als - Sufi Zentrum Rabbaniyya

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als - Sufi Zentrum Rabbaniyya
Sufi-Zentrum Rabbaniyya
Eusubillahi-mineş-şeytanirrajim
Bismillahirr-rahmanirrahim
Heilung durch Vergebung
Sheikh Eşref Efendi | Berlin 16.11.2012
Sheikh Nazım el-Rabbani
Alles in der Welt wird älter und nicht jünger. Denkt ihr, ein Baby, dass in diese Welt hineingeboren
ist - wird jünger? Dies ist keine rhetorische, sondern eine ernsthafte Frage. Dennoch müssen wir
dankbar sein, denn das Älterwerden gibt uns ein Zeichen, dass wir wieder zurückkehren werden.
Wohin? Dorthin, wo wir hergekommen sind. Das ist das Zeichen des Heimatweges.
Ohne Zweifel, unser aller Herzen sind verbunden. Es gibt ein himmlisches Zentrum, das Herzzentrum für unsere Herzensverbindungen - von dort nehmen wir. So wie die Elektrik eine Verteilerdose vom Hauskasten in die Räumlichkeiten hat, so gibt es auch für eure Herzen von der Herzenszentrale einen Verteiler. Ohne diesen Verteiler bekommst du nichts; er ist der spirituelle Wegweiser,
von oben autorisiert.
Dieser himmlisch Autorisierte hat die Aufgabe, Wissen zu verteilen. Doch kommt letztendlich
alles Wissen von Allah. ER gibt dem himmlisch Autorisierten. ER ist die gebende Hand, Du die
nehmende, ich der Verteiler. Er gibt, du nimmst, ich verteile. Ist das ok? Gerecht? Wunderbar.
Akzeptiert ihr das?
Oh Herr, gib uns, was wir bedürfen. Dies ist eine Sohbet mit dem Sheikh, damit wir etwas lernen.
Denn wir sind in dieser Welt, um zu lernen. Ob wir wollen oder nicht.
Will ein Kind nicht in die Schule gehen, so wird es von seinen Eltern gezwungen, damit es etwas
lernt. Doch könnten die Eltern falsche Barmherzigkeit zeigen und sagen: „Wenn das Kind nicht will,
so sei es“. Dann wird der Staat sich das Recht nehmen und handeln. Es klingelt an der Haustür und
zwei Polizisten sagen: „Wir nehmen das Kind mit, es muss lernen!“
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Auch du musst lernen. Du wirst immer am Lernen sein, in der Schule, zu Hause, überall. Ob du
willst oder nicht. Doch wenn ich schon lernen muss, dann sollte ich etwas Vernünftiges bei einem
Vernünftigen lernen. Einer der weiß, wovon er spricht und nicht nur theoretisiert. Theoretisieren ist
gleich Terrorisieren. Wir brauchen Praktiker, damit etwas aus unserem Haus wird. You have to ask
yourself. Was bist du wirklich? Praktiker oder Theoretiker?
Es ist Nacht geworden, der Tag ist vergangen. In einigen Stunden gehen wir zu Bett. Wissen wir
eigentlich genau, was dann mit uns passiert? Im Wachzustand sind wir alle, mashallah, große Wissende, weise Menschen. Aber im Schlafzustand?
Was bist du, Professor für das und dies? Was bist du, Lehrer für das und dies? Was bist du, Schuhmacher? Was bist du, Autofahrer? Was bist du, wenn du schläfst? „Wenn ich schlafe Sheikh, bin ich
weder Arzt noch Ingenieur, da bin ich gar nichts, nur ein Schnarcher“.
Nein! Der, der da schnarcht, bist auch nicht du. Denn du bist gar nicht in deinem Körper. Wo bist
du dann? Sag: „Ich bin bei meinem Herrn. Ich bin nicht in meinem Körper, ich bin auf dem Weg zu meinem Herrn“. Und wer schläft da? Ein Niemand liegt dort im Bett, ein Niemand.
