Samstags-Werkstätten, 2. Halbjahr 2014

Transcrição

Samstags-Werkstätten, 2. Halbjahr 2014
Liebe Leserin, lieber Leser,
Sie finden hier Gedicht- und Übungs-Beispiele aus den Samstags-Werkstätten des ETAINA-Verlags (2. Halbjahr) 2014. Uns geht es um den spielerischen Umgang mit Sprache, das gemeinsame Schreiben und Ausprobieren. „Finger-Übungen“, Wortspielereien, Sprach-Experimente, immer
wieder auch traditionelle Strophenformen und Reime, dienen der Anregung,
dem Weiter- und Überarbeiten zu Hause. Sie zeigen die unerschöpflichen
Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit Lyrik und bilden die theoretische
Basis. Ohne dieses Hintergrundwissen fehlte uns die Grundlage dichterischen Schreibens.
Die Samstags-Werkstätten stehen allen am Gedichte-Schreiben interessierten Frauen offen, die Teilnahmeplätze sind allerdings begrenzt. Wir arbeiten in kleinen Gruppen (zu sechst bis acht), auch beim „Schreiben im Öffentlichen Raum“ (höchstens
zehn Teilnehmerinnen), wenn es heißt: „Werkstatt unterwegs!“
Jede Teilnehmerin entscheidet für sich, eigene in der Werkstatt oder im Anschluss daran entstandene Gedichte für die Internet-Präsentation des ETAINA-Verlags freizugeben. Daher finden Sie hier nicht alle entstandenen Texte. Einen Einblick in die
Vielfalt, die Freude, den Spaß und auch in die Herausforderungen an diesen Schreibnachmittagen, den finden Sie hier ganz
bestimmt.
Die Werkstätten, die uns – neben der Arbeit an Grundsätzlichem in meiner „Kreativ-Küche“, auf der Terrasse, im Garten – im
Lauf dieses Jahres an besondere Orte führen werden, z.B. in einem Künstlergarten, in und auf den Schaumberg-Turm, in Ateliers und Ausstellungen, in den öffentlichen Raum, … finden Sie unter: www.etaina.net – „Impressionen“ 2014 als eigene
Übersichten.
Sie möchten mehr wissen über unsere Samstags-Werkstätten? Schicken Sie uns eine Mail ([email protected]) oder rufen Sie
uns an (06853/25 26).
Werkstätten, die von VHS und anderen Trägern unter meiner Leitung angeboten werden, sind für Frauen und Männer gleichermaßen offen.
Die „Sprach-Spielerinnen“:
Die erste Werkstatt fand im November 2007 statt, und seither recht regelmäßig ein Mal im Monat, samstagnachmittags. Wo
wir schon überall bei „Werkstatt unterwegs“ geschrieben haben, das finden Sie unter www.etaina.net – „Impressionen“.
Die „Sprach-Spielerinnen“ gestalteten bereits etliche Lesungen im gesamten Saarland sowie die Ausstellung „Wenn Wörter
tanzen“ in der Johann-Adams-Mühle in Theley und veröffentlichten inzwischen fünf Gedichtbände:
-
Gipfel – Kunst – Gedichte, 2009, ISBN 978-3-9812234-6-0, 14,00 €
Wenn Wörter tanzen, 2011, ISBN 978-3-9814110-3-4, 14,50 €
Annäherungen – Gedichte zu Portrait-Zeichnungen von Georg Cadora, 2012, ISBN 978-3-9814110-6-5, 14,50 €
Traum, Tanz, Tatkraft – Frauen-Gedichte zum Int. Frauentag (08. März) der Vereinten Nationen, 2012, ISBN 978-39814110-7-2, 14,50 €
Über die Hügel wehen Verse – Hommage an Johannes Kühn, 2014, ISBN 978-3-9815780-3-4, 15,00 €
Alle Gedichtbände sind beim ETAINA-Verlag erhältlich. Weitere Buchprojekte sind bereits in Planung.
Die Online-Präsentation der Werkstatt-Ergebnisse wird ständig aktualisiert.
Viel Freude beim Lesen …
& die „Sprach-Spielerinnen“
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass keinerlei Abschrift, Kopie, Vervielfältigun g oder sonstige Nutzung der Gedichte, Fotos, Illustrationen … gestattet ist. Alle Gedichte, Arbeitsgrundlagen und Fotos unterliegen dem Urheberschutz.
Juli 14 – Gedicht-Werkstatt
„unterwegs“
Am 12.07.14 trafen wir „SprachSpielerinnen“ uns mit der KeramikKünstlerin und Malerin Helga Bernhard im Künstlergarten, den Helga
Bernhard und ihr Mann über Jahrzehnte angelegt haben, zum gemeinsamen Schreiben. Bäume,
Sträucher, Wasserspiele, Skulpturen, die Sommerwerkstatt der Künstlerin, Kräuterhäuschen,
alte Stühle, Sonne- und Schattenspiel … – alles zusammen
bot eine Fülle an Inspiration. Dazu kam die eine und andere
vorgegebene Aufgabenstellung als Vorlage für mögliche
Gedichte.
s. eigene Zusammenstellung unter www.etaina.net – Impressionen
September 14
August 14 – Gedicht-Werkstatt „unterwegs“
im und auf dem Schaumberg-Turm, s. eigene Zusammenstellung unter www.etaina.net – Impressionen
Halluzinationen
„Die bunte Mischung“
Gedichte als Vorlage, Farben, Formen & Stilmittel
Erwachen in Lila und Rot
(zu Warnung v. Jenny Joseph)
Wenn ich einst eine alte Dame bin,
so lange ist das nicht mehr hin,
dann werd ich rote Hüte tragen
und dazu lila Kleider;
die lass ich mir nähen vom Schneider!
