1 aktuell Nummer 1 Mai 2009 - Landesvereinigung Baden

Transcrição

1 aktuell Nummer 1 Mai 2009 - Landesvereinigung Baden
aktuell
1
Nummer
Nummer 41
Mai 2015
2009
Dezember
Inhalt
2
Inhalt
Aktuell
Dieter Lachenmayer / Paul Russmann
Nicht in meinem Namen!
Nein zum Kriegseinsatz
in Syrien!
S. 3
Dieter Lachenmayer
Breiter Protest gegen NPD-Parteitag:
Nazis in Weinheim
nicht willkommen
S. 4
Markus Bernhard
Interview mit Jona Textor.
Zynische Demonstration
der Macht
S. 4
Machen wir uns stark gegen Rassismus und Gewalt in unserer
Gesellschaft. Für Integration. Für ein friedliches Miteinander.
Große Kundgebung am 16. Januar 2016, 11
bis 13 Uhr, auf dem Schlossplatz in Stuttgart.
Lasst uns gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus auf die Straße gehen. Denn hinter verschlossenen Türen und in aller Stille
können wir nichts ausrichten.
Anzeige:
Timo Heckel
Rede auf der Demo in Weinheim.
Wegschauen und
Spaltung helfen nicht
S. 5
Kommentar
Auch wenn’s der Polizei nicht passt:
Nazis blockieren
bleibt unser Recht!
S. 6
Lothar Letsche
Aufarbeitung der Berufsverbote:
Langsam geht’s voran!
S. 7
Janka Kluge
Vorläufige Bilanz.
Die Verbrechen des NSU und
ihre mangelhafte Aufklärung S. 10
Geschichte
Jörg Rebhan
antifaschistische Arbeitsausschüsse:
„Lernen wir aus unserer
Niederlage!“
S. 15
Heinz Hummler
Abschied von Hans Picard
S. 16
Aus den Kreisen
Erinnerung an die Reichspogromnacht in Cannstatt:
S. 17
Gedenkfeier in Heilbronn
S. 17
Gedenken an den Arbeiterwiderstand in Mannheim
S. 18
Literatur und Medien
Eine schützende Hand
S. 19
Wir gratulieren
…und gedenken
S. 19
Titelbild: Keine Adventstimmung am
Cannstatter Bahnhof
Foto: DL
Lange vergriffen – jetzt wieder neu unentbehrlich bei jeder Friedensaktion!
Pace-Fahne „NO TO NATO“
10 € + Versandkosten beim Friedensnetz Ba-Wü Spreuergasse 45, 70372 Stuttgart
[email protected]
Impressum
Die AntiFa-Nachrichten werden herausgegeben von der
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) Bund der Antifaschisten, Landesvereinigung Baden-Württemberg e.V.
Anschrift:
Email:
Böblinger Str. 195
[email protected]
70199 Stuttgart
Internet:
Telefon: 0711 - 60 32 37
http://bawue.vvn-bda.de/
Telefax: 0711 - 60 07 18
Redaktion: Janka Kluge, Dieter Lachenmayer (V.i.S.d.P)
Die AntiFa-Nachrichten erscheinen 4 mal jährlich. Für Mitglieder der VVN Bund der Antifaschisten ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Für
Nichtmitglieder kostet das Abonnement EUR 10, der Einzelpreis beträgt EUR
1,50.
Konten: BW Bank Stgt., DE62 6005 0101 0002 1197 48 BIC:SOLADEST600
Postbank Stuttgart, DE14 6001 0070 0052 4277 07 / BIC: PBNKDEFFXXX
Druck: Grafische Werkstatt, E. Knödler, Benningen auf 100 % RecyclingPapier.
aktuell
3
Nicht in meinem Namen!
Nein zum Kriegseinsatz in Syrien
Ursprünglich war lediglich eine
Mahnwache gegen ein „Adventmusikkonzert“ der Bundeswehr in der
Cannstatter Lutherkirche geplant.
Doch dann beschloss die Bundesregierung nicht nur Militärmusik nach
Cannstatt, sondern Tornados der
Bundeswehr nach Syrien zu schicken.
Kurzfristig rief die Friedensbewegung,
die die Mahnwache am Mittwoch den
2. Dezember geplant hatte zur Demo
am Cannstatter Bahnhof auf. 250
Menschen konnten innerhalb eines
Tages zur spontanen Aktion mobilisiert werden.
Roland Blach machte in seiner Begrüßung deutllich, was alle bewegte:
„Seit gut vier Jahren müssen wir mit
Entsetzen feststellen, dass Syrien unter Einflussnahme vielfältiger weltweiter und regionaler Mächte im Chaos
versinkt, unendliches Leid vor Ort
hervorruft und viele Millionen Menschen zur Flucht gezwungen hat. An
einer politischen Lösung gab es in all
den Jahren dieses immer stärker
werdenden Stellvertreterkrieges kein
ernstzunehmendes Interesse. … Jetzt
will die Bundeswehr sich mit 1.200
Soldaten an einem gefährlichen Einsatz beteiligen, ohne Ziel und ohne
Verstand. … Frieden können wir nicht
herbeibomben. Deswegen sagen wir
Nein zum Bundeswehreinsatz, nein
zu Krieg und Terror.“
Danach machte sich die Demo unter
den Klängen des ‚Demonstrationsmusikzugs‘ Lokomotive Stuttgart auf den
kurzen Weg zur evangelischen Lutherkirche. Deren Umgebung war inzwischen zum militärischen Sperrgebiet umgewandelt worden. Bewaffnete
Feldjäger
im
Kampfanzug,
mit
Kampfhunden hatten den Zugang zur
Kirche ‚gesichert‘ und gaben der ganzen Umgebung ein wenig adventliches Gepräge.
Im Folgenden Auszüge aus der Rede
Paul Russmanns, des Geschäftsführers von Ohne Rüstung Leben:
„Wir stehen heute hier um gegen den
Kriegseinsatz der Bundeswehr in Syrien zu demonstrieren. Der ehemalige
Verteidigungspolitiker
und
CDUBundestagsabgeordnete Willi Wimmer kommentiert die bevorstehende
Bundestagsentscheidung mit drastischen Worten: „Das Ermächtigungsgesetz für eine deutsche Beteiligung
an einem völkerrechtswidrigen Krieg
gegen Syrien soll in diesen Tagen
durch die Reststruktur des demokratischen Deutschland in Berlin gepeitscht werden“…
Krieg gegen den IS-Terror ist keine
Lösung. Krieg ist ein Verbrechen an
der Menschheit. … Wir sind der festen Überzeugung, dass militärische
Einsätze weder den Opfern nutzen,
noch ein geeignetes Mittel sind, um
den Terror zu verhindern. Im Gegenteil: Die Irakkriege, der Einsatz in Afghanistan die Bombardements in
Lybien, Syrien und gegen den IS zeigen klar und deutlich: Man kann einen
Gegner von Demokratie, Humanität
und Freiheit nicht bekämpfen, indem
man ihm ähnlich wird. Krieg gegen
den Terrorismus zerstört Leben und
Lebensgrundlagen und führt zu Flucht
und neuem Terror.
Mit der Beteiligung am Kriegseinsatz
in Syrien werden nach Überzeugung
der aller meisten Fachleute das
Grundgesetz, das Völkerrecht und die
Menschenrechte mit Füssen getreten.
Sicherheit vor Terrorismus kann durch
Kampfeinsätze der Bundeswehr und
Waffenlieferungen nicht erreicht wer-
Paul Russmann Foto: Jens Volle www.beobachternews.de den. Eine Politik, die den Terrorismus
wirksam bekämpfen will, muss ihm
den sozialen, politischen und ideologischen Nährboden entziehen, auf
dem er gedeiht. Er muss den Krieg
als Mittel der Politik ächten, Waffenlieferungen stoppen und auf die sogenannten Verbündeten wie SaudiArabien, die Türkei, Katar und die
VAE einwirken, den IS nicht mehr
länger mit Waffenlieferungen, Geld
oder den Kauf von Öl zu unterstützen.
Wer Terrorismus bekämpfen will,
muss aber auch vor der eigenen
Haustüre kehren. … Das bedeutet die
eigene Mitverantwortung für Kriegsursachen und Terrorismus wahrnehmen
und dafür sorgen, dass im eigenen
Land und in der Welt endlich mehr
Gerechtigkeit herrscht. Dazu gehört
auch, dass zum Beispiel keine völkerrechtswidrigen Drohneneinsätze vom
Eucom und aus Ramstein mehr möglich sind. … Eine Antwort ist es, all
den jungen Menschen, die in Europa
in Gefahr sind, in die terroristische
Szene abzurutschen, ein ernsthaftes
Gesprächsangebot zu machen, ihnen
Zukunftsperspektiven, Respekt, Anerkennung, Teilhabe und einen Platz in
der Gesellschaft bieten.
Wir fordern heute gemeinsam mit vielen anderen Menschen von der deutschen Bundesregierung:
Ein Nein zu einem Militäreinsatz der
Bundeswehr in Syrien!
Ein Ja zu einem sofortigen Stopp aller
Waffenlieferungen in die Region!
Ein Ja zu einer politischen Friedenslösung im Syrienkonflikt unter Einbeziehung aller Konfliktparteien und der
Beachtung der staatlichen Souveränität Syriens!“
DL
aktuell
4
Breiter Protest gegen NPD-Parteitag:
Nazis in Weinheim nicht willkommen
Bereits zum dritten Mal konnte die
NPD ihren Bundesparteitag in Weinheim an der Bergstrasse abhalten.
Auch in diesem Jahr hatte die Partei
sich gegen den Willen der Stadt und
ihrer Bürger die Nutzung der Stadthalle vor den Gerichten erstritten.
Aber anders als in den letzten beiden
Jahren, in denen der Ort des Parteitags der NPD erst kurzfristig bekannt
geworden war, gab es dieses Mal
mehr Zeit, die Proteste vorzubereiten.
Und tatsächlich: Die Aktionen gegen
das bundesweiten Treffen der Neonazis waren vielseitig, bunt und von sehr
vielen Menschen getragen. Sie begannen bereits am frühen Samstagmorgen mit Mahnwachen an verschiedenen Punkten rund um die von
der Polizei riegeldicht abgesperrte
Stadthalle, in der sich die NPD Versammelte.
Hunderte AntifaschistInnen versuchten an insgesamt drei Punkten den
Zugang der Neonazis zur Stadthalle
zu blockieren. Dabei stießen sie auf
eine geradezu entfesselte Eskalationsstrategie der Polizei, die mit Pfefferspray, Schlagstöcken und Wasserwerfern von Anfang an aggressiv
agierte. So wurden die mit Bussen
angereisten
DemoteilnehmerInnen
unmittelbar nachdem sie ausgestiegen waren unter brutalem Vorgehen
der Polizei eingekesselt und unter
unwürdigen Bedingungen erst stundenlang festgehalten und dann gefesselt nach Mannheim in „Gefangensammelstellen“ und auch die JVA ge-
bracht, wo sie zum Teil bis zum späten Abend festgehalten wurden.
Obwohl
dieses
überzogene,
unverhältnismaßige und rechtswidrige
Verhalten der Polizei, die bunten Proteste überschattete, fanden sich am
Mittag über 2500 Menschen am
Bahnhof zu Kundgebung und Demonstration am Bahnhof ein. Dort begrüßte eine Vertreterin der Antifaschistischen Initiative Heidelberg
AIHD) die TeilnehmeriInnen. Sie verwies in ihrer Rede auf fast 600 Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte,
die das BKA allein in den letzten zehn
Monaten zählte. “Wenn wir heute gegen die Rassisten und Fremdenhasser auf die Straße gehen, dann erteilen wir auch allen denen eine Absage,
die aus der faschistischen Hetze politisches Kapital schlagen wollen. Wir
sagen ganz deutlich: Deutschland hat
kein Flüchtlingsproblem. Dieses Land
hat ein Naziproblem.”
Die anschließende Demonstration
durch Weinheim führte zum Marktplatz, wo auf einer Zwischenkundgebung ein Vertreter der VVN-Bund der
Antifaschisten aus Heidelberg das
Wort ergriff (Auszüge der Rede siehe
Kasten) und dann weiter zu eben jener Kreuzung auf der am Vormittag
die Einkesselung stattgefunden hatte.
Dort sprach unter anderen ein Vertreter des DGB Rhein-Neckar, der das
Verbot der neofaschistischen NPD
forderte.
