Klarinette: Instrument

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Klarinette: Instrument
Klarinette: Instrument
Aufbau des Instruments
Alle Klarinetten - von der kleinen Es- bis zur riesigen Kontrabassklarinette - bestehen aus
fünf Teilen:
Das Mundstück mit dem Blatt ist der Schwingungserzeuger. Es wird in der Regel aus
Hartgummi (Ebonit), Kunstharz, Glas oder Kristall hergestellt. Das Blatt wird mit einer
Schnur aufgebunden (in Deutschland noch weitgehend üblich) oder mit einer Blattschraube
aufgeschraubt.
Klarinette: 5 Teile
Die Birne (auch Fass genannt) verbindet Mundstück und Korpus. Meist haben Klarinettisten
eine etwas längere und eine etwas kürzere im Instrumentenkoffer. Das dient der
Grobstimmung des Instruments, der Anpassung an etwas höher oder etwas niedriger
gestimmte Orchester. Bei tiefen Klarinetten ist die Birne aus Metall, und zum Teil lang und
gebogen, dann wird sie S-Bogen genannt.
Am Oberstück sind die Tonlöcher und Klappen für die linke Hand und am Unterstück
Tonlöcher und Klappen für die rechte Hand. Oberstück und Unterstück sind aus Gründen der
Handhabbarkeit, des einfacheren Transports und der niedrigeren Kosten bei Herstellung und
Reparaturen getrennt.
Die Stürze oder Schallstück, das trichterförmige unterste Teil der Klarinette, ist für den Klang
der tiefsten Töne notwendig. Bei hohen Klarinetten ist es aus Holz, bei tieferen aus Metall
(und dann meistens gebogen).
Diese Aufteilung ist für die kleinste bis zur größten Klarinette immer gleich. Nur in sehr
seltenen Fällen gibt es weniger Teile - dann sind zum Beispiel Ober- und Unterstück als ein
Teil ausgeführt. Weniger Teile heißt weniger akustisch und mechanisch ungünstige
Übergänge.
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Zapfen verbinden die Teile
Alle fünf Teile sind über Zapfen, Steckverbindungen mit Korkpolstern, miteinander
verbunden und bilden ein fast vollständig zylindrisches hölzernes Rohr.
Den Innenraum des Rohrs nennt man Bohrung. Sie hat fast über die gesamte Länge des
Instruments den gleichen Durchmesser - zumindest beim deutschen System; bei der
Boehmklarinette ist die Bohrung auch in der Birne oft erweitert. Im oberen Teil des Mundstücks ist die Bohrung natürlich enger, bis zum Blattspalt, und in der Stürze (meist schon
darüber am Unterstück) wird sie weiter.
Dadurch, dass der Bohrungsdurchmesser bei allen Klarinetten eines Typs gleich ist, und die
Zapfen ineinander passen, kann der Klarinettenbauer in der Praxis einzelne Teile leichter
ersetzen, und wer bei einem Konzert für einen Teil eine A-Klarinette und im anderen Teil
eine B-Klarinette braucht, kann auch das gleiche Mundstück für beide benutzen.
Material
In der Regel besteht der Körper des Instruments aus Hartholz, meistens Grenadill oder
Ebenholz, üblicherweise aus Afrika. Von Natur aus sind die Holzteile fast schwarz oder sehr
dunkel braun. Manchmal werden sie auch schwarz gefärbt, so dass Teile von
unterschiedlichen Holzstücken farblich zueinander passen. Das Holz wird vom
Instrumentenbauer grob vorzerteilt (Axt, Säge) und dann jahrelang abgelagert und getrocknet
- dabei verliert es an Feuchtigkeit und zieht sich zusammen. Zum Teil erfolgt das unter Hitze,
um den Vorgang zu beschleunigen. Dann werden die Stücke grob gebohrt, schließlich fein
bearbeitet und geölt. Es gab auch Versuche, die Instrumente zu lackieren, aber es gibt bis
heute keinen zufriedenstellenden Lack, der bei Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen
jahrelang hält.
Mittlerweile werden auch Instrumente aus harten Kunststoffen hergestellt, vor allem aus
Kostengründen (Holz ist teuerer), aber auch, um Probleme des empfindlichen Holzes zu
vermeiden. Bei starken Temperaturschwankungen und hoher Trockenheit oder Feuchte kann
Holz leicht Risse bekommen. Das deutsche Afrikacorps hatte bereits in den 1930er Jahren
Instrumente aus Plexiglas. Weit verbreitet ist heute Resonit, einem Hartgummi, aus dem auch
Mundstücke gemacht werden. Sehr billige Klarinetten sind oft auch aus dem weicheren ABS.
Seit den 1990er Jahren gibt es aber auch sehr hochwertige Klarinetten aus
Holzverbundstoffen (z.B. Green Line), dabei wird Epoxidharz mit Grenadillholzstaub
verbacken - das ist nicht billig, verbindet aber die Vorteile beider Materialien: Gewicht und
Gefühl wie Holz, keine Empfindlichkeit gegen Feuche und Rissbildung, höhere Härte und
bessere Verarbeitungsmöglichkeit als Holz.
Daneben gibt es noch Klarinetten aus Metall. Diese sind z.B. in der Türkei viel häufiger als
bei uns in Westeuropa. Sie haben angeblich auch einen weicheren Klang.
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Dass man Klarinetten aus nahezu beliebigen Materialien herstellen kann, zeigt dieses
YouTube-Video von Linsey Pollack: Making Jam (Karottenklarinette)
Das Klappensystem, das an Ober- und Unterstück die Tonlöcher bedient, besteht aus
verschiedenen Metallen, meist aus Neusilber (einer harten Kupferlegierung), die Gestänge
sind in der Regel Stahlröhrchen. Die Metallteile sind meistens versilbert, vergoldet oder
vernickelt. Die Polster bestehen aus Leder, Filz, Kork und Pappe, in letzter Zeit gibt es auch
welche aus Silikon oder anderen Kunststoffen.
Instrument: Mundstück
Bedeutung des Mundstücks
Das Mundstück dient der Tonerzeugung. Wenn man sich verschiedene Blasinstrumente wie
Oboe, Trompete, Flöte und Klarinette genauer ansieht, wird man feststellen, dass es die
unterschiedlichsten Arten von Mundstücken gibt.
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Beim Mundstück der Klarinette handelt es sich im Prinzip um den abgeflachten Anfang eines
Rohres, auf dem das Blatt befestigt wird. In das Mundstück einer Klarinette mit Blatt kann
man hineinblasen und es gibt einen quietschenden, hohen Ton, der aber eindeutig schon ein
Klarinettenton ist. Den Rest der Klarinette braucht man "nur" noch, um verschieden hohe
Töne zu erzeugen. Grundsätzlich kann man das so für alle Blasinstrumente sagen.
Nichts beeinflusst den Klang mehr
Das Mundstück zusammen mit dem Blatt ist der Teil der Klarinette, der den Klang eines
Instrumentes wohl am stärksten beeinflusst. Er ist auch der individuellste Teil des
Instruments. Wenn man mit dem gleichen Mundstück auf zwei verschiedenen Klarinetten
spielt, einer ganz billigen, zum Beispiel aus Plastik, und einer extrem teuren, hört man oft
einen geringeren Unterschied, als beim selben Instrument mit zwei verschiedenen
Mundstücken. Viele Klarinettisten wollen das nicht wahrhaben (vor allem natürlich, wenn sie
ein teures Instrument gekauft haben). Sie spielen auf dem Mundstück, das sie damals mit der
Klarinette gekauft haben, und wechseln es nie. Mit der Zeit haben sie sich an Mundstück und
Bahn gewöhnt, und wissen aus Erfahrung, wie sie damit umgehen müssen. Spielen sie auf
einem anderen Mundstück, haben sie erst einmal Probleme. Tatsächlich kann man aber seinen
Ton und auch das Spiel durch ein an die eigenen Ansprüche angepasstes Mundstück mitunter
deutlich verbessern.
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Das soll jetzt auf keinen Fall heißen, dass es auf das Instrument nicht auch ankommt. Es kann
sich schon lohnen, eine Spitzenklarinette zu kaufen - aber eben nur, wenn man das dazu
passende Spitzenmundstück hat und dann auch entsprechend übt.
Worin unterscheiden sich verschiedene Mundstücke?
In erster Linie geht es um:
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
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Bohrungsdurchmesser
Länge der Bahn
Form (Wölbung) der Bahn
Form und Volumen des Übergangs von Bahn zu Bohrung (sogenannte Kammer)
Mundstück von der Seite - Bahn liegt am Lineal
Der Bohrungsdurchmesser ist durch das Instrument festgelegt, weil das Mundstück am
Zapfen den gleichen Bohrungsdurchmesser wie die restliche Klarinette haben muss, die man
benutzt, also zum Beispiel circa 15 mm bei einer A- oder B-Klarinette mit deutschem System.
Mit Bahn bezeichnet man die abgeschnittene Fläche, auf der man das Blatt befestigt. Man
meint vor allem die Öffnung, über der das Blatt schwingt, den sogenannten Ausstich. Auf den
ersten Blick erscheint die Bahn flach. Tatsächlich ist sie aber mehrfach gewölbt, und zwar an
der Auflagefläche hohl und dann zur Mundstück-Spitze hin abfallend (sieht man gut an der
Abbildung oben). Beides hat das gleiche Ziel:


Die hohle Auflagefläche führt dazu, dass das Blatt, wenn es befestigt wird, unter Spannung
steht - in Konsequenz biegt es sich durch und steht etwas von der Mundstückspitze ab. Man
kann Luft zwischen Blatt und Bahn blasen.
Die abfallende Bahn zur Mundstück-Spitze sorgt dafür, dass das Blatt erst beim sehr starken
Schwingen - bei mittelschweren Blättern ab Fortissimo - das Mundstück komplett verschließt
und nur im Extremfall auf dem Rand der Bahn aufschlägt. Dabei würde der Luftstrom in die
Klarinette einen Moment abreissen, und die sich normalerweise bildende gleichmäßige
Schwingung der Luftsäule wird einseitig "abgeschnitten", was in einem plötzlich sehr
scharfen Ton hörbar wird.
Unterschiedliche Länge der Bahn und vor allem die Form der Wölbung zur Mundstückspitze
führen dazu, dass Mundstücke unterschiedlich schwer ansprechen, und unterschiedlich laut
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spielen können. Die verschiedenen Öffnungsverhältnisse kann man recht deutlich auf dem
Bild unten mit den beiden unterschiedlichen Mundstücken sehen.
Und welcher Mundstücktyp ist für mich gut?
Abhängig ist die Wahl einer passenden Bahn vor allem von der Kiefer- und Zahnstellung des
Klarinettisten. Normale Menschen haben einen leichten Überbiss, die oberen oberen
Schneidezähne stehen weiter vorn als die unteren Schneidezähne. Sie kommen in der Regel
mit einem normalen Mundstück am besten zurecht.
Bei Spielern mit stärkerem Überbiss ist entsprechend die über die Zähne des Unterkiefers
liegende Unterlippe näher an der Mundstückspitze als beim Normalspieler. Das bedeutet, dass
die Bahn - also der Teil des Blattes, der frei schwingen kann - verkürzt wird. Entsprechend
wird dieser Spieler mit einer etwas längeren Bahn besser klarkommen - wie umgekehrt ein
Unterbiss-Spieler mit einer kürzeren Bahn besser klarkommen sollte.
Die Kammer des Mundstücks - und hier ihre Form, Länge und das Volumen des Übergangs
von Ausstich zur Bohrung des Instruments scheinen sehr wichtig zu sein. In Kombination mit
der Mundhöhle bilden sie einen Teil des Resonanzraumes des Instruments. Hier sind mir
leider keine sicheren Erkenntnisse bekannt, die Mundstückbauer arbeiten mit
Erfahrungswerten.
Fehler beim Mundstück sind schwerwiegend
Bahntest mit Glasplatte
Unbedingt wichtig ist, dass die Bahn auf beiden Seiten völlig identisch gezogen ist. Sonst
würden die Blätter nicht auf beiden Seiten gleich schwingen, das Ergebnis wäre ein kaum
kontrollierbares Schwingungsverhalten des Blattes (Luftwirbel im Instrument, Ansprache
unsicher, Quietscher sind garantiert). Ob eine Bahn symmetrisch ist, kann man mit dem
Glastest überprüfen: Man haucht auf ein flaches Stück Glas, und rollt es dann über die Bahn
zur Spitze hin ab. Man kann die Auflageflächen gut erkennen und Fehler deutlich sehen.