Ein roter Hut mit lila Schleife
auf meinem blau gefärbten Haar – mein Traum
Schicke teure Schuhe an meinen gepflegten Füßen
Markenkleider, allerdings zu Ausverkaufspreisen
Auf Flohmärkten wandeln, Unnötiges erwerben
und in schönen Schachteln sammeln
Ich werde mich nackt in den Regen stellen in unserem Garten
wenn niemand zu Hause ist – Eis essen, Torten verspeisen
Und meine Rente verprassen. –
manchmal
Barbara W.
Auch sonst werd ich wilde Dinge wagen,
lass mir nichts mehr sagen
und werde so älter und weiser –
aber kein bisschen leiser – im Gegenteil:
Rebellisch werde ich sein,
geh auf die Straßen und schrei mich heiser!
Sicher schlüg ich auch gern
dies und das kurz und klein –
das wird sich finden!
Jedenfalls werd ich mich
an nichts und niemanden mehr binden,
bin ich erst eine alte Dame
und tauge für Feministinnen-Reklame,
wenn ich rote Hüte trage
und mich in lila Kleidern
auf die Straße wage.
Wunschvorstellung (Akrostichon)
Lila ist meine Wunsch-Haarfarbe
Ich habe noch keinen Termin beim Friseur
Leider habe ich den Mut verloren
Aber kommt Zeit – kommt Rat
Rot ist die Farbe der Aggression und auch der Liebe
Ob das alles zu meinem Alter passt?
Total irre, eine aggressive Oma und eine liebestolle Alte!
Barbara W.
LilaRot I
Lustvoll und selbstbestimmt und
Intensiv
Leben und
Aufbegehren
Rebellieren
Ohne Wenn und Aber und …
Tanzen, träumen, leben! – auf meine Art!
Ihr sagt, das schickt sich nicht,
das kann ich doch nicht machen –
ihr bringt mich zum Lachen!
Lang genug erfüllt‘ ich meine Pflicht,
Zeit wird’s zu erwachen –
spätestens, wenn ich eine alte Dame bin,
rote Hüte und lila Kleider trage!
MMK
MMK
LilaRot II
Vorstellung
(nach Warnung v. Jenny Joseph)
Lachfältchen – Sonnenstrahlen um die Augen
Im windzerwühlten Haar bunte Tücher
Lavendelfarben, kirschrot, blau und orange
Auf Baumstämmen balancieren und am Klippenrand
Richtung Sonne schauen und zum
Offenen Horizont und
Tanzen – barfuß im nassen Sand
Bin ich einst eine alte Dame,
dann werd ich lila Blusen tragen
und lila Röcke und Kleider.
Auf meine weißen Locken
werd ich ein rotes Cappy setzen,
frech mit lila Schleife.
Und sonntags trag ich einen roten Hut.
MMK
Meine Rente werd ich fröhlich verprassen
für gute Schuhe und große Taschen
und so manche köstliche Speisen.
Lachen will ich
Immer wieder
Laut und hemmungslos
Ausgefallene Farben will ich tragen
Rote Schuhe, lila Stümpfe
Oder doch lieber
Tattoos in lilarot.
Ohrringe werd ich mir kaufen,
so richtig große Klunker,
die ich wahrscheinlich nie trage.
Jede Parkbank wird mir gehören
und jede mitten im Menschengewühl.
Dort werd ich sitzen und philosophieren
und wandern von Bank zu Bank.
Karin S.
Altwerden
Altwerden ist wunderbar
auf die Meinung der anderen pfeifen.
Ein Lied auf den Lippen und
tausend Ideen im Kopf.
Auf dem Bordstein balancieren,
die müden Füße im Springbrunnen kühlen.
Schwarz fahren mit der Tram
und Ping-Pong spielen mit den Enkeln.
Ich singe lauthals und falsch
und muss absolut nicht perfekt sein.
Karin S.
(s. Roter Hut–Bewegung: http://www.roterhut.net)
Lammbraten werd ich essen
und Salat in Mengen mit
Champignons und Pfifferling.
Ein Gläschen Champagner
will ich mir gönnen dann und wann.
Sammeln werde ich gute Erinnerungen,
ansonsten mich mit wenig belasten.
Tags werd ich schlafen und nachts spazieren gehen –
Ich kann’s kaum erwarten!
Doch ein Weilchen muss ich
mich noch zusammenreißen,
zumindest bis die Enkel erwachsen sind.
Doch dann –
endlich – !
Optimist und Skeptiker
ein innerer Dialog
Alt werden ist wunderbar
Wenn du nur gesund bleibst
Ich habe alle Freiheiten
Nun übertreib nicht, - vielleicht ein paar
Ich bin ungebunden
Dabei wärst du gerne gebunden
Habe weder Hund noch Katz
Mit wem schmust du dann?
Kann verreisen, wann immer ich will
Und wer bezahlt das?
