Sprenger: Kontur zeigen

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Sprenger: Kontur zeigen
Nr. 892
vom 29.02.2012
39. Jhg.
B20095D
Roland Sprenger
Pepe Sprenger
XXXLutz in Schweden
Sprenger: Kontur zeigen
„Krimineller Angriff“
Alliance/Küchenring
Bayrisch in Rheinbach
Nr. 892 vom 29.02.12
ten Spülen von Blanco wie Franke gleichermaßen werden
darüber verkauft. Auch Lechner, Naber, O&F, V&B reihen
sich ein. Bei Systemceram ist es die Nr. 2, bei Sedia die Nr.3.
Nix bayerisch: Ingrid Kalkbrenner, Robert Menje (Bauformat/
Burger)Kai Buchheister (Küchenring-/Alliance-Einkäufer)
räschen, die Ruga Wohnwelt aus Sinzheim und De Meubelkoning aus dem holländischen Leerdam. Vom GarantVerband wechselt Leber-Möbel aus Kreuztal zu den Rhein-
Ernste Gespräche: Axel Stallmann (Häcker),
Prof. Dornieden (Küchenringler i.R.)
Den EK-Umsatz für 2011 gibt Alliance mit 571 Mio € an, beim
Küchenring liege dieser bei 289 Mio € (+19,7%), realisiert
von 435 Mitgliedern (3,6% plus). Neuzugänge gab es wiederum vom Konkurrenzverband EPR/VME, zu denen sich drei
weitere Mitglieder gesellen: das Möbelzentrum Groß-
Alle 2 Jahre wieder: Ex-Unger
Detlef Illing (Möbel Homann)
bachern. 2011 hat das Alliance-Team insgesamt 26 Neumitglieder für die Rheinbacher Alternative gewinnen können.
Beim Küchenring waren es im Vorjahr allein 40 und für 2012
allein 18. „Getrennt marschieren, gemeinsam siegen“, so
Töpert, laute das Erfolgsrezept.
STOCKHOLMER FURNITURE FAIR 2012
Lockere Atmosphäre, volle Gänge
Der Norwegian Bomber nach Arlanda war voll besetzt – sollte sich
Stockholms Furniture & Light Fair nach zwei flauen Jahren erholt
haben? Inzwischen war im gelobten Land der Berater und Vermarkter viel passiert. Volvo wurde chinesisch, Saab ging Konkurs,
SAS kurz davor, Norwegian, die Billiglinie, orderte gerade 220
neue Boeings, und die staatliche Finnair reagierte in dieser
Woche mit der Drohung, die Flüge nach Europa ganz einzustellen.
Ausverkauf im Norden?
Immerhin mehr als 740 Aussteller aus 31 Ländern hatten sich angesagt, und die Damenriege der Messeorganisation hatte mit Designbar,
Greenhouse, Fusion Walk, Hello! Ethical Council, Designboom Mart
Inredia, etc. ein Feuerwerk von Events kreiert, die die Kölner Messebürokraten stumpf übernehmen könnten.
Aber das eigentliche Geheiminis ist der
Melting Pot der Objekt-Lieferanten jeglicher Couleur in Halle A: die Stände waren
toll, die Atmosphäre locker und die Gänge
voll.
Statt selbst zu produzieren, hat die EFG European Furniture Group ihre
Produktion komplett outgesourced. In Tranas wird nur noch montiert und
verwaltet. „Die Problematik der Logistik lösen wir sogar besser als Martela, die ja schon vor 10 Jahren outgesourced haben“, so Katarina
Hedström. Und ist stolz auf eine Bestellung aus Norwegen über sagenhafte 6.000 Arbeitsplätze, die kurz vor der Messe hereinflatterte.
Die in 2007 von der norwegischen Hercules Capital übernommenen
EFG zeigte etwas verwirrend viele Prototypen – interessant war die
Weiterentwicklung der Freiformen aus den Hidetech-VideokonferenzTischen – nicht unähnlich der KEI-Modelle vom belgischen Querdenker Bulo. Ist das Ende der öden Kantigkeit tatsächlich in Sicht ?