Auch Kratzer auf den Schenkeln der Bahn müssen unbedingt vermieden werden. Deshalb
sollte das Mundstück vor dem Einpacken in ein Tuch gewickelt werden, oder man bindet ein
altes Blatt für den Transport auf.
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Die Bahn kann man vom Mundstückbauer nachziehen lassen, natürlich ändert sich dann die
Ansprache - sicher vorhersehbare Ergebnisse kann da niemand garantieren.
Blätter befestigen - Blattschraube oder Schnur
Blattschraube oder Schnur?
Das Bild zeigt zwei Mundstücke mit den klassischen Befestigungsarten für Blätter: Links die
Blattschraube und rechts die Schnur. Die Befestigung mit Schnur ist die ältere Methode, aber
die Blattschraube ist keine moderne Erfindung: Sie stammt von Iwan Mueller. Durchgesetzt
hat sie sich aber eher außerhalb Deutschlands - bei uns wickelt die Mehrheit immer noch mit
Schnur.
Die Blattschraube hat Vor- und Nachteile: Ein Blatt ist schneller mit der Schraube befestigt
als mit der Schnur, doch die Schraube ist akustisch nicht optimal, beschädigt schnell ein Blatt
und ist natürlich etwas teurer. Aber wie mit allem, was mit dem Instrument zu tun hat, werden
die meisten Spieler wohl in der Mehrheit bei der Befestigungstechnik bleiben, die ihr erstes
Instrument hatte. Die Gleichungen Boehm = Blattschraube und Deutsch = Schnur dürfte
damit noch lange ziemlich gut aufgehen.
... mit der Blattschraube
Es gibt Blattschrauben in vielen Variationen. Klassische Metallschrauben, Lederband und
Gummischrauben, Spiralen und andere Konstruktionen:
Neue Blattschrauben: verschiedene Formen
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Alle Variationen der Blattschraube versuchen, deren zentrales Problem zu lösen: die
klassische Blattschraube presst das Blatt an zwei Punkten gegen das Mundstück. Damit liegt
das Blatt im ungünstigsten Fall an nur zwei Stellen auf der Bahn auf. Das ist nicht optimal das Blatt sollte sich gleichmäßig an die hohle Bahnform anpressen, um in Spannung zu
bleiben. In diesem Gesichtspunkt ist die Schnur perfekt: Jede Wicklungen liegt voll auf der
Blattoberfläche auf und nirgends drückt sich eine scharfe Kante in das Holz. Alle
Entwicklungen moderner Blattschrauben nähern sich daher den Prinzipien der Schnur an, sei
es nun ein breiter Kunststoff- oder Lederriemen oder ein Metallnetz. Dabei behalten sie den
Vorteil der Schraube: es geht ein paar Sekunden schneller als das Wickeln mit der Schnur.
Zumindest die klassische Blattschraube setzt ein Mundstück mit einem gleichmäßigen
Abschnitt und ohne den für das deutsche System typischen Wulst (der das Wickeln der
Schnur erleichtert) voraus, sonst lässt sie sich nicht befestigen.
... mit der Schnur
Wenn man das alles bedenkt, und dann noch weiß, dass die Blattschraube ja auch mal brechen
kann, sollte jeder Klarinettist auch in der Lage sein, ein Blatt aufzubinden (und sei es nur im
Notfall).
Am einfachsten ist das Binden auf Mundstücken, die dafür gedacht sind: Die haben eine
Riffelung, auf der die Schnur besser hält als auf glatten Oberflächen und einen Wulst, der den
Bereich begrenzt, auf den die Schnur gebunden wird. Die Schnur hält aber auch bei völlig
glatten Boehm-Mundstücken.
Das Prinzip ist bei allen Instrumentengroßen (von Es bis Kontrabassklarinette) gleich.
Unterschiedlich ist nur, wie weit man das Instrument vor dem Blattaufbinden zusammenbaut.
Wenn man eine kleine Klarinetten hat (B oder Es), baut man sie zum Aufbinden des Blatts
vollständig zusammen, weil man das Mundstück allein nicht gut halten kann. Wenn man das
Blatt auf eine Bassklarinette binden möchte, steckt man das Mundstück auf den Es-Bogen das kann man recht gut festhalten.
Die folgende Beschreibung geht von einem Rechtshänder aus. Die Bilder zeigen ein
Bassklarinettenmundstück, das ist größer und auf Fotos besser zu erkennen):
1. Klarinette komplett zusammenbauen, Mundstück schon draufsetzen, gerade ausrichten
2. Instrument so in die linke Hand nehmen, dass die Hand die Birne und den unteren
Mundstückteil umfasst. Der Daumen liegt auf der Bahn des Mundstücks. Der Zeigefinger liegt
ungefähr auf Höhe des Übergangs von Bahn zu Ausstich (also wo das Loch im Mundstück
endet) um das Mundstück geht. Die Hand bleibt dann die ganze Prozedur so am Instrument.
3. Das Blatt auf das Mundstück legen und mit dem linken Daumen in Position festhalten. Die
linke Hand muss so liegen, dass der Zeigefinger unten ums Mundstück herumgreift, wo die
Riffelung für die Schnur (wenn es die gibt) endet - das ist auch das Ende des Ausstichs am
Blatt. Der Daumen liegt so auf dem Blatt, dass er ein kleines Stück unter dem Bahnausstich
des Blattes liegt, also auf dem ungehobelten Teil des Blattes, da, wo gleich die Schnur
gewickelt wird:
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Blatt ausrichten
.. mit dem Daumen halten
4. Die Klarinette weiter mit der linken Hand halten und die Schnur unter dem
Klarinettenmundstück (also gegenüber vom Blatt) langführen. Das geht, wenn man die
Klarinette jetzt nur noch mit dem kleinen Finger hält, Ringfinger, Mittelfinger und Zeigefinger
kurz abspreizt, um die Schnur drunterzulegen. Das kurze Ende der Schnur hängt unter dem
Ringfinger nach unten heraus, das lange nach vorn. Der Daumen hält das Blatt weiterhin fest.
Jetzt zieht man die Schnur so weit, bis man den Knoten mit dem Ringfinger fühlt, also das
Ende der Schnur etwa unter dem Ende des Blattes liegt.
Schnur ans Mundstück
Schnur durchziehen
5. Jetzt wird das lange Ende der Schnur mit rechts gegriffen und einmal um das Mundstück
herumgewickelt, in einem sogenannten Festlegegang (beim Verband, beim Segeln oder
Bergsteigen nennt man das so) - das bedeutet, dass die Schnur, wenn man sie jetzt immer
weiter herum wickelt, eine Spirale bildet, die immer weiter von der Spitze der Klarinette weg
führt, und dabei sowohl die Schnur als auch das Blatt festwickelt.
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Erste Wicklung
Festlegegang
6. Es wird etwa so kräftig gewickelt, wie man seine Schuhe zubindet - gleichzeitig das Blatt
weiterhin mit dem Daumen festhalten - es soll ja nicht verrutschen. Beim Wickeln muss man
jetzt den Daumen mit jeder Wicklung einen guten Millimeter von der Spitze des
Instrumentes zurückziehen.
fest wickeln...
7. Wenn man die Schnur fast völlig aufgewickelt hat, sitzt das Blatt schon recht fest und kann so
gut wie nicht auf der Bahn hin- und herbewegt werden. Es bleiben jetzt noch 8 - 10 cm
Schnur, und man muss damit das Ende befestigen. Dazu brauchen wir eine Schlaufe; wir
bekommen sie, indem wir die letzte Wicklung über den Daumen machen, und den Daumen
herausziehen. Das lose Ende stecken wir unter der Schlaufe durch und ziehen es fest. Das
Ende "bekneift" sich jetzt, so dass es sich von selbst nicht mehr lösen kann.
letzte Windung - Schlaufe
Schlaufe
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Ende durchstecken
8. An diesem Ende löst man die Schnur nach dem Spielen wieder - ganz einfach. Nicht
vergessen, das Blatt dabei festzuhalten!
Wie findet man das optimale Mundstück für sich selbst?
Es gibt ein Dutzend renommierter Hersteller von Mundstücken, oft verkaufen auch die
Hersteller von Klarinetten eigene oder angepasste Mundstücke und darüber hinaus können
auch Holzinstrumentenbauer vor Ort Bahnen nachziehen.
Als Anfänger wird man erst einmal mit einer normalen Bahn und eine mittleren Bahnlänge
spielen - ein neues Instrument ist in der Regel auch damit ausgestattet. Sobald man genug
Erfahrung mit dem Instrument hat, kann man auch andere Mundstücke ausprobieren. Weil
sich schon aus der Kombination der oben beschriebenen Eigenschaften Bahnlänge, Bahnform
und Volumen der Kammer eine riesige Zahl an Möglichkeiten bietet (wenn es nur je 5
Ausprägungen gäbe, wären das 5 * 5 * 5, also 125 Typen - von nur einem Hersteller) ist das
nicht schnell getan.
Wer ein neues Mundstück kauft, kann das meistens ausprobieren. Viele Hersteller schicken
Kunden Mundstücke zur Ansicht. Die msus man dann möglichst über ein paar Stunden
ausprobieren. Bis man sich an das neue Mundstück etwas gewöhnt hat, dauert es einige Zeit man hat sich ja auf das bisherige Mundstück mit seinen Stärken und Problemen eingestellt.
Beim Experimentieren kann man natürlich aus einer Auswahl verschiedenster Mundstücke
wählen, aber wenn man mal etwas gefunden hat, das ganz gut passt, sollte man immer nur
noch eine Eigenschaft verändern, und nicht gleich mehrere.
Leider kann vor allem ein Anfänger nicht mit vielen verschiedenen Mundstücken
experimentieren - man braucht Erfahrung und muss eben schon eine Weile auf einem
Mundstück spielen, um damit zurecht zu kommen. Da ist man auf einen guten Lehrer
angewiesen.
Darüber hinaus verlangen verschiedene Bahnen auch verschiedene Blätter, und die hat man
natürlich auch nicht alle - man hat in der Regel Blätter, die für die gerade benutzte(n)
Bahn(en) passen.
Auch für einen fortgeschrittenen Klarinettisten ist es nicht sinnvoll, alle paar Wochen ein
neues Mundstück zu kaufen, man sollte aber doch ab und zu mal auf dem Mundstück eines
anderen Klarinettisten spielen und durchaus auch ein alternatives Mundstück kaufen und
ausprobieren.
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Instrument: Blatt
Das Blatt: Ein sensibler Schwingungserzeuger
Blatt (Bassklarinette)
Das Blatt und das Mundstück, auf dem es befestigt ist, ergeben zusammen den
Schwingungserzeuger der Klarinette. In Kombination sind sie der wichtigste und
individuellste Teil einer Klarinette.
Klarinetten haben ein einfaches Rohrblatt, genau wie Saxophone, und im Gegensatz zum
Doppelrohrblatt bei Oboe und Fagott (Vergleich).
Blätter sind Verbrauchsartikel - leider! Wir Klarinettisten müssen damit leben, dass man ein
Blatt erst aufwändig vorbereiten muss, und es dann nur begrenzte Zeit spielen kann. Und von
nichts hängt der Klarinettist so ab wie vom Zustand seines Blattes. Und dieser Zustand kann
sich leider schnell verändern.
Andere Musiker haben es da viel besser: Das Blechblasinstrumenten-Mundstück wird einmal
gekauft und hält dann Jahrzehnte. Man nimmt eine Trompete aus dem Koffer, steckt das
Mundstück drauf (macht es eventuell noch warm) und ohne große Umstände geht es sofort
los!
Inhalt
Material und Herstellung
Fiberreed, Carbon & Co
Die Rolle des Blatts bei der Tonerzeugung
Physische Anforderungen an Blätter
Stärkeklassen (Härte)
Kauf und Hersteller
Umgang mit Blättern
Links auf andere Kapitel
Bearbeiten von Blättern
Befestigen des Blatts auf dem Mundstück
Material und Herstellung
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Blätter sind nicht besonders teuer - um die 2 bis 3 Euro pro Stück, je nach Typ und
Instrument. Sie haben aber einen erheblichen Einfluss auf den Klang des Instruments und
damit den Spaß am Spielen. Ihre Qualität hängt stark von Material und Herstellung ab.