Auch nach der beeindruckenden Demonstration gingen die Proteste am
Samstag und Sonntag weiter. So fand
an beiden Tagen ein Aktionscamp der
Initiative Weinheim gegen rechts und
ein Kulturfest des Bündnisses Weinheim bleibt bunt statt.
Unterm Strich bleibt, dass an diesem
Tag ein deutliches Zeichen gegen die
NPD und ihre rassistisch-nationalistische Hetze und menschenfeindliche Politik gesetzt wurde.
DL
»Zynische Demonstration der Macht«
Proteste gegen NPD-Parteitag: Verletzte nach brutalem Polizeieinsatz, Aktivistin in Klinik. Ein Gespräch mit Jona Textor (aus junge Welt vom 26.11.15)
Interview: Markus Bernhardt
Am Sonnabend hat die neofaschistische NPD zum dritten Mal in Folge
ihren
Parteitag
im
badenwürttembergischen
Weinheim
durchgeführt. Im Rahmen der gegen die Neonazis gerichteten Proteste kam es an vielen Stellen zu
brutalen Übergriffen der Polizei.
Wie haben Sie deren Einsatz wahrgenommen?
Als extrem brutal und unverhältnismäßig – selbst für routinierte
Demogänger,
die
in
BadenWürttemberg einiges gewöhnt sind.
Wir reisten mit Bussen aus dem Süden an und waren kaum 15 Minuten
in der Stadt, da standen wir auch
schon im Kessel auf der Birkenauer
Talstraße. Begründet wurde dieser
Eingriff in unsere Versammlungsfreiheit damit, dass es in den ersten Minuten zu Rangeleien an einer Polizeiabsperrung gekommen sein soll. Immer wieder wurden im Kessel Menschen ohnmächtig, weil die Polizei
uns so eng zusammendrängte. Einige
hatten blutende Kopfverletzungen,
andere mussten sich aufgrund des
Pfeffersprayeinsatzes übergeben. Der
Kessel wurde von etwa 8.30 Uhr bis
15 Uhr aufrechterhalten, und das genau an dem Ort, an dem eigentlich eine angemeldete Kundgebung stattfinden sollte. Während der gesamten
Zeit des »Gewahrsams« wurde uns
Jona Textor stammt aus Tübingen,
ist in antifaschistischen Strukturen
aktiv und war bei den Protesten in
Weinheim vor Ort
aktuell
alle Fotos in diesem Beitrag: www.beobachternews.de der Zugang zu Toiletten verwehrt. Die
Neonazis wurden nur wenige Meter
von uns entfernt vorbeigeschleust,
wobei sie uns aus ihren Autos heraus
ungehindert filmen und fotografieren
konnten. Auch an der angemeldeten
Abschlussdemo konnte niemand von
uns teilnehmen. Insgesamt gab es an
dem Tag über 200 Festnahmen. Die
letzten Gefangenen kamen erst am
späten Abend wieder auf freien Fuß,
saßen also bis zu fünf Stunden lang
komplett durchnässt in den kalten Zellen.
Im Internet finden sich Videosequenzen, die zeigen, dass vermummte Polizisten friedliche Neonazigegner in Hauseingänge drängten und grundlos auf diese eintraten. Waren das Einzelfälle?
Ganz im Gegenteil. Besonders die
Schlägertruppe von den »Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten«
fiel den ganzen Tag über durch ihre
extrem brutalen Taten auf. Der Kessel
wurde über Stunden hinweg immer
wieder mit Pfefferspray und Schlagstöcken angegriffen – obwohl die Neonazis längst in der Stadthalle waren.
Wir wurden dann einzeln abgeführt
und erkennungsdienstlich behandelt.
Alle Gefangenen wurden mit Kabelbindern gefesselt. Viele von uns
mussten mit hinter dem Rücken gefesselten Händen bei Temperaturen
kurz über dem Gefrierpunkt im strömenden Regen über eine Stunde lang
vor den Beamten stillstehen. Der Abtransport in die Gefangenensammelstellen in Mannheim erfolgte in großen Bussen des öffentlichen Stadtverkehrs.
Viele
Festgenommene
Aus der Rede von Timo Heckel Sprecher der VVN-BdA KV Heidelberg:
Wegschauen und Spaltung helfen nicht
Dass sich 70 Jahre nach der Befreiung eine Partei, die in der Tradition
der NSDAP steht sich in einer deutschen Stadthalle versammeln kann,
ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer
und Verfolgten und eine Blamage für
den Rechtsnachfolger des deutschen
Reichs, die Bundesrepublik Deutschland. 70 Jahre nach dem Sieg der Roten Armee und der Alliierten über den
deutschen Faschismus, haben es die
Deutschen noch immer nicht geschafft mit ihrer Vergangenheit aufzuräumen. …
Dabei lässt sich noch nicht mal der
Stadtverwaltung Weinheims ein Vorwurf machen. Sicherlich, es wurden
auch einige Fehler gemacht, insbesondere, dass die Planungen der
NPD letztes Jahr erst so kurzfristig
bekannt geworden sind - Aber wenigstens hat die Stadtverwaltung versucht den Bundesparteitag in Weinheim zu verhindern. Aber der Versuch
ist vor Gericht gescheitert, weil entscheidend nicht der gute Wille der
Stadtverwaltung ist, sondern der Parteienstatus der NPD. Wie kann es
denn sein, dass eine Partei, die in
Tradition der NSDAP steht, deren
Mitglieder aller Ebenen mehrfach wegen
Gewalt,
Holocaustleugnung,
Volksverhetzung und sonstigen Verbrechen verurteilt sind, eine Partei,
5
mussten während der gesamten Fahrt
auf der Autobahn stehen, und das
ohne die Möglichkeit, sich irgendwo
festzuhalten, weil sie immer noch gefesselt waren.
Eine Demonstrantin musste sogar
mit dem Verdacht auf einen Halswirbelbruch in eine Klinik eingeliefert werden. Wie kam es dazu?
Ich habe die Szene persönlich nicht
beobachtet, aber nach allem was ich
weiß, lag sie bereits verletzt am Boden, als ihr ein Polizist mit seinem
Schlagstock ins Genick schlug. Bei
dem Vorgehen der Polizei grenzt es
allerdings an ein Wunder, dass es unter den Demonstranten nicht zu noch
mehr schweren Verletzungen kam.
Erst vor wenigen Tagen haben
Richter den brutalen Einsatz der
Beamten am »Schwarzen Donnerstag« 2010 bei den Protesten gegen
»Stuttgart 21« als rechtswidrig
klassifiziert. Konsequenzen aus
diesem Urteil scheint die Polizeiführung in Baden-Württemberg
nicht gezogen zu haben …
Ganz im Gegenteil, ich würde den
Großeinsatz in Weinheim sogar eher
als bewusste und zynische Machtdemonstration werten. Egal, wer regiert,
der Polizeistaat Baden-Württemberg
hat wieder einmal unmissverständlich
klargemacht: Der Hauptfeind steht
links, während den Neonazis mit allen
Mitteln und notfalls auch bei Überschreitung geltender Gesetze der
Weg freigeprügelt wird.
deren Programm und Rhetorik eine
einzige menschenverachtende Hetze
ist, wie kann es den sein, dass diese
Partei noch die Privilegien des Parteienstatus zugesprochen kriegt? Damit
ermöglicht die deutsche Gesetzgebung Diskriminierung und Hass.
Faschistische GewalttäterInnen werden vom deutschen Staat mitfinanziert, sei es direkt in der NPD oder
durch Gelder, die durch die NPD in
freie Kameradschaften und andere
Nazistrukturen fließen. Ohne den Parteienstatus wäre die Faschisten gar
nicht in der Lage zu versuchen Immobilien zu kaufen, um darin faschistische Schulungen durchzuführen, wie
es jüngst erst in Meßstetten durch antifaschistischen Druck verhindert werden konnte. Wir fordern daher ein
6
NPD Verbot jetzt!
Nun sind weder die Argumente noch
die Forderung nach einem NPD Verbot neu. Im Jahre 2003 ist das NPD
Verbotsverfahren daran gescheitert,
dass das Bundesverfassungsgericht
nicht in der Lage war festzustellen,
welche auch führenden Mitglieder der
NPD als sogenannte V-Männer auf
der Gehaltsliste des Verfassungsschutz stehen. …
Dieser Inlandsgeheimdienst wirkt sogar bis hinein in den Widerstand gegen Nazis. Das Extremismusmodell,
das komplexe Gesellschaftsstrukturen
in ein Hufeisen pressen will, wurde
vom Verfassungsschutz entworfen
und propagiert, ehe es mit Backes
und Jesse zwei Pseudowissenschaftler gefunden hat, die den ideologischen Unterbau ausformuliert haben.
In der Wissenschaft war es schon
immer umstritten, spätestens seit Beginn Heitmeyers Studien zu Gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit,
wird das Extremismusmodell jedoch
allen Ortes zerrissen und verworfen.
Seine Wirkmächtigkeit hat es dennoch nur bedingt verloren. Hier und
heute sehen wir Relikte dieses ideologischen Machtmittels: Das Bündnis
Weinheim bleibt bunt ist mehr damit
beschäftigt sich von sogenannten Extremisten zu distanzieren, als Kritik an
der Ideologie der NPD zu formulieren.
So wurde aus dem Kulturfest das von
vorne herein nur "anlässlich" des NPD
Bundesparteitags organisiert werden
sollte, eine Veranstaltung gegen Extremismus. … Dabei scheint für
Bündnis und Blog eine Blockade einen größeren Akt der Gewalt darzustellen, als die menschenverachtende
Hetze, die in der Weinheimer Stadt-
aktuell
Auch wenn’s der Polizei
nicht passt:
Nazis blockieren bleibt
unser Recht!
halle organisiert werden soll. … Es
gibt schöne Bilder aus Frankreich. In
den Städten Lille und Metz haben Faschisten der sogenannten identitären
Bewegung versucht Trauerkundgebungen wegen der Attentate für rassistische Propaganda zu nutzen. Woraufhin scheinbar die gesamte Trauerkundgebung auf sie zugelaufen ist
und sie mit Pfiffen, Buh-Rufen und
Sprechchören solange zurück gedrängt hat, bis die Polizei die kleine
faschistische Gruppe ganz aus dem
Weg geräumt hat. Man höre von dieser Gewalt: Nicht nur blockiert, sondern sogar verdrängt!
Dem Faschismus mit wegschauen
und Spaltung zu begegnen hat schon
einmal nicht funktioniert. Das darf nie
wieder vorkommen!
Verfassungsschutz abschaffen
NPD Verbot jetzt
Nie wieder Faschismus - Nie wieder
Krieg!
Die Weinheimer und viele Antifaschistinnen aus der Region haben
am 22. und 23. November gezeigt,
dass sie nicht bereit sind, Neofaschismus und Rassismus in ihrer
Stadt Raum zu geben. Trotzdem
hat nicht dieses eindeutige politische Signal die öffentliche Wahrnehmung
bestimmt,
sondern
Schlagzeilen wie „Proteste eskalieren“ (SWR), „Gewaltsame Proteste“ (RP-online), „200 Festnahmen“,
„Polizist durch Steinewerfer verletzt“, was sich dann übrigens als
„Ente“ herausgestellt hat.
Der Grund dafür liegt nicht am
Verhalten der Demonstrantinnen
und auch nicht an einer Sensationslust der Berichterstattung, sondern an den politischen Vorgaben
für die Einsatzstrategie der Polizei
(und ihre Pressestelle.)
Unter dem Vorwand, die Versammlungsfreiheit von Neonazis
und Rassisten zu gewährleisten,
werden Versammlungsfreiheit und
Demonstrationsrecht der Nazigegner unter martialischem Aufwand
außer Kraft gesetzt.
Seit Jahren ist zu beobachten,
dass dies mit immer aggressiveren
Methoden und immer ungeheuerlicheren Rechtsbrüchen seitens der
Polizei funktioniert. Erinnert sei an
die Polizeikessel am 1. Mai in Ulm
und später in Heilbronn, oder auch
an
die
Polizeiübergriffe
am
schwarzen Donnerstag in Stuttgart
… . Das System hat sich eingespielt: Ca. zwei Jahre nach solchen Einsätzen bekommt die Polizeiführung gerichtlich bestätigt,
dass sie im jeweiligen Fall rechtswidrig gehandelt hat. Aber es nützt
nichts. Diese Urteile bleiben folgenlos. Der Reigen beginnt von
vorne. Dass dieses Spiel der
„Recht und Ordnung“-Rhetorik der
früheren CDU geführten Landesregierungen entsprach, ist offensichtlich. Vollkommen unerklärlich
ist dagegen, dass es unter der
jetztigen grün-roten Mehrheit im
Landtag einfach weitergeht. Es
wird Zeit, das sich das ändert. Dafür braucht es politischen Druck.
