Zytoskelett: Architektur und Bewegung der Zelle Cytoskeleton
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Zytoskelett: Architektur und Bewegung der Zelle Cytoskeleton
Jahrbuch 2006/2007 | Mandelkow , Eckhard | Zytoskelett: Architektur und Bew egung der Zelle Zytoskelett: Architektur und Bewegung der Zelle Cytoskeleton: Architecture and movement of cells Mandelkow , Eckhard Max-Planck-Arbeitsgruppen für strukturelle Molekularbiologie am DESY, Hamburg Korrespondierender Autor E-Mail: mandelkow @mpasmb.desy.de Zusammenfassung Die „Max-Planck-Arbeitsgruppen für strukturelle Molekularbiologie“ in Hamburg beschäftigen sich mit der Struktur und Funktion von Biomolekülen, speziell mit der Anw endung der Synchrotronstrahlung auf die Strukturaufklärung von Proteinen, die von medizinischem Interesse sind. Die Arbeitsgruppe „Zytoskelett“ befasst sich mit den Proteinfasern der Zelle, vor allem den Mikrotubuli und Motorproteinen, die für die Zellbew egung, Zellteilung und Differenzierung w ichtig sind. Von besonderer Bedeutung ist das Tau-Protein, das bei der Alzheimer-Krankheit in den Nervenzellen pathologische Aggregate bildet. Neuere Untersuchungen deuten auf eine Verflechtung der Funktionen des Tau-Proteins mit dem zellulären Transport hin, w as für die Entstehung der Alzheimer-Erkrankung eine Rolle spielen könnte. Summary The "Max-Planck-Unit for Structural Molecular Biology" in Hamburg investigates the structure and function of biomolecules, w ith particular emphasis on the applications of synchrotron radiation for the elucidation of protein structures of biomedical interest. The "Cytoskeleton" group focuses on the structure, self-assembly, and dynamics of protein fibers in cells, in particular on microtubules and their associated proteins w hich are responsible for cell movement, cell division, cell differentiation, or intracellular transport. One of the microtubule associated proteins, tau protein, forms pathological aggregates in nerve cells affected by Alzheimer's disease. Recent findings reveal a linkage betw een tau's multiple functions and the cellular transport system w hich could prove essential for the aetiology of Alzheimer's disease. Das Zytoskelett – ein plastisches Korsett für die Zelle Das Zytoskelett ist für die Form der Zellen, für die Bew egung, für Materialtransport, für Zellteilung und Zelldifferenzierung verantw ortlich. Es besteht aus drei Fasersystemen: den Aktinfilamenten, den Intermediärfilamenten und den Mikrotubuli. Diese Fasern können sich aus Protein-Untereinheiten selbständig auf- und w ieder abbauen, d. h. sie sind dynamisch und haben die Fähigkeit der „Selbstorganisation“. Hinzu kommen zahlreiche Proteine, die an die Fasern andocken, Fasern miteinander verbinden oder Verbindungen mit anderen Zellkomponenten, z. B. der äußeren Zellmembran oder der Kernmembran, herstellen können. Eine w ichtige Klasse dieser assoziierten Proteine sind die „Motorproteine“. Sie können chemische Energie in Form © 2007 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 1/7 Jahrbuch 2006/2007 | Mandelkow , Eckhard | Zytoskelett: Architektur und Bew egung der Zelle von Adenosintriphosphat (ATP) in mechanische Energie umw andeln und dadurch Lasten transportieren. Die Mikrotubuli w erden durch verschiedene „Mikrotubuli-assoziierte Proteine“ (MAP) stabilisiert. Ein bekanntes Beispiel für das Zusammenspiel verschiedener Zytoskelett-Proteine ist die Zellteilung; dabei bilden Mikrotubuli einen Spindelapparat aus, der die Chromosomen mithilfe von