Character-Ausgabe 6

Transcrição

Character-Ausgabe 6
echtes. private. banking.
Ausgabe 6 — MAI 2015
Character im Porträt
Stephanie Czerny
Die Gründerin der DLD-Konferenz über den
digitalen Alltag und altmodische Stärken
6 — 19
Die Auerbach Schifffahrt:
Trotz Krise auf Erfolgskurs
50 — 5 7
Der Sternjäger:
Hans Kleissl
und der Mercedes-Benz 300 SL
66 — 7 3
Gegenwart
2
Editorial
In der Idee
leben heißt,
das Unmögliche
behandeln, als wenn
es möglich wäre.
Johann Wolfgang von Goethe, 1749 – 1832,
deutscher Dichter
Character
3
Mai 2015
Liebe Leserin, lieber Leser,
wann beginnt eine Erfolgsgeschichte? Das lässt sich
natürlich erst im Rückblick genau sagen – wenn sich
der Erfolg bereits eingestellt hat. Die richtige Antwort
müsste aber lauten: Eine Erfolgsgeschichte beginnt
jederzeit. Nämlich dann, wenn jemand den Blick von
der Vergangenheit abwendet und in die Zukunft schaut.
Wenn er sich dazu entschließt, zu handeln und eine
neue Idee in die Tat umzusetzen.
Indem wir heute
handeln, gestalten wir
unser Morgen.
Deshalb ist es wichtig,
nicht zu lange zu
hadern, sondern eine
Idee in die Tat
umzusetzen. Nur so
können wir den
Grundstein für eine
Erfolgsgeschichte
legen.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Die Vergangenheit ist wichtig. Sie bestimmt
unsere Herkunft und gibt uns Identität. Sie vermittelt Werte, die es zu bewahren
und in die Zukunft zu übertragen gilt. Erfolgreiche Personen und Familien bauen auf
solche Werte genauso wie erfolgreiche Unternehmen. Und dennoch: Wir leben im Hier
und Jetzt. Wir müssen also im Heute handeln, um unser Morgen zu gestalten.
Ein bekannter Ausspruch lautet nicht umsonst: „Erfolg buchstabiert sich T-U-N.“
Stephanie Czerny hat genau das getan. Sie ist der „Character“ unserer aktuellen Ausgabe und gibt ein gutes Beispiel dafür, dass es sich lohnt, nach vorne zu schauen
und zu handeln. Sie lernte von ihrer Mutter, dass sie auch in schwersten Momenten
nicht verzagen, sondern weitermachen sollte. Sie nahm Krisen in ihrem Leben
als Herausforderungen, aus denen auch etwas Gutes entsteht. So gründete sie das
Konferenz-Netzwerk Digital Life Design (DLD) und gestaltet bereits heute den digitalen
Alltag von morgen.
Nicht hadern, sondern einfach handeln, das machten auch Alexander Tebbe und
Lucius Bunk. Mitten in der Schifffahrtskrise nutzten sie die Gelegenheit, kauften
ein Schiff zu günstigen Konditionen und gründeten eine eigene Reederei. Sie ließen
sich nicht beirren und sind heute bereits mit mehreren Schiffen auf Erfolgskurs.
Das Morgen gestalten – damit beschäftigen wir uns in vielen weiteren Geschichten
dieser Ausgabe. So stellen wir die Gartenbau-Ingenieurin Heike Boomgaarden vor,
die sich für eine „Versöhnung von Mensch und Natur“ einsetzt. Wir zeigen, wie viele
wertvolle Rohstoffe ungenutzt in dem täglich anfallenden Elektroschrott stecken. Und wir
berichten davon, wie überflüssig die gute alte Plastiktüte im Grunde ist. Zugleich präsentieren wir eine andere Perspektive auf das Gestern und Heute:
Hans Kleissl sucht weltweit nach Exemplaren des Mercedes 300 SL und restauriert sie.
Damit bewahrt er eine deutsche Stilikone für die Zukunft.
Erfolgsgeschichten können überall und zu jeder Zeit ihren Anfang nehmen.
Wir würden uns freuen, wenn wir mit dieser Ausgabe einige Impulse für neue
Geschichten geben könnten.
Bleiben wir im Dialog!
Aus dem Bethmannhof
grüßt Sie herzlich
horst schmidt
Vorstandsvorsitzender
der Bethmann Bank
Gegenwart
Inhalt
4
tradition
gegenwart
26
Runde Kunstwerke
Das Bielefelder
Unternehmen Union Knopf
Stephanie Czerny
Die Gründerin der DLD-Konferenz über ihre persönliche
Vergangenheit und die digitale Zukunft
Passion
Mercedes 300 SL
Hans Kleissl, der Bewahrer
einer deutschen Stil-Ikone
66
6
60
Die Männertasche
Frauen haben
ihre Handtasche –
aber was haben
die Männer?
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Character
Mai 2015
5
zukunft
Überblick
6
Character im Porträt
Stephanie Czerny
Gründerin der Konferenz Digital Life Design
20Werte im Wandel
Siezt du noch oder duzt du schon?
Die richtige Anrede
24Perspektivenwechsel
Bezahlen –
Ist Bargeld ein Auslaufmodell?
36
26Unternehmen mit Tradition
Knöpfe für die Welt
Union Knopf aus Bielefeld
Verborgene
Werte
Edelmetall aus
alten Handys
34
12 Dinge, die man tun sollte
VON TAPFERKEIT, HUMOR, NEUGIER
UND DEM MUT, FEHLER ZU MACHEN
36Für morgen
Urban Mining
DAS GOLD AUS DER SCHUBLADE
40Unterbewertet
Rostock
Die Kraft von Wind und Wellen
42Zahlen, bitte!
Wasser
­
Grundlage von Lebens- und Wirtschaftswachstum
44Zwischen kommerziell und karitativ
Versöhnung von Mensch und Natur
Die Gartenbau-ingenieurin Heike Boomgaarden
48Hello / Goodbye
Ist das noch tragbar?
Alternativen zum Verpackungswahn
50Unternehmen der Zukunft
Im Fahrwasser der Krise
Auerbach Schifffahrt in Hamburg
58
12 ausgewählte Zitate
von Stephanie Czerny
60Panorama
Wohin damit?
Eine Betrachtung der MännerHandtasche
50
Gründung in der Krise
Wie die Auerbach Schifffahrt
auf Erfolgskurs geht
64
Einplanen
Durch das Jahr
mit Stephanie Czerny
66Panorama
Der Sternjäger
Hans Kleissl sucht und restauriert den Mercedes 300 SL
74Impressum
Gegenwart
6
Porträt
Geschäftsführerin und Gründerin des
Konferenz-Netzwerks DLD (Digital Life Design)
Stephanie
Czerny
Interview: DR. EVA KARCHER Fotos: WOLFGANG STAHR
Bellen und Kläffen hinter der Tür des Landhauses in Kreuth.
Zwei schwarzweiße Hunde stürmen heraus, springen an den
Besuchern hoch, und mitten in das wilde Begrüßungszeremoniell sagt
eine heitere Stimme: „Murrle, los, kommt her.“ Stephanie Czerny, die
DLD miterfunden und zur globalen Marke entwickelt
hat, ist herzlich und entspannt, ihr Haus ein rustikal-eleganter Mix aus Antiquitäten und Bauhausdesign. Sie führt in
die sonnendurchflutete Bibliothek. Die Bücher sind nach
Farben geordnet und verraten wie Stephanie Czernys goldfarbene
Schuhe zur steingrauen Strickweste: Diese Frau weiß
Atmosphäre und Glamour zu verbinden.
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Character
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Meine Mutter
zelebrierte das Leben,
sie zeigte mir, dass
es schön ist. Das war
ihr Geschenk an mich,
unschätzbar. Mir zu
zeigen: Selbst in
den schwersten
Momenten geht es
weiter.
Vorbild: Stephanie Czerny vor dem Porträt
ihrer ebenso schönen wie außergewöhnlichen
Mutter Ada von Szankowska, das deren Vater
Boleslaw von Szankowski malte, ein zu seiner
Zeit berühmter Künstler
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Gegenwart
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Es ist so banal,
aber wer mit
kleinen Dingen
zufrieden
sein kann, lebt
besser.
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Porträt
Character
Frau Czerny, 2005 initiierten Sie das
globale Netzwerk DLD, das digitale
Tycoons, Start-up-Unternehmer,
Wissenschaftler und Künstler mischt.
Wie wird man Gründerin einer solchen
Innovationskonferenz?
Alles begann 1995 beim Skifahren. In der
Gondel auf dem Wallberg lernte ich den
Verleger Hubert Burda kennen. Er sprach von
einer neuen Technologie, die alles verändern
würde, dem Internet. Ich hatte keine Ahnung.
Am Anfang dachte ich sogar naiv: inter-nett?
Damals hatte mich Dr. Burda gerade in
seinen Stab als Managerin berufen. Zehn
Jahre später schickte er mich dann mit dem
Auftrag ins Silicon Valley: Lerne die spannendsten Leute kennen und bring sie nach
München. Das habe ich getan.
Dem DLD-Motto folgend „Connect the
unexpected“?
Genau. Es geht immer um die Mischung. Sie
sich zu erarbeiten, ist die eigentliche Qualifikation. Eine Konferenz ist wie ein lebendiges
Wesen. Unsere Gäste sollen nicht nur über
sich sprechen, sondern andere Menschen mit
anderen Haltungen und Blickweisen treffen.
Uns interessieren die Menschen, nicht so sehr
die Produkte. Welche Perspektiven haben sie,
welche Denkmuster? Grundsätzlich braucht
man Stars und Persönlichkeiten, die kommunikativ sind. Leute, die gerade an die Börse
gegangen sind oder kurz davor stehen. Zu
einer guten Party, denn das ist DLD auch,
gehört außerdem ein gewisser Sex-Appeal –
kluge, schöne Frauen, smarte, markante
Männer. Dazu Humor, denn so entstehen
jene spontanen Augenblicke, die allen unvergesslich bleiben. Wie jener, als ­Hubert Burda
zusammen mit Giorgio ­Moroder auf einem
unserer Panels „Happy Birthday“ sang.
Solche Begegnungen zu initiieren, ist mein
höchstes Vergnügen!
Moroder, die Disco-Legende, der
gerade sein Album „74 is the new 24“
­veröffentlichte?
Menschen mit Geschichte haben am meisten
Persönlichkeit. In den 70er-Jahren erfand
Giorgio Disco und Donna Summer …
9
Sie summt: „Love to love you baby …“
Das Podium wurde von Troy Carter moderiert, dem Musikmanager und Gründer von
Atom Factory, der Lady Gaga erfand. Es
war ein unschlagbarer Mix von Power und
Glamour!
Wie gelingt diese Alchemie?
Nicht vom Kopf her, sondern intuitiv.
Zulassen, das ist das Geheimnis.
Kann man Intuition lernen?
Da bin ich nicht sicher. Manchmal entdeckt
man erst in einer Notsituation, dass man
sie hat. Es gehört viel Erfahrung dazu, aber
auch der Mut, Dinge zu tun, die andere für
verrückt halten würden. Vorstellungskraft,
Sensibilität, Empathie, das sind Eigenschaften,
aus denen sich Intuition entwickelt. Das,
was einen Charakter zum Charakter macht.
Hubert Burda ist ein Meister der Intuition,
von ihm habe ich viel gelernt.
Was zeichnet Intuition aus?
Sie ist nicht berechenbar. Deshalb wird sie
immer wichtiger für unsere Gesellschaft.
Maschinen können sich vernetzen, sie denken
kausal und logisch. Statt ihnen ähnlicher
werden zu wollen, sollten wir unsere intuitive
Intelligenz aktivieren. Deshalb ist Kunst so
wichtig, auch bei DLD, denn Künstler und
Forscher und andere Kreative sind Seismografen von Veränderung. Worüber ich derzeit
auch viel nachdenke, ist Otium.
Über Muße?
Ja. Wenn wir künftig dank der immer
fortgeschritteneren Technologien mehr Zeit
haben werden, wie gehen wir mit ihr um?
Wir sollten Muße als Quelle von Kreativität entdecken und sie für mehr Humanität
einsetzen.
Draußen vor der verglasten Fensterbank
des Landhauses in Kreuth buddelt die
Appenzeller Hündin Murrle, fördert
bellend und springend einen Stock zutage
und schaut schwanzwedelnd in Richtung
Frauchen.
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Sie leben am Tegernsee. Ist diese Idylle
Ihr Gegengewicht zum vielen Reisen als
DLD-Chefbotschafterin?
Auch! Man kann nur kosmopolitisch sein,
wenn man vor seiner eigenen Tür zu Hause
ist – davon bin ich überzeugt. Ich bin so aufgewachsen, wie ich heute lebe. Meine Mutter
leitete in München die deutsch-amerikanische
Gesellschaft und am Wochenende waren wir
auf dem Land in Fischbachau. Das ist ein
Nachbarort von Kreuth. Ihr Leben war nicht
leicht. Als sie mich bekam, war sie 42, der
Vater 26.
Wie fortschrittlich!
Genau, wie heutig! Sie war eine Lebenskünstlerin, und das habe ich von ihr geerbt. Von ihr
lernte ich, dass es nicht um materielle Dinge
geht. Sie hatte nie Geld, das konnte anstrengend sein. ABER! Was hat sie von ihrem
letzten Geld am Monatsende gemacht? Sie ging
mit mir essen und kaufte uns einen Blumenstrauß. Sie zelebrierte das Leben, sie zeigte mir,
dass es schön ist. Das war ihr Geschenk an
mich, unschätzbar. Mir zu zeigen: Selbst in den
schwersten Momenten geht es weiter.
Sekundenlang klingt der Silberton in ihrer
hellen, warmen Stimme eine Spur rauer.
Woher kam diese ungewöhnliche
Stärke?
Die ist glückhaft. Es ist so banal, aber wer mit
kleinen Dingen zufrieden sein kann, lebt besser.
Für mich sind zum Beispiel meine Hunde ganz
wichtig. Ihre bedingungslose Zuneigung finde
ich wunderbar. Oder die Natur, die Blumen,
das Zwitschern der Vögel. Ich erkenne fast
jeden Vogel an seinem Gesang. Und sehen Sie,
jetzt kommt die Sonne raus, tut das nicht gut?
Ein Genuss!
Meine Mutter setzte sich damals, in den
60er-Jahren, gegen alle Konventionen durch.
Die Leute wechselten die Straße, wenn sie mit
ihrem ledigen Bankert (Anm. d. Redaktion:
uneheliches Kind) ankam. Das bekam ich mit,
darunter habe ich sehr gelitten.
Gegenwart
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Souveränes Chaos: Einer der Arbeitstische
von Stephanie Czerny, umrahmt von Objekten, die
sie inspirieren (v. l.): Reproduktion der schwarzen
Madonna aus Krakau, Stich vom Kloster Tegernsee,
russische Ikone, Landkarte des 18. Jahrhunderts
Wer ständig
Neues sucht, läuft
den Dingen und sich
selbst davon.
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Porträt
Character
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Mai 2015
Gegenwart
Fühlten Sie sich als Außenseiterin?
Ja, aber inzwischen sehe ich diese Rolle
als großen Vorteil. Ich möchte, wie schon
Winston Churchill sagte, in keinem Club
Mitglied sein. Außenseiter beobachten, sie
suchen sich das Beste heraus und sind nicht
Teil des Ganzen. Haben Sie von der Weaklinks-Theorie gehört?
Den schwächsten Gliedern einer Kette?
Geschlossene Systeme oder auch Communitys implodieren, wenn sie sich nicht erneuern.
Führungspersönlichkeiten sind oft darauf
bedacht, ihre Macht nicht zu verlieren.
Alles Neue bedroht ihre Autorität, also sind
Außenseiter die Einzigen, die solche Systeme
mit Ideen und Mut öffnen können. Jedes
Unternehmen muss die Balance zwischen
systemerhaltenden und destabilisierenden
Maßnahmen suchen, gerade auch Familienunternehmen mit langer Tradition.
Brauchen wir mehr Querdenker?
Das Wort mag ich nicht. Ein Baum, der
quer in einem Bach liegt, verstopft und
bringt das Wasser zum Überlaufen. Genauso sind berufsmäßige Querdenker oft eher
erhaltend als erneuernd. Ich ziehe Mitdenker
und Vordenker bei Weitem vor. Zuerst verstehen und dann vorauseilen.
Was ist das Erfolgsgeheimnis des
Internets?
Die Gründerszene besteht aus Hochbegabten,
die sich monothematisch und total strukturiert
auf ihr Thema konzentrieren. Ihre Vision,
die Welt zu verändern, treibt sie an. Wie
Google-Gründer Larry Page, Marc Zuckerberg
von Facebook oder Marissa Mayer, die
Yahoo-Vorstandsvorsitzende. Außerhalb
ihrer Community sind sie beinahe gesellschaftsunfähig. Ich glaube, wir eilen auf ein
seltsames Zeitalter zu. Die Digitalisierung
verändert gerade alle unsere Industrien, von
der Auto- über die Musik- und Medien- bis
zur Medizinindustrie. Früher oder später
wird menschliche Leistung von sich organi­
sierenden autonomen Maschinen ersetzt.
Smartphones sind unsere Fernbedienung,
mit ihnen erschließen wir uns alles.
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Porträt
Aber was geschieht mit den Menschen, die
durch Maschinen freigesetzt werden? Wir alle
haben mehr Zeit und müssen uns beschäftigen. Was ist die Lösung? Kreativität. Sie ist
eine Schlüsselqualifikation der nahen Zukunft.
24 Millionen Nutzer. Man kann in jedem Alter
damit anfangen. Andere Leute spielen Bridge,
es ist wie Gedächtnistraining in der Gruppe.
Zerstören die virtuellen Technologien
Kreativität nicht eher?
Nicht wenn wir sie formen, bevor sie uns
formen. Ganz wichtig ist, dass wir von den
Mustern lernen, die wir via Big Data zum
ersten Mal erkennen können. Egal ob Tumormuster im Blutbild oder Fehlerquellen in der
Militärtechnologie: Wir müssen lernen, sie
zu deuten, und – das ist entscheidend – wir
müssen darauf achten, dass nicht nur wenige
Ich möchte, wie schon
Winston Churchill
sagte, in keinem Club
Mitglied sein.
