Stahlspundwände (8) Planung und Anwendung - stahl
Transcrição
Stahlspundwände (8) Planung und Anwendung - stahl
Dokumentation 507 Stahlspundwände (8) Planung und Anwendung Stahl-Informations-Zentrum Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Stahl-Informations-Zentrum Das Stahl-Informations-Zentrum ist eine Gemeinschaftsorganisation Stahl erzeugender und verarbeitender Unternehmen. Markt- und anwendungsorientiert werden firmenneutrale Informationen über Verarbeitung und Einsatz des Werkstoffs Stahl bereitgestellt. Verschiedene Schriftenreihen bieten ein breites Spektrum praxisnaher Hinweise für Konstrukteure, Entwickler, Planer und Verarbeiter von Stahl. Sie finden auch Anwendung in Ausbildung und Lehre. Vortragsveranstaltungen schaffen ein Forum für Erfahrungsberichte aus der Praxis. Messebeteiligungen und Ausstellungen dienen der Präsentation neuer Werkstoffentwicklungen sowie innovativer, zukunftsweisender Stahlanwendungen. Als individueller Service werden auch Kontakte zu Instituten, Fachverbänden und Spezialisten aus Forschung und Industrie vermittelt. Die Pressearbeit richtet sich an Fach-, Tages- und Wirtschaftsmedien und informiert kontinuierlich über neue Werkstoffentwicklungen und -anwendungen. Das Stahl-Informations-Zentrum zeichnet besonders innovative Anwendungen mit dem Stahl-Innovationspreis aus. Er ist einer der bedeutendsten Wettbewerbe seiner Art und wird alle drei Jahre ausgelobt (www.stahlinnovationspreis.de). Die Internet-Präsentation (www.stahlinfo.de) informiert u. a. über aktuelle Themen und Veranstaltungen und bietet einen Überblick über die Veröffentlichungen des StahlInformations-Zentrums. Schriftenbestellungen sowie Kontaktaufnahme sind online möglich. Impressum Dokumentation 507 „Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung“ Ausgabe 2008, ISSN 0175-2006 Herausgeber: Stahl-Informations-Zentrum, Postfach 10 48 42, 40039 Düsseldorf Mitglieder des Stahl-Informations-Zentrums: • AG der Dillinger Hüttenwerke • ArcelorMittal Bremen GmbH • ArcelorMittal Commercial RPS S.à.r.l. • ArcelorMittal Duisburg GmbH • ArcelorMittal Eisenhüttenstadt GmbH • Benteler Stahl/Rohr GmbH • Gebr. Meiser GmbH • Georgsmarienhütte GmbH • Rasselstein GmbH • Remscheider Walz- und Hammerwerke Böllinghaus GmbH & Co. KG • Saarstahl AG • Salzgitter AG • ThyssenKrupp Electrical Steel GmbH • ThyssenKrupp GfT Bautechnik GmbH • ThyssenKrupp Steel AG • ThyssenKrupp VDM GmbH • Wickeder Westfalenstahl GmbH 2 Redaktion: Stahl-Informations-Zentrum Ein Nachdruck dieser Veröffentlichung ist – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers und bei Quellenangabe gestattet. Die zugrunde liegenden Informationen wurden mit größter Sorgfalt recherchiert und redaktionell bearbeitet. Eine Haftung ist jedoch ausgeschlossen. Seit 1993 veranstaltet das Stahl-InformationsZentrum Fachseminare unter dem Titel „Stahlspundwände – Planung und Anwendung“. Die auf diesen Veranstaltungen vorgetragenen Referate werden in Dokumentationen zusammengefasst. Die vorliegende achte Ausgabe dieser Reihe beinhaltet acht Beiträge aus dem Jahr 2007. Die bisher erschienenen „Spundwanddokumentationen“ sind beim Stahl-Informations-Zentrum zu beziehen. Nähere Auskünfte über die Inhalte erhalten Sie im Anhang auf den Seiten 65 bis 71. Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Inhalt Seite Beiträge des Fachseminars 2007 Anschriften der Autoren Zukunft Hafen – Entwicklungsperspektiven der bremischen Häfen Iven Krämer Dr.-Ing. Stefan Woltering .............................. 5 Iven Krämer Dr.-Ing. Stefan Woltering bremenports GmbH & Co. KG Elbinger Platz 1, 27570 Bremerhaven Neubau der Kaiserschleuse in Bremerhaven Dipl.-Ing. Gerald Giegerich ........................... 13 Neubau Predöhlkai Liegeplatz 2 – Herstellung einer kombinierten Spundwand in Bodenklasse 6 Dipl.-Ing. Robert Howe Dipl.-Ing. Gunter Behncke ............................ 21 Wirtschaftliche Lösung beim Bau der Kaiwand – Güterverkehrszentrum Wustermark Dipl.-Ing. Thomas Behnke ............................ 31 Verminderte Schubkraftübertragung bei U-Bohlen Dr.-Ing. Christian Dercks .............................. 37 Uferlinie Neptunwerft Rostock – Wandel einer Industriebranche Dipl.-Ing. Ralf Mertz ...................................... 43 Erhöhung und Verstärkung des Weserdeichs im Stadtgebiet Brake (Unterweser) Dipl.-Ing. (TU) Steffen Sohst ......................... 51 Hochwasserschutz – Einsatz von Spundwänden in bebauungsnahen Bereichen Dipl.-Ing. Markus Klinkemeyer ..................... 55 Anhang Inhaltsübersicht der Spundwanddokumentationen 1 bis 7 .............................. 65 Dipl.-Ing. Gerald Giegerich Hochtief Construction AG Universitätsallee 18, 28359 Bremen Dipl.-Ing. Robert Howe Ed. Züblin AG Direktion Nord, Bereich Ingenieurbau Lübecker Str. 128, 22087 Hamburg Dipl.-Ing. Gunter Behncke Per Aarsleff A/S Friedrich-Ebert-Damm 11c, 22047 Hamburg Dipl.-Ing. Thomas Behnke Sehlhoff GmbH Westhafenstr. 1, 13353 Berlin Dr.-Ing. Christian Dercks ARUP Consultants 13 Fitzroy Street, London W1T 4BQ, Großbritannien Dipl.-Ing. Ralf Mertz STRABAG AG Direktion Straßenbau Hamburg, Bereich Wasserbau Stralsund Agnes-Bluhm-Str. 15, 18442 Groß-Lüdershagen Dipl.-Ing. (TU) Steffen Sohst Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küstenschutz und Naturschutz – NLWKN, Betriebsstelle Brake/Unterweser-Oldenburg Heinestr. 1, 26919 Brake-Oldenburg Dipl.-Ing. Markus Klinkemeyer ARCADIS Consult GmbH Johannisstr. 60–64, 50668 Köln 3 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung 4 Zukunft Hafen – Entwicklungsperspektiven der bremischen Häfen Zukunft Hafen – Entwicklungsperspektiven der bremischen Häfen Iven Krämer und Dr.-Ing. Stefan Woltering 1 Einleitung Die maritime Wirtschaft unterliegt infolge der fortschreitenden Globalisierung einer bislang nicht gekannten Wachstumsdynamik, wobei Häfen als Schnittstellen globaler Warenströme und Kontinente umspannender Wertschöpfungsketten überproportional profitieren. Insbesondere im Containerverkehr steigen die Umschlagmengen von Jahr zu Jahr weitaus stärker, als alle Prognosen erwarten ließen, sodass die entsprechenden Umschlagkapazitäten immer knapper werden. Die deutschen und mithin die bremischen Häfen stehen damit vor der besonderen Herausforderung, innerhalb kurzer Zeit ihre Kapazitäten den tatsächlichen Erfordernissen anpassen zu müssen. Aber auch abseits des viel beachteten Containergeschäftes gibt es spannende Entwicklungen, die neue Beschäftigungsmöglichkeiten im Umfeld der Häfen bieten und damit die Investitionsbereitschaft öffentlicher und privater Beteiligter nach sich ziehen. Bremen reagiert auf die vielfältigen Herausforderungen mit dem größten Hafeninvestitionsprogramm seiner Geschichte und setzt derzeit ein Bündel an Baumaßnahmen um, das hinsichtlich des investiven Aufwandes, des technischen Anspruchs der Projekte sowie der Beschäftigungsmöglichkeiten für Bauingenieure aller Fachrichtungen von herausragender Bedeutung für die Bauwirtschaft ist. 2 Seehäfen – die neuen Wachstumsund Investitionsschwerpunkte im Norden Deutschlands Die sehr stark außenhandelsorientierte deutsche Volkswirtschaft mit ihren Kernbereichen der Automobilwirtschaft, des Maschinenund Anlagenbaus sowie der chemischen Industrie ist seit Jahren aufs engste mit dem Schlagwort „Exportweltmeister“ verbunden, was die hiesigen Seehäfen, in denen der größte Teil dieser Exporte auf Seeschiffe verladen wird, zu immer neuen Rekordmarken führt. Zudem steigt die nationale Nachfrage nach Konsumgüterartikeln aus zumeist asiatischer Produktion beständig weiter an und auch die stark expandierenden Warenströme aus und in die Volkswirtschaften in Mittel- und Osteuropa werden heute zum größten Teil über die großen Container-Hubs Bremerhaven und Hamburg organisiert. Die maritime Logistikwirtschaft an der Küste unterliegt damit einer bislang nicht gekannten Wachstumsdynamik, die – so steht es nach allen verfügbaren Prognosen zu erwarten – lange nicht abkühlen oder gar zum Erliegen kommen wird. Um diesem Wachstum gerecht zu werden und den bereits erkennbaren Kapazitätsengpässen in den deutschen Häfen entgegen zu wirken, bedarf es erheblicher Investitionen in die Hafeninfrastruktur, in die Anbindung der Häfen durch Schiene, Straße und Wasserstraße sowie in Umschlaggerät und Lagerflächen. Die Küstenbundesländer, die nach dem Seeaufgabengesetz für den Ausbau und Erhalt ihrer Häfen eigenverantwortlich handeln, sind gewillt, diese mit stark zunehmender Beschäftigungsentwicklung einhergehende Dynamik aufzugreifen, und haben gemeinsam ein in diesem Umfang einmaliges Investitionsprogramm aufgelegt. In Bremerhaven beispielsweise werden derzeit mit der Erweiterung des Container-Terminals um vier Liegeplätze für die größten Containerschiffe der Welt und den Neubau einer innovativen Seeschleuse zur Stärkung des Automobilumschlags etwa 730 Millionen Euro in die Hafeninfrastruktur investiert. Niedersachsen wird zudem in Kooperation mit der Freien Hansestadt Bremen bis Anfang des nächsten Jahrzehnts in Wilhelmshaven einen neuen, dritten Containerhafen in der Deutschen Bucht errichten. Dieses Projekt ist mit etwa 650 Millionen Euro Infrastrukturaufwendungen das bedeutendste Investitionsvorhaben Niedersachsens. Und auch der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat Anfang Mai 2007 ein MilliardenProgramm für den Hafen beschlossen. Demnach sollen dort bis zum Jahr 2015 insgesamt rund 2,9 Milliarden Euro für den Ausbau von Kajenanlagen und die Erweiterung der Hafenbahn, aber auch für die notwendige Elbvertiefung und den Hochwasserschutz aufgebracht werden. 5 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 1: Entwicklung des Containerumschlags in den Nordrangehäfen 3 Wachstumsmotor Containerverkehr Die geschilderte Wachstumsdynamik ist unmittelbare Folge der vor gut 50 Jahren in den USA einsetzenden und ein Jahrzehnt später auch Europa erreichenden Containerisierung, wobei es vor allem die Steigerung der Effizienz über die gesamte Transportkette hinweg und damit die massive Senkung der Transportkosten war, die zum Durchbruch der standardisierten Transporteinheiten geführt hat. Insbesondere der relativ preiswerte Seetransport von Containern, der heute z. B. Bremerhaven transportökonomisch näher an Schanghai als an München liegen lässt, sowie politische Veränderungen seit Anfang der 90er Jahre haben zur Folge, dass immer neue Güter und Regionen in den internationalen Warenaustausch einbezogen werden. Die großen Seehäfen Nordwesteuropas profitieren alle gleichermaßen von dieser Entwicklung, was sich jeweils mindestens in einer Verdopplung des Containerumschlags innerhalb der vergangenen zehn Jahre ausdrückt (Bild 1). Wesentliche Aspekte, die für ein weiterhin starkes Ansteigen der Containerverkehre in der Deutschen Bucht sprechen, liegen u. a. in der weiter zunehmenden Integration der Weltwirtschaft, der steigenden Arbeitsteilung mit der Verlagerung von Produktionsstätten, dem bislang anhaltenden Boom der chinesischen Volkswirtschaft, dem absehbaren Boom der Volkswirtschaften Indiens, Brasiliens und Russlands, der zunehmenden Containerisierung durch die 6 Containerisierbarkeit von immer geringwertigeren Gütern, Massengütern und Massenstückgütern, der deutlichen Zunahme von Transshipment- bzw. Feederverkehren für den baltischen und skandinavischen Wirtschaftsraum, dem anhaltenden Wachstum der Transitverkehre (getrieben von MOE-Staaten) sowie der dauerhaften Notwendigkeit von Leercontainertransporten durch die strukturelle Unpaarigkeit einzelner Verkehre und saisonale Aufkommensspitzen. Als Auslöser für den im Vergleich zu den großen Nordrangehäfen Antwerpen, Rotterdam und Hamburg zuletzt überproportionalen Anstieg der Bremerhavener Umschlagmengen ist zudem die bahnbrechende Entscheidung der verantwortlichen bremischen Unternehmer und Hafenpolitiker zu werten, die beiden größten Containerschifffahrtgesellschaften der Welt, Maersk Line aus Dänemark und die in der Schweiz beheimatete Mediterranean Shipping Company (MSC), unmittelbar am Betrieb des Hafens zu beteiligen und ihnen im Zuge der Einrichtung so genannter „dedicated Terminals“ quasi exklusive Zugangsmöglichkeiten zu garantieren. Beide Unternehmen verfügen über ein Netz weltweiter Container-Linienverbindungen und sind sowohl durch organisches Wachstum – Inbetriebnahme ständig neuer Schiffe – als auch durch Akquisitionen extrem wachstumsorientiert. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren steht nach einer aktuellen Untersuchung der PLANCO Consulting aus Essen, im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung durchgeführt, zu erwarten, dass der Containerumschlag in Bremerhaven somit in den nächsten Jahren jeweils um etwa 5,8 % zunehmen wird. Bild 2: Der Container erreicht Deutschland (06.05.1966) Zukunft Hafen – Entwicklungsperspektiven der bremischen Häfen Bild 3: Bauabschnitte des Container-Terminals Bremerhaven bis 2003 4 Beständiger Ausbau der Containerumschlagkapazitäten In den bremischen Häfen begann das Containerzeitalter am 06.05.1966 als das US-Containerschiff MS „Fairland“ mit einem eigenen Bordkran im Bremer Überseehafen den ersten Container auf deutschem Boden absetzte (Bild 2). Bereits kurz darauf wurde im gerade neu geschaffenen Neustädter Hafen auf Bremens linker Weserseite ein eigener Container-Terminal mit einer speziellen Containerverladebrücke eingeweiht und ebenfalls noch Ende der 60er Jahre in Bremerhaven mit dem Bau der heute viertgrößten Containerverladeanlage des Kontinents begonnen. Im Jahr 1972 mit zunächst 1.000 m Kajenlänge als Container-Terminal 1 eröffnet, wurde die Anlage beständig der Nachfrage entsprechend erweitert, wobei die wesentlichen Meilensteine in der Fertigstellung zusätzlicher Bauabschnitte lagen. Der Container-Terminal 2 wurde 1983, der Terminal 3 1997 und der aus finanziellen sowie bautechnischen Aspekten zunächst zurückgestellte Abschnitt 3a im Jahr 2003 seiner Bestimmung übergeben. Der Terminal verfügte damit über eine Gesamtlänge von 3.237 m und bildete die längste Stromkaje der Welt (Bild 3). 5 Ausbauprojekt Container-Terminal 4 Mit Blick auf die schon damals als herausragend erkannten Perspektiven der maritimen Wirtschaft und ohne Erweiterung drohenden Kapazitätsengpässe wurde noch während der Bauphase des Container-Terminals 3a, im September 2002, vom Senat der Freien Hansestadt Bremen der Beschluss gefasst, die Hafenanlage um einen weiteren Bauabschnitt mit vier Liegeplätzen für Großcontainerschiffe zu erweitern. Dieser Abschnitt, der der Logik der vorangegangenen Bauvorhaben folgend konsequent Container-Terminal 4 (CT 4) genannt wurde, war aufgrund seines Investitionsvolumens von ca. 500 Millionen Euro nicht nur das bislang bedeutendste Investitionsvorhaben innerhalb der bremischen Häfen, sondern zum damaligen Zeitpunkt gleichzeitig das größte Hafenbauprojekt in Nordwesteuropa. 5.1 Herausforderungen an die Planung Zwar konnte bei der Planung dieses Großvorhabens an die im Rahmen der vorangegangenen Terminalbereiche gewonnen Erfahrungen angeknüpft werden, dennoch galt es vor allem bei der konstruktiven Gestaltung der Kaje neben dem außerordentlich ungünstigen Baugrund eine Reihe von spezifischen Veränderungen in der Containerschifffahrt zu berücksichtigen. So hatte sich beispielsweise die Größe der in der weltweiten Fahrt eingesetzten Containerschiffe seit Ende der 60er Jahre sprunghaft gesteigert und trotz vereinzelter gegenläufiger Einschätzungen war ein Ende des Wachstumstrends nicht abzusehen. Die neue Anlage sollte deshalb prinzipiell in der Lage sein, auch extrem große Schiffe aufzunehmen. Wie wegweisend dieser Gedanke war, zeigt sich heute, nur wenige Jahre später, darin, dass seit September 2006 die derzeit weltgrößten Containerschiffe vom Typ der Emma Maersk mit knapp 400 m Länge, über 56 m Breite und etwa 15 m Tiefgang regelmäßig Bremerhaven anlaufen 7 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 4: Das derzeit weltgrößte Containerschiff Emma Maersk (Bild 4). Dass Schiffe dieser Dimension bei der Planung des CT 4 bei der Mehrheit der maritimen Experten noch als kühne Vision galten, unterstreicht zum einen die Schnelllebigkeit der weltweiten Containerschifffahrt, bestätigt zum anderen aber auch die zwingende Notwendigkeit mutiger Entscheidungen im Hafenbau. Eine weitere Herausforderung für die Kajenkonstruktion ergab sich aus den zusammen mit den Schiffen gewachsenen Containerverladebrücken. Diese haben mit denen der 60er und 70er Jahre nur noch die Funktion des Be- und Entladens gemein, unterscheiden sich aber hinsichtlich ihrer Spurweite, ihrer Höhe, Auslage und Tragfähigkeit und damit vor allem in den Lasten, durch die sie auf das Bauwerk einwirken, in erheblicher Weise. Erschwerend kommt hinzu, dass die Nettocontainergewichte seit Jahren tendenziell zunehmen und eine Steigerung der Umschlageffizienz mit der Aufnahme von gleichzeitig mehreren Containern durch die Verladebrücken einhergeht. 5.2 Stand der Bauarbeiten Der Startschuss für den Bau des ContainerTerminals 4 erfolgte am 15.06.2004; als von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest in Aurich, einer Dienststelle des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, der mehr als 500 Seiten umfassende Planfest8 stellungsbeschluss vorgelegt und damit die offizielle Baugenehmigung erteilt wurde. Unmittelbar im Anschluss begannen die Arbeiten zur Aufspülung des Hinterlandes und zum Bodenaustausch der nicht tragfähigen Schichten im Bereich des späteren Kajenbauwerkes. Bis zum Sommer 2007 sind die Arbeiten so weit vorangeschritten, dass bereits größere Teile des neuen Terminals durch den Betreiber genutzt werden können. Das Kajenbauwerk ist bis auf letzte Betonarbeiten im Norden und Ausrüstungen im Bereich der Fender abgeschlossen, die Flächen sind zu mehr als 90 % aufgespült und auch ein das Hinterland entwässerndes Kanalbett ist bereits vollständig an den Rand des neuen Terminals verlegt worden. Zu den abschließenden Maßnahmen bis April 2008 gehörten die Herstellung eines Sturmflutschutzdeiches als nördlicher Bauwerksabschluss, der Neubau eines Sielbauwerkes, die Errichtung eines sechs zuglange Gleise umfassenden Container-Verladebahnhofs sowie die Herstellung der erforderlichen Wassertiefen. Dank der zuletzt milden Winter, dem weitgehend störungsfreien Verlauf der Arbeiten sowie der reibungslosen Zusammenarbeit der beteiligten Bauunternehmen wird das Gesamtvorhaben insgesamt neun Monate eher fertig als ursprünglich geplant, was angesichts der zunehmenden Kapazitätsengpässe auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten für Bremerhaven besonders positiv ist. Dem erklärten Ziel der bremischen Hafenpolitik, in einem Zukunft Hafen – Entwicklungsperspektiven der bremischen Häfen insgesamt wachsenden Containergeschäft schneller zu sein als der Markt und zusätzliche Anteile zu generieren, kann so in besonderer Weise entsprochen werden. 