Multiskalare Modellierung stochastischer Felder

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Multiskalare Modellierung stochastischer Felder
Multiskalare Modellierung
stochastischer Felder
Vom Promotio nsausschuss der
Technischen Universität Ha mburg -Harburg
zur Erlang ung des aka de misc hen Grades
Doktor-Ingenieur (Dr.-Ing.)
genehmigte Dissertatio n
von
Sönke Klostermann
aus
Hamburg
2015
Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Otto von Estorff
Prof. Dr. E.h. Dr.-Ing. habil. Josef Schlattmann
Tag der mündlichen Prüfung: 15. Dezember 2014
Schriftenreihe des Instituts für
Modellierung und Berechnung der
Technischen Universität Hamburg-Harburg
Band 15
Sönke Klostermann
Multiskalare Modellierung stochastischer Felder
Shaker Verlag
Aachen 2015
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Zugl.: Hamburg-Harburg, Techn. Univ., Diss., 2014
Herausgeber:
Prof. Dr.-Ing. Otto von Estorff
Technische Universität Hamburg-Harburg
Institut für Modellierung und Berechnung
Denickestraße 17
21073 Hamburg
Telefon:
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E-Mail:
Internet:
040/42878-3032
040/42878-4353
[email protected]
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Copyright Shaker Verlag 2015
Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen
oder vollständigen Wiedergabe, der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen und der Übersetzung, vorbehalten.
Printed in Germany.
ISBN 978-3-8440-3747-0
ISSN 1860-8221
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Telefon: 02407 / 95 96 - 0 • Telefax: 02407 / 95 96 - 9
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Danksagung
Der Erstkontakt mit stochastischer Simulation, die als Ziel mehr Zuverlässigkeit
und Vertrauen in Prognosen von realen Systemverhalten bietet, fand während
meiner Zeit als Diplomand bei EADS Innovation Works (heute Airbus Group
Innovations) in Hamburg statt. Aus der Aufgabe zur Modellierung räumlich lokalisierter Variationen entstand die Idee, das Thema im Rahmen einer Tätigkeit als
Doktorand weiter zu führen, um die Modellierungsmöglichkeiten bestehender Methoden zu erweitern.
Mehreren Personen, die mich bei der Erstellung dieser Arbeit begleitet haben,
fühle ich mich zu Dank verpflichtet. Ich danke meinem Doktorvater Herrn Prof.
von Estorff für seine Unterstützung und die Betreuung der Arbeit. Er ließ mir die
nötige wissenschaftliche Freiheit und stand mit wohlmeinendem Rat zur Seite.
Weiterhin danke ich Herrn Prof. Schlattmann für sein Interesse an meinem Forschungsthema und die Bereitschaft das Zweitgutachten zu erstellen. Herrn Prof.
God sage ich Dank für die Übernahme des Vorsitzes der Prüfungskommission.
Meinem Kollegen Herrn Dr.-Ing. Dietmar Vogt danke ich für die konstruktiven
Diskussionen und kreativen Anregungen, die mir auf dem eingeschlagenen Weg
weiter geholfen haben. Herrn Dipl.-Ing. Mario Cappitelli danke ich für die seit
Jahren bestehende angenehme und motivierende Arbeitsatmosphäre im gemeinsamen Büro. Meinem Vorgesetzten Herrn Dr.-Ing. Michael Olbert danke ich für das
Vertrauen in meine fachliche Arbeit und die Möglichkeit, diese Dissertation innerhalb der Konzernforschung zu schreiben. Außerdem danke ich den Studenten Alexandre Faucon, Burak Özarmut, David Knodel und Malte Groth, die mich im
Rahmen von Praktika und Abschlussarbeiten unterstützt haben.
Ein besonderer Dank gebührt meinem Studienfreund Herrn Dipl.-Ing. Christoph
Hasenbein, der beim Lektorat dieser Arbeit wertvolle Hinweise gab und so zum
besseren Verständnis der Thematik beigetragen hat. Zu tiefstem Dank bin ich
meinen Eltern verpflichtet, die mir in den Jahren des Studiums und der Promotion
stets Rückhalt und Unterstützung gegeben haben. Ihnen widme ich diese Arbeit.
Hamburg, im Frühjahr 2015
Sönke Klostermann
Kurzfassung
Im modernen Produktentwicklungsprozess ist die Simulation ein wichtiges Hilfsmittel. Zentrales Ziel der numerischen Simulation ist eine zuverlässige und vertrauenswürdige Prognose des realen Systemverhaltens. Das Verhalten realer Systeme ist dabei von zahlreichen Unsicherheiten beeinflusst, die auf die Unschärfe
physikalischer Systemeigenschaften und Randbedingungen zurückgeführt werden
können. Ein wirklichkeitsgetreuer Modellierungs- und Simulationsprozess muss die
inhärenten Unsicherheiten der Wirklichkeit entsprechend einbeziehen.
Das höchste Potential zur Berücksichtigung realer Unsicherheiten durch die Abbildung räumlich lokalisierter Variationen bieten stochastische Felder als mathematisches Modell in der stochastischen Simulation. In dieser Arbeit wird ein
Modellierungsprozess für stochastische Felder entwickelt, der die zielgerichtete
Erzeugung synthetischer Realisierungen auf Basis einer realen Stichprobe ermöglicht. Der Modellierungsprozess deckt durch die Phasen von der Datenerfassung
und Vorbehandlung über die Ableitung des stochastischen Modells bis zur Erzeugung synthetischer Realisierungen die gesamte Prozesskette zur Vorbereitung
der stochastischen Simulation ab.