Brauche mich nicht an Ferientermine zu halten
Und doch tust du es wegen des Deutsch-Kurses
Im Winter kann ich Skifahren
Und was sagen deine Knie dazu?
Und im Sommer über Felder galoppieren
Denk an deine Hüfte!
Ich tanze Nächte lang durch
Ohne Partner?
Und hüpfe leichtfüßig die Treppen hinab
Der Meniskus lässt grüßen
Dann fahr ich Roller mit dem Rollator!
Karin S.
werd‘ ich lila Kleider tragen
und ein rotes Cappy
auf meinem weißen Haar –
vielleicht auch lila Stiefel –
vielleicht
MMK
Inspiriert vom Märchen Frau Trude (Sammlg. Br. Grimm)
Keine Wahl
Den Mund muss ich mir verbrennen
Die Dinge beim Namen nennen
Finger und Haare muss ich mir versengen
nur so kann ich eiserne Ketten sprengen
Muss aalglatten Leuten ins wahre Gesicht sehn
kann nicht tatenlos bei Unrecht zusehn
und wenn’s mich versengt
und wenn’s mich verbrennt
Ich muss aufbegehren
für alle die’s nicht können
muss ich mich wehren
MMK
Gefährliche Neugierde
Oh, Maria hilf!
Der Karren steckt im Dreck,
die Ladung zu schwer;
köstlich der Wein.
Die Mutter Gottes hilft:
trinkt den Wein
aus der Blüte der Feldwinde.
Das Fuhrwerk fährt weiter.
Das Blümchen wird berühmt.
Mädchen
vorwitzig, eigenartig
besuchte Frau Trude
Gespenstische Männer im Haus
Aus
Barbara W.
Karin S.
Frau Trude
Ein vorwitziges Mädchen
drehte am Rädchen
MONTAGE - Gedicht
Es wollte zu Frau Trude
Dort war ihm bange zumute
1.
Nach Text Wettervorhersage
Deutschlandwetter am Samstag (Text 1)
Erst sah es einen schwarzen Mann
- nur ein Köhler, der kam
Im Norden wird’s wolkig, die Sonne scheint auch
Kühl sind schon die Nächte, mäßig weht Wind aus West
Da war ein grüner Mann
- nur ein Jägersmann
Der Westen erwärmt sich, kühlt stark ab in der Nacht
Faul ist der Wind aus Osten
Ein Mann mit blutrotem Gesicht
- nur ein Metzger, ein armer Wicht
Sonnig wird’s im Osten, doch auch wolkenschwer
Recht kühl kommt schon die Nacht daher
Der Teufel stand hinter dem Fenster
- ach, du siehst Gespenster
Im Süden Sonne, Wolken machen sich rar
Lustlos weht östlicher Wind
Er hatte einen feurigen Kopf
- er verlangt nach dir, du armer Tropf
2.
Du wirst mir leuchten und Wärme geben
als Holzklotz – ohne Leben
Nach Reise-Angeboten (LIDL)
Gute Flüge (Text 2)
Barbara W.
Zur Legende Muttergottesgläschen (Sammlg. Br. Grimm)
Auch
Weinfässer schützen
vor Unheil nicht
leisten manchmal aber gute
Dienste
Acht Tage Marokko mit viel Fliegerei
Saidia – marokkanische Perle im Norden
an traumhafter Küste gelegen
kilometerlang zieht sich der feine Mittelmeerstrand
Auch Casablanca lockt, Sehnsüchte weckend
Luxuriöses in Hülle und Fülle
Marrakesch, älteste der Königsstädte
Und schnell noch ein Blick auf das Atlas-Gebirge
MMK
Vor
Unheil schützen
auch Weinfässer nicht
Doch dürstend muss niemand
warten
3.
Montage-Gedicht aus Text 1 und Text 2
Reise-Wirrwarr mit Wetter
Acht Tage Marokko mit viel Fliegerei
Im Norden wird’s wolkig, die Sonne scheint auch
Saidia – marokkanische Perle im Norden
Kühl sind schon die Nächte, mäßig weht Wind aus West
an traumhafter Küste gelegen
Der Westen erwärmt sich, kühlt stark ab in der Nacht
kilometerlang zieht sich der feine Mittelmeerstrand
Faul ist der Wind aus Osten
Auch Casablanca lockt, Sehnsüchte weckend
Sonnig wird’s im Osten, doch auch wolkenschwer
Luxuriöses in Hülle und Fülle
Recht kühl kommt schon die Nacht daher
Marrakesch, älteste der Königsstädte
Im Süden Sonne, Wolken machen sich rar
Und schnell noch ein Blick auf das Atlas-Gebirge
Lustlos weht östlicher Wind
MMK
Blütenkelch
als Weinglas
für die Gottesmutter.
Wie das Fuhrwerk schaukelt...
Prosit!
Karin S.
Karren
in Sumpf
steckengeblieben und fahruntüchtig
Mutter Gottes trinkt Blütenkelchwein
die Räder ruckeln
Wunder geschehen
Weiterfahrt
Karin S.
MMK
Der Wetterfrosch
Samstagwetter in Deutschland
Im Norden ist's bewölkt, sagt der Frosch
und höchstens zwanzig Grad.
Im Westen kühlt es nachts ab
und der Wind weht aus östlichen Richtungen.
