telegramm - Heilberufe
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PflegeAktuell News Nykturie Schwache Blase – früher tot? Chronische Krankheiten Depressionen wegtrainieren? — —Sportliches Training hilft chronisch kranken — —Der nächtliche Gang zur Toilette ist für Senioren nicht ungefährlich. Senioren über 60, die Patienten, depressive Symptome zu reduzieren. In einer systematischen Metaanalyse hat sich der Effekt als zwar gering, aber messbar erwiesen. Matthew Herring vom Institut für Bewegungswissenschaften der University of Georgia in Athens hat zusammen mit Kollegen die Resultate von 90 randomisierten und kontrollierten Studien zum Thema „Sport und Depressionen bei chronischen Erkrankungen“ aus verschiedenen Datenbanken herausgesucht. Das Ergebnis. „Mindestens einer von sechs chronisch Kranken, die an depressiven Beschwerden leiden und sich einem körperlichen Training unterziehen, darf mit einer Besserung seiner psychischen Symptome rechnen“, resümieren Herring und seine Kollegen. Ausgeprägtere Effekte fänden sich vor allem bei solchen Patienten, die zu Beginn mäßig depressiv sind und die funktionellen Ziele der sportlichen Intervention erreichen. nachts mehr als zweimal zur Toilette müssen, sind offenbar gesundheitlich gefährdet. In einer Studie war bei männlichen Nykturiepatienten die Mortalität gegenüber blasenstarken Alters- und Geschlechtsgenossen signifikant erhöht. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Wissenschaftler der Mayo Clinic in Rochester, USA, durchführten. Ihr Fazit: Wer häufiger raus muss, ist nicht besonders gefährdet, zu einem späteren Zeitpunkt an Diabetes oder Bluthochdruck zu erkranken. Dagegen sagen mehr als zwei nächtliche Gänge zum WC unter Umständen eine koronare Herzkrankheit (KHK) und einen früheren Tod voraus. Frühere Studien hatten bereits einen Zusammenhang der Nykturie mit häufigeren Hüftfrakturen hergestellt. Dies führt die Autoren zu der Vermutung, dass die Senioren beim nächtlichen Austreten wohl leicht stürzen und sich dabei die Hüfte brechen, was in dieser Altersgruppe zur erhöhten Mortalität beitragen kann. Studie © Juan Gärtner/fotolia.com (l.); Arpad/fotolia.com (r.) Therapie mit Wurmparasiten — —Infektionsbiologen der Friedrich-Alexander-Universität ErlangenNürnberg haben neue Erkenntnisse darüber gewonnen, wie unser Kör- T-Helferzellen per besser vor Allergien und Autoimmunreaktionen geschützt werden kann. Sie konnten einen positiven Effekt von Wurmparasiten auf bestimmte Formen von T-Helferzellen nachweisen. Das Immunsystem schützt uns vor einer Vielzahl von Krankheitserregern. Dabei spielen T-Helferzellen eine zentrale Rolle. Ziel der Erlanger Forscher ist es nun herauszufinden, wie die Würmer das Immunsystem beeinflussen, um neue Ansätze zur Entwicklung wirksamer Medikamente zu liefern. telegramm Pflege-WG DAK-Gesundheitsreport Gewalt Medikamente Bundesgesundheitsminister Bahr will finanzielle Anreize schaffen, damit sich Pflegebedürftige in Wohngemeinschaf ten zusammenschließen – bis zu 2.500 € pro Bewohner. Seine Pläne stoßen bei Sozialverbänden und Opposition auf Kritik. Der Krankenstand in Deutschland stieg 2011 auf 3,6%. 2010 lag er bei 3,4%. Er liege damit so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Bei der Entwicklung des Krankenstandes zeigten sich bereits Anzeichen des demografischen Wandels. Die Ausmaße der Gewalt in der Pflege werden von unserer Gesellschaft ignoriert und tabuisiert. Laut WHO werden vier Millionen ältere Menschen allein in Europa misshandelt. Etwa 2.500 Opfer sterben an den Folgen der Misshandlung. Die medikamentöse Versorgung alter Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen gefährdet häufig die Pflegequalität. Oft erfolgen Verordnungen ohne eingehende Analyse als Dauermedikation und ohne Abstimmung zwischen Haus- und Facharzt. www.bmg.bund.de www.dak.de www.kda.de www.sozial-holding.de 