5.3 Neubau einer Schiffswendestelle vor dem Containerterminal Parallel zum Bau der neuen Containerkaje und der Aufspülung der insgesamt 90 ha umfassenden Hinterlandfläche mit etwa 10 Millionen m3 Sand – fast ausschließlich aus der Außenweser-Fahrrinne – wurde im Rahmen eines separaten Planfeststellungsverfahrens auch der Bau einer neuen, hafenbezogenen Wendestelle vor dem Container-Terminal vorangetrieben. Unter der Prämisse des Erhalts der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs war sie erforderlich geworden, um bei beständig anwachsenden Schiffsverkehren am Container-Terminal nicht die weiter weseraufwärts gelegenen Hafenreviere in Bremerhaven, Nordenham, Brake und Bremen vom internationalen Seeverkehr abzukoppeln. In dem Moment nämlich, in dem Containerschiffe vor dem Terminal bei Ankunft bzw. Abfahrt gedreht werden, ist die Passage anderer Schiffe untersagt. Die neue Wendestelle mit einer Breite von 600 m und einer Länge von etwa 2,6 km stellt deshalb sicher, dass nun zwei sehr große Schiffe gleichzeitig gedreht werden können, was die Behinderungen des durchgehenden Verkehrs erheblich verringert. Bemerkenswert bei der Planung war hier, dass das formalrechtliche Verfahren durch frühzeitige und umfassende Information sowie eine enge Abstimmung mit allen beteiligten und betroffenen Institutionen, Verbänden und Behörden in einem für deutsche Verhältnisse sehr kurzen Planungszeitraum von unter einem Jahr erfolgte. Die eigentlichen Baggerarbeiten dauerten danach ebenfalls nur wenige Monate, sodass die neue Wendestelle Ende 2006 fertiggestellt werden konnte. mobilgeschäft, dem klassischen Stückgutsektor, der Energiewirtschaft und hier insbesondere der Offshore-Windenergie sowie der hafenbezogenen Logistikwirtschaft interessante Entwicklungen ab, die neue Beschäftigungsmöglichkeiten bieten und damit die Investitionsbereitschaft öffentlicher sowie privater Beteiligter nach sich ziehen. 7 Bremerhaven – Automobildrehscheibe für die Welt Bezogen auf die bremischen Häfen ist hierbei an erster Stelle der Automobilumschlag zu nennen, der mit ähnlich hohen Steigerungsraten wie im Containerverkehr inzwischen zum zweiten Standbein geworden ist (Bild 5). Bremerhaven ist bei einer im laufenden Jahr erwarteten Umschlagleistung von zwei Millionen Automobilen die bedeutendste interkontinentale Fahrzeugdrehscheibe weltweit. Hier werden die Fahrzeuge der großen deutschen Hersteller – insbesondere von Daimler und BMW – zum Export in die überseeischen Märkte auf Schiffe verladen und gleichzeitig Importfahrzeuge aus asiatischer oder nordamerikanischer Produktion für den nationalen bzw. europäischen Markt empfangen. Bedingt durch diese Verteilerfunktion und die im Vergleich zu vielen Wettbewerbsstandorten relativ ausgewogenen einund ausgehenden Ladungsmengen (Exportanteil 2006 = 61%) ist Bremerhaven heute an den Linienverkehr durch alle bedeutenden Auto- 6 Entwicklungen außerhalb der Box Die geschilderten Ausbauvorhaben CT 4 und Wendestelle und der damit verbundene finanzielle Kraftakt machen deutlich, dass die Zukunft der bremischen Häfen – wie auch der meisten anderen weltweit – maßgeblich vom Containerverkehr, also dem Geschäft mit der Box, abhängen wird. Daneben jedoch zeichnen sich auch in anderen Segmenten wie dem Auto- Bild 5: Entwicklung des Automobilumschlags in Bremerhaven 9 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 6: Umgestaltung des Osthafens mobilreedereien mit ihren speziellen CarCarriern angebunden, was den Standort für die Automobilhersteller umso attraktiver macht. Hinzu kommt, dass Bremerhaven als größter Parkplatz der Welt mit Stellplätzen für bis zu 120.000 Autos, kurzen Wegen zwischen Lagerflächen und Umschlagbereichen, direkten Anbindungen an das überregionale Straßen- und Schienennetz, leistungsfähigen Dienstleistern sowie der größten Autowerkstatt Europas über eine Reihe von Alleinstellungsmerkmalen verfügt, die die Perspektive des Autoumschlags absichern. Wachstum ist jedoch auch hier kein Selbstläufer, sondern setzt eine entsprechend vorbereitete und leistungsfähige Hafeninfrastruktur voraus. Bremenports, die Hafenmanagementgesellschaft der Freien Hansestadt Bremen, hatte deshalb zur Identifikation notwendiger Maßnahmen im Jahr 2003 im Dialog mit Kunden und Dienstleistern eigens einen Masterplan zur Optimierung des Automobile-Logistics-Centers Bremerhaven erarbeitet, der im Wesentlichen die Schaffung zusätzlicher Schiffsliegeplätze und den Neubau einer Großschleuse vorsah, die die inzwischen 110 Jahre alte Kaiserschleuse ersetzen sollte. Beide Vorhaben sind dann umgehend vorangetrieben und nach eingehender Vorplanung, Nutzen-Kosten-Untersuchung und Umweltfolgenabschätzung vom Senat der Freien Hansestadt Bremen beschlossen worden. Laut Masterplan sollten die zusätzlichen Schiffsliegeplätze im Bremerhavener Osthafen durch die Verfüllung eines zwischenzeitlich 10 nicht mehr effizient genutzten Bereiches entstehen (Bild 6). Dazu wurde zunächst vom Wasser aus eine 550 m lange Spundwand in das Hafenbecken gerammt und das dahinter liegende, etwa 6 ha große Areal anschließend unter Anwendung eines neuartigen Verfahrens lagenweise mit dem beim Ausbaggern des Hafenbeckens anfallenden Sediment sowie Sand verfüllt. Zudem wurde in die neue Fläche eine großflächige geotextile Matte eingebaut und zur Beschleunigung der Setzungen über mehrere Monate eine Vakuumentwässerung über ein dichtes Netz vertikaler Drainagen betrieben. Diese so vorgenommene Umgestaltung des Osthafens, die mit einer Investition in Höhe von etwa 30 Millionen Euro verbunden war, konnte nach dreijähriger Bauzeit im April 2007 mit der Übergabe der neuen Schiffsliegeplätze an den Betreiber abgeschlossen werden. Ergänzend erfolgte ebenfalls im Frühjahr 2007 durch die Vergabe des Bauauftrages der offizielle Startschuss zum Neubau der so genannten Kaiserschleuse. Diese bei ihrer Inbetriebnahme im Jahr 1897 größte Seeschleuse Europas bildet gemeinsam mit der 30 Jahre später fertiggestellten Nordschleuse die Zufahrt zu den Kajen und Terminals des Nord-, Ost- und Verbindungshafens sowie der Kaiserhäfen. Aufgrund ihrer Abmessungen, die lediglich eine Schleusung von Schiffen mit bis zu 185 m Länge, 25 m Breite und einem Tiefgang von 8,5 m zulassen, sowie ihrer altersbedingt hohen Reparaturanfälligkeit war sie zuletzt nur noch eingeschränkt Zukunft Hafen – Entwicklungsperspektiven der bremischen Häfen Bild 7: Plan der neuen Kaiserschleuse nutzbar und für die modernen Automobiltransportschiffe mit einer Regelbreite von 32 m und einer Länge von bis zu 240 m längst zu klein. Der mit Gesamtprojektkosten von 230 Millionen Euro verbundene Neubau wird deshalb deutlich größer ausfallen und die Passage von 305 m langen, 50 m breiten und tideunabhängig bis zu 11 m tief gehenden Schiffen ermöglichen, sodass langfristig nicht nur die störungsfreie Erreichbarkeit des Automobile-Logistics-Centers, sondern auch die Perspektive der sonstigen im abgeschleusten Bereich gelegenen Unternehmen wie der Lloyd Werft gesichert wird (Bild 7). 8 Zukunftsmarkt Offshore-Windenergie Zukunftsmusik spielt auch im südlichen Hafenbereich Bremerhavens, dem traditionsreichen Fischereihafen, wo aufgrund struktureller Veränderungen heute zwar noch in großem Stil Fisch verarbeitet, aber kaum mehr per Schiff angelandet wird. Die Kajen mit den unmittelbar dazugehörigen Flächen bieten somit Potential für neue Nutzungen, die vor allem im Bereich der Energiewirtschaft gesehen werden. Mit Blick auf die im kommenden Jahrzehnt zu hunderten in der Deutschen Bucht zu errichtenden Windkraftanlagen sind deshalb bereits eine Vielzahl von Aktivitäten entfaltet und umgesetzt worden, die zu einer klaren Standortprofilierung Bremerhavens in der Offshore-Windindustrie geführt haben. So wurden seit 2003 u.a. etwa 30 ha Fläche im Industriegebiet Luneort aufgesandet und erschlossen, neue Produktionshallen für den Bau von Windkraftanlagenkomponenten errichtet und mehrere Test-Windkraftanlagen der 5-MW-Klasse im Stadtgebiet aufgestellt. Dazu entstehen in Bremerhaven momentan der größte Windkanal Europas sowie ein Kompetenzzentrum für die Entwicklung von bis zu 90 m langen Offshore-Rotorblättern, was den vor Ort ansässigen Entwicklungs- und Forschungseinrichtungen optimale Bedingungen für ihre Untersuchungen bieten wird. Zur Verladung der bis zu 400 t schweren Motorgondeln und Fundamentkörper auf Spezialschiffe oder Pontons wird in den kommenden Jahren außerdem eine diesen Lasten entsprechende Umschlaganlage entstehen. Weitere Potentiale für die bremischen Häfen erwachsen auch in anderen Segmenten der Energiewirtschaft, wobei an erster Stelle die Planung eines neuen Großkraftwerkes in Bremen-Stadt zu nennen ist. Nach den Vorstellungen der Stadtwerke Bremen soll auf dem an die Weser angrenzenden Bereich der Stahlwerke Bremen bis 2012 ein neues Kohlekraftwerk entstehen, was aus hafenwirtschaftlicher Perspektive mit zusätzlichen Umschlagmengen von etwa 2 Millionen t Importkohle einherginge. Ähnliche Überlegungen liegen auch für Bremerhaven vor, wo außerdem Optionen zur Ansiedlung von Unternehmen aus dem Bereich der nachwachsenden Rohstoffe geprüft werden. 11 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung 9 Bremen-Stadt – Marktführer im Umschlag konventioneller Stückgüter 10 Bauprojekte der Logistikwirtschaft Da sich die öffentliche Diskussion zur künftigen Entwicklung von Häfen, wie schon gezeigt, sehr stark auf das Segment des Containerumschlags verengt, findet der klassische oder konventionelle Stückgutumschlag in vielen Großhäfen immer weniger Beachtung. Aus der Perspektive der Häfen in Bremen-Stadt ist dies nicht mal schlecht, denn genau hier, im Neustädter sowie im Industriehafen, profitieren die Unternehmen davon, dass in Wettbewerbshäfen immer mehr Platz für Container gemacht wird und dadurch konventionelle Reedereien und Umschlagbetriebe vertrieben werden. Gestützt auf diesen Trend und die ausgeprägte Spezialisierung der vor Ort tätigen Unternehmen konnte sich Bremen mit 5,1 Millionen t (2006) im konventionellen Stückgutumschlag klar als nationaler Marktführer profilieren. So werden in Bremen beispielsweise Rohre für weltweite Pipelineprojekte verladen. Hinzu kommen große Mengen an Stahl- und Forstprodukten sowie großvolumige bzw. besonders schwere Maschinen- und Anlagenteile, die zum Teil erst im Hafen montiert werden. Auch ganze Fabriken und Produktionsanlagen nehmen, in Einzelteile zerlegt, als so genannte Projektladung ihren Weg über Bremen. Bedingt durch jüngste Unternehmenskonzentrationen auf lokaler Ebene (Übernahme von ECL durch Rhenus Weserport) sowie durch Neuansiedlungen steht zu erwarten, dass der Umschlag konventioneller Stückgüter in BremenStadt mittelfristig weiter anwachsen wird, sodass im Ergebnis auch hier Ausbau- bzw. zum Teil Ersatzbaumaßnahmen zu erwarten sind. Da die Dynamik der Entwicklungen nicht an der Grenze des Hafens endet, sondern praktisch den gesamten Sektor der maritimen Wirtschaft erfasst hat, ist seit einigen Jahren auch im Umfeld der bremischen Häfen eine verstärkte Bautätigkeit zu verzeichnen. So errichtete beispielsweise die BLG Logistics Group unmittelbar am Neustädter Hafen das größte Hochregallager Europas (Bild 8), von dem aus das Unternehmen Tchibo wöchentlich sämtliche Filialen mit neuen Waren beliefert, und auch andere Firmen nutzen verstärkt die herausgehobene Lage Bremens im Schnittpunkt der zukünftig drei großen deutschen Containerhäfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven. Immobilienentwicklungsgesellschaften mit einem Fokus auf logistischen Dienstleistungen investieren aktuell in umfangreiche zusätzliche Logistikflächen im Bereich des Bremer Güterverkehrszentrums. Und auch Bremerhaven profitiert von dieser Entwicklung durch die schrittweise Besiedlung eines an den Überseehafen grenzenden Gewerbegebietes, das Mitte der 90er Jahre durch die Aufgabe einer US-Kaserne frei wurde. Hier sollen nach dem Mitte des Jahres beginnenden Bau einer 30.000 m2 umfassenden Logistikimmobile mittelfristig bis zu 300.000 m2 für hafenbezogene Logistikaktivitäten bereitgestellt werden. Bild 8: Neubau des derzeit größten Hochregallagers Europas 12 11 Ausblick Hafenwirtschaft und Logistik sind als Herzstück der bremischen Wirtschaft Wachstumsmärkte, die nicht zuletzt aus der Perspektive der norddeutschen Bauwirtschaft herausragende Bedeutung haben. Mit einem aktuellen Investitionsvolumen von etwa 800 Millionen Euro im Bereich der Hafeninfrastruktur sowie mit komplementären Investitionen privater Unternehmen in Suprastruktureinrichtungen fordert dieses Wirtschaftssegment derzeit das Engagement unzähliger Bauingenieure aller Sparten. Sie wirken mit an technisch anspruchsvollen Vorhaben wie der Erweiterung des Container-Terminals 4 oder dem Neubau der Kaiserschleuse in Bremerhaven und tragen dank ihrer Leistungsfähigkeit und Innovationsbereitschaft dazu bei, das Ziel der bremischen Wirtschaftspolitik, im wachsenden Markt zusätzliche Marktanteile zu generieren, zu erreichen. Neubau der Kaiserschleuse in Bremerhaven Neubau der Kaiserschleuse in Bremerhaven Dipl.-Ing. Gerald Giegerich 1 Übersicht über die Baumaßnahme Die im Jahre 1897 fertiggestellte Kaiserschleuse war mit einer Einfahrtsbreite von 28 m und einer Länge von 215 m den damaligen Angaben zufolge „die größte der Welt“. Zum offenen Wasser hin wurden zwei Stemmtore eingebaut, die von der Bremerhavener Tecklenborg-Werft hergestellt und geliefert wurden. Ein für Deutschland neuartiger Schiebeponton verschloss die Schleusenkammer auf der Binnenseite. Das davorliegende Hafenbecken bot Platz für fünf der größten Passagierdampfer und außerdem noch weitere kleine Schiffe. Als „Merkstein bremischer Geschichte“ bewertete die Nordwestdeutsche Zeitung am 20.09.1897 das Ereignis der Einweihung der Kaiserschleuse in einer achtseitigen „GratisBeilage“. Bremen möge nur, hieß es dort, auch künftig mit „... kühnen Unternehmungen auf dem Gebiete des Wasserbaues dem bremischen Handel und der bremischen Schifffahrt fortgesetzt zu neuer Blüte ...“ verhelfen. Dann komme man „... über die finanziellen Sorgen mit Leichtigkeit hinweg“. Für die heutigen Anforderungen der Schifffahrt ist die Kaiserschleuse zu klein, so dass die bis zu 240 m langen Car-Carrier zum großen Teil die Nordschleuse benutzen müssen. Bei der Fahrt von der Nordschleuse in den Kaiserhafen I, II oder III müssen die Schiffe zweimal im Hafen gedreht werden und eine Drehbrücke passieren. Darüber hinaus hat die alte Kaiserschleuse ihre Lebensdauer bereits erreicht. Um eine zeitgemäße und betriebssichere Schleusenanlage sowie eine zweite Hafenzufahrt zu erhalten, ist der Neubau der Kaiserschleuse unumgänglich (Bild 1). Die neue Schleusenanlage mit 305 m Kammerlänge und 55 m Durchfahrtsbreite ist für die Aufnahme von bis zu 270 m langen Car-Carriern sowie zwei Unterstützungsschleppern dimensioniert. Die Oberkante des Drempels und der Sohle ist auf –13 m NN geplant. Die Inbetriebnahme der Schleusenanlage ist für Sommer 2010 vorgesehen (Bild 2). Für die Herstellung der neuen Schleusenanlage sind die folgenden baulichen Maßnahmen erforderlich: • Herstellung eines neuen Außenhaupts vor dem alten Außenhaupt sowie eines neuen Binnenhaupts vor dem alten Binnenhaupt • Bau der Schleusenkammer mit offener Sohle und Kammerwänden aus Spundwänden Bild 1: Luftaufnahme der Kaiserschleuse in Bremerhaven zu Beginn der Baumaßnahme 13 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 2: Übersicht der neuen Kaiserschleuse (Bauherrenentwurf) • Bau von Kajenbauwerken im Vorhafen und im Kaiserhafen I • Herstellung des Deichschutzes auf der neuen Schutzhöhe von +7,60 m NN. Hierbei Bereitstellung der Schutzhöhe an Außen- und an Binnenhaupt (doppelte Deichsicherheit). • Herstellung und Montage von zwei Betriebstoren und einem Ersatztor als Schiebetor • Herstellung von zwei Antriebshäusern hinter den Häuptern • Herstellung und Montage der Antriebe sowie der Einrichtungen zur Energieversorgung und Steuerung der Gesamtanlage • Bau eines Schlepperhafens Bild 3: Entwurf der Arbeitsgemeinschaft Kaiserschleuse 14 2 Das Vergabeverfahren Die Vergabe der Bauleistung für die schlüsselfertige Erstellung der kompletten Schleusenanlage erfolgte im neuen Vergabeverfahren des wettbewerblichen Dialogs. In diesem neuen Verfahren entwickeln die beteiligten Unternehmen zunächst auf der Basis der Anforderungen des Auftraggebers technische Lösungen und diskutieren diese mit dem Auftraggeber. Dieser bewertet seinerseits die Konzepte im Hinblick auf die Erfüllung seiner Anforderungen und wählt die am besten geeigneten Lösungen aus. Im vorliegenden Fall wurde dieser Prozess in Neubau der Kaiserschleuse in Bremerhaven zwei Dialogphasen ausgeführt. Nach Abschluss des Dialogs schließt sich die Angebotsphase an, in der die Bieter auf der Basis eines selbst angefertigten Leistungsverzeichnisses verbindliche Angebote für die jeweils von ihnen ausgearbeitete optimale Lösung erstellen. Die Arbeitsgemeinschaft Kaiserschleuse, bestehend aus den Firmen HOCHTIEF Construction AG, Gustav W. Rogge GmbH & Co. KG, August Prien Bauunternehmung (GmbH & Co. KG) und der STRABAG AG, jeweils aus Bremen und Bremerhaven, erhielt den Zuschlag für die Ausführung der Arbeiten (Bild 3). Wie sich während der Bearbeitung im Rahmen des wettbewerblichen Dialogs bald herausstellte, sind die Rahmenbedingungen am Standort der alten Kaiserschleuse sehr stringent, da wichtige nautische Anforderungen hinsichtlich der Kammerlänge, der Länge des Vorhafens sowie des Abstands der Schleuse zum Drehkreis im Wendebecken gleichzeitig zu erfüllen waren. Ein anderer Standort im Bereich des Hafens hätte wegen der vorhandenen Anlagen und Nutzungen zu weitreichenden Konsequenzen geführt, die im zeitlichen Rahmen des Verfahrens nicht hätten gelöst werden können. Es blieb daher nur, am Standort selbst zu bleiben und die Optimierung in der Detailausbildung zu suchen. Wesentliche Bestandteile der von der Bietergemeinschaft ausgearbeiteten Lösung sind: • Geringfügige Drehung der neuen Schleusenanlage parallel zur alten Anlage. Hierdurch Minimierung der Kollisionen der neuen Bauteile mit dem Altbestand. Demselben Ziel diente die Modifikation des Schlepperhafens. Der alte Leuchtturm (Pingelturm) wie auch das alte Kraftwerk können an ihren Standorten stehen bleiben und müssen nicht umgesetzt werden. • Entwicklung eines für derartige Schleusenanlagen völlig neuen Tortyps, des so genannten Hubschiebetors, einer Kombination aus Hubtor und Schiebetor. Hierbei handelt es sich um ein Schiebetor mit einem zweiteiligen Torkörper, dessen oberer Teil angehoben wird und einen ca. 70 cm hohen Füllspalt freigibt, um das Befüllen und Entleeren der Schleusenkammer zu ermöglichen. • Reduzierung der Baulänge der Tore und damit der Torkammern durch Anordnung von Hubdecken anstelle von Oberwagen • Wahl von Seilantrieben anstelle von Kettenantrieben 3 Die Randbedingungen der Baumaßnahmen Wesentliche Randbedingungen für die Durchführungen der Baumaßnahmen sind: • Bauen im Bestand Der Neubau einer Großschleuse innerhalb eines Hafens sowie an derselben Stelle wie das alte Bauwerk stellt hinsichtlich Entwurf sowie Bauausführung eine große Herausforderung dar. Durch die Modifikation der Lage der Schleusenanlage gelang es, die Zahl der „Kreuzungen“ zwischen Neubebauung und bekanntem Altbestand zu minimieren. Hierbei halfen sicherlich die relativ ausführlichen Bestandsunterlagen. Darüber hinaus sind aufgrund der Dimension der neuen Anlage gewaltige Mengen an Altsubstanz abzubrechen, abzutransportieren und zu entsorgen, ein Aspekt, dem in der Phase der Angebotsbearbeitung bereits besonderes Augenmerk gewidmet wurde. Insgesamt beläuft sich die Menge auf ca. 65.000 m3 Abbruch- und ca. 640.000 m3 Aushubmaterial. • Bauen unter Betrieb Der Betrieb der vorhandenen Schleuse wird bis Ende 2007 aufrechterhalten. Danach ist eine Vollsperrung der Kaiserschleuse für ca. 28 Monate vorgesehen. Damit steht in der Kernbauzeit Schiffen nur der Weg über die Nordschleuse offen. Ebenso wird die Baustelle für den die alte Schleusenanlage noch kreuzenden Verkehr an Fahrzeugen (nur bis 2,5 t) sowie an Fußgängern und Radfahrern komplett gesperrt. Darüber hinaus darf jedoch der Schiffsverkehr auf der Weser sowie in den benachbarten Hafenbecken durch die Baumaßnahme während der gesamten Bauzeit nicht behindert werden. • Bauen unter Tidebedingungen Der Bau der Westkaje des neuen Vorhafens, der Ostmole und des Schlepperhafens hat unter Tidebedingungen zu erfolgen. Dasselbe gilt für den Abbruch der vorhandenen Ostkaje im Vorhafen. Der Tidenhub beträgt im Bereich der Kaiserschleuse ca. 3,8 m. Um für die Rammarbeiten sichere Arbeitsbedingungen zu schaffen, wird hier die Hubinsel Annegret der Fa. F+Z eingesetzt. • Aufrechterhaltung des Sturmflutschutzes Die Kaiserschleuse durchschneidet den Sturmflutdeich der Seestadt Bremerhaven. Die Aufrechterhaltung des Sturmflutschutzes auch während der Bauarbeiten ist daher eminent 15 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung wichtig für die Sicherheit nicht nur der Baustelle, sondern auch des Hafens und der ganzen Stadt. Aus diesem Grund wurde bereits in der Dialog- und Angebotsphase die Bauablaufplanung unter besonderer Berücksichtigung der Sturmflutsicherheit durchgeführt. Wie schon bei der alten Schleusenanlage verläuft die Hochwasserschutzlinie auch bei der neuen Schleusenanlage über das Außenhaupt, entlang der Schleusenkammer sowie über das Binnenhaupt. Das Schutzziel ist mit +7,6 m NN festgelegt. 