Im Osten windet es aus Norden,
Sonne und Wolken wechseln sich ab.
Im Süden wird die Sonne gelegentlich
von Wolken verdeckt – Unkenrufe.
Im Norden 3 Wolken, mäßiger Wind und viel Sonne
tagsüber 18 Grad, nachts etwas kälter, eine Wonne
Im Westen nachts 11, am Tag 20 Grad warm, aus Osten
etwas Wind
halb sonnig, halb bewölkt, ich freu mich wie ein Kind
Sonne und dichte Wolken im Osten, Wechsel in einem fort
tagsüber 19, nachts 8 Grad, schwacher Wind aus Nord
Im Süden werden Wolken ab und zu die Sonne verdecken
10 Grad nachts, 21 am Tag, schwacher Wind aus Ost,
welch ein Schrecken
Wetterfrosch
auf Leiter
blinzelt zur Sonne.
Er braucht 'ne Brille.
Finsternis
Barbara W.
Urlaubsfernweh
nach Indien
in die Türkei
auf die Seychellen.
Wo soll ich hin?
Die Auswahl ist groß
die Angebote verlockend.
Die Entscheidung fällt schwer
Bin unschlüssig ...
Indienrundreise
16 Tage Indien-Rundreise mit Flug und Speise
Flug, Transfers, Reisebus, Zugfahrt inklusive
Besichtigungen, Eintritte, Doppelzimmer gebucht
1525 km Herum-Gefahre hin und dann zurück
von Stadt zu Stadt, von Höhepunkt zu Höhepunkt
Spaziergänge durch enge Gassen und kleine Kaufmannshäuser
Daheim
Karin S.
Ein Kamelritt durch die Sanddünen
Eine Top-Safari und als Höhepunkt Taj Mahal
Die vielbusige Aphrodite von Ephesus
grüßt das hölzerne Pferd von Troja.
Die Säulen von Pergamon ragen in den Himmel
Der marmorne Fries steht in Berlin
Minarette und Kuppeln zieren die "göttliche Weisheit"
Karin S.
Die vielbusige Aphrodite/
Im Norden ist's bewölkt
im Amphitheater von Ephesus
und höchstens zwanzig Grad
grüßt das Hölzerne Pferd
Im Westen kühlt es nachts ab
auf den Hügeln von Troja
weht der Wind aus östlicher Richtung
Die Säulen von Pergamon
im Osten windet es aus Norden
ragen in den blauen Himmel
Sonne und Wolken wechseln sich ab
Die Spitzen der Minarette
gelegentlich wird die Sonne im Süden
zerteilen den Himmel
von Wolken verdeckt.
Karin S.
Barbara W.
Indienrundreise bei wechselhaftem Wetter
16 Tage Indienreise mit Flug und Speise
Im Norden drei Wolken, mäßiger Wind und viel Sonne
Flug, Transfers, Reisebus, Zugfahrt inklusive
Tagsüber 18 Grad, nachts etwas kälter, eine Wonne
Besichtigungen, Eintritt, Doppelzimmer gebucht
Im Westen nachts 11, am Tag 20 Grad Wärme,
aus Osten etwas Wind
1525 km Herum-Gefahre hin und dann zurück
Halb sonnig, halb bewölkt, ich freu´ mich wie ein Kind
Von Stadt zu Stadt, von Höhepunkt zu Höhepunkt
Sonne und dichte Wolken im Osten, Wechsel in einem fort
Spaziergänge durch enge Gassen und
kleine Kaufmannshäuser
Tagsüber 19, nachts 8 Grad, schwacher Wind aus Nord
Ein Kamelritt durch die Sanddünen
Im Süden werden die Wolken ab und zu die Sonne verdecken
Eine Jeep-Safari und als Höhepunkt Taj Mahal
10 Grad nachts, 21 am Tag, schwacher Wind aus Ost,
welch ein Schrecken
Barbara W.
Wortfeld „gehen“
Lebens-Lauf
In Blieskastel
In meinem langen Leben
habe ich mich auf verschiedene Weise
fortbewegt.
Bald werd‘ ich im Rollstuhl sitzen
und nicht mehr gehen können
Als Baby bin ich gekrabbelt
dann unsicher gelaufen
um die Welt zu entdecken
Heute laufe ich mit dem Rollator
ganz langsam durch die Stadt
Wenn ich sehr trödele
sind die Schmerzen auszuhalten
Als Kleinkind bin ich
dem Ball nachgerannt
und der Mutter davon
Ich wandele mit kleinen Schritten
Meter um Meter voran
Ich bin dem Vater entgegengeeilt
und bin gehüpft vor Freude
wenn er nach Hause kam
Bin froh, wenn ich humpelnd
das Eiscafé erreicht habe
Dort schaue ich den jungen Menschen zu
die vorbeispurten
ihre hüpfenden Kinder an der Hand halten
die sich losreißen
zum Brunnen rennen
und jubelnd von den Stufen springen
Im Winter schlitterte ich auf Eisbahnen
und genoss das schnelle Gleiten
Oft bin ich zum Bus gespurtet
schief getreten und weitergehumpelt
Heute gehe ich vorsichtig,
auf dem buckligen Kopfsteinpflaster
im Barockstädtchen Blieskastel
Touristen flanieren durch das Barockstädtchen
wandeln auf holprigem Kopfsteinpflaster
schlendern von Schaufenster zu Schaufenster
Und ich genieße einen Nussbecher
während Fußgänger vorübergehen
Damit ich nicht stolpere
trödele ich beim Spazieren
genieße schlendernd die Umgebung
UND FREUE MICH MEINES LEBENS
Barbara W.