AuSSenseiter beobachten, sie suchen
sich das Beste heraus
und sind nicht Teil
des Ganzen.
Eliten diese Muster deuten können. Schon
im Kindergarten sollten Kinder coden lernen.
Coden sollte zur Kulturtechnik werden wie
Lesen oder Schreiben.
Können Sie programmieren?
Ich bin kein technischer Mensch. Aber ich
versuche es, genauso wie Klavierspielen.
Immerhin bin ich bei der Code Academy
angemeldet. Sie auch?
Noch nicht.
Sie wurde 2011 von Zach Sims und Ryan
Bubinski gegründet und zählt inzwischen über
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Was bedeuten Ihnen die Berge, die
Sie umgeben?
Sehr viel! Wenn ich meine Wanderung mache,
finde ich Frieden. Es ist Labsal für meinen
Körper, meine Sinne und meine Seele. Natur
ist der Inbegriff von Vernetzung. Ich gehe seit
Jahren fast jeden Tag immer denselben Weg –
auf die Königsalm – und immer entdecke ich
etwas Neues. Das ist ein Geschenk.
Gehen als Meditation?
Je mehr ich mit einem Weg vertraut bin,
desto weniger muss ich mich absichern,
desto offener werde ich für ungeahnte Nuancen und Facetten. Das wiederum stärkt
meine Intuition. Die Voraussetzung ist, sich
geborgen zu fühlen. Wer ständig Neues sucht,
läuft den Dingen und sich selbst davon.
Wie bringen Sie Beruf und Ihre Familie
mit vier Kindern in Einklang?
Das konnte ich nicht von Anfang an. Aber
ich hatte viel Glück und eben eine Mutter,
die ein großes Vorbild war. Sie sagte Sätze
wie: „Es kommt nicht darauf an, viel anzuhäufen. Sondern darauf, das, was du tust,
richtig zu tun.“ Das Wichtige richtig machen.
Was ist das Wichtige?
Das muss jeder für sich entscheiden.
Mir war wichtig, dass meine Kinder eine
gute Ausbildung haben, dass sie integre,
neugierige Menschen werden.
Wie alt sind sie?
Der jüngste, mein Sohn Georg, ist 25. Er hat
Landwirtschaft studiert und macht demnächst
in den USA ein Praktikum auf einer Trauben-,
Mandel- und Aprikosenfarm. Meine älteste
Tochter Antonia ist 30 und wird Ärztin.
Dazwischen gibt es noch Anastasia und
Agnes, die beide gerade ihr Studium beenden.
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Bunter Bücherschatz: Die Bände ihrer großen
Bibliothek hat die Literaturkennerin nach
Farben geordnet
Gegenwart
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Porträt
Wohlfühlatmosphäre (v. l.): Kater Carlo auf dem
Kachelofen im Wohnzimmer, Tierminiatur aus
Eisen, Blick aus dem Fenster im Salon in den
Garten, die Weltenbummlerin mit einem der
Globen, die sie sammelt
Vorstellungskraft,
Sensibilität,
Empathie, das sind
Eigenschaften, aus
denen sich Intuition
entwickelt. Das,
was einen Charakter
zum Charakter
macht.
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Character
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Gegenwart
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INTERNET UND INTUITION
Die Zeitschrift WIRED zählt Stephanie Czerny, die alle Steffi nennen, zu den
100 einflussreichsten Persönlichkeiten der digitalen Szene in Europa. Sie selbst geht
mit Hitlisten ebenso cool um wie mit den Big Boys und Girls der Gründerszene,
die sie alle kennt: Sie lädt diese jedes Jahr in Palo Alto zur großen Party, auf der ihr
Hutmacher Wiesner mit seiner Frau, ihre „Musikanten aus Kreuth“, aufspielt.
Als Gastgeberin ist die 1954 geborene Politikwissenschaftlerin und Journalistin
unschlagbar, wie sie seit zehn Jahren mit der DLD-Konferenz von Hubert Burda
Media beweist. Getreu ihrem Leitspruch „Man kann nur kosmopolitisch sein, wenn
man vor seiner eigenen Tür zu Hause ist“ verbindet sie mühelos Metropolen-Trips
und Wanderungen auf die Königsalm, Internet und Intuition. Aufgewachsen in
Fischbachau, lebt die Mutter von vier erwachsenen Kindern mit den Hunden Murrle
und Froschi am ­Tegernsee in einem Landhaus in Kreuth.
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Porträt
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Weitsicht: Czerny in der heimeligen DLDLounge im 6. Stock des Burda Medienhauses
Gegenwart
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Tierfreundin: Mit Hündin Froschi in der Diele ihres
Hauses, rechts Still­le­ben aus Wunderkammerobjekten wie einer Koralle und Eisenvotiven für den
Heiligen St. Leonhard
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Porträt
Character
Gab es in Ihrem Leben Krisen?
Viele, immer wieder, Gott sei Dank, sonst
wäre es doch langweilig. Aus der Herausforderung wächst oft etwas Gutes. Es geht
immer weiter! Dieses Weitergehen muss man
gestalten, aktiv und in vollem Bewusstsein.
Was gehört für Sie zu guter
Gestaltung?
Intellektueller Diskurs und körperliche Leistungsfähigkeit sind wichtige Elemente. Aber
auch Äußerliches gehört dazu. Gute Nahrung
ist Teil unserer Kultur, genau wie gute Materialien, gute Stoffe, gute Kleidung. Ich bin
ein großer Fan von für mich geschneiderten
Sachen. Meine Blusen, Röcke, Jacken, Mäntel
und Hemden lasse ich mir seit Jahren nähen,
zum Beispiel von Ines Schamberger, der besten Hemdenschneiderin Münchens. Und der
Schuhmacher Martin Mitter aus Tegernsee
fertigt meine Bergschuhe.
Das ist Ihr Luxus?
Es sind Dinge, die zu mir gehören, in denen
ich mich wohlfühle, die mir Jahrzehnte erhalten bleiben.
Sie prägen Ihren Stil. Lehnen Sie
Labels ab?
Überhaupt nicht. Eine Kelly Bag von Hermes
ist mir das Schönste! Aber eine genügt fürs
ganze Leben. Genauso schwärme ich aber
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auch für einen Bergstock aus sehr gerade gewachsenem Haselnussholz. Beides ist Luxus
für mich.
Sie ziehen Handwerk und Tradition
einem modischen Look vor?
Ja, aber wenn man jung ist, muss man modisch sein. Sich ausprobieren, experimentieren, mixen. Nur dann findet man seinen Stil.
Vor fünf Jahren gründeten Sie DLD
­Women, um Frauen besser miteinander
zu vernetzen. Was hat sich verändert?
Das Thema bleibt schwierig, mögen wir noch
so viele Forderungen stellen. Der Spagat
von Beruf und Familie hängt immer noch
an uns Frauen. Es gibt mehr Kindergärten
und Horte, aber solche Maßnahmen genügen
nicht. Arbeiten und Leben müssen sich noch
viel mehr verknüpfen. Ob ich im Büro oder
zu Hause arbeite, ist bei vielen neuen Berufen
egal. Es muss nur organisiert werden, und
zwar von uns Frauen. Wir sind die Speer­
spitze. Der Konflikt zwischen Beruf und
Familie muss sich auflösen.
Was sollten Unternehmer tun?
Die Rahmenbedingungen schaffen. Vertikale
Hierarchien sind altmodisch, leider gibt es
immer noch zu viele. Wir brauchen neue
Führungsstile, die unternehmerisches Denken
fördern.
Wie beurteilen Sie die negativen
­Auswirkungen der Digitalisierung,
­Totalkontrolle und gläserne Existenz?
Neues zerstörte immer alte Strukturen und
hatte auch negative Folgen. Die Erfindung
des Buchdrucks und mit ihm der Flugblätter
und Kupferstiche von Massakern machten
den Dreißigjährigen Krieg zum ersten Medien- und Propagandakrieg der Geschichte
und zu einem unvergleichlichen Trauma für
Europa. Es gibt immer zwei Seiten. Die vielschichtige Transparenz von Daten durch Big
Data ist etwas, das wir nicht zurückschrauben können. Ich gehöre zur Generation der
späten 68er, wir haben diese Transparenz
gefordert! Aber es braucht niemand technophob zu sein. Wichtig ist zu begreifen
und sich immer wieder bewusst zu machen,
was gerade geschieht. Nichtwissen erzeugt
Angst, Aggression und Unsicherheit. Das
heute durch Daten erzeugte Wissen lässt ein
neues, komplexes Menschenbild entstehen.
Wer weiß, vielleicht steuern wir gerade auf
eine zweite Aufklärung zu. Für mich ist der
Kant’sche Satz „Aufklärung ist der Ausgang
des Menschen aus seiner selbst verschuldeten
Unmündigkeit“ aktueller denn je.
Gegenwart
Werte im Wandel
20
Werte im Wandel
Siezt du noch oder
duzt du schon?
Die richtige Anrede
Du oder Sie? Ganz klar: Das Du ist auf dem Vormarsch. Sich zu duzen, ist im
Internet selbstverständlich. Das Du bestimmt aber auch immer mehr die Anrede
von Face to Face und nicht nur von Facebook zu Facebook. Ob das gut ist?
Januar 2015, die Polizei Essen Mülheim
teilt ihren Bürgern Wichtiges mit: „Liebe
Facebook Fans der Polizei Essen Mülheim,
durch einen landesweiten Erlass sind wir
dazu angehalten, ab sofort das ‚Duzen’ hier
auf Facebook einzustellen. Wundert euch
also nicht über die sich jetzt ändernden
Postings und Kommentare. Wir werden
weiterhin versuchen, so authentisch wie
möglich zu bleiben, und hoffen, dass euch
die Umstellung nicht stört.“
Doch, die User störte diese Umstellung
gewaltig! Und deshalb posteten sie zurück,
dass man sich in der weiten „multimedialen
Welt grundsätzlich duze“. Einige beschwerten sich beim nordrhein-westfälischen Innenministerium, das der Polizei die korrekte
Anrede der Bürger in sozialen Netzwerken
vorschreibt. Andere wiesen sogar darauf
hin, dass es nach jedem Etikette-Ratgeber
als „stillos“ gilt, jemandem ein einmal angebotenes Du wieder zu entziehen. Die Polizei hätte sich eben etwas früher überlegen
sollen, ob sie den Bürgern überhaupt das
Du anbietet – das tat sie nämlich bereits
1926, als Innenminister Albert Grzensinski
den berühmten Slogan „Die Polizei – Dein
Freund und Helfer“ im Freistaat Preußen
etablierte.
DAS DU KANN ZUM
KARRIEREKNICK FÜHREN
Sprache ist per se ein ständiger Wert
im Wandel. So offenbart die polizeiliche
Randnotiz als Zeichen gesuchter – oder
fehlender – Bürgernähe einmal mehr das
immer komplizierter werdende kommunikative Chaos in unserem eigentlich intakten
Gesellschaftsalltag: Ob wir uns spontan
und in der jeweiligen Situation für das
Sie oder Du als Anrede entscheiden, kann
schließlich zu zwischenmenschlichen oder
geschäftlichen Katastrophen, eventuell
sogar zum Karriereknick führen.
Wer glaubt, gerade die Geschäftswelt sei
die letzte Bastion, in der sich die Frage
„Du oder Sie?“ nicht stellt, der ist ziemlich
naiv. Er vergisst, dass der digital angeheizte
Generationskonflikt dieses Etikette-Problem
ebenso verdeutlicht wie die Pflege und
Verweigerung deutscher Tradition inklusive
Hierarchie- und Gender-Debatte. Ja, und
obendrein gibt’s dann noch die regionalen
Unterschiede: Das vornehme „Hamburger
Sie“ („Wie geht es Ihnen, Jens?“) ist in
seiner Umkehrung kein „Münchner Du“
(„Du, Meier!“), sondern schlichtweg eine
Unverschämtheit.
Das vertrauliche, kumpelhafte Anredepronomen Du, es hat längst Konjunktur.
Besonders in der Werbung: Zuerst forderte
ein Hersteller von Speiseeis: „Nogger dir
einen!“ Aus dem Radio tönte es bald: „Hol
dir die neue ...“ Inzwischen gibt es keinen
Werbespot im Fernsehen, der einen nicht
duzt, wenn eine neue Flatrate, eine Singlebörse oder ein Fitness-Produkt angepriesen
werden. Das schwedische Möbelhaus fragt:
„Wohnst du noch, oder lebst du schon?“
und empfiehlt in seiner Textilabteilung:
„Wiege dir deinen Stoff selber ab.“
Die Partei der Grünen verblüffte im Wahlkampf bereits mit einem „Du entscheidest“.
Das Forstamt mahnt duzend: „Auch dein
Hund wildert.“ Und außerdem wissen wir
sowieso alle: „Du bist Deutschland!“ Alle
diese Dus haben zumindest einen frommen
Wunsch ihrer Anwender gemeinsam:
Per Du könnte man besser auf Augenhöhe
miteinander kommunizieren, Hierarchien
einreißen, Distanzen überwinden und die
Unterschiede zwischen Mann und Frau,
Jüngerem und Älterem oder Chef und Mitarbeitern abschaffen. Also: Siezt du noch,
oder duzt du schon?
Helmut Kohl
Gegenwart
Es geht um Umgangsformen – und für die
gibt es bekanntlich Regeln: Bei der Frage,
wer nun wem das Du anbietet, gilt nach
Stilbibel Knigge, dass immer der Ranghöhere
dem Rangniedrigen und der Ältere dem
Jüngeren das Du anbietet. Das gilt übrigens
für beide Geschlechter. Zwischen Mann und
Frau gilt noch zusätzlich: Die Frau bietet
dem Mann das Du an, auch wenn sie jünger
ist. Umgekehrt könnte man es schnell als
plumpe Anmache missverstehen. Natürlich
ist es unfein, ja peinlich, ein Du zu erbitten
oder eben die duzende Anrede rückgängig zu
machen wie bei der Essener Polizei. Ein Du
kann man ablehnen, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Und dann gibt es noch
jenes temporäre Du bei Weihnachtsfeier,
Sport oder Bergtour; am Tag danach sollte
man allerdings darauf achten, „wie“ der
Ranghöhere mit jenem leichtfertigen Du, das
unterm Gipfelkreuz oder beim Juleclub galt,
umgeht. Ob’s dabei bleibt oder eben nicht.
Das klingt ja so
weltläufig wie ein „you“
In Deutschland kam das flächendeckende,
kumpelhafte Geduze in den 60er-Jahren
des vergangenen Jahrhunderts unter linken
Studenten in Mode. Für viele ist es, wie
das meiste schlechte Benehmen, bis heute
ein Überbleibsel der 68er-Proteste gegen
die siezende Herrschaftswelt geblieben.
Nicht jeder konnte, trotz anschwellender
Wertedebatte der vergangenen Jahrzehnte,
von der Tatsache überzeugt werden, dass
Vertrauen es gerade dort schwer hat, wo zu
viel duzende Vertraulichkeit herrscht.
So wurde aus dem studentischen
Wohngemeinschafts-Du zwischenzeitlich
das TV-Moderatoren-Du. In mediokren
Klatschsendungen duzt dann der Moderator seine C- und D-Promis und suggeriert
den „verduzten“ Deutschen: Wir sind alle
eine große TV-Familie. Der Sportkommentator duzt im Interview die Sportler, und
im heute-journal des ZDF benutzt Claus
Kleber besonders gern das Du im Gespräch
mit seinen Korrespondenten. Klingt ja so
weltläufig, so amerikanisch, so You.
Werte im Wandel
22
Nun bedeutet das englische „You“ aber kein
Du, sondern ist ein Respekt forderndes,
höfliches Sie. Das allerdings wird von
Anwendern eines rudimentären „pidgin
english“ leicht vergessen. So hat sich auch
Helmut Kohl schon anderen Staatsmännern mit einem jovialen „You can say you
to me“ vorgestellt. Heute beziehen sich
viele international, global, cool und smart
fühlende deutsche Duzer auf das englische
You. Auch sprachlich findet hierzulande in
Unternehmen eine Amerikanisierung statt.
Um Vertrauen zu signalisieren, sprechen
oft Führungskräfte gerade Teams in der
zweiten Person Plural an: „Wie macht ihr
das denn in eurer Abteilung?“
Das Siezen ist
stets die
elegantere,
aber auch
kompliziertere
Verkleidung
unserer
Konversation.
Nicht immer hat diese Zwischenform von
Sie und Du aber die erhoffte Wirkung –
wie überhaupt ein zu schnelles Duzen gerade im Geschäftsleben ziemlich anbiedernd
wirken kann. Arbeitspsychologen warnen
deshalb vor der duzenden Anrede. Zwar
könne man das Du als ein motivierendes
Instrument der Führung nutzen. Aber es
falle eben auch sehr, sehr viel schwerer,
jemanden hart zu kritisieren oder gar zu
kündigen, wenn man ihn duzt. Das förmliche Sie schützt immer beide Seiten. Und ist
dieses Sie erst einmal perdu, also verloren,
ist es eben stillos bis unmöglich, wieder zu
ihm zurückzukehren.
Das feine, subtile Spiel der Kommunikation,
das einem das Sie ermöglicht, weil es Abgrenzung schafft und innerhalb dieser Abgrenzung Freiheit schenkt – in der Netzwelt
ist es längst verloren gegangen. Die inflationäre Kommunikation im Internet – von nicht
selten maximal reduzierter Sprachqualität
(LOL, hdgdl, rofl, ^^) – öffnet inzwischen
alle Schleusen schlechten Benehmens. Es
reißt jede Schranke von Respekt und schüttelt
alle traditionellen Regeln und Werte unseres
verbalen Umgangs durch. Der InternetKnigge, die Netiquette kennt keine festen Duoder Sie-Regeln: User sind per Du!
Es gilt hier, zumal im Schutz der Anonymität: Die Hemmschwelle unter Duzern
ist niedriger als unter Siezern. Deutlich
niedriger! Dass Kommunikation in sozialen
Netzwerken mitunter zur handfesten
Beleidigung mutiert, verwundert nicht.