Wann bist du jemand? Wenn du weißt, wer du bist. Wenn wir Kenntnis über uns haben, das heißt,
uns unserer selbst bewusst sind. „Aber wenn wir schlafen, haben wir doch gar kein Bewusstsein über unser Sein!“ Wenn du kein Bewusstsein hast über dein Sein, dann gibt es dein Sein nicht. Oder doch?
Kannst du auch im Schlaf als Autor schreiben? Nein, denn im Schlaf bist du kein Autor. Denkst
du, du bist der, der träumt? Du bist nicht der, der träumt, du bist der, der reist.
Oh ihr Menschen, dies ist ein Wissen, das du in der Schule nicht erlangst. Dies ist ein Wissen über
dich selbst, über dein wahres Wesen.
Tagsüber, wenn wir wach sind, haben wir viele Verabredungen und Treffen - mit dem Arbeitgeber,
den Arbeitskollegen, mit der Ehefrau, dem Ehemann, mit den Kindern, mit Freunden, mit der
Familie.
Aber wen treffen wir des Nachts? Du hast ein Rendezvous mit deinem Herrn, und das, ob du willst
oder nicht! Dein Körper, dein Ego, sie möchten das weltliche hier nicht verlassen. Die Seele aber
fühlt sich eingeengt. Sie möchte zu ihrem Herrn.
Vor einem Rendezvous mit unserem Herrn überlegen wir: Wie treten wir IHM gegenüber, wie
kleiden wir uns? Doch sicherlich nicht verdreckt und schmutzig. Wenn du einen Vorstellungstermin
hast, wie stellst du dich vor? Schickimicki oder ganz klug, artig oder stinkig? Herabgekommen,
desinteressiert, lustlos?
Bei einem Date mit deiner Freundin oder Geliebten oder Frau oder Mann möchtest du dich so
schön, wie du sein kannst, zeigen, rein und mit angenehmem Geruch. Doch wie verhält sich das
mit deinem Herrn? „Er ist mein Herr, er liebt mich so wie ich bin.“ Nein, das ist nicht wahr! Du
kannst ihn nicht zwingen, dass ER dich so liebt, wie du bist. Allah, der Herr, hat die Geschmäcker
erschaffen. Glaubt ihr denn, ER hat keinen Geschmack? Allah hat alle Sinne erschaffen. Und ER
hat kein Gefühl für Schönheit? Was denkt ihr? Was glaubt ihr? Und der Herr sagt: „Du musst mir
gefallen“. Nicht ER muss an dir Gefallen finden, so wie du bist und in einem unreinen Zustand.
Und das ohne Wenn und Aber. Da gibt es nichts zu verhandeln!
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Du hast dich auf IHN vorzubereiten. Wie machst du das? Das muss gelernt werden, so wie man
einem Kind beibringt, sich zu waschen, sich sauber zu kleiden und auch das Kleid rein zu halten.
Die Heiligen sagen: „Bevor du zu Bett gehst, mach eine spirituelle Waschung!“. Denn wenn du dich
schlafen legst, kann es sein, dass du nicht mehr aufwachst. Sollten wir von der Reise nicht wieder
zurückkehren, so wird man uns im Diesseits in gereinigtem Zustand auffinden und sagen: „Dieser
Diener, er strahlt nur so vor Reinheit“.
Denn wer gibt dir die Garantie, dass du wieder zurückkommst? Und der Herr sagt: „Jede Nacht holen wir uns Seelen. Einige lassen wir frei und lassen sie zurückkehren, andere jedoch halten wir fest“. Und
ohne, dass du eine Ahnung davon hättest, bekommst du ein one-way-Ticket - ohne Rückkehr.
Sag jede Nacht: „Ich habe ein Rendezvous mit meinem Herrn und ich habe mich vorzubereiten“. Wie
mach ich das? Wasch dich! Wenn du schon dein Make-up entfernst, das Gesicht wäschst, dann
wasch dir auch die Hände, die Arme und die Füße. Mach eine spirituelle Waschung. Dies ist eine
Waschung, die sowohl den Körper reinigt als auch die Seele erfrischt; eine physische und eine spirituelle Reinigung. Dann wirf dich nieder und sag: „Oh Herr, ich danke dir! Ich danke dir für alles, was
du heute für mich getan hast“.