4 Der Baugrund Bild 4: 3-D-Darstellung des Außenhaupts ohne Antriebshaus und ohne Tor 16 Der Baugrund entspricht im Allgemeinen dem in Bremerhaven üblichen Aufbau. Unter Deckschichten wie Mutterboden, Auffüllungen etc. steht bis auf eine Kote zwischen –15,0 m NN und –16,5 m NN Kleiboden an, nach Angaben des Baugrundgutachtens von teils weicher, teils breiiger Konsistenz und somit von sehr geringer Tragfähigkeit. Der Klei wird von Sanden unterlagert, die zum Teil kiesig und/ oder steinig sind, und lokal auch als Kies angesprochen werden. Diese Sande weisen (mit Ausnahme lokal sehr begrenzter Bereiche) durchweg mindestens mitteldichte Lagerung auf. Vielfach sind sie dicht und bereichsweise auch sehr dicht gelagert. Zwischen –28 und –36 m NN ist Lauenburger Ton zu erwarten, für den eine mindestens steife bis halbfeste und bereichsweise auch eine feste Zustandsform angenommen werden kann. Vermutlich werden die Lauenburger Schichten von Pleistozänen Sanden unterlagert, die jedoch für die Bemessung der Bauteile der Kaiserschleuse keine Relevanz haben und dementsprechend nicht erkundet wurden. 5 Die Rammarbeiten Insgesamt sind im Rahmen der Baumaßnahme Kaiserschleuse einschließlich der Schleusenkammerwände ca. 2.000 lfm Kajen in Spundwandbauweise herzustellen. Zusätzlich sind ca. 750 lfm Spundwände für Baugrubenumschließungen der Häupter zu rammen. Zum Vergleich: Die Länge des 4. Abschnitts der Containerkaje in Bremerhaven (CT4) beträgt 1.700 lfm. Darüber hinaus sind um die Kaiserschleuse herum noch ca. 1.100 m Hochwasserschutzwände herzustellen. Die Gesamttonnage der Spundwände beläuft sich auf ca. 25.800 t Spundwandmaterial sowie ca. 5.000 t Stahlpfähle. Dagegen beläuft sich die Menge des einzubauenden Betons auf „nur“ 47.000 m3. Die Spundwände sind je nach Bauteil von Land oder vom Wasser aus herzustellen. 5.1 Das Außenhaupt Beide Häupter bestehen aus der Torkammer, den Torkammerpfeilern, dem Drempel und dem Toranschlag. Die Oberkante der Bauwerke liegt einheitlich auf +7,6 m NN, der Drempel auf –13 m NN. Die in der Torkammer befindliche Antriebsebene liegt auf +3,5 m NN und dient der Aufnahme des Seilantriebs. Der über der Torkammer angeordnete Stahlbetonbalken dient zur Aufnahme der Antriebszylinder der Hubdecke (Bild 4). Die ca. 63 m lange und ca. 12 m breite Torkammer lässt sich im späteren Betrieb bei Bedarf durch einen Torkammerverschluss abschotten und lenzen, sodass Inspektionen und kleinere Reparaturen am Tor in der Torkammer durchgeführt werden können, ohne das Tor ausschwimmen und eindocken zu müssen. Die Spundwände der Torkammer dienen nicht nur als Baugrubenumschließung, sondern sind Bestandteil des endgültigen Bauwerks. Sie sind als kombinierte Spundwände ausgeführt, die aus Tragbohlen DB PSp 1035S der Stahlgüte S 430 GP in Längen von 28,75 m und 31,80 m und Füllbohlen PZi 612 der Stahlgüte S 430 GP bestehen. Die Spundwände sind am Kopf mit einer Lage RI-Pfähle PSt 400/119 der Stahlgüte S 355 GP in einer Länge von 45 m verankert. Die Spundwände werden mit einer Zinkgrundierung behandelt und nach Trockenlegung der Torkammer mit der endgültigen Beschichtung versehen (Bilder 5 und 6). Im Bereich der Torkammerpfeiler ist eine 3-lagige Aussteifung vorgesehen. Die Tragbohlen Neubau der Kaiserschleuse in Bremerhaven Bild 5: Querschnitt der Torkammer des Außenhaupts Bild 6: Draufsicht der Torkammer des Außenhaupts konnten daher als DB PSp 1001 der Stahlgüte S 430 GP in Längen von 32,4 m und 36,6 m ausgeführt werden. Die Torkammerpfeiler – wie auf der anderen Seite der Schleusendurchfahrt auch der Toranschlag – tragen die Lasten des Schiebetors im Betriebszustand ab. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass das Außenhaupttor ausgeschwommen und zusammen mit dem Reservetor als Dammbalken benutzt werden kann, um den Drempel mitsamt der Torkammer trockenlegen zu können und Reparaturarbeiten an der Schienenanlage und den Dichtungsanschlägen des Tors vornehmen zu können (Bilder 5 und 6). Nach Rammung der Spundbohlen und Schrägpfähle wird die Platte der Antriebsebene betoniert. Damit sind im Bereich der Torkammer die Tragbohlen der Spundwände kraftschlüssig an die Schrägpfähle angeschlossen. Von den drei Steifenlagen im Bereich der Torkammerpfeiler werden die obersten beiden nach Trockenaushub in endgültiger Lage eingebaut, während die unterste Lage überhöht eingebaut und später abgesenkt wird. Danach wird die Baugrube geflutet, und der weitere Aushub erfolgt von einer auf der Baugrube fahrenden Arbeitbühne aus unter Wasser bis auf die Koten von –16,4 m NN in der Torkammer und –19,7 m NN im Bereich der Torkammerpfeiler. 17 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 7: Querschnitt der Torkammer des Binnenhaupts Nach Herstellung einer Sohlsicherung mit Auftriebspfählen als Bohrverpresspfählen erfolgt der Einbau einer 1,5 m starken Unterwasserbetonsohle. Nach Lenzen der Baugrube wird die Bauwerkssohle aus Stahlbeton eingebaut. Die große Baugrubentiefe in Verbindung mit den schlechten Baugrundeigenschaften des Kleis und dem hohen anzusetzendem Wasserdruck erfordert besondere Vorkehrungen, um eine ausreichende Tragfähigkeit der Zwischenbohlen unter Berücksichtigung realistischer Ansätze für Bauungenauigkeiten nachweisen zu können. Insbesondere war es erforderlich, die Zwischenbohlen durch bis zu drei Gurtungen zu stützen und die aufgenommenen Lasten an die Tragbohlen abzugeben. Um die Bauarbeiten an Torkammer, Drempel und Toranschlag voneinander zu entkoppeln und damit Bauzeit zu sparen, werden der Drempel und der Toranschlag in einer separaten Baugrube hergestellt. Hierbei wird die weserseitige Spundwand für die Bauzeit als Hochwasserschutzwand ausgebildet und hierzu bis auf eine Kote von +6,8 m NN gezogen. Die Baugrube wird mit mehreren Steifenlagen ausgesteift und mit RI-Pfählen im Hinblick auf die weserseitigen unterschiedlichen Wasserdrucklasten verankert. 5.2 Das Binnenhaupt Während die Torkammer des Außenhaupts in Spundwandbauweise hergestellt werden kann, ist dies im Falle des Binnenhaupts aus 18 statischen Gründen nicht möglich. Grund hierfür ist, dass das Binnenhaupt im Gegensatz zur Torkammer des Außenhaupts, die auf beiden Seiten in das Erdreich eingebettet ist, vor der alten Schleusenanlage im Bereich des vorhandenen Wendebeckens angeordnet ist. Aufgrund der geforderten doppelten Deichsicherheit musste für das Binnenhaupt der Nachweis geführt werden, dass die Standsicherheit des kompletten Haupts auch im Falle des Bemessungshochwassers in der Schleusenkammer bei Hafenwasserstand auf der Binnenseite in ausreichendem Maß vorhanden ist. Es erwies sich daher als notwendig, den bauherrenseitigen Entwurf der Torkammerbaugrube in Stahlbetonbauweise umzusetzen sowie eine zusätzliche Verankerung mittels Pfahlböcken vorzusehen (Bild 7). Die Baugrube ist als allseitig von Wasser umschlossene Spundwandbaugrube konzipiert. Zum Einsatz kommen so genannte LP-Pfähle, bestehend aus Larssen DB und EB 607n in der Stahlgüte S 430 GP mit einer Länge von 27,8 m. Die Baugrube wird mit drei Steifenlagen ausgesteift, die über Wasser eingebaut werden und von denen zwei Lagen vor dem Lenzen abgesenkt werden. Der Bauablauf entspricht dem des Außenhaupts. Nach Rammen der Spundwände, Einbau der Aussteifung und Aushub von einer verfahrbaren Bühne aus wird die Auftriebssicherung in Form von BV-Pfählen von einer auf der Baugrube verfahrbaren Bühne eingebracht. Nach Einbau des Unterwasserbetons und Absenken Neubau der Kaiserschleuse in Bremerhaven Bild 8: Rammarbeiten im Bereich der Torkammer des Außenhaupts der unteren beiden Steifenlagen wird die Baugrube gelenzt. Anschließend kann die Torkammer konventionell in Stahlbetonbauweise im Trockenen hergestellt werden. bereich anstehenden Baugrundverhältnissen nur mit RI-Pfählen mit vernünftig handhabbaren Pfahllängen abtragen. 5.3 Schleusenkammerwände und Kajenbauwerke 6 Schlusswort Die Schleusenkammerwände sowie die Kajenbauwerke im Vorhafen, im Bereich des Schlepperhafens und im Kaiserhafen werden als einfach verankerte kombinierte Wände ausgeführt. Die hohen Lasten zur Verankerung der Spundwände lassen sich bei den im Bauwerks- Die unterschiedlichen konstruktiven Lösungen am Außenhaupt und am Binnenhaupt zeigen deutlich, dass enorme Anstrengungen unternommen wurden, um durch technische Lösungen zu einem wirtschaftlich akzeptablen Gesamtkonzept zu gelangen. Eine – von der Kajenkante gerechnet – 17,5 m tiefe Schleusenkammer, bis Bild 9: Landrammung von Tragbohlen an der Torkammer des Außenhaupts 19 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 10: Einsatz der Hubinsel Annegret im Tidebereich zu 23 m tiefe Baugruben und ein Bemessungswasserstand von +7,6 m NN zzgl. Welle zeigen auf, dass die Spundwandbauweise weitreichende Möglichkeiten bietet. Probleme an der einen oder anderen Stelle führen allerdings vor Augen, dass auch diese Bauweise Grenzen hat. Diesen Grenzbereich auszunutzen erforderte einen hohen Aufwand in der technischen Bearbeitung, damit die hoch ausgenutzten Profile unter Berücksichtigung von bauablaufbedingten Vorverformungen und unter Ansatz von Bauungenauigkeiten sicher nachgewiesen werden können. Die Ausführung auf der Baustelle erfordert neben einer leistungsfähigen Geräteausstattung eine erfahrene und engagierte Mannschaft, damit die hohen Ansprüche der Planung in die Realität umgesetzt werden können. Ziel ist es, die Rammarbeiten im Wesentlichen im Jahr 2008 abzuschließen und die komplexe Baumaßnahme rechtzeitig vor der Sail 2010 in betriebsfertigem Zustand an den Bauherrn übergeben zu können. Bild 11: Kaiserschleuse in Bremerhaven zu Beginn der Baumaßnahme 20 Neubau Predöhlkai Liegeplatz 2 Neubau Predöhlkai Liegeplatz 2 – Herstellung einer kombinierten Spundwand in Bodenklasse 6 Dipl.-Ing. Robert Howe und Dipl.-Ing. Gunter Behncke 1 Projektvorstellung Aufgrund des seit Jahren zunehmenden Containerumschlags im Hamburger Hafen werden die vorhandenen Liegeplätze 1 bis 4 des Predöhlkais am Waltershofer Hafen zur Schaffung von drei neuen leistungsfähigen Liegeplätzen für Großcontainerschiffe der 4. und 5. Generation ausgebaut. Der Neubau von Liegeplatz 2 wird in Verlängerung des 1. Abschnittes auf einer Gesamtlänge von ca. 390 m für eine Hafensohle von –16,70 m NN erstellt. Den Auftrag für den Bau eines Sondervorschlages erhielt die Arbeitsgemeinschaft der Firmen Ed. Züblin AG und Per Aarsleff A/S (Bild 1). Bild 1: Wasserrammung der kombinierten Spundwand 2 Ausführungsplanung Der 390 m lange 2. Liegeplatz am Predöhlkai besteht aus 12 Kaimauerblöcken mit einer Regellänge von je 30 m und einem Flügelwandblock. Bei der vor dem Bestand angeordneten neuen Kaimauer handelt es sich um eine tiefgegründete Ortbetonplatte. Der Geländesprung von +5,85 m NN auf –16,70 m NN wird durch eine kombinierte Stahlspundwand aus Tragbohlen DB PSp 1006 mit Zwischenbohlen PZi 675/11,5 durch Klappanker rückwärtig gesichert. Zur Tiefgründung der Platte sind in drei Reihen Ortbetonrammpfähle angeordnet. Die Reibepfahlreihe Durchmesser 1.219,2 x 16,0 mm mit der unteren Fenderung dient zur Sicherung der Kaikante sowie zur Gründung des wasserseitigen kranbahnbelasteten Kaimauerkopfes. Der landseitige Kranbahnbalken wird als fugenlose Konstruktion separat auf einem Pfahlbocksystem gegründet. Der Hochwasserschutz auf 7,60 m NN ist durch die auf den Kaimauerkopf aufgesetzte Stahlbetonwand und die rückseitig den Überbau abschließende Grundwandschürze sichergestellt (Bild 2 und 3). Bild 2: Schematische Draufsicht Neubau Predöhlkai Liegeplatz 2 Gesamtlänge 390 lfdm, 12 Regelblöcke/1 Flügelwandblock, Überbaubreite 23,17 m, Kranspur 30,48 m (100’) 21 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 3: Schematischer Querschnitt der Kaimauer und der landseitigen Kranbahn inkl. Hochwasserschutz Spundwandstahl Rohre 5.500 t, Sand 280.000 m3, Ortbetonpfähle 264 Stück, Stahlbeton 10.500 m3, Bewehrungsstahl 1.200 t Bild 4: Bereich Kaiwand (schematischer Baugrundlängenschnitt) 22 Neubau Predöhlkai Liegeplatz 2 Bild 5: Herstellung des Rammgrabens (Bodenaustausch zur Beseitigung von Rammhindernissen/ steinfreier Sandboden per Förderband in Klappschute/ Rammtrasse) Der Baugrundaufschluss weist für den zweiten Liegeplatz eine Bodenschichtung mit tragfähigen Kiesen und Sanden und untergelagerter Glimmertonschicht mit hoher Festigkeit auf (Einstufung in Bodenklasse 6). Der eiszeitlich vorbelastete Glimmerton- und Glimmerschluffkomplex steigt unstetig vom Block 14 (–20,60 m NN) bis zum Block 26 (–17,40 m NN) an. In den Sand- und Kiesschichten sind die für das Hamburger Hafengebiet typischen eingelagerten Geröllhorizonte im Übergang zum Glimmerton vorhanden (Bild 4). 3 Bauausführung Herstellung des Rammgrabens Die Herstellung des Rammgrabens im Bereich der Reiberohre und der gemischten Spundwand diente zur Beseitigung der ausgewiesenen Geröllschichten. Der ausgesiebte steinfreie Sandboden ist per Förderband in Klappschuten wieder in die Rammtrasse verfüllt worden. Die separierten Findlinge/Gerölle (potentielle Hindernisse bei der Rammung der gemischten Wand) wurden in Untiefen der Elbe verklappt (Bild 5). Bild 6: Einbringen der Tragbohlen (Vorrammung mit Hydrobär Junttan HHK 9A/ Nachrammung mit MHU 300 S bis auf Endtiefe –29,00 m NN) 23 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 7: Einbringen der Füllbohlen (Bohrung im Bereich Mittelschloss Füllbohle Ø 600 mm bis Uk Füllbohle/ Füllbohle auf Tiefe rütteln und bei Erfordernis nachschlagen) Bild 8: Einbringen der Klappanker (Montage und Absenkung der Klappanker auf Solltiefe/ Anvibrierung der Ankertafel und Auffüllung der Ankertafeln mit Sandboden) 24 Einbringung der Tragbohlen Einbringen der Füllbohlen Die Tragbohlen DB PSp 1006 wurden von einer Hubinsel aus mäklergeführt mit dem Hydrobär Junttan HHK 9 a vorgerammt. Aufgrund der sehr hohen Festigkeit der Glimmerton- und Schluffschichten mussten die Tragbohlen mit einem Menck MHU 300 S Rammbär auf Endtiefe nachgeschlagen werden (Bild 6). Vor dem Einbau der Füllbohlen PZi 675/11,5 wurden zwischen den Tragbohlen Lockerungsbohrungen – Durchmesser 600 mm – im Bereich des Mittelschlosses bis UK-Füllbohle durchgeführt (Bild 7). Die Füllbohlen wurden auf Tiefe gerüttelt und bei Erfordernis nachgeschlagen. Neubau Predöhlkai Liegeplatz 2 Bild 9: Einspülen des Sandes (Gewinnung des Sandes mit dem Hopperbagger aus der Süderelbe/ Einspülen des Sandes in Teilabschnitten) Bild 10: Einbringen der Reibepfähle (Stellen der Reibepfähle/ Rammung mit Hydrobär IHC S 90) Einbringen der Klappanker Einspülen des Sandes Zur Verankerung der Kaimauer wurden 28 m lange Stahlpfähle PSt 400/119 mit angeschweißten Ankertafeln DB H 3606 als Fußausbildung eingebaut. Die Klappanker wurden über Rundbolzen an den Tragbohlen angeschlossen, auf die vorhandene Hafensohle abgelassen und an den Ankertafeln zur Lagesicherung auf Solltiefe eingerüttelt. Die Überdeckung der Klappankertafeln mit Spülsand erfolgte lagenweise und gezielt mittels Klappschuten (Bild 8). Die Sandgewinnung aus der Süderelbe und das Einspülen des Sandes in Teilabschnitten erfolgte durch Hopper-Bagger bis auf eine Höhenquote von +3,40 m NN im Rainbow-Verfahren (Bild 9). Einbringen der Reibepfähle Das Stellen und Einbringen der Reibepfähle konnte durch die neue Arbeitsebene von Land erfolgen. Die Einrammung erfolgte frei reitend mit einem Hydrobär IHC S90 (Bild 10). 25 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 11: Herstellung der Ortbetonrammpfähle (Ø 51 cm in C30/37, Vk ≤ 2.800 kN, L = 23,00 bis 28,00 m) Bild 12: Herstellung des Überbaus (Betonieren des Überbaus/ Ausrüstung der Kaimauer mit Pollern, Steigeleitern, Fendertafeln etc.) 26 Herstellung der Ortbetonrammpfähle Herstellung des Überbaus Ebenfalls von der neuen Arbeitsebene aus wurden die Ortbetonrammpfähle Ø 51, die HWS-Schürze DB L 703 K und die Gründungspfähle des landseitigen Kranbahnbalkens eingebracht. Die Ortbetonrammpfähle sind mit einer maximalen Länge von 28 m in den aufgespülten Boden und den anstehenden Glimmerton- und Glimmerschluff eingerammt worden (Bild 11). Der Stahlbetonüberbau der Kaimauer wurde blockweise und der landseitige Kranbahnbalken fugenlos erstellt. Zur Sicherung der Entwässerung der zukünftigen Betriebsfläche sind drei Sielschächte mit Auslaufleitungen bis DN 1000 unterhalb der Kaiplatte zur Ausführung gekommen. Zur Schaffung eines die Spundwand entlastenden Hohlraumes unter dem Überbau wird jede zweite Zwischenbohle bis –2,50 m NN mit Taucherunterstützung entfernt. Großflächig wird der Überbau dann mit Füllbohlen bis +5,26 m NN aufgeschüttet und anschließend Neubau Predöhlkai Liegeplatz 2 Bild 13: Detail Fußabtreppung und Sichelschnitt der Tragbohlen Bild 14: Hydraulikhammer Menck MHU 300 S inkl. Rammhaube und Aufrichtebock die Oberfläche befestigt. Der Abschluss der Arbeiten am zweiten Liegeplatz wird durch die Ausrüstung der Kaimauer mittels Pollern, Steigeleitern und Fendertafeln komplettiert (Bild 12). MHU 300 S auf Endtiefe nachgeschlagen worden. Die Zwischenbohlen wurden mit einem Rüttler PVE 40 VM auf Solltiefe zwischen gestellt, wobei in Einzelfällen eine Nachrammung mit einem Hydraulikhammer IHC S 90 erforderlich war (Bild 14). 