Motorproteinen auseinanderziehen kann. Bei den Nervenzellen stellen Mikrotubuli die „Gleise“ für den Transport in den Zellfortsätzen (Axone, Dendriten) dar, w o Lasten über w eite Entfernungen zu den Nervenendigungen (Synapsen) geliefert w erden müssen. Diese Vorgänge lassen sich im Reagenzglas oder in Zellmodellen nachstellen und untersuchen. Der Schw erpunkt der Arbeiten der Abteilung „Zytoskelett“ lag auf der Untersuchung der Selbstorganisation der Mikrotubuli, der Struktur Mikrotubuli-abhängiger Motorproteine, dem Mikrotubuli-assoziierten Tau-Protein und seiner Rolle in der Alzheimer-Krankheit. Dabei w urden biochemische, molekular- und zell-biologische sow ie biophysikalische Methoden kombiniert. Die Intensität der Synchrotronstrahlung erlaubt es, Wachstum und Zerfall von Mikrotubuli in Echtzeit durch Beugung des Röntgenlichts zu verfolgen, Röntgenbilder von sehr kleinen Proben von Alzheimer-Fasern aufzunehmen oder die Struktur von kristallisierten Proteinen mit hoher Auflösung zu bestimmen. Die Proteine w urden teils aus Zellgew ebe isoliert, teils rekombinant in Bakterienkulturen hergestellt, w as die Überprüfung ihrer Funktion durch gezielte Mutationen ermöglicht. Durch Ankoppeln von fluoreszierenden Molekülen und Einschleusen in Nervenzellen w urde die Verteilung und die Funktion Mikrotubuli-assoziierter Proteine in situ in lebenden Zellen untersucht. Motorproteine für den Transport in Zellen Motorproteine der Kinesin-Klasse bestehen häufig aus zw ei schw eren und zw ei leichten Polypeptidketten. Die Motordomänen der schw eren Ketten binden an die Oberfläche der Mikrotubuli und w andeln chemische Energie in Form energiereicher Moleküle (ATP) in gerichtete Bew egung um. Obw ohl die Moleküle nur w enige Nanometer Durchmesser haben, kann man die Bew egung mithilfe der Videomikroskopie in Echtzeit sichtbar machen. Aus der Kombination hochauflösender Röntgenstrukturanalyse einzelner Motordomänen mit elektronenmikroskopischen Aufnahmen des Kinesin-Mikrotubuli-Komplexes zeichnet sich folgendes Modell für den Bew egungsmechanismus ab: Konventionelles Kinesin hangelt sich an Mikrotubuli entlang, indem die beiden Motordomänen abw echselnd an den Mikrotubulus binden und sich w ieder ablösen, w obei zu jedem Zeitpunkt mindestens eine Motordomäne gebunden ist. Dieser „Hand-über-Hand“- Mechanismus ist für Kinesin durch kinetische und spektroskopische Messungen gut belegt [1]. Daneben gibt es aber auch Kinesine, w ie zum Beispiel die monomeren Kinesine der Kif1A-Familie, die andere, im Einzelnen noch nicht geklärte Mechanismen zur Fortbew egung benutzen. Das Kif1A-ähnliche NcKin3 aus Pilzen (Abb. 1) zeichnet sich z. B. dadurch aus, dass es zw ar als Dimer (also mit zw ei Motordomänen) auftritt, bei der Bew egung aber bleibt eine der Motordomänen scheinbar unbeteiligt. © 2007 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 2/7 Jahrbuch 2006/2007 | Mandelkow , Eckhard | Zytoskelett: Architektur und Bew egung der Zelle Da rste llung e ine r Motordom ä ne de s Kine sins NcKin3 a us de r He fe Ne urospora cra ssa . N und C be ze ichne n da s N- und C te rm ina le Ende de r Motordom ä ne . ADP : Ade nosindiphospha t (Spa ltproduk t de r Hydrolyse von ATP , Ade nosintriphospha t, da s die Ene rgie für die Be we gung lie fe rt). Fle x ible Be re iche sind ge striche lt a nge de ute t. © Ma x -P la nck -Arbe itsgruppe n für struk ture lle Mole k ula rbiologie a m DESY Tau-Protein – Verklumpung im Gehirn bei der Alzheimerkrankheit Das sog. Tau-Protein, das die Mikrotubuli in