Wer postend und twitternd per Du verbal
eindrischt, schimpft, diffamiert, mobbt und
auf gut Deutsch „Scheißstürme“ entfacht,
der hat längst vergessen – oder nie gewusst –,
dass man per Sie viel beißender und viel
bissiger sein kann. Joschka Fischers berühmter Satz „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie
sind ein Arschloch“ hätte weder Wirkung
noch Nachhaltigkeit gehabt, hätte er ihn in
ein plumpes Du gekleidet.
Das Siezen ist stets die elegantere, aber auch
kompliziertere Verkleidung unserer Konversation. Es bietet viel mehr Zwischentöne, um
gegenseitige Achtung wie auch Geringschätzung auszudrücken. Es schenkt uns viel mehr
verbale Facetten der Höflichkeit (und Unhöflichkeit) im Umgang miteinander. So einfach
ist das – und so kompliziert. Da wir es heute
aber so gerne auf Vereinfachung anlegen und
auf Verknappung und da wir Plumpes für
authentisch halten und Vertraulichkeit mit
Vertrauen verwechseln, darum ist das Duzen
weiter auf dem Vormarsch. Ob das gut ist?
Weißt du es? Wissen Sie es? Die Polizei, ganz
gleich ob dein oder Ihr Freund und Helfer,
weiß es jedenfalls nicht.
Text: Pascal Morché
Joschka Fischer
Gegenwart
Perspektivenwechsel
24
PERSPEKTIVENWECHSEL
Bezahlen –
Ist Bargeld ein
Auslaufmodell?
Im Internet gibt es keine Scheine und Münzen. Und auch an der Supermarktkasse, in der Mode-Boutique oder im Restaurant zücken die Kunden immer
häufiger die EC- oder Kreditkarte, wenn es ans Bezahlen geht. Denn die
Kartenzahlung ist bequem und macht den Gang zur Bank überflüssig. Wird
Bargeld also zum Auslaufmodell? Oder geht es im Alltag doch nicht ohne?
Bargeld –
Zahlungsmittel Nr. 1
„Nur Bares ist Wahres“, sagt der Volksmund.
Und diese Redensart ist aktueller denn je.
Denn trotz des wiederholten Abgesangs
auf diese Zahlungsart ist Bargeld auf
absehbare Zeit nicht wegzudenken. So hat
gemäß Bundesbank der Banknotenumlauf
für das gesamte Eurosystem zwischen 2009
und 2013 um rund 150 Mrd. Euro zugenommen – ein Plus von 18,6 Prozent auf 956
Mrd. Euro. Gleichzeitig bleibt in Deutschland
Bargeld das Zahlungsmittel Nummer eins:
Etwa 80 Prozent aller Transaktionen erfolgen in bar.
Friedrich P. Kötter, 48
Geschäftsführer der
KÖTTER Geld- & ­Wertdienste
GmbH & Co. KG, E
­ ssen
Warum das so ist? Ein wichtiger Grund liegt
aus meiner Sicht in dem weit verbreiteten
Gefühl, „etwas in der Hand zu haben“, statt
allein virtuelle Werte zu sehen. Wer auf
Bargeld setzt, minimiert zudem die Gefahr,
Opfer von Cybercrime zu werden. Denn
längst nutzen Kriminelle nach Behörden­
erkenntnissen nicht nur Phishing-Mails,
sondern nehmen auch Smartphones und
andere mobile Endgeräte gezielt ins Visier.
Gleichzeitig gewährleisten Münzen und
Scheine eine gute visuelle Kontrolle über die
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eigenen Finanzen. Und die ist nicht zuletzt
gerade für Kinder, Jugendliche und junge
Erwachsene ein wichtiger Faktor beim
angemessenen Umgang mit Geld. Last, but
not least, schätzen viele Verbraucher die
„Anonymität“ dieser Zahlungsart, die im
Gegensatz zu elektronischen Wegen keine
Spuren hinterlässt.
Auch rechnet sich Bargeld in wirtschaftlicher Hinsicht. Denn es ist das mit Abstand
kostengünstigste Zahlungsmittel. Wird
es im Handel mit dem Kostenfaktor 1
in Ansatz gebracht, haben Debitkarten
den Kostenfaktor 4 und Kreditkarten in
Deutschland den Faktor 15. Das heißt,
dass Debitkarten für Einzelhändler vier
Mal und Kreditkarten 15 Mal teurer sind
als Bargeld!
In der Summe also schlagkräftige Argu­
mente, die mich fest davon ausgehen
lassen, dass Münzen und Scheine auch
in Zukunft ihren angemessenen Platz in
unserem Wirtschafts- und Finanzsystem
behalten werden. Und sich dabei gut mit
modernen Zahlungsmöglichkeiten wie
Mobile Payment ergänzen.
Character
Mobile Payment
auf dem Vormarsch
Deutschland ist heute noch das Land der
Barzahler. Und dennoch zeigen Umfragen,
dass neun von zehn Deutschen bereits jetzt
ihr Portemonnaie lieber zu Hause lassen
würden, wenn sie dies denn könnten. Ihr
Smartphone dagegen haben sie gerne stets
dabei. Und das würde – vor die Wahl gestellt – jeder Fünfte lieber für Zahlungen von
unterwegs nutzen. Immer mehr Menschen
besitzen ein Smartphone und verändern
damit ihr Nutzungsverhalten. Sie setzen
es zur Recherche, zur Kommunikation und
­Interaktion, zum Kaufen und zunehmend
auch zum Bezahlen ein. Die Zahlen belegen,
dass hier ein starkes Wachstum stattfindet.
Arnulf Keese, 47
Geschäftsführer PayPal
Deutschland, Berlin
Mai 2015
25
Damit sich dies fortsetzt, muss mobiles Bezahlen tatsächlich ein Problem lösen. Denn eines
ist klar: Es wird keine mobile Revolution
geben, wenn einfach nur der Moment, in dem
der Kunde eine Münze hinlegt, ausgetauscht
wird gegen den Moment, in dem er zum Bezahlen sein Smartphone zückt. Gefragt sind
Lösungen für konkrete Kundenprobleme wie
das lästige Anstellen an der Kasse, fehlendes
Kleingeld oder geschlossene Ladentüren.
Ein anderes Beispiel wäre das Parken: Das
Unternehmen Easypark liefert den Beweis,
wie es möglich ist, in einem vermeintlich
komplett erschlossenen Markt ein Problem
zu lösen und diesen Markt so völlig auf den
Kopf zu stellen. Das allseits bekannte und
häufig mühevolle Suchen nach Kleingeld
für den Parkscheinautomaten entfällt, stattdessen erfolgt bei Easypark die Bezahlung
des Tickets einfach und bequem mit einer
App. Ähnliches ist bereits in der Taxibranche
passiert: Dank Anbietern wie mytaxi ist es
mittlerweile möglich, per App nicht nur das
Taxi zu bestellen, sondern auch den Preis für
die jeweilige Fahrt bargeldlos zu begleichen.
Mobiles Bezahlen bietet somit ganz neue
Möglichkeiten – sowohl für den Handel
als auch den Verbraucher. Die zunehmende
Verbreitung bargeldloser Bezahlmöglichkeiten wird das Einkaufen überall einfacher
­machen. Deshalb bin ich sicher: Wir werden
in Zukunft immer weniger Bargeld und
schließlich gar keines mehr brauchen.
Protokoll: Stefan Weber
Tradition
26
Unternehmen mit
Tradition
UNTERNEHMEN MIT TRADITION
Knöpfe für die Welt
Union Knopf
König Ludwig der XIV. beschäftigte einen persönlichen Knopfmacher. Kein ­
Wunder, seine Staatsrobe war mit 104 Diamantknöpfen besetzt. Heute, in Zeiten
der ­industriellen Produktion, müssen sich Knopfhersteller etwas einfallen
lassen, um zu bestehen. Die mehr als 100 Jahre alte Union Knopf-Gruppe in
Bielefeld hat es ­verstanden, sich immer wieder neu zu erfinden.
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Character
27
Mai 2015
Kunst im Miniatur-Format: Aufwendig gearbeitete Knöpfe aus
der Zeit um 1850 (links). Martin Dolleschel im Gespräch (oben)
Wenn sich Martin Dolleschel allzu sehr
ärgert, greift er zur Schere. Mit ein, zwei
Schnitten trennt er dann die Knöpfe von
Sakko oder Mantel, nimmt Nadel und Faden
und näht neue Verschlüsse an. Hochwertigere. Passendere. Auf jeden Fall solche, die
ihm gefallen. „Für hässliche Knöpfe habe ich
keine Toleranz“, sagt der geschäftsführende
Gesellschafter der Union Knopf-Gruppe.
Das ist keine Marotte, sondern Passion. Und
Mission. Wer Zweifel hat, dass Verschlüsse
den Charakter eines Kleidungsstücks prägen
und verändern können, dem hält Dolleschel
das Beispiel eines dunkelblauen Sakkos entgegen: „Mit schlichten schwarzen Knöpfen
aus Horn ist es businesslike. Aufwendig
gearbeitete goldene Knöpfe machen es elegant und zur passenden Garderobe für jeden
hanseatischen Poloclub.“
Viele dieser
Modelle könnten
wir heute gar nicht
mehr herstellen.
Martin Dolleschel,
geschäftsführender Gesellschafter
der Union Knopf-Gruppe
Große Vielfalt: Eine riesige „Knopfwand“, auf der nächsten Seite im Ausschnitt,
zeigt einen Bruchteil aktuell verfügbarer Knopf-Modelle
Das Familienunternehmen Union Knopf
ist der größte europäische Hersteller von
Knöpfen. Der Großvater hatte das Unternehmen 1911 gegründet – in Berlin, dem
damaligen Zentrum der Konfektion. Nach
dem Zweiten Weltkrieg gab es einen Neustart in der Leinenstadt Bielefeld. Dass der
Enkel, Jahrgang 1965, einmal die Tradition
fortsetzen würde, zeichnete sich früh ab. „Ich
war schon in jungen Jahren von Knöpfen
infiziert“, sagt Dolleschel. Er erzählt von der
Vielzahl der Formen, Farben und Größen.
Von den verschiedenen Materialien. Von
den Knopfrändern, die mal kantig, mal glatt
sind. Und von den Löchern – von denen
es keineswegs immer vier geben muss. So
viele Ideen für ein vermeintlich einfaches
Tradition
28
Tradition ist so
lange schön, wie
sie eine­ Markt­
berechtigung hat.
Martin Dolleschel
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Unternehmen mit
Tradition
Character
29
Mai 2015
Unternehmen mit
Tradition
Tradition
30
Produkt, dessen wichtigste Aufgabe es doch
eigentlich ist, Kleidung zusammenzuhalten.
Ob das mancher bedenkt, der sich morgens
hastig Hemd oder Bluse, Hose oder Mantel
zuknöpft? Und dem Knöpfe manchmal erst
dann auffallen, wenn sie nicht mehr da
sind, weil sie abgerissen wurden?
Gefräst, gedreht,
gelocht, gefärbt
um 1850 zur Hand. Das Stück aus edlem
dunkelblauem Stoff stammt aus dem Archiv
eines französischen Knopfmacherbetriebs,
den der Vater einst übernommen hatte.
Auf jeder Katalogseite ist gut ein Dutzend
verschiedener Knöpfe angenäht – meist
handelt es sich um kunstvolle Handarbeiten
aus wertvollen, seltenen Materialien. „Viele
dieser Modelle könnten wir heute gar nicht
mehr herstellen“, betont Martin Dolleschel.
nicht verlieren und keine gesundheitsgefährdenden Stoffe absondern. An einem vergleichsweise teuren Standort wie Deutschland ist
das schon lange nicht mehr auskömmlich zu
machen. Union Knopf hat schon in den 90erJahren reagiert und eine Produktion in Polen
aufgebaut. Später folgte eine weitere Fertigung
in China. In der Firmenzentrale in Bielefeld
fertigt Union Knopf heute nur noch Musterstücke und kleine Serien.
„Knopfmacher“ war im Mittelalter ein
angesehener Beruf. Die Knopfmacherordnung Württemberg von 1719 verlangte eine
sechsjährige Lehrzeit. Mit Beginn der industriellen Produktion geriet die Handarbeit
dann allmählich ins Abseits. Der Vielfalt
und dem Ideenreichtum der Branche tat das
keinen Abbruch. Dolleschel nimmt einen
dicken „Kontrollkatalog“ aus den Jahren
Die Produktion von Knöpfen ist eine auf­
wendige Sache – einmal abgesehen von den
Kunststoff-Exemplaren, die in hunderttausendfacher Ausfertigung von Spritzgussmaschinen
ausgespuckt werden. Jedes Stück wird während
der Produktion mehrfach in die Hand genommen. Da wird gefräst, gedreht, getrommelt,
gelocht, galvanisiert, gefärbt. Und das so lange,
bis die Knopfformen perfekt sind, ihre Farbe
Der Garant für Qualität
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Der frühzeitige Schritt ins Ausland, so sagt
Dolleschel, sei einer der Gründe, warum
das Familienunternehmen heute erfolgreich
sei. Mancher deutsche Mitbewerber, der zu
lange an seiner Scholle festgehalten habe, sei
Character
31
Mai 2015
Für hässliche
Knöpfe habe ich
keine Toleranz.
Martin Dolleschel
Links:
Knopf-Katalog: Jeder Knopf wird akribisch erfasst
Diese Seite:
Rund und bunt: Die Knöpfe in der Färberei.
Die Farben werden per Hand angerührt
Tradition
verschwunden. „Man muss mit den Kunden
gehen. Tradition ist so lange schön, wie
sie eine Marktberechtigung hat“, sagt der
Unternehmer.
Die Fabriken in Polen und China, in denen
jeweils mehrere Hundert Mitarbeiter tätig
sind, gehören Union Knopf. Die Bielefelder
meiden Joint Ventures, und Aufträge an
Dritte kommen für sie schon gar nicht
infrage. So können sie für ihre Qualität
­garantieren – vor allem aber sind sie so
besser geschützt vor Produktpiraten. Ideenklau ist wie überall in der Mode auch für
Knopfmacher ein Problem. Union Knopf
beschäftigt ein Design-Team, das mit dem
Input von internationalen Trendscouts
zweimal im Jahr etwa 500 neue Modelle
kreiert. Da sind mitunter hochmodische,
teure Exemplare darunter, von denen vielleicht nur ein paar Zehntausend verkauft
werden. An exklusive Schneider beispielsweise, die wissen, dass ihre edlen Stücke
ebensolche Verschlüsse haben müssen, um
nicht an Wertigkeit einzubüßen. Oder an
Unternehmen mit
Tradition
32
Hobby-Schneider, die ihre selbst genähten
Stücke mit besonderen Knöpfen veredeln
wollen.
viele Möbelbauer ebenfalls in der Region
zu Hause sind; das macht es leichter, im
Gespräch zu bleiben.
Union Knopf bedient das mittlere und gehobene Genre. Aber die Ostwestfalen brauchen
auch Volumen-Aufträge. Große Stückzahlen,
die heute schwieriger zu ergattern sind als
vor fünf, zehn Jahren. Namen von Kunden
kommen dem Chef nicht über die Lippen.
Aber es ist kein Geheimnis, dass das Familienunternehmen die gesamte europäische
Bekleidungs­industrie und auch Anbieter aus
Asien und Amerika beliefert.
Dolleschels Liebe aber bleiben vor allem die
Knöpfe. Er ist weiter auf der Suche nach
Formvollendung. Nach Harmonie. Nach
dem idealen Verhältnis zwischen Knopf und
Knopfloch. Mit alternativen Verschlüssen
darf man ihm nicht kommen. Reiß- oder
Klettverschlüsse? „Können einen guten
Knopf nicht ersetzen“, betont er. Wie gut
ein Knopf verarbeitet ist, kann auch ein
Fachmann wie Dolleschel manchmal nicht
gleich erkennen. Dann dreht er ihn um.
Dort, auf der Rückseite, zeigt sich die Qualität des Verschlusses: Sind dort Farbnasen,
Fräse- oder Spritzgussrückstände sicht- oder
fühlbar? Ein guter Knopf ist ganzheitlich
abgeschliffen und veredelt. Und manchmal,
je nach Material und Produkt, findet sich
auf dem Rücken auch ein „U“ – für „Union
Knopf“.
Vom Knopf zum Möbel
Um sich ein wenig unabhängiger von der
schnelllebigen Modebranche zu machen,
fertigt Union Knopf seit Ende der 70erJahre auch Griffe und Accessoires für die
Möbelindustrie. Martin Dolleschel sieht viele
Gemeinsamkeiten zwischen beiden Kundengruppen. „Die Kollektionen inspirieren sich
gegenseitig“, betont er. Hinzu kommt, dass
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Text: Stefan Weber
Character
33
Natur pur
Knöpfe aus Horn? Schön klassisch. Für Endverbraucher eher
­unbekannt sind Verschlüsse aus exotisch anmutenden Roh­stoffen.
Aus Steinnuss zum Beispiel. Das ist die Frucht einer Palme, die
vor allem in Mittel- und Südamerika wächst. Sie ist hart wie
Knochen und verfügt über eine wunderschöne Marmorierung. Die
Steinnuss gilt als „pflanzliches Elfenbein“ und ist seit mehr als
100 Jahren ein beliebter Grundstoff für Knöpfe. Oder wie wäre es
mit Verschlüssen aus Obstkernen, Schneckenhäusern, Strandfundstücken, rund gewaschenen Hölzern, Gläsern oder Muscheln?
Alles möglich, alles erhältlich. Jedes Knopfmaterial hat seine
besonderen ­Eigenschaften. Eukalyptuskerne zum Beispiel sondern
bereits bei leichter E
­ rwärmung heilende ätherische Öle ab.
Knöpfe sind eine kleine Wissenschaft. Wer sie erfunden hat –
­darüber streiten die Experten. Sicher ist: Lange vor dem Knopf
gab es die Fibel, eine verzierte Spange zum Zusammenheften der
Kleider. Dann kam der Knebel, meist aus Knochen oder Tierzähnen, um den man eine Schlaufe legen konnte. Wann und wo das
Loch zum Knopf erfunden wurde, ist nicht bekannt. Ungelöst ist
auch eine andere Frage: Warum sind die Knöpfe bei den Herren
rechts und bei den Damen links? Eine mögliche Erklärung:
Wohlhabende Frauen im 19. Jahrhundert hatten Zofen, die ihnen
beim Ankleiden halfen. Damit ihre Bedienstete besser die Bluse
schließen konnte, waren die Knöpfe links.