In der Niederwerfung, die Stirn auf dem Boden, wird die Erde die Last des Alltags und des Weltlichen aufnehmen. Negative Energien, die wir den ganzen Tag über anziehen, werden entladen.
Erleichtert und gereinigt gehst du nun zu Bett. Jetzt breite deine Hände aus gen Himmel und sag:
„Oh Herr, vergib‘ mir. Vergib mir für all meine Fehltaten“. Auch das ist eine Erleichterung; auch das
reinigt dich spirituell von der Negativität all deiner Taten. Durch deine Reue und dein Um-Vergebung-Bitten reinigst du dich vom spirituellen Dreck.
Und der Herr, dein Herr, wird die Engel fragen: „Wo ist mein Diener mit reinem Herzen? Wo ist mein
Diener, der sich eigens für mich vorbereitet hat, der sich für mich gewaschen hat, der sich vor mir niedergeworfen und um Vergebung gebeten hat - der sich in reinem Zustand schlafen gelegt hat? Wo ist dieser
Diener? Bringt ihn mir her!“
Wenn du dich in diesem Zustand schlafen legst, werden in der göttlichen Gegenwart - dort wo sich
der Thron des Herrn befindet – zwei Engel nur für dich erschaffen. Es sind besondere Engel, aus
den Meeren der Barmherzigkeit. Diese Engel haben zuvor keine andere Seele gesehen. Sie werden
hinab gesandt, um deine Seele in die göttliche Gegenwart zu holen. Sie begleiten dich auf der Reise
zu deinem Herrn. Deine Seele wird die Engel fragen: „Wer seid ihr?“ und die Engel werden antworten: „Wir sind Schöpfungen des Herrn, eigens für dich erschaffen aus Licht, um dich - gehüllt in Licht - zu
deinem Herrn zu führen. Dieses Licht wird dir der Wegweiser in die göttliche Gegenwart sein.“
Die Seelen mit reinem Herzen, in reinem Zustand werden hineingebeten in die göttliche Gegenwart und stellen sich vor. Der Sultan spricht sie persönlich an und erteilt seinen himmlischen
Befehl: „Wirf dich nieder!“ Niemals wird Deine Seele so viel Freude und Genuss empfinden wie in
dem Zustand dieser Niederwerfung. Bis zur Ankündigung des Morgengebetes durch einen Engel
“Allahu Akbar, Allahu Akbar, Allahu Akbar, Allahu Akbar!“ wird dir die Erlaubnis gegeben, in der
Niederwerfung der göttlichen Gegenwart zu verweilen.
Dann werden die Engel dich berühren und sagen: „Zeit zu gehen“. Schon? Deine Seele will in
diesem Moment nicht wieder in den Körper zurückkehren. Und der Herr wird sagen: „Kehr wieder
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zurück! Denn ohne Zweifel, eines Tages wirst du zu mir zurückkehren, auf ewig. Geh! Geh, um wiederzukommen, für alle Ewigkeit!“
Nach dem Morgengebet wird die Seele wieder zurück in den Körper gehen und nach dem Aufwachen erfrischt sein. Auch wenn die Last des Alltags wieder auf sie kommen...sie wird die Kraft
haben, dies zu tragen.
Die aber, die vor dem Schlafengehen keine spirituelle Waschung vornehmen, sich nicht niederwerfen und den Herrn nicht um Vergebung bitten - auch ihre Seelen werden mitgenommen in die
Höhen. Doch kann ohne Reinheit niemand in die göttliche Gegenwart des Sultans vortreten. So
werden sie an der Schwelle zum göttlichen Thron stehenbleiben und nicht hineingebeten. Sie werden keine Erlaubnis für diese Niederwerfung bekommen – die eine unvorstellbare Ehre ist. Denn
die Niederwerfung dieser Seele wird von den eigens für die Reise geschaffenen Engeln mit einem
Stift aus Licht auf einem Blatt aus Licht aufgeschrieben: „Das ist ein wahrer Diener mit wahrer Niederwerfung“.