Nervenzellen stabilisieren soll, kann sich bei der Alzheimer-Demenz krankhaft verändern. Die Folge ist, dass das Zytoskelett zusammenbricht, sodass das Tau-Protein zu unlöslichen Fasern verklumpt. Es bilden sich die „paarigen helikalen Filamente“ der Alzheimer-Krankheit, die die Nervenzellen verstopfen und sie absterben lassen [2]. © 2007 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 3/7 Jahrbuch 2006/2007 | Mandelkow , Eckhard | Zytoskelett: Architektur und Bew egung der Zelle Illustra tion zur Fle x ibilitä t de r Ta u-Mole k üle in Lösung. Me nschliche s Ta u-P rote in be ste ht a us e ine r Ke tte von bis zu 441 Am inosä ure re ste n, da runte r dre i ode r vie r e ina nde r se hr ä hnliche Se que nzm otive von je we ils e twa 40 Am inosä ure n (die so ge na nnte n P se udo-R e pe a ts, rote r Be re ich), die für die Bindung a n Mik rotubuli ve ra ntwortlich sind. Fluore sze nzspe k trosk opische Unte rsuchunge n ha be n ge ze igt, da ss Ta u-Mole k üle in Lösung trotz de r hohe n Fle x ibilitä t e ine ge wisse P rä fe re nz für ge fa lte te Konform a tione n ha be n, in de ne n sich die Mole k üle nde n de r ze ntra le n Bindungsdom ä ne a nnä he rn, und die für da s frühe Sta dium de r Alzhe im e rDe ge ne ra tion e ine r Ze lle typisch sind („He ftk la m m e rKonform a tion“,[3]). © Ma x -P la nck -Arbe itsgruppe n für struk ture lle Mole k ula rbiologie a m DESY An sich ist Tau-Protein sehr gut löslich. Die einzelnen Tau-Moleküle sind in Lösung „nativ entfaltet“, das heißt w eitgehend unstrukturiert und flexibel (Abb. 2). Der eigentliche Auslöser der pathologischen Aggregation von Tau-Protein ist noch unbekannt, aber es konnten in den letzten Jahren einige strukturelle Eigenschaften der anomalen Tau-Fasern aufgeklärt w erden [3;4]. Tau und intrazellulärer Verkehrsstau Auf der Suche nach Faktoren, die für das Absterben von Nervenzellen in der Alzheimer-Krankheit verantw ortlich sein könnten, stößt man schnell auf Störungen im zellulären Transportsystem. Einer der Faktoren ist möglicherw eise, dass das Tau-Protein nicht nur Mikrotubuli (die Gleise des Transports) stabil hält, sondern sie auch „verklebt“ und damit unbrauchbar machen kann [5; 6]. Das Ergebnis ist, dass die Transportvorgänge gestört w erden, sodass die äußeren Bereiche der Zelle unterversorgt bleiben (Abb. 3). In der Nervenzelle w ird das Transportsystem durch Proteinkinasen reguliert, die mehrere funktionelle Domänen besitzen und so die W echselw irkungen von verschiedenen Proteinen des Zytoskeletts beeinflussen [6; 7]. © 2007 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 4/7 Jahrbuch 2006/2007 | Mandelkow , Eckhard | Zytoskelett: Architektur und Bew egung der Zelle Übe rproduk tion von Ta u-P rote in führt zum Ve rlust von Syna pse n. De ndrite n sind ba um a rtig ve rzwe igte Fortsä tze von Ne rve nze lle n, die die Signa le a nde re r Ne rve nze lle n a ufne hm e n und zum Ze llk örpe r le ite n. Die Signa lübe rtra gung e rfolgt übe r spe zie lle Konta k tste lle n (Syna pse n). Da s Bild ze igt obe n in R ot e ine „ge sunde “ Ze lle , in de r die Dornfortsä tze de r De ndrite n durch e ine n spe zie lle n Fluore sze nzfa rbstoff m a rk ie rt sind. Die Aufna hm e n da runte r ze ige n Ausschnitte a us De ndrite n von Ne urone n, die fluore sze nzm a rk ie rte s Ta u-P rote in übe re x prim ie re n (in Bla u). Im La uf von 1-2 Ta ge n ze rfa lle n die Dornfortsä tze , die ne urona le Signa lübe rtra gung wird unte rbroche n. Inne rha lb von De ndrite n und Ax one n