Und wie von Odin gerufen, lief Martela in Gestalt des Produktionschefs Jaakko Luhtasela über den Weg: „Mit 20% Plus haben wir
2011 abgeschlossen, dank unserer Niederlassungen in Moskau
und Petersburg, dank unserer Outlets, die neubezogene Altdrehstühle verkaufen, sowie dank unseres neuen Umzugs-Service
und eigenem Facility-Management für unsere Kunden.“
Odin schlug nochmals zu, mit Ari Suikki von Isku, dem zweiten
Nicht, dass die Zeiten super wären; der
der beiden großen Finnen, die diesmal nicht in Stockholm präsenObjektsektor hat in den vergangenen
tierten. „Auch Isku hat ein Plus gemacht, das erste seit einem
Jahren 8-10% Umsatz verloren, so HorJahrzehnt, dank unserem Russland-Geschäft und Immobilien-Verreds VKL Tommy Bergendorf. In der 3.
käufen.“
Generation leiten die Geschwister Per- „Wir arbeiten nur mit FachDie übrige Handvoll ausstellender Büro-Finnen zu erwähnen,
Ola und Åsa Johansson das 75 Jahre händlern“: Tommy Bergendorff
erscheint müßig, da kein Ausländer einen Bürofuß auf die schwealte Unternehmen. Ähnlich wie bei Mitbewerber Ragnars werden in
dische Matte bekommt.
Viskadalen bis zu 90% kundenbezogene Büromöbel produziert und
ausschließlich über freie Händler vertrieben. „Damit sind wir in betGrund ist u.a. ein Edsby Kontorsmöbler, der mit dem Schachzug,
ween den Großen und den Teuren, dank hoher Qualität Design,
sich eine eigene Händlerkette, Senab, zu sichern, den Platz 2 der
Möbelfakta und Made in Sweden.“ Neu von Horreds das Arbeitsplatzschwedischen Büromöbel erobert hat. Das Plus von 18% in 2010 und
system Nomo mit neuen Container-Typen von Fredrik Mattson –
sogar 26% in 2011 basiert, so GF Josef Höbenreich, auf der Konalles in schneeweiß wie die Jahreszeit.
zentration ausschließlich auf eigene Produktion und der Umstellung >>
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auf kundenbezogene Fertigung, die jetzt schon 50% einnimmt. „Wir
machen das bestmögliche Produkt mit weit stärkerem Fokus auf
Design und Flexibilität als früher. Persönlich glaube ich, dass wir, da
wir alles selber machen, mehr Geld
verdienen als durch reinen Zukauf
und Montage.“
Und die Nummer 1, Kinnarps, stark
wie je, war mit zwei Ständen präsent.
Tochter Materia ist nach dem Wechsel von Gründer Lars Bülow zu
Lammhults zum reinen Bestuhler verkommen. Lars wird bei Lammhults
kräftig mit der Design-Keule schwin„2011, das beste Jahr unserer
Geschichte“: Josef Höbenreich
gen müssen, um das Unternehmen
deutlich vom schwierigen Bibliothek-Business zu trennen.
Kinnarps fiel mit der deutschen Samas nicht nur ein Haufen Probleme
mit in das Boot, sondern endlich auch etwas Erfreuliches. „Die Vorstellung von ausgesuchten Drabert- und Martin Stoll-Modellen hier
auf der Messe schlug ein wie ein Bombe,“ so
Peter Knecht von der Kinnarps GmbH. Seine
Aufgabe ist es, als Export Manager den Kinnarps-Niederlassungen das deutsche Sortiment schmackhaft zu machen, „ohne zu kannibalisieren“.
„Und keine schwedische Bank leiht unserer Branche eine Krone“, kontert Peter Lindvall, der die de Nord Scandinavia vor acht Jahren
gegründet hatte. „Tatsächlich hat ein schwedischer Qualitäts-Produzent
kaum Vorteile, wenn er Kindergärten, ja selbst Kreuzfahrtschiffe mit dem
billigsten und noch dazu feuerempfindlichen Polsterschaum ausstattet,
nur wegen des Preises. Ich kenne in Schweden höchstens 2 Wohnmöbelhändler, die bereit sind, Marken
überhaupt zu branden.“
Die Brüder Raoul & Roger Olsson
fanden trotzdem eine Marktlücke. Mitten in Småland produziert ihre Balazar Beskow Mobilar für Kindergärten,
Schulen und Universitäten, die von
EFG und Kinnarps weitervertrieben
werden, da nicht im eigenem Sortiment. Mit einem höchst angenehmen „Kein Kredit von schwedischen
Programm aus der Feder von Tim Banken für Möbelhersteller“:
Peter Lindvall
Alpen haben die Olsson-Brothers
ihren Laden entstaubt. „Alle reden von Krise“ so Roger, „wir sind voll
mit neuen Projekten ausgelastet. Hier kommt das neue Schulgesetz zur Hilfe, das erstmalig freie Schulen zulässt. Und diese möchten natürlich alle durch neues Gestühl glänzen.“
Immerhin 300 der 740 Aussteller kamen aus dem Ausland,
auch wenn Dauphin, Sedus, Kusch diesmal nicht antraten.
