Transatlantischer Dialog zu Afghanistan: Militäreinsatz versus
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Transatlantischer Dialog zu Afghanistan: Militäreinsatz versus
Transatlantischer Dialog zu Afghanistan: Militäreinsatz versus Nation Building? Warum schickt Deutschland nicht mehr Truppen in den Süden Afghanistans? Gibt es Vorbehalte bei den deutschen Bundeswehrtruppen in Afghanistan, so dass sie nicht in Kampfhandlungen verstrickt werden dürfen? Diesen und vielen weiteren Fragen stellte sich die Delegation von drei SPDBundestagsabgeordneten und einem Abgeordneten der FDP, die Mitte März Washington DC und Kanadas Hauptstadt Ottawa auf Einladung der FES besuchten. Bei dem Besuch initiierten Detlef Dzembritzki (Leiter der SPD Task Force zu Afghanistan) und seine Kollegen Johannes Pflug, Rolf Kramer und Hellmut Königshaus (FDP) einen bisher nicht bestehenden transatlantischen Dialog zu einer Friedenskonsolidierenden Strategie für Afghanistan. Im Februar 2007 hatte sich die Gruppe bei einem Besuch in Afghanistan selbst ein Bild der Lage vor Ort machen können und brachte insofern frische Eindrücke und Analysen mit auf die andere Seite des Atlantiks. Um die transatlantische Debatte nicht nur auf den militärischen Einsatz und den Einsatz der NATO zu beschränken, sondern die Notwendigkeit von zivilem Wiederaufbau und Entwicklung zu betonen, berichteten die Gäste aus dem Bundestag von positiven Projekten und Erfolgen in den Bereichen nationaler Versöhnung, Stärkung der Zivilgesellschaft und bei der Ausbildung der afghanischen Polizei, zu der Deutschland einen wichtigen Beitrag leistet. Die deutschen Parlamentarier fragten im Gegenzug auch ihre US-amerikanischen und kanadischen Gesprächspartner aus Parlament und Administration, ob nicht in Afghanistan der Fokus zu sehr auf das militärische Engagement gelegt werde. Selbst wenn dieses unabdingbar sei, so sei doch zu bedenken, dass jedes Opfer unter der Zivilbevölkerung im Kampf gegen die Taliban, al-Qaida und die Drogenmafia weitere Friedensgegner – aus einem fast unerschöpflichen Reservoir an jungen Leuten mit mangelnden Zukunftsperspektiven hervorbrächte. Allerdings gibt es auch in den USA seit Anfang des Jahres ein Umdenken in Richtung einer längerfristigen, mehr auf Entwicklung der Infrastruktur, good governance und Förderung der Zivilgesellschaft ausgerichteten Strategie für Afghanistan, in welcher die Bush-Administration Afghanistan wieder oben auf ihre Prioritätenliste setzt. Insbesondere bei Gesprächen mit Experten, Journalisten und Regierungsmitgliedern in Kanada wurde deutlich, dass neben der militärischen und der zivilen Herausforderung beim Demokratisierungs- und Aufbauprozess in Afghanistan nicht der politische Prozess vernachlässigt werden dürfe. Die Kanadier brachten deutlich ihre Anerkennung für die politische Führungsrolle, die Deutschland seit dem Petersberger Friedensabkommen zu Afghanistan im Jahr 2001 spielt, zum Ausdruck. Sie unterstrichen aber auch ihr eigenes Engagement, bei dem bereits über 50 kanadische Soldaten gefallen sind. Die sinkende Unterstützung in der Bevölkerung für den Militäreinsatz sei nicht nur ein deutsches Problem. Vielmehr müsse sowohl die Kooperation zwischen den internationalen Akteuren in Afghanistan als auch die Informationsvermittlung in den eigenen Staaten verbessert werden. Genau an diesen Punkten setzt die Arbeit der Afghanistan Task Force der SPD-Fraktion an. Fünf Jahre nach dem Sturz der Taliban steht Afghanistan am Scheidepunkt. Die internationalen und die afghanischen Erwartungen, die sich an einen schnellen Aufbau und Befriedung des Landes geknüpft hatten, waren nach 30 Jahren Bürgerkrieg und Konflikt zu hoch. Gerade in jüngster Zeit beherrschten wieder negative Schlagzeilen die Nachrichten: zunehmende Selbstmordanschläge mit zivilen Opfern, Drogenanbau und Korruption in der Regierung. Um wieder mehr Erfolgsgeschichten aus Afghanistan hören zu können, ist die Verstetigung eines transatlantischen Dialogs zur Strategie in dem Land am Hindukusch zwingend notwendig. Der erste Schritt ist getan – und weitere werden hoffentlich folgen. FES-Washington, DC 23.05.2007