Barbara W.
Oktober 14 -„Es herbstet“
Ding- und andere Gedichte zu Flyern der
Frauenmesse KOSTBAR, St. Wendel
(28.09.14)
Scherwel-Werkstatt I
Die Künstlerin sammelt Fliesen
alte und neue, Bruchstücke und ganze
Zertrümmert sie mit einem Hammer
schneidet sie mit der Zange zurecht
Setzt sie auf Tischplatten
beklebt Keramikvasen,
Türschilder und Jahreszahlen
mit Mustern, Farben und Motiven
Nichts ist vor ihrer Phantasie sicher.
Die Keramikkünstlerin
Barbara W.
Scherwel-Werkstatt II
Zweck oder Sinn
Ich bin eine Fliese, handbemalt wie Porzellan
Zu jeder Jahreszeit bescheint mich die Sonne
auf dem Scherbenhaufen im Hof der Künstlerin
Ab und zu wäscht mir ein Regenguss den Staub ab
Eines Tages wird sie mich auswählen
in ihrem Kittel, weißer fast als Schnee
Hier in ihrer Keramikwerkstatt gefällt es mir bestens
Bald werde ich als Mosaiksteinchen auf einem Kunstwerk glänzen
Bin ich Sessel?
Bin ich Stuhl?
Barbara W.
Die Keramikkugel
Da kommt sie in den Raum – die Greta
trägt ein Paket in ihren Armen
stellt es auf den Tisch
und atmet auf
Sie öffnet den Deckel der großen Schachtel
Alle Umstehenden sind neugierig
Mein Sitz – ein farbenfrohes Kissen
zum Sitzen gut geeignet.
Meine Lehne – witzige Gebilde
aus Draht gedreht, mit Fähnchen und Figuren
als Rückenstütze nicht geeignet.
Meine Beine – starker Stahl in roten Stulpen,
sie tragen mich und locken Staunende herbei.
Bin ich – vielleicht – ein
Schaufenster-Paradestück
als Kunstwerk zu bewundern?
Oder soll ich ...
reicher Leute Zimmer schmücken?
Vielleicht darf ich ins Kinderzimmer?
Ich seh die Kleinen schon:
Sie stehen, staunen, sitzen, spielen
lachen, leben –
mit mir!
Vorsichtig hebt sie
einen schweren Gegenstand heraus
entfernt sorgsam das Einwickelpapier
Monika M.
Eine Keramikkugel
mit verschiedenfarbigen Mosaiksteinchen
Sie leuchten im hellen Sonnenlicht
blitzen und blinken – wie Monis Augen
Diese Mosaikkugel wird
Farben und Leben bringen
in Monis Wintergarten
Barbara W.
(zum Flyer v. Anja Biersa, die „Scherwel-Werkstatt“;
http://www.scherwel-werkstatt-hoof.de)
Ja
Ein seltsam' Ding steht da
kunstvoll und farbenfroh kreiert:
ein Stuhl!
Schau mich an
Da staunst du, was!
Doch – ich bin ein Ding zum Sitzen und
schön.
Ja, schön und
selten.
Nicht so ein Jedermann-Ding
aus dem Katalog.
Ich bin ein Unikat!
Ach, das weißt du schon?
Stuhlbeine mit roten Stulpen
statt Lehne winken Drahtgebilde
mit Fähnchen und Figürchen
der Sitz scheint praktisch
doch ein Ding zum Sitzen?
vielleicht
vielleicht auch nicht
ein echter Hingucker auf jeden Fall
ein kunstvoll' Ding zum Schmunzeln:
ein Gute-Laune-Stuhl!
Mein Sitz
er schwelgt
in Kunst und
Farben
winkt Tristheit weg und
Fröhlichkeit herbei.
Monika M.
(zum Flyer v. Sigrid Bannier, „Filz“; http://www.bannier-filz.de)
Da staunst du, was?
Monika M.
(zum Flyer v. Sigrid Bannier, „Filz“; http://www.bannier-filz.de)
Es herbstet …
Eine Fliese bin
ich – glänzend schön
warte auf Hammer und Zange
will zu vielen Mosaiksteinen werden
und
gemeinsam
mit anderen Fliesenstücken
werde ich unter
Anjas Händen dank ihrer Phantasie
zu Kunst
zu: Der Sommer wird arm - Max Dauthendey (1867 - 1918)
Nun stehen die Tage grau, lässig, still,
Weil es herbsten will.
Der Sommer wird arm.
Doch ich trage junge Violen im Haar
Und Maienstrahlen, eine goldhelle Schar,
Und die Sonne im Arm.