3.1 Herstellung einer kombinierten Spundwand in Bodenklasse 6 Rammenergie Definition Bodenklasse 6 ist beschrieben als leichtlösbarer Fels und vergleichbare Bodenart, feste oder verfestigte, bindige oder nichtbindige Bodenart und als nichtbindige und bindige Bodenart mit mehr als 30 % Steinen von über 0,01 m3 bis 0,1 m3 Rauminhalt. Kombinierte Spundwand Die eingebrachte kombinierte Spundwand besteht aus Tragbohlen DB PSP 1006 in einer Länge von 32,50 m und einem Einzelgewicht von 18 t. Vorsorglich ist im Fußbereich eine Fußabtreppung mit aufgesetzten Stegblechen und Sichelschnitten angearbeitet worden. Als Zwischenbohlen wurden PZi 675/11,5 mm in einer Länge von 28 m bei Einzelgewichten von 5,9 t zwischen die Tragbohlen eingestellt (Bild 13). Rammgeräte Zum Einbringen der kombinierten Wand sind die Tragbohlen mit einem Hydraulikhammer Junttan HHK 9A vorgerammt worden und je nach individueller Rammbarkeit sind die letzten 2–5 m mit dem Hydraulikhammer Menck Die technischen Daten der zum Einsatz gekommenen Hydraulikhämmer sind der Tabelle in Bild 15 zu entnehmen. Für jede Tragbohle wurde ein großer Rammbericht und das dazugehörige Rammdiagramm erstellt. Beispielhaft ist das Rammdiagramm der Tragbohle BT 33 in Bild 16 wiedergegeben. Das Rammenergiediagramm der Blöcke 16–20 zeigt die unterschiedliche Erfordernis der Rammenergie von ca. 150 MN bis über 400 MN pro Tragelement und spiegelt größtenteils den ungleichen Höhenverlauf der Bodenklasse 6 wider (siehe hierzu Bild 17). Hydraulikhammer Junttan HHK 9A Menck MHU 300S IHC S 90 305 90 Max. Energie kNm 106 Fallhöhe mm 50–1.200 Schläge /min 40–100 40–100 50 Fallgewicht t 9,0 16,2 4,5 Gewicht Hammer t 13,4 30,8 9,2 Länge Hammer m 7,0 10,7 7,9 Bild 15: Rammenergie 27 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 16: Rammdiagramm Tragbohle BT 33 Bild 17: Rammenergiediagramm Block 16–20 28 Prüfung der Schlossverbindungen Einsatz von Pass-/Federbohlen Zur Sicherstellung, dass es beim Einbau der Füllbohlen zu keinen Schloßsprengungen kommt, wurden zusätzlich Schlossdetektoren eingesetzt, die an den Füllbohlen aufgeschweißt wurden. Die Signalgeber wurden im Schutze eines Rammschuhes installiert. Wurde der Kontakt im Schloß unterbrochen (Schlosssprengung), ist ein optisches und akustisches Signal an den Rammführer abgegeben worden (Bilder 18, 19, 20). Vor dem Einbau der Zwischenbohlen sind die Tragbohlen in der Lage aufgemessen worden. Der theoretische lichte Sollabstand zwischen den Tragbohlen beträgt systembedingt 1,37 m. Ein detailliertes Messprogramm hat die Ist-Lage der Tragbohlen bei +3,00 m NN und bei –14,00 m NN in x- und y-Richtung mittels eigens konstruierter Messlehre aufgenommen. Die Hochrechnung auf Endtiefe von –24,80 m NN ist theoretisch ermittelt worden. Neubau Predöhlkai Liegeplatz 2 Bild 18: Prüfung der Schlossverbindungen Bild 19: Prüfung der Schlossverbindungen Bild 20: Prüfung der Schlossverbindungen 29 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 21: Zwischenbohlen (Pass-/ Federbohlen) Bei einer Abweichung von mehr als ±15 cm vom Soll-Abstand wurden Pass-/Federbohlen zum Einsatz gebracht, die zusätzliche Toleranzen von ±15 cm ermöglichten (Bilder 21 und 22). 4 Inbetriebnahme Bild 22: Detail Fußausbildung der Federbohlen Bild 23: Anlandung der Containerbrücken aus China 30 Nach 22 Monaten Bauzeit erfolgte die Abnahme für den Neubau des Liegeplatzes 2 am Predöhlkai. Um die Inbetriebnahme des Liegeplatzes zeitnah zu realisieren, ist zu einem Zwischentermin die Anlandung der Containerbrücken über die neu hergestellte Kaimauer erfolgt. Das Verschiffen der Containerbrücken aus Übersee und das Verholen an Land erfolgten fünf Monate vor Inbetriebnahme des neuen Liegeplatzes (Bild 23). Wirtschaftliche Lösung beim Bau der Kaiwand Wirtschaftliche Lösung beim Bau der Kaiwand – Güterverkehrszentrum Wustermark Dipl.-Ing. Thomas Behnke 1 Einleitung Berlin-Brandenburg zählt mit über 150.000 Beschäftigten der Logistikbranche zu den wichtigsten Logistikregionen Deutschlands. Mit ihren Güterverkehrszentren (GVZ) und Häfen verfügt die Region Berlin-Brandenburg über eine Reihe leistungsfähiger Zentren für Güterumschlag und Logistik. Im GVZ Berlin West Wustermark stehen insgesamt 110 ha netto Ansiedlungsfläche zur Verfügung. Begünstigt durch die direkte Lage am Havelkanal und dessen Ausbau im Rahmen des Verkehrsprojektes „Deutsche Einheit Nr. 17” wird mit dem Bau eines öffentlichen Binnenhafens künftig die Trimodalität der Verkehrs- sowie im Westen das GVZ West Wustermark. Diese drei GVZs tragen in erheblichem Maße zum weltweiten Warenversand und -empfang im Raum Berlin-Brandenburg bei. Das GVZ Wustermark verfügt hierbei mit seinem direkten Anschluss an das westeuropäische Wasserstraßennetz durch den Havelkanal über ein Alleinstellungsmerkmal unter den GVZs (Bilder 1 und 2). Im Zuge der Vorbereitung für den neuen Binnenhafen wurden die wasserseitigen Anlagen mit Beschluss vom 08.03.99 planfestgestellt. Vorhabensträger für die Errichtung des Binnenhafens in Wustermark ist die Gemeinde Wustermark. Diese wurde durch die Landesentwick- Bild 1: Übersicht Güterverkehrszentren Berlin träger Straße, Schiene und Wasserstraße erreicht. Im vorliegenden Beitrag wird hierbei als ein Teilaspekt der Einsatz eines Spundwandprofils für den Bau der neuen Kaianlage aus der Z-Reihe in Verbindung mit dem Einsatz einer exzentrischen Verankerung in der Vorbereitung und Durchführung des Vorhabens beschrieben. 2 Standorte der GVZ um Berlin Berlin-Brandenburg verfügt derzeit im unmittelbaren Anschlussbereich an den Bundesautobahnaußenring BAB 10 über drei große Güterverkehrszentren. Dies sind im Süden das GVZ Großbeeren, im Osten das GVZ Freienbrink Bild 2: Übersicht GVZ Wustermark lungsgesellschaft für Städtebau, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg mbH iL (LEG) seit 2001 als treuhändischer Entwicklungsträger der Gemeinde vertreten. Seitens der LEG wurde die Infrastrukturund Projektentwicklungsgesellschaft mbH (ipg) mit Sitz in Potsdam, die als Projektentwickler für alle drei GVZs tätig ist, mit der Realisierung des Vorhabens betraut. Mit der Generalplanung und Bauüberwachung wurde die Sehlhoff GmbH, Niederlassung Berlin, beauftragt. 31 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung 3 Umfang des Bauvorhabens Das GVZ Wustermark hat insgesamt rund 110 ha Ansiedlungsfläche. Straßenseitig besteht Anschluss an die Bundesautobahn A10, wasserseitig über den Havelkanal sowie bahnseitig zu dem im GVZ befindlichen KV-Terminal. Der eigentliche Hafenbereich liegt am Ostufer des Havelkanals und verfügt über eine Fläche von rund 11 ha. Der Hafen Wustermark ist als Parallelhafen konzipiert. Der Bau des Hafens umfasst die Vorbereitung für die spätere Ansiedlung von Investoren, d. h., es erfolgt im Rahmen des Bauvorhabens die komplette bautechnische Erschließung. Das Projekt beinhaltet den Neubau von rund 345 lfm neuer Kaiwand mit einer Liegelänge von rund 340 m. Der Hafen stellt damit Liegeplätze für 3 mal 2 Großmotorgüterschiffe mit einer Länge von 110 m und einer Breite von 11,40 m zur Verfügung. Für die Errichtung der Kaianlage wurden rund 6.300 m2 Spundwand verwendet. Im Bereich der Kaianlage wird weiterhin eine Roll-On-Roll-Off-Anlage errichtet. Bestandteil des Vorhabens sind weiterhin die Herrichtung öffentlicher Hafenflächen in Beton- und Asphaltbauweise sowie die erforderliche Infrastruktur. Im Vorfeld der Baumaßnahmen mussten rd. 250.000 m3 nichttragfähiger Boden ausgetauscht werden. 4 Randbedingungen Das Vorhaben wird aus Fördermitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Für die geplante Hafennutzung und die damit verbundene Bodenversiegelung werden entsprechende Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt. Zur Erlangung der Genehmigung war im Vorfeld die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens erforderlich. Im Zusammenhang mit der Gestaltung des neuen Hafens wurde dem Hafenbau die Errichtung einer neuen Bogenbrücke über den Havelkanal (Kuhdammbrücke) vorgelagert. Eine weitere Randbedingung bildete der zeitgleiche Ausbau des Havelkanals durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, vertreten durch das Wasserstraßenneubauamt Berlin im Rahmen des Projektes 17 – Ausbau der Wasserstraßenverbindung von Hannover, Magdeburg über Berlin. Das Projekt 17 sieht u. a. den Ausbau des Havelkanals von Zeestow bis Wustermark vor. 32 Der Havelkanal wird in diesem Streckenabschnitt im Trapezprofil mit einer Vertiefung auf 4 m ausgebaut. Weiterhin erfolgt unmittelbar in der Nähe des neuen Binnenhafens zudem die Errichtung einer Wende- und Wartestelle. Für Kanalaus- und Hafenneubau werden insgesamt rund 25 Millionen Euro investiert. Besondere Beachtung wurde im Rahmen der Planung dem Bodenaustausch gewidmet. Auf Basis umfangreicher Baugrunduntersuchungen mussten zunächst die tragfähigen Horizonte im Baugrund erkundet und darauf aufbauend umfangreiche Erdbewegungen geplant und ausgeführt werden. Hinzu kam einer hoher Grundwasserstand, der besondere Anforderungen an die Bodenaustauscharbeiten stellte. Hierbei waren während der Bauausführung bedeutende archäologische Fundstellen im oberen Bereich des nördlichen Baufeldes (hier befinden sich Lagerstätten aus der Bronzezeit) während der Bauausführung zu berücksichtigen. 5 Ausschreibungsverfahren Der Neubau des Binnenhafens Wustermark wurde im offenen Verfahren oberhalb des EUSchwellenwertes ausgeschrieben. Die Baumaßnahmen wurde in drei Lose (Los 1 – Geländeregulierung, Los 2 – Errichtung der Kaianlage, Los 3 – Erschließung) eingeteilt. Für das Vorhaben wurden 29 Bewerbungen eingereicht, von denen letztendlich acht Angebote zum Submissionstermin vorlagen. Die vorgesehene Bauzeit war ursprünglich von Oktober 2006 bis Juni 2007. Aufgrund von Verfahrenseinsprüchen im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens kam es jedoch zu Verzögerungen im Vergabeverfahren. Der tatsächliche Baubeginn für die Lose 1 und 2 (Geländeregulierung/Spundwand) musste daher um ca. sechs Monate verschoben werden. Der eigentliche Baubeginn für das Los 3 (Erschließung) verschob sich um insgesamt fünf Monate. Die Verzögerungen und die zwischenzeitlich gestiegenen Stahlpreise am Markt führten zu der Entscheidung, vom vorgesehenen Amtsvorschlag für die Ausführung der Kaianlage abzuweichen und einem Sondervorschlag der ausführenden Firma zuzustimmen. Wirtschaftliche Lösung beim Bau der Kaiwand 6 Konstruktion der Kaianlage Das statische System der Kaianlage besteht aus einer einfach verankerten Spundwand mit einer Ankerlage und gestauchten Rundstahlankern, die die Lasten durch eine Gurtung aus U-Profilen sowie einer Ankerwand zur Abtragung der Ankerkräfte in den Baugrund einleiten. Die Kaianlage ist mit Festmacheeinrichtungen ausgerüstet. Im Hafenbereich wird ein Kolkschutz aus Wasserbausteinen hergestellt. Mit dem Amtsvorschlag wurde als Hauptspundwand ein Spundwandprofil aus der U-Reihe (z. B. PU22) in einer Stahlgüte S240GP als Doppelbohlen mit einem Ankerabstand von 4,8 m vorgesehen. Der Amtsvorschlag erfolgte als Ergebnis der Betrachtung der statischen und wirtschaftlichen Verhältnisse bezüglich des Einbringverfahrens, der Wasserstandsverhältnisse und der Betriebszustände. Die Wahl eines U-Profils erfolgte aus konstruktiven Gründen zur Gewährleistung einer zentrischen Einleitung der Ankerkräfte in die Kaianlage im Spundwandtal. Es stellte sich jedoch aufgrund der zeitlichen Verzögerungen heraus, dass die Lieferzeiten für das U-Profil zu lang und infolge der kontinuierlich steigenden Stahlpreise erhebliche Kostensteigerungen im Projektumfang zu erwar- ten gewesen wären. Vor diesem Hintergrund wurde seitens des ausführenden Unternehmens der Sondervorschlag unterbreitet, alternativ ein Spundwandprofil aus der Z-Reihe (AZ17-700) in einer Stahlgüte S355GP als Doppelbohle mit einem Ankerabstand von 4,20 m zu wählen. Als Reaktion auf diesen Vorschlag erfolgte nach Rücksprache mit dem Prüfingenieur. Als Reaktion auf diesen Vorschlag erfolgte nach Rücksprache des AG mit dem Prüfingenieur die Zustimmung für das Vorhaben mit der Auflage, einen Nachweis über die gleichwertige Nutzungs- und Lebensdauer zu erbringen und wegen erhöhter Aufwendungen bei der Verankerung der neuen Kaianlage eine neue statische Berechnung und technische Bearbeitung für diesen Vorschlag durchzuführen. Für die Alternative aus der Z-Reihe ergab sich im Tragfähigkeitsvergleich für reine Biegung dabei ein um 16,3 % höheres Streckmoment (Bild 3). In einem Massenvergleich konnte dargestellt werden, dass durch die Wahl des Z-Profils eine Materialeinsparung von 24,7 % erreicht wurde. Die Materialeinsparung führte direkt zu einer Kosteneinsparung. Durch die Verringerung der Lieferzeit konnten somit Zeitverzögerungen aufgeholt werden. Grundsätzlich stand man daher dem Sondervorschlag positiv gegenüber. Bild 3: Tragfähigkeitsvergleich 33 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 4: Nachteiliger Anschluss an Gurtung mittels „Doppelgurtbolzen“ Bild 5: Anschluss eines Ankers mit schloss überbrückender Anschlussplatte auf Distanzleisten 7 Auflagen für Umbemessung 8 Nachteile der Z-Bohlen- gegenüber der U-Bohlen-Verankerung Auf Basis vorgenannter Vorabergebnisse erfolgte daher die Zustimmung zu dem Sondervorschlag unter Berücksichtigung nachfolgender Auflagen: 1. Die Tragfähigkeitsnachweise müssen für alle Beanspruchungssituationen erbracht werden! 2. Alternativprofile müssen den Schlossformen der EAU96 Bild-E67-1 genügen! 3. Nutzung- und Lebensdauer müssen auch bei der Wahl einer höheren Stahlgüte DIN EN 10248 und eines „dünneren“ Profils den Vorgaben entsprechend (Nutzung: 60 Jahre/ Lebensdauer: 80 Jahre bei mittleren Dickenabnahmen von 0,025 mm/a gemäß Bild E35-3 der EAU96) 4. Einsparungen im Profilgewicht dürfen Verankerungslage, -aufwand und Verankerungsart nicht nachhaltig verändern. In der Praxis wird aus konstruktiven Gründen für rückwärtige Verankerungen den Spundbohlen aus der U-Reihe grundsätzlich der Vorzug gegeben, da sowohl Anker als auch Gurtbolzen für den Gurtanschluss zentrisch durch die Flanschmitte der U-Bohle geführt werden. Kommen aufgrund der örtlichen Gegebenheiten Spundwandprofile aus der Z-Reihe zum Einsatz, werden wegen des Mittelschlosses der Spundbohle die Gurtanschlüsse konservativ mit doppelten Bolzen ausgeführt (Bild 4). Dies führt zu höheren Materialkosten und aufwendigeren Verankerungen als bei U-Profilen. Eine zentrische Verankerung an Z-Bohlen bedeutet, dass Bohrungen durch die Bohlenschlösser auszuführen sind (Bild 5). Die Bohrungen sind schwierig und aufwendig und daher sehr kostenintensiv. Es sind Undichtigkeiten im Ankeranschlussbereich an der schlossüberbrückenden Ankerplatte infolge der Kapillarwirkung bei hoch anstehendem Grundwasser zu erwarten. Zur kraftschlüssigen Verbindung wurden bisher erhöhte Gurtbolzenanschlüsse (doppelte Anzahl) in jedem Spundwandtal vorgesehen. Die entsprechenden Nachweise konnten im Rahmen der Aufstellung der neuen statischen Berechnung erbracht werden. Die Bestätigung erfolgte durch den Prüfingenieur. Abschließend blieb nur noch die Art der Verankerung zu wählen. 34 Wirtschaftliche Lösung beim Bau der Kaiwand Die vorgenannten Nachteile der zentrischen Verankerung bei Z-Profilen lassen sich durch eine exzentrische Verankerung beseitigen. Dabei ist die Forderung zu erfüllen, dass das Tragverhalten von exzentrisch rückverankerten ZBohlen durch geeignete Rechenmodelle bzw. Versuche (z. B. in Anlehnung an DIN EN 1990) ausreichend beschrieben werden kann. Damit soll gewährleistet werden, dass die Regeln für die Dimension und Bemessung sauber hergeleitet und eventuelle Zusatzlasten für das Bauteil „Spundwand“ ermittelt werden können. Bild 6a: Falsche Anordnung Bild 6b: Richtige Anordnung 9 Lösung Bild 6c: Richtige Anordnung Der Lehrstuhl für Stahlbau der RWTH Aachen entwickelte in einem langjährigen Forschungsprojekt ein Bemessungskonzept, das basierend auf Versuchen und finiter Elementsimulationen alle Fragen zur Berücksichtigung eines exzentrischen Gurtbolzen- und Ankeranschlusses hinsichtlich Plattendimensionierung und Plattenposition sowie zu Zusatzlasten in der Spundwand beantwortet. Bei der Wahl einer exzentrischen Verankerung der Z-Bohlen ist zu beachten, dass der Anschluss am Flansch des „gebogenen“ Schlosses erfolgt (Bild 6a, 6b und 6c). Die Anordnung der exzentrischen Verankerung für die Spundwände ist in einem Planausschnitt in Bild 7 dargestellt. 35 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 7: Anordnung der exzentrischen Verankerung 10 Resümee Die ausgeführte Alternative mit – den wirtschaftlichen Profilen der Z-Reihe und – einer geringfügig höheren Stahlsorte führte zu folgenden Effekten: – Die ausgeschriebene Spundwandtonnage wurde um 25 % reduziert. – Die Tragfähigkeitsreserve steigerte sich um 16 %. – Die geforderte Lebens-/Nutzungsdauer konnte gehalten werden. 36 Die Forderung nach einer unveränderbaren Ankeranschlusskonstruktion und -position konnte – durch die Wahl einer exzentrischen Verankerung, die eine Einhaltung der Mindestankerabstände erfüllt, – das Ziel einer unveränderten Anzahl von Gurtbolzen- und Ankeranschlüssen erreicht und – die Tragfähigkeit nach ausreichend abgesicherten und nachvollziehbaren Bemessungskonzepten nachgewiesen werden. Verminderte Schubkraftübertragung bei U-Bohlen Verminderte Schubkraftübertragung bei U-Bohlen Dr.-Ing. Christian Dercks 1 Einleitung Der Eurocode basiert auf einem Sicherheitskonzept, das die Sicherheitsbeiwerte für den Widerstand und die Einwirkung getrennt vorgibt. Um das angestrebte Sicherheitsniveau für Spundwände zu gewährleisten, gibt der Eurocode 3 Teil 5 die Anleitung für die Besonderheit von Spundwandbauwerken. Nachfolgend wird auf die Besonderheit der verminderten Schubkraftübertragung bei Spundwänden aus U-Bohlen eingegangen. Sie führt zu einer Verminderung der Tragfähigkeit und der Steifigkeit. 2 Z-Bohlen und U-Bohlen Z-Bohlen und U-Bohlen unterscheiden sich durch die Form des Einzelbohlenquerschnitts und damit durch die Lage der Schlösser. Bei ZBohlen befindet sich das Schloss im Flansch, sodass sich unter Biegebelastung eine Gesamtverdrehung des Querschnitts gemäß der BernoulliHypothese ergibt. Bei U-Bohlen liegen die Schlösser in Stegmitte, sodass sie mit der Lage der Wandachse übereinstimmen. Sind die Schlösser durch Verschweißungen oder andere Maßnahmen nicht miteinander verbunden, werden sich die Querschnitte bei Biegung nicht wie ein Gesamtquerschnitt verhalten, sondern es wird sich eine Verdrehung der Einzelquerschnitte für die obere und untere Bohlenhälfte mit einem Schlupf s im Schloss einstellen (Bild 1). Bei Z-Bohlen ergibt sich in Stegmitte die größte Schubspannung oder Schubkraft. Bei U-Bohlen ist der Schubkraftverlauf durch das Schloss unterbrochen, sodass die Schubspannung Null oder auf Reibungseffekte beschränkt ist. Aus diesem Grund wird der Effekt „verminderte Schubkraftübertragung“ genannt. Im Extremfall kann die Steifigkeit auf 25 % und die Tragfähigkeit auf 45 % vermindert sein. 3 Regelung im Eurocode Der Eurocode 3 Teil 5 führt Abminderungsfaktoren βI für die Steifigkeit und βW für die Tragfähigkeit ein, um die verminderte Schubkraftübertragung zu berücksichtigen. Des Weiteren listet die Norm die Einflussfaktoren auf, die zu einer Abminderung führen können: a) die Bodenart, in die die Spundwand eingebracht wird b) die eingebaute Lieferform c) die Anzahl der Lager d) die Art der Einbringung e) Maßnahmen zur Festsetzung der Schlösser, wie Betonholme, abschnittsweise Verschweißung oder Verpressung f) die Höhe der Auskragung (z. B. Auskragung über der höchsten Lage der Gurtung) Die β-Werte werden im Nationalen Anhang geregelt. Bild 1: Bohlentypen 37 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 2: Lieferformen von U-Bohlen 4 Diskussion der Einflussfaktoren Die vorher genannten Einflussfaktoren können in zwei Kategorien eingeteilt werden. Dabei präsentieren a) und b) die erste Kategorie. Diese Einflussfaktoren können weit streuen und sowohl einen positiven als auch einen negativen Einfluss haben. Sie beziehen sich maßgeblich auf die Wahrscheinlichkeit von Reibungseffekten in den freien Schlössern. Diese können einerseits durch eingedrungene Erdpartikel erhöht sein, andererseits können sie vermindert sein, wenn die Schlösser beim Einbringen geschmiert wurden oder wenn die weiche Beschaffenheit des Bodens eine Schmierung bereitstellt. Bei Spundwandbauwerken in Wasser oder sehr weichen Böden sollte daher auf einen Effekt der Reibung ganz verzichtet werden. Reibungseffekte „Stahl auf Stahl“ konnten in Versuchen nicht nachgewiesen werden [3, 5]. In der Vergangenheit wurden zwar verschiedene Untersuchungen zu Schlossreibungseffekten durchgeführt, jedoch reichen diese Studien nicht aus, um Werte für Reibungsparameter anzugeben. Sie hängen von zu vielen Faktoren wie Boden, Rammverfahren oder Frequenz beim Vibrationsrammen ab. Die Reibungseffekte können nur aufgrund von Erfahrungswerten abgeschätzt werden. Die Einflussfaktoren unter Punkt c) bis f) bilden die zweite Kategorie. Sie sind im Gegensatz zur ersten Kategorie berechenbar, da sie durch ein statisches System mit geeigneten 38 Randbedingungen berücksichtigt werden können. Dabei ist einer der maßgeblichen Einflussfaktoren die gewählte Lieferform der U-Bohlen. 