Klassisch: ein historischer Kontrollkatalog für Knöpfe
Mai 2015
Zukunft
12 Dinge,
die man tun sollte
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12 dinge, die man tun sollte
VON TAPFERKEIT, HUMOR,
NEUGIER UND DEM MUT,
FEHLER ZU MACHEN
Stephanie Czerny ist eine visionäre Pragmatikerin – und in der Lage, Schein und
Sein genau zu unterscheiden. Deshalb sind ihre Empfehlungen substanzielle Lebensweisheiten. Die Essenz: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst – oder in den Worten
des von ihr hochgeschätzten Schriftstellers Leo Tolstoi: Du brauchst nur zu lieben, und
alles ist Freude.
12 Dinge, die man tun sollte
1.
Nicht mit Lob für
andere sparen.
2.Die zehn Gebote ­befolgen
oder zumindest die
Vier Kardinaltugenden
von Platon: Tapferkeit,
­Besonnenheit, Weisheit,
Gerechtigkeit.
4. Seinen Humor nicht
­verlieren.
9.
Trau dich, zu fühlen! 5.
Wenn man denkt, man
kann nicht weiter,
dann erst recht!
6.
Genug schlafen,
­mindestens acht
Stunden.
10.Ich mag weder Gier noch
Sucht: Deshalb Nein zur
Gier, nein zur Sucht, aber
ja zur Neugier!
11.
Keine Angst, Fehler zu
machen!
3. M
indestens einmal
am Tag die eigene
­Komfortzone verlassen.
Tapfer sein und
Dinge tun, die man
eigentlich nicht m
­ achen
möchte. ­Aufrichtig zu
sich und ­seinen
Mitmenschen sein.
7. Gedichte lesen!
8.Googeln!
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12.„KRIEG UND FRIEDEN“ von
Leo Tolstoi lesen, am besten in der Übersetzung
von Werner ­Berggrün,
mein Lieblingsbuch.
Character
35
Mai 2015
Zukunft
Für morgen
36
FÜR MORGEN
URBAN MINING
DAS GOLD AUS
DER SCHUBLADE
Recycler und Affinerien gewinnen wertvolle Rohstoffe aus Elektroschrott
zurück. Insbesondere Handys enthalten einen hohen Anteil an Edelmetallen.
Doch die ­begehrtesten G
­ eräte verstauben zu Hause – oder werden
wiederaufbereitet in Schwellenländer verschickt.
Die Bergwerke der Zukunft liegen im Industriegebiet. Zum Beispiel auf dem Werkhof
von Elektrocycling in Goslar, zwischen
blauweißen Hallen, Backsteingebäuden,
Baggern, Staplern und Bergen von Schrott.
Wenn am Rand des Harz’ wieder einmal eine
Lkw-Ladung alter Handys abgekippt wird,
freut sich Recycling-Manager Kai Kramer:
„In den Telefonen stecken auf kleinstem
Raum viele hochwertige Metalle.“ Ein Handy könne mehr als 40 Elemente enthalten,
von Kupfer über Zinn und Raritäten wie
Tungsten oder bis hin zu Palladium. „Aber
den Wert machen Gold und Silber aus.“ Die
letzte Grube der alten Harzer Bergbauregion
hat längst geschlossen – und doch ist Kramer
heute so etwas wie der Schichtmeister vom
Elektroschrott-Pütt.
„Urban Mining“, das Abschürfen verbauter
Rohstoffe aus den Konsumgegenständen
der Städte, ist das neue Zauberwort des
Recyclings. Wenn die Baggerschaufeln auf
den Recyclinghöfen ausgemusterte Elektrogeräte auf die Förderanlagen prasseln lassen,
beginnt die Wiederverwertung längst gehobener Bodenschätze. Aus Zerlegehallen klingt
das Schlagen der Hämmer und das Sirren
der Akkuschrauber, bevor das Knirschen
der Schredder alles übertönt. Elektroschrott
enthält heute Edelmetallvorräte, die 40 bis
50 Mal reicher sind als natürliche Erze.
Insbesondere Mobiltelefone liefern eine hohe
Konzentration dieser Werte: So steckt in
41 Handys so viel Gold wie in einer Tonne
Golderz.
Boliden sowie Europas größte Kupferhütte
Aurubis in Hamburg. In die Hamburger
Riesenschmelze wandern auch die Handys,
die Elektrocycling im Oberharz auseinandernimmt.
Goldschürfen im Smartphone
Aufs einzelne Smartphone bezogen, bedeutet
das: Ein Gerät enthält etwa 305 mg Silber
und 30 mg Gold, so die Schätzung des Informationszentrums Mobilfunk, ein Zusammenschluss der deutschen Netzbetreiber. Aus einer
Tonne Smartphones kann Elektrocycling somit
300 Gramm Edelmetall im Wert von knapp
11.000 Euro gewinnen.
Allerdings machen die Mobiltelefone neben
Computern, Fernsehern, DVD-Playern und
einer Vielzahl weiterer, größerer Geräte nur
einen kleinen Anteil des Gesamtaufkommens
aus. Dabei hat Deutschland einen hohen
Bedarf an Industriemetallen, den es nur zu
geringen Teilen selbst decken kann (siehe
Kasten).
Nur wenige Firmen haben sich auf die Rückgewinnung der Edelmetalle aus Elektroschrott
spezialisiert. Denn die Verfahren sind kostspielig und kompliziert. In Europa schmelzen
und ätzen nur drei große Scheideanstalten
die Rohstoffe aus den Schalen und Platinen
heraus: Umicore in Belgien, die schwedische
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Schlamm für
eine Million Euro
Dort bleibt nach dem Zerkleinern, Schmelzen
und Elektrolysieren von den Apparaten nur
noch eine schwarzgraue Masse übrig, der so
genannte Anodenschlamm. „Dieser Schlamm
hat es aber in sich“, sagt Stefan-Georg Fuchs,
der bei Aurubis Leiter des ElektroschrottEinkaufs und stellvertretender Leiter der
Abteilung Kommerzielles Recycling ist. Eine
Tonne Anodenschlamm habe aufgrund seiner
Edelmetallkonzentration einen Wert zwischen
einer halben und einer Million Euro. Nach
dem Silber wird in der Edelhütte das Gold
ausgelöst. Bei Temperaturen von bis zu 1.200
Grad Celsius fließt es aus einem Induktionsofen in vorgewärmte Gussformen. 1.000
Tonnen Silber und 43 Tonnen Gold kamen so
im vergangenen Geschäftsjahr zusammen.
Der Anteil aus den Mobilfunkgeräten ist dabei
noch viel zu gering, beklagen die Verwerter, die
gern mehr Umsätze aus dem wertstoffreichen
Character
Mai 2015
37
305 mg Silber
10 mg Palladium
30 mg Gold
Zukunft
Für morgen
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ROHSTOFFQUELLE ELEKTROSCHROTT
Deutschland ist ein Hightech- und Industriestaat ohne er-
Der Preisdruck auf dem Rohstoffmarkt könnte durch
giebige Rohstoffquellen. Besonders Edelmetalle und Seltene
verstärktes Recycling gelindert werden, wenn auch
Erden – also Metalle, die in der Produktion von Handys
zunächst nur geringfügig. So beträgt der Wert der jähr-
und anderen Elektronikprodukten benötigt werden – müssen
lichen Rohstoffeinfuhren 84 Milliarden Euro – nur ein
importiert werden. Unternehmen und Verbände warnen
Zehntel dieses Werts kann bisher durch Recycling für
deshalb immer wieder vor Rohstoff-Engpässen und in die
die Industrie gewonnen werden. Er stammt aus jährlich
Höhe schießenden Preisen. So vervierfachte sich zwischen
rund einer Million Tonnen Elektroschrott, der vor allem
2001 und 2011 beispielsweise der Kupferpreis, während
aus Computern, Leiterplatten, Fernsehern und Haus-
sich der Preis für Palladium innerhalb von fünf Jahren ver-
haltskleingeräten stammt. Mit lediglich 5.000 Tonnen
doppelte. Beide Metalle sind in Mobiltelefonen enthalten.
im Jahr machen Mobiltelefone einen sehr geringen
Auch bei den ebenfalls in Handys verarbeiteten Indium oder
Teil des Elektroschrotts aus. Was Edelmetalle betrifft,
Lithium war zuletzt eine deutliche Bewegung nach oben zu
sind Platinen aus Handys und Computern dennoch am
verzeichnen. Nur bei den Seltenen Erden wie Yttrium gab die
ergiebigsten. Sie können bis zu 39 Prozent der begehrten
Deutsche Rohstoffagentur Anfang des Jahres vorübergehend
Industriemetalle im Wertstoffkreislauf ausmachen.
Entwarnung. Sie sind in geringen Spuren in Handys enthalten, allerdings nur schwer recycelbar.
HANDY INHALTSSTOFFE
Ein Handy enthält mehr als 40 ­Elemente. ­Metalle wie ­Kupfer (Cu) und Zinn (Sn), Sondermetalle wie
Kobalt (Co), ­Indium (In) und ­Antimon (Sb) sowie Edelmetalle der ­Platingruppe, einschließlich Silber (Ag),
Gold (Au), ­Palladium (Pd), Wolfram und Seltene ­Erden wie Yttrium (Y). (Quelle: Nokia)
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Character
Ordnungsgemäß zurückgegeben wird noch
nicht einmal ein Fünftel der Geräte, hat
Perrine Chancerel vom Fraunhofer-Institut
für Zuverlässigkeit und Mikrointegration
(IZM) herausgefunden. Rund zehn Millionen Handys landen sogar unsortiert im
Hausmüll. Mit ihnen, so hat Chancerel
errechnet, verschwinden jährlich rund 350
Kilogramm Gold aus dem Edelmetallkreislauf – 12 Mio. Euro teurer Sondermüll.
„Dabei sind Handys so wertvoll, dass sie
noch nicht einmal mit anderem Elektroschrott gemischt werden sollten“, sagt
Chancerel.
Material erzielen würden. „Das Problem dabei
ist, dass große Mengen erst mal zu uns auf
den Recyclinghof kommen müssen“, sagt
Kai Kramer von Elektrocycling. Von rund
6.000 Tonnen Elektroschrott, die bei dem
Unternehmen im Jahr eintreffen, besteht
nur der hundertste Teil aus den begehrten
Telefonen.
Verborgene Schätze
im Haushalt
Anstrengungen, die Recyclingrate für Handys
zu erhöhen, gibt es viele. Netzbetreiber und
Umweltverbände haben Rücknahme- und
sogar Rückkaufprogramme aufgelegt. Auch
Anbieter wie Wirkaufens, Zonzoo, Momox
oder reBuy zahlen bares Geld fürs Altgerät.
Trotzdem liegen die meisten Schätze noch
immer in deutschen Schubladen. Denn
die Besitzer der Altgeräte trennen sich nur
schwerlich von ihren elektronischen Reichtümern. Häufig wissen sie nicht, wie sie ihre
Daten verlässlich löschen können, heben ihre
alten „Knochen“ als Ersatz auf oder sind
einfach zu bequem. 2013 lagen erstmals mehr
als 100 Millionen Althandys in deutschen
Haushalten herum, meldete der Branchenverband Bitkom nach einer repräsentativen
Umfrage – Dunkelziffer unbekannt. Weil die
Hersteller in immer kürzeren Abständen neue
Modelle bringen, wächst die Zahl der ausrangierten Telefone immer schneller, zuletzt um
ein Viertel innerhalb eines Jahres.
Mai 2015
39
Recycling contra
­Weiterverkauf
Dass nur so wenige der edelmetallstrotzenden Kommunikationswunder bei Aurubis
und in anderen urbanen Schmelzen verhüttet werden, hat noch einen anderen Grund:
Gerade bei neueren Smartphone-Modellen
ist es meist viel profitabler, eingesammelte
Modelle aufzuarbeiten und weiterzuverkaufen. Umweltforscher der University of
Santa Barbara in Kalifornien fanden 2010
in einer Studie heraus, dass die Margen für
sogenannte „Refurbisher“ deutlich höher
liegen als im stark volumenabhängigen
„Abschürfen“ der Metalle in den Affinerien.
„Pro Handy finden wir Gold im Wert von
etwa 70 Cent“, erläutert Aurubis-Experte
Fuchs. Dazu kämen andere Metalle, die
vielleicht weitere 20 Cent ausmachten. „In
Europa sind also insgesamt große Mengen
vorhanden, aber wirtschaftlich schwer zu
gewinnen, solange gebrauchte Mobiltelefone
im Internet für zweistellige Euro-Beträge
gekauft und verkauft werden.“ Sprich: Die
besten Geräte werden entweder gar nicht
abgegeben oder landen bei Wiederaufrüstern wie dem global agierenden USKonzern Hyla Mobile, der in Deutschland
mit dem Handy-Rückkauf von Vodafone
zusammenarbeitet.
Ungenutztes Potenzial
bei der Aufbereitung
Immerhin dürfen die Verwerter damit rechnen, dass Verbraucher demnächst deutlich
mehr Altgeräte zurückgeben. Im nächsten
Jahr tritt die verschärfte ElektroschrottRichtlinie der EU in Kraft. Dann müssen
nicht mehr nur die Hersteller, sondern
auch alle Händler die Altgeräte wieder
zurücknehmen. Die vorgeschriebenen Recyclingquoten werden deutlich erhöht. Die
Richtlinie soll auch den blühenden illegalen
Export von kaputten Altgeräten nach Asien
und Afrika erschweren, wo es noch kaum
nennenswerte Recycling-Bemühungen gibt.
„Das Problem ist, dass die meisten Leute
gar nicht wissen, dass sie ihren Schrott
seit Jahren kostenlos zurückgeben können“,
sagt der Recycling-Manager Kai Kramer.
Mobiltelefone seien dabei „ein besonders
negatives Beispiel“, so Matthias Buchert
vom Darmstädter Öko-Institut, Mitautor
des Metallrecycling-Berichts des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP).
Die Autoren gehen davon aus, dass unter
idealen Bedingungen 40 Mal so viele Wertstoffe aus alten Handys gewonnen werden
könnten, als es heute tatsächlich geschieht.
Kosten für
die Gesellschaft
Möglicherweise wird die Ineffizienz und
Rohstoffverschwendung des Jahres 2015
künftig nur ein Kopfschütteln auslösen.
Perrine Chancerel vom Fraunhofer-Institut
IZM betont: „Das Recycling an sich, also
der Schmelzprozess, lohnt sich auf jeden
Fall.“ Wenn man die Kosten für Sammlung
und Logistik mitberechne, sei der Wert zwar
nicht mehr so eindeutig, schränkt sie ein.
„Allerdings ist die Frage dahinter, inwieweit
wir es uns als Gesellschaft leisten können,
diese Metalle nicht zurückzugewinnen.“
Text: Hilmar Poganatz
Gegenwart
40
Unterbewertet
unterbewertet
Rostock
Die Kraft von Wind
und Wellen
Die größte Stadt Mecklenburg-Vorpommerns wäre gern Landeshauptstadt
­geworden. Dafür punktet sie nun mit Kreuzfahrten und alternativen Energien.
Im Darwineum, einem 29 Mio. Euro teuren
Areal des Rostocker Zoos, wird für Besucher
die Evolutionstheorie lebendig.
Der Kurzschnabel-Igel, der dort durch sein
Gehege wackelt, ist einer der Beweise dafür,
dass Erfolg hat, wer sich wandeln kann,
und derjenige überlebt, der am besten an
die Umgebung angepasst ist. Das trifft auch
auf die Stadt Rostock zu.
Am Lauf des Flusses Warnow gelegen, der
sich bei Warnemünde in die Ostsee öffnet,
ist die Stadt dem Meer zugewandt. Fast 20
Kilometer zieht sich der Fluss bis zum Ostseebad durch die Stadt. An seinem U
­ nterlauf
liegen Werften und Hafen­anlagen. Handel
und Schifffahrt waren über Jahrhunderte
die wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Im
Rathaus, über dessen heutiger Fassade sieben
Backsteintürme wachen, hatten die Kaufleute
im Mittelalter ihre Stände – es war Sitz der
Stadtverwaltung und Kaufhaus in einem.
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Hübsche Plattenbauten
Von dort führt die Kröpeliner Straße
zum Universitätsplatz. Die „Kröpi“ ist
die Haupteinkaufsstraße der Stadt, seit
1968 Fußgängerzone. Ihre Geschäfte und
Restaurants sind in gotischen Giebel­
häusern und barocken Kaufmannshäusern
untergebracht, eines schöner als das
andere. Lücken, die im Zweiten Weltkrieg
entstanden, wurden zum Teil mit Plattenbauten geschlossen. Doch diese imitieren
Character
Bundesland:
Mecklenburg-­
Vorpommern
Höhe: 14 m. ü. NN
Fläche: 181,4 km²
Einwohner: 203.848
(31.12.2014)
Bevölkerungsdichte:
1.123 Einwohner je km²
Kfz-Kennzeichen: HRO
die Architektur der Nachbarhäuser so
geschickt, dass niemand auf die Idee käme,
sie hässlich zu finden.
Auch das rot geziegelte Hauptgebäude der
Universität steht prächtig da. Und dennoch
im Schatten. Die Rostocker Universität
sei die älteste Deutschlands – „Ganz egal
was die Wessis sagen“, erklärt der Rentner,
der auf einer Bank in der Sonne sitzt. Das
ist zwar nicht richtig, aber es zeigt das
Problem, das Rostock hat: So bedeutend die
Stadt im Lauf der Geschichte auch war –
eine andere war immer bedeutender.
Das schmerzt!
Heidelberg hat die ehrwürdigere Universität. Die Hansestadt Lübeck das ältere
Stadtrecht. Hamburg den größeren Seehafen – und das, obwohl die Stadt an der Elbe
ganze 100 Kilometer vom Meer entfernt
liegt. In Rostock kann man das Meer fast
riechen. Und dann bekam 1990 auch noch
Schwerin den Titel Landeshauptstadt zugesprochen. Obwohl Rostock die größte Stadt
in Mecklenburg-Vorpommern ist und mehr
wirtschaftliches Potenzial hat. Das schmerzt.
