„Für mich ist der Zustand des Unerträglichen erreicht!“
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„Für mich ist der Zustand des Unerträglichen erreicht!“
infodienst Grundstück und Wasser Unternehmen & Märkte 02 • 2012 „Für mich ist der Zustand des Unerträglichen erreicht!“ Dieter Theis, Geschäftsführer Kanalservice NRW GmbH, versucht, die Zeit bis zur Neuregelung des § 61a LWG NRW zu überstehen. Die Kanalservice NRW GmbH aus Bochum kämpft mit den Folgen der politischen Entscheidung zur Neuordnung der Dichtheitsprüfung in Nordrhein-Westfalen. Geschäftsführer Dieter Theis hat sich bei der Politik und in der Öffentlichkeit für die Kanaldienstleister eingesetzt. Im Interview schildert er die aktuelle Lage seines Unternehmens. infodienst: Wie laufen die Geschäfte zurzeit? Theis: Leider laufen die Geschäfte nicht so, wie wir es uns wünschen würden. Wir sind, wie viele andere aus der Branche auch, die Leidtragenden durch die neuen gesetzlichen Veränderungen. Die Geschäftslage ist sehr, sehr schlecht – speziell bei TV-Inspektion, Dichtheitsprüfung und Kanalsanierung. infodienst: Wie haben sich die politischen Entwicklungen genau für Sie ausgewirkt? Theis: Wir hatten einen guten Markt. Der ist Mitte Dezember 2011 spontan eingebrochen, als in den Medien verbreitet wurde, dass die Dichtheitsprüfungspflicht für die Hauseigentümer entfallen würde. Das hat zu einem kompletten Einbruch bei den Neuaufträgen geführt. infodienst: Was heißt das für Ihre Mitarbeiter? Theis: Wir sind da vollkommen vom Gesetzgeber abhängig. Wir wollen versuchen, die Zeit zu überbrücken, bis es eine klare gesetzliche Regelung gibt. Aber zwei Mitarbeitern mussten wir leider kündigen, für die übrigen sechs Leute haben wir Kurzarbeit angemeldet. einheitlich gesagt, dass 60 bis 80 Prozent aller Kanäle undicht seien. Ich habe natürlich meine Vermutungen, was dann zum plötzlichen Meinungswandel geführt hat. Das sind eindeutig parteipolitische Interessen! infodienst: Wie viele Prüfungen haben Sie durchgeführt? Welches Bild ergibt sich? Theis: Wir haben in 2011 etwa 2.800 TV-Inspektionen gemacht und haben festgestellt, dass mindestens 60 Prozent der Rohre tatsächlich schadhaft sind, darunter fast ausschließlich Jahrzehnte alte Steinzeugrohre. infodienst: Was ist ein typisches Schadensbild? Theis: Wir reden wirklich von erheblichen Schäden. Das heißt, wir reden nicht von kleinen Rissen, ein bisschen Wurzeleinwuchs oder Dieter Theis, Geschäftsführer Kanalservice NRW Foto: IKT einer leicht verschobenen Muffe, sondern wir reden von Brüchen, von Scherbenbildung, von verhält sich still. Und was für uns umso Exis- zerstörten Kanälen. tenz bedrohender ist: Bereits erteilte Aufträge infodienst: Haben Sie Erkenntnisse, wie sich für Prüfung und Sanierung werden storniert. diese Schäden auf die Umwelt auswirken? infodienst: Bis zum Sommer soll eine neue Theis: Für mich sieht das so aus: Wir haben in Regelung stehen – vielleicht doch mit Prüf- NRW 18 Millionen Bürger, die rund um die pflichten und -fristen. Halten Sie solange durch? Uhr Abwasser produzieren. Und das besteht Theis: Da die Kurzarbeit auf sechs Monate eben nicht nur aus Fäkalien, sondern auch befristet ist, ist das auch der Zeitraum, in aus Tonnen von Medikamenten, Spülmitteln dem wir Klarheit brauchen. Bis dahin würden und Reinigungsmitteln, die sich durch kaputte wir gerne durchhalten. Ob wir es tatsächlich Kanäle im Erdreich versammeln können. Das schaffen, muss sich zeigen. Das ist keine ist eine riesengroße Gefahr, die aus meiner Schwarzmalerei. Das ist bitter. Sicht auch nicht von der Hand zu weisen ist. infodienst: Sie haben sehr öffentlichkeitswirksam die politische Diskussion kritisiert. Welches Feedback haben Sie bekommen? Theis: Ich habe festgestellt, dass die Branche in erster Linie emotional reagiert. Ich glaube aber, dass man genau überlegen muss, welche Argumente