Gymnasium geht gegen zu viel nackte Haut im Unterricht vor

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Gymnasium geht gegen zu viel nackte Haut im Unterricht vor
XXL-T-Shirts als Strafe: Gymnasium geht gegen zu viel nackte Haut im Unterricht vor - Stuttgart - Stuttgarter Nachrichten
23.07.13 11:33
XXL-T-Shirts als Strafe
Gymnasium geht gegen zu viel
nackte Haut im Unterricht vor
Carmen Weiss, 22.07.2013 18:00 Uhr
Gerade im Sommer ziehen sich Schüler immer freizügiger an – zum Leidwesen von Lehrern
und Schulleitern. Foto: dpa
Stuttgart - In den 60ern waren es die Miniröcke, in den 90ern bauchfreie
Oberteile und zu tief sitzende Jeans, heute sind es die viel zu kurzen Hosen –
Extreme in der Mode gibt es immer wieder. Sehr zum Leidwesen von Eltern
und Lehrern. Denn besonders Jugendliche folgen den Trends, fallen gerne auf,
lieben die Provokation. Eltern sagen, immer häufiger fehle das Gespür für
angemessene Kleidung. Das stellt auch die Schulen in Stuttgart und der Region
vor Probleme: Sollen sie die knappen Outfits verbieten, tolerieren oder eine
Schuluniform einführen?
Das evangelische Heidehof-Gymnasium im Stuttgarter Osten macht diesen
Sommer mit seiner eigenen Methode Schlagzeilen: Wer zu viel Unterwäsche
oder nackte Haut zeigt, muss sich ein riesiges schwarzes T-Shirt im Sekretariat
abholen und überziehen. „Wir wollen damit erreichen, dass sich die Schüler
über angemessene Kleidung Gedanken machen“, sagt Schulleiter Berthold
Lannert, dem die Freibad- und Disco​bekleidung seiner Schüler irgendwann zu
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extrem wurde. Teilweise seien die Hosen so kurz wie Tangas, aus den Oberteilen
schaue der BH raus – und das bereits bei Siebtklässlerinnen.
2007 gab es die Strafshirt-Regelung schon einmal. Eltern, Schüler und
Schulleitung riefen sie gemeinsam ins Leben. Denn eine solche Entscheidung
darf nur in der Schulgemeinschaft und nicht vom Rektor oder Kollegium im
Alleingang gefällt werden. Damals galt die Regel vor allem für die Jungs, deren
Hosen so weit in den Kniekehlen hingen, dass man die Unterhose komplett sah.
Allerdings kam sie nur zweimal zum Einsatz. In diesem Jahr musste sich noch
niemand mit dem schwarzen Shirt verhüllen. „Uns geht es ja nicht in erster
Linie um die Strafe, wir wollen mahnen“, sagt Lannert. Einen Aufstand unter
den Schülern habe es nicht gegeben. Im Gegenteil: Die Schüler halten sich an
die Kleiderordnung, so der Schulleiter.
Laut Gr undgesetz her r scht Fr eiheit bei Wahl der Kleidung
Auch über das Thema Schuluniform wurde am Heidehof-Gymnasium
diskutiert: „Allerdings waren Eltern, Schüler und auch wir Lehrer dagegen.“ Wer
freiwillig Schulkleidung tragen möchte, für den hat das Gymnasium eine eigene
Kollektion mit T-Shirts und anderen Oberteilen herausgebracht.
Uniformen oder verbindliche Schulkleidung an Schulen einzuführen ist darüber
hinaus gar nicht so einfach. Schließlich hat laut Grundgesetz jeder das Recht,
seine Kleidung frei zu wählen.
Die Robert-Koch-Realschule in Stuttgart-Vaihingen hat vor sieben Jahren
entschieden, dass alle Schüler Oberteile aus der Schulkollektion tragen müssen.
Schulkonferenz, Elternbeirat und Lehrerkonferenz stimmten dafür. Wenn ein
Kind neu auf die Schule kommt, müssen die Eltern ihr Einverständnis für die
Schulkleidung geben.
Auch an der Realschule gab es einmal eine Strafshirt-Regelung für zu knapp
bekleidete Schüler. „Die hat sich aber nicht bewährt“, sagt Schulleiter Fred
Binder. Der Grund für die Schulkleidung war ein anderer. Das Gremium der
Schüler, die sogenannte Schülermitverantwortung (SMV), wandte sich an die
Lehrer, weil es immer häufiger zu Mobbing unter den Schülern kam. Wer keine
Markenklamotten trug, war schnell zur Zielscheibe geworden. „Das Problem ist
heute vom Tisch“, sagt Binder. Die Frage, ob ein Kleidungsstück angemessen ist
oder nicht, stelle sich auch nicht mehr.
Von verbindlicher Schulkleidung oder Sanktionen wie dem Straf-Shirt halten
Sabrina Schober (15), Jana Seybold (15) und Aaron Bangert (16) nicht viel. Sie
besuchen das Bildungszentrum in Weissach im Tal (Rems-Murr-Kreis).
Werkrealschule, Realschule und Gymnasium teilen sich hier einen Campus. „Es
muss jedem selbst überlassen sein, wie er rumläuft“, sagt Jana Seybold. „Hier
kennt jeder jeden. Deshalb traut sich eigentlich niemand, so richtig kurze
Sachen anzuziehen“, fügt Sabrina Schober hinzu.
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Schüler n fehlt Gespür für angem essene Kleidung
Aaron Bangert vermisst bei Schülern in seinem Alter einen eigenen Stil. „Viele
folgen einfach den Trends – egal ob es zum Anlass passt oder nicht“, sagt er.
Lehrerin Monika Nuszpl stimmt zu: „Uns ist in der Vergangenheit bei
Schulveranstaltungen und Prüfungen immer wieder aufgefallen, dass den
Schülern das Gespür für angemessene Kleidung fehlt“, sagt sie. 2007 machte sie
Kleidung deshalb zum Thema in einer ihrer Realschulklassen im Fach Mensch
und Umwelt. Die Schüler sollten sich damit beschäftigen, wo Kleidung
herkommt, wie man die Qualität erkennt, wie und wo Bekleidungsfirmen
produzieren.
In Zusammenarbeit mit Astrid Büdenbender-Horst, Dozentin an der
Modeschule Stuttgart, entstand eine eigene T-Shirt-Kollektion mit dem Namen
Bizepolo. Mittlerweile gibt es einen kleinen Laden, der Accessoires, Turnbeutel,
Rucksäcke und Oberteile aller Art – alle mit dem Schullogo bestickt – verkauft.
Fünf Euro kostet der billigste, 35 Euro der teuerste Artikel.
Im Schulalltag werden die Oberteile weniger getragen, gibt Nuszpl zu. Wenn die
Schüler aber gemeinsam auftreten, beispielsweise bei einem Konzert oder wenn
sie das Catering einer Veranstaltung machen, kommt keiner ohne BizepoloOutfit – und das ganz freiwillig. „Die Schüler merken, sie treten viel
selbstbewusster auf, wenn sie dem Anlass entsprechend angezogen sind“, sagt
die Lehrerin.
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