Die Niederwerfung, die wir hier machen, ist nur eine schlechte Imitation, eine Nachahmung.
Denn gleich wie viele Niederwerfungen wir hier auf Erden machen: Unsere Gedanken sind oft
bei ganz anderen Dingen. Die eigentliche Niederwerfung erfolgt in der göttlichen Gegenwart mit
göttlichem Befehl. Dort gibt es nichts anderes, an das man denken könnte. Dort gibt es nur IHN.
Nur den Sultan, den wahren Schatz, der entdeckt werden wollte. „Ich war ein unbekannter Schatz
und wollte entdeckt werden“, sagte Allah - und hat erschaffen.
Und diese Seele hat den Schatz gefunden. Sie wurde hineingebeten in die Schatzkammer. Und da
gibt es nichts, außer diesem Schatz. Du hast gefunden, wonach du suchtest.
Heutzutage sagen ein, zwei...nein, unzählige Menschen, insbesondere die Muslime: „Sheikh, denk
nicht, weil wir so komisch aussehen, dass wir keine guten Menschen wären. Wir haben, auch wenn wir
nicht richtig beten - überhaupt nicht beten - wir haben ein gutes Herz, ein reines Herz“.
„Schau“, sagen sie, „diese Menschen, die fünf Mal am Tag beten und fasten und all diese Übungen machen.
Schau sie dir an, sie sind so verunreinigt. Sie haben unreine Gedanken und machen üble Nachrede; sie sind
schlechte Menschen. Ich hingegen mache so etwas nicht. Ich bete zwar nicht und mach all diese Übungen
nicht, aber: Ich habe ein reines Herz“.
Wer flüstert dir ein: „Schau sie dir an, all diese Möchte-Gern-Gläubigen mit ihren Gebeten und den
Pflichten eines gläubigen Menschen. Sieh, sie sind nicht rein im Herzen. Obwohl du all diese Übungen
nicht machst, hast du ein reines Herz“. Wer lässt dich das sagen?
Der Menschenfeind! Wenn es einen Menschenfreund gibt, muss es auch einen Menschenfeind
geben. Der Unsichtbare, gib ihm einen Namen, wie du möchtest. Sheytan, Satan, wie immer die
dunkle Kraft auch heißen mag.
Allah der Herr, hat dich und auch dein Herz erschaffen. Ohne dass du ihm gedenkst, ohne dass du
für ihn etwas tust, ohne deine Gebete, ohne deine Reue, ohne eine spirituelle Reinigung für ihn...
Denkst du, ER reinigt dir dein Herz? Und wenn wir vom Herzen sprechen, dann meinen wir nicht
dieses Fleischstück!
Wir sprechen von dem wahren Wesen des Herzens, und das kann niemand außer Allah reinigen.
Das ist nicht mit Domestos zu reinigen, das geht nicht. Das ist ein unsichtbares Lebenszentrum,
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Inspirationszentrum, Landezentrum des Himmels – des Himmlischen. Und das muss auch durch
unsichtbare Hände, durch eine himmlische Kraft gereinigt werden – kann nur durch eine himmlische Kraft gereinigt werden. Und wenn du ihm nicht gedenkst und nicht sagst: „Oh Allah, my Lord,
my God, vergib mir, ich danke dir für alles, was du mir gibst!“... ER macht dir dann dein Herz rein?