6 Heilberufe / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3) Niederlande Pflegenotstand Neu: Ambulante Sterbehilfe Pflegeanbieter fordern Green-Card Der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband zeigt sich bestürzt über die Meldung, wonach in den Niederlanden zukünftig Teams aus Ärzten und Pflegenden Menschen zu Hause aufsuchen werden, um Sterbehilfe zu leisten. Wenn Menschen in ihrer Verzweiflung um Hilfe zum Sterben bitten, so resultiere dies vielfach daraus, dass sie nicht ausreichend palliativ versorgt werden. Menschen müssten auf eine menschenwürdige Betreuung vertrauen können. Die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe wäre die falsche Antwort; nicht zuletzt entstünde auf alte und kranke Menschen ein so empfundener Druck, anderen nicht zur Last fallen zu wollen. Die Antwort hierauf müssten vor allem die Verbesserung der Situation in vielen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, und der Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung sein. — —Der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Bernd Meurer, forderte eine Green-Card für Pflegefachkräfte, um den Personalmangel in den Heimen zu lindern. „In Ländern wie Indien, Vietnam und den Philippinen gibt es ein Überangebot an ausgebildeten Pflegekräften, die arbeitslos sind“, sagte Meurer der „Saarbrücker Zeitung“. Auch das Berliner Institut für Europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft (IEGUS) hatte auf dem Kongress „Pflege 2012“ vorgeschlagen, künftig indische Pflegekräfte für Deutschland anzuwerben. “Als die IT-Branche einen Fachkräftemangel beklagte, legte die Politik wie ein Posaunenchor los“, sagte Meurer. „Im Pflegebereich kommt sie über zarte Flötentöne nicht hinaus. Offenbar unterschätze die Regierung den Pflegenotstand, kritisierte der Verbandschef. www.dhpv.de www.bpa.de Kongress Zukunft der Pflege — —Eine neue Sonderschau „aveneo – allee der innovationen“ wird die ALTENPFLEGE 2012 (27.– © PhotoSG/fotolia.com (l.); Rido/fotolia.com (r.) 29. März), Europas Leitmesse der Pflegewirtschaft in Hannover, bereichern. Die Sonderschau gibt Ein- und Ausblicke in die Zukunft der Pflege- und Lebenswelten älterer Menschen, stellt neue Technologien wie Ambient Assisted Living oder Unterstützungsformen wie Robotik vor und zeigt zukunftsweisende Architektur. Das Projekt „sens@home“ beispielsweise, hervorgegangen aus dem Forschungskonsortium des Fraunhofer Institutes, soll in Notsituationen Hilfe leisten. Ein „Sensorsystem für sicheres Wohnen“ realisiert das Erkennen von Notsituationen und ergreift daraufhin helfende Maßnahmen. Älteren Menschen helfen will auch ALIAS – und zwar beim Telefonieren, Vorlesen oder bei der Medikamenten-Einnahme. Ein im Roboter befindliches Kommunikationsportal, lässt sich dazu auf die Anforderungen seiner Benutzer einstellen. ALIAS kommuniziert über gesprochene Sprache, symbolbasierte Touchscreen-Menüs und eine Gehirn-Computer-Schnittstelle. Zudem setzt der Roboter seine Augen- und Kopfbewegungen ein. www.altenpflege-messe.de Altern Luftrettung Abschlusstagung Schlafförderung Die Europäische Kommission hat 2012 zum „Europäischen Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen“ ausgerufen. Es geht darum, die Möglichkeiten für aktives Altern und ein unabhängiges Leben im Alter zu verbessern. Die DRF-Luftretter leisteten im Jahr 2011 35.075 Einsätze, 3% mehr als im Jahr zuvor. Bei rund 100 Einsätzen am Tag wurden die rot-weißen Hubschrauber häufig zur Rettung von Patienten mit Herzinfarkt und Schlaganfall alarmiert. Die Abschlusstagung des Projekts ReduFix ambulant „Schwierige Pflege: Fixierung ist keine Lösung“ findet am 28. März 2012, in Frankfurt/M. statt. Präsentiert werden Ergebnisse und Schlussfolgerungen der dreijährigen Forschungsarbeit Die Ludwig Hiermaier Stiftung fördert mit 27.555 € ein Projekt der Pflegeforschung