Nur wenige Klarinettisten sind glücklich mit den Blättern, mit denen sie gerade spielen, und
wenn das Instrument quietscht, wird die Schuld gern dem Blatt gegeben - meist ist da auch
was dran. Blätter verändern sich beim Spielen oder bei Temperatur- und Wetterumschwüngen, man schleift daran herum, bekommt sie halbwegs hin, und dann werden sie
mit der Zeit immer "leichter" oder "weicher", bis man sie nicht mehr benutzen kann. Sie
bekommen im Alter auch mal Risse oder die Spitze wellt sich. Sie sind eben das sensibelste
Teil an einer Klarinette. Da ist es hilfreich, möglichst gut Bescheid zu wissen.
Das natürliche Blatt - Arundo Donax
Arundo Donax
Das klassische Blatt wird aus dem Rohr eines Schilfgrases gewonnen, dem Arundo Donax. Es
kommt vor allem am Mittelmeer vor und wird dort - vor allem in Südfrankreich - in großem
Stil für Instrumentenblätter angebaut. Mittlerweile gibt es solche Farmen auch in
Lateinamerika. Die Pflanze ist Bambus recht ähnlich. Das Rohr wächst in einem Jahr zur
vollen Größe, immerhin etwa 3 Meter hoch, man lässt es dann noch etwas stehen. Die
anfänglich grünen Triebe verholzen schnell und werden dann gelb und hart.
Wenn man das geschnittene Rohr nach der Ernte an der Luft in offenen Lagerhallen um die 2
Jahre lagert, wird es etwa so hart wie Bambus.
Schnitt durch Blatt
Im Inneren ist das Rohrholz aus langen, parallel zueinander liegenden hohlen Blattfasern
aufgebaut, die miteinander verklebt sind. Das macht die elastischen Eigenschaften der Pflanze
und später des Blattes aus. Wenn das Holz abgelagert wird, trocknet dieser Verbund aus und
wird sehr hart. Man kann diese hohlen Fasern gut im Mikroskop erkennen. Das Bild links
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zeigt den Querschnitt. Am Ausstich eines Blattes sieht man die Enden der einzelnen Fasern
schon mit bloßem Auge.
Aus dem Rohr schneidet man (maschinell) rechteckige flache Stücke Holz, für B-Klarinetten
etwa 7cm * 1cm * 0,4cm. Bei den anderen Klarinetten wird es entsprechend größer oder
kleiner.
Blatt (Bassklarinette) von Seite: zeigt den Ausstich
Das Stück wird an der Unterseite maschinell völlig eben gehobelt und geschliffen. An der
Oberseite wird es zu einem Ende hin abgeflacht, so dass es nur noch 0,08 mm dick ist. Die
Toleranzen dieser Maschinen sind extrem gering (4/1000 mm). Weil das Blatt aber ein Teil
einer Pflanze war, die in der Natur gewachsen ist und zum Beispiel eine Sonnen- und eine
Schattenseite hatte, manchmal auch mehr oder weniger feucht stand, sind keine zwei Blätter
gleich, obwohl die Abmessungen identisch sind.
Mechanische Kopie oder CNC-Fräse - wie der Ausstich entsteht
Traditionelle Hobelmaschinen haben auf der einen Seite einen Abtaster, der über eine
metallene Blattform als Schablone gleitet, auf der anderen Seite überträgt ein Hobel oder eine
Fräse die Form der Schablone auf das Blattholz. Es entstehen Rohlinge - sehr genaue Kopien
der Vorlage. Um eine andere Blattform herzustellen, muss man die Vorlage wechseln.
Moderne computergesteurte Maschinen (CNC-Maschinen) haben die Vorlage als digitales
Modell gespeichert - der Rechner steuert die Bewegung der Fräse. Sie könnten praktisch jede
Form erzeugen, die man programmiert, also auch jedes Blatt anders, wenn man möchte. Mit
dem Einsatz dieser Maschinen könnte also theoretisch schon heute jeder Klarinettist seine für
ihn individuell optimierten Blätter preiswert herstellen lassen. Der Artikel in MZL beschreibt
das im Detail. Praktisch scheitert das aber noch an der Menge an möglichen Kombinationen
der Übertragung der Profile und der Logistik - denn dann muss der Hersteller für jeden
Kunden die Packung individuell adressieren.
Je nachdem, welche Kurve der Ausstich, also die gehobelte Abflachung hat - also wie stark
das Blatt an den einzelnen Stellen ist - und wie elastisch und hart das Material ist, hat das
Blatt bestimmte Klangeigenschaften. Es wird ausprobiert (automatisiert oder von Hand) und
dann nach bestimmten Stärken sortiert und verkauft.
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Kunststoffblätter: Fiberreed, Carbon und ähnliche Entwicklungen
Schon seit langem gibt es Experimente mit verschiedenen Materialien, um die sensiblen,
natürlich gewachsenen Blätter durch zuverlässigere, technisch hergestellte zu ersetzen. Die
sollen die immer gleichem Ansprech-Eigenschaften und möglichst einen nimmermüdem
Klang bekommen. Experimente mit Plexiglas und ähnlichen Stoffen schlugen fehl, weil die
Schwingungseigenschaften dieser Materialien nicht annähernd dem entsprachen, was man
sich erhoffte.
In den letzten Jahren gibt es hier deutliche Fortschritte durch Verbundstoffe; vor allem aus
Kohlefasern, die durch Kunstharze verleimt und dann verbacken werden Kohlefaserverstärkte Kunststoffe. Aus diesen Materialien sind zum Beispiel auch
Flugzeugteile, Surfbrettmasten und Rennradrahmen.
Durch die Möglichkeit, hohle Carbonfasern zu verwenden, die von ihrer Struktur her den
Holzfasern im Blatt ähneln, hat zum Beispiel Harry Hartmann mit Fiberreed vor einigen
Jahren ein bereits ziemlich brauchbares Blatt hergestellt. Ich habe mir damals aus Neugier so
ein Blatt für die Bassklarinette gekauft. Für meinen Geschmack sprach es nicht wirklich gut
im Pianissimo an und war immer noch viel zu glatt an der Oberfläche. Ähnlich wie ein etwas
schweres, nicht gut eingespieltes Blatt. Aber es war schon beeindruckend, wie gut es im
Vergleich zu anderen Kunststoffblättern war.
Eine Zwischenform sind Plastic-Cover Blätter: hier wird ein traditionelles Blatt mit einer sehr
dünnen Kunststoffschicht überzogen. Die Idee ist, das Holz durch eine Beschichtung vor der
Flüssigkeit zu schützen und es länger haltbar zu machen. Ich habe keine Erfahrung mit dieser
Lösung, sie ist in Deutschland auch nicht besonders verbreitet.
Man kann erwarten, dass die modernen Kunststoffblätter sich erst einmal im
Musikschulbetrieb und der Popmusik (vor allem auf Saxophonen) etablieren, immer bessere
Produkte auf den Markt kommen und sie vielleicht irgendwann einmal eine gleichwertige
Alternative sind.
Die Rolle des Blatts bei der Tonerzeugung
Das Blatt wird am Mundstück der Klarinette befestigt, so dass nur noch ein ganz schmaler
Spalt zwischen Blatt und Mundstück offen bleibt. Umschließt man das Mundstück und das
Blatt der Klarinette mit den Lippen und bläst hinein, entsteht ein Ton. Genaugenommen wirkt
das Blatt zusammen mit dem Mundstück wie ein Ventil, das sich öffnet und schließt: Die Luft
drückt das Blatt gegen die Öffnung des Mundstücks, so dass der Luftstrom unterbrochen wird.
Weil das Blatt elastisch ist, schwingt es sofort zurück und gibt die Öffnung wieder frei. Sofort
strömt die Luft wieder hinein, das Blatt wird wieder gegen die Öffnung gedrückt und so
weiter. Das passiert zwischen hundert bis hin zu ein paar tausend Mal pro Sekunde. Es
entsteht eine gepulste Luftsäule in der Klarinette. Deren Schwingung hören wir als Töne.
Detaillierter ist das Entstehen des Tons hier beschrieben.
Physische Anforderungen an Blätter
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Blatt im Gegenlicht
Damit das Blatt die schnellen Schwingungen gut mitmacht, muss es am vorderen Ende extrem
dünn sein, typisch sind 0,08 mm. Dabei muss es aber auch ausreichend fest und elastisch sein,
auf beiden Seiten praktisch völlig gleiche Schwingungseigenschaften haben und sich unter
den extremen Bedingungen des Schwingens auch nicht verändern. Schnell vergisst man, dass
es sich eigentlich um einen Stück Schilfrohr handelt. Sobald das Blatt im Mund ist, wird es ja
auch feucht und darüber hinaus auch noch um 30 -36 °Celsius warm. Das sind keine guten
Bedingungen für Holz. Wenn man das alles bedenkt, ist jedes funktionierende Blatt ein
kleines Wunder.
Die Regionen des Blattes
Blatt: Regionen
Den gesamten abgehobelten Bereich nennt man Ausstich.
Die Farben zeigen in etwa Bereiche gleicher Stärke (wie bei Höhenlinien).
Die Blattspitze (weiß) ist die dünnste und sensibelste Region, sie ist für hohe Schwingungen
und die Ansprache des Blattes verantwortlich.
Den schwarz umrandeten Bereich nennt man Blattherz.
Die Seiten oder Flanken neben dem Herz sind wichtig für die Balance.
Den Bereich unterhalb des Herzens nennt man Schulter,
hier ist das Blatt sehr dick und schwingt praktisch nicht.
Den unbearbeiteten Bereich nennt man Schaft oder Rücken.
Die Sägefläche am unteren Ende nennt man Sohle-Schnitt.
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Stärkeklassen (Härte)
Für die Stärke oder Härte werden zwei Begriffspaare benutzt:
Ein Blatt ist schwer / hart oder leicht beziehungsweise weich.
Im Englischen spricht man vor allem von "hard" und "soft".
Gemeint ist damit die Ansprachefähigkeit bzw. die Leichtigkeit, mit der ein Blatt schwingt.
Verbunden ist mit der leichten Ansprache ein stärkeres Schwingen und mit schwererer
Ansprache ein weniger ausgeprägtes Schwingen. Natürlich hat das vor allem mit der Form
des Ausstiches, insbesondere mit der Stärke bzw. Dicke des Blattes im vorderen Bereich an
der der Spitze und dessen Länge zu tun: Ein ganz dickes "Brett" oder ein Blatt mit einer sehr
kurzen Spitze schwingt eben so gut wie gar nicht, und einem ganz dünnen Blatt fehlt die
Elastizität; es biegt sich nicht zurück. Irgendwo dazwischen liegt ein brauchbarer
Kompromiss.
Je nach Hersteller bekommen die verschiedenen Blattstärken unterschiedliche
Bezeichnungen. Typisch sind Zahlen wie 1 - 5, zum Teil in ½ - Schritten, also 1, 1½, 2, 2½
und so weiter bis 5. Dabei ist 1 am leichtesten und 5 am schwersten. Bei einem normalen
Mundstück und durchschnittlicher Lippenfitness wird ein klassischer Klarinettist in der Regel
mit 2½ oder 3 spielen.
Die Übergänge der Stärkeklassen sind fließend, und von Blatt zu Blatt gibt es auch noch
natürliche Schwankungen. Bei industrieller Massenfertigung (wie z.B. bei Vandoren) sind die
Unterschiede nur noch gering, das gilt umso mehr bei kleineren Anbietern (wie "sinus" oder
Alexander Willscher), wo jedes Blatt vom Hersteller ausprobiert und korrigiert wurde - das
steht dann auch auf der Packung und macht die Blätter natürlich teurer.
Ein ganz neues Blatt erscheint - so lange es noch nicht eingespielt ist - immer etwas schwer.
Das liegt daran, dass die langen Fasern beim neuen Blatt noch sehr stark mit einander verklebt
sind, und dieser Klebstoff (vor allem Lignin) noch trocken ist. Wenn das Blatt feucht wird
und beim Spielen stark schwingt, lösen sich zuerst die weniger festen "Verklebungen", die
man sich eher wie Kitt zwischen den Fasern vorstellen muss. Die Fasern - und damit das Blatt
- können sich dann leichter bewegen. Mit der Zeit werden auch die haltbareren Verbindungen
durch die Dauerbelastung der Schwingungen und durch die Enzyme im Speichel angegriffen.
Das Blatt wird langsam aber unaufhaltsam weicher, bis es nicht mehr ausreichend schwingt.
Dann wird es Zeit, das Blatt wegzuwerfen.