Mai 2015
41
Doch anstatt wie die Riesenschildkröten
im Darwineum den Kopf einzuziehen und
abzuwarten, nutzen die Rostocker die Vorzüge
der Umgebung: Wie schon die Kaufmänner
der Hanse setzen sie auf die Kraft von Wind
und Wellen, um ihrer Metropole in Zukunft
einen führenden Platz auf den Ranglisten zu
sichern. So öffnete die in Rostock ansässige
AIDA Cruises, der größte Arbeitgeber der
200.000-Einwohner-Stadt, im Jahr 1996 den
elitären Kreuzfahrttourismus für eine breitere
Zielgruppe. Mit ihren lächelnden Schiffen ist
die Kreuzfahrtreederei heute Marktführer in
Deutschland.
Rückenwind für die Wirtschaft
Auch die Windenergie schafft Arbeitsplätze.
Mit einem Anteil von mehr als 45 Prozent ist
sie der wichtigste Energieträger im Land –
und half, die Stadt in der Schifffahrtskrise
auf Kurs zu halten. Die Firma Nordex übernahm 1999 ein ehemaliges Dieselmotorenwerk und montiert dort nun Windturbinen.
Auf der Werft Nordic Yards bauen Arbeiter
Plattformen für Windparks in der Nordsee.
Schlepper bringen diese vom Rostocker Hafen
hinaus aufs Meer.
Seit 2006 liefert eine Offshore-Windenergie­
anlage vor der Küste grünen Strom. Viele
Unternehmen der Region profitieren zudem
von Kooperationen mit der Universität.
Damit das so bleibt, fördern Schülerlabore
den wissenschaftlichen Nachwuchs. 2013
erhielt Rostock für diese Initiative den Titel
„Stadt der jungen Forscher“. Dass sich diese
Investition langfristig rechnet, zeigen die aus
den Forschungsprojekten der Universität hervorgegangenen Start-ups. Seit 1992 gab es
über 100 solcher Ausgründungen, die mehr
als 1.600 Arbeitsplätze geschaffen haben.
„Medizin und Forschung gehören fest zu unserer Kultur dazu. Sie sind Wegweiser für die
Zukunft der menschlichen Evolution“, heißt
es im Darwineum. In Rostock hat man für
diese Zukunft schon ein Zuhause geschaffen.
Text: Jessica Braun
Zoo
Rostock
Barnstorfer Ring
18059 Rostock
Telefon 03 81/ 2 08 20
www.zoo-rostock.de
Universität
Rostock
18051 Rostock
Telefon 03 81 / 49 80
www.uni-rostock.de
Strom­erwachen
Warnemünde
Mit dem Stromer­wachen, einem Festival
entlang des Alten Stroms,
beginnt im Seebad im Mai
die Sommersaison.
www.wmnde.de
Hanse Sail
Zur größten maritimen
Veranstaltung MecklenburgVorpommerns legen im August
Traditionssegler, Kreuzfahrt­
schiffe, Fähren und andere große
Seeschiffe in der Hansestadt an.
www.hansesail.com
Marine
Science Center
In der Forschungseinrichtung
der Arbeitsgruppe „Sensorische
und kognitive Ökologie“ der
Universität dürfen Besucher
mit Robben tauchen.
Am Yachthafen 3A
18119 Rostock – Hohe Düne
Telefon 03 81/ 50 40 81 81
www.marine-science-center.de
Schiffbau- und
Schifffahrts­museum
Deutschlands größtes
schwimmendes Museum.
Schmarl - Dorf 40, 18106 Rostock
Telefon 03 81/ 12 83 13 64
www.schifffahrtsmuseum-rostock.de
Gegenwart
Zahlen, bitte!
42
Zahlen, Bitte!
Wasser
G
Wasser ist nicht nur die Grundlage allen Lebens. Der ausreichende Zugang zu sauberem Wasser ist auch Voraussetzung für
­Wirtschaftswachstum und ­Wohlstand einer Gesellschaft. Menschen,
die an Wassermangel leiden, werden nicht nur eher krank, sondern
sind auch ­Konflikten um das Wasser ausgesetzt.
A 1.400.000.000 (= 1,4 Mrd.)
Kubikkilometer Wasser gibt es auf der Erde.
In Kubikmeter ausgeschrieben ist das eine 14
mit 16 Nullen. Davon sind nur 2,5 Prozent
Süßwasser, macht also insgesamt 35 Mio.
Kubikkilometer Süßwasser, die auf der Erde
verfügbar sind – rein theoretisch. Denn tatsächlich ist nur ein Bruchteil des existierenden
Süßwassers für die Menschen in Seen, Flüssen
und Talsperren erreichbar. Der größte Anteil
des Süßwassers liegt gefroren in Form von
Gletschern, Schnee und Eis sowie flüssig in
Form von Sumpfgewässern vor.
A
B
B Rund 0,5 Liter
Wasser atmet ein Mensch über den Tag ­verteilt
aus. Einen Liter verliert jeder Mensch täglich
über die Haut, auch wenn er nicht schwitzt.
C 2,17
Euro war 2013 der höchste Preis für einen
Kubikmeter Trinkwasser in Deutschland, und
zwar im Bundesland Berlin. Die deutsche
Hauptstadt berechnet aber gleichzeitig mit
knapp 17,58 Euro die niedrigste jährliche
Grundgebühr. Den niedrigsten Wasserpreis je
Kubikmeter hat das Bundesland Niedersachsen mit 1,23 Euro, das allerdings bei einer
Grundgebühr von 61,74 Euro. Heißt konkret:
In Bundesländern mit hoher Grundgebühr
und niedrigem Kubikmeterpreis werden Großverbraucher bevorzugt, in Bundesländern wie
Berlin profitieren dagegen Geringverbraucher
von der niedrigeren Grundgebühr.
C
D Rund 40 Prozent
der Weltbevölkerung leben an Seen und Flüssen, die sich mindestens zwei Staaten teilen.
300 internationalen Vereinbarungen über die
gemeinsame Wassernutzung stehen, bezogen
auf die vergangenen 60 Jahre, 37 zwischenstaatliche Konflikte gegenüber. Beispiel: Der
Jordan ist entscheidend für die Wasserversorgung in Israel, Jordanien, Libanon und
Syrien. Der Streit um das Wasser des Jordans
ist immer wieder Grund für Konflikte.
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D
E 3,6
Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs
benötigen Privathaushalte, 4,4 Prozent des
Wassers braucht die Industrie. 92 Prozent
des globalen Wasserverbrauchs fließen in die
Agrarproduktion.
Character
Mai 2015
43
G Bis zu 12
Tage kann ein Mensch im Extremfall ohne
Wasser überleben. In der Regel halten die
meisten Menschen aber nur drei bis vier
Tage durch.
H
H Bis 2050
wird laut OECD der weltweite Wasserverbrauch durch Bevölkerungswachstum, Verstädterung, Globalisierung und Wirtschaftswachstum um 55 Prozent zunehmen.
J
L
K 180
Kilometer muss die geplante Wasserpipeline
zwischen Rotem Meer und Totem Meer in
Jordanien überwinden. 80 der jährlich zu
transportierenden 200 Mio. Kubikmeter
Wasser sollen in einer Entsalzungsanlage zu
Trinkwasser verarbeitet werden.
L3
unterschiedliche Wassermoleküle existieren:
das bekannte H2O. Das sogenannte schwere
Wasser heißt Deuteriumoxid (D2O) und
besteht aus einem Sauerstoffatom plus zwei
Atomen Deuterium. Letztere haben zusätzlich
noch ein Neutron im Atomkern und verfügen
damit über eine höhere Molekülmasse.
Es wird beispielsweise bei der Kühlung von
Kernreaktoren eingesetzt. Beim „überschweren
Wasser“ handelt es sich um Tritiumoxid:
Es enthält statt zwei Wasserstoffatomen zwei
Wasserstoffisotope, deren Kerne jeweils aus
einem Proton und zwei Neutronen bestehen.
Es ist radioaktiv, daher instabil und kommt
in der Natur selten vor.
K
E
M
F & I
F Etwa 30
Länder, vor allem Afrikas und des Nahen
Ostens, leiden bereits heute an akutem Wassernotstand. Das heißt, sie haben weniger als
500 Kubikmeter Süßwasser pro Person zur
Verfügung. Dazu gehören beispielsweise der
Sudan und Jordanien.
J 15.500
Liter Wasser fließen in die Herstellung eines
Kilogramms Rinderfleisch. 5.000 Liter Wasser
braucht es für ein Kilo Käse, 3.900 Liter für
dieselbe Menge Hühnerfleisch. Für die Produktion von einem Kilogramm Baumwolle sind
immerhin noch 2.700 Liter Wasser notwendig,
für ein Kilo Weizen 1.300 Liter. Für einen
Liter Bier braucht es dagegen nur 75 Liter
Wasser und für einen Liter Orangensaft sogar
nur 50 Liter Wasser. Für einen einzigen Latte
Macchiato, geschätzt 0,4 Liter, bedarf es 200
Liter Wasser.
I 1.700
Kubikmeter erneuerbares Wasser beträgt die
Mindestmenge, die ein Mensch pro Jahr zur
Verfügung haben sollte. Länder oder Regionen
mit weniger Wasservorräten leiden an Wasserknappheit, Nationen mit weniger als 1.000
Kubikmeter Wasser pro Person und Jahr gelten
als wasserarm.
M Etwa 2,7
Milliarden Menschen werden Schätzungen
zufolge bis zum Jahr 2025 in Regionen mit
extremer Wasserarmut leben. Derzeit müssen
etwa 2,4 Milliarden ohne sanitäre Anlagen
auskommen. Etwa 800 Millionen Menschen
haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Jeden Tag sterben rund 5.000 Menschen
an Durchfallerkrankungen – verursacht durch
verunreinigtes Trinkwasser und unhygienische
Abwasserentsorgung.
Text: Geraldine Friedrich
Gegenwart
Zwischen kommerziell
und karitativ
44
Zwischen Kommerziell und karitativ
Die Versöhnung von
Mensch und Natur
die Gartenbau-ingenieurin
Heike Boomgaarden
Mit ihrem Ingenieurbüro Wesentlich verändert Pflanzenexpertin und
­Fernsehmoderatorin Heike Boomgaarden Städte und Landschaften. Ihr
Motto: Wildblumen und Weinreben statt biederer Thuja.
Es ist nicht schwer, Heike Boomgaarden in
dem Getümmel zwischen Gartenliebhabern
und Pflanzenexperten in der Essener Messehalle ausfindig zu machen. Die große, schlanke
52-Jährige ist schnell der Mittelpunkt ihrer
Umgebung bei einer Sonderschau zum Thema
„Urban Gardening“, wo Ideen für mobile
Stadtgärten gezeigt werden. Boomgaardens
Ingenieurbüro Wesentlich stellt gemeinsam
mit ökologischen Partnerfirmen neue Konzepte
für begrünte Städte aus – zur Erhaltung der
Pflanzenvielfalt.
Alte Schuhe hat die Gartenbau-Ingenieurin
mit Rosmarin bepflanzt, ausrangierte Koffer
mit blühenden Osterglocken und Handtaschen
mit Basilikumpflanzen, sogar ein Rollator
wurde zum mobilen Garten. Alles, was Heike
Boomgaarden antreibt, dreht sich um die „Versöhnung von Natur und Mensch“. Das begann
schon, als ihre heute erwachsenen Kinder in
die Schule kamen und das Lernen von der
Natur dort tabu war. Boomgaarden entwickelte
deshalb die ersten Naturerlebnisgärten und
startete so vor 20 Jahren ihre Selbstständigkeit.
„Das war damals in der Gesellschaft kein
angesagtes Thema, der Start lief holprig“,
erinnert sich Heike Boomgaarden. Dennoch
machte sie weiter, weil sie ein Gedanke
seitdem nicht mehr losließ. „Es ist unsere
dringende Aufgabe, die Vielfalt aller Lebewesen auf unserer Erde zu erhalten. Wir
müssen jetzt dafür sorgen, dass alte, fast
ausgestorbene Pflanzenarten weiter genutzt
werden. Je vielfältiger die Pflanzenwelt, desto
vielfältiger wird der Lebensraum für Tiere“,
erklärt die Expertin. „Viele Menschen müssen
viele Pflanzen pflanzen.“
Die Verfechterin der unkonventionellen
Gärtnerei ist für die Besucher der Essener
Ausstellung so etwas wie ein Bezugspunkt
im grünen Universum: Eine Frau möchte
wissen, wie sie ihre problematische Zimmerpflanze pflegen muss. Boomgaarden antwortet prompt, freundlich und quittiert das
kurze Gespräch mit einem lauten, herzhaften
Lachen, ihrem Markenzeichen als Radiound Fernsehmoderatorin verschiedener
Gartensendungen in ARD und SWR.
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Saatgut vergessener
­Pflanzen
„Ich liebe Menschen, die sich auch für
Pflanzen interessieren“, sagt die Unternehmerin. Sie meint es ehrlich, denn bei ihnen
kann Boomgaarden ihre Mission sofort
beginnen – und die hat nichts mit dem wirtschaftlichen Wachstum ihrer Firma zu tun:
Boomgaarden beteiligt sich an Samentauschbörsen und verteilt Saatgut längst
vergessener Pflanzenarten kostenlos.
„Es geht darum, genetische Reserven für die
nächsten Generationen zu sichern.“ Dass sie
sich damit einer ganzen Industrie entgegenstellt, die sich auf die Veredlung und Einschränkung von Saatgut spezialisiert hat, um
die Leistungsfähigkeit von Pflanzen zu steigern
und so auch die Welternährung sicherzustellen,
ist ihr wohl bewusst.
Character
45
Viele Menschen
müssen viele
Pflanzen pflanzen.
Heike Boomgaarden
Mai 2015
Gegenwart
Zwischen kommerziell
und karitativ
46
„Um die zahlreichen Ideen umsetzen zu können, pflege ich ein sehr aktives Netzwerk, zu
dem rund 30 umtriebige Menschen zählen. Ich
spreche mit Landesministern, Staatssekretären,
Stiftungsvertretern und bin selber in verschiedenen Verbänden aktiv wie den Landfrauen
oder der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft“,
erklärt Heike Boomgaarden. Nur so lassen sich
die verschiedenen öffentlichen Fördermittel
gezielt ausfindig machen und einsetzen.
Sozialunternehmer
­international vernetzt
Kreativ: Eine Sonderausstellung von
Heike Boomgaarden zum Urban Gardening
Modernes Saatgut für Getreide oder Gemüse
ist auf maximalen Ertrag ausgelegt und
nur für ausgewählte Sorten verfügbar.
Boomgaarden hat selbst eine Ausbildung zur
Obstbäuerin beim Chemiekonzern Höchst
absolviert und kennt die industrielle Agrarproduktion von innen. Mit ihren Projekten
will die Pflanzen- und Landschaftsexpertin
bekannte Grenzen sprengen und zum Wohl
der Menschen „neues urbanes Grün“
schaffen. Erste industrielle Jungpflanzenund Samenproduzenten arbeiten bereits mit
Heike Boomgaarden zusammen, um die neue
Nachfrage nach bienenfreundlichen Wildblumen bedienen zu können.
Die „Essbare Stadt“ ­
Andernach
Alle ihre Projekte spiegeln diesen Geist und
setzen in Größe – und auch Medienwirksamkeit – Zeichen. Ob „Flüchtlingsgärten“
in Innenstädten, die Wiedereinführung
vergessener Kirschbaumsorten im ganzen
Mittelrheintal (siehe Interview) oder
pädagogisch geplante Schulgärten – Heike
Boomgaarden zieht die Aufmerksamkeit
vieler öffentlicher Entscheider auf sich.
Boomgaardens bislang bekanntestes Projekt
ist die „Essbare Stadt Andernach“. Das
kleine Städtchen am Rhein zwischen Bonn
und Koblenz hat sich nach Boomgaardens
Plänen von ungenutzten und ungepflegten
Grünflächen verabschiedet und stattdessen
mithilfe der Bürger auf öffentlichem Grund
Gemüse und Obst angebaut.
Andernachs Nutzpflanzen-Begrünung lebt
davon, von jedermann gejätet, gepflückt
und gegessen werden zu können. Jeder darf
mitmachen, alle sollen sich verantwortlich
fühlen. Ein Graus für die historische
Gartenbaukunst englischer Tradition. Auch
Boomgaarden musste zuerst die Stadtund Landesväter, die Verbände und die
Bevölkerung überzeugen und für das Projekt
­gewinnen, bevor sich brachliegende Flächen
in Sonnenblumen- und Salatbeete verwandeln konnten.
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Boomgaarden, gebürtige Hessin, hat ihren
Lebensmittelpunkt in Rheinland-Pfalz gefunden. Hier hat sie vor 23 Jahren ihre erste
Gartenbaufirma gegründet und ist dank ihrer
Medienarbeit und Umtriebigkeit nicht nur in
ihrem Heimatland geschätzt. Boomgaarden,
Mutter von drei erwachsenen Kindern, zählt
zu den ausgewählten sozialen Unternehmern
in Deutschland und ist seit 2013 ein „Ashoka
Fellow“. Das internationale Netzwerk
verbindet Sozialunternehmer auf der ganzen
Welt – auch Muhammad Yunus, Gründer
des ersten Mikrokredit-Programms und
Friedensnobelpreisträger, gehört dazu.
Boomgaarden erinnert sich gut, dass ihre
Geschäftsidee, biologische Vielfalt durch städtischen Gartenbau zu fördern, vor nicht allzu
langer Zeit kaum Chancen hatte. „Noch vor
zehn Jahren interessierte sich kaum jemand
für Insektenhotels und Artenvielfalt. Heute
ist der Zeitgeist dagegen eng mit den Themen
Heimat und Natürlichkeit verbunden. Jeder
will dabei sein“, stellt Boomgaarden fest.
Zahlreiche ihrer Projekte wie auch das
Modell „Essbare Stadt“ pflanzen sich deshalb
schnell im ganzen Land fort.
Ob es sie ärgert, finanziell nicht an dem
Wachstum ihrer Ideen beteiligt zu sein?
