RZ - Münchner Stoff Frühling

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RZ - Münchner Stoff Frühling
Offizielles Fachorgan
5/2015 Mai
B 4281
Raumausstatter Zeitschrift
Raum & Ausstattung
Ausstellungsfläche
und Vortragsareal in
einem – die Besucher
des MSF trafen sich im
BMW Pavillon
Lorepero quiaerat dolupta voluptia nonsequid explaborpor aut omnimagnis vollut alicien
Te x t: Xxxxxxxxx
F o t o s : Xx x x x x
Ziemlich beste Stoffe
Wer durch die Showrooms des Münchner Stoff Frühlings (MSF) pendelte, hob so manchen Schatz
Te x t: RZ-Redak t ion
Fo t o s : S t ef an O ber m ei er, Ma tth i a s S ch mi e d e l , R Z
3
20 RZ 5/2015
Die Zeitschrift
DECO HOME
kürte auf dem
Münchner Stoff
Frühling ihre
Stoff-Favoriten
mit dem Best
Fabrics Award.
Tricia Guild und
Henry Jones,
Designers Guild,
erhielten von
Verleger Klaus
Winkler den Preis
für Samtgewebe
„Jichang“. Die
ausgezeichneten
Stoffe finden Sie
auf www.raumausstatter.com
W
as passiert, wenn 24 Stoffanbieter, einige Teppichfirmen,
ein Outdoor- sowie ein Stilgarnituren-Spezialist in München zusammenkommen? Richtig, dann beginnt das
Wochenende des Münchner Stoff Frühlings. Zur 18. Ausgabe profitierten die
Besucher von der Kooperation mit BMW.
Im Pavillon des Automobilherstellers
standen Installationen und Vorträge auf
dem Programm (ausführlich auf S. 28).
„Wir beobachten mehr Wertigkeit. Die
Handschriften werden wieder eindeutiger,
es gibt weniger austauschbare Kollektionen als in den letzten Jahren“, berichtete
Vera Daniels, Tapeten Fischer. Christel
und Klaus Gerling, Heidelberger Polsterei, suchten in München Anregungen:
„Ausgefallene Muster oder sehr moderne
Stoffe dienen uns als Inspiration.“ Die
RZ hat einen Strauß an Stoff und Tapetenthemen gebunden – blättern Sie los!
Weitere Informationen zum Event auf:
www.msf-muenchen.de
TREND MARKT
BLÜTENMEER
Petra Arnold, das neue Gesicht bei Little
Greene, stellte zwei seidenmatte Lacke
für den Außenbereich vor
Der Digitaldruck
„Margaritas“ auf
Leinen-ViskoseGemisch von
Dedar erinnert
an ein expressionistisches
Gemälde
Bei Missoni ranken sich
üppige Blüten auf dem
bedruckten Jacquard
„Raman“ – geeignet für
Dekos und leichten Bezug
Auf „Fantasia“
aus Trevira CS
von Création
Baumann ist
das Motiv aus
Blüten und
Blättern als
Mittelbordüre
angelegt
Mit tropischen Blumen und Blättern auf
Leinenfond betört Stickerei „Hibiscus“
von Nobilis Fontan in Blau, Anthrazit
und Natur
An die Gestade der Südsee entführt
Designerin Ariane Dalle mit Baumwolle
„Bora Bora“ von Manuel Canovas
(Colefax & Fowler)
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MARKT TREND
LEINEN | GLANZ
Holland & Sherry eröffneten zum MSF
einen Showroom in der Ottostraße 5, der
von Robert J. Kitson geleitet wird
Seiden-Mischung
„Carmen“ von
Jim Thompson
spielt mit dem
Licht. Das wolkenartige Ikatmotiv
erhebt sich plastisch von einem
Satingrund
Jacquard „Terrazzo“ von Rubelli
imitiert venezianische Fußböden.