am Uniklinikum Tübingen. Es geht um den Einfluss professioneller Pflege auf eine Verbesserung der Schlaf- und Lebensqualität bei Onko-Patienten. ww.bzga.de www.drf-luftrettung.de www.amiando.de/redufix www.medizin.uni-tuebingen.de Heilberufe / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3) 7 Pflegedirektor Michael Junge(31) ist seit Januar 2012 Pflegedirektor am Diakonissenkrankenhaus Dresden. Der ausgebildete Kinderkrankenpfleger und Pflegemanager (FH) verantwortete von April 2010 bis September 2011 das Qualitätsmanagement und avancierte im Juli 2011 zum stellv. Pflegedirektor mit verantwortlicher Leitung des ambulanten Versorgungsbereiches. Als Stipendiat der Robert-Bosch-Stiftung wurde er 2007 in das internationale Hospitationsprogramm „Pflege und Gesundheit“ aufgenommen. Michael Junge übernahm 2011 den Vorsitz im Sächsischen Pflegerat. www.diako-dresden.de Auszeichnung Mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ist Hildegard Koppen, langjährige Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK), ausgezeichnet worden. Seit vielen Jahren engagiere sie sich in beeindruckender Weise für die Belange der Pflegenden sowie für die Gleichstellung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sagte Christine Haderthauer, Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen bei der Verleihung. Die 63jährige Hildegard Koppen lebt und arbeitet seit über 40 Jahren für den Pflegeberuf. www.dbfk.de Ernennung Lothar Zörb (53) ist der neue Pflegedirektor am Universitätsklinikum in Gießen und damit zuständig für über 1.200 Beschäftigten im Pflegeund Funktionsdienst. Lothar Zörb begann 1975 seine Krankenpflegeausbildung. Es folgten zahlreiche Qualifikationen. lm Jahr 2005 wurde er Pflegeabteilungsleiter. www.ukgm.de 8 PflegeAktuell News Aktionstag Boys’ Day 2012 — —Am 26. April findet zum zweiten Mal der Boys’ Day – JungenZukunftstag statt. Jungen und junge Männer können an diesem Tag pflegerische Berufe kennenlernen und als berufliche Option in den Blick nehmen. Hochschulen und Unternehmen bieten Schülern ab der 5. Klasse an, in einem Praxistag verschiedene Berufe z.B. in den Bereichen Erziehung, Soziales, Pflege und Gesundheit kennen zu lernen. Bei seiner Premiere 2011 hatten am Boys ’Day bundesweit 4.189 Angebote zur Verfügung gestanden. Die Feedbacks der teilnehmenden Jungen, Einrichtungen und Schulen fielen durchweg sehr positiv aus. Einrichtungen und Unternehmen können ihre Aktionen zum Boys’ Day ab sofort auf www.boys-day.de veröffentlichen und sich durch ihr Engagement neue Ressourcen für den Fachkräftenachwuchs erschließen. www.boys-day.de Studie Unsicherheit bei der Betreuung — —Auszubildende fühlen sich im Umgang mit an Demenz Erkrankten oft überfordert. Das ist Ergebnis einer Studie des Instituts für Public Health und Pflegeforschung (IPP) der Uni Bremen. Erstmal wurde untersucht, inwieweit demenzsensible Konzepte in der Pflegeausbildung thematisiert werden. Unterschiede zeigen sich zwischen den Ausbildungsgängen: Im Gegensatz zu den Schulen der Gesundheitsund Krankenpflege verfügen die Altenpflegeschulen über vielfältige Ansätze und Trainingsmöglichkeiten. www.public-health.uni-bremen.de Patientenschutz Aktionsplan Brandschutz — —„Es gibt keinen Sonderbau in Deutschland, in dem mehr Todesopfer durch Feuer zu beklagen sind als in Pflegeheimen. Selbst Lagerhallen sind besser geschützt“, sagt Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung. Bei rund 50 Bränden in Senioreneinrichtungen im Jahr sterben etwa 20 Bewohner und über 100 Menschen werden verletzt. „80% der Bewohner sind nicht in der Lage, sich selbst zu retten“, berichtet Brysch. Ein einheitliches Brandschutzkonzept existiert in Deutschland dennoch nicht. So sind Baugenehmigungen zum Teil 40 Jahre alt. Damals spielte vorbeugender Brandschutz keine besondere Rolle. Hier sind Bund und Länder in der Verantwortung