Lb 01.09.2015: KVA, in Erinnerung an den

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Lb 01.09.2015: KVA, in Erinnerung an den
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Winterthur
Der Landbote
Dienstag, 1. September 2015
Rettung vor Ratten und Gestank
jubiläum Vor 50 Jahren, im August 1965, nahm die Kehrichtverbrennungsanlage Winterthur den Betrieb auf. Bis dahin war
der Abfall abgelagert und zum Stinkberg aufgetürmt worden –
mit zunehmend unhaltbaren Folgen für die Nachbarschaft.
10,7 Millionen Franken verlangte
der Stadtrat 1962 für den Bau der
ersten Winterthurer KVA in der
Grüze. Dass dieser Kredit vom
Stimmvolk einfach so bewilligt
würde, war alles andere als sicher.
Denn eine Oppositionsgruppe
und die EVP widersetzten sich
dem Bau mit dem Argument, gescheiter und günstiger wäre es,
die Abfälle zu kompostieren und
als Dünger in der Landwirtschaft
zu brauchen. Für die grosse Mehrheit der Politiker aber war klar: Es
brauchte nun dringend eine Verbrennungsanlage, denn der Abfallberg in Oberwinterthur stank
zum Himmel; und wenn jeweils
ein Kehrichtwagen seine Ladung
auskippte, stoben Ratten davon.
Nach einer Intervention der
Rechnungsprüfungskommission
war das KVA-Projekt sogar nochmals neu angepackt und vergrössert worden, um genügend Verbrennungskapazität zu haben. Im
April 1962 kam das 10,7-Millionen-Projekt vors Volk, und dieses
bewilligte mit gut 9000 Ja gegen
6000 Nein den Bau. Im August
1965 war die KVA betriebsbereit.
Letzter Ausbau 187 Millionen
In den 50 Jahren seither ist die
KVA mehrfach erweitert worden;
Opposition gab es dabei immer
wieder. 1982 etwa, als die Fernwärmeversorgung gebaut, oder
später, als die Verbrennungskapazität erhöht werden sollte. Immer
stimmte das Volk zu, beim letzten
Ausbauschritt zur heutigen Anlage 2007 sagten über 80 Prozent Ja
zur neuen Ofenlinie und zur besseren Rauchgasreinigung – trotz
der hohen Kreditsumme von 187
Millionen Franken. Aus der Kehrichtverbrennungsanlage KVA ist
damit längst die Kehrichtverwertungsanlage KVA geworden.
Politik Das Doppelmandat,
das FDP-Stadträtin Barbara
Günthard-Maier mit ihrer
Nationalratskandidatur anstrebt, gibt Anlass zu Fragen.
Jahrzehntelang hatte es Winterthur nicht eilig gehabt mit dem
Bau einer KVA. Zürich war 1904
die erste Stadt hierzulande, die
eine Verbrennungsanlage in Betrieb nahm. Der Kurort Davos zog
schon zehn Jahre später nach –
aus Angst vor Tuberkulosebazillen. Winterthur hingegen erwarb
laut dem «Historischen Lexikon
der Schweiz» 1913 eine grössere
Riedfläche in Oberi, in die «über
mehrere Jahrzehnte hinweg Kehricht in 1,5 Meter tiefe und 2 Meter breite Gräben versenkt wurde». Auch in der Lehmgrube in
Dättnau sei Kehricht abgelagert
worden, heisst es in einer KVAJubiläumsbroschüre der Stadt.
Umweltskandal Stinkberg
Als die Grube voll war, wuchs der
Berg in Oberi in die Höhe, verbreitete üble Gerüche, brannte
sogar dann und wann, sodass
beissender Rauch zu den nahen
Wohnbauten zog. Der Stinkberg
trug seinen Namen zu Recht, der
Umweltskandal wurde im Fernsehen national angeprangert.
Es war höchste Zeit, dass auch
Winterthur eine KVA baute. Seit
1965 wurden dort laut der neuen
städtischen Broschüre mehr als
4,6 Milliarden Kilo Kehricht verbrannt; derzeit sind es jährlich
rund 170 000 Tonnen aus 52 Gemeinden und dem Kanton Zug.
Mit der Verbrennungswärme
werden nicht nur unzählige Gebäude entlang der 40 Kilometer
langen Fernleitung bis hinaus
zum Kantonsspital mit Energie
beliefert. Die KVA produziert
auch rund 20 Prozent des Stroms,
der in der Stadt verbraucht wird.
Und der Stinkberg? Er ist saniert,
obendrauf hats Pünten mit hübscher Aussicht, und statt Stinkheisst er heute Riedberg. mgm
Ein Grüner
stellt Fragen
zu Günthard
Christian Griesser ist Gemeinderat der Grünen und ganz offensichtlich kein Freund der Ambitionen von Stadträtin Günthard.
