Einführung in Geschichte und Wesen der christlichen Agape
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Einführung in Geschichte und Wesen der christlichen Agape
1 Agape-Feier Einführung in Geschichte und Wesen der christlichen Agape-Feiern Vortrag bei der Kolpingfamilie Regensburg-Herz Marien und anschließende Agape am 13. November 2006, 19.30 Uhr Einführung Bild Sieger Köder, Ihr habt mir zu essen gegeben, einblenden! Der Apostel Paulus schreibt im Ersten Korintherbrief – allerdings in tadelndem Ton, aber wegen des deutlichen und zentralen Bezugs zu unserem Thema sei mir diese Bibelstelle als Einstieg erlaubt: „ Wenn ich schon Anweisungen gebe: Das kann ich nicht loben, dass ihr nicht mehr zu eurem Nutzen, sondern zu eurem Schaden zusammenkommt ... Was ihr bei euren Zusammenkünften tut, ist keine Feier des Herrenmahls mehr; denn jeder verzehrt sogleich seine eigenen Speisen, und dann hungert der eine, während der andere schon betrunken ist. Könnt ihr denn nicht zu Hause essen und trinken? Oder verachtet ihr die Kirche Gottes? Wollt ihr jene demütigen, die nichts haben? Was soll ich dazu sagen? Soll ich euch etwa loben? In diesem Fall kann ich euch nicht loben. Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herrn, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr 2 daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis! Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und Blut des Herrn ... Wenn ihr also zum Mahl zusammenkommt, meine Brüder, wartet aufeinander! Wer Hunger hat, soll zu Hause essen“ (1 Kor 11,17-34). Es ist schon interessant, was Paulus hier – leider in negativem Zusammenhang – beschreibt: Einerseits nimmt er Bezug auf die Eucharistiefeier in den ersten christlichen Gemeinden. Aber damit nicht genug. Er spricht auch von „ eigenen“ , d. h. also offenbar von in die Versammlung selbstmitgebrachten Speisen, dann von einem Mahl, bei dem man warten soll, bis alle anwesend sind, sowie von Hunger, Essen, Sättigung und Trinken, ja – im Übermaß genossen – bis zur Betrunkenheit. Das alles geht doch mit der Eucharistiefeier alleine nicht zusammen. Die ersten Christen kamen offenbar, wie man aus dieser Stelle des Ersten Korintherbriefes unschwer schließen kann, nicht nur zur Feier des Herrengedächtnisses zusammen, sondern auch zum gemeinsamen Mahl, einem Sättigungsmahl, das mit dem Gottesdienst verbunden war. In welchem Verhältnis es damals zur Eucharistie stand, darauf werden wir noch zurückkommen müssen. Wurzeln der Agape-Feiern Worin hatte diese gemeinsame Mahlpraxis aber ihren Ausgang und ihren Bezugspunkt? Nun, als Wurzeln können verschiedene Stränge ausgemacht werden: - Zum einen die allgemeine Bedeutung ritueller Mähler, wie sie in der Religionsgeschichte überhaupt festgestellt werden kann; in 3 diesem Zusammenhang kann etwa an heidnische Kultmähler, an die Symposien, erinnert werden, die in damaliger Zeit Sitte waren. - Zum anderen aber ist hier von wesentlicher Bedeutung die Verhaftung des Christentums im Judentum: vor allem ist dabei an das Paschamahl zu denken, aber auch an andere jüdische Gemeinschaftsmähler, insbesondere an das Mahl am Vorabend des Sabbats. - Auf diesem Hintergrund ist schließlich auch die Mahlpraxis Jesu zu sehen: „ Was für Johannes die Taufe ist, das ist für Jesus das Mahl. Zum Mahl kehrt er bei Pharisäern ein (Lk 7,36ff; 14,1ff), häufiger Gast ist er bei Zöllnern und Sündern (Mk 2,13ff; Lk 7,34; 15,1f.; 19,1ff), als Mahlherr fungiert er bei der wunderbaren Speisung einer großen Menschenmenge (Mk 6,30ff par. Mt/Lk; Lk 8,1ff par. Mt), mit einem Mahl schließlich nimmt er am Ende seines Lebens Abschied von seinen Jüngern (Mk 14,17-25 par. Mt/Lk; 1 Kor 11,23ff; Joh 13). Auf seine Gegner wirkt diese Mahltätigkeit so provozierend, daß sie sie durch das ehrabschneidende Schimpfwort vom ‚ Fresser und Säufer’ (Lk 7,34 par. Mt) verleumderisch in die Nähe von rauschenden Banketts und zügellosen Festgelagen zu 1 rücken suchen.