Leichte oder weiche Blätter (kleiner 2)
Anfänger nehmen für den Anfang erst mal etwas leichtere Blätter, 2 oder leichter, weil sie
dann leichter einen vernünftigen Ton aus dem Instrument herausbekommen.
Leichte Blätter fangen leicht an zu schwingen und schwingen dann auch stark - sie eignen
sich also für sehr leise Töne, und es ist wesentlich weniger anstrengend, lange drauf zu
spielen als auf schweren Blättern, bei denen man schnell einen Wangenmuskelkater bekommt.
Der Ton ist auch leichter anzupassen - also zu korrigieren, und Glissando geht wesentlich
einfacher.
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Dafür quietscht ein leichtes Blatt schneller, und weil es stark schwingt, kommt es beim
Fortissimo schon vor, dass es beim Abwärtsschwingen auf die Bahnflanken aufschlägt. Das
äußert sich in einem eher scharfen, schreienden Ton (die ansonsten runden Sinuswellen sind
an einer Seite einfach abgehackt).
Man nimmt eher leichtere Blätter, wenn man wie folgt spielen möchte:





eher leise, vor allem mit leisem Einsetzen
in einem kleineren Ensemble, aber nicht wirklich solo
schnelle Läufe oder Staccato, Glissando
längere Spielzeit - zum Beispiel Bierzeltmucke!
oder wenn Dein Ansatz gerade schlecht ist - also wenn man direkt nach einer langen
Urlaubsreise zum ersten Mal wieder in eine Probe geht ;-)
Schwere oder harte Blätter (größer 3)
Auf schweren Blättern einen Ton zu erzeugen ist schwieriger als auf leichten, weil ihr
schwingender Bereich dicker ist, damit nicht so biegsam und deshalb nicht so schnell anfängt
zu schwingen.
Es fällt vor allem nicht so leicht, leise einzusetzen. Schwere Blätter rauschen verhältnismäßig
stark, weil die Spitze sich nur sehr wenig bewegt, und so der Spalt zwischen Blatt und
Mundstückbahn immer relativ weit offen bleibt.
Vorteil von schweren Blättern ist aber, dass ein schweres Blatt so gut wie nie beim
Schwingen mit der Spitze auf die Bahn aufschlägt. Die Spitze schwerer Blätter tendiert kaum
dazu, unkontrolliert zu flattern oder auf einer Seite anders als auf der anderen zu schwingen,
was zum Quietschen führen würde. Man kann also mit schweren Blättern gut sehr laut
spielen, ohne das der Ton anfängt zu kreischen.
Wenn es um folgendes geht, sollte man eher schwere Blätter nehmen:




man muss eher laut spielen (aber nicht so lang - sonst gibt es Muskelkater!)
man spielt in einem großen Ensemble (da hört man - schon allein wegen der Entfernung
Spieler zum Zuhörer - kein Rauschen)
es gibt keine Artistik - also keine schnellen Läufe, Staccato oder schwierige Bindungen
insgesamt ist die Spielzeit kurz (deutlich unter einer Stunde, keine endlosen Passagen)
Blätter mittlerer Schwere/Härte (zwischen 2 und 3)
Wenn es auf ausgewogene Eigenschaften ankommt, also einen schönen Ton und weite
Dynamik, weil man z.B. ein Solo spielt, leise einsetzen muss, es aber nicht quietschen darf,
braucht man ein mittleres Blatt.
Grundsätzlich sollte ein Spieler mit mehr Erfahrung versuchen, langsam mit schwereren
Blättern (etwa 3 oder 3½) klarzukommen - natürlich gibt es einen Trainingseffekt für Lippen
und Wangenmuskeln. Wenn man eine Stunde locker damit klarkommt, ist ein etwas
schwereres Blatt auch für einen Amateur vorteilhaft. Man muss es natürlich auch nicht
übertreiben und "Bretter" spielen.
Seite 17
Und mit der Zeit werden Blätter beim Spielen ohnehin weicher und leichter. Typischerweise
ist ein sehr altes Blatt eine ganze Stärke leichter als ein gerade eingespieltes. Man muss also
regelmäßig immer wieder neue Blätter verwenden - möglichst alle paar Wochen ein neues
Blatt einspielen, dann hat man auch immer eine genügende Auswahl verfügbar, wenn mal
eins kaputtgeht.
Kauf und Hersteller
Es gibt dutzende von Herstellern, die zum Teil lokal in Deutschland - wie Willscher, Steuer oder auch international etabliert sind, wie vanDoren oder Rico. Normalerweise werden Blätter
in Packungen zu 5 oder 10 Stück verkauft, im Musikladen manchmal auch einzeln. Je nach
Hersteller muss man damit rechnen, dass man bei zehn Blättern in der Schachtel mit 2 bis 5
nicht ohne weiteres zurechtkommt.
Natürlich kann man Blätter, auch wenn man sie einzeln im Geschäft kauft, nicht ausprobieren,
aber einigen kann man schon von Farbe und Maserung oder Faserverlauf ansehen, dass sie
nichts taugen - wenn man einzelne kauft, muss man die ja nicht nehmen. Der Verkäufer ist
davon sicher nicht begeistert, und je nach Sitten vor Ort und Bekanntheitsgrad wird er
versuchen, das abzulehnen... Und wenn man eine Packung kauft, geht das auch nicht. In
letzter Zeit kommen Blätter auch in der Packung immer öfter in einer Folie eingeschweisst ähnlich wie Müsliriegel. Das verhindert natürlich ein völliges Austrocken, aber andererseits
sieht man auch erst bei Öffnen, was man bekommt.
Umgang mit Blättern
Es gibt fast so viele Ansichten zum Umgang mit Blättern wie es Klarinettisten gibt, und oft
genug widersprechen sich diese Ansichten auch noch. Zumindest herrscht weitgehend
Einigkeit darin, dass man Blätter "einblasen" sollte, also zu Beginn - auf einem neuen Blatt nicht mehr als 15 Minuten am Stück spielt. Das mag sich merkwürdig anhören, aber die
meisten erfahrenen Klarinettisten machen das so, und weil Blätter am Anfang auch etwas
schwer sind, schadet es nicht.
Ich finde darüberhinaus sehr interessant, was die Oboisten mit ihren Rohren machen schließlich sind die aus dem gleichen Material, aber deutlich empfindlicher und teurer. Blätter
und Rohre müssen vor dem Spielen zumindest in der Spitze völlig feucht sein, sonst kann
man nicht darauf spielen. Wir Klarinettisten feuchten unsere Blätter meist mit Spucke an, wir
nehmen sie einfach in den Mund. Die meisten Oboisten nehmen Leitungswasser. Sie haben
dafür auch eine plausible Begründung:
"Blätter bestehen aus Zellulosestruktur. Wie ein Schwamm sind sie im trockenen Zustand porös und
absorbieren Wasser. Genau wie ein Schwamm nicht trocken wischt, funktionieren sie nicht, wenn sie
trocken sind. Deshalb müssen sie angefeuchtet werden. Dazu sollte man Leitungswasser benutzen,
nicht Spucke. Speichel enthält Enzyme, die die Proteine in der Zellulose des Blattes anlösen können.
Das führt dazu, dass die Elastizität des Blattes schnell nachlässt. Wenn sich das Blatt erst mit
Leitungswasser vollgesogen hat, kann man es ruhig in den Mund nehmen, dann dringt nicht mehr so
viel Spucke in die Blattstruktur hinein."
(Zitiert nach: http://www.doublereeds.com/some_thoughts...)
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Natürlich sind Klarinettenblätter nicht so sensibel und viel preisgünstier als Oboenrohre, aber
was die Lebensdauer eines Oboenrohrs erhöht, schadet dem Klarinettenblatt sicher nicht. Und
der Aufwand ist gering: Oboisten haben immer ein kleines Wasserglas dabei, zum Beispiel
diese kleinen Olivengläser mit Schraubdeckel - die sind etwa 12 cm hoch und 4 cm dick, man
kann sie wirklich dicht verschließen und ab und zu auch richtig sauber machen. Von FotoFilmdosen hat ein Leser aus Wien abgeraten wegen der Film-Chemiereste darin... Das Glas
kann man schon voll zur Probe oder Konzert mitbringen oder am Waschbecken der Toilette
füllen und dann seine Blätter überall darin anfeuchten. Wenn man spielt, macht man das Glas
besser zu, so dass es beim Umkippen keine Sauerei gibt!
Lagerung und Transport
Blätter-Behälter
Grundsätzlich sollte man seine Blätter schonend behandeln und nach dem Spielen in
Blätterkästen aufbewahren. Dann sind sie vor den übelsten Einflüssen geschützt und können
keien Wellen schlagen, das heißt: die dünne Spitze trocknet nicht flach aus, sondern in
Querrichtung gewellt - so wie nass gewordene Buchseiten. Die abgebildeten Behälter sind
vergleichsweise preiswert, praktisch und haben sich bewährt. Sie sind übrigens ein prima
Geschenk für Klarinettisten, die noch immer Blätter in den Pappkartons der Hersteller
transportieren!
Lohnt es sich, unfertige Blätter (Rohlinge) zu kaufen?
Die meisten Amateurklarinettisten kaufen Blätter - spielfertig aus der Packung und in ihrer
Stärke vorsortiert. Rohlinge sind grob vorgehobelte Blattabschnitte mit glatter Unterseite und
"grobem" Ausstich. An denen muss man in der Regel noch eine Menge machen. Sie kosten
dafür wesentlich weniger als Blätter - aber sie kommen in 100-Stück-Kartons. Der
Zeitaufwand und die nötige Erfahrung, sie spielfertig zu machen, ist erheblich. Rohlinge zu
kaufen und zu bearbeiten lohnt sich nur, wenn man einen erheblichen Verbrauch hat und das
Blätterbauen (oder genauer: das Überarbeiten) ernsthaft betreiben will. Das gilt auch für die
Investition in präzise Kopier-Hobel- und -schleifmaschinen, Stärkemessgeräte und die übrige
handwerkliche Ausstattungen. Für Oboisten und Fagottisten ist das ja eher normal, aber deren
Rohre kosten - wenn man sie fertig kaufen wollte - auch ein Vielfaches gegenüber dem
Klarinettenblatt und sie müssen selbst dann meist noch angepasst werden.
Ausprobieren von Blättern
Bevor man ein Blatt ausprobiert, sollte man sicher sein, dass die Klarinette völlig in Ordnung
ist, vor allem die Klappen völlig decken und keine Luft irgendwo entweicht, weil sonst
Zischen, Quietschen und andere Probleme auftreten können, die aber nichts mit dem Blatt zu
tun haben. Wie man das sicherstellt, steht im Kapitel Wartung.
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Wenn man ein neues Blatt aus dem Karton nimmt, ist es ausgetrocknet. Trockene Blätter
gehen nicht, deshalb muss man es erst einmal anfeuchten - man hält sie unter den Wasserhahn
oder legt sie in ein Glas mit Leitungswasser (Marmeladengläser sind gut, weil man sie
zuschrauben kann!). Es braucht etwa 3-5 Minuten, bis die Spitze auch im Inneren feucht ist.
Dann sieht man sich die Blattunterseite an: Sie muss jetzt völlig eben sein. Am besten legt
man das Blatt dazu auf eine kleine Glas- oder Plexiglasplatte. Die Blattspitze muss flach
aufliegen und darf keine Wellen bilden. Man bindet oder schraubt das Blatt auf das
Instrument und probiert es aus:
Zuerst die tiefe Lage und das g'". Beides sollte gut gehen (auch im piano ohne viel Rauschen).
Dann prüfen, ob beide Seiten gleichmäßig sind - dazu hält man einen Ton aus und dreht die
Klarinette im Mund hin und her. Das hindert einmal die linke Seite, einmal die rechte Seite
des Blattes am Schwingen. Unterschiede sind so leicht zu erkennen.
Dann testet man ein paar problematische Bindungen. Klappt alles? Prima!
Gibt es Probleme? Dann lass das Blatt noch mal im Wasser liegen, und probier es später
wieder. Wenn das nichts ändert, geht das Bearbeiten los.
Gibst Du Blättern einen Namen!?