In einer schriftlichen Anfrage
stellt er dem Stadtrat ein paar
Fragen zum angestrebten Doppelmandat – obwohl er kaum mit
einer Antwort vor der Wahl rechnen kann. Müsste ein Doppelmandat bewilligt werden? Und
wenn ja: von wem? Müsste Günthard ihr Nationalratshonorar
oder zumindest einen Teil davon
der Stadt Winterthur abgeben?
Wie stellt sich der Stadtrat zu anderen Nebenerwerbstätigkeiten
von Stadtratsmitgliedern? Und
dann noch die Frage nach dem zu
bewältigenden Arbeitspensum:
Kann sich der Stadtrat vorstellen,
dass ein Stadtratsmitglied «die
Tätigkeit als Stadtrat als Teilzeitstelle betrachtet» und somit in
Winterthur statt 100 bis 120 Prozent nur 60 bis 80 Prozent zur
Verfügung steht?
Der Stinkberg in Oberwinterthur 1960 und die neue Kehrichtverbrennungsanlage in einem Luftbild von 1966. pd
Nationalräte vor 35 Jahren
Schliesslich stellt Griesser noch
die Frage nach Erfahrungen mit
Doppelmandaten von Winterthurer Stadträten und Stadträtinnen. Solche Doppelmandate gab
es früher tatsächlich des Öftern.
Dass Stadtratsmitglieder (zumindest noch eine Zeit lang nach der
Wahl) im Kantonsrat sassen, war
gang und gäbe – sowohl auf bürgerlicher wie auch auf linker Seite. Die letzten beiden Stadträte,
die gleichzeitig im Nationalrat
politisierten, waren Albert Eggli
(SP) und Ernst Huggenberger
(CVP). Allerdings war ihre Zeit im
Bundesparlament in den 1970ermgm
und 1980er-Jahren.
Dimmeler, Meili und Keller junior
zwischen NLA und Super League
Zweites Rechenzentrum
ist billiger als geplant
Am Sonntag trafen sich im
Stadion Schützenwiese FCWCracks aus den Zeiten, als
der Fussballklub noch in der
Nationalliga A mitmischte.
informatik Seit Juli ist das
zweite Rechenzentrum der
Stadt in Betrieb. Bereits bei
der Inbetriebnahme wurden
220 000 Franken gespart.
D
ie Gönnervereinigungen
des FC Winterthur luden
vor dem Spiel gegen den
FC Le Mont, das am Sonntagnachmittag 2:2 unentschieden
endete, zum geselligen Treffen in
die Lounge für Very Important
Persons (VIPs). Zusammen kam
ein illustrer Kreis von ehemaligen
Spielern, Funktionären und
Sponsoren – man kannte sich.
In allen Altersklassen beim FCW
spielte Bruno Meyer (72, Bild),
von den Junioren bis zu den
Senioren. Höhepunkt seiner
Karriere waren
die zwei Jahre
als rechter Aussenback unter
Trainer René
Hüssy (in den
60ern). Und die heutige Mannschaft? «Sie muss hinten stabiler
werden und endlich über die Flügel spielen, um zu Torchancen zu
kommen.» FCW-Ehrenmitglied
ist Hanspeter Bianchet (72). Er
würde sich freuen, wenn Winterthur wieder zuoberst mitspielen
könnte. Wie soll das gehen? Es
bräuchte Strategen auf dem Feld,
sagte der ehemalige Funktionär.
Mit Strategen meinte Bianchet
vielleicht Spieler wie Herbert
Dimmeler (73). Dieser spielte
während acht Jahren als offensiver Mittelfeldspieler beim FC
Winterthur. 1972 wurde er mit
17 Treffern gar
Torschützenkönig der Nationalliga A. Zu
jener Zeit ein
Schlüsselspieler war auch
Max «Mannix» Meili (69, Bild), er ist im
Klub und bei Fans noch immer
populär. Das schönste Tor seiner
Karriere sei seine Direktabnahme zum 1:0-Sieg gegen den FC
St. Gallen in den 70er-Jahren gewesen, erzählt «Mannix». Es
blieb ihm in Erinnerung, weil er
nach dem Match von Coiffeur
René Heiland geschminkt wurde
und direkt an die Fasnacht ging.
Es sei wichtig, dass Politik und
Bevölkerung den Klub unterstützen, sagt Dieter Kläy (51), der seit
20 Jahren Supporter ist. «Bei
Niederlagen ist
es wie in der
Politik, auch da
geht es irgendwann wieder
bergauf», sagte
der FDP-Kantonsrat. Mit dabei
war am Sonntagnachmittag auch
Michael Keller (50, Bild), Co-Vi-
zepräsident des FCW und Sohn
von Hauptsponsor Hannes W.