“ Dabei sind Mähler für Jesus nicht nur Gelegenheiten, das Reich Gottes zu verkünden; er nimmt sie auch als Zeichen und Sinnbild für dieses Reich seines Vaters: „ Ein Mann veranstaltete ein großes Festmahl und lud viele dazu ein ...“ , heißt es etwa im Lukasevangelium (Lk 14,16). „ Wichtig bei seinem [sc. Jesu ] Mahlhalten ist aber nicht das Essen und Trinken an sich; im Vordergrund steht die Tischgemeinschaft – auch und gerade mit den Randständigen seiner 2 Zeit -, die das Erbarmen und die Liebe Gottes symbolisiert.“ Brot und 1 Willibald Bösen, Jesu letztes Mahl im Lichte der jüdischen Mahlpraxis zur Zeitenwende, in: Gottes Volk B6 (1988), S. 63-78, hier: S. 63. Zitiert nach: Guido Fuchs, Agape-Feiern, S. 14. 2 Guido Fuchs, Agape-Feiern, S. 14f. 4 Wein spielen darüber hinaus in der Verkündigung Jesu eine große Rolle (Brot-Rede Jesu in Joh 6: „ Ich bin das Brot des Lebens“ ; Bild vom Weinstock in Joh 15: „ Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“ etc.). Das irdische Mahl wird zu einem Vorausbild des himmlischen Mahles im Reich Gottes, als Verheißung und Vor-Zeichen der zukünftigen und schon angebrochenen Gottesherrschaft. Höhepunkt der Mahlpraxis Jesu aber war sein letztes Mahl, in dem er jüdische Rituale aufgreift und umdeutet, seinen späteren Tod schon vorauszeichnet und seine bleibende Gegenwart im Zeichen von Brot und Wein verspricht. Letztlich ohne entscheidende Bedeutung ist dabei die Frage, ob das letzte Abendmahl Jesu nun ein Paschamahl war oder eben nicht; die neutestamentlichen Quellen gehen hier auseinander. Zusammenfassend kann man sagen: „ Im Aufgreifen des Mahles und seiner Riten als Zeichen und Symbol für die Liebe und das Reich Gottes 3 ist Jesus einzigartig.“ Es mag verschiedene Wurzeln für die frühchristliche Mahlpraxis der Agape gegeben haben – am entscheidendsten aber ist wohl schlicht das Vorbild Jesu. Die Praxis der frühen Kirche In der konkreten Ausgestaltung der Agape-Feiern in der frühen Kirche ist nicht mit einer einheitlichen Form, sondern mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen zu rechnen, so die wissenschaftliche Forschung: - Zum einen je nach dem, ob es sich um eine judenchristliche oder um eine heidenchristliche Gemeinde handelte; hier wurden wohl die verschiedenen Traditionen aufgenommen. 3 Guido Fuchs, Agape-Feiern, S. 15. 5 - Zum anderen aber scheint es beides gegeben zu haben: ein mit der Eucharistie verbundenes Sättigungsmahl, in das also die Eucharistiefeier verwoben war; dann jedoch auch die eigenständige Agape-Feier, die ganz ohne Eucharistiefeier oder aber ihr vorgeschaltet oder auch danach begangen wurde. Die Blütezeit der Agape-Feiern war das erste und zweite Jahrhundert nach Christus. In der „ Traditio apostolica“ , der Apostolischen Überlieferung, die Hippolyt von Rom zugeschrieben wird und Anfang des 3. Jahrhunderts entstanden ist, wird uns der Ablauf einer solchen AgapeFeier geschildert – wobei dies nicht als die einheitliche Form gelten kann, sondern nur eine mögliche unter vielen; dabei werden im Ablauf genannt: - Ein Luzernarium, eine Lichtfeier: Die abendliche Agape beginnt mit dem Hereintragen und Entzünden des Lichtes, begleitet von einem Lobpreisgebet (vgl. Osternacht!; auch im Vespergottesdienst möglich). - Segnung und Darbringung eines Kelches durch den Bischof, wobei ein Psalm gesungen wird; - es folgen Segnung, Brechung und Austeilung eines besonderen Brotes, eine so genannte Eulogie („ Segnung“ ); sie eröffnet - das eigentliche Mahl, das während eines vom Bischof geleiteten Gespräches eingenommen wird. Es soll hier, so wird ausdrücklich vermerkt, maßvoll gegessen und getrunken werden (!; vgl. 1 Kor). Auffällig sind die Ähnlichkeiten zur Eucharistie; so hebt Hippolyt auch hervor, dass es sich bei diesem Brot um eine Eulogie (gesegnetes Brot), nicht um die Eucharistie (konsekriertes Brot) handelt. Es geht hier, so wird ferner deutlich, um ein richtiges Sättigungsmahl, ohne dass dieses aber zu Völlerei und Trinkerei führen dürfe (solche Fehlformen werden ausdrücklich angesprochen und angeprangert!). Auch der wichtige 6 caritative Aspekt fehlt hier wie bei anderen Berichten nicht. Agape ist ja ein griechisches Wort und heißt übersetzt Liebe (lateinisch: „ caritas“ !). Es geht um ein Liebes- und Gemeinschaftsmahl in der Gemeinde, das gerade die Notleidenden und Bedürftigen einbezieht, sei es als Mahlteilnehmer oder aber durch Gaben, die an sie weitergereicht werden. Die Agape-Feiern hatten also wesentlich auch eine diakonischcaritative Dimension. Agape-Feiern scheinen in damaliger Zeit (1./2. Jahrhundert n. Chr.) fest im Gemeindeleben verankert gewesen zu sein; wegen der zunehmenden Größen der Gemeinden wurden sie wohl alsbald in privaten, kleinen Gruppen abgehalten, meist in Häusern begüterter Christen und unter Leitung von Klerikern (Bischof, Priester, Diakon), aber auch ohne Beteiligung des Klerus. Das Erlebnis von Gemeinschaft bei den Mählern war zunächst der bestimmende Wesenszug, der dazu beitrug, dass an den Agape-Feiern festgehalten wurde. Für die frühe Christenheit in ihrer gesellschaftlichen Isolation und in ihrem Minderheitenstatus waren sie nämlich praktisch die einzige Möglichkeit zu geselligem Versammeltsein. Mit der zunehmenden Ausbreitung des Christentums entledigten sich die Gemeinden aber des Charakters einer Sondergesellschaft mit isolierter Geselligkeit. Nun trat das caritative Moment bei den Agapen stärker in den Vordergrund. Sie wurden mehr und mehr zu einem Mittel der Armenfürsorge. Ausklingen am Ende des Altertums Für das allmähliche Verschwinden der Agapen am Ende des Altertums sind mehrere Gründe verantwortlich, so vor allem soziologische, kultische und theologische; hier sind im Einzelnen zu nennen: 7 - Die Konstantinische Wende und schließlich die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion brachten eine einschneidende Umwälzung der kirchlichen Verhältnisse mit sich. Die Gemeinden wurden nun (noch) größer. Es stellte sich das Problem, wie in dieser Situation noch zur Agape eingeladen werden kann, ohne zugleich weite Teile der Gemeinde auszugrenzen. - Der nicht mehr vorhandene Druck von außen ließ das Gemeinschaftserleben nicht mehr in dieser Form notwendig erscheinen, wie dies gerade durch die Agape-Feiern vermittelt wurde. - In den nach diesem politischen Umschwung neu errichteten kirchlichen Gebäuden, den Basiliken, konnten nicht mehr mit derselben Selbstverständlichkeit Gottesdienste und Mahlfeiern abgehalten werden wie in einfachen Sälen und Privathäusern; dies schien mit der Würde des sakralen Raumes nicht mehr vereinbar zu sein. „ So wird von verschiedenen Synoden ab dem vierten Jahrhundert immer wieder verboten, daß Agapen in Kirchen abgehalten werden – trotz des ja durchaus liturgischen Charakters, 4 den sie zeitweilig besaßen.