Mohammed (Friede auf ihn) saß umgeben von seiner Gefolgschaft, als ein Mann an ihnen vorbeilief. „Dieser Mann“, sagte er und zeigte auf den Herrn, „schaut euch ihn genau an. Dieser Mensch
ist jemand, der ins Paradies kommen wird.“ Drei Mal wiederholte er dies. Einer der Gefolgen des
Propheten (Friede auf ihn) wurde neugierig und dachte: „Was hat dieser Mensch getan, dass er mit dem
Paradies belohnt wird, was zeichnet diesen Menschen aus?“
So ging er zu diesem Menschen, klopfte an seine Tür und wurde begrüßt mit „Selam Aleykum,
Aleykum Selam“. Der Gefolge des Propheten (Friede auf ihn) sagte: „Ich bin wegen einer Angelegenheit hier“. Der Hausherr erwiderte: „Ich weiß, so tritt herein“. Und wie es damals üblich war bei den
Arabern, aß und trank man zuerst gemeinsam, bevor man zu sprechen begann. Danach fragte der
Gefolge des Propheten (Friede auf ihn): „Ich möchte gern von dir wissen, welche deiner Taten haben
dich zu diesen hohen Stufen erhoben, dass du mit dem Paradies belohnt wirst?“ Der Hausherr sagte: „Oh
Abdullah, Diener Gottes, ich mache nicht mehr als du oder jemand anderes; nicht mehr Zikir, nicht mehr
Salat und nicht mehr Gebete. Aber ich beachte zwei Dinge: Jede Nacht, wenn ich schlafen gehe, reinige ich
mich und bedanke mich bei meinen Herrn. Ich mache meine Hände auf und ich sage ‚Oh Herr, ich bitte dich
um Vergebung‘.“
„Wenn ich zu Bett gehe, sage ich zu meinem Herrn: ‚Ich verspreche dir etwas: Wenn jemand mich heute
den ganzen Tag, wissentlich oder unwissentlich, bewusst oder unbewusst, mit Absicht oder ohne Absicht,
verletzt hat, gekränkt hat, mir auf die Hühneraugen getreten ist...und wenn jemand mir meine Versorgung
wegnehmen sollte, mich also bestiehlt, auch wenn jemand sich mit mir gestritten hat und mir Ungerechtigkeit angetan hat, egal was: Ich vergebe ihnen. Und sei du Zeuge, dass ich diesen Menschen, allen, ohne
Ausnahme, vergebe. Auch wenn dieser Jemand mir mein Kind getötet hat, mir das Haus weggenommen
hat, mir meine Schuhe gestohlen hat, egal, welchen Schmerz er mir zugefügt hat: Ich werde ihnen allen hier
und hiernach vergeben. Sei du Zeuge!“.
Und ich frage euch, die ihr alle so reine Herzen habt: „Könntet ihr das?“ Ihr seid doch noch nicht
einmal in der Lage, jemandem, der euch aus Versehen verletzt hat, zu vergeben. Ihr fangt dann
an, diesen Menschen innerlich zu beschimpfen uns sagt: “Möge er selbst Unheil erleiden, möge ihm
Schlimmstes widerfahren. Wir haben so schlechte Gedanken über diesen Menschen“.
„Warum tust du das?“, fragte der Gefolge des Propheten. „Weil ich ohne einen falschen Gedanken,
einen dreckigen Gedanken, ohne einen Fluch in meinem Herzen, ohne etwas, was zu dieser Welt gehört,
zu meinem Herrn gehen möchte. Wenn er in der Nacht meine Seele zu sich nimmt, will ich nur für ihn da
sein. Nicht beschäftigt sein mit meinen Gedanken, mit meinem Herzen, zu überlegen, wie ich andere fertig
mache und ihnen nicht vergebe. Ich will mit so etwas nichts zu tun haben, ich will nur zu meinem Herrn,
mit reinem Herzen, frei von Müll. Frei von negativen Dingen, Gedanken, Feindseligkeiten, Neid, Hass,
Rache. Ich will rein sein“.
Auch wenn es meinem Ego nicht gefällt und das gefällt dem Schurken gar nicht, dass ich das so ein
Gebet mache und meinen Herrn so bitte und ihn sogar zum Zeugen mache - ich sage:
„Halt du die Klappe! Ich bitte, was zu erbitten ist von meinem Herrn“. Reinige mein Herz von all diesen Gedanken, auch wenn mir jemand die Familie weggenommen hat, Kind, Haus.
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„Oh Herr, wenn die ganze Welt zu mir kommen und sagen würde: ‚Wir haben dich zum König dieser Welt
ernannt und wir haben für dich sogar einen goldenen Thron vorbereitet, wir wollen dich auf Händen zu
Deinem Thron tragen‘, so schütze mein Herz so sehr, dass ich auf all das verzichten kann. Dass ich mit
diesem Weltlichen, dem Materiellen nichts zu tun habe, damit mein Herz nur mit deinem Licht, mit deiner
Liebe gefüllt ist“.