„Überhaupt nicht!“ Boomgaarden lacht
charakteristisch herzlich. „Das war das Ziel:
Alle Ideen müssen möglichst breit gestreut
werden, erst dann beginnen sie zu leben.“
Text: Petra Schäfer
Character
Mai 2015
47
Pflanzen helfen Menschen
FRAGEN AN HEIKE BOOMGAARDEN
Zahlreiche Projekte treiben Heike Boomgaarden um – immer
stehen die Menschen und ihre Rolle in der Natur im Mittelpunkt.
Auch aktuellen politischen Fragen begegnet Boomgaarden mit
„natürlichen“ Antworten.
Warum spielen die Flüchtlingsströme aus dem Nahen Osten und
Afrika, die nach Deutschland kommen, für Ihre Firma aktuell
eine wichtige Rolle?
Das Leben und das Schicksal der Flüchtlinge beschäftigen uns sehr.
So haben wir unser neuestes Projekt „Willkommen Erdlinge“ genannt:
ein Garten für Flüchtlingskinder und Familien. Viele Flüchtlingskinder
kommen traumatisiert nach Deutschland – manchmal sogar ohne ihre
Familie. Das Projekt „Willkommen Erdlinge“ möchte diesen Kindern die
Möglichkeit geben, die heilenden Kräfte des Gärtnerns zu nutzen, um sich
zu „erden“ und neuen Lebensmut zu schöpfen.
Wie kann das funktionieren?
Ich glaube fest an die Botschaft „Pflanzen helfen Menschen“. Wenn wir
beispielsweise Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Regionen nach
Deutschland geflohen sind, die Möglichkeit geben, in einem Garten zusammenzuarbeiten und sich um die Pflanzen zu kümmern, dann stiften wir eine
neue Gemeinschaft. Die Menschen entwickeln gemeinsame Interessen, haben eine Aufgabe und nähern sich an. Vielleicht kann man so Frieden säen.
Haben Sie schon Städte gewinnen können, die Ihre Idee unterstützen?
Mainz, Koblenz und Andernach zeigen starkes Interesse und wollen öffentliche Gärten und Parks für die Flüchtlingsprojekte zur Verfügung stellen. Auch
Hilfsorganisationen wie die Caritas arbeiten hier mit. Grundsätzlich geht
es uns darum, dass die Ideen von möglichst vielen Gemeinden übernommen
werden.
Die Fortpflanzung Ihrer Ideen hat auch bei Ihrem neuen Projekt
„Mittelrheinkirsche“ gut funktioniert. Was hat es damit auf sich?
Ende vergangenen Jahres haben wir damit begonnen, vergessene Kirschbaumsorten wieder da zu kultivieren, wo sie seit Jahrhunderten ihren Platz
hatten: im gesamten Mittelrheintal. Die Uferhänge waren traditionelles
Obstbaugebiet, bis der Anbau mit fortschreitender Industrialisierung zu
unwirtschaftlich wurde. Acht Gemeinden haben schon Bäume gepflanzt und
viele werden 2015 mitpflanzen. Bald wird das klassische Bild des UNESCOWelterbe-Gebietes Oberes Mittelrheintal wieder erblühen und international
als Cherry Valley bekannt werden. In St. Goarshausen am Rhein habe ich
jetzt meinen eigenen Kirschbaum, über den ich einen Blog schreibe. Aber bis
er Kirschen trägt, wird es noch ein paar Jahre dauern.
Essbare Stadt: Ein Nutzgarten an
der Stadtmauer von Andernach
Gegenwart
48
Hello / Goodbye
HELLO / GOODBYE
Ist das noch tragbar?
Alternativen zum
­Verpackungswahn
Ein einzeln in Plastik eingeschweißter Teebeutel, der in einer Schachtel steckt,
die sich wiederum in einer Plastikfolie befindet – und dann in einer ­Plastiktüte
vom Supermarkt nach Hause getragen wird. Muss so viel Müll und
­Verpackungs­aufwand für eine einzelne Tasse Tee wirklich sein? Sowohl die
EU als auch eine neue Reihe von Geschäften sagen: Nein.
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Character
Mai 2015
49
- Hello -
Lose Waren
Kartons öffnen, Plastikfolien entfernen, Aludeckel aufreißen – Lebensmittel sind verpackt, oft doppelt und dreifach.
Daran haben sich Verbraucher gewöhnt. Hersteller wiederum nutzen die Verpackung, um Aufmerksamkeit zu erregen
und Begierde zu wecken.
Doch eine neue Art von Geschäften will auf den Verpackungswahn verzichten: Läden wie „Original Unverpackt“
in Berlin oder „in.gredients“ im texanischen Austin bieten
ihre Waren in loser Form an. Jeder Kunde kann sich selbst
so viel Reis, Haarshampoo oder Müsli abfüllen, wie er
braucht. Bezahlt wird nach Gewicht. Behältnisse sollen
die Kunden nach Möglichkeit selbst mitbringen, diese
werden leer gewogen und ihr Eigengewicht an der Kasse
abgezogen.
Spontaneinkäufer, die keine leeren Tupperschüsseln oder
Flaschen dabeihaben, können sich gegen Pfand welche
ausleihen oder für einige der Waren Papiertüten verwenden.
Neben der Umwelt wird durch den Verpackungsverzicht
auch auf beiden Seiten der Geldbeutel geschont: Die Händler
sparen Lagerraum und Kunden sind nicht mehr gezwungen,
Packungen zu kaufen, die mehr beinhalten, als sie benötigen.
Darüber hinaus bezahlt der Kunde in jedem gewöhnlichen
Supermarkt für die Verpackung mit – mal 20 Prozent (für
Rucola-Salat in der Plastikschale), mal 40 Prozent (für eine
Flasche Glasreiniger in der Sprühflasche). Kein Wunder also,
dass neben den Vorreitern, die komplett auf Verpackungen
verzichten, auch immer mehr Biomärkte zumindest einen Teil
ihrer Waren unverpackt anbieten.
- Goodbye -
Plastiktüten
200 Plastiktüten verbraucht ein durchschnittlicher EUBürger pro Jahr. Die allermeisten davon werden einmal
benutzt und dann weggeworfen. Die EU will diese Zahl bis
2025 schrittweise auf 40 pro Einwohner reduzieren. Die Mitgliedsländer sollen dabei sowohl Steuern oder Gebühren auf
die Plastiktüten erheben als auch Verbote aussprechen dürfen.
Wie einfach sich das Müllaufkommen durch höhere Kosten
steuern lässt, beweist der Vergleich zwischen Polen, wo
durchschnittlich 466 der meist kostenlos verteilten Tüten pro
Jahr verbraucht werden, und Dänemark, wo es lediglich vier
sind – denn dort sind sie kostenpflichtig.
Vor allem wegen ihrer Langlebigkeit sind Plastiktüten eine
Gefahr für die Umwelt: Plastik braucht mehrere Hundert
Jahre, bis es komplett zersetzt ist. Riesige Teppiche aus
Plastik­müll verschmutzen inzwischen die Weltmeere und
töten dort Vögel, Fische und Meeressäuger. Über die Nahrungskette können winzige Plastikteilchen nach Angaben
von Experten sogar in den menschlichen Körper gelangen.
Ein hoher Preis für gerade mal 25 Minuten Nutzen – denn
so lange wird eine Plastiktüte im Durchschnitt benutzt,
bevor sie auf den Müll oder ins Meer wandert.
Mit ihrem Schritt zur Eindämmung der Plastikflut liegt die
EU im Trend. Denn in den US-Bundesstaaten Kalifornien
und Missouri sind Plastiktüten seit Kurzem ganz verboten.
Supermärkte müssen ihren Kunden dort stattdessen kompostierbare Tüten anbieten und für diese mindestens zehn
Cent verlangen.
Text: Christoph Koch
Zukunft
50
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Unternehmen der
Zukunft
Character
Mai 2015
51
UNTERNEHMEN DER ZUKUNFT
Im Fahrwasser
der Krise
Auerbach Schifffahrt
2010 herrscht Flaute in der Schifffahrtsbranche.
In Hamburg nutzen zwei junge Männer die Gelegenheit,
günstig ein Schiff zu erstehen und ihre Reederei zu gründen.
Mit beiden Händen am Steuerrad steht
Alexander Tebbe auf der Brücke der Cap
San Diego und schaut nach vorne. Der alte
Frachter liegt vertäut im Hamburger Hafen,
aber das scheint der 33-Jährige für einen
Moment vergessen zu haben. Wahrscheinlich
bewegt ihn derselbe Gedanke wie schon unzählige Besucher vor ihm: Wie es wäre, diese
knapp 160 Meter lange rot-weiße Schönheit
die Elbe hinab und hinaus auf See zu steuern.
machte er sich im Herbst 2010 selbstständig.
Mitten in der Branchen-Krise. Zu einem
Zeitpunkt, als man eigentlich hätte zu Fuß
übers Meer nach Indonesien laufen können,
wie Bunk einmal sagte. Denn so viele Schiffe
lagen ungenutzt vor Anker. Heute stehen die
jungen Reeder kurz vor ihrer vierten Kapitalerhöhung. Suchen zehn neue Gesellschafter,
um die Einlagen von 20 auf 40 Mio. Euro zu
verdoppeln.
Ein majestätisches Bild. Selbst für Tebbe,
dessen Reederei bereits drei solcher Schiffe
gehören. Er ist einer der beiden Gründer von
Auerbach Schifffahrt. Gemeinsam mit seinem Partner, dem 36-jährigen Lucius Bunk,
Indem sie sich an den Werten orientierten,
welche die Branche vor dem Boom ausgemacht hatten, konnten sich die beiden ihren
Platz in einem von Patriarchen dominierten
Umfeld erarbeiten. Ihre Reederei wächst
Imposant: Das Museumsschiff
Cap San Diego in Hamburg
nicht dank Geld von anonymen Anlegern
oder aus Schiffsfonds. Ihre bisherigen Investoren stammen selbst aus der Schifffahrt und
sind direkt am Unternehmen beteiligt. Bunk
und Tebbe setzen auf nachhaltiges Wachstum: Erst wird die Flotte aufgebaut und die
Schiffe vorerst verchartert, also an andere
Befrachter vermietet. Langfristig wollen
Bunk und Tebbe aber selbst mit den Firmen
verhandeln, deren Waren sie verschiffen.
Denn so lässt sich mehr Gewinn erwirtschaften. Die Krise ist noch nicht vorbei. Aber
Auerbach Schifffahrt hat trotzdem Fahrt
aufgenommen.
Zukunft
52
Unternehmen der
Zukunft
Verspielt: Das selbst gebaute Modell der Reeder
symbolisiert ihr erstes Schiff Maple Ingrid
U
nsicheres Gewässer:
Gründen in der Krise
Bunk, ursprünglich Volkswirt und Sinologe,
lernte den Schifffahrtskaufmann Tebbe bei
der Hamburger Reederei Ernst Russ kennen.
Für Tebbe war es der erste Arbeitgeber: „Bei
Ernst Russ habe ich gelernt, was es heißt, Verantwortung für ein Projekt zu übernehmen.“
Drei Jahre arbeiteten die beiden Männer eng
zusammen. Dann ging Bunk nach China, um
das Büro der Reederei in Shanghai zu leiten.
Es war eine Zeit, in der manche Frachtschiffe
sechsstellige Tagesmieten einfuhren. Eine Zeit,
in der Reeder, euphorisiert von derartigen
Summen, bei den Werften Schiff auf Schiff
bestellten – ohne zu wissen, ob diese nach
dem Stapellauf auch wirklich so viel einbringen würden. Denn der Bau eines Frachtschiffs
kann mehrere Jahre dauern. Mit der LehmanPleite drehte sich der Wind. Frachter, die noch
nicht mal zu Wasser gelassen waren, verloren
an Wert.
Und Bunk und Tebbe wussten: Jetzt ist der
Zeitpunkt, sich selbstständig zu machen.
Sie trafen sich beim Notar, gründeten ihre
Reederei ohne Schiff. Das wurde ihnen nur
drei Monate später angeboten. Die „Honest
Rays“, ein Mehrzweckschiff aus Konkursmasse. Knapp 10 Mio. Euro sollte es kosten,
weniger als die Hälfte des Neupreises. Bunk
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und Tebbe leerten ihre Konten, liquidierten
Bausparverträge und Lebensversicherungen.
Bereit, alles auf diesen Frachter zu setzen.
Doch den ersten zehn Banken, bei denen die
jungen Gründer vorsprachen, schien das
Geschäft zu unsicher. „Uns wurde immer
wohlwollend auf die Schulter geklopft“,
erinnert sich Tebbe. Aber mehr als eine Tasse
Kaffee für jeden wollten oder konnten die
Berater nicht bereitstellen. Der elfte bat um
zwei Tage Bedenkzeit. Dann kam die Zusage:
6 Mio. Euro. Um vier weitere aufzutreiben,
blieben den Gründern nur wenige Wochen.
Doch sie fanden acht Gesellschafter, mit deren
Hilfe sie den Frachter übernehmen konnten.
Im März 2011 stieß er in See. Unter neuem
Namen: Maple Ingrid.
Character
53
D
ie Marke verankern:
Ahorn und Goethe
Am Reesendamm, der die Einkaufsstraße
Jungfernstieg mit dem Rathausmarkt
verbindet, wehen 34 Flaggen. Jede steht für
eine Hamburger Reederei. Viele sind mit den
Initialen der Firmengründer bedruckt. Nicht
die der Auerbach Schifffahrt. „Wir wollten
mit unserer Reederei-Flagge einen Farbklecks am Hamburger Rathaus hinterlassen
und signalisieren, dass wir nachhaltig und
ökologisch handeln“, sagt Alexander Tebbe.
Ein weißes Blatt auf grünem Grund sollte
es sein. Nichts Maritimes. „Ein Apfel hat ja
auch nichts mit Computern zu tun. Aber er
bleibt im Gedächtnis.“
Die beauftragte Designagentur bestand
zwar auf Dunkelblau – das sei klassischer.
Doch mit dem Blatt setzten sich die Gründer
durch. Sie wählten das Ahornblatt. „Weil
es an eine Krone erinnert.“ Den Namen
ihres Unternehmens liehen sie sich vom
Auerbachs Keller in Leipzig, den Goethe
mit „Faust I“ weltbekannt gemacht hatte.
Und sie telefonierten so lange herum, bis
sie einen Herrn Auerbach fanden, der bereit
war, mit seinem Namen in die Gesellschaft
einzusteigen. Die skurrilen Telefonate, die
sie dafür führen mussten, seien es wert
gewesen, sagt Tebbe. „Uns war wichtig,
dass der Name traditionell und beständig
klingt. Nicht nach Lehman Brothers oder
Citigroup.“
Uns wurde
immer
wohlwollend
auf die Schulter
geklopft.
Alexander Tebbe
Jungreeder:
Lucias Bunk (l.) und Alexander Tebbe
Mai 2015
Zukunft
K
urskorrektur:
Eigene Ziele definieren
Szenenwechsel zur Cap San Diego. Bunk
und Tebbe sind nicht zum ersten Mal dort –
das mehr als 50 Jahre alte Museumsschiff
eigne sich gut, um das Geschäftsmodell
von Auerbach Schifffahrt zu erklären, sagt
Bunk. Ihre eigenen Schiffe, die Maple Ingrid,
Maple Lotta und Maple Lea, sind der Cap
San Diego recht ähnlich. Nur nicht ganz
so luxuriös ausgestattet. Auerbachs Flotte
besteht aus flexiblen Mehrzweckfrachtern,
wie sie vor allem in Asien, Afrika oder
Südamerika genutzt werden. Mit ihren
bordeigenen Kränen laden diese Kisten und
Säcke mit Lebensmitteln, Windkraftrotoren
oder Eisenbahnschienen.
Die Ladung ändert sich von Hafen zu
Hafen. „Man muss sich so ein Schiff wie
ein Taxi vorstellen, das dorthin fährt, wo es
gebraucht wird“, sagt Bunk. So funktionierte
die Schifffahrt lange auch in Nordeuropa.
Doch dann verdrängten die Containerriesen –
die Linienbusse des Meeres – die kleineren
Frachter. „Wir wussten von Anfang an,
dass wir auf Stückgut setzen müssen.“ Auf
Schiffe, die Dinge des täglichen Bedarfs
transportieren, wie sie in Schwellenländern
gehandelt werden. Deren Auslastung wird
von Konsum und Konjunkturschwankungen
in Europa oder den USA deutlich weniger
beeinflusst, sagt Tebbe (und einen Containerriesen hätten sich die Gründer ohnehin nicht
leisten können).
Ihren ersten Investor, den Hamburger
Unternehmer Stefan Cremer, überzeugte
diese Ausrichtung – handelt er doch selbst
weltweit mit Getreide und Futtermitteln. Für
die Bank dagegen war entscheidend, dass
Bunk und Tebbe ihre Flotte nicht wie üblich
über Fonds finanzieren wollten.
54
A
ndere ins Boot holen:
Nicht jeder Geldgeber eignet
sich als Partner
„Nachdem wir Cremer als Gesellschafter
gewonnen hatten, wurde es einfacher, weitere
Investoren zu finden“, sagt Lucius Bunk.
Doch auch dafür hätten sie etliche Termine
gemacht, ergänzt Tebbe: „In unserem Gewerbe
muss man mindestens zehn Gespräche führen,
damit eines erfolgreich ist.“ Wichtig sei, dabei
immer man selbst zu bleiben. Nichts verkaufen
zu wollen, sondern die eigene Geschichte zu
schildern und dann zuzuhören und auch mal
um Rat zu fragen.
Die Schifffahrtsbranche in der Hansestadt
wird von Patriarchen dominiert. Offensichtlich
gefiel denen die Haltung der jungen Männer.
„Mit manchen unserer Gesellschafter haben
wir uns nur ein paar Mal zum Mittagessen
getroffen, bis diese einstiegen“, sagt Tebbe. Bei
anderen habe es durchaus auch mal Monate
gedauert. „Und einige haben wir abgelehnt“,
sagt Lucius Bunk. „Weil uns ihre Erwartungen
suspekt waren.“ Wer sich nachhaltiges Wachstum auf die Flagge druckt, muss sich so viel
Selbstbewusstsein eben leisten.
Man muss
sich so ein
Schiff wie
ein Taxi
vorstellen.