“ - Es entwickelte sich in dieser Zeit zudem ein anderes Verständnis der Eucharistie, das diese als Mysterium begriff, dem mit abstandsvoller Ehrfurcht zu begegnen ist. Die Eucharistie wurde nun zunehmend als „ praegustatio“ , d. h. als ein Schutzmittel gesehen, das vor jeder anderen Speise genossen werden sollte. Aus diesem Verständnis erwuchs auch die Forderung nach eucharistischer Nüchternheit, also nach dem Verzicht auf Speise in gewissem Abstand vor dem Empfang der Eucharistie. Ein 4 Guido Fuchs, Agape-Feiern, S. 23. 8 unmittelbar der Eucharistiefeier vorausgehendes Mahl war damit spätestens jetzt nicht mehr möglich. - Auch bei der Armenfürsorge verloren die Agapen in der nun größer gewordenen Kirchenorganisation ihre Bedeutung; denn die Diakonie wurde nun von den Bischöfen zentral organisiert. Erhalten blieb dieser Gedanke des Zusammenhanges von Mahl und caritativem Tun immerhin aber bei privaten Einladungen zum Mahl bzw. bei der Überlassung von Speisen an Bedürftige sowie auf Gemeindeebene in der Gabendarbringung der Eucharistiefeier. Soweit zu den Gründen für das Verschwinden der Agapen aus dem Leben der Gemeinden am Ausgang der Antike. Auch wenn es solche Feierformen im engeren Sinn im Mittelalter nicht mehr gab, so blieben dennoch Restformen religiös geprägter Mähler und anderer damit verwandter Riten erhalten, die Elemente der ursprünglichen Agapen fortführten. Restformen religiös geprägter Mähler im Mittelalter Zu nennen sind hier: - Die Totenmähler: Sie hatten zunächst in der frühen Christenheit keinen anderen Gehalt als die vergleichbaren Zusammenkünfte in der außerchristlichen Antike auch. Aber bald schon kam der Gedanke auf, dass in diesem Mahl Lebende und Tote als Gemeinschaft verstanden werden können und vereinigt sind (vgl. den Märtyrerkult!). Die Verstorbenen werden als gegenwärtig und zu Tische sitzend gedacht – das Element der Gemeinschaft in Liebe scheint hier auf. Im Mittelalter kam das Moment der Armenspende hinzu, einfach dadurch, dass die Armen zu den 9 Totenmählern hinzugeladen wurden – wiederum ein deutlicher Anklang an die Agapen der frühen Kirche. - Ein anderes Phänomen sind die so genannten Karitäten (abgeleitet von caritas). Es handelt sich dabei um eine Mahlstiftung einer vielleicht hochgestellten Persönlichkeit an ein Kloster. Durch diese sozusagen „ Sonderspeisung“ bzw. Sonderzuwendung von Speisen und Getränken an die Mönche bzw. Nonnen wie auch an die Armen sollte an den verstorbenen Stifter erinnert werden. So wurden die Karitäten zu einer Form des Totengedächtnisses. Sie wurden besonders an Hochfesten und Sonntagen gehalten, vor allem aber am Gründonnerstag und am Ostersonntag nach oder vor den Gottesdiensten und waren von religiösen Riten und Gesängen geprägt. - Ferner gehört hierher auch das Minnetrinken (Minne meint ja nichts anderes als „ Liebe“ ! cf. Agape!), etwa die Michaels- und Martinsminne, Gertrudenminne, Bernhards- und Stephansminne und die Johannisminne, die uns noch bekannt ist in der Form der Segnung des Johannesweines (Trinkspruch: „ Trink die Liebe des hl. Johannes!