5 Lieferformen bei U-Bohlen Der Eurocode unterscheidet bei U-Bohlen zwischen drei Schlossausführungen: – freie Schlösser, die weder verschweißt oder verpresst sind – verpresste Schlösser, die durch Verpresspunkte mit den zulässigen Abständen verpresst sind – verschweißte Schlösser, die abschnittsweise oder kontinuierlich über die Bohlenlänge verschweißt sind Unter Verwendung dieser Schlossausführungen ergeben sich vier Lieferformen (Bild 2): – die Einzelbohle, bei der jedes Schloss frei ist – die Doppelbohle, bei der jedes zweite Schloss verschweißt oder verpresst ist – die Dreifachbohle, bei der jedes dritte Schloss frei und die übrigen verpresst oder verschweißt sind – die durchgängige Wand, bei der jedes Schloss verbunden ist. Diese Lieferform ist sehr kostspielig, da sie nur verwirklicht werden kann, indem Doppel- oder Dreifachbohlen vor Ort in den Schlössern verschweißt werden. Daher ist sie eher unüblich. Verminderte Schubkraftübertragung bei U-Bohlen Bild 3: Schiefe Biegung bei Doppelbohlen Die Lieferformen unterscheiden sich in ihren Querschnittswerten und daher in ihrer Biegesteifigkeit und Tragfähigkeit. Die Extremfälle sind die Wand aus Einzelbohlen und die durchgängige Wand. Für die Steifigkeit ergibt sich der Unterschied aus dem Steiner-Anteil für das Flächenträgheitsmoment I. Bei Einzelbohlen ist das Flächenträgheitsmoment die Summe der Trägheitsmomente der Einzelbohlen: 2IEinzel Bei der durchgängigen Wand muss der Steiner-Anteil hinzuaddiert werden: 2IEinzel + 2z2 AEinzel wobei z der Abstand der Schwereachse der Einzelbohle zur Wandachse ist. Dreifach- und Doppelbohlen liegen in ihren Eigenschaften zwischen diesen Extremfällen. Dabei weist die Doppelbohle durch den unsymmetrischen Querschnitt eine schiefe Biegung auf, sodass bei einer Belastung senkrecht zur Wandachse sowohl eine Biegeverformung senkrecht als auch parallel zur Wandachse entsteht (Bild 3). Die Effekte der schiefen Biegung können bei Spundwänden in weichen Böden oder in Wasser erheblich zu einer Verminderung der Tragfähigkeit beitragen. Bei Böden, die einen ausreichenden Widerstand haben, können die Effekte der schiefen Biegung durch passive Erddrücke parallel zur Wandachse vermindert sein. Dreifachbohlen haben eine Biegeachse, die nahezu mit der Wandachse übereinstimmt (Bild 2). Aus diesem Grund kann bei Dreifachbohlen auf eine Abminderung verzichtet werden. Ein Vergleich der Querschnittswerte ist in den Diagrammen in Bild 4 und 5 für verschiedene Profile gegeben. Bild 4: Vergleich der Querschnittswerte Bild 5: Vergleich der Querschnittswerte 39 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung 6 Übertragung der Schubkräfte nach Eurocode Wie bereits oben erläutert, kann bei U-Bohlen die Übertragung der Schubkräfte erhöht werden, indem die Schlösser wie bei der Doppel- oder Dreifachbohle verschweißt oder verpresst werden. Verschweißungen können abschnittsweise vorgenommen werden. Verpresspunkte können als Doppel- oder Dreifachverpressung ausgeführt werden. Ein einzelner Verpresspunkt muss nach EN 10248 getestet werden und bei einer 5-mm-Verschiebung eine Mindesttragfähigkeit von 75 kN erreichen. Bild 6 zeigt den Versuchsaufbau für eine Doppelverpressung. Für die Schlossverbindungen müssen nach Eurocode folgende Nachweise erbracht werden: Im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit muss nachgewiesen werden, dass die Beanspruchung des Verpresspunktes nicht grösser als 75 kN ist sowie Maximalabstände von 700 mm für Doppelverpressungen und 1.000 mm für Dreifachverpressungen eingehalten werden. Diese Regelungen entsprechen den Anforderungen nach Weissenbach, die auch der EAU zugrunde liegen [2], die Spundwänden mit dieser Verpresspunktcharakteristik einen schubfesten Verbund in den verpressten Schlössern unterstellen. Bild 6: Versuch an Verpresspunkten 40 Im Grenzzustand der Tragfähigkeit muss die Beanspruchung der Schweißnähte nachgewiesen werden. Dies entspricht den Regelungen nach EAU und der vorherigen Fassung des Eurocodes. Neu im Eurocode ist, dass auch der Verpresspunkt nachgewiesen werden muss. Dafür muss vom Hersteller der Widerstandswert des Verpresspunktes RK bereitgestellt werden. Er ist abhängig von der Schlossform, der Stahlgüte und der Verpresspunkttiefe. 7 Berechnung der Verpresspunktkraft Für die Ingenieurpraxis sind zwei Berechnungsansätze zweckmäßig, um die Schubkräfte in den Verpresspunkten zu bestimmen: a) Berechnung der Schubkraft nach der Biegetheorie Die Schubkraft kann unter Verwendung einer analogen Formel, wie sie in der EAU für Schweißnähte genannt ist, berechnet werden. Die Formel für die Berechnung von der Schubkraft in Schweißnähten ist Sy T(x) = –––– V(x) Iy Dabei ist Sy das statische Moment des Querschnittes. T ist die Schubkraft pro laufenden Meter Schweißnaht. Verminderte Schubkraftübertragung bei U-Bohlen Für den Verpresspunkt muss der Schubkraftverlauf für den Verpresspunktabstand a integriert werden, um die punktuelle Kraft an der Verpressung zu erhalten: Sy x+a/2 T(x) = –––– ∫ V(x) dx Iy x–a/2 Die Formel kann auf der sicheren Seite vereinfacht werden, indem die maximale Querkraft mit dem Abstand a multipliziert wird: Sy T max = –––– Vmax a Iy Es ist bei der Berechnung darauf zu achten, dass die richtige Schubkraft im Schloss pro Querschnitt und nicht pro laufendem Meter berechnet wird. Dieses Verfahren ist schwierig bei der Doppelbohle mit schiefer Biegung anzuwenden, da sich der Schubkraftverlauf aus Biegeeffekten um beide Achsen zusammensetzt. Um dieses genauer zu erfassen, ist die nachfolgende Methode einfacher. b) Stabwerksmodell aus Einzelquerschnitt mit unendlich steifen Verbindungselementen an den Verpressungen Jeder Einzelbohlenquerschnitt wird als einzelner Stab abgebildet, der durch unendlich steife Verbindungselemente an den Verpresspunkten miteinander verbunden ist. Dabei entspricht die relative Lage der Einzelquerschnitte der Lage der Schwerpunktachsen (Bild 7). Es ist wichtig, dass die Querschnittswerte pro Einzelbohle und auf jeden Einzel- querschnitt die Last pro Einzelbohle berücksichtigt werden, da sonst die Bedingungen der Biegetheorie nicht erfüllt sind. Bei Doppelbohlen müssen auch die Querschnittswerte um die z-Achse beachtet werden. In beiden Methoden werden die Kräfte in den Verpressungen in der Regel auf der sicheren Seite berechnet, da in beiden Modellen eine unendliche Steifigkeit des Verpresspunktes unterstellt wird. Genauere Berechnungsmethoden wären die Aufstellung einer Differentialgleichung, angelehnt an die Theorie des nachgiebigen Verbunds, oder FE-Berechnungen. Beide wurden in wissenschaftlichen Untersuchungen verwendet [4]. 8 Weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Schubkräfte Betonholme am Spundwandkopf können außerordentlich effektiv sein, um die Effekte der schiefen Biegung zu reduzieren. Das Maß dieser Reduzierung hängt besonders von der Spundwandlänge und der Anzahl und Anordnung der Verankerungen ab. Untersuchungen haben ergeben, dass bei unverankerten Spundwänden aus Einzelbohlen, bei denen alle Schlösser frei sind, ein Betonholm keinen positiven Effekt hat [4]. Bei Baugruben können die Eckbohlen die schiefe Biegung reduzieren. Bild 7: Bestimmung der Schubkraft 41 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung 9 Zusammenfassung 10 Literatur Der Nationale Anhang liefert mit den β-Werten Abminderungsfaktoren für die Steifigkeit und Tragfähigkeit von U-Bohlen, die eine geeignete Bemessung zulassen. In Fällen, bei denen eine Schubkraftübertragung aufgrund von ungünstigen Randbedingung stark vermindert sein kann, sollten die β-Werte mit Vorsicht gewählt werden oder eine Erhöhung der Schubkräfte durch eine geeignete Lieferform mit verschweißten oder verpressten Schlössern sollte sichergestellt sein. Dabei ist die Dreifachbohle die Lieferform, die einer nahezu vollständigen Schubkraftübertragung entspricht. Neu im Eurocode ist der Nachweis der Verpresspunkte. Er fordert, dass Verpressungen wie Verschweißungen auf Schubkraftübertragung nachgewiesen werden. Dabei kann die Verpressung eine kostengünstigere Alternative als die Verschweißung sein. Die Widerstandswerte der Verpresspunkte werden vom Hersteller bereitgestellt. [1] EN 1993-5: Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten, Teil 5: Pfähle und Spundwände, CEN, Europäisches Komitee für Normung, Brüssel, 2003 [2] EAU: Empfehlungen des Arbeitskreises Ufereinfassung, 8. Auflage, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik, Berlin, Verlag Ernst & Sohn, 1990 [3] Hartmann-Linden, R.: Tragfähigkeit von Spundwänden, Dissertation, Lehrstuhl für Stahlbau, RWTH Aachen, 1997 [4] Dercks, C.: Momenten-Rotationstragfähigkeit von Spundwänden aus Z-Bohlen und UBohlen mit verminderter Schubkraftübertragung, Dissertation, Lehrstuhl für Stahlbau, RWTH Aachen, 2004 [5] Hartmann-Linden, R., Kort, A., Meyrer, M., Schmitt, A., Sedlacek, G., van Tol, F.: Development of unified design Rules for Steel Sheet Piles and Introduction into Eurocode 3 Part 5, RWTH Aachen, CRIF Liège, RU Bochum, TU Delft, Imperial College London, 1997 42 Uferlinie Neptunwerft Rostock – Wandel einer Industriebranche Uferlinie Neptunwerft Rostock – Wandel einer Industriebranche Dipl.-Ing. Ralf Mertz 1 Geschichte Standort Neptunwerft Das Gelände der ehemaligen Neptunwerft befindet sich am Ufer des Flusses Warnow mitten im Herzen der alten Hansestadt Rostock. Die hervorragende geografische Lage begünstigte schon in den frühen 50er Jahren des 19. Jahrhunderts das Entstehen von verschiedenen Werften und maschinenbauenden Fabriken. So wurde der erste schraubengetriebene Dampfer in Deutschland, die „Erbgroßherzog Friedrich Franz“, im Jahr 1851 hier vom Stapel gelassen. 1890 schlossen sich mehrere kleine Betriebe zur „Actien gesellschaft Neptun schifffahrt und Maschinenfabrik“ zusammen. In den folgenden Jahrzehnten wurden viele Schiffe unterschiedlichster Bauart hergestellt. Im Zweiten Weltkrieg baute man u. a. auch eine Vielzahl von U-Booten. Bild 1: Maschinenhalle Neptunwerft 1891 In DDR-Zeiten erlebte der Werftbetrieb nochmals eine Blüte. Diverse Handels- und Forschungsschiffe auf den Weltmeeren kündeten vom guten Ruf der Schiffbauer auf der Neptunwerft (Bild 1 und 2). 2 Veranlassung Nach der Wende verlagerten die wirtschaftlichen Nachfolger der Neptunwerft die Fertigungslinien des Schiffbaues an die untere Warnow in die unmittelbare Nähe von Warnemünde. Ein großer Teil der bisher genutzten Gebäude und Flächen der Slipanlagen und Hellings wurde von heute auf morgen stillgelegt und dem Verfall preisgegeben (Bild 3 und 4). Bild 2: Bau von U-Booten im Zweiten Weltkrieg Bild 3 und 4: Verfall und Zerstörung 43 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 5: Altbestand im Überblick Vandalismus und die ungestörte Kraft der Natur taten ihr Übriges. So bot sich dem Betrachter nach anderthalb Jahrzehnten Stillstand ein Bild des Verfalls und der Zerstörung, das teilweise gespenstische Züge aufwies (Bild 5). In unmittelbarer Nähe entstanden mit einer neuen Uferpromenade und der sanierten Doberaner Straße Stätten pulsierenden Lebens – nur an dieser Stelle schien die Zeit stillzustehen (Bilder 6 bis 9). Im Jahr 2005 beschlossen die Hansestadt Rostock und eine Investorengruppe aus dem Rostocker und Hamburger Raum, diesem „Dornröschendasein“ der ehemaligen Industrieanlage ein Ende zu bereiten. Das Ingenieurbüro b&o wurde mit der Planung der Sanierung von Bild 6 und 7: Bestand Helling I Bild 8 und 9: Dornröschenschlaf Bild 10: Lageplan Gesamtvorhaben, ca. 450 m Uferlinie Bild 11: Abbruch der Dalben 44 Uferlinie Neptunwerft Rostock – Wandel einer Industriebranche ca. 450 m Uferlinie beauftragt. Im Hinterland betreibt die private Investorengruppe die Belebung des Standortes durch Maßnahmen für eine moderne Infrastruktur und die Belegung der alten Industriehallen mit Verkaufseinrichtungen und kleineren Fertigungsbetrieben. ankerung wurden verschiedene Varianten – angepasst an die ehemaligen Befestigungen – gewählt. Die Spundwände sollten mit Holmen und Treppenanlagen aus Beton verkleidet und optisch aufgewertet werden (Bild 10). 3 Altbestand und Planung – Uferlinie 4 Abbrucharbeiten Das Ansinnen bei der Planung war, sich weitgehend an die bestehende Geometrie der alten Uferlinie anzupassen. Dabei sollte der maritime Charakter der alten Hellinganlagen nicht verloren gehen, sondern betont werden. Gleich- Um die neue Trasse der Uferlinie – in erster Linie bestimmt durch die neu zu rammende Spundwandachse – in etwa an die alte Situation anzupassen, waren umfangreiche Abbrucharbeiten nötig (Bild 11). Bild 12, 13 und 14: Abbruch Holz und alte Stege Bild 15, 16 und 17: Abbrucharbeiten im Bereich der Senkkästen zeitig war beabsichtigt, den Spaziergängern, Besuchern und Erholungsuchenden den direkten Zugang zum Wasser zu ermöglichen. Der Altbestand der Uferanlagen, entstanden aus unterschiedlichen im Laufe der Zeit praktizierten Bauverfahren, erwies sich als durchgehend marode und teilweise oder ganz zerstört. Eine auch nur ansatzweise Nutzung war damit ausgeschlossen. Die Sanierungsplanung entwickelte für den gesamten Bereich eine senkrechte Einfassung der Uferwände mit Spundwänden. Für die Ver- Unter anderem wurden 16 Stahldalben und 185 Holzpfähle gezogen und etwa 150 lfm Stahlspundwände und Ufereinfassungen aus Holz beseitigt. Insgesamt 3.300 m3 Stahlbeton als Holm, ufereinfassend oder als Plattenbefestigung, wurden aufgebrochen, zerkleinert und einer Aufbereitung zugeführt (Bilder 12 bis 17). 45 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 18 und 19: Rammtrassenberäumung 1. Lage Speziell im Bereich der neuen Spundwandtrasse waren Grundberäumungen durchzuführen. Wie üblich waren im täglichen Werftbetrieb eine Vielzahl von Stahlteilen, Strops, Seilen und Befestigungsmaterialien „verloren“ gegangen. Daraus hatte sich im Laufe der Jahre ein undurchdringliches Konglomerat gebildet. Mit Hilfe von Tauchern und Baggern wurden die Rammhindernisse an Land verfrachtet und entsorgt (Bild 18 und 19). Der Bereich des ersten Bauabschnittes wies als Bestand eine Uferbefestigung aus Betonsenkkästen auf. Nach Beräumung der schon beschriebenen ersten Hindernislage aus dem Werftbetrieb stellte sich heraus, das darunter eine weitere undurchrammbare Schicht lag. Man hatte als Kolksicherung vor dem Fuß der flachgegründeten Senkkästen gitterartige Betonfertigteile verlegt, die über Stahlteile und Vergußbeton miteinander verbunden waren. Diese Sicherungslage mit einer Mächtigkeit von etwa 50 cm mußte von Tauchern unter Wasser in Segmente zerlegt werden. Anschließend wurden die Teile mit schwerer Krantechnik an Land gehievt und zerkleinert (Bilder 20 bis 22). Bild 20, 21 und 22: 2. Lage – Fußsicherung Senkkästen 46 5 Rammarbeiten Die gesamte neue Uferlinie wurde mit unterschiedlichen Spundwandprofilen eingefasst. Aufgrund der schon geschilderten umfangreichen Vorarbeiten konnten die in der jüngsten Zeit recht langen Lieferfristen überbrückt werden. Es kamen Spundwandprofile HOESCH 1805 in S355 in den Längen von 12,6 bis 14,95 m und Larssen 603K in S355 in den Längen von 4,55 bis 11,05 m zum Einsatz. Der Baugrund gestaltete sich in diesem Bereich des Rostocker Hafens weitgehend homogen. Unter einer geringmächtigen Schlickschicht stehen mitteldicht bis dicht gelagerte Schmelzwassersande in Schichtstärken von 1,0 bis 2,6 m Mächtigkeit an. Darunter befindet sich immer Mergel, der mit zunehmender Tiefe eine halbfeste Konsistenz annimmt. Die Wassertiefen schwanken zwischen 2 und 6,5 m. Die Rammarbeiten mussten aufgrund der maroden Ufereinfassung und der beengten örtlichen Verhältnisse generell vom Wasser aus getätigt werden. Zunächst wurden die Spundbohlen mit dem Rammkomplex 1, bestehend aus Trägerponton Eiche, Gittermast Kran Sennebogen S 655 und Vibrationsbär MS25, gestellt. Dabei wurden die Rammelemente bis auf etwa 2 m über Solltiefe abgeteuft (Bild 23). Uferlinie Neptunwerft Rostock – Wandel einer Industriebranche Bild 23: Rammarbeiten Die Spundwand wurde durch eine einfache horizontale Rammzange geführt, die einerseits auf der schon eingebrachten Wand, andererseits auf einem zusätzlich eingebauten Zangenpfahl abgehängt wurde (Bild 25 und 26). Das Einmessen der Rammzange erfolgte mit einem Tachymeter von festen Punkten an Land aus über Winkel und Strecke. Der Korrosionsschutz auf den Stahlspundbohlen blieb durch Abstandhalter aus Holz, die in den Zwischenraum zwischen Zange und Spundwandrücken geschoben wurde, unbeschädigt. Laut Ausschreibung war das schlagende Nachrammen „... mindestens des letzten Me- • Rammkomplex I (vorstellen der Wand mit Vibration) • Ponton „Eiche“ • Trägergerät Sennebogen S 655 oder Mobilkran 80 t • Vibrationsbär MS 25 • Materialponton Bild 24: Stellen der Wand ters ...