Lucius Bunk
Sie beteiligten Cremer an der gesamten Reederei und auch alle weiteren der mittlerweile
elf Investoren. Das mindert das Risiko für
den einzelnen Gesellschafter.
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Unternehmen der
Zukunft
Character
Ortsbesuch:
Die Cap San Diego ist ein Stückgutfrachter –
wie die Schiffe der Auerbach-Reederei
55
Mai 2015
Zukunft
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Maritime Geschichte: Der Maschinentelegraf
übertrug einst Befehle der Kommandobrücke
an den Maschinenraum
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Unternehmen der
Zukunft
Character
D
en Vortrieb nutzen:
Das zweitälteste Gewerbe
wandelt sich
Vier spannende Jahre liegen hinter Lucius
Bunk und Alexander Tebbe. Ihrem Ziel, bis
Ende 2015 eine Flotte von zehn Schiffen
aufzustellen, sind sie schon recht nahe
gekommen. Im April 2014 haben die
Reeder bei einer chinesischen Werft zwei
Mehrzweckschiffe in Auftrag gegeben. Zwei
weitere Optionen sind erklärt. Noch immer
sind die Preise für Schiffe niedrig. Das
lässt mehr Spielraum für Entwicklungen.
Volle Fahrt:
Die Maple Lea, das dritte Auerbach-Schiff
Mai 2015
57
Stärkere Kräne und eine knapp 80 Meter
lange Ladeluke sollen den Neubauten den
Transport von riesigen Rotorflügeln für
Windenergieanlagen auch unter Deck
erlauben. Große Schrauben und ein langhubiger Motor senken den Treibstoffverbrauch
um bis zu 25 Prozent. Das schont die Umwelt und die Betriebskosten.
Vor einem Jahr haben die jungen Reeder
außerdem das E-Ship 1 übernommen.
Das Frachtschiff von Enercon wurde für
den Transport der Windkraftanlagen des
Konzerns entwickelt – und wird selbst zum
Teil mit Windkraft betrieben. Ein Konzept,
das Alexander Tebbe für zukunftsfähig hält.
„In der Schifffahrt hat sich seit Einführung
der Dieselmotoren nur wenig verändert.
An solarbetriebene Schiffe glaube ich nicht.
Aber Wind – das leuchtet mir ein.“ Die
Übernahme des Schiffs beschreibt er als seinen besten Moment 2014. „Unser Kapitän
steuerte das E-Ship 1 um Helgoland. Als
er die Rotoren nach dem Wind ausrichtete,
wurde es lautlos zwei bis drei Knoten
schneller. Das war beeindruckend.“
Text: Jessica Braun
Gegenwart
58
Verleger, Eigentümer der Hubert Burda Media
geboren 1940
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John F. nt der Vereinigten
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63
9
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59
Mai 2015
römischer Dichter,
65 v. Chr. – 8 v. Chr.
aus der Ode „An Leukonoe“
Johann wolfgang von Goethe
Erich Kästner
deutscher Schriftsteller, Publizist, Drehbuchautor, 1899 –1974
(Lieblingszitat von Ada von Szankowska, Mutter von Stephanie Czerny)
Gegenwart
Panorama
60
Panorama
WOHIN DAMIT?
Frauen haben ihre
Hand­tasche. Aber was
haben die Männer?
Männer sind nicht zu beneiden: Sie wissen einfach nicht, wohin mit ihren Siebensachen. Und oft gibt es auch noch mehr als nur sieben ... Transportable Gedanken
zur gesellschaftlich akzeptierten Unterbringung von männlichem Hab und Gut.
SEXUELLE LIBERALISIERUNG
Auch in modernen Zeiten des papierlosen
Büros, der Smartphones und Tablets, die
jene lederne Filofax-Agenda des vergangenen Jahrhunderts ins Museum verbannten,
schleppt der Mann doch weiterhin einiges
an „Hardware“ mit sich herum. Die gilt es
unterzubringen. Nur wo und wie?
Wohin mit Schlüsselbund und Bargeld?
Wohin mit dem viel zu dicken Portemonnaie
mit seinen Kreditkarten, abgelaufenen Versicherungskarten, dem Führerschein, dem
Fahrzeugschein, den Visitenkarten? Wohin
mit Sonnenbrille und Kugelschreiber? Wohin mit dem Smartphone nebst Headgear
und Ladekabel? Wohin gar mit Laptop,
Ordnern, Unterlagen? Die Last des Trägers,
sie ist die Summe jener vielen Kleinigkeiten,
die ein Mann mit sich trägt, ohne dass dabei auch noch ein Schweizer Offiziersmesser
erschwerend ins Gewicht fiele.
Er trägt
die Akten
und ich die
Verantwortung.
Heinz Erhardt
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Mokieren wir uns jetzt über das „Herrenhandtäschchen“, sind wir zwar mitten in
der Problemlösung. Aber: Die Dinger waren
schon peinlich, als sie in Mode kamen. In den
1970er-Jahren galten diese Straßenkulturbeutel mit Halteschlaufe als Resultat sexueller
Liberalisierung. Sie stigmatisierten aber
auch die armen Männer: „Dein Täschchen
brennt“, das ließ sich der eingefleischteste
Hetero-Mann nur einmal hinterherrufen.
Heute hat das Herrenhandtäschchen nur am
Handgelenk von Hardcore-Pfeifenrauchern
und Fahrkartenkontrolleuren überlebt. Und
es gehört zur festen Ausstattung von Hape
Kerkelings alter Ego Horst Schlämmer sowie
Frank-Martin B
­ arwassers Kunst(witz)figur
Erwin Pelzig. Aber sind das Vorbilder für den
modernen Businessman? Also, wie es lösen,
das Transportproblem?
Character
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Mai 2015
PORTEMONNAIE IN DER
GESÄSSTASCHE
Sich diese kleine Handytasche an den
Gürtel klicken? Oh weh! Erinnert in
peinlichster Weise an den Colt von John
Wayne und ans Walkie-Talkie des Montagearbeiters. Das Portemonnaie in die
Gesäßtasche stecken? Bitte nicht! Eine
Problemzone, bei der ein Mann spürt, dass
eine Seite seines Körpers fünf Zentimeter
höher gehoben wird als die andere. Also:
Kleingeld in die Hosentasche? Okay, aber
dazu noch ein Schlüsselbund? Niemand
will aussehen wie ein Fesselballon, dessen
Sandsäcke noch am Korb hängen. Die
Sonnenbrille in die Brusttasche des Hemdes
stecken? Was auf der Croisette in Cannes
elegant ist, wird auf dem Weg ins Büro zum
No-go. Aber es gibt ja das Sakko, denkt der
Mann mit dem Transportproblem seiner
Siebensachen. Das Sakko hakt er an seinen
Zeigefinger und freut sich der vielen Innenund ­Außentaschen. Nun, wer diesen Trick
­bevorzugt, nimmt sein Sakko immer mit –
auch bei 35 Grad im Schatten – und weiß
immer noch nicht, wohin mit Laptop und
Ordner.
MANAGER MIT STADTRUCKSACK
Ob diese Lösung für einen Mann darin
besteht, in die Handtasche der Frau oder
Freundin zu investieren? Tatsächlich kann
ein Mann für sich selbst mehr praktischen
Nutzen daraus ziehen, wenn er einer
Frau eine Handtasche schenkt, als sie mit
Schmuck, Parfüm oder Schuhen zu beglücken. Nur – will er seine Sachen wirklich
diesem dunklen, unheimlichen Abgrund
anvertrauen? Außerdem muss sich ein
Mann, der sein Transportproblem mittels
Handtasche einer Frau zu lösen versucht,
über eines klar sein: Das Paar muss überall
gemeinsam hingehen.
Da nun der Rollerblade fahrende Manager
mit flatternder Krawatte und Stadtrucksack
in den engen Schluchten der Wallstreet eine
Traumfigur von Werbefilmern bleibt, bieten
Gegenwart
sich dem Mann – so er neben Verantwortung noch mehr zu tragen hat – heute neue
(und alte) Transportmöglichkeiten. Zu den
guten und alten zählt die Aktentasche: Zu
Beginn der 1970er-Jahre, als der Diplomatenkoffer mit Zahlenschloss das Geschenk
für Aufsteiger war, galt sie als hoffnungslos
veraltet. Irrtum! Das wirkliche Büro des
Mannes bleibt die Aktentasche. Nur ihr
Äußeres verrät, dass ihr Inhalt wichtig sein
muss. Sie brilliert durch Understatement:
Ihre Lederqualität und ein kleines Schloss aus
Sterlingsilber sind die größten Extravaganzen.
DAS BÜRO DES MANNES
In Attaché-Taschen aus leichtem Lammnappa, wie Napoleon sie trug, passt auch
heute nur der Schlachtplan rein: Vertrag
und FAZ. Neben solch flunderflachen Attachés feiert die klassische, bauchige Aktentasche ihr Comeback. Auch sie signalisiert
mehr als Aktenkoffer oder Bürorucksack:
Stilbewusstsein und – Redlichkeit. Dieses
antiquierte Wort, es passt zur Aktentasche.
Ihr Besitz scheint existenziell: In Kriegszeiten half sie schon beim Kohlenklau, war
an die Fahrradlenkstange des Arbeiters
angewachsen und beförderte später BildZeitung, Mariacron und Butterstulle zur
Baustelle oder Fabrikhalle. Bis heute aber
verdankt diese Tasche ihre machtvolle Position ausgerechnet jener Personengruppe, die
in der allgemeinen Wahrnehmung mit den
Attributen der Aktentasche nicht immer
identisch sind: Politiker. Aber was schätzen
Parlamentarier an ihr? Verglichen mit Aktenkoffern ermöglicht die Aktentasche eine
in Politik und Wirtschaft wichtige Verhandlungsführung. Bei ihrer stets „aufrechten“
Nutzung bleiben Akten, Spendenbelege und
Steuerpläne auch bei geöffneter Tasche verdeckt. Ein geöffneter Aktenkoffer hingegen
befindet sich immer in der Waagerechten
und bietet sofort vollen Einblick.
Panorama
62
Viel Platz für Überflüssiges bleibt aber
auch in der Aktentasche von heute nicht.
Nur Spießer packen zu viel rein – und nur
dadurch wird sie spießig. Für ein gebügeltes
Hemd, Rasierzeug und Zahnbürste versucht
die Modeindustrie inzwischen auch den
Mann für den „Weekender“, jene große
Henkeltasche zu gewinnen. Meist vergeblich – vielen ist es zu unpraktisch, zu feminin, zu gewagt, was Calvin Klein, ­Burberry
Prorsum, Armani oder Louis Vuitton ihm
da in die Hand drücken wollen.
UMHÄNGETASCHEN
FÜR DEN LAPTOP
Der urbane, reisende Businessman
nutzt heute meist Kurier- oder sportliche
Umhängetaschen, wie sie Hugo Boss,
Marc O’Polo, Tommy Hilfiger, Timberland
oder Mulberry herstellen. Sie sind praktisch
im Format und in der Handhabung sowie
über jeden femininen Beigeschmack erhaben.
An die Schulter gehängt oder schräg über
den Körper getragen, lassen sie ihrem Träger die Arme frei zum Kampfe wie jene von
Belstaff, die Will Smith passend zur Jacke
im Film „I am Legend“ trägt. Aber auch
sonst erweitern sie den Aktionsradius des
modernen Mannes: beim Telefonieren oder
am Etix-Automaten. Kampf und Aktion
machen attraktiv: Ledertaschen werden im
Laufe der Jahre immer schöner. Patina setzt
an, und dass wir sie mögen, beweist unsere
Sehnsucht nach gelebter Authentizität.
Nichts mit sich herumzutragen, in völliger
Geld-, Smartphone- und Schlüssellosigkeit
zu leben und auf Taschen zu verzichten, ist
ein Zeichen von Macht – oder von Freiheit.
Und welcher Mann hat schon das eine, das
andere oder sogar beides?
Text: Pascal Morché
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63
Eine kleine Historie
der Männertasche
Zu Pferde und die Zügel fest im Griff (beider Hände)
Der Mann der 1970er-Jahre emanzipiert sich von der Akten-
trug der Mann als Reiter für Jahrhunderte wichtige Papiere
tasche und legt sie als spießig ab. Für seine privaten Utensilien
wie Dekrete, Urkunden und Gesetzestexte gerollt in einer
gibt die sexuelle Liberalisierung dem modernen, damals
Lederröhre auf den Rücken geschnallt. Ein fürstliches oder
langhaarigen Mann in Zeiten von Flower-Power das Her-
gar päpstliches Dekret (Bulle) wurde auf dem Marktplatz
renhandtäschchen an langer Schlaufe ans Handgelenk. Dazu
entrollt und ihr Inhalt aus dem Sattel verkündet.
gesellt sich für die berufliche Karriere der mit Zahlenschlössern
ausgerüstete Aktenkoffer. Mode-unerfahrene Männerhände
Kriegstauglich und ebenfalls per Pferd transportiert,
greifen damals auch nach der Unterarmtasche (Portfolio), jener
entwickelte sich daraus später die Umhängetasche in
dünnen Ledermappe aus meist weichem Kalbsleder, sowie dem
ihrer heutigen Form. Auch sie ließ dem Mann die Hände
kosmopolitisch wirkenden, doch plumpen Pilotenkoffer. Akten-
frei für Zügel, Fernrohr oder Waffe: Diese Attaché-Tasche
koffer aus Aluminium markieren zu Beginn der 1980er-Jahre
für Aufmarsch- und Schlachtpläne wurde
an die Schulter gehängt und quer über
Zeitgeist – die Blechträger möchten gerne der Werbe-,
Film- oder Musikszene entstammen.
den Körper ­getragen. Ein Privileg! Die
Infanterie indes trug Verpflegung im
Stilvolle Aktenkoffer hingegen sind oftmals
Tornister auf dem Rücken: eine Tasche
englischer Herkunft. Ihr leichter Holzkorpus ist
(auch Ranzen) in Rucksackform, deren
mit feinem, braunem Leder bezogen. Deckel und
Stoff- oder Lederbespannung über einen
Korpus schließen stets bündig ab. Auch wenn
rechteckigen Holzrahmen genäht war.
Patina einen solchen Aktenkoffer mit den Jahren
immer schöner macht, auf das Gepäckband eines
Mit dem Kutschenzeitalter bricht für den
Flughafens sollte man ihn allerdings niemals
Mann die Zeit der großen, gebauchten Reisetasche an.
legen: Zersplittert und zerbrochen könnte man wahrscheinlich
Die längliche Arzttasche mit ihrem typischen Metall­
das gute Stück wieder in Empfang nehmen.
bügel, wie Emma Bovarys Ehemann sie trägt, geht aus der
­Reisetasche ebenfalls hervor wie die spätere Aktentasche.
In den 1990er-Jahren wird für Manager und Führungskräfte
Als Statussymbol der (noch wenigen) Angestellten des
der Stadtrucksack aktuell und gesellschaftsfähig. Deutsche-
frühen 20. Jahrhunderts wird sie schnell begehrtes und
Bank-Chef Anshu Jain trägt ihn heute noch gerne. Doch er
praktisches Objekt auch der Arbeiterklasse und transportiert,
bleibt eine Ausnahme. Da der Mann aber noch immer für das
häufig an die Fahrradlenkstange gehängt, statt Akten Butter-
Besteigen der Karriereleiter seine Hände frei haben muss (Stich-
stullen zur Fabrik. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird in den
wort Smartphone und/oder Etix-Automat), hat sich heute die
50er- und 60er-Jahren die klassische Aktentasche aus festem
Attaché-Umhängetasche als zweifellos bestes Transportmittel
Rindleder mit ihrer breit auslaufenden Klappe und einem sil-
für Laptop, Mobiltelefon, Tablet und sogar für Unterlagen aus
bernen Schnappschloss zum Symbol des Wirtschaftswunders
Papier durchgesetzt. Die klassische Aktentasche, jenes lederne
und seiner Angestelltenkultur.
Arbeitstier des Berufslebens, wird jedoch nicht aussterben.
Dafür sorgen schon Politiker, die sich ihre Aktentasche gerüchteweise auch gerne nachtragen lassen.
Zukunft
Einplanen
64
EINPLANEN
Durch das Jahr mit
StePHANiE Czerny
So ausgefüllt der Terminkalender der viel reisenden Managerin mit ihren eigenen
Veranstaltungen auch sein mag: Niemals würde Stephanie Czerny auf Konzerte,
Opern und Ausstellungsbesuche verzichten. Darüber hinaus hat sie ein paar
höchst ungewöhnliche Lieblings-Events. Stichwort: Naturschauspiel!
Czernys ganz
persönliche
Toplist
Morgendämmerung
im Hochgebirge
Auerhahn- und
BirkhahnBalz
April und Mai
Spargelsaison und
Frauenschuhblüte
Mai
Trachten-Waldfest
der Hirschbergler
Hirschbergler Trachtenhütte Kreuth
28. Juni ab 10 Uhr
Hirschbrunft
letzte September- / erste Oktoberwoche
Allerseelenmarkt
in Glurns im Vinschgau, Südtirol
2. November
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Mai 2015
Czernys
Jahreskalender
Die DLD-Agenda:
Als Ideenlabor, Kontaktbörse, Beschleuniger für Geschäfte und coole
Partyadresse hat sich die Digital-Life-Konferenz von Hubert Burda
Media weltweit etabliert. Fans folgen ihr nicht nur im Netz, sondern
auch real an ihre Hauptschauplätze. Also vormerken:
DLD New York, 6. / 7. Mai
DLD Summer: 22. / 23. Juni München
Weitere Termine: DLD Tel Aviv, September, DLD 2016 München, Januar
www.dld-conference.com
Biennale Venedig
All the World’s Futures ist das Motto des diesjährigen
Kreativdirektors der Biennale. Okwui Envezor, der auch das Münchner
Haus der Kunst leitet, sieht sich mit einer Welt in ­Aufruhr konfrontiert,
„heimgesucht von Gewalt, Fundamentalismus, ­ökonomischen Krisen,
Seuchen und humanitären Katastrophen auf den Meeren, in den Wüsten
und an den Grenzen“. So entwirft er seine Biennale als politische
­Megabühne, die Künstler in allen Medien bespielen, und mit Inhalten,
die so revolutionär und widerständig wie möglich sein sollen.