bricht de r Tra nsport von Ve sik e ln und Mitochondrie n zusa m m e n [5]. © Ma x -P la nck -Arbe itsgruppe n für struk ture lle Mole k ula rbiologie a m DESY Im gesunden Zustand der Zelle sind die Mitochondrien, die Kraftw erke der Zelle, überall im Zellkörper und in den langen Zellfortsätzen verteilt, sodass die Zelle gleichmäßig mit Energie versorgt w ird. Wenn aber eine Fehlfunktion des Tau-Proteins die Transportw ege beeinträchtigt, können die Zellorganellen und Transportvesikel nicht mehr in die Zellfortsätze einw andern, sondern bleiben im Zellkörper liegen [8]. Das führt zu einer Unterversorgung der Zellfortsätze, zum Absterben der Synapsen (Abb. 3) und schließlich zum Tod der ganzen Nervenzelle [5]. Suche nach Wirkstoffen gegen die Tau-Aggregation Die klinischen Stadien der Alzheimer-Erkrankung korrelieren eng mit der Verteilung von verklumptem TauProtein in den sog. „Neurofibrillenbündeln“. Ein Ansatz der Alzheimer-Forschung besteht desw egen darin, W irkstoffe zu finden, die die Aggregation des Proteins verhindern oder rückgängig machen, um auf diese © 2007 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 5/7 Jahrbuch 2006/2007 | Mandelkow , Eckhard | Zytoskelett: Architektur und Bew egung der Zelle Weise die Degeneration von Nervenzellen zu verhindern [9; 10]. Auf der Suche nach solchen Substanzen w urden Testverfahren entw ickelt und eine Bibliothek von 200.000 Substanzen überprüft. Abbildung 4 zeigt, dass solche Substanzen tatsächlich die erw artete W irkung zeigen können, nicht nur als Hemmstoff in vitro (rechts), sondern auch in Zellen (links). Aufgrund der gefundenen Ausgangssubstanzen w ird nun versucht, ihre W irksamkeit durch chemische Modifikation zu erhöhen. Te st e ine s W irk stoffs ge ge n die Aggre ga tion von Ta u-P rote in. R e chts obe n ist e ine che m ische Ve rbindung a us de r Fa m ilie de r N-P he nyla m ine da rge ste llt, die a ls m ögliche r W irk stoff zur Ve rhinde rung de r Aggre ga tion und zur Auflösung be re its be ste he nde r Ta u-Aggre ga tione n in Fra ge k om m t. Die Mik rosk op-Aufna hm e n le be nde r Ze lle n link s ze ige n in Im m unofä rbung de n Ge sa m tge ha lt a n Ta u-P rote in in R ot (Fä rbung durch e ine n Antik örpe r) und de n Ante il de s a ggre gie rte n Ta u-P rote ins in Grün (Thiofla vin-S-Fä rbung), e inm a l ohne W irk stoff (obe n) und e inm a l m it W irk stoff (unte n). De r Ante il de r Ta u-Aggre ga te wird durch die Zuga be de s W irk stoffs de utlich re duzie rt. Da s Dia gra m m re chts unte n gibt die Konze ntra tionsa bhä ngigk e it de s Effe k ts wie de r. © Ma x -P la nck -Arbe itsgruppe n für struk ture lle Mole k ula rbiologie a m DESY Originalveröffentlichungen Nach Erw eiterungen suchenBilderw eiterungChanneltickerDateilisteHTML- Erw eiterungJobtickerKalendererw eiterungLinkerw eiterungMPG.PuRe-ReferenzMitarbeiter Editor)Personenerw eiterungPublikationserw eiterungTeaser (Employee mit BildTextblockerw eiterungVeranstaltungstickererw eiterungVideoerw eiterungVideolistenerw eiterungYouTubeErw eiterung [1] Marx, A., Müller, J., Mandelkow, E.: The structure of microtubule motors. Advances in Protein Chemistry 71, 299-344 (2005). [2] Mandelkow, E., von Bergen, M., Biernat, J., Mandelkow, E.-M.: Structural Principles of Tau and Alzheimer Paired Helical Filaments. Brain Pathology 17, 84-91 (2007). [3] Jeganathan, S., von Bergen, M., Brutlach, H., Steinhoff, H.-J., Mandelkow, E.: Global hairpin folding of tau in solution. 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