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Kino der Wünsche
Weltkino in einer Filmreihe zu Gast bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung
25. März 2010
Das Beil von Wandsbek
Willy A. Kleinau, Erwin Geschonnek (v.l.n.r.)
(Fotoquelle: DIF, Deutsches Filminstitut, © DEFA-Stiftung)
Falk Harnacks DEFA-Film beruht auf dem gleichnamigen
Roman von Arnold Zweig: Nachdem der Hamburger
Fleischermeister Albert Teetjen die Konkurrenz eines
Warenhauses schmerzhaft zu spüren bekommen hat, wird
er Mitglied der NSDAP. Und tatsächlich wird ihm bald eine
neue Arbeit angeboten. SS-Standartenführer Footh schlägt
dem Fleischer vor, die Rolle des erkrankten Scharfrichters
zu übernehmen.
Teetjen geht darauf ein, doch er und seine Frau Stiene
werden an der Aufgabe zerbrechen.
(Quelle: www.filmportal.de)
Kino der Wünsche
Weltkino in einer Filmreihe zu Gast bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung
25. März 2010:
Das Beil von Wandsbek
Produktionsland
DDR
Premierendaten
Uraufführung: 11. Mai 1951, Berlin, Kino Babylon
Produzent
DEFA Deutsche Film-Aktiengesellschaft
Verleih
PROGRESS Film-Verleih
Regie
Falk Harnack
Drehbuch
Hans Robert Bortfeldt, Falk Harnack, Wolfgang Staudte (Manuskript),
Werner Jörg Lüddecke (Manuskript)
Dramaturgie
Marieluise Steinhauer
Regie-Assistenz
Otto Meyer
Kamera
Robert Baberske
Bauten
Erich Zander, Karl Schneider
Kostüme
Walter Schulze-Mittendorff
Maske
Herbert Zensch, Gerda Stombrowski
Schnitt
Hilde Tegener
Ton
Adolf Jansen
Musik
Walter Sieber
Produktionsleitung
Kurt Hahne
Aufnahmeleitung
Gustav Lorenz
Produktionsassistenz
Heinz Berg
Standfotos
Erich Kilian
Darstellende
Albert Teetjen
Erwin Geschonneck
Stiene Teetjen
Käthe Braun
Dr. Käthe Neumeier
Gefion
Hans Peter Footh
Willy A. Kleinau
Dr. Koldewey
Arthur Schröder
Annette Koldewey
Ursula Meißner
Oberst Lintze
Helmuth Hinzelmann
Aga Lintze
Blandine Ebinger
Anneliese Blüthe
Hilde Sessak
SA-Sturmführer Trowe
Claus Holm
Lene Prestow
Erika Dannhoff
Siegfried Mengers, Verurteilter
Fritz Wisten
Otto Merzenich, Verurteilter
Albert Garbe
Friedrich Timme, Verurteilter
Hermann Stövesand
Willi Schröter, Verurteilter
Gert Schaefer
Kino der Wünsche
Weltkino in einer Filmreihe zu Gast bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung
sowie
Otto Lehmke
Friedrich Honna
Frau Lehmke
Maly Delschaft
Dörte Lehmke
Gina Presgott
Geesche Barfey
Charlotte Küter
Tom Barfey
Claus Peter Lüttgen
Karl Prestow
Raimund Schelcher
Arbeiterfrau
Gisela May
Gehilfe von Dünnbrot
Hans Fiebrandt
Straßenbahner
Albert Venohr
Frau Schmermund
Annemarie Hase
Kostümverleiher
Kurt Mikulski
SA-Mann Fiete
Harry Riebauer
Schuhmacher
Gustav Püttjer
Frau Michalke
Helene Riechers
Hauptwachtmeister
Herbert Richter
Dienstmädchen
Elfriede Dugall
Gehilfe im Kostümverleih
Egon Vogel
Sekretärin Fräulein Willmann
Gerda von Rohde
Schneider
Klaus Miedel
1. Müllkastenträger
Nico Turoff
2. Müllkastenträger
Wladimir Marfiak
Otto Eduard Stübler
Thea Achenwall
Artur Malkowsky
Kurt Mühlhardt
Herbert Kiper
Ilva Günten
Georg Kröning
George Lannan
Hugo Kalthoff
Georg Helge
Bruno Lopinski
Käte Alving
Gertrud Paulun
Marga Becker
Erich Gühne
Werner Segtrop
Otto Stoeckel
Aus:
Erwin Geschonneck: Meine unruhigen Jahre.
