandlung von Knochentumoren mittels Resektion, autoplastischer Knocheninterposition und
Kompressions- Überbrückungs- Osteosynthese (unter besonderer Berücksichtigung von Knochensarkomen)
Mittelmeier H, Harms J
Medizinisch-Orthopädische Technik 6/76, 96. Jahrgang, 165-7.
29. Xeroradiographie in der orthopädischen Diagnostik
Harms J, Biehl G, Hort W
Orthopäde 5, 189-94. (1976); Springer Verlag
28. Die arterielle und venöse Revaskularisation des langen Röhrenknochens
Harms J, van de Berg PA, Mäusle E
Orthopädische Praxis 6/1976, XII.Jahrgang, 632- 3.
27. Zum Problem der gelockerten und infizierten Totalprothese
Biehl G, Harms J
Orthopädische Praxis 6/1976, XII.Jahrgang, 603-8.
26. Initially treated fractures and dislocations of the elbow joint
Harms J, Biehl G
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1976 Aug;114(4):656-8.
25. The vessel behavior of the bone following plate osteosynthesis and subsequent osteomyelitis. An
experimental study at the dog tibia
Harms J, van de Berg PA
Arch Orthop Unfallchir. 1976 Feb 26;84(1):57-65.
24. Stresses and functional adaptation of alloarthroplasty of the proximal femur in dogs using a selfcuring
rippled prosthesis. A comparative biomechanical and morphological study
Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad
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Publikationen · Professor Harms persönlich
Diehl K, Harms J
Arch Orthop Unfallchir. 1976 Feb 26;84(1):89-104.
23. About the proposition of strength of animal-experimental results with hip endoprosthesis. A comparative
analysis of the stress of the upper thigh of man and of four-leg
Diehl K, Harms J
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1976 Feb;114(1):17-25.
22. Die isolierte Kahnbeinluxation am Handgelenk
Harms J, Hess H
Aktuelle Traumatol. 1975, Band 5, Heft 1; 51-53 ; Georg Thieme Verlag
21. Biomechanical investigations of osteosynthesis at metaphys area of tibia and femur with selftensed angle
plates
Diehl K, Harms J, Hort W, Mittelmeier H
Arch Orthop Unfallchir. 1975;83(1):29-35.
20. The venous drainage of the long bone after reaming and intra medullary nailing. An experimental study of
the dog tibia
Harms J, van de Berg PA
Arch Orthop Unfallchir. 1975;82(2):93-9.
19. Researches by experiments on animals and histopathological researches about the procedings of
adaptation of the bone after implantation of selfsuspending prostheses with endented shaft
Biehl G, Harms J, Mäusle E
Arch Orthop Unfallchir. 1975;81(2):105-18.
18. Animal experiments on the prevention of spongiosa formation during plate osteosynthesis using silicone
partition disks
Diehl K, Harms J
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1975 Aug;113(4):768-70.
17. Tissue adaptability processes involving self-supporting endoprostheses with rib anchors
Harms J, Mäusle E, Biehl G
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1975 Aug;113(4):741-4.
16. Zur Biomechanik des Kompressionsnagels
Harms J, Diehl K, Kumposcht P
Medizinisch-Orthopädische Technik 5/75, 95. Jahrgang, 120-2.
15. Biologische Verträglichkeitsuntersuchungen von Implantatwerkstoffen im Tierversuch
Harms J, Mäusle E
Medizinisch-Orthopädische Technik 4/76, 96. Jahrgang, 103-4.
14. Revascularisation of bone following implantation of bone cement. An experimental study at the dog tibia
Harms J, van de Berg PA, Mertz C
Arch Orthop Unfallchir. 1974;80(1):71-8.
Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad
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Publikationen · Professor Harms persönlich
13. Orthopädische Aufgaben bei der Betreuung der Kinder mit Myelomeningozelen
Harms J, Biehl G
Saarländisches Ärzteblatt Jg. 27 (1974) Nr. 11, 557- 61.
12. Korrektureingriffe nach Frakturen im Kindesalter
Hess H, Harms J
Saarländisches Ärzteblatt Jg. 27 (1974) Nr.1, 554-7.
11. Regenerationsbeschleunigende Technik der Spanentnahme aus dem Schienbeinkopf (unter besonderer
Berücksichtigung des Kindes- und Jugendalters)
Groh P, Mittelmeier H, Harms J
Orthopädische Praxis 9/ 1974; 507- 11.
10. Proceedings: Indications, surgical problems and results of repeat nucleotomies
Harms J, Hess H
Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1974 Aug;112(4):824-5.
9. Ergebnisse der Osteosynthesen bei kindlichen intertrochanteren Femurosteotomien mit selbstspannenden
WinkelplattenGroh P, Biehl G, Harms J
Medizinisch-Orthopädische Technik 4/74, 94. Jahrgang, 109 -111.
8. Spannungsoptische und holographische Untersuchungen zur Biomechanik der Plattenosteosynthese Hanser
U, Harms J, Mittelmeier H
Medizinisch-Orthopädische Technik 2/74, 94. Jahrgang, 47-50.
7. Experimental studies on heat development in bone during polymerization of bone cement. Intraoperative
measurement of temperature in normal blood circulation and in bloodlessness
Biehl G, Harms J, Hanser U
Arch Orthop Unfallchir. 1974;78(1):62-9.
6. Zur operativen Behandlung von Oberarmschaftpseudarthrosen
Harms J, Arens W
Mschr. Unfallheilk.76; 40-6; Springer Verlag 1973
5. Transkorporale Schussverletzung mit Geschoßembolie der li. Arteria Femoralis
Stöhr C, Harms J
Aktuelle Traumatol. 1973;1, 25-30. Georg Thieme Verlag
4. Surgical management of humeral shaft pseudoarthroses
Harms J, Arens W
Monatsschr Unfallheilkd Versicher Versorg Verkehrsmed. 1973 Jan;76(1):40-6.
3. Art und Häufigkeit typischer Sportverletzungen
Stöhr C, Harms J
Langenbecks Arch. Chir. 233, Springer-Verlag 1972
2. Surgical or conservative therapy of severe calcaneal fractures
Mlynek HJ, Riedeberger J, Harms J
Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad
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Publikationen · Professor Harms persönlich
Zentralbl Chir. 1972 May 13;97(19):625-30.
1. Probleme der Resistenzbildung bei der zytostatischen Behandlung von Karzinomen
Heckmann U, Tranckjer AS, Harms J
Zentralblatt für Gynäkologie 1969;37, 1204-10.
Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad
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