Vielleicht muss man seinen Blättern keine Namen geben, aber die meisten ernsthaften
Klarinettisten machen sich Notizen auf dem Blatt, sobald sie sich sicher sind, wie das Blatt ist
- und um sie unterscheiden zu können. Wenn man viele Blätter hat, kann man die schnell
verwechseln. Gerade makellose Blätter sehen fast gleich aus. Und welches war denn noch
das, was gerade leicht genug war, um die zwei Stunden Konzert gut durchzuhalten? Ein
wischfester Folienschreiber (CD/DVD-Marker) schreibt gut auf dem nicht gehobelten
Blattrücken, wo man das Blatt auch nicht verletzt - und diese Stelle sieht man auch im
Blätterkasten.
Bearbeiten von Blättern
Wie man Blätter bearbeitet (leichter machen, schwerer machen, Seiten ausgleichen,
Quietscher bekämpfen) ist in einem eigenen Kapitel beschrieben: Bearbeiten von Blättern
Instrument: Die Bohrung
Die Bohrung "ist das Instrument" (fast)
Die Bohrung wird vom Klarinettisten meist wenig beachtet, obwohl sie der Teil der Klarinette
ist, der klingt - oder viel mehr: Es ist die Luftsäule in der Bohrung, die schwingt, damit
Druckwellen in der Umgebungsluft erzeugt und folglich für den Zuhörer klingt. Das
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Mundstück mit dem Blatt erzeugt "nur" die Schwingung der Luftsäule. Die Luftsäule wird
durch die Bohrung, also den Hohlraum im Instrument, begrenzt und gebildet.
Zumindest in der herrschenden Theorie kommt es für den Klang einer Klarinette vor allem
auf die Eigenschaften der Bohrung an, also in erster Linie auf deren Form und Oberfläche.
Und viel weniger auf das Material der Klarinette, den Korpus, die Klappen und Polster.
Deshalb können Klarinetten eigentlich aus jedem beliebigen Material gebaut werden (und
werden es auch). Wichtig ist nur, dass die Bohrung zylindrisch und die Oberfläche innen glatt
ist. Wer das bezweifelt, sollte sich einmal dieses Video ansehen. Praktisch gibt es dann
aber natürlich doch Einflüsse außerhalb der Bohrung. Streng genommen sind das dann aber
"nur" Materialresonanzen oder Dämpfungen. Doch die können dann den Unterschied
zwischen einem guten und einem hervorragenden Instrument ausmachen.
Eigenschaften der Bohrung: Vor allem zylindrisch
Zylinder / Kegel
Die Bohrung der Klarinette ist zylindrisch, das heißt, dass sie über die volle Länge des
Instruments den gleichen Durchmesser hat. Nur ganz oben, im vorderen Teil des Mundstücks
ist sie enger und ganz unten, beginnend kurz über der Stürze (dem trichterförmigen unteren
Teil), wird sie weiter, um dann in der Stürze selbst kegelförmig zu werden.
Der Durchmesser der Bohrung misst bei B-Klarinetten um 15 mm (je nach System und
Hersteller 14,6 - 15,2). Mundstücke müssen natürlich dazu passend gebaut werden.
Dabei ist die zylindrische Form beim deutschen System weit strenger durchgehalten als beim
Boehmsystem (ein Systemvergleich findet sich hier). Die Bohrung des französischen Modells
ist zwar auch grundsätzlich zylindrisch, hat aber oft Erweiterungen innerhalb der Bohrung.
Damit versuchen die Klarinettenbauer, Probleme der Intonation und Ansprache in den Griff
zu bekommen.
Stark vereinfacht kann man sagen: Eine Erweiterung der Bohrung wirkt wie eine Verkürzung,
macht also den Ton höher, und eine Verengung wie eine Verlängerung, macht also den Ton
tiefer.
Die zylindrische Form der Bohrung hat einen erheblichen Einfluss auf die schwingende
Luftsäule, vor allem auf das Reflexionsverhalten der schwingenden Druckwellen und damit
auf den Klang des Instruments. Der Zusammenhang und die Auswirkungen werden im
Kapitel Klang erläutert. Die Klarinette gehört - wie zum Beispiel auch Flöte und Orgel - zur
Gruppe der Pfeifen, die alle im Wesentlichen zylindrisch sind.
Die meisten anderen Blasinstrumente haben dagegen eine kegelförmige Bohrung, die vom
Mundstück bis zum Schalltrichter immer weiter wird - das gilt für Oboe, Fagott und die
meisten Blechblasinstrumente.
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Was wäre eine Klarinette mit kegelförmiger Bohrung?
Natürlich sind schon viele auf die Idee gekommen, das Mundstück einer Klarinette auf einen
kegelförmiges Instrumentenkorpus zu setzen. Im Ergebnis sieht das dann aus wie eine sehr
dicke Oboe - es ist am Mundstück etwa so stark wie eine Klarinette, und weil es
trichterförmig ist, wird es noch deutlich breiter.
Das Instrument hat akustisch andere Eigenschaften als eine Klarinette: Es würde beim Öffnen
der Überblasklappe in die Oktave springen - nicht so wie die Klarinette, die dabei in den
zwölften Ton springt. Und das Instrument wäre bei gleicher Länge eine Oktave höher als eine
Klarinette, daneben auch ordentlich laut. Das kann jeder mithilfe eines Klarinettenmundstücks
und einer Papierrolle mit ein paar interessanten Experimenten ausprobieren.
Kurz: mit kegelförmiger Bohrung ist es keine Klarinette mehr, sondern ein Saxophon. Adolph
Sax hat die ersten kommerziell erfolgreichen Typen dieses Instruments gebaut.
Praktische Kompromisse
Bohrung - Oberstück
Tatsächlich schwingen Druckwellen innerhalb der Bohrung hin und zurück (Details sind im
Kapitel Klang beschrieben). Idealerweise ist die Bohrung deshalb innen völlig glatt, und
natürlich darf kein Spalt oder keine Versetzung zwischen Mundstück, Birne, Oberstück,
Unterstück und Stürze entstehen. Steckt man die Teile zusammen und sieht gegen ein Licht
hindurch, sollte man ein einziges, völlig glattes, glänzendes Rohr sehen, durch das die Luft
ohne Widerstand und daher ohne Wirbel strömen kann. Aber natürlich ist das nicht ganz so da sind zum einen die Tonlöcher, die die Wand unterbrechen und so Wirbel erzeugen. Dann
haben viele Klarinetten an der "Oktav"- oder B-Klappe ein Röhrchen, das in die Bohrung
hineinragt, und die frei schwingende Luftsäule stört. Dieses Röhrchen ist nötig, weil dieses
Tonloch bei der traditionellen Bauweise vor dem Daumen auf der Rückseite (und damit beim
Spielen an der Unterseite) des Instruments liegt. Alle anderen Tonlöcher liegen mehr oder
weniger an der Oberseite. Das Röhrchen verhindert, dass Kondenswasser und Spucke in das
Tonloch laufen und gurgelnde und blubbernde Töne erzeugt. Gleichzeitig stört es den
Luftstrom (und oft verfängt sich der Wischer daran). Deshalb haben neure
Instrumentendesigns eine Umgreifklappe (wrap around key), die ein Tonloch auf der
Vorderseite ermöglicht, aber die Klappe an der üblichen Stelle läßt.
Natürlich hat es auch Auswirkungen, wenn man die Birne zum Stimmen herauszieht - dann
entsteht ein kreisrunder Spalt im Rohr. Ob man das hört? Wenn Du selbst Klarinette spielst,
probier es mal aus!
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Probleme mit Feuchtigkeit in der Bohrung - Ölen
Die Bohrung ist also ein zylindrisches gebohrtes und poliertes Loch - meistens in Holz - in
der die Luftsäule schwingt, wodurch hörbare Klarinettentöne entstehen. Leider wirken eine
Menge Effekte auf die Bohrung ein: Die etwa 30°C warme und sehr feuchte Atemluft gerät in
die am Anfang noch recht kalte Bohrung, zum Teil noch mit einem feinen Speichelnebel
versetzt. Der schlägt sich im oberen Teil der Bohrung nieder. Der obere Teil erwärmt sich
rasch, der untere langsamer. Es bilden sich kleine Kondenswassertropfen innen, die größer
werden und dann das Rohr hinab laufen. Manchmal bilden sich nur Wasserperlen, manchmal
kleine Bäche. Deshalb ist es wichtig, dass die Klarinette, wenn sie diese Tendenz hat,
regelmäßig - zum Beispiel auch in der Pause eines Konzerts - durchgewischt wird. Das
verhindert, dass sich diese kleinen Bäche bilden, die natürlich auch in die Tonlöcher fließen,
wo sie dann beim Öffnen gurgelnde Geräusche verursachen können.
Feuchtigkeit und schwankende Wärmeeinwirkung ist natürlich Gift für Holz. Um es dagegen
zu imprägnieren, werden die roh vorbereiteten Teile vom Instrumentenbauer - nachdem sie
fertig gebohrt sind - geölt. Das Öl dringt in das Holz ein und sorgt dafür, dass es
wasserabweisend wird. Gelegentlich sollte man das Instrument ölen oder ölen lassen, wobei
man natürlich - wenn man es selbst macht - darauf achten muss, dass nicht ein Öl/StaubGemisch in den Tonlöchern landet. Worauf es beim Ölen generell ankommt, schrieb Martin
Schöttle in einem interessanten Artikel für die Zeitschrift rohrblatt.
Stark zusammengefasst: Das Öl dringt in die Poren des Holzes ein, verharzt dort (es wird fest)
und verschließt damit die Oberfläche gegen Feuchtigkeit. Man verwendet deshalb Öle, die an
der Luft unter Sauerstoffeinfluss fest werden. Das sind natürliche Pflanzenöle wie z.B. Hanfoder Leinsamenöl. Damit diese Öle in die feinen Poren überhaupt einziehen können, mischt
man sie mit leicht flüchtigen Substanzen (z.B. Zitrusterpen).
Mineralöle und synthetischen Öle, mit denen man Mechanik schmiert wie Nähmaschinenöl
oder Ballistol bleiben im Gegensatz dazu sehr lange flüssig. Sie sind deshalb als Schmierstoff
für die Klappenmechanik gut geeignet, aber für die Holzpflege unbrauchbar. Billiges
"Blockflötenöl" ist oft aus solchen Ölen. Deshalb läßt man besser die Finger davon.
Verschiedene Werkstätten (z.B. Clarissono) verkaufen und versenden für ein paar Instrumente
ausreichende Mengen - eine geöffnete Flasche muss man ohnehin sofort verbrauchen, deshalb
lohnt sich auch das selbst Mixen praktisch nicht.
Wischer
Es empfiehlt sich, zum Auswischen einen Lederwischer zu verwenden: Ein dreieckiges Stück
Fensterleder, das an einem Lederband zum Durchziehen angenäht ist. Das Ende der Kordel ist
mit eingenähten Gewichten beschwert, damit es besser durch die Klarinette rutscht. Solange
er noch einigermaßen neu ist, gibt der Wischer immer auch eine geringe Ölmenge in das
Instrument.
Bei Stoffwischern muss man darauf achten, dass sie völlig fusselfrei sind, und nicht aus
hartem Material wie Seide, weil sie sonst einen starken Schleifeffekt haben. Wenn man ein
paar tausend Mal mit solchen Wischern ein Instrument durchzieht, hat das den gleichen Effekt
wie feines Schleifpapier: Die Bohrung im Zapfen wird innen weiter. Deshalb vor allem den
Wischer gerade nach unten durch das Instrument ziehen.
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Die einem Flaschenputzer ähnlichen Stabwischer - vor allem die billigen Versionen, die die
Händler in die Instrumentenkoffer legen - sind eher nicht so gut geeignet. Wenn sie altern,
wird das Material spröder, sie hinterlassen Fusseln im Instrument, und im schlimmeren Fall
erzeugen sie Kratzer: Im Inneren haben sie eine gedrehte Drahtseele, die - wenn das
Werkzeug immer weniger flauschig wird - wie eine Raspel wirkt. Spätestens dann muss man
das Teil unbedingt wegwerfen!
Instrument: Klappen und Tonlöcher
Funktion der Klappen: Tonlöcher schließen
Wenn man eine moderne Klarinette mit einer (Sopran-)Blockflöte vergleicht, fällt
als erster Unterschied - neben der Größe und der Farbe des Holzes - das
Klappensystem der Klarinette auf. Die Klappen der Klarinette sollen die gleiche
Funktion übernehmen, die die Finger bei der Blockflöte haben: Tonlöcher zu
schließen und zu öffnen.
Das moderne Klappensystem sieht ziemlich komplizert aus und das ist es auch.