Dieter Lachenmayer
aktuell
7
Erste Erfolge bei der Aufarbeitung der Berufsverbote:
Langsam geht’s voran!
Vor einem Jahr, am 10. Dezember 2014 – dem Tag der Menschenrechte – demonstrierten Betroffene der
Berufsverbotepolitik – des „Radikalenerlasses“ vom 27.1.1972 – vor dem Landtag von Baden-Württemberg. Sie
forderten die politische Aufarbeitung dieser Politik und Rehabilitierung der Opfer (siehe AN 14/4) Inwischen hat
sich einiges getan.
Foto: DL
In Baden-Württemberg unter CDUMinisterpräsidenten war eine besonders
harte
Gangart
der
Berufsverbotepolitik der 70er und
80er Jahre gefahren worden. Hier gab
es – in Verantwortung des Landes flächendeckende Ausbildungsverbote,
wiederholtes Vorgehen gegen Tarifbeschäftigte, den Rachefeldzug von
Kultusministern gegen einen als Kabarettist tätigen sozialdemokratischen
Lehrer. Wer die geleistete Unterschrift
unter die vorgelegte „Belehrung und
Erklärung“ als „Erpressung“ bezeichnete, wurde allein schon deshalb nicht
eingestellt. Schließlich gab es 20032007 - als alle dachten, es sei längst
vorbei -den „Nachklapp“ der Verfolgung des Heidelberger Antifaschisten
Michael Csaszkóczy. In BadenWürttemberg spielten in den 1980er
Jahren auch einige besonders krasse
„Bundes“fälle wie die Entlassung des
damals bei der Bundespost tätigen
Technischen Fernmeldehauptsekretärs Hans Peter. Für ihn musste 1990
Alfred Hausser die Grabrede halten.
Hans Peter war in der Verantwortung
des
SPD-Postministers
Kurt
Gscheidle (1924-2003) im Kabinett
von Helmut Schmidt (1918-2015)
buchstäblich zur Strecke gebracht
worden. Er war mit dem Minister noch
per Du gewesen aus der Zeit, als dieser bei der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) in Stuttgart zu arbeiten
begann, zu deren stellvertretendem
Bundesvorsitzenden er später auf-
Berufsverbotedemo vor dem Stuttgarter Mahnmal für die Opfer des Faschismus
1975(?) In KZ‐Uniform die Nazi‐Verfolgten Hartmann, Schwenker, Rieckert,
Gasparitsch Foto: Archiv der stieg.
Aufarbeitungsbedarf besteht also auf
verschiedenen Ebenen und durchaus
auch in der Gewerkschaftsbewegung.
Was hat sich getan? Beginnen wir mit
dem Erfreulichsten.
Grundsatzbeschlüsse bei
ver.di und IG Metall
Nach der GEW, die das schon 2012
tat - und dabei auch für unsolidarisches Verhalten in den eigenen Reihen bei den Betroffenen entschuldigte
-, haben sich auch die beiden größten
Gewerkschaften klar positioniert. In
ver.di sind 2001 die DPG und ÖTV
aufgegangen. Die ver.di-Landesdelegiertenkonferenz
in
Ulm
am
21.03.2015 forderte einstimmig die
Beseitigung aller „Extremisten“klauseln bzw. entsprechenden Bezüge
aus entsprechenden Tarifverträgen.
„Personalräte sollen sich dafür einsetzen, dass auch Ausführungsbestimmungen zum Beamtenstatusgesetz
keine solchen Bestimmungen enthalten.“ Gefordert wird die Einrichtung
einer Arbeitsgruppe auf Bundesebene, die sich „mit den gesellschafts-
8
Berufsverbot konkret:
Es gibt die Meinung, ...
• ... „Berufsverbot“ sei nur ein
politischer Kampfbegriff. Ich
habe schriftlich und von drei Instanzen des Verwaltungsgerichts, rechtskräftig, dass es gar
nicht nötig sei, mich zum Referendariat zuzulassen, denn ich
dürfte in Baden-Württemberg
sowieso nicht Lehrer werden.
Weder an öffentlichen noch an
privaten Schulen. ...
• ... der „Radikalenerlass“ habe
nur Beamte betroffen. Ich
wurde 1981 als Angestellter des
Deutschen Instituts für Fernstudien gekündigt, das den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes anwandte. Dass diese Kündigung nicht klappte, hatte auch
damit zu tun, dass die damalige
SPD auf Bundesebene den Angestelltenstatus als vermeintlichen Ausweg für die Bahn- und
Postbeamten darstellte, während die baden-württembergische Landesregierung ihnen
unbedingt demonstrieren wollte,
wir schmeißen alle Kommunisten und wen wir dafür halten
aus dem öffentlichen Dienst
raus, nicht nur Beamte. Und an
diesem Institut hatte damals der
Bund mitzureden.
• ... irgendwelche Kampagnen
der NPD seien hier einschlägig. Dass Nazis sich auch auf
das EU-Recht und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz berufen, wundert mich
nicht. Das Oberschulamt Stuttgart und die Richter haben sich
allerdings sehr gewundert, als
ich sie an den Artikel 139 des
Grundgesetzes erinnerte. Da
steht drin, die Vorschriften zur
Befreiung Deutschlands vom
Nazismus und Militarismus gelten weiter. Weil das für mich so
wichtig war, wurde mir bescheinigt, ich hätte ein „selektives
Verfassungsverständnis“. Mir ist
es wichtig, weil meine Eltern
Naziverfolgte waren. ...
aktuell
kungen des ‚Radikalenerlasses’ befasst.“ Und „ver.di setzt sich für eine
umfassende Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen der Be
rufsverbote ein.“ Weil Tarifkommissionen autonom sind (und eine Arbeitsgruppe Geld kostet), konnte diese
Position vom ver.di-Gewerkschaftstag
am 24.09.2015 in Leipzig nur einstimmig an den Bundesvorstand
überwiesen werden.
Der IG Metall-Gewerkschaftstag vom
18.-24.10.2015 in Frankfurt forderte
einstimmig, „dass in allen Bundesländern umgehend sämtliche Erlasse
und Regelungen aufgehoben werden,
die im Zusammenhang mit dem ...‚
Radikalenerlass’ erlassen wurden.
Gegenüber den von Berufsverbot Betroffenen ist eine entsprechende Entschuldigung vorzunehmen. Sie sind
umfassend zu rehabilitieren und gegebenenfalls zu entschädigen. Der
Vorstand wird aufgefordert, entsprechende Initiativen des DGB in den
Bundesländern und Bundesbehörden
zu unterstützen.“ Genau das wollen
auch die Betroffenen.
Langsam tauchen
Akten auf ...
Kann man das Thema überhaupt
noch aufarbeiten? Wo sind Unterlagen? Die Betroffenen selbst besitzen
natürlich ihre eigenen Dossiers und
Ordner. Durch Nachfragen und journalistische Recherchen nach der Vergangenheit des Ministerpräsidenten
wurde bekannt, dass in staatlichen
Archiven und auch in Ministerien umfangreiche Aktenbestände lagern.
2000 Dossiers von „Überprüfungen“ –
sechs Regalmeter - aus dem Innenministerium befinden sich im Keller
des Hauptstaatsarchiv.
„Runder Tisch“ des
Landtags
Auf die Stuttgarter Kundgebung vor
dem Landtag reagierte zunächst die
Fraktion der GRÜNEN mit einem Vorstoß zu einem „Runden Tisch“ mit Betroffenen. Die SPD schloss sich an.
13 Betroffene konnten am 19. Juni
2015 vor drei Landtagsabgeordneten
ihre „Fälle“ darstellen. Mit einem Vertreter der FDP-Landtagsfraktion wurde ein gesondertes Gespräch geführt.
Dies und die schriftlich eingereichten
Schilderungen dokumentierten die
gesamte Bandbreite der Bespitzelung,
Verdächtigung, Diskriminierung und
beruflichen Existenzvernichtung, wie
sie damals in der Verantwortung des
Landes praktiziert wurde.
Die Betroffenen machten allerdings
auch deutlich: Eine wissenschaftliche
Aufarbeitung ist sinnvoll und wünschenswert. Gefordert ist trotzdem
politisches Handeln der Landesregierung und des Landtags - nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern
heute und jetzt. Für eine Entschädigung der Betroffenen – in begründeten Einzelfällen – in Form eines
Fonds liegt ein Vorschlag des DGB
Niedersachsen vor, den man sich zu
eigen machen kann.
Wird das noch in dieser Legislaturperiode in Gang kommen? Das wollen
Aus der persönlichen Erklärung
von Lothar Letsche beim „Runden
Tisch“ mit GRÜNE- und SPDLandtagsabgeordneten
am
19.06.2015
Lothar Letsche übergibt dem Ministerpräsidenten eine Anti‐Duckmaus
und gewerkschaftspolitischen Auswir
Foto: www.Berufsverbote.de
aktuell
9
Ausstellung:
Vergessene“ Geschichte - Berufsverbote, Politische Verfolgung in der BRD
Die Niedersächsische Initiative gegen die Berufsverbote hat die Ausstellung
erstellt. Sie wird zur Zeit beim ver.di-Bildungswerk in Hannover gezeigt und
steht in zwei Exemplaren zur Verfügung, die von interessierten örtlichen
Trägern bestellt werden können. Unter anderen soll sie vom 12. April bis 9.
Mai 2016 in Stuttgart-Sillenbuch im Waldheim „Clara Zetkin“ gezeigt werden.
nicht nur die Betroffenen, das war
auch die Aussage der Landtagsfraktionen bei einem zweiten (kleineren)
„Rundtischgespräch“ am 28.10.2015.
Was daraus wird, wie es genau weitergeht, war bei Redaktionsschluss
noch unklar.
Die Rolle des Ministerpräsidenten
Dass die Zeit jetzt knapp wird – bald
ist ja Landtagswahl -, dürfte zu einem
nicht geringen Teil an Ministerpräsident Winfried Kretschmann liegen.
Wegen „K-Gruppen“-Kandidaturen als
AStA-Vorsitzender der Uni Hohenheim 1975 zunächst von Ausbildungsverbot bedroht, hatte er sein
Referendariat absolvieren können, um
dann 1977 doch nicht in den Schuldienst übernommen zu werden. 1978
gelang ihm das erst, nachdem er die
gewünschten Distanzierungen abgelegt und namhafte Fürsprecher gefunden hatte. Schon kurz nach seinem Amtsantritt – im August 2011 –
hatte erstmals der seinerzeit an der
Uni Konstanz selbst betroffene
Schriftsteller Jochen Kelter den neuen
Ministerpräsidenten gebeten, in dieser
Frage aktiv zu werden. Weil nichts
geschah – der Petitionsausschuss
des Landtags 2013 selbst hinter Willy
Brandts „Irrtums“-Erkenntnis zurückfiel – war die Kundgebung der Betroffenen am 10. Dezember 2014 nötig
geworden.
Parallel zur Ankündigung des „Runden Tischs“ im März 2015 meldete
Winfried Kretschmann sich medienwirksam zu Wort, unter anderem
ganzseitig in der Wochenzeitung Die
Zeit. Er habe damals „zu eng ge-
Die Ausstellung besteht aus 20 Tafeln im Format 77,8 x 110 cm. Sie sind in
einer Begleitbroschüre dokumentiert, die gesondert bestellt werden kann (€
3 im Buchhandel ISBN: 978-3-930726-25-7). Für Baden-Württemberg werden Zusatztafeln erarbeitet. Benötigt werden ein bis zwei größere Räume,
um die Tafeln zu präsentieren. Der Versand erfolgt über eine Spedition und
kostet ca. € 100,- bis € 150,-. Die Transportkosten müssen selbst getragen
werden. Anfragen und Bestellungen bei Cornelia Booß-Ziegling ([email protected])oder über www.berufsverbote.de.
