Schritt für Schritt in die Teilzeitberufsausbildung
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Schritt für Schritt in die Teilzeitberufsausbildung
www.netzwerkW- exper tinnen.de Schritt für Schritt in die Teilzeitberufsausbildung - für Unternehmen - gefördert vom: Vorwort Netzwerkpartner vor Ort: Kreis Herford Bildungsbüro Bianca Gollers Tel. 0 52 21 - 13 14 46 e-mail: [email protected] Kreis Herford Wirtschaftsförderung Karin Patzelt Tel. 0 52 21 - 13 13 34 e-mail: [email protected] Kreis Herford Wirtschaftsförderung Klaus Goeke Tel. 0 52 21 - 13 13 30 e-mail: [email protected] Kompetenzzentrum Frau und Beruf Petra Claes Tel. 05 21 - 96 733 - 294 oder 0 52 21 - 13 13 53 e-mail: [email protected] Regionalagentur OWL Melanie Taube Tel. 05 21 - 96 73 324 oder 0 52 21 - 13 13 33 e-mail: [email protected] 2 Seit 2005 ist die Möglichkeit eine Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren, gesetzlich im Berufsbildungsgesetz § 8 für Menschen mit Betreuungspflichten verankert. In Zeiten, in denen viele Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben (2013 waren es bundesweit 146.000), in denen sowohl Fachkräftemangel als auch die Familienfreundlichkeit von Unternehmen vieldiskutierte Themen sind, gewinnt die Teilzeitberufsausbildung an Bedeutung. Der deutschlandweite Trend, dass (alleinerziehende) Mütter oder Frauen, die einen Angehörigen pflegen, immer häufiger in Teilzeit arbeiten, zeigt den Bedarf an Ausbildungsplätzen in Teilzeit. Die Erfolgsquote der Teilzeitauszubildenden bei den Abschlussprüfungen ist hoch und liegt bei 90,8%. Befürchtungen von Unternehmen, dass es mit der Teilzeitausbildung zu innerbetrieblichen Störungen kommt, weil aufgrund von Erkrankungen der Kinder Fehlzeiten entstehen oder sich andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benachteiligt fühlen, erweisen sich in der Praxis oft als unnötig. Im Gegenteil, Eltern oder Angestellte die Angehörige pflegen, bringen Organisationstalent und gutes Zeitmanagement mit. Betriebe, die schon Erfahrungen mit Müttern als Auszubildenden gemacht haben, schätzen das große Verantwortungsbewusstsein, die Motivation und Reife der Auszubildenden. Davon profitiert die gesamte Belegschaft. Auch die Sorge, die Ausbildungsinhalte nicht komplett vermitteln zu können, erweist sich oft als unbegründet. Der Berufsschulunterricht wird i.d.R. nicht gekürzt und oftmals wird die betriebliche Arbeitszeit nur um wenige Wochenstunden reduziert. Die Ausbildungsvergütung wird entsprechend verringert – für manche Betriebe eine interessante Alternative. Mit dieser Broschüre möchten wir Sie als Unternehmen auf die Teilzeitberufsausbildung aufmerksam machen und Ihr Interesse wecken. An positiven Beispielen aus dem Kreis Herford zeigen wir, wie Sie von der Ausbildung mit reduzierter Wochenarbeitszeit profitieren und wie Sie selbst Teilzeitberufsausbildung in Ihrem Unternehmen anbieten können. 3 Teilzeitberufsausbildung TZBA für den Betrieb Ausbildung beim Marktkauf Herford • • • • • Die wöchentliche Arbeitszeit wird individuell zwischen Betrieb und Auszubil- denden abgestimmt und im Ausbildungsvertrag festgehalten. Die Arbeitszeit einschließlich des Berufsschulunterrichts beträgt mindestens 25 Wochenstunden (bzw. 75 % der wöchentlichen Arbeitszeit). Der Berufsschulunterricht sowie überbetriebliche Unterweisungen werden nicht gekürzt. Ihre zuständige Kammer steht Ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung. Informieren Sie die Berufsschule über Ihre Auszubildende mit reduzierter Wochenarbeitszeit. Vorteile für den Betrieb • Sie gewinnen für Ihren Betrieb Auszubildende, die