Wo Schweizer Täufer eine neue Heimat fanden

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Wo Schweizer Täufer eine neue Heimat fanden
Wo Schweizer Täufer eine neue Heimat fanden
Die erste Schweizer Täufer-Familie hatte sich 1838 in
der Gegend niedergelassen.
1852 folgten 70 weitere Siedler. Sie waren aus dem
Jura, von Moutier (Münster), nach Amerika
ausgewandert auf der Suche nach einem neuen
Leben.
Legende: Scheune im Swiss Heritage Village,
einem Freiluftmuseum in Berne, Indiana. (swissinfo)
Die Mennoniten waren auch im 19. Jahrhundert in
der Schweiz noch gewissen Schikanen ausgesetzt.
Als Migrationsgrund hinzu kam die harsche
wirtschaftliche Lage.
Vom Münsterberg nach Indiana
Die Geschichte der Schweizer Mennoniten-Gemeinde in Berne beginnt mit der Familie Baumgartner 1838.
Neben den Baumgartners zogen zur selben Zeit die ersten amischen Familien in die Gegend. Auch sie
hatten grösstenteils Schweizer Wurzeln.
1852 folgten 70 Mennoniten aus dem Jura. Sie hatten Namen wie Moser, Sprunger, Lehmann,
Neuenschwander, Liechti, Eicher. Ihre Vorfahren waren aus dem Emmental in den Jura geflohen, um der
Verfolgung durch die Berner Obrigkeit zu entgehen.
Die Überfahrt der Gruppe vom Münsterberg (Montagne de Moutier) nach Amerika war hart gewesen, wie es
in lokalen Dokumenten heisst. Viel Geld hatten die Auswanderer nicht, konnten sich nur eine Überfahrt auf
einem Frachter leisten. Etliche überlebten die Fahrt oder den anschliessenden Trek nach Indiana nicht.
"Es gab Männer, die verloren ihre Frauen; Frauen, deren Ehemänner starben; Kinder, welche die Strapazen
nicht überlebten", sagt Bill Simon, dessen Grossvater damals drei Jahre alt war.
Simon spricht zwar kein Deutsch, fühlt sich aber ganz als "Schweizer" und ist stolz auf seine Herkunft, auch
wenn er über die Schweiz von heute wie viele andere in Berne nicht viel weiss.
Land urbar machen
Die Gruppe aus dem Jura war über Ohio nach Indiana gekommen, Land war hier günstiger zu haben. Adams
County war erst ganz dünn besiedelt, eine Wildnis mit Sümpfen und dichten Wäldern.
Bevor sie Häuser bauen konnten, mussten die Siedler Land roden. Neben Bauern gehörten Handwerker wie
Schreiner und Schmiede zu der Gruppe.
Bis heute haben sich Spuren dieser Handwerke in Berne erhalten. So erzählt Loren Liechty von seinem
Grossvater, einem Schreiner aus der ersten Siedlergeneration. Diese Handwerks-Tradition führt Lorens Sohn
heute in vierter Generation weiter.
Immer wieder wird auf das harte Leben der Siedler verwiesen. "Doch sie vertrauten auf Gott, halfen
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einander, arbeiteten hart und ausdauernd. Charaktereigenschaften, auf die bis heute hier Wert gelegt wird",
erklärt Iona Amspaugh, eine pensionierte Lehrerin, die selber nicht aus Berne stammt.
Eisenbahn bringt Entwicklungsschub Um 1870 wurde
bekannt, dass die Grand Rapids and Indiana Railroad eine
Bahnlinie durch Adams County plante. Eine Chance für die
wirtschaftliche Entwicklung der Region, die so ihre
Produkte besser absetzen könnte.
1852 von Schweizer Mennoniten im US-Staat
Indiana gegründet: Berne. (swissinfo)
Zwei Bauern offerierten der Eisenbahngesellschaft denn
auch Land für den Bau eines Bahndepots und eines
Bahnhofs. Das Geschäft kam zustande; an Weihnachten
1871 hielt erstmals ein Zug in Berne.
Mit der Eisenbahn folgten wie erwartet mehr Siedler, vor
allem aus der Schweiz und aus Deutschland.
Kampf gegen Saloons
Die Gemeinde wuchs. Der erste Laden wurde 1871 eröffnet, bald folgten andere Geschäfte. Nicht zur Freude
der streng christlichen Mehrheit der Bevölkerung gab es bald auch erste Saloons.
1886 wurde Berne als Stadt eingemeindet; es lebten nun gegen 350 Menschen hier. Zu den ersten
Aufgaben der neuen Behörden gehörte der Bau einer Schule und einer Ausnüchterungs-Zelle.
Etwas nach der Jahrhundertwende nahmen empörte Bürger, denen der Alkohol-Exzess ein Dorn im Auge
war, die Saloon-Besitzer aufs Korn. Die Tavernen mussten dichtmachen, die Ereignisse gingen als
"Saloon-Kampf" in die Annalen ein.
Mit der Stadt wuchs auch eine Industrie heran. Seit rund 100 Jahren ist Berne ein Zentrum des Möbelbaus.
In der Stadt findet sich auch die älteste Ford-Niederlassung Indianas, sie wurde 1904 eröffnet. Und natürlich
gibt es eine Käsefabrik, Käse gehört nun mal zu einem Schweizer Erbe.
Das einfache Leben der Amischen
Während der Lebensstil der Mennoniten sich modernisiert hat, gehen die Amischen noch heute einem Leben
nach, das an Gotthelfs Zeiten erinnert: Keine Autos, keine Elektrizität, kein fliessend Wasser, dunkle
Kleidung.
Die Amischen leben auf Höfen rund um Berne; sie fahren in einfachsten Pferdekutschen herum. Ein Bild aus
einer andern Zeit, der Zeit der ersten Siedler – im Herzen Amerikas im 21. Jahrhundert.
swissinfo, Rita Emch in Berne, Indiana
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Veröffentlicht: 20:09:06
10.04.2011
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