Die Viskose-Baumwoll-Mischung
gibt es in zehn Farben
Feines Funkeln:
Mineralische Pigmente
veredeln Vliestapete „Tree“
und fügen sich zu stilisierten
Bäumchen (Zimmer+Rohde)
Paillettendessin
„Gloria“ von Sahco
wird nach dem
Schaumdruck mit
Metallfolie versehen
und kalandert
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Sehr lässig und
strapazierfähig:
„Raw“, reines stonewashed Leinen von
Luiz, liegt 135 Zentimeter breit
TREND MARKT
ROTE ERDE
Oxidiertes Kupfer in Kombination mit Aubergine – so zeigt sich
„Capriola“ aus
der Home Accessoires Kollektion
von Christian
Fischbacher
Managt den Showroom von Colefax &
Fowler: Katrin Schmauser vor dem bestickten Mischgewebe „Selby“ von Larsen
Feminine Eleganz:
Inspiriert vom Charme
des alten Hollywood,
präsentiert Kobe seine
Kollektion „City Chic“
„Metalo“, ein Jacquard aus Trevira CS
von Lelièvre mit zweifädigem, mattem und
brillantem Schussgarn,
gibt es in vier Farben
„Dress Circle“ von Mulberry (über Hahne und
Schönberg) verbindet
Druck mit Applikationen
und Stickerei
Der Polsterstoff „Manhattan“ von
Nya Nordiska ist ein Mischgewebe aus Viskose und Baumwolle.
Originell: Je nach Lichteinfall verändert sich seine Farbigkeit
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MARKT TREND
AR T DECO
„Gaudi“ von
Houlès, ein
Mischgewebe
aus Baumwolle,
Cupro, Leinen
und Jute, kleidet sich in acht
Kolorits von
Königsblau bis
Elfenbein
Brunhilde Köbbemann, neue Showroomleiterin bei Pierre Frey, zeigte Jacquard „Matcha“
mit Seidenanteil aus Kollektion „Himalaya“
Tuchdynastie Holland and Sherry veredelt,
bestickt, webt und – gewinnt Herzen! Sonderanfertigungen sind hier Standard
Eine Bordüre aus
dem Archiv der Manufaktur inspirierte
zu Dekostoff „Pure
Combs“ von Meissen Home (über
Gebrüder
Weishäupl)
Träume in Samt macht Kollektion „Atmosphere“ von
Carlucci aus dem Hause
JAB Anstoetz wahr – mit
gepunktetem „Scream“ und
grafischem „Scope“
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Glamourös wohnen wie die
Dietrich: Mit PalmenblätterTapete „Brazilia“ von Nobilis
Fontan rückt dieses Ziel näher –
in vier Farbstellungen erhältlich
TREND MARKT
BLAU | WEISS
Sieht aus wie Papier, ist
aber aus Tyvek: Eyecatcher „Zorro“ aus der
Kollektion „Faces“ von
Kinnasand
Ralph Anstoetz,
Geschäftsführer JAB
Anstoetz und Partnerin
Marita Durchholz haben auf „Scribble“ aus
Kollektion „Scope“ von
Carlucci Platz genommen (JAB Anstoetz)
Wie von Hand gemalt: Druck
„Cathay“ von Travers auf leicht
satiniertem Leinen-Baumwollgrund
(Zimmer+Rohde)
Der
runde,
handgewebte Merinoteppich
„Splish“ von Christian Fischbacher spielt mit Farbverläufen – erhältlich in 64 Farben
Griffige Polsterstoffe:
„Ardee“ und „Granagh“ aus
der Ormond-Kollektion von
Osborne & Little
Die Handschrift des Op-ArtKünstlers Victor Vasarely inspirierte zu Entwurf „Boost Navy“
aus der Kollektion „Arcade“ von
Kirkbydesign (Romo)
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Zweibeiner zwischen
Viertürern – mehr als