“ ). Am Festtag des hl. Johannes des Evangelisten wird am Ende des Gottesdienstes Wein gesegnet. Nicht nur in der Kirche wurde dieser getrunken, sondern auch mit nach Hause genommen und bei diesen Symposien die poetische Johannisminne vorgetragen – auch dies wohl eine Restform religiös geprägter Mähler. - Auch in den Gemeinden gab es Restformen der Agapen, besonders im Umfeld des Gründonnerstags bzw. der österlichen Speisensegnung für das Mahl in den Häusern. In der Orthodoxie gibt es darüber hinaus noch weitere Anklänge, so den Ritus der Artoklasie (gr. „ artoklasia“ = Brotbrechung) innerhalb der 10 Osternacht, bei der Brot gesegnet, gebrochen bzw. geschnitten und später von den Anwesenden gegessen wird, oder das Antidoron (gr. „ Gegengabe“ ; Stückchen des nicht-konsekrierten Brotes, die unter die Gläubigen verteilt werden) am Ende der Liturgie des byzantinischen Ritus. Schließlich erinnert in der Westkirche auch das an bestimmten Tagen im Anschluss an die Eucharistie gesegnete und verteilte Brot, die so genannte Eulogie (z. B. das so genannte „ pain benit“ in Frankreich), an alte Zusammenhänge mit den Agapen. „ Wiederentdeckung“in der Neuzeit In der Neuzeit kam es zu einer Wiederentdeckung der Agapen als mögliche Form religiös geprägter Mähler mit ihrer gemeinschaftsstärkenden und caritativen Bedeutung: - So versuchte im protestantischen Bereich die Herrnhuter Brudergemeinde im 18. Jahrhundert an alte Formen von Agapen anzuknüpfen und führte darauf bezogene regelmäßige rituelle Liebesmähler ein. - Von daher ging der Weg im evangelischen Raum mit der Zielsetzung weiter, das stilisierte sakramentale Abendmahl in seinen Zeichen verständlicher zu machen und durch die Agapen die Verbindung mit dem gewöhnlichen Essen und Trinken stärker hervorzukehren. - Einen weiteren Anstoß gab schließlich im 20. Jahrhundert auf katholischer Seite die Liturgische Bewegung, die gerade die Ursprünge der Eucharistie und ihre Gestalt als Mahl bewusst machen wollte. 11 - Im ökumenischen Bereich wurden die Agape-Feiern schließlich als Möglichkeit entdeckt, trotz der Trennung im Eucharistieverständnis und des Verbotes des Kommunionempfangs in einer Kirche durch Angehörige anderer christlicher Kirchen Gemeinschaft in einem nichtsakramentalen Mahl zu erfahren. Die Agape-Feiern heute So viel zur Geschichte der christlichen Agape-Feiern. Wie aber können heute, in unserer Zeit, Agape-Feiern sinnvoll gestaltet werden? Wo haben Sie heute ihre besondere Bedeutung? Welcher Sinn kann ihnen in unseren christlichen Gruppen, in den Familien und in den Gemeinden innewohnen? Wann bieten sich Gelegenheiten dafür? Kirchenamtliche Vorgaben Zunächst zu den kirchenamtlichen Texten. Hier gibt es nur sehr wenige Vorgaben. Eine feste Form für Agape-Feiern ist nicht vorgeschrieben. Hier hat man also großen Gestaltungsspielraum. Betont wird im Wesentlichen die Abgrenzung zur Eucharistie, und zwar räumlich und zeitlich (Über Messfeiern mit besonderen Gruppen (Actio pastoralis), Rom 1969; Richtlinien der Bischöfe des deutschen Sprachgebietes für Messfeiern kleiner Gemeinschaften (Gruppenmessen), 1970). Das heißt näherhin: - Eine Agape darf wegen der geforderten eucharistischen Nüchternheit niemals unmittelbar vor einer Messe begangen werden. 12 - Falls der Messe eine Agape folgt, soll sie nicht am selben Tisch gefeiert werden. Eine Verbindung von Messe und Agape in ein und derselben Feier, wie teilweise in der Urkirche Praxis, scheidet damit aus. Dies legt sich aufgrund des gewandelten Sakramentenverständnisses aber auch durchaus nahe. Wesen und heutige Bedeutung der Agape-Feiern Agape-Feiern nehmen eine Stellung zwischen der Eucharistie und dem gewöhnlichen Mahl ein. Sie sind nicht Sakrament, gehören aber gewissermaßen in den Bereich des Sakramentalen, insofern sie, wie Guido Fuchs betont, „ zeichenhaft etwas von der Liebe Christi zu uns ausdrücken“ sollen.5 Im Vordergrund steht die liebevolle Gemeinschaft, die Jesu Gebot entspricht: „ Liebt einander, wie ich euch geliebt habe!