Die Tage vergehen
Vielleicht gefalle ich
ja auch dir
MMK
(zum Flyer v. Anja Biersa, die „Scherwel-Werkstatt“;
http://www.scherwel-werkstatt-hoof.de)
Die Tage vergehen in Nebeln nun
ihre Schleier hüllen uns ein und zwingen zu ruhn
Dumpf tönen Nebelhörner vom Meer
Herbstmelancholie murmelt der dunkle Ton
Doch ich ahne hinterm Grau die Sonne schon
wenn auch der Himmel noch wolkenschwer
Autobiografie
MMK
Bin ein Beutel
aus weichem Velours
mein warmer Braunton
steht mir gut
Freche Fransen trag‘ ich
und einen langen Lederriemen
dass du es bequem hast mit mir
Das Schönste an mir aber
– und darauf bin ich stolz –
ist der Knopf mich zu verschließen:
eine große glatte Haselnuss
Gedanken-Sommer
Der Sommer neigt sich
Die Tage sind neblig
Der Herbst macht sich her
Die Wolken hängen schwer
Ich denke mir die Hitze
so dass ich fast schwitze
und ich bin ohne Schmerzen
denn ich trage die Sonne im Herzen
Ich stell‘ mir vor
ein Eichhörnchen
hat die Haselnuss versteckt
die mich nun schmückt
Barbara W.
und fange an zu träumen
MMK
(zum Flyer v. Iris Schradt „Die Ledertasch“;
http://www.ledertasch.de)
Auf Martinas Terrasse
Die Herbstsonne scheint
dazwischen der Himmel weint
Die Wolken ziehen weiter
Das Wetter wird heiter
Die Sonne erwärmt Land und Leute
Die Menschen genießen voller Freude
Man kann sitzen auf der Terrasse
neben einer schnurrenden Katze
Am Strauch, dem blattlosen
hängen die letzten beiden Rosen
Noch blüht die Tomatenpflanze
Gelbe Minitomaten zieren das Ganze
Zarte Winde wehen
lass´ es geschehen
Denk an den Sommer
denn bald wieder kommt er
Barbara W.
zu: Septembermorgen - Eduard Mörike (1804-1875)
Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.
Zu: Regen in der Dämmerung
- Hugo von Hofmannsthal (1874-1929)
Der wandernde Wind auf den Wegen
War angefüllt mit süßem Laut,
Der dämmernde rieselnde Regen
War mit Verlangen feucht betaut.
Das rinnende rauschende Wasser
Berauschte verwirrend die Stimmen
Der Träume, die blasser und blasser
Im schwebenden Nebel verschwimmen.
September-Mittag
Die Nebel sind noch nicht gewichen,
verhüllen Wiesen, Wald und Feld.
Das Gold des Herbstes scheint verblichen,
das Blau des Himmels längst verstrichen.
Wolken färben und verwischen
grau in grau die Welt.
Monika M.
Der Wind in den wehenden Weiden,
Am Wasser der wandernde Wind
Berauschte die sehnenden Leiden,
Die in der Dämmerung sind.
Der Weg im dämmernden Wehen,
Er führte zu keinem Ziel,
Doch war er gut zu gehen
Im Regen, der rieselnd fiel.
Leihgabe
Weit fort das hohe Himmelszelt,
nur graue Wolken ziehen.
Ein Fetzen Blau dazwischen fällt
und Drachen tanzen überm Feld.
Herbstleuchtend zeigt sich bald die Welt –
auch uns ist Zeit verliehen.
Verzauberung
Im ersten Frost liegt nun die Nacht
und kalte Winde stürmen.
Sie bringen uns die weiße Fracht.
Bald glitzert schon kristallne Pracht
Gefroren sind dann Weg und Gracht,
Schneeberge sich hoch türmen.
beide: MMK
Impressionen im Herbst
Der wehende Wind auf den Wegen
schenkt meinem Gang Gedankenlust.
An windigen Tagen der Regen
weicht vielfach Starre auf und Frust.
Den Vorsatz, im Regen zu gehen,
zu spüren den Wind in den Haaren,
die tropfenden Tannen zu sehen,
den Vorsatz will ich mir bewahren.
Noch lockender finde ich Straßen
mit staunenden Stimmen erfüllt
und sonnenbeschienene Rasen
in Blütendüfte gehüllt.
Kastanien sammelnde Kinder,
voll Freude am Draußensein,
singen von Wind und Winter,
September und Sonnenschein.
Monika M.
Inspiration Musik
Billy Paul Williams (CD Miles to go, Titel: Dreaming out loud)
Entspannng
Musikwellen im Raum
wie Meeresrauschen
lassen mich entspannen
Die Töne perlen
wie Sekt in meinem Glas
Gedanken schweifen
in die Ferne
Barbara W.
Dieser Tag
schwebt durch Rot
durch Grün, Gelb, Orange
durch leuchtendes Blau
dieser Tag
träumt in Rosé
und ich träume mit
MMK
Glück
Inspiration: Herbst-Zitate
Die Musik belebt
meine Gedanken
bei perlenden Tönen –
Der Herbst ist ein zweiter Frühling,
wo jedes Blatt zur Blüte wird.
(Albert Camus)
endlich allein
Wenn die Blätter
ihr Feuer entfalten
und jedes zur
flammenden Blüte wird
Barbara W.
Leben
ist es Zeit
Die Welt klopft an
mit Fragen, Antworten, Rätseln
schenkt Wirrungen und Jauchzer
immer und immer wieder
Leben
am Morgen wieder
in Strümpfe zu schlüpfen
und sich aufs Neue
mit Schal und Jacke
anzufreunden
Monika M.