Verantwortungsbewusst- sein, Organisationstalent und ein hohes Maß an Motivation mitbringen. • Sie bilden gutes Personal aus und sichern somit den Fachkräftebedarf. • Sie profitieren vom Image eines familienfreundlichen Unternehmens. • Sie profitieren von der Ausbildung in Teilzeit, weil die reduzierte Arbeitszeit Ihren strukturellen betrieblichen Bedürfnissen entgegenkommt. • Sie haben eine geringere finanzielle Belastung durch Verringerung der monatlichen Ausbildungsvergütung. „Kind und Karriere kann funktionieren. Das zeigt unser neues Projekt mit der Telekom. Es gibt zunehmend mehr Unternehmen, die sich um Alleinerziehende bemühen, aber davon brauchen wir noch mehr. Alleinerziehend ist kein Stigma, sondern Ausdruck von Belastbarkeit und Organisationsfähigkeit. Gerade Alleinerziehende sind loyale und engagierte Mitarbeiter“, so Alt. 4 (Quelle: www.telekom.com/medien/konzern/5322 „JugendarbeitslosigkeitHandeln statt jammern, 05.09.2011 Heinrich Alt) Gute Erfahrung hat der Marktkauf Herford mit seiner Auszubildenden in Teilzeit gemacht. Der Marktkauf in Herford, ein großes SB-Warenhaus vor Ort, ist für eine Ausbildung mit reduziertem Stellenanteil sehr aufgeschlossen. Der engagierte Verwaltungsleiter Thomas Brand erläutert in unserem Gespräch, warum. Zunächst absolviert Frau Tanja Wilde ein mehrwöchi- ges Praktikum. Durch die direkte Nachfrage der jungen Mutter einer Tochter nach einem Ausbildungsplatz in Teilzeit als Verkäuferin, hört Herr Brand erstmalig von der Möglichkeit einer Ausbildung mit reduzierten Wochenstunden. Neben ihren guten Bewerbungsunterlagen und ihren Erfahrungen aus dem Praktikum bringt Frau Wilde viel Lebenserfahrung mit. Zudem ist sie motiviert, verantwortungsbewusst und zielstrebig. „Sie weiß, wofür sie arbeitet und nutzt die Chance einen guten Beruf für ihre Zukunft zu erlernen“. Herr Brand informiert sich u.a. bei IN VIA über das Modell Ausbildung in Teilzeit. Er zögert nicht lange und vereinbart den Ausbildungsvertrag. Die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen-Lippe stimmt dem Ausbildungsvertrag bedenkenlos zu. Alle Ausbildungsinhalte können trotz reduzierter Wochenarbeitszeit gut vermittelt werden. „ … sogar so gut, dass nach der ersten Ausbildung zur Verkäuferin eine verkürzte Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel folgt.“ Der Marktkauf Herford ist sich sehr bewusst, dass er Vorreiter auf diesem Gebiet als Arbeitgeber ist und unterstützt die Teilzeit sehr. Im Einzelhandel ist die Mehrzahl der Beschäftigten weiblich und häufig familiär gebunden. Den Spagat, den Frauen zwischen Beruf und Familie machen, kennt der Marktkauf sehr gut. Herr Brand sieht in der Teilzeitberufsausbildung „ … eine zukunftsweisende Möglichkeit, den Wunsch nach guten familiären Rahmenbedingungen in Betrieben deutlich zu verbessern.“ Herr Brand kann sich sehr gut vorstellen, auch in Zukunft Mütter oder Frauen die Angehörige pflegen, auszubilden. Er hofft, durch diese Broschüre „Schritt für Schritt in die Teilzeitberufsausbildung“ noch interessierte Auszubildende und Unternehmen zu gewinnen und ist offen dafür, mit regionalen Netzwerkpartnern zu kooperieren. 5 Ausbildung in der Kanzlei Abke & Hoffmann-Gallhoff Frau Elisabeth Hoffmann-Gallhoff ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt im Familienrecht, Mediatorin, Sprecherin der Unternehmerinnen der Initiative Wirtschaftsstandort Kreis Herford (IWKH) und bietet bei dem Verein Ehe-und Lebensberatung eine für Ratsuchende kostenlose juristische Sprechstunde an. Die Rechtsanwältin ist sehr engagiert und offen für neue Ideen und Konzepte. Svenja Kröger ist 22 Jahre alt, alleinerziehend mit einer 5-jährigen Tochter. Sie ist im zweiten Ausbildungsjahr zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten in der Kanzlei Abke & Hoffmann-Gallhoff. Als Rechtsanwältin mit Schwerpunkt im Familienrecht ist es Frau Hoffmann-Gallhoff besonders bewusst, dass es „ … für Frauen und Mütter - nicht nur im Hinblick auf Veränderungen im Unterhaltsrecht unerlässlich ist, eine eigenständige Existenzsicherung zu haben.