Selbstverständlich können auch unsere Kreisvereinigungen örtlich (mit) die
Initiative ergreifen, um diese Ausstellung in Gewerkschaftshäusern, Rathäusern, Hochschulen Volkshochschulen usw. zeigen zu können.
Stimmen zu der Ausstellung in Hannover:
•
„Die Ausstellung ... soll vor allem Jüngeren deutlich machen, wie repressiv ein »Rechtsstaat« gegen linke Aktivisten vorgehen kann.“ (junge Welt)
• „In der Ausstellung wird das gesellschaftliche Klima der damaligen Zeit
dargestellt, gleichzeitig aber auch auf die historischen Vorbilder und die
Konsequenzen dieser Politik der Einschüchterung verwiesen.“ (unsere
zeit)
• „Verdienstvoll, diese Ausstellung. Es war meine Studienzeit, es waren
auch meine Ängste. Die Aufarbeitung ist überfällig.“ (Michael Hans
Höntsch MdL, SPD-Landtagsfraktion Niedersachsen
• „Eine nicht nur visuell, sondern auch inhaltlich, mit historischen Bezügen hervorragend gelungene Ausstellung.“ „Der ‚Radikalenerlass’ ist
zwar aufgehoben, das Gedankengut ist aber noch präsent!“ (Meta
Janssen-Kucz MdL, Landesvorsitzende von Bündnis90/GRÜNE in Niedersachsen)
• „Eine sehr informative und aufrüttelnde Ausstellung. Auch gut für Schüler/innen und Studierende geeignet.“ (Lea Arnold, DGB-Bezirk Niedersachsen - Bremen - Sachsen-Anhalt)
glaubt“, verlautbarte der „bekennende
Katholik“, und ließ (nicht zum ersten
Mal) erkennen, nach seiner heutigen
Meinung sei es ja eigentlich in Ordnung gewesen, dass man so jemand
nicht in den Schuldienst gelassen habe. Auch wenn der Vergleich hinke,
führte er in diesem Zusammenhang
„die Barbaren vom IS“ an: Deren Tun
sei „ohne totale Verblendung im Blick
auf die eigene Religion“ gar nicht vorstellbar. „Es ist Herrn Kretschmann
unbenommen, seine eigenen damaligen Anschauungen und Handlungen
heute so zu bewerten“, konterten die
Betroffenen in einer Presseerklärung..
„Was er in seiner Studentenzeit wirklich geglaubt und warum er es vertreten hat, weiß nur er selbst. Doch er
argumentiert im Grund nicht anders,
als schon 1978 die CDU kurz nach
Filbinger im Landtag. Das hätten sie
gerne gehabt: Was irgendwelche Sekten vorgeblich vertraten, als Rechtfertigung für flächendeckende Bespitzelung und Berufsverbote gegen Demokraten.“ Und sie verwahrten sich dagegen, „wenn er den Tunnelblick seiner höchstpersönlichen Betroffenheit
zum Maßstab der politischen Aufarbeitung der Berufsverbote machen
will und die der Einschüchterung dienenden und existenzvernichtenden
Aktivitäten des ‚Verfassungsschutzes’
in zahllosen Fällen aus der Kritik
nimmt.“
Lothar Letsche
aktuell
10
Vorläufige Bilanz des NSU-Untersuchungsausschusses in Baden-Württemberg:
Die Verbrechen des NSU und ihre
mangelhafte Aufklärung
Noch hat der Untersuchungsausschuss „Die Aufarbeitung der Kontakte und Aktivitäten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und die Umstände der Ermordung der Polizeibeamtin M. K.“,
wie er offiziell heißt seine Arbeit nicht beendet. Im Januar 2016 will er seinen Abschlussbericht vorlegen.
Janka Kluge fasst schon vorher die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Ein lange unerwünschter
Ausschuss
Eigentlich wollte außer einigen Abgeordneten der Grünen niemand einen
Parlamentarischen
Untersuchungsausschuss. Die Abgeordneten betonten immer wieder, dass sie nicht in
der Lage seien, Polizeiarbeit zu machen und außerdem sei in BadenWürttemberg alles ermittelt. Als der
Druck der Öffentlichkeit auf die Politik
zu groß wurde richtete Innenminister
Gall die Ermittlungsgruppe Umfeld
ein. In ihr recherchierten die Beamten
des Landeskriminalamts die Polizeierkenntnisse noch einmal nach. Als
schließlich der Bericht des EGUmfeldes vorgelegt wurde, war die
Enttäuschung groß. Auch hier wurde
zu viel weggelassen. Als der Druck
von einzelnen Gewerkschaften und
antifaschistischen Initiativen immer
größer wurde, setzte der Landtag eine
Enquete-Kommission zum NSU und
seinem
Umfeld
in
BadenWürttemberg ein. Über einem Skandal, den eine fehlerhafte Informationsübermittlung
ausgelöst
hatte,
brach die Kommission auseinander.
Die Enquete-Kommission hatte aber
ohnehin nicht die Aufgabenstellung,
die NSU Verbrechen aufzuklären. Sie
sollte in erster Linie untersuchen, wie
der Verfassungsschutz und das Landeskriminalamt besser gegen Linksund Rechtsextremismus vorgehen
können.
Jetzt blieb nur noch die Einsetzung
eines Untersuchungsausschusses übrig, damit das Parlament einigermaßen sein Gesicht wahren konnte.
Hier dessen wichtigsten Ergebnisse,
die nach vielen Sitzungstagen sichtbar wurden:
Florian Heilig
Ursprünglich wollte sich der Untersuchungsausschuss nur kurz mit dem
Tod von Florian Heilig beschäftigen.
Er war ein Aussteiger aus der Naziszene von Heilbronn. Gegenüber von
zwei Mitschülerinnen hatte er erwähnt, er wisse, wer Michele Kiesewetter umgebracht habe. Die Beiden
nahmen ihn aber nicht ernst. Erst
nachdem sein Zimmer im Wohnheim
seines Ausbildungsplatzes durchsucht
wurde und eine Pistole gefunden
wurde, berichteten sie einer Lehrerin
die Geschichte. Die Lehrerin meldete
sich bei der Polizei, die dann Florian
Heilig vernahm. Die Polizistin, die ihn
vernahm, sagte vor dem Untersuchungsausschuss aus, dass sie ihm
nicht geglaubt habe und ihn für einen
Angeber gehalten habe. Bei dieser
Vernehmung sagte er, dass er zwar
nicht genau wisse, wer den Mord begangen hat, dass aber Neonazis aus
Heilbronn und Öhringen damit prahlten bereits Menschen umgebracht zu
haben. Außerdem erzählte er, dass
es ein Treffen zwischen Mitgliedern
des NSU und einer Gruppe mit dem
Namen NeoSchutzStaffel (NSS) in
© Creative Tools @ flickr.com (CC 2.0)
aktuell
Öhringen gegeben habe. Die NSS ist
eine Gruppe, die ähnlich radikal sei
wie der NSU und genauso wie diese
Morde an Migranten plane. Eingeführt
in die Gruppe habe ihn sein damaliger
Freund Matze. Da die Polizei ihm
nicht glaubte, versuchte sie nicht einmal Matze zu finden. Dabei wäre es
leicht gewesen, weil die Heilbronner
Jungnazis oft an der Heilbronner Philharmonie rumhingen und alle polizeibekannt waren. Nach Aussagen des
Verfassungsschutzes hatten sie aber
kein geschlossenes rechtes Weltbild
und waren somit keine Neonazis. Die
Polizistin, die Florian Heilig verhört
hatte, sagte noch aus, dass sie sich
mit ihm auf die Suche nach dem
Treffpunkt für das Treffen zwischen
NSU und NSS gemacht habe und er
das Haus der Jugend in Öhringen als
den Ort identifiziert habe.
Nachdem später Matze doch noch gefunden worden war und er vor dem
Untersuchungsausschuss aussagte
stellte sich heraus, dass sein Vater
beim Haus der Jugend beschäftigt
war. Eine Überprüfung der Gruppen,
die Räumlichkeiten genutzt haben
ergab aber, dass keine Gruppen mit
den Namen NSU und NSS eingetragen waren. Obwohl die Polizei ihm
nach der offiziellen Version nicht
glaubte nahm sie ihn trotzdem in ein
Zeugenschutzprogramm auf.
Ende Juli 2011 führte das Landeskriminalamt Baden-Württemberg Hausdurchsuchungen bei 18 Neonazis
durch. Dabei wurden mehrere Waffen
und über 1000 Schuss Munition gefunden. Die Polizei teilte dann auf einer Pressekonferenz mit, dass es sich
bei den Nazis um polizeibekannte
Personen gehandelt habe, die eine
Organisation, ‚Standarte Württemberg‘, gegründet haben, um Ausländer durch Mord aus Deutschland zu
vertreiben. Obwohl die Gruppe bis
dahin nicht in Erscheinung getreten
war, ist es der Polizei gelungen die
Hausdurchsuchungen durchzuführen.
Bis heute ist unklar, woher die Informationen über die Gruppe stammen
und ob die NSS ein Teil der Standarte
Württemberg war. Obwohl einiges dafür spricht, interessiert sich der Untersuchungsausschuss nicht für diese
Gruppe.
Florian Heilig ist nach seinem Ausstieg immer wieder von seinen ehemaligen Kameraden bedroht worden.
Angeblich wollten sie von ihm 2000
Euro für die Pistole, die bei der
Durchsuchung seines Zimmers gefunden worden war. Wenn es nur um
das Geld gegangen wäre hätte die
Familie ihm bestimmt das Geld gegeben. Viel wahrscheinlicher ist aber,
dass die Nazis sich für einen Verrat
rächen wollten. Er wurde mindestens
zweimal von Neonazis angegriffen.
Dabei wurde ihm sogar ein Messer in
den Bauch gerammt. Weil seine Verletzung im Krankenhaus behandelt
wurde, ist sie heute noch aktenkundig. Er sprach immer wieder davon,
dass er von Kroaten bedroht werde.
Eine der führenden Personen im Kreis
der süddeutschen Naziszene ist der
gebürtige Kroate Markus Frntic. Er
war der Leiter der baden-württembergischen Sektion von Blood &
Honour. Diese Organisation war ein
Zusammenschluss
neonazistischer
Musikbands und Labels. Sie wurde
stark von dem Stuttgart Anwalt und
Neonazi Steffen Hammer gefördert.
Er war bis zur Auflösung im Dezember 2010 Sänger der Band „Noie Werte“. Auf zwei nicht veröffentlichten
DVDs des NSU wurde Musik von
Noie Werte zur Unterlegung der Bilder
verwendet. Markus Frntic hat, nachdem ein geplantes Verbot von Blood
& Honour wegen terroristischen Bestrebungen bekannt wurde 1999 die
Gruppe „Furchtlos und Treu“ gegründet. Blood & Honour und die Jugendorganisation White Youth wurden im
Jahr 2000 verboten. „Furchtlos und
Treu“ hat dann die Arbeit von Blood &
Honour fortgesetzt. Im Januar 2004
kam es in mehreren Bundesländern
zu Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern von „Furchtlos und treu“. Die in
der NSU Berichterstattung sehr gut informierte
Stuttgarter Nachrichten
schrieb dazu am 24.7.2015:
„Ermittler fanden im Januar 2004 in
deren Wohnungen 500 Gramm
Sprengmasse, fünf Meter Sprengschnur, Übungshandgranaten und
2500 Schuss Munition; bei Frntic nur
ein Plastikgewehr und einen durchbohrten Gewehrlauf. Der Rechtsradikale vom Neckar kam davon. Bis heute zeigt sich „Furchtlos und Treu“ mit
Pistolen und Gewehren. Die Kameraden reisen mit Frntic nach Österreich
zu Treffen kroatischer Faschisten.
Dort tragen sie T-Shirts mit dem Aufdruck: „Deutsch-kroatische Waffen-
11
brüder“.
Obwohl auch hier Waffen und Munition gefunden wurden, gab es bis heute wie bei der ‚Standarte Württemberg‘ kein Verfahren gegen die Beteiligten und das obwohl die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung
eingeleitet hat.