700 Gäste feierten im
BMW Museum
ABEND-EVENT
Constanze Schuchmann, Kerstin Bründl
(KB Einrichtungsberatung Textilhandel,
Gräfelfing)
Helga und Ferdinand Doringer
(Raumausstattung Doringer,
AT-Altheim)
Monika Letz, Leonhard Hindelang,
Martina Karle (Raumausstattung
Betten Karle, Marktoberdorf)
Miriam Stang, Carola Grote-Sticka, Ute Röhrle,
Lisa Watzlawik und Susan Jäger kennen sich
vom Jungmeisterkreis der Raumausstatter
Eduard, Karin, Hannes und
Carolin Renner (Renner
Raum & Idee, Nürnberg)
Klaus Heigl, Lydia Heigl, Verena
Zoller, Max Heigl (Raumausstattung Heigl, Petzenhausen)
Ulla, Salvatore, Petra und Elke Statello (La Toscana –
die Polsterei, Seefeld)
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Kathrin Riedl, Hans Schupfinger (Raumausstattung
Schupfinger, Bad Endorf)
MARKT TREND
„Der Raum ist keine
Opernbühne“
Eine Expertenrunde diskutierte auf dem Münchner Stoff Frühling die Bedeutung von Stoffen
Te x t: Ka r in Ma ur o
Fo t o s : S t ef an O ber m ai er
M
oderne Architektur steht
mit glatten, kalten Oberflächen und reduziertem
Design oftmals konträr zu dem
Wunsch des Menschen nach einem
gemütlichen Zuhause. Dass Textilien den Bedürfnissen des Bewohners dienen, war der Konsens der
Podiumsdiskussion „Moderne Architektur trifft textile Einrichtung“.
Gerhard
Landau ist
Architekt
und Geschäftsführender Gesellschafter
des Büros
Landau+
Kindelbacher
Architekt Gerhard Landau begegnete dem
Vorurteil, nach dem Architekten Textilien
im Raum ablehnten. „Wir versuchen,
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gemeinsam mit dem Auftraggeber Räume
zu entwickeln, und so kommen Textilien
automatisch dazu“, erklärte er. Gerade in
den Städten werde immer dichter gebaut,
da seien Vorhänge unverzichtbar, um
sich geborgen zu fühlen. „Cocooning“,
der Rückzug in das eigene Zuhause, sei
das Stichwort. Viele Architekten sehen
das Haus dagegen als Skulptur, ihnen sei
wichtig, dass die Fassade stimmt. Das
gehe aber an der Realität vorbei. „Die reduzierte Designermode ist ohnehin nicht
lebbar, ein Raum ist keine Opernbühne,
sondern muss Rückzugsmöglichkeiten
bieten.“
Auch Karl Weber, Raumausstatter aus
dem österreichischen Zell am See, stellt
die Bedürfnisse des Kunden in den Fokus
seiner Arbeit. „Die Gemütlichkeit kommt
in der heutigen Zeit zu kurz. Das Zuhause
soll ein Nest sein, in das man abends nach
einem anstrengenden Arbeitstag kommt.“
Die Umsetzung sollte zum persönlichen
Stil des Kunden passen, Textilien müssten
zum Lifestyle werden. „Die Einrichtungsbranche ist genauso eine Modebranche
wie die Bekleidungsindustrie. Wir müssen
in der Planungsphase Stoffe unterbringen,
Karl
Weber
leitet einen RaumausstatterBetrieb im
österreichischen
Zell am
See
die nicht nur Funktionen erfüllen, sondern
auch als Dekoration im eigentlichen Sinne
dienen.“ Weber plädierte auch für eine Erweiterung des Ausbildungsangebots in der
Textilbranche und an Schulen und Universitäten. Hier sei das europäische Ausland
viel besser aufgestellt.
