Herr lic. phil. Morina Nasers Vortrag zum

Transcrição

Herr lic. phil. Morina Nasers Vortrag zum
FAPS AfterStudy, Universität Zürich
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie USZ
Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer
Psychotraumatologie
-
Kurzsatz, Zitat
oder Bildlegende.
Kurzsatz, Zitat
oder Bildlegende.
Klinische Arbeit mit
traumatisierten Migranten
08.10.2014
Naser Morina
Geschichte: Psychotraumatologie
Traumatische Ereignisse sind z.B:
 Vom «railway-spine» des 19. Jahrhunderts zu den traumatisierten Soldaten der
 Krieg, Folter / Gefangenschaft, Flucht
beiden Weltkriege: «Kriegs- und Gefechtsneurose», «shell shock»,
 Physische / sexuelle / kriminelle Gewalt
«Kampfesmüdigkeit»
 Physischer / psychischer Missbrauch
 Überlebende der Konzentrations- und Vernichtungslager
 Terroristische Gewalt
 Vom Koreakrieg über den Vietnamkrieg zur Psychotraumatologie
 Traumatischer Verlust
 Innerfamiliäre Gewalt, Opfer sexueller Gewalt, «Seelenmord» für
Vernachlässigung in der Kindheit
 Einführung des DSM-III, APA 1980;
 DSM IV/ICD10
 DSM 5 – ICD 11
 (Natur-) Katastrophen, Unfälle
 Krankheiten
……
Traumatypen
Akzidentelle Traumata
Typ-I-trauma
einmalig, akute
Lebensgefahr,
unerwartet
Typ-IItrauma
wiederholt,
langandauernd,
unvorhersehbarer Verlauf
• Verkehrsunfälle
• berufsbedingte Traumata
(z.B. Polizei, Feuerwehr)
• Arbeitsunfälle
• kurzdauernde Naturkatastrophen (z.B.
Wirbelsturm,
Blitzeinschlag)
man-made Trauma
(interpersonal)
 kriminelle & körperliche
Gewalt
 Vergewaltigungen
 zivile Gewalterlebnisse
(z.B. Banküberfall)
 sexuelle & körperliche
Misshandlungen in der
Kindheit
 langdauernde
Naturkatastrophen (Flut,  Geiselhaft
Erdbeben)
 Kriegserlebnisse
• technische Katastrophen  Folter & politische
(z.B. Giftkatastrophen)
Inhaftierung
 Massenvernichtung
(KZ-/Vernichtungslagerhaft)
Was ist ein Trauma?
 Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen
Situationsfaktoren und den individuellen
Bewältigungsmöglichkeiten
 Nicht objektive Eigenschaften des Ereignisses machen
dieses zu einem Trauma, sondern die subjektive
Bewertung der betroffenen Person
 Entscheidend: Gefühl von Ohnmacht, Kontrollverlust,
Hilflosigkeit und völligem Ausgeliefertsein
 dauerhafte Erschütterung von Selbst- und
Weltverständnis
Posttraumatische Belastungsstörung –
häufige, aber nicht einzige Reaktion auf Trauma
 Gegen schwere traumatische Belastungen ist kein
Mensch immun
 Jeder Mensch hat eine „Bruchgrenze“. – Der eine „bricht“
früher, der andere später
TRAUMA
Anpassungsstörung
Bewältigung
 Jeder zeigt nach einem gewissen Ausmass an
psychischem Trauma eine Belastungsreaktion
Ein traumatisches Erlebnis geht nicht
spurlos am Menschen vorüber…
Akute Belastungsreaktion
Depression
Angst
Somatisierung
Sucht
Dissoziation
PTSD
Persönlichkeitsänderung
(komplexe PTSD)
Persönlichkeitsstörung
Integration
Kompensation
Saluto-genese-Patho
Traumafolgestörungen haben verschiedene Gesichter…
Bei extremen, mehrmaligen Traumatisierungen,
zusätzlich weitere Veränderungen:
bezogen auf die eigene Person
 … von Lebenseinstellung:
bezogen auf andere
 … der Beziehungen: Misstrauen,
Gefährdung, Vulnerabilität und
Hilflosigkeit, Verzweiflung
 Beschädigt sein
 … der Aufmerksamkeit und
Bewusstsein: Entfremdung &
Amnesien
 … der Affekt- und
Impulsregulation: Ärger, Wut,
Rache, Aggression
 … Selbstwahrnehmung: Schuld,
Scham, Ekel
Ebenen psychologischer Interventionen nach Trauma
• Selbsthilfe
Entfremdung, Ärger, Wut, Rache,
Aggression
(± professionelle Beratung)
• Peer support
 Emotionsregulation
Berater
(± professionelle Beratung)
 Schuld- und Schamgefühle
• Psychoedukation
 Ekel
• 4-6 (Gruppen-)Sitzungen
 gestörte Intimität
Kognitive VT
 gestörtes Sozialverhalten
• Evidenzbasierte
Psychotherapien, incl.
biografische Arbeit
 Gefühl der Bedrohung
Psychotherapeuten
 verminderte Selbstachtung
VIOLENT CONFLICTS IN 2013 (NATIONAL LEVEL)
Traumafokussierte Psychotherapie
Konfliktbarometer 2013 (HIKK, 2014)
Kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze (CBT):
- Exposition, v.a. „Prolonged Exposure“
- Cognitive Processing Therapy
- Eye Movement Desensitization and Reprocessing
- Narrative Exposure Therapy
- Brief Eclectic Psychotherapy
Psychodynamische Therapieansätze:
- Zur Zeit keine hinreichende wissenschaftliche Evidenz
10
Über 232 Mil. Migranten, 51.2 Mil Vertriebene (34.5 intern
Vertriebene & 16.7 Mil. Flüchtlinge weltweit (UNHCR, 2014)
Atlas der Folter (2013)
Migranten in CH (BFS, 2014)
2013: 21'500 Asylgesuche
Psychische Gesundheit bei „Flüchtlingen“
Das überlaufende Fass
PTSD
Migration, Flucht
Grössere Probleme
Alltagsprobleme
Heeren et al., 2012
Zentrale Folgen
von Trauma
Transdisziplinäre Zusammenarbeit: Unterstützung
und Förderung der Bewältigung
Justizwesen,
Tribunale,
Wahrheitskommission
Reconciliation
Gesundheits-, Asyl-,
Versicherungswesen
Psycholog. und
psychotherapeutische
Massnahmen,
Trauerarbeit
Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer
(afk) Zürich
 Abteilung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie USZ
 Angebot: ambulante, sozialpsychiatrische und
psychotherapeutische Behandlungen im Rahmen des KVG
 Aufenthaltsstatus egal
 Hauptzielgruppe: Schwer, komplex, sequentiell
traumatisierte Migranten mit fehlenden Deutschkenntnissen
 Interdisziplinäres Team
Familie, soziales
Netz, Sozialberatung
(Helfer-)
System
Aus-, Weiterbildungen,
Erwerbsarbeit,
Sprachkurse
Behandlung der Traumafolgestörungen
Psychologische Ansätze:
 Early intervention
 Psychotherapie
Biologische Therapien:
 Psychopharmakotherapie
 Körperorientierte Verfahren
Soziale Interventionen:
 Sozialarbeit
 Juristische Beratung
Behandlung von Trauma bei Flüchtlingen
 Patienten präsentieren häufig komplexe psychosoziale
Herausforderungen
 Wohnung
 Ausbildung - Schule
 Arbeit
 Versicherung
 Aufenthaltsstatus
 .......
 Viele Patienten möchten lieber diese Probleme ansprechen als
trauma-bezogene Symptome
Psychotherapie, z.B.: Narrative Exposure Therapy (NET)
für sequentiell Traumatisierte (Schauer, Neuner & Elbert)
Forschung
Trauma-Dimensionen
Aktuelle Forschungsprojekte:







Emotionsregulation in traumatised survivors of war and torture
Controllability Mini Intervention
Evaluierung einer multilingualen audio-visuellen Software zur
Fragebogenerhebung im klinischen Setting
Psychodiagnostik traumatisierter Kriegs- und Folteropfer
Anforderungs- und Rollenprofil für Dolmetschende im
medizinischen Bereich
Seelische Gesundheit von Kindern und ihren traumatisierten Eltern
Psychische Gesundheit und Nutzung des Gesundheitswesens bei
Asylsuchenden in der Schweiz
Praktikum, Bachelor- und Masterarbeiten, Dissertation
www.torturevictims.ch
Politik….Gesellschaft….Moral….Kultur….Recht….Werte….
Heimat….Identität….Verlust….Brüche….Trauer….Sinn….
Individuum….Beziehung….Familie….Volk….nächste Generation
Körper….Seele….Gesundheit….Arbeit….Sicherheit….
Vergangenheit….Gegenwart….Zukunft….
DSM-IV…DSM 5…ICD-10…ICD-11…
usw….
….Medizin…
Vielen Dank für die
Aufmerksamkeit!
[email protected]
Naser Morina, MSc
MAS in Psychotraumatology UZH
Department of Psychiatry and Psychotherapy
University Hospital Zurich
Culmannstr. 8
CH-8091 Zürich
Tel.: +41 (0)44 255 51 21
Fax.: +41 (0)44 255 86 45
[email protected]
www.psychiatrie.usz.ch