“ Frau Kröger fällt bereits im Praktikum mit ihrer Ausstrahlung und sehr guten Ausdrucksweise positiv auf und zeigt sich sehr engagiert. „Eine passende Auszubildende zu finden ist sehr schwierig.“ Es gibt zwar Bewerberinnen, aber diese können oftmals nicht überzeugen. Eine Ausbildung in Vollzeit ist für die junge Mutter mit ihren familiären Aufgaben nur schwer zu vereinbaren. Die Kanzlei ist gerne bereit, Frau Kröger mit 30 Wochenstunden in Teilzeit auszubilden. Einerseits möchte Frau Hoffmann-Gallhoff mit der TZBA Frauen in ihrer Unabhängigkeit bestärken und Perspektiven für die Zukunft eröffnen. Sie findet es wichtig, dass junge Frauen an ihre Zukunft denken. Eine Ausbildung stärke zudem das Selbstbewusstsein. Die selbstständige Unternehmerin nimmt andererseits den Fachkräftemangel in den Blick und hält die Ausbildung in Teilzeit für „ … ein adäquates Mittel, gut ausgebildetes Personal zu sichern.“ Vielen Unternehmen sind die Möglichkeiten, die eine Ausbildung mit reduzierter Wochenarbeitszeit bietet, noch nicht bekannt. Frau Hoffmann-Gallhoff kooperiert in verschiedenen Netzwerken, bringt ihre positiven Erfahrungen ein und wirbt gerne für die Ausbildung in Teilzeit. 6 Ausbildung im Autohaus Mattern Asya Aksu ist alleinerziehende Mutter eines 8-jährigen Sohnes. Seit 2011 bildet das Autohaus Mattern in Herford Frau Aksu zur Automobilkauffrau aus. Als sie die Zusage ihres Arbeitgebers bekommt, ist sie sehr glücklich über die Chance, in Teilzeit ausgebildet zu werden. Frau Aksu sucht vor Beginn der Ausbildung einen Arbeitsplatz. Doch ohne Berufsausbildung gibt es nicht viele Stellenangebote. Gleichermaßen hat sie den „ … Wunsch finanziell unabhängig zu sein…“ und in Zukunft für ihre Familie alleine sorgen zu können. Aber die familiären Pflichten und eine Ausbildung unter einen Hut zu bringen scheint nicht möglich. Über eine Beraterin der Agentur für Arbeit erfährt sie von der Möglichkeit einer Ausbildung in Teilzeit. Daraufhin nimmt Frau Aksu Kontakt zu IN VIA auf und kann an dem Projekt TEP - Teilzeitberufsausbildung – Einstieg begleiten – Perspektiven eröffnen (siehe Seite 13) teilnehmen. Frau Aksu findet eine Ausbildungsstelle beim Autohaus Mattern. Da ihre Mutter als Automobilkauffrau arbeitet, kennt Frau Aksu diesen Beruf und kann sich sehr gut vorstellen, ebenfalls in diesen Bereich einzusteigen. Zur Teilnahme am TEPProjekt sagt sie: „Die Unterstützung im Hintergrund war eine wichtige Hilfe für mich, besonders wenn es um die Organisation der Betreuung meines Sohnes während der Schulferien ging.“ Mittlerweile ist Frau Aksu im letzten Ausbildungsjahr und arbeitet an der Annahme der Werkstatt an der Werrestraße. Als angehende Automobilkauffrau übernimmt sie verantwortungsbewusst zahlreiche Aufgaben. Dazu gehören u.a. Terminvereinbarung, die Aufnahme von Unfällen, das Erstellen und Bearbeiten von Aufträgen und das Schreiben von Rechnungen. „Ich schätze das familiäre Klima meines Ausbildungsbetriebes und wünsche mir noch mehr Arbeitgeber, die flexibel sind und sich auf das Teilzeitmodell einlassen.“ Auch das Erich-Gutenberg-Berufskolleg in Bünde unterstützt die alleinerziehende Berufsschülerin, indem sie ihr ermöglicht, den Unterrichtsbeginn leicht zu verändern. 7