“ gefordert. Der Einsatz des Rammkomplexes 2, bestehend aus Juntenrammgerät PM26 mit Hydraulikbär HHK 3A ebenfalls schwimmend auf drei gekoppelten Pontons (18 x 12 m) deckte diese Forderung ab (Bild 27 und 28). Bild 25 und 26: Rammführung als horizontale Zange Bild 27 und 28: Nachrammen mit schlagendem Bär 47 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 29: Pass- und Eckbohlen Um der alten Linienführung des Ufers folgen zu können, war das Herstellen diverser Pass- und Knickbohlen notwendig, die meistens zeitgleich mit den Rammarbeiten gefertigt werden mussten. Oft waren deshalb bis zu vier Schweißer gleichzeitig dabei, diese Sonderbohlen schnell zu vollenden (Bild 29). Zusätzlich zu den dauerhaft installierten Spundwänden, die zum Bestandteil des neuen Bauwerkes wurden, war der Einbau einer temporären Spundwand im Bereich einer alten Schiffshelling, der Helling I, notwendig. Zweck dieser Vorhaltewand war das Abschotten der Helling, um diese zur Sanierung völlig trockenzulegen. Dort, wo über Jahrzehnte Schiffe auf einer schiefen Ebene zu Wasser gelassen wurden, wurden Treppen bis ins Wasser hineingebaut, um den Fußgängern den unmittelbaren Zugang zur Warnow zu gestatten. Außerdem waren Fundamentierungsarbeiten für eine Fußund Radwegbrücke erforderlich. Um die Sanierungsarbeiten und den Einbau der Brückenfundamente nicht durch Verankerungsbauwerke zu behindern, entwickelten die Planer eine Statik für eine unverankerte Wand (Bilder 30 bis 32). Vor dem Rammen der Wand wurde eine wasserseitige Vorschüttung vor der Helling aufgespült und der Geländesprung dadurch von –5,60 auf –3,50 m NN, also um ca. 2 m, verringert. Anschließend erfolgte das Einbringen der Spundwandprofile 3600n von HOESCH mit Vibration und nach Fertigstellen der Arbeiten in der Helling wurde die Wand gezogen (Bild 33). Bild 30, 31 und 32: Vorhaltespundwand zum Abschotten der Helling I Bild 33: Ziehen der Vorhaltewand Helling 48 Uferlinie Neptunwerft Rostock – Wandel einer Industriebranche Bild 34, 35 und 36: Verankerung im Bereich der Senkkästen mit Rundstahlankern, Durchmesser 52 mm, und rückwärtiger Einbindung in Stahlbetonbalken Bild 39: Verankerung mit 1:1 geneigten Gewi-Pfählen Ø = 40 und 50 mm 6 Verankerung der Spundwände Aufgrund der unterschiedlichen Altbebauung im Rückraum der neuen Spundwände waren verschiedene Ankerlösungen erforderlich. Im Bereich der Senkkästen wurden im Kopfbereich der Betonkörper horizontale Rundstahlanker mit dem Durchmesser von 52 mm verlegt. Diese binden einerseits an den Spundwandgurt aus doppelten U-Profilen an, andererseits sind sie an einen Ortbetonbalken hinter den Senkkästen angeschlossen (Bilder 34 bis 36). Die Spundwände vor der Hellinganlage II und der Kranbahn wurden ebenfalls mit Rundstahlankern verankert. Diese wurden allerdings mit Klebeankern und Anschlussplatten mit den alten Betonkonstruktionen verbunden. Zur Installation wurde das Wasser hinter der Spundwand ausgepumpt und die Wand provisorisch gegen die Altkonstruktion abgesteift. Nach dem Vorspannen der Anker über den Kopf an der Spundwand wurde die Baugrube geflutet, die provisorischen Aussteifungen wurden entfernt und dieser Bereich wurde verfüllt. Durch das „Straffen“ der Anker (bis zu 12 m Länge) entstandenen Kopfbewegungen der Spundwand von bis zu 6 cm (Bild 37 und 38). Bild 37 und 38: Verankerung der Spundwand mit geneigten Rundstahlankern und eingeklebten Anschlussplatten am alten Bestand Bild 40 und 41: Verformungen der Wand im Abschnitt 3 Weitere Bereiche der neuen Uferwand wurden mit Bohrverpresspfählen Gewi Ø = 40 und 50 mm, mit einer Neigung 1:1 verankert (Bild 39). Es war geplant, den Kraftschluss zwischen Spundwand und Ankerpfahl durch den Betonholm im Spundwandkopf herzustellen. Im Bereich Spundwandabschnitt 3 funktionierte diese Herangehensweise nicht. Die Ursache dafür lag in beträchtlichen Verformungen (bis zu 42,5 cm) der Wand nach dem Rammen (Bild 40 und 41). 49 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 42: Verformungen der neuen Spundwand im Kopfbereich durch Rammen auf alter Uferlinie und Nachrutschen von Böschungen Zurückzuführen waren die Verformungen auf diverse Hindernisse aus alter Bebauung, gerade in der Flucht dieses Abschnitts. Aus baurechtlichen und genehmigungstechnischen Gründen war ein Verschieben der Spundwandachse nicht gestattet. Hinzu kam, dass die dahinter liegende Böschung beim Einbringen der Spundwände wasserseitig in Bewegung geriet (Bild 42). Als Lösung wurde die Technologie geändert und die Verpresspfähle wurden über einen Kopfgurt an die Spundwand angeschlossen. Dadurch wurde ein Richten der Wand über das Spannen der Ankerpfähle vor Herstellung des Betonholmes möglich. Unterstützend wirkte dabei eine Entlastungsbaggerung hinter der Spundwand (Bild 43 und 44). 7 Betonholm, Ausrüstung Bild 43 und 44: Verankerung mit Kopfgurt Nach dem Hinterfüllen der neuen Uferwände, einer Tiefenverdichtung dieser Zwischenräume, wurden die Betonarbeiten und Oberflächenbefestigungsarbeiten ausgeführt. Die Installation von Stufenanlagen aus Betonfertigteilen und diversen Ausrüstungsteilen, wie Geländer und Blumenkästen, rundete das Bild ab und ließ ein auch optisch ansprechendes Bauwerk entstehen (Bild 45). So gelang es innerhalb eines Jahres, ein kleines Stück Rostocker Ufer wieder zum Leben zu erwecken, und den Rostocker Menschen den Weg an ihre Warnow neu zu erschließen. Bild 45: Fertiggestellte Uferlinie 50 Erhöhung und Verstärkung des Weserdeichs im Stadtgebiet Brake Erhöhung und Verstärkung des Weserdeichs im Stadtgebiet Brake (Unterweser) Dipl.-Ing. (TU) Steffen Sohst Der II. Oldenburgische Deichband, für den der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) die Projekt- und Bauleitung ausführt, ist der größte Wasser- und Bodenverband in Niedersachsen und hat rund 150 km Deichlänge zwischen Oldenburg und Dangast/ Varel am Jadebusen zu unter- und zu erhalten (Bild 1). Würde es keine Deiche in diesem Gebiet geben, würden zweimal täglich nahezu 90 % des Verbandsgebietes (ca. 0–2 m über NN) über- flutet werden, denn das Mittlere-Tide-Hochwasser läuft jeweils bis ca. +2,10 m über NN auf (Bild 2). Das heißt, die Deiche schützen vor Überflutung im Normalfall, insbesondere aber vor Sturmfluten, die im Stadtgebiet Brake im Februar 1962 bisher mit rund +5,30 m NN (ohne Wellenauflauf) gemessen wurden (Bild 3). Der Weserdeich im Stadtgebiet von Brake/ Unterweser stellt aufgrund der städtebaulichen Entwicklung in den letzten 200 bis 300 Jahren eine einmalige Besonderheit an der deutschen Nordseeküste dar, mit seiner dichten Bebauung im und am Deich (Bild 4). Bild 1: Grenzen des Verbandsgebietes des II. Oldenburgischen Deichbandes Bild 2: Überflutungsgebiet bei mittlerem Tide-Hochwasser, wenn es keine Deiche gäbe Bild 3: Stadtgebiet Brake, Sturmflut am 9. November 2007, Wasserstand rel. +4,85 m NN Bild 4: Dichte Bebauung im und am Deich in Brake 1 Einleitung 51 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 5: Deich in Brake, Querprofil 2 Ist-Zustand des Deichs von 1965 bis 2003 Der Stadtdeich besteht von ca. 1965 bis 2003 (Bild 5), nach der Februar-Sturmflut 1962, aus einem Erddeich, ca. 5,20 m über NN, und aus einer Flutmauer aus einer Stahlbeton-Winkelstützwand (ca. 6,90 m über NN). Die enge Bebauung binnendeichs, die Häuser auf dem Deich sowie die nicht ausreichenden Deichabmessungen haben den zuständigen Deichband im Jahre 2000 veranlasst, die Standsicherheit der vorhandenen Deichkonstruktion begutachten zu lassen. Daraufhin wurden diverse Gutachter (Beton, Erd- und Grundbau, Baumfachmann, Statiker) unter der Federführung von IGB, Hamburg, beauftragt, den Deich im Stadtgebiet Brake zwischen der Binnenhafenschleuse und der ehemaligen Petram-Werft im Süden (ca. 2,5 km insgesamt) zu überprüfen. Das zusammenfassende Gutachten kam zu folgenden Beurteilungen und Schlussfolgerungen: Beurteilung: „Handlungsbedarf für diese Maßnahme ergibt sich aus der gutachterlichen Beurteilung der Standsicherheit des Deiches unter heutigen Gesichtspunkten. Ausgehend von einer veränderten Tidedynamik und Sturmflutcharakteristik haben die auf den Deich wirkenden Belastungen zugenommen. Im vorliegenden Fall besteht die Gefahr von hydraulischen Grundbrüchen infolge rückschreitender Erosion. Ursache dafür ist die Inhomogenität des vorhandenen Kleideiches.“ 52 Schlussfolgerung: „Den künftig zu erwartenden Belastungen wird durch den Bau einer Dichtwand Rechnung getragen. Durch den Bau einer Dichtwand mit Anschluss an die vorhandene Kappenwand (Flutmauer) wird eine Durchströmung des Deichquerschnittes zuverlässig und dauerhaft verhindert und die Standsicherheit der Kappenwand sichergestellt.“ Zusätzlich wurden im Zusammenhang mit der Erderwärmung und den Theorien des Meereswasserspiegelanstiegs vom NLWKN, Forschungsstelle Küste, im Jahre 2003 aktuelle Berechnungen für die Deichbestickhöhen der Braker Deiche ermittelt. Das Ergebnis im Zusammenhang mit dem Niedersächsischen Deichgesetz ergab folgenden Handlungsbedarf: Deichbestick: Untersuchungen zur Sturmflutsicherheit an der Unterweser Forschungsstelle Küste, Norderney 2003 Ergebnis für die Stadtdeiche in Brake: Unterbestick im Mittel ca. 30–40 cm Niedersächsisches Deichgesetz (NDG) § 5 Deicherhaltung (1) Der Deich ist in seinem Bestand und in seinen vorgeschriebenen Abmessungen so zu erhalten, dass er seinen Zweck jederzeit erfüllen kann (Deicherhaltung) ... (2) Eine Deichstrecke, die noch nicht die nach § 4 festgesetzten Abmessungen besitzt oder mehr als 20 cm von ihrer vorgeschriebenen Höhe verloren hat, ist entsprechend zu verstärken und zu erhöhen ... Erhöhung und Verstärkung des Weserdeichs im Stadtgebiet Brake 3 Gutachterliche Sanierungsvorschläge Auf der Grundlage des zuvor genannten Gutachtens und der Untersuchungen zur Sturmflutsicherheit an der Unterweser wurde folgende Planung zur Erhöhung und Verstärkung der Braker Deiche festgelegt (Bild 6): a) Erhöhung der Flutmauer um ca. 30–50 cm auf NN +7,30 m b)Verstärkung des Erddeiches mittels Stahlspundwand bis ca. 13 m unter dem Fundament der Winkelstützmauer als „Sickerwasserbremse“ mit kraftschlüssiger Anbindung an den Fundamentsporn. 4 Durchführung der Baumaßnahmen ab 2003 Bild 6: Erhöhung und Verstärkung der Braker Deiche Mit den erforderlichen Baumaßnahmen konnte bereits im Frühsommer 2003 begonnen werden, da der Verbandsvorsteher des II. Oldenburgischen Deichbandes, Herr Leenert Cornelius, durch sein hervorragendes Engagement genügend Bundes- und Landesmittel einwerben konnte. Die Details der Deicherhöhung (Bild 7) und der Deichverstärkung (Bild 8) sind aus den Ausführungsplanungsdarstellungen ersichtlich. Die ersten Bauabschnitte (ca. 1,8 km) wurden von Fa. Möbius, Hamburg, ausgeführt. Die weiteren Bauabschnitte wurden von den Firmen (z. T. als ARGE) J. Tiesler (Elsfleth), Neumann (Norden) und B+P Renken (Brake) verwirklicht. Die Deichverstärkung mittels Stahlspundwand wurde gemäß Bild 9 ausgeschrieben. Aufgrund der engen Bebauung auf und am Deich konnte das Einbringen der Spundwände nur durch ein Pressverfahren zugelassen werden (Bild 10). Gemäß den Vorgaben des Bodengutachters und des Statikers wurden die Stahlspundbohlen wie in Bild 11 gewählt und ausgeschrieben (oder gleichwertig). Auf die Dichtigkeit des Schlosses (Knopf + Klaue) wurde großer Wert gelegt. Bis zur Fertigstellung des gesamten Deichabschnittes werden rund 30.000 m2 oder rund 3.500 t Stahlspundbohlen (Z-Profile) eingepresst sein. Bild 7: Detail Deicherhöhung Bei den Bauausführungen innerhalb des Stadtgebietes von Brake waren auch städtebauliche Aspekte zu berücksichtigen, denn der Mensch und seine Utensilien sollten nicht nur Bild 8: Detail der Deichverstärkung 53 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 12: Sanierte Flutmauer Bild 9: Ausschreibungstext Bild 13: Verblendete Flutmauer Bild 10: Einpressen der Spundwände Bild 14: Bemalte Flutmauer gegen Naturgewalten – wie z. B. Sturmfluten – geschützt werden, sondern er soll sich auch mit diesem Schutzbauwerk identifizieren können und sich mit ihm wohl fühlen. Dafür wurde die Flutmauer betonsaniert und neu beschichtet (Bild 12), im Innenstadtbereich mit Klinker (wie bisher) verblendet (Bild 13) sowie von engagierten Bürgergruppen (hier von der Grundschule Harrien) sehr schön bemalt (Bild 14). Die gesamte Baumaßnahme (rund 2,5 km) wird voraussichtlich 2010 abgeschlossen werden können. Bild 11: Ausgewählte und ausgeschriebene Spundwand (oder gleichwertig) 54 Hochwasserschutz – Einsatz von Spundwänden in bebauungsnahen Bereichen Hochwasserschutz – Einsatz von Spundwänden in bebauungsnahen Bereichen Dipl.-Ing. Markus Klinkemeyer 1 Einleitung Spundwände aus Stahl wurden bereits bei zahlreichen Hochwasserschutzmaßnahmen erfolgreich eingesetzt. Im vorliegenden Artikel wird auf besondere Aspekte bei der Bemessung von Spundwänden im Hochwasserschutz eingegangen und es werden einige Planungsrandbedingungen für den Einsatz in bebauungsnahen Bereichen aufgeführt. An Beispielen aus dem linksrheinischen Kölner Süden werden ausgeführte Lösungen beschrieben und erläutert. 2 Hochwasserschutz in Köln Hochwasser hat in der mehr als 2.000-jährigen Siedlungsgeschichte von Köln eine lange Historie. Während die römischen Stadtplaner für Köln als Hauptstadt Niedergermaniens noch eine hochwasserfreie Lage gewählt hatten, drängten Händler und Schiffer mit ihren Häusern im Mittelalter verstärkt in die Uferbereiche des Rheins. Der alte Hafen in der Lage des heutigen „Alten Markts“ und „Heumarkts“ wurde verfüllt und besiedelt. Die neuen Siedlungsbereiche, die heutige Altstadt, wurden in der Folge häufig von Hochwassern heimgesucht. So datieren erste Meldungen über Hochwasserereignisse aus der Zeit des Hochmittelalters zwischen 920 und 1250. Somit hat Köln eine über 1.000-jährige Hochwassergeschichte. Einer alten Chronik ist folgende Aussage zu entnehmen: „Anno 1374 war der Rhein so groß, dass er zu Cölln über die Mauer ging und man mit Schiffen in der Stadt führ.“ Dieses Ereignis entsprach einem Rheinwasserstand mit einer Bezugshöhe von 10,35 m am Kölner Pegel (nach heutiger Statistik ein etwa 30-jährliches Hochwasserereignis). Bis in die 1990er Jahre hinein galt das Hochwasserereignis von 1926 mit einem Pegelstand von 10,69 m am Kölner Pegel allgemein als das so genannte Jahrhunderthochwasser bzw. als der Hochwasserstand mit 100-jährlicher Wiederkehrhäufigkeit. Als dann im Dezember 1993 und im Januar 1995 zwei Hochwasser mit nahezu der gleichen Höhe (10,63 bzw. 10,69 m am Kölner Pegel) auftraten, die erhebliche Schäden nach sich zogen, wurde klar, dass die bisherige Ein- stufung des „Jahrhunderthochwassers“ nicht beibehalten werden konnte. Köln entging damals nur knapp einer Katastrophe, da noch höhere Hochwasserstände eine Flutung weiter Teile Kölns vor allem auch durch unterirdische Anlagen wie U-Bahn, Kanalsystem etc. unmittelbar zur Folge gehabt hätten. Aus diesem Grund wurde sehr kurzfristig das „Hochwasserschutzkonzept Köln“ entwickelt, das in der Ratssitzung vom 01.02.1996 einstimmig verabschiedet wurde. Im „Hochwasserschutzkonzept Köln“ werden u. a. die erforderlichen Maßnahmen und Verhaltensregeln zur Minderung der Scheitelabflüsse und zum Schutz vor Hochwasser aus überregionaler, regionaler und lokaler Sicht aufgezeigt. Es werden in Abstimmung auf die örtlichen Verhältnisse „polderweise“ die Hochwasserschutzziele für verschiedene Bereiche Kölns festgelegt. Dabei wird folgender Bezug zwischen Wiederkehrhäufigkeit und Pegelstand hergestellt: – 100-jährliches Hochwasser entspricht 11,3 m am Kölner Pegel – 200-jährliches Hochwasser entspricht 11,9 m am Kölner Pegel Weiterhin werden die verschiedenen Gefährdungsarten genannt und erläutert: – Gefahren durch unmittelbare Überflutung (freie Welle) – Gefahren durch Rückstau in die Kanalisation – Gefahren durch Grundwasseranstieg Zur Begegnung der Gefahren durch unmittelbare Überflutung werden auf den insgesamt ca. 67 Uferkilometern des Rheins in Köln auf einer Länge von etwa 40 km bauliche Hochwasserschutzanlagen errichtet. In Abhängigkeit der jeweiligen Verhältnisse vor Ort werden verschiedene Baumaßnahmen ausgeführt. In umfangreichem Maße werden dabei auch Spundwände eingesetzt. Sie dienen im Wesentlichen den allgemein bekannten folgenden Zwecken: – Gründung von Hochwasserschutzwänden (Lastabtragung) – Sicherung von Geländesprüngen, Altdeichen, Hochufern – Fließwegverlängerung für Drängewasser – Sicherung von Baugrubenwänden (z.B. Pumpwerksbaugruben) Im Zuge der weiteren Planungen wurden insgesamt 19 Planfeststellungsabschnitte für die 55 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Errichtung der Hochwasserschutzanlagen gebildet. Darüber hinaus sind zahlreiche Einzelmaßnahmen (Bau von Pumpwerken, Hochwasserdoppelschiebern etc.) projektiert worden. Die Baumaßnahmen wurden im Jahr 2004 begonnen und werden bis Ende 2008 abgeschlossen sein. Dabei wird ein Bauvolumen von insgesamt etwa 400 Millionen Euro umgesetzt worden sein. Im Folgenden wird der Einsatz von Spundwänden an drei Planfeststellungsabschnitten (PFA 2, 3 und 4) im linksrheinischen Kölner Süden erläutert. Zunächst werden jedoch einige Besonderheiten bei der Bemessung von Spundwänden im Hochwasserschutz aufgezeigt. 3 Besondere Aspekte bei der Bemessung von Spundwänden im Hochwasserschutz Neben den üblichen Lasten aus Erddruck, baulichen Anlagen, Verkehr etc. spielt vor allem das strömende Grundwasser im Hochwasserfall bei der statischen Berechnung der Spundwände eine Rolle. In diesem Zusammenhang ist zunächst auszuführen, dass Spundwände – auch ohne Schlossabdichtungen – als relativ dicht anzusehen sind. Sie bilden, bezogen auf den Grundwasserstrom, eine Sperre, die umströmt werden muss. Bei Anschluss an dichte Schichten im Untergrund können sie sogar das Strömen des Grundwassers nahezu unterbinden. Entscheidend für den Einfluss der Spundwände sind die hydrologischen und hydrogeologischen Verhältnisse. Der Aquifer im Kölner Stadtgebiet wird von den Terrassenschottern des Rheins gebildet. Sie stehen im Allgemeinen in einer Mächtigkeit von etwa 10 bis 30 m an und besitzen eine sehr große Durchlässigkeit. Der horizontale Durchlässigkeitsbeiwert kann im Mittel mit kf,h = 6 · 10-3 m/s angegeben werden, wobei örtlich stark abweichende Verhältnisse vorliegen (sowohl nach oben als auch nach unten). Die Anisotropie (Verhältnis zwischen horizontaler und vertikaler Durchlässigkeit) innerhalb der Terrassenschotter ist meist sehr ausgeprägt. Sie lässt sich i.d.R. nicht exakt bestimmen. An der Basis der Terrassenschotter stehen tertiäre Sedimente an. Ihre Kornverteilung reicht in Abhängigkeit des Ortes vom Ton bis zum Mittelsand. Sie weisen jedoch in Gänze einen erheblich geringeren Durchlässigkeitsbeiwert als die Terrassenschotter auf und sind deshalb als so genannte Grundwasserstauer anzusehen. 