Kurze und lange Hebel, Blöcke, Achsen und und Röhrchen bewegen kurze und
lange Klappen, an deren Ende sich Polster befinden.
Für Laien erscheint das ganze sehr unübersichtlich. Auch wir Spieler könnten oft
nicht spontan sagen, welche Klappen bei einem bestimmten Ton auf- oder zugehen
müssten - wir haben die Töne zu "greifen" gelernt und machen es jetzt, ohne
nachzudenken.
Klappen sind bei der Klarinette aber nicht nur notwendig, um komplizierte
Passagen zu spielen - das kann man ja mit einer Blockflöte auch, ohne jede
Klappe. Dieser Artikel erklärt, warum es ohne Klappen gar keine Klarinette geben
kann.
Inhalt
Tonlöcher - zu weit weg und zu groß für bloße Finger
Warum wird der Ton beim Öffnen eines Tonlochs höher?
Klarinetten haben mehr Tonlöcher als andere Blasinstrumente
Höheres Register spielen: Überblasen mit Überblasklappe
1. Methode für Halbtonschritte: Gabelgriffe
Töne senken durch "Abdecken"
2. Methode für Halbtonschritte: zusätzliche Tonlöcher
Offene und geschlossene Klappen
Anforderungen an Klappen
Historische Entwicklung der Klappen
Heutige Tonlöcher: nicht nur einfach ein Bohrloch
Material der Klappen
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Polster
Federn
Unterschiede im Klappensystem Boehm/Deutsch
Auswirkung der Klappen auf die Akustik
Ein (theoretisch) ideales Klappensystem
Tonlöcher: Zu weit weg und zu groß für Finger
Bei den kleineren Klarinetten, der Es-Klarinette und der B-Klarinette, wäre es wohl noch
möglich, zumindest die oberen Tonlöcher mit den Fingerkuppen zu schließen. Weiter unten,
bei größeren Löchern und den größeren Klarinetten geht es dann nicht mehr - die Abstände
werden immer größer, genau wie die Tonloch-Durchmesser.
Darüber hinaus können Tonlöcher, wenn sie direkt mit den Fingerkuppen geschlossen werden
sollen, nur an bestimmten Stellen liegen. Auch da helfen die Klappen.
Akustisch wäre es wohl auch am besten, alle Tonlöcher würden schnurgerade untereinander
auf der Vorderseite der Klarinette liegen - also der Seite, die zum Zuhörer zeigt. Und
Tonlöcher sollten möglichst groß sein (da gibt es aber Einschränkungen, siehe unten).
Warum wird der Ton beim Öffnen eines Tonlochs höher?
Vereinfacht: Beim Spielen schwingt die Luftsäule in der Bohrung - vergleichbar mit einer
Gitarrensaite. Macht der Spieler über die Stege eine schwingende Gitarrensaite kürzer, wird
der Ton höher, macht er sie länger, wird der Ton tiefer.
Praktisch gilt: Halbe Saitenlänge = doppelte Schwingungsfrequenz = doppelt so hoch (eine
Oktave).
Bei Blasinstrumenten ist das nicht wirklich anders, hier schwingt statt einer Saite eine
Luftsäule im Korpus zwischen Mundstück und Öffnung am Ende. Biegungen des Instruments
haben dabei nur einen geringen Einfluss auf die Länge, daher können Instrumente geknickt
gebaut werden (zum Beispiel Bassklarinetten oder Fagotte) - solange der Durchmesser der
Bohrung gleich bleibt. Die Länge der schwingenden Luftsäule hängt vor allem von der
Gesamtlänge des Instruments bis zur unteren Öffnung ab. Das gilt natürlich nur solange alle
Tonlöcher zu sind. Öffnet man ein Tonloch und ist das groß genug, dann kann die
Schwingung schon am Tonloch austreten und "endet" hier. das Instrument wird akustisch
"kürzer" - die Schwingung wird also kürzer. Und genau wie bei der Gitarrensaite wird der
Ton höher, je kürzer der schwingende Teil ist.
Klarinetten: mehr Tonlöcher als andere Blasinstrumente
Um die Klappen der Klarinette zu verstehen, sehen wir uns zuerst mal die Verhältnisse bei der
wesentlich einfacheren (Sopran-) Blockflöte an, die viele von uns in ihrer Schulzeit
kennengelernt haben. In ihrer einfachsten Form hat sie überhaupt keine Klappen und nur
einfache Tonlöcher. Eine Blockflöte hat acht Tonlöcher; sieben auf der Vorderseite und eins
beim linken Daumen auf der Rückseite - das Überblas- oder Oktavloch. Damit kann man alle
Töne einer Oktave spielen. Der tiefste Ton - C - erklingt, wenn man mit allen Tonlöchern
geschlossen bläst. Öffnet man von unten nach oben ein Tonloch nach dem anderen, erklingt
eine C-Dur-Tonleiter von C bis H.
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Tonleiter auf einfacher Blockflöte - hochwertige Flöten sind anders!
Acht Tonlöcher auf der Vorderseite - das Überblasloch auf der Rückseite ist der Kreis
daneben.
Schwarz = geschlossen / weiß = offen
Das hohe c und das d erreicht man über Gabelgriffe, dazu weiter unten mehr.
Höheres Register spielen: Überblasen mit Überblasklappe
Öffnet man das Überblasloch der Blockflöte halb - mit dem linken Daumen - und spielt die
gleiche Tonleiter, erklingen die Töne wie eben, aber eine Oktave höher.
Eine Oktave oder acht Töne höher bedeutet eine Verdoppelung der Frequenz. Für unser
Gehör klingt das fast wie der gleiche Ton, nur doppelt so hoch. Das ist grifftechnisch bei der
Blockflöte einfach - oberes Register und unteres haben für die gleichen Töne die gleichen
Griffe.
Damit das Überblasloch auch wirklich zum Überblasen führt und nicht wie ein normales,
offenes Tonloch einfach einen hohen Ton erzeugt, muss das Überblasloch klein sein.
Akustisch "zerstört" nämlich das offene Überblasloch die unterste Frequenz in einer Reihe
von Tönen, die das Instrument bildet (siehe Obertöne).
Ist das Überblasloch zu groß, würde die schwingende Luftsäule hier vollständig in die
Umgebung austreten, wie bei einem "normalen" Tonloch. Es gäbe einen hohen Ton,
unabhängig davon, welche anderen Tonlöcher noch geschlossen wären. Deshalb ist das
Überblasloch klein (Klarinette, Oboe) oder man öffnet es nur halb (Blockflöte).
Der Sprung in die Oktave beim Öffnen des Überblaslochs ist nicht nur bei Blockflöten so,
sondern auch bei Oboe, Saxophon und anderen Holzblasinstrumenten. Die Klarinette bildet
hier nun die Ausnahme: Sie hat zwar auch ein Überblasloch mit der gleichen Funktion. Die
Frequenz wird beim Überblasen aber nicht doppelt, sondern 2,5 - fach so hoch.
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Oben haben wir davon gesprochen, dass beim Öffnen des Überblasloches die unterste
Frequenz zerstört wird. Man kann sich das auch buchstäblich so vorstellen. Tatsächlich
besteht ein Ton ja nicht nur aus einer einfachen Schwingung, sondern aus einer Reihe sich
überlagernder Frequenzen. Diese stehen in einem mathematischen Verhältnis zueinander; bei
der Blockflöte eben 1 : 2 : 4 : 6 und so weiter - also in geradzahligen Verhältnissen. Wird die
tiefste Frequenz jetzt gestört, erklingt die zweit-tiefste, das ist die 2. Sie ist doppelt so schnell,
also doppelt so hoch.
Bei der Klarinette sind die Verhältnisse anders, es entstehen vor allem Wellen 1 : 3 : 5 und so
weiter. Also springt die Klarinette in die 3 - in Tonschritten ausgedrückt: die Flöte geht beim
Überblasen in die Oktave (die Achte), sie "oktaviert", die Klarinette springt in die zwölte (die
Duodezime), wird also zwölf Töne höher. Das Verhältnis 8 zu 12 ist wie 2 zu 3.
Greift man ein C und öffnet die Überblasklappe, klingt bei der Blockflöte und der Oboe ein
"c", bei der Klarinette aber ein "g". Das macht Lernen (und Bauen) einer Klarinette schwierig.
Die Tonleiter der Klarinette im unteren und mittleren Register sieht dann so aus (das
Klarinettenregister nur für die ersten Töne abgebildet):
Einfache Klarinette ohne Löcher für Halbtöne: Tonleiter über zwei Oktaven
Das heißt praktisch: Für die einfachste Klarinette mit Löchern für eine einfache Tonleiter,
also ohne extra Löcher für Halbtöne, wie sie an modernen Klarinetten üblich sind, braucht
man mindestens 10 Tonlöcher plus ein Überblasloch. Das macht 11 Löcher. Und man braucht
mindestens einen Finger (üblicherweise den rechten Daumen), um das Instrument zu halten,
selbst wenn es wie die Bassklarinette auf dem Boden steht. Für Tonlöcher stehen nur 9 Finger
zur Verfügung. Um eine solche ganz einfache Klarinette zu bauen, braucht man also
mindestens zwei Klappen.
Das finden wir dann auch an den ersten Instrumenten: Zwei Klappen, eine lange für den
untersten Ton und eine Überblasklappe. Und da wir also mit 9 Fingern 11 Löcher bedienen
müssen, hatten die Finger schon bei diesen ersten Klarinetten Doppelfunktionen.
Halbtöne erzeugen - 1. Methode: Gabelgriffe
Einfache Holzblasinstrumente wie die Blockflöte geben mit den einfachen Griffen wie in den
Abbildungen oben gerade eine bestimmte Tonleiter wieder. Damit kann man aber noch nicht
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einmal die üblichen Kinderlieder spielen; denn die erfordern Halbtonschritte - von
verschiedenen Tonarten ganz zu schweigen. Auf der Blockflöte wird das durch Gabelgriffe
gelöst - und auf den meisten alten Holzblasinstrumenten wurde das genauso gemacht.
Will man beispielsweise ein Ges spielen, greift man das G und schließt das übernächste
Tonloch (das E-Loch): So bleibt das F-Loch offen, das E-Loch ist geschlossen. Das ergibt ein
ziemlich gut stimmendes Ges.
Warum ergibt der Gabelgriff nun eine Ges und nicht eine Mischung aus einem
"schraddeligen" G und einem E, wie man vielleicht erwarten könnte?
Die schwingende Luftsäule tritt aus dem offenen (Gabel-)Tonloch, im Beispiel dem F-Loch,
nur zum Teil aus. Unterhalb des Tonloches schwingt sie weiter. Es bildet sich also eine
schwingende Luftsäule aus zwei Teilen mit einem "Schwingungsknoten" unter dem
geöffneten Tonloch. Der untere Teil setzt sich bis an das geöffnete D-Loch fort. Physikalisch
betrachtet verlängert sich dadurch die schwingende Luftsäule, um etwa die halbe Länge des
Abstands zwischen Gabelloch und geöffnetem Tonloch. Dadurch entsteht dieses erstaunlich
saubere Ges.
Gabelgriffe funktionieren aber nur, solange das Gabel-Loch nicht zu groß ist: Sonst würde die
schwingende Luftsäule aus dem F-Loch vollständig aus dem Instrument austreten und der
entstehende Ton wäre ein F. Deshalb wird manchmal das Gabelloch auch teilweise mit
abgedeckt, um den Klang zu korrigieren.
Töne senken durch "Abdecken"
Wenn man jetzt noch weitere Tonlöcher "nach unten abdeckt", also zum Beispiel das D-Loch,
wird der erklingende Ton noch etwas tiefer. Grundsätzlich funktioniert das, solange das
geöffnete Gabel-Tonloch nicht zu groß und der Abstand zu den geschlossenen Löchern nicht
zu weit ist. Mit dem "Abdecken" von tieferen Tonlöchern kann man praktisch zu hohe Töne
absenken. Man kann dabei auch zwei Löcher offen lassen und diese zum Teil abdecken.
Natürlich verschlechtert sich der Klang ein bisschen, aber das ist - vor allem beim UnisonoSpielen - im Vergleich zum schlecht Stimmen nachrangig...