Dass Textilien schon immer den Zeitgeist
spiegelten, belegte Dr. Karl Borromäus
Murr, Leiter des Staatlichen Textil- und
Industriemuseums Augsburg TIM: „Frü-
TREND MARKT
Dr. Karl Borromäus Murr ist
Historiker und leitet das Textilund Industriemuseum Augsburg. Innenarchitektin Corinna
Kretschmar-Joehnk richtet vor
allem Hotels ein und bezieht
Stoffe bereits bei den Collagen
mit ein. Fensehmoderatorin
Karen Webb, bekannt aus
der Sendung „Leute heute“,
moderierte die Talkrunde
her gab es eine feste Kleiderordnung, Fürsten
und Kaiser trugen kostbare Stoffe wie Samt.“
Heute seien Textilien Symbol für die Identität.
Murr forderte eine höhere Wertschätzung von
Stoffen. „Wir werden immer mehr zu Connaisseuren in Sachen Wein und Essen, aber bei
Sylvie Krüger
hat ein Buch
über textile Architektur verfasst
und plädiert für
eine Kombination von Funktion
und Dekoration
Textilien geht der Sachverstand verloren.“ Die
Menschen müssten so flexibel sein wie der Stoff,
mit dem sie arbeiten.
Susanne Klein, Einrichterin aus München,
sprach die wachsende Konkurrenz durch das
Internet an. „Gemütlichkeit kann man nicht
online bestellen. Wir verkaufen ein halbfertiges
Produkt, die Verarbeitung kann das Internet
nicht leisten. Jemand, der stoffaffin ist, wird sich
überlegen, wie er das Köpfchen und den Saum
verarbeitet haben will.“ Textilien bedeuten für
Klein Intimität und Leidenschaft. „Stoffe sind
Diskussionsbeitrag
Beatrix Thornton,
Trixi Kreative Räume
„Die Jugend wurde komplett vergessen. Meine Tochter lernt gerade
Raumausstatterin. Ihr Freundeskreis weiß
gar nicht, was wir machen. Als ich vor 25
Jahren gelernt habe, war das bereits genauso. Unser Beruf muss bekannter werden,
um wahrgenommen zu werden und unsere
Leistung hervorzuheben!“ Schreiben Sie uns
Ihre Meinung an: [email protected]
etwas sehr Persönliches. Das sieht man bei der
Kleidung genauso wie in der Einrichtung.“ Man
müsse nahe am Kunden sein und Geschmacksunterschiede beachten.
Corinna Kretschmar-Joehnk, Innenarchitektin,
richtet vor allem Hotels ein und betonte, die
Gestaltung richte sich nach den Bedürfnissen
der Menschen. „Die Interieurs sollen möglichst
wohnlich sein, Menschen sollen sich wohlfühlen.“ Gerade im privaten Bereich der Hotelzimmer sei es wichtig, dass es einen Store als Sichtschutz gebe und eine Verdunkelungsmöglichkeit. Darüber hinaus diene die Einrichtung der
Inspiration. „Ich möchte mich wie in München
oder London fühlen und das Hotel soll dieses
Gefühl spiegeln.“ Auch technische Aspekte wie
Verdunkelung, Brandschutz oder aber die Waschbarkeit müssten berücksichtigt werden. Aus
diesem Grund bedient sich Kretschmar-Joehnks
Firma Joi-Design eines großen Materialarchivs.
Susanne Klein
führt ein Einrichtungsgeschäft
in München.
Wohnstoffe
bedeuten für sie
Leidenschaft
Sylvie Krüger, Buchautorin und Textildesignerin,
brachte die funktionalen Aspekte von Textilien
ins Spiel. „Ich arbeite viel mit Architekten im
öffentlichen Bereich zusammen. Da geht es eher
um die umgebenden Materialien, ob der Boden
aus Holz oder wie die Wand beschaffen ist.“
Es ginge nie um die reine Dekoration, sondern
immer auch um die Funktion wie die Dämmung
oder den Sonnenschutz. Nach diesen Kriterien
würden Textilien ausgesucht oder gar neue Stoffe
entwickelt. Die Herausforderung sei es, Funktion und Dekoration zu verbinden. Wenn ein
Textil Geräusche dämme oder Energie einspare,
komme der Architekt daran nicht vorbei.
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