56 Überlagert werden die Terrassenschotter in der Regel von bindigen Auelehmen, Auesanden oder Auffüllungen, die ebenfalls meist eine deutlich geringere Durchlässigkeit besitzen als die Terrassenschotter. Der Rhein schneidet in den Terrassenschotter ein und besitzt bei dieser Untergrundsituation einen großen Einfluss auf die Grundwasserverhältnisse in seinem näheren Umfeld: Bei fallenden und gleich bleibenden Grundwasserständen strömt das Grundwasser aus dem Hinterland in Richtung Rhein. Hierbei wirken meist nur relativ kleine hydraulische Gradienten. Bei auflaufendem Hochwasser kommt es jedoch durch Infiltration von Rheinwasser in den Grundwasserleiter zu einem deutlichen Anstieg der Grundwasserstände im Uferbereich. Hierdurch kehrt sich die Grundwasserfließrichtung um und das Grundwasser strömt nun in Richtung Hinterland. Dieser Effekt ist durch die große Durchlässigkeit des Aquifers sehr ausgeprägt. Bei den Hochwasserschutzmaßnahmen in Köln war eine grundlegende Planungsrandbedingung, dass ein Absperren des Grundwasserstroms nicht zulässig ist. Dies hat u. a. folgende Gründe: – außerhalb von Hochwasserereignissen findet ein Zustrom aus dem Hinterland auf den Rhein statt, der somit eine dränende Funktion hat; ein Absperren des Grundwasserstroms auf großer Länge würde steigende Grundwasserstände im Hinterland nach sich ziehen – an vielen Stellen im Stadtgebiet finden Grundwasserentnahmen statt, an denen die Wasserrechte bei Absperrung des Aquifers beeinträchtigt werden können (z. B. durch Verschleppen von Kontaminationen infolge veränderter Grundwasserströmung) Durch eine Grundwasserabsperrung können somit grundsätzlich Verhältnisse entstehen, die potentiell Regressansprüche nach sich ziehen. Dies gilt umso mehr, als sich die sich einstellenden Verhältnisse aufgrund der zukünftigen Randbedingungen (Niederschlagsentwicklung etc.) im Voraus nicht exakt bestimmen lassen. Da somit ein Absperren nicht möglich war, werden die Spundwände vom Grundwasser umströmt. Maßgebend für die Verteilung der bemessungsrelevanten Wasserdrücke entlang der Spundwand ist der hydraulische Widerstand entlang des jeweiligen Strömungspfades. Dies wird an einem einfach gehaltenen Beispiel für ufernahe Spundwände im Folgenden verdeutlicht: Hochwasserschutz – Einsatz von Spundwänden in bebauungsnahen Bereichen Bild 1: Isolinien bei Umströmung einer Spundwand in homogenem Boden Im Fall 1 ist ein nicht geschichteter Untergrund vorhanden, der sowohl vor als auch hinter der Spundwand im Hinblick auf seine Durchlässigkeit homogen ist. Eine Anisotropie liegt nicht vor. Im Fall 2 liegt dem Aquifer eine 1,6 m dicke Deckschicht auf, die eine deutlich geringere Durchlässigkeit besitzt als der Aquifer selbst. Die Wasserdruckdifferenz ∆hLand wird als Höhendifferenz zwischen dem Bemessungswasserspiegel und dem landseitigen Gelände eingeführt. Sie beträgt in beiden Fällen 2,0 m (Bemessungswasserspiegel 47,0 m NN, Geländeoberfläche Landseite 45,0 m NN). In beiden Fällen wurde zunächst eine Unterkante der Spundwand von 37,0 m NN angesetzt, was einer Einbindetiefe von 8,0 m entspricht. Aus Bild 1 ist zu ersehen, dass im Fall 1 das Wasser im überstauten Bereich vertikal einströmt und entlang der Spundwand auf der Landseite wieder vertikal nach oben strömt. Das resultierende Potential am Fuß der Spundwand beträgt 46,0 m NN, der Überdruck somit 0,5 · ∆hLand = 1,0 m. Er baut sich relativ gleichmäßig um die Berandung der Spundwand ab. Der nach oben gerichtete hydraulische Gradient auf der Landseite der Spundwand beträgt somit i = ∆h/l = 1,0/8,0 = 0,125. Bei einer Wichte unter Auftrieb der landseitigen Schicht von γ’ = 11 kN/m3 ergibt sich unter Berücksichtigung des strömenden Grundwassers die wirksame Wichte γ’’ zu: γ’’ = γ’– γW · i = 11 – 10 · 0,125 = 9,75 kN/m3 Für den Fall 2 (siehe Bild 2) ergibt sich dagegen, dass die Spundwand wasserseitig horizontal angeströmt wird. Der Potentialabbau erfolgt ganz überwiegend in den gering durchlässigen Deckschichten. An der Unterkante der landseitigen Deckschicht, die auf 43,4 m NN angeordnet ist, wurde ein Potential von 45,87 m NN an der Spundwand berechnet. Somit herrscht ein Überdruck von ∆h = 45,87 – 45,0 = 0,87 m. Bei einer Dicke der Schicht von 1,6 m ergibt sich der nach oben gerichtete hydraulische Gradient zu i = ∆h/l = 0,87/1,6 = 0,54. Bei einer Wichte unter Auftrieb der Deckschicht von γ’ = 9 kN/m3 ergibt sich unter Berücksichtigung des strömenden Grundwassers die wirksame Wichte der Deckschicht γ’’ zu: γ’’ = γW · i = 9 – 10 · 0,54 = 3,6 kN/m3 Die Verringerung der statisch wirksamen Wichte führt zu deutlich reduzierten möglichen Erdwiderstandsspannungen. In Fall 2 ergibt sich die Reduzierung vor allem im oberen, für die Berechnung der Spundwand besonders maßgeblichen Bereich. Das vorstehende Beispiel diente jedoch nur zur generellen Verdeutlichung der Sachverhalte. Die tatsächlichen Gegebenheiten in Köln sind in vielen Fällen noch deutlich ungünstiger. Der der vorstehenden Berechnung zugrunde liegende Potentialabbau innerhalb des Aquifers von 2 m auf 100 m Einströmlänge ist in Köln meist erheblich geringer. Für die statischen Berechnungen ist das Potential in Höhe UK Spundwand eine maßgebende Einflussgröße. Dieses kann nur durch aufwendige, großräumige Modellrechnungen mit Eichung anhand von stattgefundenen Hochwasserereignissen oder durch ähnliche Betrachtungen relativ zuverlässig ermittelt werden, was in Einzelfällen durchgeführt wurde. Alternativ kann eine Abschätzung auf der Grundlage vergleichbarer Verhältnisse erfolgen, wobei die Abschätzung konservativ vorzunehmen ist. In Köln kann erfahrungsgemäß bei solchen Abschätzungen von einem Potentialabbau von etwa 0,3 bis 0,5 m pro 100 m Einströmlänge ausgegangen werden. Nennenswerte Einströmwiderstände sind nicht überall vorhanden. 57 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 2: Isolinien bei Anströmung einer Spundwand in geschichtetem Boden Für den bereits aufgeführten Fall 2 wurde eine erneute Berechnung durchgeführt, bei der nunmehr ein linear abnehmendes Potential in Höhe UK Grundwasserleiter mit einem hydraulischen Gefälle von 0,4 m auf 100 m Einströmlänge (von 47,0 auf 46,6 m NN) angesetzt worden ist. Daraus ergibt sich ein Potential an UK Spundwand von 46,87 m NN und an UK Deckschicht von 46,82 m NN (siehe Bild 3). Nach der bereits oben dargelegten Vorgehensweise ergeben sich der nach oben gerichtete hydraulische Gradient innerhalb der Deckschicht i = ∆h/l = 1,82/1,6 = 1,14 und die wirksame Wichte unter Auftrieb rechnerisch: γ’’ = γW · i = 9 – 10 · 1,14 = –2,4 kN/m3 Aufgrund der berechneten negativen Wichte ist davon auszugehen, dass Aufbrüche landseits der Spundwand stattfinden, wodurch es zu erheblichen Qualmwasseraustritten kommen kann. Diese Aufbrüche finden zunächst an den Schwachstellen statt. Dort stellen sich dann infolge der räumlichen Anströmung unterhalb der Deckschicht hohe Fließgeschwindigkeiten ein, die zu einem Austrag des unter der Deckschicht anstehenden Bodens führen können. Es ist zu untersuchen, ob sich eine Gefährdung infolge von Piping, rückschreitender Erosion etc. ergeben kann. Grundsätzlich wird die Deckschicht aber vor dem Aufbruch statisch unwirksam. Resultierend vergrößert sich die freie statisch wirksame Höhe um das Maß der Dicke der Deckschicht auf etwa h ≥ 2,0 + 1,6 = 3,6 m. In Grenzfällen kann dadurch die Gebrauchstauglichkeit infolge zu großer Verformungen gefährdet sein. In derartigen Fällen ist eingehend zu prüfen, ob zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Die möglichen Maßnahmen lassen sich Bild 3: Isolinien bei Anströmung einer Spundwand in geschichtetem Boden mit Potentialvorgabe an UK Grundwasserleiter 58 Hochwasserschutz – Einsatz von Spundwänden in bebauungsnahen Bereichen grundsätzlich einteilen in Maßnahmen zur Ballastierung oder Maßnahmen zur Dränung. Insbesondere eine Dränung muss in ihrer Wirksamkeit nachgewiesen werden (ausreichendes Fassungsvermögen). Bei einer Dränung kann das Wasser gefasst (Drängewasserfassung) und abgeleitet oder nur schadlos zu Tage gefördert werden (Qualmwasserdränung). Im Fall des sinkenden Hochwasserspiegels kehrt sich die Grundwasserfließrichtung dann wieder um und die Spundwand wird durch Wasserdruck von der Landseite belastet. Dies ist bei Uferwänden, die einen Geländesprung stützen, regelmäßig die maßgebliche Belastung für die Spundwände (siehe hierzu auch EAU). Weiter zu beachten sind bei Hochwasserschutzwänden noch Belastungen aus Staudruck, Anpralllasten und ggf. Eisgang bzw. Eisdruck. Darüber hinaus sind Festlegungen zu treffen, ob die Wände auch für den Lastfall der Überströmung auszulegen sind. Derartige Festlegungen sind auch erforderlich für den Fall des landseitigen Einstaus (im Nachgang einer Hochwasserwelle; Wände wurden überspült; Überflutungswasser wird durch die Wände zurückgehalten). Neben den vorstehend aufgezeigten Besonderheiten sind weitere ggf. bemessungsrelevante Untersuchungen erforderlich (hydraulischer Grundbruch, Erosionsgrundbruch (Piping, Suffosion etc.), auf die an dieser Stelle jedoch nicht weiter eingegangen wird. 4 Randbedingungen bei der Planung Außer den bereits aufgeführten geohydraulischen Randbedingungen sind hinsichtlich der Planung von Spundwänden im Hochwasserschutz noch die folgenden wesentlichen technischen Planungsrandbedingungen zu beachten: – Baugrundverhältnisse – Immissionsbelastung, bezogen auf das Umfeld der Maßnahme – Zulässige Toleranzen Die Baugrundverhältnisse bestimmen die Möglichkeiten des Einsatzes von dichten Wänden im Untergrund sowie deren Konstruktionsart in entscheidendem Maße. So können z. B. innerhalb der Hochwasserschutzmaßnahmen in Köln Spundwände als Regelbauweise für in den Untergrund einzubringende Wände, die eine lastabtragende und fließwegverlängernde Funktion aufweisen müssen, angesehen werden. Jedoch existieren auch Baubereiche, in denen der Einsatz von Spundwänden als nicht oder nur mit aufwendigen Zusatzmaßnahmen machbar eingestuft wurde. Dies ist z. B. regelmäßig der Fall, wenn alte Uferbefestigungen in größerer Tiefe vorhanden waren oder vermutet wurden. Sofern Spundwände als Konstruktionselement ausgewählt werden, entscheiden die Baugrundverhältnisse sowie die Verhältnisse im Umfeld über die Wahl des Einbringverfahrens. Die DIN 12063 „Spundwandarbeiten“ gibt vor, dass Einbringverfahren, zugehörige Geräte und Einbringhilfen auf der Basis von vergleichbaren Erfahrungen ausgewählt werden müssen. Falls keine vergleichbaren Erfahrungen vorliegen oder diese als unzureichend anzusehen sind, sollten Rammversuche ausgeführt werden (gilt auch für Einpressen). Weiterhin wird ausgeführt, dass Einbringhilfen so einzusetzen sind, dass das Entstehen von Schäden an benachbarten Bauwerken unwahrscheinlich ist. Sehr wichtig im Hinblick auf die Zulässigkeit und damit die Machbarkeit ist somit auch der Gesichtspunkt der Immissionsbelastung. Dies gilt sowohl für die Immissionen aus Erschütterungen als auch aus Lärm. Die DIN 4150 gibt Hinweise hinsichtlich der Ermittlung (Teil 1) und Beurteilung (Teile 2 und 3) von Erschütterungen, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen wird. Grundsätzlich wird jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass bei unzulässig hohen Erschütterungen bereits in der DIN 4150 als mögliche Gegenmaßnahme „der Übergang zu erschütterungsarmen Bauverfahren“ aufgelistet wird (DIN 4150 Teil 3, Anhang B 1.5 – Bauerschütterungen). Hinsichtlich der Lärmemissionen ist die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm-Geräuschemissionen“ vom 19.08.1970 die derzeit geltende Vorschrift. Dort werden folgende Immissionsrichtwerte (Beurteilungspegel) festgesetzt: a) Gebiete, in denen nur gewerbliche oder industrielle Anlagen und Wohnungen für Inhaber und Leiter der Betriebe sowie Aufsichtsund Bereitschaftspersonal untergebracht sind: 70 dB(A) b) Gebiete, in denen vorwiegend gewerbliche Anlagen untergebracht sind: tags 65 dB(A), nachts 50 dB(A) c) Gebiete mit gewerblichen Anlagen und Wohnungen, in denen weder vorwiegend gewerbliche Anlagen noch vorwiegend Wohnungen untergebracht sind: tags 60 dB(A), nachts 45 dB(A) Gebiete, in denen vorwiegend Wohnungen untergebracht sind: tags 55 dB(A), nachts 40 dB(A) 59 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung d) Gebiete, in denen ausschließlich Wohnungen untergebracht sind: tags 50 dB(A), nachts 35 dB(A) e) Kurgebiete, Krankenhäuser und Pflegeantags 45 dB(A), nachts 35 dB(A) stalten: Eine Stilllegung der Baumaschinen kommt „als äußerstes Mittel in Betracht, um die Allgemeinheit vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen zu schützen“. Von der Stilllegung kann abgesehen werden, falls die Arbeiten „im öffentlichen Interesse dringend erforderlich sind und die Bauarbeiten ohne die Überschreitung der Immissionsrichtwerte nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt werden können“ (Interessenabwägung). Es kann allerdings daraus die Verpflichtung abgeleitet werden, zunächst die Einhaltung oder möglichst geringe Überschreitung der Immissionsrichtwerte bereits in der Planung der Bauarbeiten durch den Einsatz modernster Gerätetechnik, ggf. auch durch alternative Bauverfahren, zu untersuchen und anzustreben. Wirtschaftliche Interessen können dabei als nachrangig einzustufen sein. Bezogen auf die verschiedenen Einbringverfahren können folgende Immissionspegel im Abstand von 7 m angegeben werden (aus ARBED: Grundlagen zur Planung und Entwurf von Spundwandbauwerken, 2004): Schlagrammen: 90–115 dB(A) Schnellschlaghämmer: 85–110 dB(A) Vibratoren: 70–90 dB(A) Pressen: 60–75 dB(A) Bei ungehinderter Schallausbreitung verringert sich der Schallpegel unabhängig von der Frequenz in Abhängigkeit der Umgebungsverhältnisse um ca. 3–6 dB(A) bei Verdopplung der Entfernung. Bei nahe liegender Wohnbebauung lassen sich somit die geltenden Immissionsgrenzwerte bei Spundwandarbeiten – insbesondere in reinen Wohngebieten – regelmäßig nicht einhalten. Dies gilt aber ebenso für andere Bautätigkeiten, die entsprechende Lärmemissionen verursachen (z. B. Bohrpfahlwände, Schlitzwände). Die o. a. Immissionspegel in 7 m Entfernung stellen allerdings nicht die Beurteilungspegel dar. Diese berücksichtigen u.a. die durchschnittliche tägliche Betriebsdauer der Baumaschinen (Zeitkorrektur). Bei einer Betriebsdauer bis 2,5 h/d sind die Werte um 10 dB(A) und bei einer Betriebsdauer bis 8 h/d um 5 dB(A) zu reduzieren. Aus diesen relativ geringen Reduzierungen wird jedoch ersichtlich, dass eine Verringerung der Betriebsdauer im Normalfall kein geeignetes 60 Verfahren zur Lärmminderung darstellen kann, da die wirtschaftliche Relevanz in einem schlechten Verhältnis zur Abminderung steht. Jedoch lässt sich durch entsprechende Einschränkung der Arbeitszeit (z. B. Spundwandarbeiten erst ab 8:00 Uhr) eine erhöhte Akzeptanz bei den Anwohnern erzielen. Falls der ermittelte Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A) überschreitet, sollen Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden. In den aufgelisteten Maßnahmen ist insbesondere auf den Punkt „Verwendung geräuschärmerer Baumaschinen“ hinzuweisen. Es ist zu prüfen, ob fortschrittlichere Maschinen derselben Bauart und mit vergleichbarer Leistung, die sich im Betrieb bewährt haben, einsetzbar sind. Dabei wird Bezug genommen auf den „Stand der Technik“. Eine Vergleichsberechnung der Beurteilungspegel für einen mehrgeschossigen Immissionsstandort in einem reinen Wohngebiet ergab für die Herstellung der Baugrube für ein Pumpwerk im Planfeststellungsabschnitt 4 folgendes Ergebnis: Herstellung mittels Schlitzwand oder Bohrpfahlwand: 71–79 dB(A) Herstellung mittels Spundwandpresse (Fa. Giken): 61–68 dB(A) Das Einbringen mittels Vibrieren oder Schlagrammen wurde nicht untersucht, da die dabei auftretenden Emissionen absehbar erheblich höher liegen. Vor allem aufgrund der zu erwartenden Lärmimmissionen wurde die Herstellung der Baugrubenumschließung mittels Spundwandpresse gewählt. Abschließend zum Thema Immissionen ist festzuhalten, dass die Wahl der Gerätetechnik auch unter dem Gesichtspunkt der Immissionsbelastung des Umfelds erfolgen muss. Überschreitungen sowohl der Erschütterungs- als auch der Lärmimmissionen kann eine Stilllegung der Geräte nach sich ziehen. Ggf. sind Fachgutachter hinzuzuziehen. Zu beachten sind darüber hinaus auch die Toleranzen des gewählten Verfahrens. So lässt z.B. DIN 12063 „Spundwandarbeiten“ für Arbeiten an Land folgende Toleranzen zu: – Abweichung des Bohlenkopfs im Grundriss: senkrecht zur Wand ≤ 75 mm – Abweichung von der Vertikalen im oberen Meter: ≤ 1%, bei schwierigen Bodenverhältnissen ≤ 3% Hochwasserschutz – Einsatz von Spundwänden in bebauungsnahen Bereichen Eine als planmäßig anzusetzende Lageabweichung von ± 7,5 cm führt im Grenzfall zu insgesamt 15 cm dickeren Betonbauteilen. Sofern diese nicht gewünscht werden, kann das Toleranzmaß auf ein technisch machbares Maß verringert werden. Dies hängt wiederum stark von den Randbedingungen (z. B. von Bodenverhältnissen) ab. Das Fordern geringerer Toleranzen erfordert ggf. zusätzliche Rammführungen und zieht somit bei realistischer Kalkulation unmittelbar höhere Preise nach sich. In DIN 12063 wird lediglich die Empfehlung ausgesprochen, dass die Spundbohlen während des Einbringens in einer oder mehreren Höhenlagen geführt werden sollten. Somit sind folgende Ziele bei der Auswahl der Gerätetechnik für die Spundwandarbeiten als gleichrangig anzusehen: – die Spundwände müssen sicher und innerhalb der zulässigen Toleranzen in den Untergrund eingebracht werden – es dürfen keine unzulässigen Immissionen im Umfeld durch die Arbeiten hervorgerufen werden 5.1 Selbstschreitende Presse – Crush-Piler der Fa. Giken Bei der baulichen Umsetzung im Planfeststellungsabschnitt 4 wurde aufgrund der nahen, zum Teil denkmalgeschützten, villenartigen Bebauung sowie der Vorgaben bezüglich Lärmemissionen der Einsatz von Spundwandpressen bereits im Planfeststellungsbeschuss gefordert. Der Baugrund war gekennzeichnet durch dicht bis sehr dicht gelagerte sandige Kiese mit ausgeprägtem Steinanteil. In Bild 4 ist ein charakteristisches Bohrprofil mit Rammdiagramm dargestellt. Ein Einpressen von Spundwänden ohne Einbringhilfen ist bei den anstehenden Baugrundverhältnissen als nicht machbar zu beurteilen. Nach von ARCADIS durchgeführter Marktrecherche wurde die Gerätegruppe Crush-Piler der Bild 4: Bodenaufbau im PFA 4 Neben den v. g. technischen Planungsrandbedingungen sind selbstverständlich noch weitere Randbedingungen bei der Planung wie die Lage des Baufelds und seine Zugänglichkeit, die Anforderungen an die Gestaltung etc. zu berücksichtigen. 5 Einbringverfahren für Spundwände an Beispielen Die Einbringverfahren für Spundwände lassen sich im Wesentlichen in die Kategorien Schlagrammen, Rütteln bzw. Vibrieren und Einpressen einteilen. An dieser Stelle werden ausschließlich die Pressverfahren behandelt, obwohl bei den Hochwasserschutzmaßnahmen in Köln auch in umfangreichem Maße Spundwände mit Vibrationstechnik eingebracht worden sind. Die Pressverfahren wiederum lassen sich in folgende Kategorien differenzieren: – selbstschreitende Pressen – mäklergeführte Pressen Im Folgenden werden an konkreten Einsatzbeispielen die Unterschiede zwischen den beiden Verfahren und deren Voraussetzungen erläutert. Hierbei wird Bezug genommen auf Geräte der Fa. Giken und der Fa. Abi. 61 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 5: Crush-Piler, Fa. Giken Bild 7: Bohrer mit ausklappbaren Flügeln Bild 6: Startrahmen Fa. Giken als grundsätzlich geeignet eingestuft (Bild 5). Im Zuge der Planung wurde eine Probepressung vor Ort ausgeführt, die die Eignung bestätigte. Das Gerät zählt zu den selbstschreitenden Pressen und ist eine Weiterentwicklung des sog. „Silent Pilers“. Entscheidender Unterschied zwischen den beiden genannten Geräten ist der beim Crush-Piler vorhandene verrohrte Bohrer, der mit einem geringen Vorlauf von etwa 0,5 m der Spundwand voran in das Erdreich eingebracht wird (gleichzeitiges Einbringen mit der Spundbohle). Das Gerät wurde zunächst für den Bau der Hochwasserschutzwände auf einer Länge von etwa 950 m eingesetzt. Hierbei wurden Bohlen mit einer Gesamtlänge von bis zu 12 m in die dicht bis sehr dicht gelagerten sandig-steinigen Kiese eingebracht. 