Halbtöne erzeugen - 2. Methode: zusätzliche Tonlöcher
Obwohl Gabelgriffe in der Praxis gut funktionieren, haben sie Nachteile: die Tonlöcher, die
für Gabelgriffe benötigt werden, dürfen nicht zu groß sein, weil sich sonst unterhalb davon
keine schwingende Luftsäule mehr bilden kann. Ein kleines Tonloch ist aber dann, wenn es
seine eigentliche Funktion als Tonloch erfüllen soll und das Ende der schwingenden Luftsäule
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bildet, nachteilig: Da wäre ein großes Tonloch besser. Das führt zu Kompromissen. Die sind
oft unglücklich und machen die Gabelgrifftechnik problematisch.
Ein Tonloch ist eben nicht nur "ganz auf" oder "ganz zu", für Gabelgriffe gibt es drei
Zustände: Ganz zu, ganz auf, und teilweise auf - genau wie beim Überblasloch der Blockflöte.
Jetzt wird auch sicher klar, warum die tiefen Klarinetten Klappen mit einem sehr kleinen,
hineingebohrten Loch haben - damit kann man sie leicht "ein bisschen" öffnen, zum Beispiel
für das hohe c. Zu allem Überfluss wirken sich die Größen der Tonlöcher in den
verschiedenen Registern noch unterschiedlich stark aus, weil der akustische Widerstand mit
steigender Frequenz zunimmt. Gerade im Klarinettenregister funktionieren Gabelgriffe dann
nur noch schlecht.
Darum hat man bei modernen Klarinetten anstelle der Gabelgriff-Lösung für nahezu alle
Halbtöne eigene Tonlöcher gebohrt, und es gibt kaum noch Gabelgriffe (der Spieler greift
teilweise sogar einen Gabelgriff, die Mechanik macht aber eine eigene Klappe auf.) Im
Ergebnis hat man pro Oktave also fünf Tonlöcher mehr als eine Blockflöte:
C - Cis - D - Dis - E - F - Fis - G - Gis - A - Ais(B) - H
Das entspricht den schwarten Tasten auf dem Klavier (auf 8 weiße gibt es 5 schwarze). Weil
die Klarinette aber pro Register nicht nur eine Oktave, sondern eine Duodezime, also 12 Töne
abdecken muss, sind es nicht nur 5 Tonlöcher mehr auf der Klarinette, sondern 7 mehr; es gibt
also mindestens 19 Tonlöcher (wenn oberster und unterster Ton gleich sind):
E - F - Fis - G - Gis - A - Ais(B) - H - c - cis - d - dis - e - f - fis - g - gis - a - ais(b)
Dazu kommt das Überblasloch, macht 20 Tonlöcher. Bei so vielen Tonlöchern ist dann an das
Schließen mit den Fingern nicht mehr zu denken! Schon an meiner einfachen
Schülerklarinette war nur noch das Tonloch des linken Daumens ohne Klappe ausgeführt.
Dafür gibt es aber jede Menge Ausgleichs- und Trillerklappen. Zwischen 22 und 28 Klappen
und Ringe sind beim deutschen System üblich.
Offene und geschlossene Klappen
Wenn man die Klarinette betrachtet, stellt man fest, dass es offene und geschlossene Klappen
gibt; also solche, die man durch Drücken schließt, und solche, die man durch Drücken öffnet.
Die offenen Klappen entsprechen nun den Löchern der Blockflöte, die man mit den Fingern
verschließen würde. Aber warum gibt es geschlossene Klappen - warum gehen Klappen auf,
wenn man sie drückt?
Diese geschlossenen Klappen öffnen in erster Linie die Tonlöcher für die Halbtonschritte - am
Klavier wären das die "schwarzen Tasten".
Bestimmte geschlossene Klappen sind aber auch als Alternative zu Tonlöchern (bei Trillern)
oder zur Korrektur von Tönen gedacht. Sie öffnen sich teilweise schon automatisch mit, wenn
andere Klappen gedrückt werden.
Anforderungen an Klappen
Die Klappen müssen dafür sorgen, dass
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
die Tonlöcher komplett dicht sind: Im geschlossenen Zustand darf eine Klappe keinerlei Luft
mehr durch die Tonlöcher strömen lassen
es im offenen Zustand der Klappe möglichst keinen Widerstand für den Luftstrom mehr gibt;
das erreicht man durch einen großen Lochdurchmesser und eine Öffnungshöhe der Klappe
von mindestens einem Drittel des Bohrungsdurchmessers. Wenn die unterste gerade offene
Klappe nicht weit genug auf geht, klingt der Ton nicht gut oder wird sogar tiefer. Da zeigt sich
der oben beschriebene Effekt des Abdeckens.
der Schließen- und Öffnen-Vorgang sehr schnell gehen kann - das ist besonders kritisch bei
den Klappen, die durch eine Feder geschlossen werden. Hier muss die Federkraft stark genug
sein. Und es darf möglichst keine Reibung im Lager der Klappe geben.
Und dann dürfen Klappen natürlich nicht klappern oder quietschen - sie sollten bitte völlig
geräuschlos arbeiten.
All das ist bei modernen Klappen und vernünftig gewarteten Instrumenten ziemlich gut
erreichbar.
Historische Entwicklung der Klappen
Frühe Klappe mit Filzpolster
Die ersten Klappen waren nur eine einfache Verlängerung der entsprechenden Finger - man
brachte an einem Hebel ein Filzpolster an. Das war natürlich auch nur im feuchten Zustand
halbwegs dicht. Das Bild gibt eine Vorstellung davon. Damit die flache Filzplatte das Loch
schloss, musste die Umgebung des Tonlochs natürlich auch flach geschliffen werden, und das
Tonloch war verhältnismäßig klein.
Mit der Erfindung der Löffel-Klappe durch Iwan Müller in Verbindung mit dem versenkten
Tonloch (siehe unten) konnte man endlich auch große Löcher dicht schließen.
verschiedene Klappen an einer Klarinette
Die zweite wesentliche Verbesserung war die Ringklappe durch H. Klosé. Eine Ringklappe
ist eine Klappe mit Öffnung - ein Beispiel sieht man gut auf dem Foto, direkt neben dem
Zeigefinger. Damit kann man auch Tonlöcher sicher schliessen, die eigentlich schon an der
richtigen Stelle liegen, aber aus akustischen Gründen eigentlich größer gebohrt werden
müssten, als dass man sie mit dem Finger schließen könnte.
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Das Klappensystem der modernen Klarinette ist eine sinnreiche, über Jahrhunderte immer
weiter verbesserte mechanische Meisterleistung. Mit ihm lassen sich tatsächlich fast lautlos
und schnell alle Tonlöcher öffnen und schließen, egal, wo sie sich befinden.
Im Laufe der Zeit ermöglichten dann spezielle Verbindungen zwischen Klappen auch Triller
und Sprünge, die sonst nur mühevoll oder überhaupt nicht möglich gewesen wären. Die
Klappentechnik passte sich aber auch der Gewohnheit an: Zum Beispiel greift man zwar noch
Gabel-Griffe, aber die Klappenmechanik setzt das in ein akustisch besseres Ergebnis um.
Heutige Tonlöcher: Nicht nur einfach ein Bohrloch
Tonlöcher
einfach / versenkt
Nur wenige Tonlöcher der Klarinette sind einfach Bohrlöcher wie bei der Blockflöte: Das
sind nur noch solche, die mit Fingern abgedeckt werden. Alle anderen Tonlöcher, die mit
einer Klappe verschlossen werden, sehen anders aus: Sie sind "versenkt" - sie liegen also in
einer schalenförmigen Vertiefung und sind von einer kreisrunden Erhebung mit scharfem
Rand umgeben.
Versenkte Tonlöcher sind notwendig, weil die Oberfläche der Tonlochöffnung bei der
einfachen Bohrung nicht flach ist, sondern entsprechend der Oberfläche der Klarinette
gebogen. Mit einem flachen Polster kann man ein Tonloch wie an der Blockflöte nicht
abdecken, und gebogene Polster herzustellen und zu montieren wäre schwierig.
Die einfachste - und erste praktische - Lösung war, die Oberfläche um das Tonloch flach zu
schleifen. Genau das haben die frühen Klarinettenbauer auch gemacht. Um mit einem
Lederpolster das Tonloch gut zu verschließen, ist ein scharfkantiger, ringförmiger Wulst um
das Tonloch besser als eine Fläche: Die scharfe Kante drückt sich in das Polster ein, und die
Klappe schließt dadurch auch dann, wenn sie nicht perfekt aufliegt. Diesen Wulst nennt man
Zwirl. Der kann natürlich nur so hoch sein, wie die Versenkung tief ist. Um nicht zu viel
Material wegzuschleifen, senkt der Instrumentenbauer nur einen schüsselförmigen Bereich
um das Tonloch ab (ca 2 mm).
Materialien der Klappen
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Klappe - Polster - Blöcke
Das Klappensystem besteht in der Regel aus Neusilbergussteilen, die mit Eisengestänge
(viereckiger Querschnitt) oder Stahlröhrchen verlötet sind. Neusilber ist eine Kupferlegierung.
Richtig teure Instrumente haben geschmiedete Klappen - die sind weniger bruchanfällig als
gegossene Teile. Man unterscheidet dabei zwischen fallgeschmiedet (ein großes Gewicht fällt
auf das Metall und presst es in Form) und handgeschmiedet (der Schmied arbeitet an einem
Metallstück mit Hammer und Amboss). Klar, dass handgeschmiedet am besten (und
teuersten) ist.
Grundsätzlich lassen sich die eingesetzten Metalle alle recht einfach mit Silberlot löten . (also
im Fall eines Bruchs auch reparieren). In der Regel werden sie im Galvanisierbad dünn
versilbert, vernickelt oder vergoldet. Dabei gilt:
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Silber ist die übliche Beschichtung, sieht mit Schwarz einfach gut aus, aber es läuft schnell an,
vor allem in Kontakt mit Schweiß - das muss man putzen, und es hält nicht ewig
Nickel läuft nicht an, ist haltbar, gleitet gut, kann aber Allergien auslösen (das ist sogar sehr
häufig - mehr als jeder Dritte entwickelt diese Nickelallergie)
Gold läuft nicht an, ist aber teuer und sieht ungewöhnlich aus - in kleinen Ensembles kann
das schon störend wirken
Polster
Die Polster für Klarinetten sind in der Regel aus Leder, Filz und Pappe, manchmal aus
Silikon, teilweise auch aus Kork und neuerdings auch noch aus ganz anderen Materialien.
Lederpolster haben sich seit Iwan Müller durchgesetzt und sind immer noch der häufigste
Typ. Hier wird auf eine Papp-Scheibe (im Bild die unterste Scheibe) eine gleich große
Scheibe aus Filz geklebt, und dann ein weiches Leder oder Fischhaut darüber gezogen, unten
um die Filz- und Pappscheibe gelegt und auf der Rückseite der Pappe verklebt.
Diese Polster kann man selbst in weniger gut sortierten Läden für Musikinstrumente in allen
Größen kaufen. Sie halten recht lange, sind dicht, weitgehend geräuschlos und passen sich
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dem Tonloch an. Im feuchten Zustand schließen sie nach mehrfachem kräftigen Drücken
gegen den Zwirl auch dann, wenn sich die Klappe leicht verbogen hat. Allerdings wird das
Leder, vor allem bei Klappen, die oft feucht werden (weiter oben am Instrument), irgendwann
hart, spröde und muss dann gewechselt werden. Die Lederpolster sind meist mit Siegellack in
die passenden Klappen-Löffel geklebt - heute nimmt man auch oft Heißkleber. Wer
einigermaßen geschickt ist, kann das auch selbst - wie es geht, ist unter Wartung / Erste Hilfe
beschrieben.
Silikonpolster sind eine neuere Lösung. Sie haben etliche Vorteile: Sie lassen sich in jeder
Form herstellen, sie verändern sich dann nie mehr, und sie schließen lautlos. Das
Silikonpolster muss nie ausgetauscht werden, denn es ist nicht anfällig gegen Feuchtigkeit
und Druck. Das ist aber auch ein Nachteil: Verbiegt sich eine Klappe nur ein klein wenig,
würde sich das Lederpolster an das Tonloch wieder anpassen und nach kurzer Zeit schließen,
das Silikonpolster schließt aber nur noch bei starkem Druck. Manche Musiker meinen auch,
dass Silikonpolster den Klang negativ beeinflussen. Ernsthafte Untersuchungen sagen zwar
das Gegenteil, die Diskussion ist aber noch nicht zu Ende.
Silikonpolster sollten eine Rückseite aus anderem Material als Silikon haben - wie Pappe oder
Kunststoff. Auf der hält dann Siegellack, Heißkleber oder zur Not auch Haushaltskleber.