Speziell zur Modellierung von komplexen heterogenen morphologischen Merkmalen, die einen starken Einfluss auf das gesamte Systemverhalten ausüben können, existiert für bestehende Verfahren eine methodische Lücke. Zum Schließen
dieser Lücke werden, neben stochastischen Methoden zur mathematischen Modellierung von Unsicherheiten, Techniken des maschinellen Lernens und der Bildverarbeitung zur Entwicklung neuartiger Modellierungsmethoden eingesetzt.
Die in dieser Arbeit entwickelte differentielle Skalenraumdarstellung erlaubt die
Ableitung eines stochastischen Modells zur Beschreibung komplexer heterogener
morphologischer Merkmale. Der multiskalare Ansatz der Methode stellt die Berücksichtigung von Merkmalen unterschiedlicher Größenordnung innerhalb eines
Modells sicher. Das Verfahren erlaubt eine universelle Modellierung für beliebige
Dimensionen multivariater stochastischer Felder.
Für eine effizientere Beschreibung feingranularer morphologischer Merkmale wird
die differentielle Skalenraumdarstellung mit einer filterbasierten Methode zur Beschreibung lokaler Muster kombiniert. Zusammen mit der Methodenentwicklung
zur besonderen Berücksichtigung der Gestalt der lokalen Muster kann durch das
filterbasierte
Verfahren
eine
wesentliche
Verringerung
der
Modellierungskomplexität zur Berücksichtigung feingranularer morphologischer Merkmale
erreicht werden.
Der entwickelte Gesamtprozess zur Modellierung stochastischer Felder ermöglicht
ein systematisches Vorgehen zur Ableitung eines stochastischen Modells auf Basis
einer realen Stichprobe. Durch das stochastische Modell können synthetische Realisierungen erzeugt werden, die für die reale Stichprobe statistisch repräsentativ
sind. Die Anwendung dieser virtuellen Prototypen in der stochastischen Simulation
erlaubt eine zuverlässigere und vertrauenswürdigere Prognose des realen Syste mverhaltens.
Inhaltsverzeichnis
1
2
Einleitung .................................................................................................. 1
1.1
Stand der Technik ................................................................................. 4
1.2
Zielsetzung der Arbeit ........................................................................... 7
1.3
Vorgehensweise...................................................................................... 8
Stochastische Simulation ......................................................................... 11
2.1
Lösung partieller Differentialgleichungen .................................... 12
2.1.2
Phasen des Modellierungs- und Simulationsprozesses ................ 13
2.1.3
Räumliche und zeitliche Diskretisierung ..................................... 14
2.2
Unsicherheiten und Fehler numerischer Simulation .......................... 17
2.3
Typisierung stochastischer Phänomene .............................................. 20
2.3.1
Stochastische Variable ................................................................. 21
2.3.2
Stochastischer Prozess ................................................................. 25
2.3.3
Stochastisches Feld ...................................................................... 33
2.4
3
Nichtdeterministische Simulationsmethoden ...................................... 37
2.4.1
Analytische Methoden ................................................................. 38
2.4.2
Monte-Carlo-Methoden ................................................................ 42
2.4.3
Approximationsmethoden ............................................................ 46
2.4.4
Methodenauswahl ........................................................................ 48
Erfassung und Vorbehandlung der Daten .............................................. 51
3.1
Datenerfassung .................................................................................... 51
3.1.1
Messung ........................................................................................ 51
3.1.2
Simulation .................................................................................... 56
3.2
4
Der deterministische Modellierungs- und Simulationsprozess ........... 11
2.1.1
Datenaufbereitung ............................................................................... 58
3.2.1
Dateninterpolation ....................................................................... 58
3.2.2
Datensegmentierung .................................................................... 60
3.2.3
Abbildung auf der sigmatischen Ebene ....................................... 68
Modellierung stochastischer Felder ......................................................... 73
4.1
Klassifizierung ..................................................................................... 73
4.1.1
Taxonomie stochastischer Prozesse und Felder .......................... 74
4.1.2
Morphologische Struktur der Stichprobenelemente .................... 77
4.2
Charakteristische Merkmalsbeschreibung........................................... 81
viii
Inhaltsverzeichnis
4.2.1
Anforderungsanalyse .................................................................... 83
4.2.2
Skalenraumbasierte differentielle Multiskalentransformation ..... 85
4.2.3
Filterbasierte Methode zur Beschreibung lokaler Merkmale....... 99
4.3 Ableitung des stochastischen Modells ............................................... 102
4.3.1 Globales Modell zur Beschreibung von Merkmalen grober und
mittlerer Granularität ............................................................................ 104
4.3.2 Lokales Modell zur Beschreibung von Merkmalen feiner
Granularität ........................................................................................... 111
5
Synthetische Realisierung ...................................................................... 115
5.1
Erzeugung von Zufallszahlen ..................................................... 116
5.1.2
Simulation des stochastischen Modells ...................................... 118
5.1.3
Varianzkontrolle ......................................................................... 120
5.2
Synthese von Strukturen feiner Granularität ................................... 121
5.2.1
Zufälliger Pfad ............................................................................ 122
5.2.2
Innere und äußere Maske ........................................................... 123
5.2.3
Varianzkontrolle ......................................................................... 124
5.3
6
Synthese von Strukturen grober und mittlerer Granularität ........... 116
5.1.1
Applikation der synthetischen Realisierungen .................................. 125
Numerische Beispiele ............................................................................. 131
6.1 Merkmalsbeschreibung einer Faserverbundwerkstoffplatte .............. 132
6.2 Stochastische Modellierung von Röntgenmessungen an
Faserverbundwerkstoffplatten .................................................................... 138
6.3
7
Stochastische Modellierung einer Asphaltbetonstichprobe............... 151
Zusammenfassung .................................................................................. 153
Literaturverzeichnis ........................................................................................ 155
Liste der Formelzeichen .................................................................................. 182