für einheitliche Sicherheitsstandards zu sorgen. Brandtote in Pflegeheimen sind kein unausweichliches Lebensrisiko. Die Patientenschutzorganisation legt deshalb einen Aktionsplan „Deutschlandweiter Brandschutz rettet Pflegebedürftige“ für Bund und Länder vor. www.patientenschützer.de Heilberufe / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3) © Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (m.); Rido/fotolia.com (r.) PEOPLE Starke Frauen in der Pflege Sinje Hendrischke — —„Hier bin ich“, so machte Sinje Hendrischke selbst auf sich als „Starke Frau in der Pflege“ aufmerksam. Altenpflegerinnen kamen ihr in der HEILBERUFE-Serie „Starke Frauen in der Pflege“ zu selten vor. „Das hat mich dazu ermutigt, mich einfach mal zu melden“, erklärt sie, „denn wir, die Jugend, wir sind da in der Altenpflege!“ Sie ist eine sturmgewohnte „Selfmadefrau“: Eine, die sich unerschrocken und zuversichtlich auf den Weg gemacht hat. Aufgewachsen in Friedrichstadt mit Nordfrieslands herber Nordseeküste direkt vor der Tür, fand sie ihre Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte bald einfach nur „trocken und ganz schlimm“. Als dann mehr zufällig ein Praktikum in der Altenpflege für sie möglich wurde, stand es für sie fest, dort war sie rich- Sinje Hendrischke ist staatlich anerkannte Altenpflegerin und arbeitet als stellvertretende PDL im Senioren- und Pflegeheim Haus Treeneblick in Friedrichstadt. ich mich für ein Begabtenstipendium beworben, das ich seit 2011 von der Stiftung zur Begabtenförderung berufliche Bildung des Bundesministeriums bekomme. Ja, Um Weiterbildungen zu finanzieren, habe das alles ist möglich!“ ich mich erfolgreich für ein Begabtenstipendium beworben. tig. Nach drei Jahren legte sie 2009 in Friedrichstadt ihr Examen zur Altenpflegerin ab und übernahm dort sehr bald die Position der stellvertretenden Pflegeleitung. Heute sagt sie, „ich bin in diesem Beruf richtig aufgeblüht. Es macht so viel Freude, mit alten Menschen zu arbeiten, man bekommt so viel Dankbarkeit zurück. Das möchte ich auch anderen gern vermitteln.“ © privat Immer in Aufbruchstimmung Derzeit ist sie wieder in Aufbruchsstimmung, ein neuer Arbeitsplatz in Hamburg als stellvertretende Wohnbereichsleitung wartet auf sie. „Ich möchte noch viel lernen, da ist es sicher nicht verkehrt, sich zu bewegen und auch in einer anderen Einrichtung Erfahrungen zu sammeln.“ Lachend fügt sie hinzu, es ist wie im Pflegeprozess und geht immer weiter. Ihr ist es wichtig, andere junge Leute für ihren Beruf zu motivieren und zu ermutigen, sich wie sie auf den Weg zu machen: „Ich habe es von der Hauptschülerin jetzt schon zur stellvertretenden Pflegedienstleitung geschafft. Um die Weiterbildungen zu finanzieren, habe Heilberufe / Das Pflegemagazin 2012; 64 (3) Von der Hauptschülerin zur PDL Im März 2011 schloss sie die Weiterbildung zur Wundmanagerin ab, im Herbst wird sie in Rendsburg auch die Weiterbildung zur Leitung einer Pflegeeinheit und zur Praxisanleiterin bewältigt haben. Weiter zu lernen macht ihr längst ebenso Spaß, wie Auszubildende anzuleiten.“ Enthusiastisch sagt sie, „wenn andere sehen, was ich mit 24 Jahren schon erreicht habe und wie toll dieser Beruf eigentlich ist, motiviert sie das vielleicht auch.“ Doch ihr ist auch bewusst, dass nicht jeder geeignet ist. „Für manche ist es nur ein Job, andere wiederum sind mit Herz und Seele dabei.“ Natürlich ärgert sie sich über alle Klischees und Negativschlagzeilen. „Wer in der Altenpflege arbeitet, weiß, wie anstrengend und hart der Beruf ist. Es ist sehr schade, dass die Altenpflege in unserer Gesellschaft so wenig Anerkennung findet.“ Zuversichtlich fügt sie trotzdem hinzu, „aber wenn ich „meine“ Auszubildende, die ich jetzt betreue, erlebe, bin ich froh, dass ich nicht allein bin mit meiner Haltung, sondern dass wir viele motivierte junge Leute in unserem Beruf sind.“ Ruth Mamerow 9