MMK
Inspiration: Ein Kalenderfoto; gettyimages
(http://www.gettyimages.de)
Frühling
voller Blüten
Reifen der Früchte
Jedes Blatt eine Blüte
Herbst
Lichter
zu einem Foto v. Sydney
Orangegold der Sonnenuntergang
in einem Sommer
am anderen Ende der Welt
Rosaleuchtend der Himmel als sei schon Advent
Tausende Lichter erhellen den Ort
Darüber wölbt sich die Brücke wie eine Halskrause
Mein ruheloser Blick
verfängt sich an der türkis‘nen Narrenkappe
Meeresgestade
Im Frühling Blüten
Im Sommer reife Früchte
Im Herbst Blatt-Blüten
beide:: Barbara W.
Wie schön die Blätter älter werden.
Voller Licht und Farbe sind ihre letzten Tage. (John Burroughs)
Blätter
werden älter
Licht und Farben
bunt ihre letzten Tage
Herbst
zu einem Foto v. südlichen Meer
Grün wie junge Sträucher die Meeresoberfläche
im aufbrechenden Frühling
in Italien am Golf von Fantasia
Blauer Himmel und heiße Tage
Ein Kahn legt an
Zwei Fahnen wie mein rotes Kleid
Ich bin in Urlaubsstimmung und
bitte den Fischer um eine Fahrt auf seinem Boot
Junges Blätter-Grün
Kraftvolles Laub im Sommer
Lichtfarben im Herbst
Barbara W.
beide: Barbara W.
Wie ein Weg im Herbst:
Kaum ist er rein gekehrt,
bedeckt er sich wieder mit den trockenen Blättern. (Franz Kafka)
Im fernen Land
zu einem Foto v. hügeligen Wiesen und Weiden
Hell wie die Schäfchenwolken
am diesjährigen Johannistag
auf der Wiese nah am See
im Schatten des Gebirges
leuchten Felle von Kühen und Schafen
hellgrau wie mein Winterschal.
Frei und ungestört
weiden die Tiere und träumen von
glücklichen Tagen
Monika M.
Laub voller Farbe
Wind weht bunte Blätter auf
Der Weg ein Teppich
Barbara W.
Ein Weg im Spätherbst
reich bedeckt mit buntem Laub
Der Besen wartet
Monika M.
November 14 – die letzte im Jahr
Der Frühling ist zwar schön;
doch wenn der Herbst nicht wär',
wär' zwar das Auge satt,
der Magen aber leer. (Friedrich von Logau)
„Rauhnächte & mehr …“
Freies Gedicht zum Thema „Rauhnächte“
Der milde Frühling
erfreut unsere Sinne
Der Herbst ernährt uns
Barbara W.
Lächle,
denn es gibt einen Frühling in deinem Garten,
der die Blüten bringt,
einen Sommer, der die Blätter tanzen und einen Herbst,
der die Früchte reifen lässt. (arabisches Sprichwort)
Rauh-Nächte
Heilige Zeit
Innenschau
Bilanz ziehen
Kraft sammeln
für Neubeginn
Karin S.
Rauhnächte
Blütenfülle im
Frühling. Sommerblättertanz –
Erntezeit im Herbst.
MMK
Frühling
im Garten
Blüten im Sommer
Blätter tanzen im Wind
Herbst
In den Rauhnächten
arbeite nicht in
dieser Zeit zwischen
den Zeiten
In diesen Nächten
feiere und
wende dich dir zu
dir und deinen Lieben
Blüten im Frühjahr
Bald entwickeln sich Früchte
Obsternte im Herbst
Sei wachsam
lerne die Zeichen zu deuten
MMK
beide:: Barbara W.
In der Drei-Königs-Nacht
Frühling, Sommer und dahinter
gleich der Herbst und dann der Winter ach, verehrteste Mamsell,
mit dem Leben geht es schnell! (Wilhelm Busch)
Blüte, Frucht, Ernte
Frühjahr –Sommer –Herbst – Winter
Ablauf des Lebens
Barbara W.
Die Tiere
sprechen wie Menschen
in dieser Nacht
Um Mitternacht
öffnet sich der Himmel
dann
schöpfe Wasser
es wird heilsam sein
Reiß alle Fenster auf
bei Schlag Mitternacht
der Drei-Königs-Wind
weht Glück dir ins Haus
auf einen sonnigen Morgen hoffe
für ein friedliches Jahr
Veilchen im Frühling
Mildes Wachsen im Sommer
Reifes Obst im Herbst
MMK
Herbstliche Milde
Sommeratem in der Luft
Frühlings-Vorboten
beide: Barbara W.
Im Herbstsonnenlicht
scheint er gastlicher, der Fels.
Buntlaub winkt ihm zu.
MMK
Grau wie der Himmel in den Rauhnächten
liegt die Schneedecke über dem dunklen Land.
Im Wald kein Scharren, kein Laut.
Sturmwind zieht auf und peitscht die Zweige,
wirbelt sie durch die Luft und lässt sie liegen
wie zu klein gewordene Kleidungsstücke.
Ängstlich verstecken sich auch die Mutigsten.
Die wilde Jagd grölt übers Land.
Karin S.
