Inside Manila - Reisen Travel

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Inside Manila - Reisen Travel
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natur / reise
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1 Manila: Kaum eine andere Stadt in Asien verzeichnete in den letzten Jahren
so grosses Wachstum.
2 Pferdestärke hat in der
Boomtown noch lange
nicht ausgedient.
3 Guide Gerry offenbart
Gästen die philippinische
Seele.
4 Die bunten Jeepneys
gehören zu den
Philippinen wie die
Postautos zur Schweiz.
EREISER?
FIEB.travel.
wwwele.ch
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Inside
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MANILA
Text: Sonja Hüsler
MEHR ÜBER ASIEN AM TV
Leben im ¾-Takt Tanzlehrer in Asien
MO | 1. September | 15.50 | 3sat
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G
erry weiht seine Gäste sofort
nach der Begrüssung im Jeepney
– einem zum Minibus umgebauten Jeep – in die Geheimnisse der Filipinos ein: «Wir gehen nicht zu Starbucks,
weil wir den Kaffee dort so mögen, sondern weil wir dann zur Upperclass zählen.» Bereits mit seinem ersten Spruch
hat der Guide das Gelächter auf seiner
Seite.
Dabei ist nicht allen nach Lachen zumute. Manila, die Boomtown zwischen
Asien und Pazifik, ist eine Stadt der Extreme: Topmoderne, verglaste Büroge-
bäude stehen nicht selten direkt neben
aus allen Nähten platzenden Slums. Für
viele Besucher ist das ein zwiespältiger
Start einer Reise, die meistens weiter auf
eine der traumhaft schönen 7107 Inseln
des Landes führt.
Und das Verkehrschaos in der
Hauptstadt ist gigantisch, was Neuankömmlingen immer wieder erstaunte
Blicke entlockt. «Unter der Woche strömen bis zu 1 Million Pilipinos in den
12-Millionen-Moloch Manila.» Pilipinos?
Nein, Guide Gerry hat keinen Sprachfehler: Filipinos können das F nicht aussprechen, was schon wieder für Lacher sorgt.
Ein Ruck geht durch den Jeepney. Der
Fahrer musste wegen einer Pferdekutsche abrupt bremsen. Die Gegensätze
widerspiegeln sich in dieser Stadt auch
im Verkehr. Verschwunden geglaubte
Gefährte bahnen sich selbstbewusst ihren
Weg durch das Strassengewirr des fernöstlichen Knotenpunkts und verteidigen
ihren Platz neben polierten, schicken
Jaguars und bunt bemalten und liebevoll
verzierten Jeepneys.
«Als die Amis 1945 aus unserem Land
abzogen, liessen sie Tausende ihrer Geländefahrzeuge zurück. Wir haben sie mit
verlängerten Sitzbänken ausgestattet und
zu Minibussen mit 14 Plätzen oder mehr
umfunktioniert.» Seither halten sie den
Verkehr Manilas aufrecht. Jeder Besitzer
eines dieser aufwändig aufgemotzten
Gefährte steuert auf einer festgelegten
Strecke durch die Stadt. Gerry schätzt,
dass um die 60 000 dieser umgebauten
«Gehen wir zu
Starbucks, zählen
wir zur Upperclass.»
Guide Gerry
Jeeps Manila tagtäglich mit Abgasen und
dröhnenden Auspuffen verpesten.
Kaum ein Besucher, der zum ersten Mal
in der Metropole unterwegs ist, traut sich
eine Fahrt in einem Jeepney zu, denn sie
verkehren nur auf Nebenstrassen, auch
markierte Haltestellen gibt es nicht. Doch
das Erlebnis ist einmalig, was die Fahrt
im für einen halben Tag gemieteten Jeepney zeigt. «Die Franzosen sind stolz auf
ihr Baguette, ihr Schweizer auf eure
Schokolade und wir Pilippinos auf unsere Frauen», klärt Gerry die Gäste auf, als
der Verkehr mal wieder stockt. Darum
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FOTOS: PRISMA, SONJA HÜSLER
In zwei Tagen hat man die
Tourispots der Megacity
abgeklappert. Doch erst
danach beginnt man, die
Seele der Nation zu
verstehen – und die hält
Überraschungen bereit.
natur / reise
5 Die singenden Kellner
und Köche Manilas
würden jeden Gesangswettbewerb gewinnen.