Plötzlicher Tod
Florian Heilig sollte am 16.9.2013 um
17 Uhr von der Ermittlungsgruppe
Umfeld zu seinen Aussagen an seinem neuen Ausbildungsplatz in Geradstetten verhört werden. Nach Aussagen seiner Familie hat er am Abend
davor einen Anruf bekommen, der ihn
völlig verstört hat. Zu seiner Schwester sagte er, sie würden ihn bekommen, egal was er mache. Unklar ist
bis heute, wen er mit „sie“ gemeint
hat. Er war zu der Zeit im
Aussteigerprogramm des BIG Rex
des
Landeskriminalamts
BadenWürttemberg. Weil er immer wieder
von Neonazis telefonisch bedroht
wurde, wechselte er immer wieder
seine Handynummer. Trotz dieser
Schutzmaßnahmen hatten seine früheren Kameraden die neuen Nummern kurz nachdem er sie bei BIG
Rex hinterlassen hat. Der Beamte,
der ihn betreut hat, wollte vor der öffentlichen Sitzung des Ausschusses
nichts dazu sagen. Was er über das
offensichtliche Leck in seiner Behörde
in nicht öffentlicher Sitzung gesagt
hat, ist leider nicht bekannt. Es wäre
interessant zu wissen, ob Polizeibeamte die Nummern weitergegeben
haben oder andere Aussteiger an die
Nummern gekommen sind. Nach der
Befragung des Beamten von BIG Rex
wurde für mich deutlich, dass die
Kombination von Landeskriminalamt
und Aussteigerprogramm unglücklich
ist und für die Betroffenen gefährlich
sein kann.
Die ‚tageszeitung‘ schrieb ein Jahr
später am 15.9.14 "Doch Heilig blieb
nicht in Geradstetten. Am Montagmorgen stand sein Fahrzeug vielmehr
20 Kilometer entfernt in Stuttgart, am
Rande des 'Cannstatter Wasens', eines großen Festplatzes. Gegen neun
Uhr näherte sich ein Radfahrer, sah
eine Stichflamme im Fahrzeug und
wie der Wagen schnell lichterloh Feuer fing. Im Auto saß Florian Heilig und
12
verbrannte. Die Polizei sprach schon
am nächsten Tag von einer Selbsttötung. Heilig habe im Fahrzeug wohl
Benzin ausgeschüttet und dann selbst
angezündet. Das Motiv liege vermutlich 'im Bereich einer persönlichen
Beziehung'."
Die Staatsanwaltschaft ging überraschend schnell von einem Selbstmord
aus und sie verhinderte die genaue
Untersuchung des ausgebrannten Autos. Als erstes sagte der Polizist, der
die Todesnachricht ihres Sohnes der
Familie überbrachte, dass er sich wegen schlechter Noten umgebracht habe. Nachdem der Vater ungläubig
sagte, dass ihr Sohn ein EinserKandidat gewesen sei schob die
Staatsanwaltschaft kurz später die
Erklärung nach, dass Florian Heilig
sich aus Liebeskummer umgebracht
habe. Sowohl seine Familie, als auch
seine damalige Freundin widersprachen vor den Untersuchungsausschuss dieser neuen Version. Auffällig
ist, dass die Staatsanwaltschaft erst
gar nicht versucht hat, die Ursachen
seines Todes wirklich zu ermitteln.
Der Familie gelang es, das verbrannte
Autowrack zurückzubekommen. Eigentlich wollte die Staatsanwaltschaft
das Auto in die Schrottpresse geben.
In dem Auto wurden auch noch Verpackungen von Medikamenten gefunden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass
Florian Heilig an dem Abend noch einen Medikamentencocktail zu sich
genommen hat. Leider wurde er nicht
darauf untersucht. Es kann gut sein,
dass er sich umbringen wollte, weil
der Druck von beiden Seiten zu groß
für ihn wurde. Sowohl seine ehemaligen Nazifreunde setzen ihn unter
Druck, als auch das Landeskriminalamt.
Bei dem Tod von Florian Heilig gab es
so viele Schlampereien und Ungereimtheiten, dass jetzt die Staatsanwaltschaft neu ermittelt. Allerdings
wird sie wahrscheinlich wieder zu
dem Ergebnis kommen, dass es
Selbstmord war. Bei einem anderen
Ergebnis müsste sie ja auch der Frage nachgehen, wer der Mörder war.
Torsten Ogertschnig und
Günter Stengel.
Torsten Ogertschnig kommt ebenfalls
aus Heilbronn. Er wurde in Handschellen vor den Untersuchungsaus-
aktuell
schuss geführt, weil er zurzeit in der
Justizvollzugsanstalt Hannover inhaftiert ist. Er wurde zu einer hohen
Haftstrafe wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen und dem
Besitz von Munition verurteilt. Die Türen im Plenarsaal sind besonders gesichert. Er will aber gar nicht fliehen,
sondern nutzt im Gegenteil die Gelegenheit, um vor Publikum - es ist auch
viel Presse anwesend - über seine
Sicht der Dinge zu sprechen. Zur
Vorgeschichte: Torsten O. arbeitete
als Informant unter dem Namen „Erbse“ für den Verfassungsschutz. Er
wendet sich 2003 an den Pfarrer einer
kleinen Gemeinde bei Heilbronn. Die
Geschichte, die er dem Pfarrer erzählt, klingt wirr. Er behauptet u.a. zu
wissen, wer den schwedischen Ministerpräsident umgebracht habe. Ganz
gleich was er erzählte, immer war es
der Mossad, der hinter allem steckte.
Dem Pfarrer kamen die ganzen Geschichten so merkwürdig vor, dass er
beim LKA anrief. Dieses schickte einen Beamten vom Verfassungsschutz
mit dem Schwerpunkt Spionageabwehr, Günter Stengel. Vor dem
Untersuchungsschuss berichtet Günter S., dass für ihn der Mann ein Aufschneider war. Dann erzählt Torsten
O., dass er im Kontakt zu einer Gruppe mit dem Namen NSU stehe, für die
er eine Bank für einen Überfall ausspähen soll. Er nennt auch Namen,
unter anderem von Nazis aus der Region von Heilbronn und den Namen
Mundlos. Günter S. konnte ihn sich so
gut merken, weil er sich noch dachte,
solche Leute brauchen wir, die keinen
Mund haben und nicht reden können.
Wieder im Büro verfasste er einen Bericht über das Gehörte. Vor dem
Untersuchungsausschuss des Bundestags sagt er, dass er auf Anweisung seines Vorgesetzen alle Hinweise auf NSU und Mundlos aus dem
Bericht nehmen sollte. Er macht sich
bis heute starke Vorwürfe, dass er
gehorcht und nicht weiter ermittelt hat.
Als Günter S. vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags
ausgesagt hat, war er noch ein gefestigter in sich ruhender Beamter. In der
nachfolgenden Zeit wurde er beim
Landesamt für Verfassungsschutz so
gemobbt und fertiggemacht, dass er
inzwischen arbeitsunfähig und frühberentet ist. Vor dem Untersuchungsausschuss in Stuttgart konnte (oder
wollte) sich Stengel nicht mehr an die
Aussagen vor dem Bundestag erinnern.
Auch Torsten O. konnte sich nicht erinnern, vor dem Auffliegen des NSU
von der Gruppe gehört zu haben. Die
Mitglieder des Ausschusses waren
zufrieden. Der Journalist Thomas Moser hat Torsten O. nach seinem Auftreten in Stuttgart im Gefängnis besucht. Torsten O. sagte ihm, dass er
bedroht worden sei. Er soll im Untersuchungsausschuss nichts über den
NSU sagen, ansonsten kommt er so
schnell nicht mehr aus dem Gefängnis. Er hat dem Journalisten außerdem gesagt, dass er damals vom
NSU von einem verdeckten Ermittler
des Bundeskriminalamts gehört habe
und dass er bereit sei, noch einmal
vor dem Ausschuss in Stuttgart auszusagen. Ob der Ausschuss das Angebot wahrnimmt, ist mehr als fraglich. Für ihn ist der Fall Erbse abgeschlossen und damit auch die Frage,
seit wann der Verfassungsschutz von
der Existenz des NSU wusste.
„Krokus“
Die V-Frau „Krokus“ informierte den
Verfassungsschutz ebenfalls über
Naziaktivitäten im Raum Heilbronn.
Da sie keine Nazifrau war, hatte sie
nur beschränkten Zugang zu Informationen. Sie besorgte für das Amt
Flugblätter und Zeitungen der Nazis.
Außerdem hatte sie immer wieder
Kontakt zu Nelly Rühle, einer Friseurmeisterin aus dem Hohelohischen. Diese war jahrelanges Mitglied der NPD und kandidierte mehrfach für die Partei. Nach eigener Aussage vor dem Untersuchungsausschuss ist sie aus der NPD ausgetreten, nachdem in einem Zeitungsartikel
berichtet worden war, dass ihre Tochter auf der Walddorfschule in Crailsheim über Jahre eine schwarze Mitschülerin gepeinigt hat. Die Kinder,
ein Sohn von ihr war ebenfalls auf der
Walddorfschule, wurden von der
Schule verwiesen und Nelly Rühle
aus dem Schulverein ausgeschlossen.
„Krokus“ hat aber auch ausgesagt,
dass eine Krankenschwester aus dem
Krankenhaus Ludwigsburg im Friseursalon über den Gesundheitszustand von Martin Arnold, dem angeschossenen Kollegen von Michele
aktuell
Kiesewetter, ausgehorcht worden ist.
Daraus entspann sie die Geschichte,
dass Nazis aus Heilbronn / Öhringen
gezielt Informationen über Martin Arnold gesammelt haben.
„Krokus“ ist vor einigen Jahren überstürzt aus Deutschland nach Irland
abgereist. Sie ist in Begleitung des
mehrfach vorbestraften Alexander
Gronbach in Irland untergetaucht.
Auch Gronbach soll Informationen
über die Heilbronner Nazis an den
Verfassungsschutz geliefert haben.
Eine Zeitlang galten die beiden als
glaubwürdige Zeugen, sie hätten sich
aber durch immer offensichtlichere
„Räuberpistolen“ selbst disqualifiziert.
Die ehemalige NPD-Frau Nelly Rühle
konnte den Ausschuss überzeugen,
dass sie bei der angesprochenen
Krankenschwester eine Hochzeitsfrisur gemacht hat. Dabei hätten sie, so
Rühle, auch über die Arbeit ihrer
Kundin gesprochen. Auch die ehemalige Krankenschwester, sie hat inzwischen die Arbeit gewechselt, bestätigte diese Version. Sie sagte auch aus,
dass sie über den Gesundheitszustand von Martin Arnold gar nichts
hätte sagen können, weil er auf einer
anderen Station lag, zu der sie keinen
Zugang hatte.
Es gab allerdings eine andere Krankenschwester die sowohl Kontakte in
die Naziszene von Heilbronn, als
auch in das Umfeld des NSU hatte.
Sie ist bis jetzt aber vom Ausschuss
noch nicht angehört worden.
Ku-Klux-Klan
Ende September 1996 bekam das
Landeskriminalamt Stuttgart einen
Hinweis seiner brandenburgischen
Kollegen, dass es in Stuttgart einen
Ableger des KKK gebe, der von Markus Frntic angeführt werde. Das blieb
aber nicht der einzige KKK Ableger im
Südwesten. Der inzwischen ausgestiegene Nazimusiker Achim Schmidt
gründete mit anderen zusammen
ebenfalls einen Ableger des KKK. Bei
diesem Ableger waren auch zwei Polizisten aus der Einheit von Michele
Kiesewetter Mitglieder. Sie sagten
aus, dass ihnen nicht klar war, dass
sich dort Nazis und Rassisten träfen.
Nicht nachvollziehbar ist, dass die
beiden Beamten lediglich ermahnt
worden sind. Die beiden Polizisten
waren die einzigen, die Mitglieder im
Klan waren. Interesse hatten aber so
viele andere aus der Polizei in BadenWürttemberg,
dass
Klangründer
Achim Schmidt scherzte, er könne eine eigene Polizeiabteilung aufmachen. Achim Schmidt war nicht nur
ein sehr umtriebiger Nazi, sondern
arbeitete auch mehrere Jahre für den
Verfassungsschutz. Mehrfach sagte
Beate Bube, Leiterin des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg, dass die Zusammenarbeit mit
ihm sofort nachdem seine Aktivität im
Klan bekannt geworden war, eingestellt wurde. Informationen, die verschiedenen Zeitungen zugespielt
wurden belegen aber, dass der Verfassungsschutz schon viel früher vom
Klan gewusst haben muss.
Thomas Richter, Deckname „Corelli“
Hier kommt Thomas Richter ins Spiel.