62 Nach den dabei gewonnenen positiven Erfahrungen wurde das Verfahren auch für die Herstellung einer benachbarten Pumpwerksbaugrube eingesetzt. Die Baugrube wurde mit wasserdichten Wänden und rückverankerter Unterwasserbetonsohle ausgeführt. Die eingepressten Bohlen binden ca. 15 m in den Baugrund ein. Die etwa 20 t schwere Geräteeinheit des Crush-Pilers schreitet auf der bereits eingebrachten Spundwand. Aufgrund des Gerätegewichts und der an den Bohlenköpfen wirkenden Kräfte sind ausreichend steife und lange Bohlen sowie geeignete Baugrundverhältnisse Einsatzvoraussetzungen. Für den Beginn der Pressarbeiten wird ein eigens entwickelter Startrahmen benötigt, der mit Rammgut oder etwas anderem beschwert werden kann (Bild 6). Der verrohrte Bohrer wird bei U-Bohlen und Doppel-Z-Bohlen im Spundwandtal gleichzeitig mit dem Rammgut eingebracht. Die Bohlen werden somit unmittelbar in den aufgelockerten Boden eingepresst. Bei Erfordernis wird ein Bohrkopf eingesetzt, der über ausklappbare Flügel verfügt (Bild 7). Damit kann nahezu die gesamte Grundrissfläche unterhalb des Rammguts aufgelockert werden. Nach Erreichen der Endteufe wird der Bohrer rückwärtsdrehend wieder gezogen, wobei gefördertes Material auf die Bohrschnecke gegeben und die Bohrungszone rückschreitend wieder verfüllt wird. Nachteilig bei dem Verfahren ist, dass auf der bohrerabgewandten Seite der Spundwand keine Rückverfüllung mehr stattfinden kann. Ausgeführte Rammsondierungen ergaben allerdings, dass keine Hohlräume oder Bereiche mit sehr geringen Schlagzahlen verblieben sind. Hochwasserschutz – Einsatz von Spundwänden in bebauungsnahen Bereichen Grundsätzlich können allerdings Zonen mit sehr geringer Lagerungsdichte nicht ausgeschlossen werden, was bei den hier ausgeführten Anwendungsfällen jedoch von untergeordneter Bedeutung war. Weiterer Nachteil ist, dass herausstehende Bohlen, die nicht bis auf Endteufe eingebracht werden können, ein Hindernis für den weiteren Arbeitsfortschritt darstellen. Sie müssen abgebrannt werden. Dies kam allerdings in den ausgeführten Projekten selbst bei den anstehenden schwierigen Baugrundverhältnissen nicht vor. Großer Vorteil des Verfahrens ist seine Emissionsarmut und das Beherrschen schwieriger Baugrundverhältnisse. Weiterhin wird unmittelbar an der Spundwand keine größere Arbeitsfläche (Baustraße) benötigt. Das Verfahren ist generell auch für einen Einsatz über Wasser und in Böschungen geeignet. Vom Hersteller werden komplette Geräteeinheiten gestellt, mit denen die Spundwände eingebracht werden können. Die Projektierung muss allerdings im Hinblick auf den verfügbaren Arbeitsraum, auszuführende Kurven und Knicke etc. detailliert abgestimmt werden. Das Verfahren ist als relativ kostenaufwendig einzustufen, kann aber bei entsprechenden Baustellenrandbedingungen wirtschaftlich sein. 5.2 Mäklergeführte Pressen – Hydro-Press-System der Fa. ABI In den Planfeststellungsabschnitten 2 und 3 waren ebenfalls Spundwände in den Untergrund einzupressen. Im Untergrund standen auch hier die Terrassenschotter in Form von sandigen Kiesen an, wobei deren Lagerungsdichte meist nur von locker bis mitteldicht reichte und Steinanteile nur in geringem Umfang zu erwarten waren. Aufgrund der vorliegenden Randbedingungen (Baugrund und sonstige Randbedingungen) wurden Geräte des Herstellers ABI (Hydro-Press-System) eingesetzt. Es handelt sich dabei um mäklergeführte Spundwandpressen. Dabei werden jeweils vier Einzelbohlen in Paketen aufgenommen und mittels vier unabhängig voneinander steuerbarer Hydraulikpressen alternierend in kurzen Vorschüben von ca. 0,4 m in den Untergrund eingepresst. Das Verfahren ist ebenfalls als emissionsarm einzustufen. Ein entscheidender Unterschied zum CrushPiler ist, dass gleichzeitig mit der Spundwand keine Lockerungsbohrungen abgeteuft werden können. Diese können hierbei im Regelfall nur vorlaufend ausgeführt werden. Auch für dieses Verfahren wurde vorlaufend eine Probepressung ausgeführt, da keine Erfahrungswerte bei vergleichbaren Untergrundverhältnissen vorlagen. Die grundsätzliche Eignung wurde damit bestätigt. Aus der Probepressung wurden außerdem folgende Erfahrungswerte gewonnen: – die Spundwände können nicht ohne Einbringhilfen (vorlaufende Lockerungsbohrungen) in mitteldicht bis dicht gelagerte sandige Kiese eingepresst werden – die Lockerungsbohrungen sind mit einem Durchmesser von 450 mm in den Schlossbereichen anzuordnen – die üblicherweise eingesetzten Bohrschnecken für das Vorbohren biegen sich bei entsprechendem Anpressdruck stark durch, was zu einem unplanmäßigen Bohrungsverlauf führen kann Im Planfeststellungsabschnitt 2 waren die maximal etwa 10 m in den Untergrund einzubringenden Spundwände unmittelbar vor einer bestehenden, nicht standsicheren Hochwasserschutzwand einzupressen. Unmittelbar hinter der alten Wand waren häufig Gebäude vorhanden (Bild 8). Es musste vermieden werden, dass durch die Lockerungsbohrungen unzulässige Auflockerungen, insbesondere im landseitigen Bereich der einzubringenden Spundwand, hervorgerufen werden, die zu Schäden an der vorhandenen Bebauung führen. Unter anderem aus diesem Grund wurden umfangreiche Vorgaben für die einzusetzende Gerätetechnik und deren Anwendung gemacht: – planmäßige Lage der Bohransatzpunkte gemäß Bild 9 Bild 8: Bebauungsnaher Arbeitseinsatz 63 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Bild 9: Geforderte Anordnung der Lockerungsbohrungen Bild 10: Bohrschablone – die Lockerungsbohrungen dürfen aufgrund der Liefertoleranzen der Spundwand nur einen sehr kurzen Vorlauf zur bereits eingebrachten Spundwand aufweisen – für die Lockerungsbohrungen ist eine Schablone herzustellen, um die planmäßige Lage des Bohransatzpunktes zu gewährleisten; die Schablone ist jeweils auf die bereits eingebrachte Spundwand einzumessen (Bild 10) – die Bohrschnecke ist möglichst steif und ohne Kopplungen auszubilden; sie ist für Inklinometermessungen auszulegen (Bild 11) – maximal zulässige Abweichung vom Bohransatzpunkt: 5 cm – maximale Abweichung der Bohrung von der Vertikalen: 1,5 % – beim rückwärtigen Herausdrehen des Bohrers muss der geförderte Boden wieder vollständig eingebaut werden; es muss ständig ein Anpressdruck am Bohrkopf registriert werden; ein ggf. verbleibendes Restloch ist mit Fremdmaterial aufzufüllen Weiterhin wurden Vorgaben bezüglich der Einsatzgewichte der Geräte (65 t) gemacht, um ausreichend Gegengewicht beim Pressvorgang zur Verfügung zu haben. Im Gegensatz zu den selbstschreitenden Pressen wird für den Einsatz von mäklergeführten Pressen eine relativ breite Arbeitsebene benötigt (mind. ca. 6 m). Die Geräte sind frei auf dem Markt verfügbar (auch Leihgeräte), sodass eine gute Wettbewerbssituation vorliegt. Die Planung der Arbeiten, insbesondere der Anordnung der Lockerungsbohrungen, erfordert bei komplexen Verhältnissen jedoch eine umfangreiche Vorbereitung. 64 Bild 11: Inklinometermessungen in der Bohrschnecke 6 Schlussbemerkung Spundwände sind zuverlässige Konstruktionselemente im Hochwasserschutz. Allerdings muss bei der Berechnung und Bemessung sehr konservativ vorgegangen werden, da ein Versagen nur im Belastungsfall auftritt und unweigerlich extrem hohe Schäden nach sich zieht. Ein dammbruchartiges Versagen von Hochwasserschutzanlagen gefährdet in der Regel eine Vielzahl von Menschenleben und das zu schützende Anlagevermögen. Die Besonderheiten – insbesondere im Hinblick auf die Geohydraulik – sind angemessen zu berücksichtigen. Ggf. sind aufwendige Zusatzmaßnahmen zur Sicherstellung der Standsicherheit erforderlich (z. B. Dränung). Weiterhin ergeben sich aus der häufig bebauungsnahen Lage der Bauvorhaben Anforderungen hinsichtlich zulässiger Emissionen. Hierfür stehen Spezialverfahren bereit, die als Stand der Technik anzusehen sind. Diese sind bezogen auf die speziellen Projektanforderungen auszuwählen und detailliert festzulegen. 7 Literatur Hochwasserschutzkonzept der Stadt Köln Anhang Dokumentation 530: Stahlspundwände (1) – Planung und Anwendung Inhalt Vorwort Prof. Dr.-Ing. Rudolf Floss, München Ausbau der Nordschleuse Offenbach: Integration von Bau- und Endzustand unter Aufrechterhaltung des Schleusenbetriebs Dipl.-Ing. Klaus Schwersenz, Aschaffenburg Expertensystem für Lärm- und Erschütterungsprognosen beim Einbringen von Spundbohlen – Teil 1: Erläuterung der physikalischen und theoretischen Grundlagen Dipl.-Ing. Wolf-J. Gerasch, Hannover Expertensystem für Lärm- und Erschütterungsprognosen beim Einbringen von Spundbohlen – Teil 2: Aufbau und Handhabung des Prognoseprogramms Dipl.-Math. Katrin Funk, Hannover Stahlspundwände als Baugrubenverbau im innerstädtischen Bereich von Wiesbaden: Bewältigung schwierigster Baugrundprobleme Dipl.-Ing. Roland Jörger, Mannheim, und Dipl.-Ing. Andreas Wieners, Dortmund Rechnerische Behandlung der Dichtigkeit von Spundwandbauwerken Dr.-Ing. Alex Schmitt, Luxemburg Entwicklung der Rammtechnik und der Rammhilfen in den letzten Jahren: Optimierung der Arbeitsabläufe durch Steuerung und moderne Regeltechnik Dipl.-Ing. Klaus Hudelmeier, München Schwingungsausbreitung beim Einbringen und Ziehen von Stahlspundwänden Dipl.-Ing. Norbert Gruber, München Stahlspundwand und Sicherung von Altlasten: Auswahl von Stahlspundwand-Dichtungssystemen Dr.-Ing. Magret Geil, Bochum Die Dichtspundwand zur Sicherung von Altlasten am Beispiel der Deponie Penzberg Prof. Dr.-Ing. Armin Horn, Neubiberg Neuartiger Einsatz gemischter Spundwandsysteme Dipl.-Ing. Christian Arndts, Hamburg Vermeidung und Eingrenzung von Umweltschäden durch dauerhafte Einkapselung kontaminierter Bereiche mit Stahlspundbohlen Dipl.-Ing. Andreas Wieners, Dortmund 65 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Dokumentation 542: Stahlspundwände (2) – Planung und Anwendung Inhalt Stahlspundwände – Entwicklung und Anwendung Prof. Dipl.-Ing. Heinz Wind, Darmstadt, und Dipl.-Ing. Andreas Wieners, Dortmund Die Spundwand als Gründungselement für Talbrücken Dipl.-Ing. G. Schulz, Darmstadt Vertikale und horizontale Spundwandprobebelastungen Dr.-Ing. Thomas Neidhart, Darmstadt, und Dr.-Ing. Yasser El-Mossallamy, Darmstadt Herstellung von Baugruben durch gefräste Einphasendichtwände mit eingestellter Spundwand Dipl.-Ing. Holger Itzeck, Schrobenhausen Die Spundwand als wirtschaftliches Verbauelement im Stadtgebiet von Leipzig Dipl.-Ing. Hubert Hasenöhrl, Dachau Vorteile der neuen Bemessung von Stahlspundwänden nach Eurocode 3, Teil 5 Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sedlacek und Dipl.-Ing. Ralf Hartmann-Linden, Aachen 66 Proberammung von Spundwänden Dr.-Ing. F. Deman und Dipl.-Ing. M. Scheuerer, Mannheim Einsatz von Spundwänden an Brückenbauwerken der Ausbaustrecke Leipzig-Dresden Dr.-Ing. E. Reis und Dr.-Ing. Th. Schmiers, Dresden Auswirkungen der Umweltverträglichkeitsuntersuchungen auf Planung und Bau des unteren Vorhafens der Schleuse Faulbach am Main Dipl.-Ing. Klaus Schwersenz, Aschaffenburg Die Anwendung moderner Vibrationsrammen im Tiefbau Prof. Dr.-Ing. K. Rainer Massarsch, Bromma, Schweden Untertunnelung eines Bahndammes mit Hilfe eines Rohrschirmes Dipl.-Ing. Günter Potsch, Burgbernheim Untersuchungen zum Bewegungsverhalten beim Vibrationsrammen Prof. Dr.-Ing. habil. Peter Vielsack, Karlsruhe Anhang Dokumentation 549: Stahlspundwände (3) – Planung und Anwendung Inhalt Exemplarische Darstellung von Spundwandkonstruktionen aus dem Seehafenbau an der deutschen Nordseeküste Univ.-Prof. Dr.-Ing. Victor Rizkallah, Hannover Praxisgerechte Planung und Ausschreibung von Spundwandbauwerken – Vermeidung von Fehlern Univ.-Prof. Dr.-Ing. Victor Rizkallah, Hannover Die nummerische Behandlung von Stützwänden: der Einfluss des Modellansatzes Univ.-Prof. Dr.-Ing. Tom Schanz, Weimar Fachgerechte Planung und Ausschreibung von Spundwandbauwerken – Altlast Gewerbepark Bingen-Ost Dr.-Ing. Nils Christian Lund, Kaiserslautern Verankerung von Verbauwänden und die rechnerische Simulation Privatdozent Dr.-Ing. H. Schad, Stuttgart Einsatz von Stahlbauspundwänden für die Ufersicherungen bei der Erweiterung des Mittellandkanals unter Beachtung ökologischer Aspekte Dipl.-Ing. Dieter Schmidt-Vöcks, Hannover Ertüchtigung des Ragöser Dammes mit Hilfe von Spundwänden Dipl.-Ing. Johannes Siebke, Eberswalde Brückenwiderlager und Stützwände aus Stahlspundbohlen Dipl.-Ing. H. J. Bartels, Hannover Wirtschaftlicher Spundwandeinsatz am Beispiel der Pferdeturmkreuzung in Hannover Dr.-Ing. Ralf Meyer, Hildesheim Die neue allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Spundwände aus höherfesten Stählen (S 390 GP, S 430 GP) Univ.-Prof. Dr.-Ing. Helmut Saal, Karlsruhe Sondervorschläge in Spundwandbauweise: Baugrube Weiherhof-Center Dipl.-Ing. (FH) Klaus Hudelmaier, Oberhachingen, und Dipl.-Ing. M. Forst, Groß-Zimmern Regenüberlaufbecken Überlingen und Oberuhldingen – Sondervorschläge in Spundwandbauweise Dipl.-Ing. Friedbert Hoffmann, Überlingen WSA Freiburg: Rheinseitendammabdichtung mit Spundwänden Dipl.-Ing. H. Klose, Freiburg Bauvorhaben Baden-Airpark: qualitätsgerechte Umsetzung Dr. Dipl.-Geologe Ingo Sass, Mühltal, und Dipl.-Ing. Georg Geyer, Karlsruhe Tragfähigkeit von exzentrisch verankerten AZ-Bohlen Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sedlacek und Dipl.-Ing. Christian Dercks, Aachen 67 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Dokumentation 549: Stahlspundwände (4) – Planung und Anwendung Inhalt Zum Sicherheitsnachweis für Spundwandbauwerke nach dem Gelbdruck der DIN 1054-100 Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Gerd Gudehus, Karlsruhe Belastung und Bemessung vorgerammter Spundwandbauwerke Prof. Dr.-Ing. Werner Richwien, Essen Praktische Ergebnisse aus dem Spundwandgroßversuch in Rotterdam Prof.-Ing. A. F. van Tol und Dipl.-Ing. D. A. Kort, Rotterdam Entwicklung in der Einpresstechnik von Spundbohlen Dipl.-Ing. Axel auf der Heiden, Bad Vilbel Einsatz von Spundwänden in Kombination mit mobilen Hochwasserschutzsystemen Prof. Dr.-Ing. Ernesto Ruiz Rodriguez, Wiesbaden Stahlspundwände bei der Deichsanierung am Rhein Dipl.-Ing. Hans-Bernd Schulze, Düsseldorf Kværner Warnow Werft – „Grundinstandsetzung Liegeplatz 1 – 3 einschließlich einer Bogenrammung mit Kastenspundbohlen“ Dipl.-Ing. Roland Goldenbogen, Rostock 68 Bauvorhaben Containerterminal Altenwerder Dipl.-Ing. Rudolf Meyer-Auhage, Hamburg Neubau des Stever-Durchlasses im Zuge des Ausbaus der Dortmund-Ems-Kanal-Südstrecke Dr.-Ing. Ulrich Rode, Datteln Einsatz von Stahlspundwänden beim Bauvorhaben Tunnel Troisdorf Dipl.-Ing. Martin Schlegel, Düsseldorf Neubau des Weserauentunnels im Zuge der B 61 n zwischen Porta Westfalica und Minden Dipl.-Ing. Rudolf Schleich und Dipl.-Ing. Frank Stuke, Minden Stahlspundwände im Rüttelspülverfahren an der Rheinquerung Ilverich Dipl.-Ing. Thomas Wörns, Stuttgart Wirtschaftlicher Einsatz von Stahlspundwänden beim Bau der Deponie Neuhöfer Straße in Hamburg Dipl.-Ing. Henning Holst, Großhansdorf Anhang Dokumentation 582: Stahlspundwände (5) – Planung und Anwendung Inhalt Neues Sicherheitskonzept nach DIN 1054 und EAU Dr. Michael Heibaum, Karlsruhe Spundwandberechnung nach neuer DIN 1054 am Beispiel einer HochwassserschutzWand Dr. Karl Morgen, Hamburg Kaimauerbau in Hamburg – Spezielle Entwicklungen zu Konstruktion und Bemessung Dr. Christoph Miller, Hamburg Beispiele für moderne Einbring- und Gerätetechnik im Ingenieurwasserbau Dipl.-Ing. Jörg Ricklefs, Hamburg Sperrwerk Gandersum – Einsatz von Spundwänden Dipl.-Ing. August Voigt, Papenburg Hochwasserschutz in Hamburg mit Spundwänden am Müggenburger und Schluisgrover Hauptdeich Dipl.-Ing. Gunter Behncke, Hamburg Spundwandbauweisen im Rahmen der Illerentwicklung OAR Wilhelm Grotz, Ulm, und Dipl.-Ing. Robert Ueberfeldt, Koblenz Stahlbetonverkleidete Stahlspundwände am Beispiel der DB-Strecke Nürnberg – München Dipl.-Ing. Günter Meyer, Hildesheim Das Mühlenberger Loch – eine ungewöhnliche Bauaufgabe Dipl.-Ing. Siegfried Mett, Cuxhaven, und Dipl.-Ing. Werner Beisenbusch, Oldenburg Landebahnverlängerung der Rüschhalbinsel in Hamburg mit ihren Spundwandbauwerken Dipl.-Ing. Jürgen Tippenhauer, Hamburg Erneuerung der Brücke 1. Ellerholzrampe im Hamburger Hafen Dr. Helmut Schmitt, Hamburg Baugrube RiemArcaden in München Dipl.-Ing. Hartmut Küfner; Floß Hochwasserschutz am Oberrhein – Baumaßnahmen am Polder Söllingen/Greffern Teil 1: Planung der Baumaßnahmen Dipl.-Ing. Günter Wendel und Dipl.-Ing. Barbara Lampert, Karlsruhe Teil 2: Ausführung der Baumaßnahmen Dipl.-Ing. Hansjörg Paul, Bad Bentheim Sohlverankerung mit Verpresspfählen bei der niederländischen NBS „Betuweroute“ Dipl.-Ing. Werner Müller, Weinstadt, und Dipl.-Ing. Roland Müller, Hamburg Stahlspundwandeinsatz beim Neubau der Schleuse Charlottenburg Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Heymann, Berlin Spundwandanwendungen beim Neubau der Rheinbrücke Pierre Pflimlin zwischen Altenheim-Eschau Dipl.-Ing. Hans-Peter Früh, Achern Container-Terminal-Bremerhaven – Nördliche Erweiterung CT IIIa Dipl.-Ing. Martin Rathge, Bremen 69 Stahlspundwände (8) – Planung und Anwendung Dokumentation 593: Stahlspundwände (6) – Planung und Anwendung Inhalt Einsatz von Spundwänden im ökologischen Wasserbau Prof. Dr. habil. Olaf Mietz, Seddin Nachweis der Gebrauchstauglichkeit von Stahlspundwänden mit gebettetem Wandfuß Univ.-Prof. Dr.-Ing. Achim Hettler, Dortmund Entwicklung des technischen Regelwerks im Wasserbau Dipl.-Ing. Michael Behrendt, Bonn Altlasteneinkapselung mittels Spundwandprofilen inmitten eines Wohngebietes Dipl.-Ing. Martina Schreier, Mannheim Hochwasserschutz der Rheinpromenade in Emmerich mit einer Dichtwand und eingestellter Spundwand Dipl.-Ing. Claudius Kellner, Essen, und Dipl.-Ing. Brigitte Scheibel, Mannheim Anwendung der Spundwand beim Bau des Funnel-and-Gate-Systems Dipl.-Ing. Ulrich Pelleter, Schrobenhausen Einsatz von Spundwänden beim Neubau des Maritim-Hotels Berlin Dipl.-Ing. Holger Itzeck, Schrobenhausen, und Dr.-Ing. Thomas Richter, Berlin Bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen auf den Berliner und Brandenburger Wasserstraßen im Rahmen des VDE 17 Dipl.-Ing. Heike Barth, Berlin Neubau des Hansehafens in Magdeburg Teil 1: Dipl.-Ing. Wolfgang Hucke, Magdeburg Teil 2: Dipl.-Ing. Thomas Sänger, Magdeburg Bau der Emspier im Außenhafen in Emden Dr.-Ing. Hans-Dieter Clasmeier, Emden Der Bau des Deichsiels in Neufeld Dipl.-Ing. Lutz Dröge, Oldenburg 70 Ausbau Unterer und Oberer Vorhafen Schleuse Randersacker Dipl.-Ing. Stefan Hohler, Stuttgart Spundwanderneuerung Wien, Hafen Albern Dipl.-Ing. Harald Heinzelmann, Schrobenhausen Autofähre Konstanz–Meersburg – Hafenerweiterung mit Anlegeroptimierung Dipl.-Ing. Krister Hennige, Konstanz Ersatz des Dattelner Mühlenbach-Durchlasses Teil 1: Dipl.-Ing. Kai Römer, Duisburg Teil 2: Dipl.-Ing. Claudius Kellner, Essen Fischtreppe Gambsheim – Stahlspundwände im Wasserbau Dipl.-Ing. Alexander Schleith, Stuttgart Anhang Dokumentation 598: Stahlspundwände (7) – Planung und Anwendung Inhalt Geotechnische Nachweise von Spundwandkonstruktionen nach Eurocode 7 und DIN 1054:2005 Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach, Darmstadt Bemessung und Einbringung von Baugrubenwänden in weichen Böden Univ.-Prof. Dr.-Ing. H.-G. Kempfert, Kassel „Spundwandgründung“ Brücke Unterführung des Strassbaches im Zuge der Ortsumfahrung B 3 Friedberg Dipl.-Ing. Lars Weishaar, Rotenburg an der Fulda Hochwasserschutz am Main, Sanierung der Main-Winterdeiche im Bereich BürgelRumpenheim Dipl.-Ing. Peter Bader und Dipl.-Ing. Jürgen Göbel, Neustadt an der Weinstraße Einsatz von Spundwänden bei Hochwasserschutzmaßnahmen an Rhein und Main Dr.-Ing. Michael Rosport, Hügelsheim Einsatz breiter Spundwandprofile und ihre Bemessung und Prüfung nach neuem Teilsicherheitskonzept im „Logport l“, Hafen Duisburg-Rheinhausen Teil 1: Erich Schauder, Duisburg Teil 2: Prof. Dr.-Ing. Waltraud von Grabe, Mönchengladbach Herstellung eines Kastenfangedamms für das Pumpspeicherwerk Waldeck I Dipl.-Ing. Jens Steinlage, Mannheim Korrosionsschutz im Stahlwasserbau – Regelwerke und Praxis Dipl.-Ing. Axel Petrikat, Vaihingen/Enz Spundwandverbau aus baubetrieblicher Sicht Dipl.-Ing. Harald Gollwitzer, Floss 71 Stahl-Informations-Zentrum im Stahl-Zentrum Postfach 104842 · 40039 Düsseldorf Sohnstraße 65 · 40237 Düsseldorf E-Mail: [email protected] · www.stahl-info.de