Keller. Wie geht es nach dem
Rückzug des Vaters weiter? Man
sei im Vorstand zurzeit auf der Suche nach neuen Geldquellen, sagte Michael Keller. Wird er der
neue FCW-Präsident? «Das ist an
sich so nicht vorgesehen.» Ist er
ein eingefleischter FCW-Fan oder
eher Vertreter des Vaters im Verein? Es treffe beides zu, sagte Michael Keller. Zusammen mit dem
Vorstand wolle er den Klub in eine
solide Zukunft führen.
Obwohl GC-Fan, wünscht sich
Daniel Sidler (53) von der Bank
Notenstein,
den FC Winterthur wieder in
der obersten
Liga spielen zu
sehen. Diese
Erwartung sei
möglicherweise zu hoch, sagte Kurt Grünig (71,
Bild). Unter Trainer Willi Sommer war er in den 70er-Jahren im
Mittelfeld ein sicherer Wert: «Ein
guter Mittelfeldplatz ist aber
möglich», sagt Grünig. Auch nach
Einschätzung von Heinrich
Schifferle (62), dem zweiten Vizepräsidenten, ist die Mannschaft
«noch nicht ganz fertig». Und die
Zukunft nach Hannes W. Keller?
«Wir haben im Vorstand Pläne, es
zeichnet sich eine Lösung ab.»
Remo Strehler
Jahrelang wurden die gesamten
digitalen Daten der städtischen
Verwaltung nur an zwei Orten
gespeichert. Einerseits in einem
Back-up-Raum im Kantonsspital
und andererseits im Rechenzentrum am Obertor. Sicherheitsüberlegungen führten schliesslich zur Planung eines zweiten
Rechenzentrums. Die Stimmbevölkerung sagte hierzu im Frühling 2014 Ja. Diesen Juli ging das
Rechenzentrum nun in Betrieb.
Eingemietet ist es bei den Informatikdiensten Schaffhausen. Nur
zwei Monate nach der Inbetriebnahme wartete die Stadt gestern
mit guten Nachrichten auf.
Laut einer Mitteilung werden
die vom Volk bewilligten Kredite
nicht ausgeschöpft. So konnten
bei den einmaligen Investitionskosten von ursprünglich geplanten 870 000 Franken ganze
220 000 Franken gespart werden.
Die jährlichen Betriebskosten
werden sich zudem statt auf
770 000 bloss auf 570 000 Franken belaufen.
Freude über Preiszerfall
Beim Finanzdepartement freut
man sich über den unerwarteten
Gewinn von 200 000 Franken pro
Jahr. Die Erklärungen zum Spareffekt liefert Informatikleiter
Markus Freuler: «Seit das Projekt
in Planung ging, hat sich die Speichertechnologie nochmals stark
weiterentwickelt.» Die Speicher
seien kleiner und billiger geworden. «Auch bei der Hardware gab
es einen Preiszerfall», sagt Freuler. «Dies sowohl im Privat- wie
auch im Businessbereich.»
Die grössten Einsparungen
wurden aber bei der Miete des
Rechenzentrums erzielt. So teilt
man sich den Raum neu mit
Schaffhauser Servern. Ursprünglich hatte die Stadt Winterthur
einen eigenen Raum reserviert.
Nach der Inbetriebnahme des
zweiten Rechenzentrums will die
Stadt nun die Sanierung der Obertor-Liegenschaft in Angriff nehmen.
Mirko Plüss
InKürze
selbstunfall
der Stadtpolizei ist er nach
heutigem Kenntnisstand ohne
Fremdeinwirkung gestürzt.
Ränge erreicht. Trotz knapp verpasster Medaille ist er zufrieden.
Am Sonntagabend gegen 19.30
Uhr ist ein 48-Jähriger mit dem
Roller auf der Wülflingerstrasse
(Höhe Autobahnbrücke) aus unbekannten Gründen gestürzt
und hat mehrere Brüche erlitten.
Der Rettungsdienst brachte ihn
ins Spital. Gemäss Mitteilung
4. rang im koPfrechnen
Krandemontage
auf der Sulzerallee
Rollerfahrer stürzt
und verletzt sich
Pascal Kaul in
London erfolgreich
Der Winterthurer Rechenkünstler Pascal Kaul hat bei seiner
ersten Teilnahme an der Minds
Sports Olympiad zwei vierte
heute total gesPerrt
Heute Dienstag von 6 bis 17 Uhr
ist die Sulzerallee zwischen Seener- und Else-Züblin-Strasse gesperrt – ausser für Stadtbus. Die
Umleitung ist signalisiert. mgm