Er hat über viele Jahre dem Bundesamt für Verfassungsschutz unter dem
Decknamen „Corelli“ über neonazistische Strukturen und Aktionen berichtet. Er lieferte dem BfV so viel Material, dass vieles unbeachtet einfach ins
Archiv gewandert ist. Zu diesen nicht
bearbeitetem und ausgewertetem Material gehört eine CD mit tausenden
Bildern aus dem Nationalsozialismus.
Neben den vielen Bilddateien gibt es
auf der CD auch eine Wortdatei. Hier
bekennt sich ein „NSU in der NSDAP“
für die Zusammenstellung verantwortlich und fordert dazu auf das Material
zur Propaganda einzusetzen. Sie betonen, dass die CD nicht verkauft,
sondern kostenlos kopiert und weitergegeben werden soll. Nachdem die
CD beim Verfassungsschutz gefunden wurde hat der Parlamentarische
Kontrollausschuss im Bundestag den
Grünen Abgeordneten Jerzy Montag
beauftragt alles über „Corelli“ zu ermitteln. nach monatelangen Recherchen hat er einen umfangreichen Bericht mit über 300 Seiten abgeliefert.
Der Ausschuss, der zur Überwachung
der Geheimdienste eingerichtet worden war, hat aber lediglich eine Kurzfassung von 30 Seiten freigegeben.
Die seiner Aussage über den V-Mann
„Corelli“ vor dem Untersuchungsausschuss durfte sich Montag auch nur
auf diese Kurzfassung beziehen.
Thomas Richter war auch führendes
Mitglied im Ku-Klux-Klan aus Schwä-
13
bisch-Hall. In der Gruppe war er für
die Anwerbung neuer Mitglieder zuständig. Er berichtete dem Bundesamt auch über den Klan, das Hinweise über die Aktivität an das Landesamt für Verfassungsschutz weitergab. Auf diesem Weg erfuhr das Landesamt auch von der Mitgliedschaft
der beiden Polizisten bei der extrem
rassistischen Organisation. Thomas
Richter starb kurz bevor er im Prozess
gegen Beate Zschäpe aussagen
konnte an einer nicht entdeckten Diabetes. Über seinen Tod gab es viele
Spekulationen. Für Jerzy Montag, der
neben seinem Amt als Bundestagabgeordneter als Strafverteidiger arbeitet, war nach der Auswertung von allen ihm zugänglicher Fakten klar,
dass es ein natürlicher Tod, ohne
Fremdeinwirkung war. Vor dem Ausschuss sagte er, dass er vorsichtshalber die Unterlagen, die sich mit den
Umständen des Todes von „Corelli“
befassen auch mehreren befreundeten Medizinern gezeigt hat. Sie konnten ebenfalls keinen Hinweis auf eine
Fremdeinwirkung erkennen.
Michele Kiesewetter
Obwohl der Ausschuss bei seiner
Einsetzung sich unter anderem die
Aufgabe gestellt hat, sich mit den
Umständen des Mordes an Michele
Kiesewetter und dem Mordversuch an
Ihrem Kollegen zu befassen, kam er
erst spät zu diesem Komplex. Zur Erinnerung: die Polizistin wurde während einer Pause am 25. April 2007
auf der Heilbronner Theresienwiese
erschossen und ihr Kollege schwer
verletzt. Die Staatsanwaltschaft ging
sehr schnell davon aus, dass sie das
Opfer einer Zufallstat wurden. Der leitende Staatsanwalt aus Heilbronn betonte mehrfach vor dem Ausschuss,
dass er in „alle Richtungen“ ermitteln
ließ. Die Realität sah aber anders
aus. Eine Familie von Sinto, die zur
Tatzeit auf der Theresienwiese war.
kam schnell in den Focus der Ermittler. Dazu kam eine Phantomspur von
einer Frau die scheinbar in ganz Süddeutschland, in Österreich und in
Nordfrankreich aktiv war. Erst nach
zwei Jahren stellte es sich heraus,
dass die vermeintlich heiße Spur
durch verunreinigte Wattestäbchen
entstanden war. Sie gehörten einer
Arbeiterin der Firma, die die Stäbchen
14
herstellte.
Obwohl im März 2009 deutlich war,
dass die Ermittlungen in eine Sackgasse geraten waren, weigerte sich
der Staatsanwalt Phantombilder zu
veröffentlichen, die von mehreren
Zeugen angefertigt worden waren.
Noch in der letzten Sitzung des Ausschusses rechtfertigte er seine damalige Entscheidung. Für ihn sind nach
wie vor alle Zeugen des Tatgeschehens unglaubwürdig. Selbst das nach
Aussagen von Martin Arnold angefertigte Phantombild des Mannes, den er
gesehen hat, hält er für nicht aussagekräftig. Der Polizist hatte nach der
Tat keine Erinnerung mehr, diese sei
– so der Staatsanwalt – erst nach einer Hypnosebehandlung wieder gekommen und damit fragwürdig. Die
Täter haben nicht nur auf die beiden
Polizisten geschossen, sondern ihnen
auch noch die Waffen abgenommen.
Spätestens dadurch mussten sie mit
dem Blut der beiden in Berührung gekommen sein. Die Waffen wurden am
4. November 2011 im ausgebrannten
Wohnmobil der beiden toten Neonazis
Mundlos und Böhnhardt gefunden.
Damit ist die Ermittlung an die Bundesanwaltschaft übergegangen. Diese hat sofort erklärt, dass der Mord an
Michele Kiesewetter von den rechten
Terroristen aus Hass auf den Staat
begangen wurde. Keines der Phantombilder hat auch nur eine annähernde Ähnlichkeit mit Mundlos oder
Böhnhardt. Die Befragung
eines
Fachmanns für Telefonverbindungen
hat ergeben, dass die bekannten
Handynummern von Mundlos und
Böhnhardt zur Tatzeit auch nicht in
Heilbronn eingeloggt waren. Stattdessen ergab die Auswertung der Handynetze, dass eine größere Gruppe
von Hells Angels und gleich mehrere
mit Internationalen Haftbefehlen gesuchte Kriminelle im Umfeld des Tatorts waren. Allerdings kann die nachträgliche Ortung der Handys je nach
Netz einen Umkreis von 5 bis 10 Kilometer umfassen.
Für den Heilbronner Staatsanwalt waren auch die Aussagen der Zeugen
unglaubwürdig. Sie hatten, unabhängig voneinander von mehreren Männern und einer Frau gesprochen, die
vom Tatort weggerannt seien. Nach
Ermittlungen des Landeskriminalamtes aus dem Jahr 2009 gingen sie von
mindestens 6 Tatbeteiligten aus. Un-
aktuell
glaubwürdig war für ihn auch ein Informant der Heilbronner Polizei, der
sich unter den Zeugen befand. Die
Zeugen hatten auch über blutverschmierte Männer, die sich im Neckar
Blut von den Händen gewaschen haben berichtet. Außerdem haben Zeugen angegeben, dass sie zwei Männer gesehen haben, die auf Russisch
„Schnell, schnell“ gerufen haben und
in ein Auto mit laufendem Motor gesprungen sind.
Noch ein toter Zeuge?
Im Ausschuss kam heraus, dass das
LKA aufgrund der Phantombilder eine
Spur verfolgt hat. Sie erkannten in einem der Bilder den noch jugendlichen
Arthur Christ aus Heilbronn wieder. Er
hatte sowohl Kontakte in die Drogen,
als auch in die Neonaziszene. Am 28.
Januar 2009 verbrannte er neben seinem Auto auf einem Waldparkplatz.
Bis heute ist der Tod des jungen
Mannes nicht aufgeklärt.
Bei den Ermittlungen wurde nie berücksichtigt, dass Michel Kiesewetter
als verdeckte Ermittlerin in der Drogenszene zwischen Stuttgart und
Heilbronn eingesetzt war. Bekannt
wurde auch, dass sie sich am Abend
vor dem Mord, sie war mit einem Kollegen in einer Böblinger Pizzeria essen, bedroht gefühlt hat. Der besagte
Kollege bestätigte, dass sie Angst gehabt hat. Außerdem hat er eine Person auf den Phantombildern wiedererkannt, die an dem Abend auch in
dem Lokal anwesend war.
Kurz vor Schluss der Anhörungen hat
sich noch ein älteres Ehepaar beim
Vorsitzenden des PUA gemeldet. Sie
haben damals mit ihrem Handy Videoaufnahmen von dem Tatort kurz
nach dem Mord gemacht. Die Polizei
hat diese Aufnahmen nie ernsthaft
ausgewertet. Anfang des Jahres 2015
bekamen sie dann doch noch Besuch
von Beamten, die sie befragten. Auf
Nachfrage des Ausschusses haben
aber weder das LKA noch die Heilbronner Kriminalpolizei die Verhöre bestätigt. Das Ehepaar konnte sich auch
nicht daran erinnern, dass die beiden
Beamten sich und ihre Behörde vorgestellt haben.
Bei einer Tatortbesichtigung haben
die Mitglieder des Ausschusses
mehrheitlich mit Erleichterung festgestellt, dass alle Zeugen die mehrere
Täter gesehen haben wollen, un-
glaubwürdig seien. Sonst könnte es
sein, dass der Untersuchungsausschuss zu einem anderen Ergebnis
kommt wie die Bundesanwaltschaft,
für die feststeht, dass die Tat nur von
Mundlos und Böhnhardt begangen
wurde. Wolfgang Drexler, der Vorsitzende des Ausschusses, hat auf diese Vorwürfe in einem Artikel an die
Autorin geantwortet, dass für ihn die
Täterschaft noch nicht eindeutig geklärt ist.
Ohne dem Abschlussbericht des
Untersuchungsausschusses vorgreifen zu können zeichnet sich bereits
jetzt eine Tendenz ab: Die Kontakte
von
Neonazis
aus
BadenWürttemberg gab es zwar zum NSU
Umfeld, aber nicht zu den dreien. Für
Antifaschisten, die die Sitzungen beobachteten, haben sich trotzdem neue
Erkenntnisse über die Nazistruktur in
Baden-Württemberg ergeben.
Ein Blick in die Zukunft
Dadurch, dass Politiker aller im Landtag vertretener Parteien sich Jahrelang gegen die Einrichtung eines
Untersuchungsausschusses gewehrt
hatten, blieb wenig Zeit. Forderungen
von antifaschistischen Gruppen, Gewerkschaftern, den Jusos und der
Grünen Jugend blieben ungehört,
oder wurden ins Lächerliche gezogen.
Ungeklärt ist auch, warum sich Innenminister Gall besonders stark gegen die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses gewehrt hat.
Nach aller politischen Logik hätte er
die Möglichkeit gehabt, die Vorgängerregierungen von der CDU vorzuführen und zu zeigen, dass in einer
Grün-Roten Regierung eine andere
Sprache gesprochen wird.
Entsetzt von den vielen Schlampereien und Vertuschungen, die durch den
Ausschuss öffentlich wurden haben
die Mitglieder des Ausschusses in einer nicht öffentlichen Sitzung beschlossen dem nächsten Landtag die
erneute Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu empfehlen.
Schwerpunkte sollen dabei der Mord
und Mordversuch an Michele Kiesewetter und ihrem Kollegen Martin Arnold sein, die neonazistische Musikszene in Baden-Württemberg und die
Kontakte der Nazis aus dem Land
zum Umfeld des NSU sein.
Es bleibt spannend.
Janka Kluge
Geschichte
15
Vor 70 Jahren - antifaschistische Arbeitsausschüsse organisieren den Wiederaufbau:
„Lernen wir aus unserer Niederlage!“
Gegen Ende der Naziherrschaft organisierten sich in ganz Deutschland Überlebende des Naziterrors meist
Kommunisten, Sozialdemokraten und GewerkschafterInnen, um ihren Beitrag für eine neue, bessere Gesellschaft zu leisten.
Die Gruppen hatten keine Verbindung
zueinander und trugen Namen wie
„Antifaschistische Aktionsausschüsse“(Solingen) oder „Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus“ (Bremen). In Stuttgart entstand das
„Kampfkomittee gegen den Nationalsozialismus“, in dem u.a. der Kommunist Otto Lämmle und der Sozialdemokrat Erhard Schneckenburger mitarbeiteten. Es gab eine Zeitschrift
heraus, „Der Stuttgarter Aufbau“, in
deren Leitartikel vom 7.Mai 1945
Rückschau auf den Beginn des Faschismus gehalten wird und die nun
anstehenden Aufgaben genannt werden.