“ Die Agape ist zwar keine Sakramentalie im strengen Sinne wie etwa eine Fahrzeugsegnung, der Reisesegen, das Aschenkreuz an Aschermittwoch u. a. m., enthält aber durchaus solche Segnungselemente, z. B. in der Brotsegnung. Bedeutung können Agape-Feiern in heutiger Zeit haben - als Erinnerung und Danksagung an Gott, von dem alle guten Gaben kommen; - als Vorbereitung auf die Messe und zum besseren Verständnis der Eucharistie; - als Möglichkeit, Gemeinschaft im Glauben unter Christen zu erfahren, gerade auch im ökumenischen Bereich; 5 als Mittel und Bindestück sozial-caritativen Engagements. Guido Fuchs, Agape-Feiern, S. 44. 13 Gelegenheiten für eine Agape Als Gelegenheiten für eine Agape bieten sich u. a. an: - der Gründonnerstag: Anknüpfungspunkt ist hier das Letzte Abendmahl Jesu. Eine Agape ist hier sicher besser als ein so genanntes Pessach-Mahl bzw. eine Sederfeier, die sich – bei allen unbestritten positiven Eindrücken, die möglich sind – doch den Vorwurf gefallen lassen muss, dass hier jüdische Riten von Christen einfach imitiert werden; - ferner, aufgrund seines eucharistischen Bezuges, das Fronleichnamsfest, dann der Ostermontag (Erinnerung an das Emmaus-Evangelium: das Mahl des Auferstandenen mit den beiden Jüngern; evtl. eine Station des Emmausganges dazu bei einer Einkehr gestalten); - in den geprägten Zeiten (Frühstück nach einem Rorate oder nach einer Frühschicht im Advent; Fastensuppe an einem Sonntag in der österlichen Bußzeit); - traditionelle, sozial-caritativ ausgerichtete Mähler vor Weihnachten bzw. an Heiligabend mit der Einladung an Bedürftige; - im Zusammenhang mit sakramentalen Feiern (Erstkommunion-, Firm- und Erstbeichtvorbereitung; Primiz) und nach einer Trauerfeier; - im Zusammenhang mit Speisensegnungen (österliche Speisensegnung; Segnung des Johannisweines; Segnung neuen Weines in Weingebieten; Segnung der Erntegaben an Erntedank); - weitere Möglichkeiten: Bibelabend; ökumenische Begegnungen; Hausgottesdienste im Advent und in der österlichen Bußzeit; in Familienkreisen, Gruppen, Verbänden; in der Familie. 14 Mögliche Elemente - Lichtentzünden (Luzernarium / Luzernar) - Brotsegnung- und verteilung; Wein-/Getränkesegnung; Speisensegnung; - Gebete - Bibellesung(en) - Musik und Gesang - geistliches Gespräch - caritatives Engagement Verwendete Literatur: - Guido Fuchs, Agape-Feiern in Gemeinde, Gruppe und Familie. Hinführung und Anregungen, Regensburg 1997. - Hans Bernhard Meyer, Eucharistie (GdK 4), Regensburg 1989, S. 573-579. 15 Ablauf der Agape-Feier Vorzubereiten sind: - eine festlich gedeckte Tafel - Leuchter, Kerzen (noch nicht entzündet!), Streichhölzer - Brot, das gebrochen und ausgeteilt werden kann (z. B. Fladenbrot) - Wein und Traubensaft (evtl. in mehreren Karaffen); andere Getränke - weitere Speisen - Liedzettel - Musik/CD-Player Beginn mit dem Lied: Ubi caritas Luzernarium (Danksagung über das Licht): Herr, unser Gott, im Dunkel gedeiht keine Freude; aber dort, wo Lichter brennen, ruft der Schein alle zusammen, die im Dunkeln stehen, und kündet so deine Gegenwart an. So bitten wir dich: Strahle mit diesem Licht in unsere Beziehungen, damit wir Kinder des Lichtes werden. Werde du für uns Licht, das alle Finsternis erhellt, und führe uns zu jenem Licht, das nie erlöschen wird. Wenn wir nun diese Kerzen zu deinem Lob entzünden, dann entzünde auch in uns das Licht, das die Welt erleuchten kann. 16 Die Kerzen werden nun vom Vorsteher des Mahles entzündet. Lied zur Kerzenentzündung: O Jesu Christe, wahres Licht (Strophe 1+2) Schriftlesung: Lk 24,13-16.28-33a Wir hören eine Lesung aus dem Lukasevangelium: Am ersten Tag der Woche waren zwei von den Jüngern Jesu auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist. Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte. Während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen. Doch sie waren wie mit Blindheit geschlagen, so dass sie ihn nicht erkannten. So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, aber sie drängten ihn und sagten: Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt. Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben. Und als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brot und gab es ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn; dann sahen sie ihn nicht mehr. Und sie sagten zueinander: Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss? Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück. Lied: Herr, bleibe bei uns (GL 18,8) 17 Segnung des Brotes: Herr, du hast uns eingeladen, das Mahl mit dir zu halten. Wir danken dir. In Brot und Wein bist du da. Von dir leben wir, wie wir vom Essen und Trinken leben. Öffne uns die Augen für das Wunder des Brotes, für das Wunder der Erde, für deine Liebe und Güte. Öffne uns die Augen, dass wir dich erkennen, den Gastgeber, der uns das Brot reicht. Du gibst das Brot, du gibst die Liebe. Lass uns weitergeben, was wir empfangen: das Brot und die Liebe. Das gesegnete Brot wird nun gebrochen und an die Teilnehmer weitergereicht. Alle warten, bis jeder ein Stück davon hat, und essen dann gemeinsam. 18 Segnung des Weines/Traubensaftes: Herr, unser Gott, du schenkst uns den Wein als Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit. Er ist Trank der Freude und des Festes. Dein Sohn Jesus Christus hat den Wein erwählt als Zeichen des Neuen Bundes in seinem Blute. Lass uns erfahren, dass du der Gott bist, der die Herzen der Menschen froh macht und Gemeinschaft stiftet. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Der Wein bzw. Traubensaft wird nun ausgeschenkt; alle warten, bis jeder etwas davon erhalten hat, und trinken dann gemeinsam. Psalmlesung: Wir lesen in Psalm 104: Herr, du lässt die Quellen hervorsprudeln in den Tälern, * sie eilen zwischen den Bergen dahin. Allen Tieren des Feldes spenden sie Trank, * die Wildesel stillen ihren Durst daraus. An den Ufern wohnen die Vögel des Himmels, * aus den Zweigen erklingt ihr Gesang. 19 Du tränkst die Berge aus deinen Kammern, * aus deinen Wolken wird die Erde satt. Du lässt Gras wachsen für das Vieh, * auch Pflanzen für den Menschen, die er anbaut, damit er Brot gewinnt von der Erde * und Wein, der das Herz des Menschen erfreut; damit sein Gesicht von Öl erglänzt * und Brot das Menschenherz stärkt. Lied: Laudate omnes gentes Gebet vor dem Mahl: Gott, unser Vater, du gibst uns Speise, denn du liebst uns. Lass bei diesem Essen unsere Gemeinschaft wachsen. Stärke uns in der Bereitschaft, deine Güte weiterzugeben. Sei gepriesen durch Christus, unseren Herrn. Gemeinsames Mahl; währenddessen leise, meditative Musik und geistliches oder freundschaftliches, in jedem Fall aber ungezwungenes, auch fröhliches Gespräch (z. B. über den vergangenen Tag, über das soeben Gehörte, über die Freude des Abends, die Speisen etc.). 20 Gebet am Ende des Mahles: Sei gepriesen, Gott, unser Vater! Durch Jesus, deinen Sohn, hast du uns vom Tod zum Leben geführt. Wir danken dir für dieses Mahl, das uns in seiner Liebe vereint. Lass uns Früchte tragen, damit die Menschen zum Brot deines Wortes finden und das Licht der Auferstehung erfahren. Durch Christus, unseren Herrn. Lied zum Abschluss: Shalom chaverim