Variationen:
zu: Frau Holle: Haiku /Senryu
Die Wilde Jagd heult
um Haus und Hof und stürmt – schweig
still: Orakel-Zeit
In den Rauhnächten
stehen die Göttinnen auf –
erhellen die Zeit
Die Wilde Jagd tobt.
Rauhnächte, Orakelzeit.
Nachts stürmt’s ums Gehöft.
In Frau Holles Teich
gesunden die Urmütter –
sind wir ihnen noch nah?
Bei Dunkelheit bleibt
im Haus, Frauen und Kinder.
Odins Jagd fährt um.
alle: MMK
zu Zitat: Der Winter, ein schlimmer Gast, sitzt bei mir zu
Hause, blau sind meine Hände von seiner Freundschaft
Händedruck.
(Friedrich Nietzsche)
Die Macht der Märchen:
Sie bestimmen die Moral –
loben – verdammen.
MMK
Rauhnacht, dunkle Nacht
Fruchtbarkeit und Neubeginn
Hoffen auf das Licht
Karin S.
Ungebetener Gast
Der Winter
kühlt mir die Stube
sein Geschenk
ein Eisblumenstrauß –
erblindet sind die Fenster
Zu Winter - Gustav Falke (1853-1916)
Ein weißes Feld, ein stilles Feld.
Aus veilchenblauer Wolkenwand
Hob hinten, fern am Horizont,
Sich sacht des Mondes roter Rand.
Frostkalt sind mir
Nas‘ und Füße
Seine Eiszapfenfinger
färben mir
die Seele blau
Und hob sich ganz heraus und stand
Bald eine runde Scheibe da,
In düstrer Glut. Und durch das Feld
Klang einer Krähe heisres Kräh.
MMK
Gespenstisch durch die Winternacht
Der große dunkle Vogel glitt,
Und unten huschte durch den Schnee
Sein schwarzer Schatten lautlos mit.
Ein schlimmer Gast, der Winter.
Mit kalten Füßen im Bett –
und niemand zum Wärmen
1902; Sammlung Hohe Sommertage
Karin S.
In kaltdunklen Nächten
zu Zitat: Sommer ist die Zeit, in der es zu heiß ist,
um das zu tun, wozu es im Winter zu kalt war. (Mark
Twain)
Im Sommer zu heiß
im Winter zu kalt –
der Fantasievolle
weiß immer Rat
MMK
zu Zitat: Erst wenn die Kälte einbricht in das Jahr, merkt
man, dass Fichten und Zypressen grün sind, wenn andre
Bäume längst verwelkt schon sind.
(Konfuzius)
Ein dunkles Moor, ein Flüster-Moor
lag einst gleich hinterm Winterwald.
Da drang aus schwarzer Wolkenwand
kein Sternenpunkt hervor.
Milchstraße nicht, nicht Großer Bär
zeigten sich dem Menschenblick.
Aus dem Morast erklang kein Frösche-Chor,
nur düsteres Summen und Gezisch.
Durch Wald und Moor zog Odins Jagd
in jenen Nächten ohne Zeit,
von West nach Ost, von Süd nach Nord.
Die wilde Flucht, man hört‘ sie weit.
MMK
Nun ist die Zeit …
Wenn andere Bäume kahl
die dunklen Äste nackt
dann grünen Tannen und Zypressen
und bunte Lärchen
leuchten heller noch als sie
im Winterweiß
MMK
In kalten Winternächten
wenn der Kerze Schein verlöscht
lässt das Allein-Sein
frösteln
Karin S.
Raunächte
Die Christrose
Graue Schneewolken
türmen sich
vor das Himmelsblau
Mitten im Winter
blüht sie im Garten
die elegante Eisprinzessin
Dämmerung
schiebt sich heran
Mystisches Licht blitzt auf
Strahlendes Weiß
zwischen sattem Blättergrün
verschmolzen mit dem Schnee
Schatten huschen
zwischen Büschen und Bäumen
kommen näher
ziehen sich zurück
entschwinden
in die dunkle Nacht
Der Frost kann
der Winterkönigin
nichts anhaben
Ihre Blätter verfärben sich
vom makellosen Weiß zu Grün
bizarre Samenbehälter bilden sich
Plötzlich prasselt Eisregen
Schwer gewordene Äste
knistern, krachen, brechen ab
fallen polternd zur Erde
In jeder Form ihres Blumen-Daseins
betört die Christrose als Schönheit
aber – ihre Blüten, Blätter, Wurzeln
sind sehr giftig
Barbara W.
Schatten der Nacht
fließen ein in Träume
Leichte Winde schwingen
dünne Zweige gegeneinander
Silberhelle Töne erklingen
zu zarten Melodien
Warnung
Barbara W.
In der Rauhnächte Dämmerzeit
in der Rauhnächte Dunkelheit
Ihr Mädchen und Frauen
verlasst nicht das Haus
Durch die Lüfte stürmt
das wilde Heer
heulend und rasselnd
und unheilvoll
Gedanken sind tückische Biester
sie schleichen sich in dein Gemüt
verschönern dir den Morgen
oder
versauen dir den Tag!
MMK
Karin S.
Grenzwelten
In den rauhen
den heiligen Nächten
erzähle und singe
und arbeite nicht
In diesen Nächten
die außerhalb der Mondzeit sind
befrage die Orakel
meditiere und bereite dich vor
Offen sind der Welten Grenzen
Geisterwesen sind uns nah
MMK