So heißt es über die Gründe für die
Naziherrschaft: Der Nationalsozialismus war der letzte Versuch der deutschen Kapitalisten und Imperialisten,
mit dem Betrugsmanöver des Hitler'schen 'Sozialismus', verbunden mit
einer blutigen Diktatur und mit Hilfe
eines Raubkrieges ihre tödliche Krise
zu überwinden und ihre Ausbeuterherrschaft zu erhalten.
Und zu den organisierten ArbeiterInnen , als Gegner dieser Diktatur heißt
es hier: […] Auf der anderen Seite
gab die Arbeiterklasse - uneinig über
den Weg zum gemeinsamen Ziel und
über die Methoden des Kampfes und
in sich gespalten - alle ihre Machtmittel und Machtpostitionen kampflos
aus der Hand und kapitulierte vor dem
Hitler-Faschismus.
Nach dieser Rückschau wird die Situation im Frühjahr 1945 klar dargestellt:
Das von den Nazis hinterlassene
Wirtschaftschaos und die drohende
Hungersnot stellen das deutsche Volk
vor die Alternative: Entweder zu
kämpfen für eine neue, bessere
Wirtschafts und Gesellschaftsordnung- für den Sozialismus- oder
unterzugehen in der jegliche Kultur
zerstörenden und den Bestand der
Nation gefährdenden kapitalistischen Barbarei. (Hervorhebung im
Original)
Als Schlussfolgerung wird nun daraus
gezogen: Ausrottung des Nationalso-
zialismus mit Stumpf und Stiel, Vernichtung des preußischen Militarismus, Kampf gegen Hunger und
Elend, Sicherung der Volksernährung,
Kampf gegen das Wohnungselend,
Sofortiger großzügiger Wohnungsbau,
Abwälzung aller Kriegslasten auf den
Schultern der Schuldigen, Bildung einer sozialen, demokratischen Volksregierung, Schaffung freundschaftlicher Beziehungen zur Sowjetunion
und allen anderen Völkern.
Doch bereits die erste Ausgabe des
„Stuttgarter Aufbau“ wurde von den
Alliierten verboten, so dass Teile der
Auflage nur illegal verteilt werden
konnten. Auch das „Kampfkomittee
gegen den Nationalsozialismus“ durf-
te nicht mehr legal arbeiten und wurde am 25. Mai 1945 durch den Stuttgarter Polizeipräsidenten Karl Weber
offiziell aufgelöst. Die Mitglieder führten aber trotzdem ihre Arbeit weiter
und die Wiedergründung als „Arbeitsausschüsse“ wurde zwei Monate später genehmigt. Die praktischen Aufgaben standen nun jedoch im Vordergrund: Trümmerbeseitigung, Linderung der akuten Wohnungsnot, Holzfällen, um Heizmaterial zu haben, Lebensmittel auf dem Land zu besorgen
und vieles mehr. Hierbei wurde besonders darauf geachtete alle (ehemaligen) Nazis, die man ausfindig
machen konnte, zu den Arbeiten heran zuziehen. Hierzu nutzte man, so
16
Geschichte
herbeigeführt
werden. Tag und Nacht
waren die vom Arbeitsausschuss damit Beauftragten unterwegs. (Hervorhebung im Original)
Doch zu dieser Zeit
gingen die Arbeitsausschüsse schon ihrem
Ende entgegen, bis sie
schließlich kurz vor der
Währungsreform endgültig aufgelöst wur-
Das Volkshaus in Gablenberg war der Sitz des zentralen den. Ihre Mitglieder
Stuttgarter Arbeitsausschusses Abbildungen aus „Arbeiterbe‐ gingen in die Stadtverwegung und Wiederaufbau“ Hrsg. DGB Kreis Stuttgart waltung, zu den neu
gegründeten Gewerkweit noch auffindbar, die Mitgliederlis- schaften und Betriebsräten. Auch die
ten der NSDAP-Geschäftsstellen. In Wiedergründung von Parteien, die
Stuttgart gab es in praktisch allen sich nun auch scharf von KommunisStadtbezirken
Arbeitsausschüsse, ten abgrenzten, trug zu einem Klima
z.B. in Feuerbach, wo auch Gertrud bei, in dem für eine antifaschistische
Müller, die sich später jahrzehntelang Organisation, in der Sozialdemokrain der VVN engagierte, aktiv war. In ten und Kommunisten kooperierten,
einem Flugblatt vom Jahresanfang kein Platz mehr blieb. Die Aktions1946 zog der Arbeitsausschuss ausschüsse lassen aber erahnen, wie
Feuerbach eine vorläufige Bilanz und der geistige und materielle Wiederstellte seine Leistungen z.B. in der aufbau der Gesellschaft auf einer antiLebensmittelversorgung vor:
faschistischen Grundlage hätte aus[…] Durch die Zerstörung zahlreicher sehen können. Trotz der EinschränEisenbahnbrücken und sonstiger Ver- kungen durch die westlichen Alliierkehrswege, waren wir in der Zufuhr ten, die mögliche Ansätze einer soziafast völlig abgeschnitten. Die Verbin- listischen Gesellschaft schon im Keim
dungen der Großhändler zu ihren al- ersticken wollten, liegt ihre historische
ten Lieferanten waren vollständig ge- Bedeutung darin, dass sie die lebenbrochen. Der ganze Bedarf an Kar- dige Verkörperung des antifaschistitoffeln, Obst, Gemüse, Getreide schen Konsens der frühen NachJörg Rebhan
und Mehl mußte mit wenigen Autos kriegszeit waren.
Abschied von
Hans Picard
25.06.1923 - 13.11.2015
Hineingeboren in die Zeit nach dem
ersten Weltkrieg in ein Elternhaus,
welches in ständigem gedanklichen
Austausch mit den bekanntesten
linken Intellektuellen Berlins war.
Im Hause Picard waren Schriftsteller wie Erich Kästner, Egon Erwin
Kisch und Carl von Ossietzky, alle
später Vorbilder einer antifaschistischen Nachkriegsjugend, oft zu
Gast und so gab es wenig Ruhe im
Leben des jungen Hans Picard.
Fritz Picard, der Vater von Hans
war Jude und musste, nachdem er
schon 1933 vielen Verfolgten geholfen hatte, nach 1938 selbst nach
Frankreich emigrieren.
!940, nach der Besetzung Frankreichs, kamen Vater Fritz und der
17-jährige Hans Picard als Gefangene in die Lager St. Germain,
Gurs und Oradour. 1942 gelang
Hans die Flucht in die Schweiz, wo
er wiederum interniert wurde.
Nach Deutschland kehrte er 1946
zurück. Schon im selben Jahr
schloss er sich der KPD an.
Die Rechtsentwicklung in der BRD,
und nach der so genannten Wende
in ganz Deutschland, machte uns
allen, und so auch Hans, große
Sorgen. Dass alte und neue Nazis
mit dem Hinweis auf Meinungsfreiheit durch unsere Städte ziehen
dürfen und deren rassistische und
ausländerfeindliche
Gewalttaten
von Politik und Justiz bagatellisiert
werden, hat Ihn wie uns aufgewühlt. Dies war für ihn ganz sicher
auch das Motiv dafür, sich als Zeitzeuge in Schulklassen zur Verfügung zu stellen um solchen Umtrieben die historischen Wahrheiten
entgegenzuhalten.
Heute nehmen wir, die Mitglieder
der VVN-BdA und viele seiner
Freunde, Freundinnen, Genossinnen und Genossen Abschied von
unserem Kameraden Hans Picard.
Wir tun dies eingedenk der Worte
Erich Mühsams, welcher einst
Trauzeuge bei der Hochzeit seiner
Eltern war:
Wollt ihr denen Gutes tun,
die der Tod getroffen,
Menschen, lasst die Toten ruh‘n
und erfüllt ihr Hoffen!
Heinz Hummler
Aus den Kreisen
17
Erinnerung an die Reichspogromnacht in Cannstatt:
„Mit der Waffe der Humanität gegen den
furchtbaren Rassismus kämpfen“
Rund 250 Menschen versammelten
sich am 9. November vor der ehemaligen Cannstatter Synagoge um an
die Reichspogromnacht vor 77 Jahren
zu erinnern. Aufgerufen hatte eine
breite Palette von Cannstatter und
Stuttgarter Organisationen darunter
auch die VVN-Bund der Antifaschisten. Für sie sprach der 87 jährige
Zeitzeuge Gerhard Dürr, der sich an
sein Erschrecken und seine Angst erinnerte, die er als Kind angesichts
zerstörter jüdischer Gechäfte empfunden hatte. Gerade auch deshalb,
habe ihn kaum ein Ereignis nach dem
Zweiten Weltkrieg mehr erschreckt,
als die vielen Brandstiftungen und andere Angriff auf Flüchtlingsunterkünfte
in den letzten Wochen auch in der
Umgebung Stuttgarts. Gerhard Dürr,
der sich viele Jahre in Stuttgart in der
Flüchtlingsbetreuung und für die politischen Rechte von MigrantInnen engagiert hatte, rief dazu auf, den „drohenden und virulenten Rassismus in
unserem Land zu bekämpfen“ und ihr
die gelebte Humanität entgegen zu
setzen.
Rainer Redies von der Cannstatter
Stolpersteininitiative berichtete am
Beispiel
der
jüdischen
Familie
Buxbaum, die eine koschere Metzgerei betrieb, über das Schicksal der
Juden auch in Cannstatt. Ihr Schaufenster wurde mit Spitzhacken eingeschlagen und der Laden zerstört. Insgesamt Betroffen waren um die 500
Cannstatter Jüdinnen und Juden. Sie
wurden nachdem ausgerechnet die
Feuerwehr die Cannstatter Synagoge
in Brand gesetzt hatte, von SABanden aus dem Schlaf gerissen, geschlagen, bedroht, beraubt, viele von
ihnen nach Dachau verschleppt.
Niemand sei den Tätern in die Armne
gefallen, von Hilfe für die Opfer sei
nichts bekannt. „Zu bedrohlich war
der rasende Hass des Mobs, der sich
gegen die jüdische Minderheit entlud“
Am 22. August 1942 schließlich wurden auch die Buxbaums wie insgesamt 1000 Stuttgarter Jüdinnen und
Juden nach Theresienstadt deportiert.
„Wir alle“ so Rainer Redies, „sind dafür verantwortlich, dass nicht noch
einmal geschwiegen und weggeschaut wird.“
Der Redebeitrag des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart
und Umgebung rief dazu auf, Rassisten und Nazis entgegen zu treten,
schon bevor es brennt! „Das beginnt
in Bürgerversammlungen zur Information über geplante Flüchtlingsunterkünfte, wo rechte versuchen, die öffentliche Meinung zu dominieren. Wir
müssen in Diskussionen dagegen halten, vermitteln und aufklären über
Fluchtursachen und die Bedingungen
unter denen Geflüchtete hier leben.
Und wir müssen da wo Rechte auftreten, sich vernetzen und hetzen, dagegen auf die Straße gehen.“
Der Freie Chor Stuttgart und Marianne Schmidt Hangstörfer begleiteten
die bewegende Gedenkkundgebung
mit Liedern aus dem antifaschisti-
Kundgebung vor dem Gedenkstein der ehemaligen Synagoge
Fotos: www.beobachternews.de
schen Widerstand. Die Teilnehmer
legten am Gedenkstein für die ehemalige Cannstatter Synagoge ein
Blumengebinde und 200 rote Nelken
nieder.
DL
Gedenkfeier in Heilbronn:
Wider das Vergessen
Am 08. November luden der DGB
Heilbronn und die VVN-BdA Kreisvereinigung Heilbronn zu einer Gedenkfeier am KZ Mahnmal in HeilbronnNeckargartach ein. Das Mahnmal
wurde nach Kriegsende von Bürgern
der Gemeinde Neckargartach durch
Spenden finanziert und errichtet. Es
waren etwa 30 Personen anwesend.
Bei dieser Veranstaltung war auch der
Oberbürgermeister von Heilbronn,
Harry Mergel ( SPD ) anwesend und
er sagte in seinem Grußwort, dass wir
aufstehen müssen gegen Fremdenhetze und wir brauchen die Solidarität
untereinander.
Heinz Risel (Buchautor „KZ in Heilbronn) berichtete aus seinen Recherchen vom KZ-Lager und dem Leid der
Häftlinge. Er hatte viele neue Informationen zum Lager und den Geschehnissen im und um das Lager.