Interstuhl kroch bei SA Möbler unter, Wilkhahn versprach
Im Gegenzug werden in Deutschland Kinnarps
eine Weltpremiere, OMT, Veyhl und Kesseböhmer Ergonoerfolgreiche Drehstuhl-Serien 5000 + 6000
mietechnik trauten sich in die Höhle der Hubtisch-Löwen. Wie
eingeführt. „Obwohl nicht günstiger als Drabert
schwer es sein kann, eine sinnvolle Vertriebsstruktur aufzu„Eingeschlagen
wie
eine
und auch noch mit Freefloat-Mechanik, sind
bauen, bestätigte jemand, der seit Jahren höchst aktiv im
Bombe“: Peter Knecht
sie jetzt schon erfolgreich“, frohlockte Knecht
Norden unterwegs ist. Casalas Frank van der Winkel: „Wir haben
und verrät offen, dass die Unterschiede zwischen den Schweden und
unsere Zusammenarbeit mit knapp einem Dutzend Händler auf einen
den übernommenen Deutschen groß sind. „Es sind nicht nur zwei verGuten reduziert. Das reicht.“
schiedene Computer-Programme, es ist, wie eine neue Sprache zu
„Und uns genügen zwei gute Kontakte“, hofft
lernen – für beide Seiten.“
Paolo Forestan, Exportleiter der SCAB Italy,
Der schwedische Möbler produziert sowohl als auch,
einem der größten europäischen Kunststoffheißt: für Wohnen wie für Objekt. Swedese pflegt diestuhl-Hersteller. Für Roland Meyer-Brühl ist
se zwei Standbeine schon seit 1945. Kein Wunder,
„Stockholm eine sehr sympathische Kontaktdass ihr Klassiker Lamino nach wie vor der Hauptrenmesse – denn Brühl muss eine internationale
ner ist. 2010 war das beste Jahr für die 100 MannMarke werden. Deshalb gehen wir in diesem
Firma, die übrigens von dem Möbeldesigner Yngve
Jahr auch nach Moskau, Mailand und zur
Ekström gegründet wurde. Kristina Farwing: „ ÜberOrgatec.“ Und Tom Rossau, Leuchtenproduraschend stark ist der Export geworden, sowohl im
„Zwei gute Kontakte reichen“:
zent aus Kopenhagen frohlockt: „ Unser Erfolg
Retail wie in den Pro- Elena Barucco, Paolo Forestan
von der Kölner Messe setzt sich hier fort“.
jekten, z.B. London
Gerne zu glauben, denn Tom designed und produziert höchst filigrane
entwickelt sich sehr gut für uns“ und
wie raffinierte Beleuchtungen aus Birkenfurnier, denen ein ähnlicher
zeigt stolz die auf der Messe eingeErfolg, wie den finnischen Sector-Leuchten vorausgesagt wird.
heimsten Designpreise.
Ja und die Wohnmöbler in ihren Hallen B & C? „Einfach nur traurig“,
Ähnlich wie in Köln überraschte die
kommentierte ein finnischer Einkäufer zu recht. Ist doch der MöbelverWiederkehr des Holzes. Geradezu
brauch in ganz Skandinavien nach dem Spitzenjahr 2008 zusammenein Geschenk von Göttin Freyr für die
gebrochen und hat sich seitdem nur mühsam erholt. Trotz eines guten
traditionellen Holzstuhl-Hersteller,
Startes in 2011 schwächte die Konjunktur erneut ab. „For 2012 the
„Von Architekten empfohlen“:
wie Stolab oder Ekdahls. Seit 1945
Andreas Ekdahls
situation is more uncertain“, betont Cecilia Ask Engström vom schweim Besitz des Clans, wird Ekdahls
dischen Holz- & Möbelindustrie-Verband TMF und weist auf den ungeheute von Andreas Ekdahls und seinem Bruder geführt: „Wir produbremsten Import aus China und Polen hin. Interessanterweise steht
zieren unsere Holzmöbel primär für den Objektbereich, da der WohnDeutschland auf Platz 3 in der Import- wie Exportstatistik, nach Norwemarkt extrem schwierig ist. Dank Qualität und Design werden wir von
gen und Dänemark. Zumindest der schwedische Export hat seit 2009
Architekten weiterempfohlen und haben dann meistens schon
einen seichten Aufwärtstrend, ähnlich wie die Messebesucherzahlen.
gewonnen, obwohl zu 90% der Preis ausschlaggebend ist. Und doch
Mit 38,814 Besuchern kamen ganze 392 Begeisterte mehr in das
glauben wir, dass es für schwedische Möbelhersteller (trotz Ikea)
Wulf Rabe
Stockholmer Schneegestöber.
noch eine Zukunft gibt.“