überhaupt zulässig sind. Wir als Kanalbranche müssen bei allem Frust akzepinfodienst: Ist der Betrieb sehr stark einge- tieren, dass die Sicherung unserer Arbeitsplätschränkt? ze keine Grundlage für ein Gesetz sein kann. Theis: Auf jeden Fall. Wir haben im Augenblick Hier darf es nur darum gehen, was für die nur das Basisgeschäft, Rohrreinigungen. Aber Umwelt sinnvoll ist. eigentlich wollten wir uns zielgerichtet aufgrund der Gesetzgebung am Markt platzieren. infodienst: Fühlen Sie sich als Unternehmer von der Politik verraten? infodienst: Sehen Sie die Existenz des Unter- Theis: Verraten ist schon fast zu moderat nehmens gefährdet? ausgedrückt. Für mich ist der Zustand des Theis: Absolut! Ja! Wenn die Politik nicht Unerträglichen erreicht! Für mich ist es absoeinen praktikablen Vorschlag auf die Beine lut unerträglich, dass die heutige Politikerstellen kann, dann werden wir vom Markt zunft nur noch aus opportunistischen, selbstverschwinden und viele kleine Unternehmen gerechten Menschen besteht, die vorgeben, das mit uns. Da bin ich mir sicher. Gemeinwohl im Auge zu haben, dabei aber heucheln und lügen und innerhalb von sechs infodienst: Was für ein Feedback haben Sie Monaten willkürlich Beschlüsse verändern. von Kundenseite bekommen? Theis: Acht bis neun von zehn Hauseigentü- infodienst: Einige Politiker halten die Leimern warten ab, machen im Augenblick gar tungen grundsätzlich erstmal für dicht und nichts. Hin und wieder haben wir auch Hausei- fordern den Gegenbeweis, bevor man prüft. gentümer getroffen, die trotz der ganzen Situ- Theis: Alle Parteien – Regierung wie Oppoation sanieren lassen wollen. Aber die Masse sition – haben noch vor rund sechs Monaten infodienst: Ihr Unternehmen ist seit 2007 am Markt. Wie viel haben Sie denn investiert? Theis: Wenn ich die Personalkosten beziehungsweise die Ausbildungskosten und die Kosten für die Technik zusammen zähle, liegen wir ungefähr bei 300.000 Euro. infodienst: Diese Argumente greifen in der aktuellen Diskussion aber nicht. Machen die Unternehmer und ihre Verbände etwas falsch? Theis: Die Verbände halte ich durchweg für sehr kompetent. Die können ihre Argumente auch kommunizieren. Meiner Meinung nach lässt die Politik derzeit die technischen Argumente schlichtweg nicht zu. Da ist keine umwelttechnische Entscheidung mehr gewünscht sondern nur noch eine politische. infodienst: Das hört sich ja hoffnungslos an. Theis: Ganz ehrlich: Wir sind auch mittlerweile sehr hoffnungslos. Wir haben Kampagnen gestartet, wir haben Gespräche geführt. Aber das alles hat nicht zu einem fachlichen Austausch geführt. Irgendwann kommt man tatsächlich an einen Punkt nahe der Resignation. Aber wir wollen ja weiter kämpfen. Wenn wir jetzt keine Hoffnung mehr hätten, dann müsste ich den Laden eigentlich sofort abschließen. infodienst: Haben Sie noch eine Botschaft an die Politik? Theis: Ich habe wirklich einen Wunsch! Ich wünsche mir von unseren Politikern, dass sie bitte die parteipolitischen Interessen in den Hintergrund stellen und wirklich versuchen, dieses Problem neutral und objektiv zu beurteilen. infodienst: Vielen Dank, Herr Theis! 9 Rückantwort per Fax: 0209 17806-88 per Mail: [email protected] oder per Post: An das IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur gemeinnützige GmbH Exterbruch 1 45886 Gelsenkirchen Bestellung inf dienst Grundstück und Wasser Jahresabo KomNetGEW-Mitglieder 120,00 € zzgl. 12,95 € Verpackung/Versand Jahresabo IKT-Fördermitglieder 190,00 € zzgl. 12,95 € Verpackung/Versand Jahresabo regulär 240,00 € zzgl. 12,95 € Verpackung/Versand 50,00 € zzgl. 4,00 € Verpackung/Versand Probeabo für drei Monate: Alle Preise zzgl. 7% MwSt. Institution Zustellung an Frau/Herrn Straße PLZ/Ort Tel. Fax E-Mail Das Abo beginnt mit der nächsten Ausgabe. Erscheinungsweise: monatlich. 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