OB Harry Mergel am KZ‐Mahnmal
Foto: VVN‐BdA Heilbronn
18
Aus den Kreisen
Gedenken an den Arbeiterwiderstand in Mannheim:
OB: Widerstand gegen Rassismus
bleibt auch heute gefragt
Am 15. September 2015 lud die VVNBdA Kreisvereinigung Mannheim zu
einer Gedenkveranstaltung ein, um an
den antifaschistischen Widerstand der
Gruppe um Georg Lechleiter zu erinnern. Am 73. Jahrestag der Hinrichtung von 15 Mitgliedern der Arbeiterwiderstandsgruppe folgten zahlreiche
Menschen der Einladung. Vor dem
Denkmal der Ermordeten sprachen
Fritz Reidenbach (VVN-BdA Mannheim), Dr. Peter Kurz (Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, SPD),
ein Vertreter des DGB Nordbaden
zum politischen Widerstand auch und
gerade in der Gegenwart einzugehen,
denn: Gedenken bedeutet Handeln.
Aktueller Referenzpunkt in allen Redebeiträgen war die Situation der
Flüchtenden in Deutschland und Europa. Auf den Zusammenhang zwischen Flucht, Krieg und Kapital machte Fritz Reidenbach in seiner Eröffnungsrede aufmerksam und verwies
hierbei auch auf die unbedingte Notwendigkeit zur Umsetzung langjähriger Forderungen der VVN-BdA: Stopp
deutscher Waffenexporte sowie ein
und auf die zunehmenden Ressentiments gegenüber Menschen auf der
Flucht. Hier, so der ranghöchste Vertreter der Stadt, sei Widerstand gefragt, mit einfachen Mitteln und unter
weitaus weniger gefährlichen Umständen als jenen, mit denen sich die
Antifaschist_innen in der Nazizeit konfrontiert sahen.
Die Notwendigkeit zur aktiven Hilfe für
Asylsuchende betonte auch die Sprecherin des AK Antifa. Ihr Redebeitrag
kann als Ergänzung, aber auch als
Widerspruch zu jenem des Oberbürgermeisters betrachtet werden. Das
(Eigen)Lob der Regierenden in Bezug
auf die deutsche und europäische
Flüchtlingspolitik entlarvt sie als Heuchelei, denn statt Offenheit gebe es
immer striktere Grenzziehungen, mit
tödlichen Konsequenzen sowohl in
Deutschland selbst als auch vor den
Frontex-'geschützten' Toren Europas.
Die Rednerin machte deutlich, dass
(mörderischer) Rassismus kein zu
marginalisierendes 'Randphänomen'
sei, sondern aus der sogenannten
'Mitte' der Gesellschaft erwachse.
Jeglicher Form der Entsolidarisierung
sei entschieden entgegenzutreten, die
Unterstützer_innen und Helfer_innen
forderte sie dazu auf, ihre moralische
Empörung in eine dezidiert politische
Haltung zu verwandeln. Susanne Wenz Tübingen:
Nazischmierereien
Elke Kammigan, OB Peter Kurz, Fritz Reidenbach vor dem Lechleiterdenkmal
Foto: helmut‐[email protected]
sowie eine Sprecherin des AK Antifa
im Jugendzentrum Friedrich Dürr. Für
den bewegendsten Moment der Veranstaltung sorgte die Großnichte
Ludwig Neischwanders, hingerichtetes Mitglied der Lechleiter-Gruppe, die
den Abschiedsbrief ihres Großonkels
aus der Haft verlas. Bernd Köhler und
Hans Reffert trugen antifaschistische
Lieder vor.
Alle Redner waren bestrebt, nicht 'nur'
an das mutige Handeln der vom NSRegime ermordeten Widerstandskämpfer zu erinnern und den Vorbildcharakter der Männer und Frauen aus
dem Arbeiterwiderstand zu betonen,
sondern auf heutige deutsche und europäische Zustände sowie auf die aus
ihnen resultierende Notwendigkeit
Verbot der neofaschistischen NPD.
Nach dem Verlesen des Abschiedsbriefs
an
die
Familie
L.
Neischwanders reflektierte Dr. Kurz
über die Wichtigkeit, Herausforderungen und Folgen einer 'gelungenen'
(und spezifisch deutschen) Erinnerungspolitik und -kultur, aus der sich
der Imperativ zur Hilfe für die asylsuchenden Migrant_innen ergebe. In
seiner Ansprache lobte er Deutschland und die Stadt Mannheim für ihr
politisches Engagment in der 'Flüchtlingsfrage' und für die 'Willkommenskultur'. Des Weiteren bedankte er sich
für die Arbeit der zahlreichen freiwilligen Helfer_innen, verwies aber auch
auf den wachsenden Rassismus in
der deutschen Mehrheitsbevölkerung
In der Umgebung der Gewerblichen
Schule in Tübingen-Derendingen waren zahlreiche Nazischmierereien auf
Verkehrsschildern und anderen Flächen aufgetaucht. Entfernt wurden sie
schließlich von einer „antifaschistischen Putzkolonne. Gut so! Literatur
19
Wieviel Staat steckt im NSU?
Eine schützende Hand
Wolfgang Schorlau, Stuttgarter KrimiSchriftsteller, Meister des deutschen
Politkrimis und inzwischen BestsellerAutor, stellte am 12. Oktober im ausverkauften großen Saal des Hospitalhofs vor 850 Zuhörern sein neuestes
Buch vor. Schon einmal hatte
Schorlau sich dem Thema Neonazismus in der BRD gewidmet: In seinem
fünften Krimi mit dem Privatermittler
Dengler ging es um die Hintergründe
und Abgründe des Oktoberfestattentats von 1980, bei dem 13 Menschen
ums Leben kamen. Diesmal behandelt Schorlau den aktuellen NSUKomplex und sein neuestes Buch gehört zu den sehr seltenen Kriminalromanen, die parallel zu einem laufenden Gerichtsverfahren, nämlich dem
gegen die NSU-Terroristen Beate
Zschäpe und andere, herauskommen.
Akribisch und unter Zuhilfenahme eines professionellen Rechercheurs
(Eckhard Sieger) sowie professioneller Polizisten deckt der Autor „haarsträubende Widersprüche im größten
Kriminalfall der bundesdeutschen Geschichte“ (Schorlau) auf und führt den
Lesern so vor Augen, dass noch allergrößter Aufklärungsbedarf in allen
Bereichen dieses skandalösen Falls
besteht. Sowohl die These vom
Selbstmord der NSU-Terroristen als
auch die folgende mutwillige Zerstörung des Tatorts auf Anordnung des
Polizeidirektors Stenzel von Eisenach
lassen tiefe Zweifel am Willen der Behörden zurück, den Tathergang aufzuklären. Denn entgegen jeder polizeilichen Grundregel ließ Stenzel den
Tatort nicht sichern und kriminaltechnisch untersuchen, sondern ließ den
Wohnwagen mitsamt den darin befindlichen toten Terroristen einfach in
ein Depot des Abschleppdienstes
Wir nehmen Abschied
Artur Wörner, Stuttgart
23.08.1922 - 05.06.2014
Günter Bentzinger, Mannheim
29.09.1935 - 30.10.2015
Hans Picard, Stuttgart
25.06.1923 - 13.11.2015
Irmgard Wendler, Dettingen
06.02.1929 - 04.12.2015
Bernhard Kirchhoff, Freiburg
17.07.1951 - 11.11.2015
Schorlau signiert sein Buch im Hospital‐
hof Stuttgart Foto: KH
transportieren. Da stehen jedem Polizeischüler die Haare zu Berge, so
Schorlau. Er deckt diese und noch
weitere Ungereimtheiten und Vertuschungsversuche schonungslos auf
und kann sich dabei auf einen ver-
lässlichen Fundus aus unterschiedlichen Quellen stützen. Auch mit den
Geheimdiensten und ihren Verbindungen zum NSU-Komplex beschäftigt sich Schorlau. Die schützende
Hand des Thüringer Verfassungsschutzes über bei ihm beschäftigte VLeute hält er zu Recht für ein Verbrechen. Und er hat nach eigenem Bekunden zum ersten mal Angst vor den
Ergebnissen, sollte der Fall je vollständig aufgeklärt werden. Angst vor
der Frage „wieviel Staat steckt im
NSU?“.
„Beim Entstehen dieses Buches wurde ich selbst schon mehr Ermittler als
Autor“, so Schorlau in einem Fernsehinterview. Daher wurde er auch zu einer Aussage im Untersuchungsausschuss des Landtags von Baden
Württemberg gehört und konnte diesen auf die eklatanten Widersprüche
des Falles hinweisen. Hoffentlich tragen seine Erkenntnisse zu dessen
Erhellung bei.
KH
Wolfgang Schorlau, Die schützende Hand: Denglers achter Fall, Kiepenheuer & Witsch, 2015, 14,99 €
Wir gratulieren
zum Geburtstag
5. Gerhard Dürr, Stuttgart
88.
5. Karl-Otto Völker, Schorndorf 70.
6. Charlotte Reintjes, Esslingen 84.
9. Angelika Lanninger, Ulm
65.
11. Erika Gottfried, Nußloch
83.
11. Helene Nuding, Esslingen
90.
14. Josef Braun, Renchen
65.
19. Maria Dewinski, Ravensburg 88.
Im Feb23. Christa Skarda, Stuttgart
75.
ruar
27. Michael Schwarz, Tübingen
70.
2. Dr. Egon Knapp, Schwetzingen 85. 30. Ingeburg Eppe, Stuttgart
83.
3. Gisela Kehrer-Bleicher, Tübingen 65. 30. Hans Rettig, Kraichtal
80.
5. Marie Holzmann, Tübingen
94.
5. Wilhelmine Pleithner, Nufringen 93. Im April
8. Bernd Köhler, Mannheim
65. 7. Georg Seger, Freudenstadt
75.
12. Beate Breuninger, Stuttgart
81. 13. Roland Schmidt, Mannheim
81.
12. Inge Knauss, Ebersbach
93. 14. Georg Klößmann, Neulußheim 83.
14. Dieter Müller, Hornberg
65. 16. Hermann Brück, Ravensburg 81.
16. Hans Fischer, Metzingen
81. 18. Günter Bosch, Singen
86.
18. Gottfried Pipping, Aichwald
90. 18. Gerda Mies, Mannheim
87.
18. Heidi Hummler, Stuttgart
83. 18. Manfred Kieser, Mannheim
81.
20. Frieda Hafenrichter, Welzheim 81. 19. Heinz Hummler, Stuttgart
84.
21. Torsten Belkaceme, Nehren 70. 20. Kurt Winteroll, Bautzen
82.
23. Herbert Mies, Mannheim
87. 23.
Peter
Dreyer-Johannisson,
28. Doris Below-Konal, Freiburg 65. Freiburg
75.
28. Erika Burmeister, Konstanz
91. 24. Sonja Wagner, Stuttgart
80.
Im März
3. Christa Bialas, Tübingen
25. Ruth Fehr, Greifensee
86.
75.
Ja,
ich will...
mehr Informationen und eine
Probenummer der AntifaNachrichten.
Einladungen zu Treffen,
Veranstaltungen, Aktionen...
Die Antifa Nachrichten
abonnieren: 4 mal im Jahr für 10
Euro.
Euch mit Spenden unterstützen.
Mitglied werden!
____________
Name _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Straße _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
PLZ / Ort _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Telefon _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Email _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Vorname
Für alle,die Mitglied werden wollen:
Beruf _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Geburtsdatum _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Kreisvereinigung _ _ _ _ _ _ _ _ _
Für alle, die bequem zahlen wollen:
Ich erteile der VVN - Bund der Antifaschisten Baden-Württemberg e.V.
eine wiederufliche Einzugsermächtigung für eine
Spende und zwar
einmalig
vierteljährlich
halbjährlich
jährlich
EUR______
EUR______
EUR______
EUR______
für die jährliche Abogebühr von
EUR 10
für den monatlichen Mitgliedsbeitrag von EUR_____ der
vierteljährlich,
halbjährlich,
jährlich
eingezogen werden soll.
Bank _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
BLZ
______________
Kontonummer _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Datum, Unterschrift
_________________
VVN - Bund der Antifaschisten Baden-Württemberg e.V., Böblinger Str.
195, 70199 Stuttgart, Postvertriebsstück E 13170, Entgelt bezahlt