6 Im Zentrum wohnt Arm
und Reich am Fluss Pasig
dicht beieinander.
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WISSENSWERTES
Der Jeepney hält quietschend vor «The
Singing Cooks & Waiters». In diesem
Restaurant unterhalten Kellner und
Köche ihre Gäste mit Popklassikern,
während diese philippinische Spezialitäten schlemmen. Jeder der Angestellten würde die Show «The
Voice of Switzerland» sofort für
sich entscheiden: Nebst Basketball
ist Singen eines der beliebtesten
Hobbys im Inselstaat. Was zweifelsohne gehörschonender ist, als
einen Jeepney durch das Dröhnen Manilas zu lenken.
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Jeepney: Wer das Abenteuer Jeepney
auf eigene Faust wagen will, steht an
den Strassenrand und winkt einem
Fahrer zu, der hält dann sofort an. Die
ersten 4 Kilometer kosten 8 Pesos
(ca.15 Rp.). Jeden weiteren Kilometer
muss man mit einem Peso berappen.
Wem das zu wagemutig ist, der bucht
beim Schweizer Philippinen-Spezialist
Tourasia eine private Jeepney-Tour.
5 Std. für 2 Personen kosten Fr. 238.–.
Restaurant: «The Singing Cooks &
Waiters atbp.» befindet sich am Roxas
Boulevard/Corner Sta. Monica Street,
Pasay City in Manila (+63 2 832 0658,
www.singingcooksandwaiters.com).
Das Essen kann nicht unter «Fine
Dining» abgebucht werden, aber die
Stimmung ist einzigartig. Wo kriegt
man sonst eine abendfüllende Show
inkl. Essen (Menüs kosten 10–20 Fr.)
zu so kleinem Preis geboten?!
Hotel: Das «Pen» Manila, wie das
Peninsula Hotel von Stammgästen
liebevoll genannt wird, steht seit Jahren unter der Leitung des Schweizers Oliver Dudler. Darum findet man
auf dem Frühstücksbuffet wohl auch
Schweizer Käse. Schleckmäuler sollten wegen den Desserts im Hotel
vorbeischauen. Das Fünfsternehaus ist stadtbekannt
für seinen «Pen Pals»-Coupe
mit 19 Kugeln (Fr. 31.–). Vielleicht hat man beim Glacéessen sogar das Glück, eine
Hochzeit beobachten zu können: Die zwei Treppen, die
von der Lobby in die oberen
Stöcke führen, zählen zu den
meistfotografierten Sujets der Philippinen
und sind für Fotoshootings bei Frischvermählten sehr beliebt. Ansonsten wird
es einem in der Lobby nie langweilig:
Hier trifft sich die ganze Stadt auf einen
Schwatz. DZ ab USD 214, peninsula.com
Airline: Singapore Airlines fliegt z.B.
täglich über Singapur nach Manila. Ab
ca. Fr. 1200.–, www.singaporeair.com.sg
Spezialist: Tourasia ist seit den
90erJahren auf den Philippinen
tätig. 4 Tage/ 3 Nächte Manila kosten
im Mittelklassehotel inkl. Transfers
pro Person im Doppelzimmer samt
Frühstück Fr. 170.–. Tel. 043 233 30 90,
www.tourasia.ch
Manila
PHILIPPINEN
MALAYSIA
FOTOS: PRISMA, SONJA HÜSSLER (2)
werde ein Tourist von einem einheimischen Mann bereits nach einer Minute
Smalltalk gefragt, wie attraktiv er Filipinas finde und ob er verheiratet sei. «Das
wird schnell missverstanden. Wir sind
doch keine Nation von Kupplern», stellt
der rüstige Rentner klar und räumt gleich
noch mit einem anderen Irrtum auf:
«Wir sind nur halb so patriotisch, wie wir
vorgeben. Wir sind total amerikanisiert
und kaufen uns ausnahmslos ausländische Labels – falls wir sie vermögen.»
Das erklärt, wieso in der Mall of Asia,
einem der grössten Shoppingcenter Südostasiens, Ausländer begeistert massenweise Schuhe lokaler Marken für 20 bis
40 Franken in Einkaufstüten stopfen,
während Einheimische nebenan im Nike
Store für ein einziges Paar ehrfürchtig
die Scheine auf den Tresen legen.