Wer schafft das, oh ihr Menschen mit den reinen Herzen?
Wenn euch jemand 1 Cent weggenommen hat - ungerechtfertigt - dann geht ihr vor Gericht, um
10 Cent zu bekommen. Ihr sagt: „Schadensersatz!„ „Aber euch wurde doch nur 1 Cent gestohlen?“,
fragen wir. “Ja ja, aber der Schmerz, den ich dabei empfunden habe, der muss doch ausgeglichen werden.
Deshalb kommen noch 9 Cent Schmerzensgeld dazu“.
Und wir sagen: „Aber Schmerz ist doch nichts Materielles! Willst du etwas Nicht-Materielles mit Materiellem ausgleichen?“ „Ach, geh da jetzt nicht so in die Tiefe“ bekommen wir dann zur Antwort.
Oh, ihr Menschen, mit reinen Herzen! Nehmt das als Richtlinie, als Schablone, um zu schauen,
wie rein ihr seid. Die Wünsche und Gebete des Mannes sollen euch ein Maßstab sein. Höchstpersönlich vom Letztgesandten des Herrn wurde er deshalb als ein Paradiesbewohner beglückwünscht!
Versucht das jede Nacht! Versuche jede Nacht über die Menschen, die dich gekränkt haben, zu
denken: „Ich vergebe ihnen“. Und nehmt Allah, den Herrn, als Euren Zeugen.
Wir wissen, es ist zu hart für euer Ego. Es wird sich dagegen sträuben, aber hört nicht hin.
Widersetzt euch seinem Befehl...und übt. Auch wenn du anderer Meinung bist, auch wenn du gar
nicht glaubst, was du da sagst.
Bis du gläubig bist, wahrhaftig gläubig bist - sag jede Nacht: „Oh Herr, sei du mein Zeuge, dass ich all
denen vergebe, die mir wehgetan habe. Heute, gestern, vorgestern bis jetzt“.
Wenn du dann sehr stark gläubig geworden bist - durch „Übung macht den Meister“ - geh einen
Schritt weiter und sag: „Oh Herr, heute, gestern, vorgestern, vor Jesus, vor Moses, vor Salomon, vor
David, vor Abraham, bis Adam...wenn irgendjemand mir wehgetan haben sollte und ich kann mich nicht
erinnern, ich vergebe ihne.“ Nun einen weiteren Schritt, sag: „Oh Herr, wenn ich ein Morgen erleben
sollte und mir morgen, übermorgen und überübermorgen jemand wehtun sollte, ich vergebe auch denen, mit
Vorschuss. Und du bist mein Zeuge!“
Doch fangen wir klein an: „Oh Herr, die, die mir heute wehgetan haben, ich vergebe ihnen“. Der
Schmerz ist noch frisch? Dann sag „gestern“. Auch das ist noch zu schmerzhaft: Sprich von „vorgestern“. Aber auch dies bringst du noch nicht über deine Lippen? Dann sag: „vor Jesus“.
Das ist das Zeichen reinen Herzens, alles andere eine Lüge. Und wir üben.
Die großen Heiligen zeigen uns den Weg. Sie sagen: „Bevor du deinen Herrn um Vergebung bittest,
vergib erst denen, die dir Leid mit der Zunge, den Augen, mit Gedanken und Taten Leid angetan haben“.
Es ist sehr wohl anzunehmen, so glauben die Heiligen, dass dir dann der Herr sofort vergibt.
„So wie du zu all meinen Geschöpfen bist, so bin ich zu dir, oh mein Geschöpf “, sagt der Herr. „Bist du in
Nächstenliebe zu ihnen, bin ich in Nächstenliebe zu dir. Bist du barmherzig, bin ich barmherzig. Bist du
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zornig, bin ich zornig, bist du sauer, bin ich sehr sauer. Bist du süß, bin ich sehr süß“.