Hg. v. Günter Agde. Berlin/DDR: Dietz 1984
(…) Der Roman Zweigs gehört zur Weltliteratur. Er steht in allen unseren Bibliotheken, und man kann ihn überall kaufen. Der Film folgte dem Roman ziemlich
genau. Das hat uns auch Arnold Zweig bestätigt. Als der Film herauskam, gab es
eine Reihe von Diskussionen, auch Vorwürfe. Man fand zwar unsere Leistung – auch
meine – eindrucksvoll, wandte jedoch ein, daß der Film Mitleid mit dem Henker
Kino der Wünsche
Weltkino in einer Filmreihe zu Gast bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung
erzeuge. Ich konnte und kann dies Argument nicht akzeptieren. Wir hatten doch
versucht, die Figur kritisch zu zeigen, und keinen Zweifel daran gelassen, wie
jemand aus sozialen Gründen zum Werkzeug der Nazis werden kann. Zweig hatte
seinem Roman ein Goethewort als Motto vorangestellt, das uns bei der Arbeit an
dem Film sozusagen ideologische Richtschnur gewesen war:
„Ihr führt ins Leben uns hinein,
Ihr laßt den Armen schuldig werden,
Dann überlaßt ihr ihn der Pein;
Denn alle Schuld rächt sich auf Erden.“
Vielleicht hatten damals manche Zuschauer noch nicht genügend Abstand zur
Nazizeit – es war ja erst sechs Jahre danach. Der Film jedenfalls verschwand bald
nach seiner Uraufführung aus den Kinos. Zum siebzigsten Geburtstag von Arnold
Zweig haben wir ihn uns noch einmal angesehen. Zweig wollte es gern haben,
obwohl er nur noch schlecht sehen konnte.
Der Film ist dann nach Zweigs Tod wieder in die Kinos gekommen und auch ins
Ausland verkauft worden. Ich sah zufällig eine Vorführung und bemerkte plötzlich,
daß der Schluß geschnitten war. Dieser Teetjen wird für seine Tat von dem SASturm gefeiert. Sie belobigen ihn und laden ihn in das Sturmlokal ein, denn der
„Führer“ kommt nun nach Hamburg. Er war bisher nicht gekommen, weil die
Kommunisten noch am Leben waren. Nun sitzt Teetjen deprimiert da, weil seine
Kundschaft Wind gekriegt hat, daß er der Mörder war. Sein Geschäft geht nach wie
vor schlecht. Aber der SA-Sturm feiert ihn. Und der Sturmführer nimmt das Beil,
womit der Teetjen den dreien den Kopf abgehauen hat, schlägt es in einen Balken an
der Wand und sagt: „Der Führer kommt nach Hamburg!“ Die Filmmusik, der
Badenweiler Marsch, setzt ein. Und jetzt hat man geschnitten und das als Schluß
genommen.
Ursprünglich ist der Film anders ausgegangen, nämlich wie im Roman: Teetjen geht
deprimiert nach Hause, hinauf in seine Wohnung und findet seine Frau erhängt am
Fensterkreuz. Sie konnte dies Leben nicht mehr aushalten. Er sieht sie, geht an
seinen Schreibtisch, macht die Schublade auf, nimmt seine Pistole und schießt sich
eine Kugel durch den Kopf. Das war der Originalschluß.
Jener neue Schluß überraschte mich. Keiner hatte etwas von diesem Schnitt gewußt.
Solch anonymes Eingreifen in die Arbeit eines Schöpferkollektivs ist nicht korrekt und
nicht schön. Ich fand diesen Schnitt nicht gut, denn das Ende Teetjens durch
Selbstmord ist logisch und liegt völlig im Charakter dieser Kreatur
Zu meinem fünfundsiebzigsten Geburtstag bereitete mir die DEFA ein besonderes
Geschenk: Horst Pehnert, unser Filmminister oder – wie sein korrekter Titel lautet –
der Stellvertreter des Ministers für Kultur und Leiter der Hauptverwaltung Film, hatte
angeregt, nach der Originalkopie zu forschen. Die Kollegen der DEFA machten das,
und zu meinem Geburtstag wurde der Film in seiner ursprünglichen Fassung im
Berliner Kino „Kosmos“ gezeigt. Ich habe mich sehr darüber gefreut. (…)
© Günter Agde
(Quelle: http://www.filmportal.de/df/e6/Artikel,,,,,,,,EB7286DD41C3AA91E03053D50B376D40,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html)