9. Mai bis 22. November
www.labiennale.org
Salzburger Festspiele
Stephanie Czerny versäumt sie in keinem Jahr, denn nirgendwo
trifft sie so viele Freunde und Geschäftspartner in so musikalisch
höchst ­beflügelnder Atmosphäre – dank Stars wie Cecilia Bartoli,
Jonas Kaufmann, Christian Gerhaher, Anna Netrebko oder
Ingo ­Metzmacher und den Wiener Philharmonikern.
18. Juli bis 30. August
www.salzburgerfestspiel.at
Burning Man
Das Festival in der Wüste Nevadas ist einmalig durchgeknallt.
­Zehntausende Nerds und Wunderkinder überwiegend der digitalen
­Szene treffen sich eine Woche lang und inszenieren zusammen die
­fiktive Metropole Black Rock City, ein karnevaleskes Terrain aus
Kunst, Show und Selbstdarstellung. Thema: Spiegel, Masken, Labyrinthe und Verschmelzungen, frei nach Guy Debord: „Das Spektakel ist
keine Ansammlung von Bildern, es ist eine soziale Beziehung, die von
Bildern veranschaulicht wird.“
30. August bis 7. September
www.burningman.org
Tradition
66
Panorama
panorama
Der Sternjäger
Bewahrer einer
deutschen Stilikone
Hans Kleissl spürt Mercedes-Benz 300 SL in den
entlegensten Winkeln der Erde auf und restauriert sie mit Liebe,
Perfektion und Besessenheit. Er hat sein ganzes Leben den legendären
Flügeltürern und Roadstern aus den 1950er-Jahren gewidmet.
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Tradition
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Hans Kleissl sitzt über den Laptop gebeugt
im Hof seines Klosters im oberbayerischen
Polling, zwischen Ammersee und Alpen
gelegen.
Der Bayer nimmt einen Schluck Kaffee
und zeigt dem Besucher auf dem Bildschirm die Fotos eines mächtig maroden
Oldtimers. „Ein gutes, originales Auto“,
sagt der 62-Jährige zu dem abgebildeten
Mercedes-Benz 300 SL. Und sofort zählt
er auf: „Die Sitze sind noch mit dem ersten
Leder bezogen. Die Karosserie hat keine
größeren Unfallschäden abbekommen. Ein
bisschen Rost. Der Motorblock ist in keinem
guten Zustand, die Armatur ein einziger
Kabelsalat. Scheiben gibt’s keine mehr. Der
rote Lack ist zwar noch drauf, aber ziemlich
hin. Der Wagen ist seit etwa 20 Jahren
keinen Kilometer mehr gefahren.“ Und er
resümiert: „Der Zahn der Zeit hat stark an
ihm genagt. Doch er kann gerettet werden.
Nein, er muss!“
Das hat Hans Kleissl schon lange vor.
Er hat den Sportwagen, der momentan in
einer zugigen Garage auf einer Insel im
fernen Venezuela steht, bereits vor mehr
als drei Jahren gekauft. Für 400.000 Euro.
Allerdings gibt es Probleme bei der Ausfuhr.
„Allein die Karosserienummer rechtfertigt
den Preis“, erklärt er. „Heute würde ich das
Auto, so restaurierungsbedürftig es auch ist,
nicht mehr für unter 600.000 Euro bekommen.
Das muss man sich mal vorstellen. Mit
dieser Summe könnte ich mir eine ganze
Garage voller nagelneuer Porsche kaufen.
Möchte ich aber gar nicht.“
Augenblicke gröSSten Glücks
Die Karosserienummer also:
198.040.6500017. Die 198 ist die Typbezeichnung für den Mercedes-Benz 300 SL.
Die 040 steht für den Flügeltürer. Zwischen
1954 und 1957 wurden insgesamt nur
1.400 Flügeltürer-Coupés gebaut. Dazu
kamen von 1957 bis 1963 noch 1.858
Roadster, also Cabrios. Die 65 bezieht sich
auf das Baujahr. Mercedes-Benz hat seinerzeit
Echtheitsgarantie: Karosserienummer und weitere Plaketten
belegen die Authentizität der Sportwagen
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Panorama
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Mai 2015
die Zahlen einfach umgedreht. 65 meint
also Baujahr 1956. Und die 00017 ist die
laufende Fabrikationsnummer im betreffenden Jahr.
Hans Kleissl sieht sich als „Bewahrer des
automobilen Kulturguts 300 SL“, sagt er.
Für ihn ist der Mercedes-Benz 300 SL „eine
ebenso seltene wie schützenswerte Spezies“
und viel mehr als nur das Auto. „Er ist
Designklassiker. German Wunder-Car“,
erklärt er beim Gang über den gepflegten
Klosterhof, wo Coupés und Roadster in
der Sonne glänzen – schwarze, mattgraue,
lindgrüne, rote, elfenbeinfarbene und auch
himmelblaue Autos. „Er ist eine Antiquität,
Kulturgut, rollendes Kunstwerk. Wenn es
perfekt passt, verschmelzen Fahrer und
Fahruntersatz miteinander. Wie Ross und
Reiter. Bei einem solchen Anblick läuft es
mir immer wieder heißkalt den Rücken
runter, erlebe ich meinen ganz persönlichen
Augenblick des größten Glücks.“
Verliebt in ein Auto
Fast poetische Worte. Doch man kann
sie ihm glauben. Denn fast alles in Hans
Kleissls Leben kreist um den 300 SL. Er
kann sich noch genau an den Tag erinnern,
als der 300 SL plötzlich in sein Leben fuhr:
„Ich habe damals, 1977, in München Jura
studiert, stand vor der Staatsbibliothek
und wartete auf die grüne Ampel, um die
Straßenseite zu wechseln. Plötzlich rauschte
dieser wahnsinnig schöne Wagen heran.
Ein schneeweißer Roadster. Offenes Verdeck. Gänsehaut-Motorensound wie von
einem anderen Stern. Und das perfekteste
Hinterteil, das ein Auto überhaupt nur
haben kann. Ein solches Meisterwerk des
Automobildesigns hatte ich vorher noch
nie gesehen. Ich stand wie angewurzelt
da, dachte nur: Verdammt, es hat mich
erwischt. Ich bin verliebt. In ein Auto!“
Blaupausen: Technische Zeichnungen aus den 1950er-Jahren
erleichtern Reparatur und Restaurierung
Bis er sich seinen ersten eigenen 300 SL
leisten konnte, vergingen einige Jahre.
Tradition
Panorama
70
Dann hatte er das Geld zusammen und fand
ihn bei einem Münchener Autohändler.
Einen weißen Roadster. Für 40.000 Mark.
Kurz nach dem Kauf merkte Kleissl jedoch,
dass der Händler ihn betrogen hatte. Sein
Traumauto war ein Unfallwagen und musste dringend generalüberholt werden. Doch
weil er keine Werkstatt fand, die das so
perfekt konnte, wie er wollte, gründete der
Sohn eines Regensburger Richters im Kloster
Polling – das er vor dem Abriss gerettet und
an dessen Sanierung er schon lange gearbeitet
hatte – sein eigenes Unternehmen: HK
Engineering, den bis heute weltweit einzigen
Reparatur- und Restaurierbetrieb nur für
die legendären 300 SL.
4.000 Arbeitsstunden pro
Fahrzeug
In seinem Unternehmen, das langsam
gewachsen und durch harte Zeiten gegangen
ist, doch seit einigen Jahren floriert, beschäftigt
der weltweit wahrscheinlich größte 300-SLKenner inzwischen 45 Spezialisten aus
Deutschland, Italien, Frankreich Tschechien,
der Slowakei, Kasachstan und Sibirien:
Feinmechaniker, Motorentechniker, Karosseriebauer, Dreher, Lackierer, Verchromer,
Sattler und Feintäschner. „Alle sind
passionierte Handarbeiter und gehören
zu den Besten ihrer Zunft“, sagt der
Flügel-Virtuose. „Für die komplette Motoreninstandsetzung haben wir sogar einen originalen Bosch-Einspritzpumpenprüfstand. Wir
machen hier alles aus einer Hand.“
Rund 4.000 Arbeitsstunden stecken seine
Männer in so manchen maroden Mercedes,
an dem bis zu acht Leute gleichzeitig arbeiten.
50 bis 70 Flügeltürer und Roadster, so viele
wie sonst nirgendwo, stehen immer in der
Pollinger Klostermanufaktur. Die Garagen,
Werkstatt- und Verkaufsräume sind wahre
Schatzkammern. In ihnen warten Fahrzeuge
aus zahlreichen Ländern, die zur Verschönerung, Inspektion, Reparatur oder Rettung
dort sind.
Das Jahrhundertauto
Mercedes’ Stilikone erlangte weltweit Berühmtheit, als das Rennfahrerduo
Karl Kling und Copilot Hans Klenk im Jahr 1952 in Flügeltürer-Prototypen
den Sieg bei der legendären „La Carrera Panamericana“ einfuhr.
Und das trotz eines Geiers, der während der Fahrt in das Auto krachte und
Hans Klenk kurz bewusstlos schlug. Der erste Platz bei dem über 3.000 Kilometer gehenden Straßenrennen quer durch Mexiko war ein wichtiger
Meilenstein in Mercedes’ Rennsportgeschichte und machte schon früh einen
Mythos aus dem Flügeltürer.
Ein Coupé hatte im Film „Cinderella“ mit Dean Martin und Jerry Lewis
seinen großen Auftritt. Und auch in anderen berühmten Filmen waren 300 SL
blecherne Protagonisten, so in „Fahrstuhl zum Schafott“,
„Drei Engel für Charlie“ oder „Batmans Rückkehr“.
Die Schauspiel-Diva Sophia Loren und auch Pablo Picasso ließen sich
für Medienberichte und Buchcover mit dem ebenso imageträchtigen
wie legendären 300 SL Coupé ablichten.
Im Jahr 1999 wählte eine internationale Expertenjury den 300 SL zum
„Sportwagen des Jahrhunderts“.
Der Prozess: Bei der Restauration eines „Flügels“ investieren Werkstattgenie Martin Cimander,
Lackierer Markus Niggemann und Sattler Andrey Rogov (oben links bis unten rechts) unzählige Arbeitsstunden.
Das Resultat: Hans Kleissl in einem neuen 300 SL (unten)
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Rasant steigende Preise
Rettung bedeutet: Es handelt sich um Wracks,
die Kleissls Späher und Informanten irgendwo aufgetrieben haben – auf Schrottplätzen
und in längst vergessenen Scheunen in
Nord- und Südamerika, Italien, England,
Deutschland, Holland, Ägypten oder gar in
Libyen oder auf Kuba. Erstmal in Kleissls
Besitz, sind sie meistens auch schon weiter
verkauft. Der 300 SL ist begehrt in Sammlerkreisen, und die Liste der Interessenten
lang. „Die schwersten Zeiten liegen hinter
HK Engineering“, hofft Hans Kleissl, dessen
Manufaktur aktuell auf ein gutes Jahr hinaus ausgelastet ist.
Die Ein- und Verkaufspreise für die Flügeltürer und Roadster sind seit der Finanz- und
Wirtschaftskrise vor fünf Jahren richtiggehend explodiert, Wertsteigerungen von mehr
als 20 Prozent im Jahr sind ganz normal, die
300 SL somit nicht nur „Genussfahrzeug“,
sondern auch eine gute Wertanlage, erklärt
Hans Kleissl.
„Vor fünf, sechs Jahren waren sie noch
halb so teuer.
Irgendwann
wird der rote
Venezolaner hier im
Kloster ankommen.
Dann werden wir
ihn zu neuem Leben
erwecken.
Hans Kleissl
Tradition
72
Heute muss ich selbst für ausgebrannte oder
völlig verrottete Exemplare mindestens eine
halbe Million Euro auf den Tisch legen, um
sie zu bekommen. Und dann ist das schon
ein Schnäppchen.“ Rundum restauriert,
wobei alles Alte und Originale erhalten
bleiben soll, verkauft er die 300 SL für
knapp unter bis zu weit über eine Million
Euro in die ganze Welt. „Und am liebsten
ist es mir, wenn der neue Besitzer den SL
nicht einfach in der Garage verschwinden
lässt, sondern mit ihm fährt. Ich gebe die
wertvollen Wagen viel lieber an Liebhaber
als an Spekulanten.“
Das Glück eines
Lottogewinners
Hans Kleissl führt Dossiers über den
Verbleib der 300 SL, von denen in den vergangenen drei Jahrzehnten etwa 800 Stück
durch seine Hände gegangen sind. Von 85
Prozent aller je gebauten Wagen weltweit
weiß er, wo sie fahren, parken und rotten,
wem sie gehören und wie groß die Chancen
stehen, sie nach Polling zu holen. Und weil
Hans Kleissls Liebe zum „Auto aller Autos“
bis heute anhält, hat er ständig mehrere
Handys dabei, die er auch nachts nicht abschaltet. Es könnte ja sein, dass irgendwo in
einer anderen Zeitzone, auf der anderen Seite
des Erdballs ein Wagen zum Verkauf steht.
Er müsse in seinem Job oft Geduld haben
wie ein Angler und das Glück eines
Lottogewinners, die Gelassenheit eines
buddhistischen Mönches, den Riecher eines
Torjägers, die Ausdauer eines Triathleten,
die Risikobereitschaft eines Börsenspekulanten und die Perfektion eines Dirigenten
besitzen, sagt er – und meint es auch ernst.
Immer vorne mit dabei
Mit seinen beiden mattgrauen und mattschwarzen Flügeltürern, die Kleissl und
seine Spezialisten für die Rennstrecke
optimiert haben, ist er bereits bei allen berühmten historischen Rallyes gefahren: Bei
den 24 Stunden von Le Mans in Frankreich,
Schatzkammer: In Kleissls Manufaktur parken immer 50 bis
70 Flügeltürer und Roadster. Viele haben einen jahrzehntelangen Dornröschenschlaf hinter sich
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Panorama
Character
Mai 2015
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der Mille Miglia in Italien, beim Goodwood
Revival in England und natürlich auch bei
der Carrera Panamericana in Mexiko, dem
noch immer schnellsten, verrücktesten und
härtesten aller Straßenrennen für historische
Boliden. Also dort, wo die 300-SL-Erfolgsgeschichte im Grunde begann.
Bei Oldtimer-Veranstaltungen in der
Schweiz, Italien und den USA, wo jedes Jahr
die am schönsten restaurierten Fahrzeuge
ausgezeichnet werden, belegen die Sportwagen aus der HK Engineering Edelmanufaktur
immer vordere Plätze. Im Herbst 2014
wurde Kleissl bei den International Historic
Motoring Awards in London gar mit dem
Preis „Specialist of the Year“ gekrönt.
Kleissls Kunden – und Kumpels – kommen
aus allen Winkeln der Erde und den unterschiedlichsten Branchen. Ein britischer
Stararchitekt gehört dazu, ein Londoner
Diamantenhändler oder der Präsident einer
Schweizer Luxusuhrenmarke.
Vom Schauspieler bis
zum Diktator
Nach einer rasanten Probefahrt klappt der
Bayer die Tür des mattgrauen Flügeltürers
hoch, der gerade durch die Inspektion gegangen ist, steigt aus und stapft in Richtung
des Chefmechanikers. Hans Kleissl macht
immer selbst die Endabnahme. Beim Fahren
hört und fühlt er, was mit dem Wagen ist,
wo es noch hakt, sagt er. Mit dem Klang
des Motors bei diesem grauen Flügel ist
er noch unzufrieden. Der Chefmechaniker
nickt, macht sich Notizen. Der Besitzer,
ein schwerreicher Italiener, holt das Auto
morgen ab. Die Mechaniker müssen Überstunden machen. Der Motorsound muss
perfekt sein. Und alles andere auch.
Den einzigen Aluminium-Flügeltürer, der
jemals die Mille Miglia gefahren ist und
der lange in sehr schlechtem Zustand in
einer tristen Garage stand, hatte er bereits
hier zur Generalüberholung. Den ersten je
an eine Privatperson verkauften Flügeltürer
und den Erdbeerroten, den der nicara-
guanische Diktatorenclan Somoza einst
bestellte, auch. Genauso wie den Roadster,
der mal im Besitz von Rennfahrerlegende
und „Vorkriegs-Schumi“ Rudolf Caracciola
war. Auch das lindgrüne Coupé, das Gunter
Sachs als junger Mann fuhr, erblühte in der
Klostermanufaktur zu neuem Leben. Genauso
wie die Zweisitzer von Prinzessin Soraya
von Iran, Hollywood-Legende Clark Gable
oder Prinz Ali Khan.
Ein neues Leben auf
der StraSSe
Hans Kleissl selbst besitzt neben den beiden
Rennflügeln auch das mattgraue Coupé,
das dem Playboy der 30er- bis 50er-Jahre,
Porfirio Rubirosa, einst gehörte. Kleissl
entdeckte Rubirosas Zweisitzer vor 15 Jahren
in „miserablem Zustand“ bei einem
Londoner Mercedeshändler. Der Wagen
hatte einen rostigen Tank und einen fingerdicken Farbanstrich. Kleissl kaufte ihn für
umgerechnet 250.000 Mark, unterzog ihn
in Polling einer behutsamen, zwei Jahre
währenden Restaurierung und fährt ihn
seitdem selbst. Wie viel er wert ist? „Er ist
unverkäuflich“, antwortet der Liebhaber.
Dann klingelt eines seiner Telefone. Der
Kontaktmann aus Venezuela ist dran. Die
Ausfuhrpapiere für den roten Flügeltürer
sind nun fast komplett, behauptet er. Es
fehlen nur noch zwei Stempel. Hans Kleissl
antwortet erstaunlich lässig: „Okay, versuch die Stempel so schnell wie möglich
zu beschaffen.“
Seine Sehnsucht nach dem fantastischen
Wagen ist zwar groß, doch er habe über all
die Jahre der Jagd gelernt zu warten, sagt er:
„Irgendwann wird der rote Venezolaner hier
im Kloster ankommen. Dann werden wir
ihn zu neuem Leben erwecken. Und endlich
wieder zurück auf die Straße bringen.“
Text: Jörg Heuer
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