Möge Allah uns allen vergeben. Lasst uns zusammen ein Gebet sprechen, möge der Herr unser
Zeuge sein. Wer nicht am Gebet teilnehmen möchte, der muss nicht. Es ist keine Pflicht. Es ist ein
so kraftvolles Gebet, es wird dem Ego nicht gefallen.
Oh Herr, zweifellos, du hast uns aus dem Nichts erschaffen. Und alles in der Schöpfung hast du
erschaffen, oh Herr, mit Deiner Liebe.
Sogar Sheytan den Satan, die Schlangen und die Skorpione. Wenn es ihre Aufgabe ist, oh Herr, zu
verletzen und zu kränken: Warum hast du uns erschaffen? Was ist unsere Aufgabe?
„Oh, mein Diener, Deine Aufgabe ist es zu lieben und geliebt zu werden“.
Oh Herr, dann lass mich in jeder Situation lieben und geliebt werden - auch, wenn ich nicht geliebt
werde. So lass mich zu denen gehören, die dennoch lieben können.
Und du sagst, oh Herr: „Die Kraft der Liebe, sie ist nicht enthalten in Hass und Abneigung, die Kraft der
Liebe ist höher“. Wenn die Kraft der Liebe der Indische Ozean ist, so ist die Kraft des Hasses, des
Neides, der Feinseligkeit das Wasser in der Badewanne. Aber das Ego des Menschen lässt das Wasser in der Badewanne als einen Ozean erscheinen und den Ozean als das Wasser in der Badewanne.
Die Kraft der Liebe ist so groß, so mächtig, dass sie Feindseligkeit, Neid, Hass und all das Schlechte wegfegen könnte. Du musst es nur wollen und in Kraft setzen.
Mögen wir zu denen gehören, die die Kraft der Liebe einsetzen und zum Einsatz bringen.
Es ist nicht einfach. Die Kraft des Hasses, des Neides und der Feindseligkeit ist sehr leicht umzusetzen; die Kraft der Liebe zu aktivieren jedoch viel schwieriger.
Oh Herr, so schick uns die wahren Liebenden, die uns die wahrhaftige Liebe lehren. Die wahrhaftig Liebenden, die uns den Weg zur wahren Liebe zeigen. Lass uns von ihnen lernen, die Kraft der
himmlischen Liebe einzusetzen.
Und ohne Zweifel, die Kraft der himmlischen Liebe, sie ist die stärkste Kraft in der Existenz.
Oh Herr, möge sie in unseren Herzen erwachen. Lass uns nicht über die Liebe singen wie bei der
Love-Parade.
Oh Herr, du sagst: „Wer nicht vergeben kann, kann auch nicht lieben“. So lass uns lernen, wie man
vergibt. Jemandem, der uns nichts getan hat, zu vergeben ist leicht. Jemandem, der uns viel Leid
angetan hat, zu vergeben, dagegen schwer. Wie können wir damit umgehen, oh Herr? Zeig uns,
wie wir die göttliche Liebe in unseren Herzen einsetzen können, damit wir diese Kraft haben, zu
vergeben. So dass wir die Feindseligkeiten aus dem Weg räumen, und unser Herz rein ist mit deiner
Liebe. Nur die Liebe reinigt, nicht die Feindseligkeit. So lass uns üben und sagen: „Oh Herr, sei
unserer Zeuge.“
Wir vergeben jedem, der uns von Adam bis jetzt etwas Schlechtes angetan, verletzt und gekränkt
hat.
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Im Auftrag unserer Eltern, im Auftrag unserer Großeltern und Ur-Großeltern, unserer Ur-Ur-UrVerwandtschaft: Wir vergeben auch in ihrem Namen - so dass ihnen und auch uns vergeben wird.
Damit die Liebe über die Feindseligkeit und die Vergebung über die Rache und die Menschlichkeit über das Tierische siegt. Lass uns zu den Liebenden gehören. Sei du unserer Zeuge, wir haben
vergeben. Mögest du auch uns vergeben.
Zu Ehren desjenigen in deiner göttlichen Gegenwart Meistgeliebten.
Fatiha
Amin. El-hamdu-lil-lahi Rab’bil aalemiyn
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