Damit könnte man im Notfall ein abgefallenes Polster schnell wieder befestigen. Auf reinem
Silikon hält nichts, außer Silikon, und wer will für den Notfall schon eine Installateurspritze
zum Konzert mitnehmen?
Korkpolster werden vor allem bei den tiefen Klarinetten für Überblasklappen eingesetzt - sie
schließen kleine Tonlöcher, die in Form von Röhrchen in die Klarinette eingelassen sind. Hier
würde sich auch ein Silikonpolster anbieten. In amerikanischen Klarinetten für den BandEinsatz findet man manchmal auch spezielle Korkpolster, die aber immer mehr durch Silikon
verdrängt werden.
Eine Neuentwicklung sind sogenannte Quarz-Resonanzpolster - sie sollen von den
akustischen Eigenschaften her den Lederpolstern überlegen sein und gleichzeitig wesentlich
länger halten. Der Hersteller gibt fünf (!) Jahre Garantie. Sie setzen aber präzise gearbeitete
Klappen und Tonlöcher voraus und müssen - ebenso wie Silikonpolster - sehr genau
eingepasst werden. Daneben sind sie - ebenso wie Silikonpolster - anfällig gegen das
Verbiegen von Klappen, weil sie sich auch nicht anpassen. Es bleibt abzuwarten, ob sie sich
durchsetzen werden.
Federn
Alle Klarinettenklappen haben Federn. Technisch sind diese Federn im Wesentlichen in zwei
Arten ausgeführt: Nadelfeder und Blattfeder. Beide Arten funktionieren sehr gut, sind robust
und lassen sich ohne Spezialwerkzeug in ihrer Federwirkung beeinflussen. Biegt man nämlich
die Federn stärker in ihre Druckrichtung, verstärkt sich die Wirkung, biegt man sie gerader,
schwächt sich die Wirkung ab.
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Kippklappe mit Blattfeder
Die Blattfeder wird in erster Linie bei "kippenden" Klappen eingesetzt wird. Sie ist ein Stück
flacher Federstahl, der an der Klappe angeschraubt wird. Das andere Ende drückt gegen das
Instrument.
Drehklappe mit Nadelfeder
Die Nadelfeder wird in erster Linie bei drehenden Klappen verwendet; hier ist eine
Stahlnadel am Instrument befestigt - meist am Sockel, in dem die Röhrchen für die
Drehklappe gelagert sind. Die Nadel fasst dann in einen Haken an der drehenden Achse, und
drückt die Achse in eine Richtung.
Unterschiede Klappensystem Deutsch / Boehm
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Deutsch / Boehm
Zwischen dem sogenannten Deutschen System und dem Boehm-System gibt es diverse
Unterschiede. Dieser Abschnitt befasst sich nur mit dem Aspekt der Klappen und der davon
abhängigen Griffweise. Eine Diskussion der Systemunterschiede insgesamt findet sich hier.
Man erkennt ein Boehm-Instrument sofort daran, dass es statt der "Rollen" aus schwarzem
Ebenholz an den langen Klappen des Unterstücks "einfache" Hebel hat.
Darüber hinaus sind die langen Heber-Klappen, die das deutschen System hat, beim
Boehmsystem durch DrehMechanik-Klappen ersetzt.
Besonders bei langen Klappen ist die Kombination aus Drehklappe und Nadelfeder im
Vergleich zur Kipp-Klappe die bessere Lösung: Eine sehr lange Kipp-Klappe ist
bruchempfindlich; deshalb werden lange Kipp-Klappen dann unterteilt (mit "Gelenken"), aber
das macht die Übertragung anfälliger und schwammiger. Ein Drehklappe kann im Prinzip
beliebig lang sein und hat sehr wenig Spiel.
Auch neue Versionen der deutschen Klarinette setzen Dreh-Mechanik-Klappen ein, wo es nur
geht; insbesondere bei langen Klappen: zum Beispiel sind die Sonderklappen der tiefsten
Töne bei Bassklarinetten meist als Drehklappe gebaut.
Die Boehmgriffe vermeiden vor allem das "Rutschen" zwischen Klappen insbesondere mit
dem kleinen Finger, die deutschen haben hier die typischen Rollen angebracht. Einzelne
Griffe und Bindungen gehen mit dem einen oder dem anderen System besser.
Auswirkung der Klappe auf die Akustik
Idealerweise würde die Klappe, wenn sie offen ist, überhaupt nicht mehr da sein, also den
Luftstrom überhaupt nicht mehr behindern. Theoretisch wäre es sogar ideal, wenn die
Klarinette dann am oberen Rand der Klappe endete (dann gingen aber natürlich keine
Gabelgriffe mehr...) So wie es jetzt ist, hat die Klappe aber noch einen ziemlichen Einfluss
auf die Luftströmung, auch über dem Tonloch bei voller Öffnung.
Man öffne nur mal eine Ringklappe und schwinge den Finger dabei über dem Tonloch schnell
ein paar Millimeter auf und ab. Dann stellt man fest, dass auch noch mehr als einen
Zentimeter weg vom Tonloch der Finger einen Einfluss auf die Tonhöhe hat. Das gilt
natürlich auch für die Klappe. Die Einstellung der "voll geöffnet"-Position der Klappe hat
ziemlichen Einfluss auf die korrekte Stimmung des Instruments. Das hat der
Instrumentenbauer aus Erfahrung natürlich berücksichtigt. Die Tonlöcher sind immer eine
Spur zu weit oben (also zum Mundstück hin) gebohrt, als sie es ohne Klappen (rechnerisch)
sein müssten.
Die Position stimmt, wenn man eine Klappe mit Lederpolster annimmt, die im voll geöffneten
Zustand etwa einen Abstand über der Tonlochoberfläche hat, der etwa einem Drittel des
Lochdurchmessers entspricht. Ist der Abstand über dem Tonloch zu gering, wird der Ton zu
tief, ist er zu groß, wird der Ton zu hoch.
Ein (theoretisch) ideales Klappensystem
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Idealerweise (zumindest theoretisch) würde übrigens die Klappe auch nicht da das Tonloch
verschließen, wo sie jetzt sitzt, nämlich außen am Instrument, sondern das Tonloch an der
Bohrung im Inneren der Klarinette verschließen, so dass die Bohrung in der Klarinette dann
perfekt glatt wäre. So wie es jetzt ist, entstehen an den Tonlöchern - auch wenn sie
geschlossen sind - eine Menge Wirbel im Luftstrom im Inneren des Instruments. Die
Instrumentenbautechnik gibt aber im Moment nichts anderes her - daher bleibt die
Betrachtung theoretisch. Jack Brymer hat in seinem Buch einige interessante Überlegungen
hierzu angestellt.
Pflege und Umgang
Problemen vorbeugen - was sollte man tun?
Damit es erst gar nicht zu Problemen kommt, sollte man mit seinem Instrument pfleglich
umgehen. Ein paar grundsätzliche Dinge gilt es zu beachten. Das meiste davon ist einfach.
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Vor dem Spielen: Regelmäßig die Korken der Zapfen fetten. Dann lassen sich Ober- und
Unterstück ganz leicht zusammensetzen, weil dann die Korken der Zapfen geschmeidig
bleiben und sich auch ohne Gewalt zusammensetzen und wieder auseinandernehmen lassen,
muss man nicht so kräftig zupacken und die langen Klappen verbiegen auch nicht so schnell.
Während des Spielens: Wenn sich Wasser in den Tonlöchern und hinter Klappen sammelt,
läßt sich das am besten mit Zigarettenpapier absaugen. Wenn das Instrument dazu neigt,
dass Tonlöcher vollaufen, wischt man in längeren Spielpausen das Instrument am besten
einmal durch.
In Konzert- und Probepausen muss man das Instrument unbedingt sicher abstellen - am
besten gut sichtbar auf einem Klarinettenständer. Niemals auf einen Stuhl ablegen - der kann
angestoßen werden, und das Instrument fällt runter! Außerdem ist eine waagerechte Lage
auch nicht gut für den Abfluss der Feuchtigkeit im Instrument. Bassklarinetten kann man wenn man keinen (schweren) Bassklarinettenständer mit sich herumschleppen will, auch
problemlos in eine Ecke eines Raums lehnen (wie Fagottisten das Fagott).
Nach dem Spielen - vor dem Einpacken - das Instrument auswischen und ordentlich trocknen
lassen. Dabei wischt man zumindest das Oberstück immer von oben nach unten, weil der
Wischer gerne an dem kleinen Röhrchen in der Bohrung, das unter der obersten
Tonlochbohrung liegt, hängen bleibt (wenn man dann von unten nach oben gewischt hat,
bekommt man den Wischlappen nur schwer wieder raus). Wenn nötig auch unter den
oberen Klappenpolstern das Wasser mit Löschpapier wegtupfen. Unter geschlossenen
Klappen verdunstet das Wasser sehr langsam, es bleibt lange feucht, die Polster werden
schnell spröde und schlimmstenfalls schädigt es das Holz.
Die Klappen sind in der Regel versilbert - und deshalb muss jede Form von Kontakt mit
schwefelhaltigen Materialien und Salzen unbedingt vermieden werden. Das Silber würde sich
ganz schnell schwarz färben. Gummi und Kautschuk zum Beispiel (das Mundstück ist oft aus
Resonit - ein Kautschuk) enthalten erheblich Schwefel, und auch Kunststoffbänder können
Schwefelverbindungen enthalten. Berühren diese die Klappen oder den Trichter der tiefen
Klarinetten im Koffer, bildet sich ein Muster auf der Silberoberfläche, das kaum mehr zu
entfernen ist. Auch der Salznebel in der Luft der Nordsee hinterläßt häßliche Spuren auf dem
Silber. Sofort nach dem Auftritt gründlich putzen ist Pflicht! Die Flecken stören den Klang
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natürlich nicht, aber die Schönheit leidet. Ein einfaches Silberputztuch hilft beim natürlichen
Anlaufen.
Temperaturschwankungen vermeiden! Nie ein Instrument - schon gar nicht, wenn es noch
feucht ist - bei extremer Kälte oder Wärme liegen lassen. Extreme Temperaturen gibt es in
unseren Breiten vor allem im Auto, im Winter unter Null, im Sommer in der Sonne über 60°C!
Aber auch vor und auf Heizungen haben Klarinettenkoffer nichts verloren (eine abgestellte
Heizung kann ja auch angestellt werden!). Bei Temperaturschwankungen schrumpft oder
dehnt sich das Material, und weil Holz und Metalle unterschiedlich stark reagieren, und das
Holz von Natur aus sowieso schon Poren und feine Spalten hat, kann das Risse provozieren vor allem, wenn die Temperaturänderungen schnell kommen. Trockene Luft ist auch nicht
gut für ein Holzblasinstrument. Ein Trompeter kann nach der Probe sein Instrument im
Kofferraum oder sonstwo liegen lassen, wenn er in die Kneipe geht - ein Klarinettist sollte das
besser nicht tun! Die Mucke am Glühweinstand auf dem Weihnachtsmarkt, am besten noch
vor einem Heizlüfter, ist Gift für hochwertige Instrumente. Manche Bläser haben für diesen
Zweck ein Uralt-Instrument oder eine Kunststoff-Gurke - in dem Ambiente hört das sowieso
niemand.
Neue Instrumente 2 mal im Jahr Ölen - das ist schon ziemlich viel. Ältere einmal pro Jahr
oder alle zwei Jahre. Lies dazu die Hinweise von Schöttle/Clarissono im Artikel für die
Zeitschrift rohrblatt!
Schrauben nur dann lösen, wenn es unbedingt nötig ist und dann immer ganz gefühlvoll und mit einem passenden Schraubendreher! Man macht die Gewinde schnell kaputt, vor
allem Metall in Holz: So sind die Sockel befestigt, in denen die Achsen sich drehen. Diese
Schrauben sollte man nur lösen, wenn es sich gar nicht vermeiden läßt und man genau weiß,
was man tut; weil sich eine Metallschraube im wesentlich weicheren Holz nur ein paar mal
festziehen läßt. Auf keinen Fall mit zu viel Kraft anziehen, sonst dreht die Schraube über!
Das gleiche gilt für die kleinen schwarzen Stahlschrauben in weicheren Röhrchen: Auch sie
können sich ihr Gewinde graben, und wenn man sie zu fest anzieht, wirken sie eher wie ein
Bohrer. Besser nimmt man Locktite zum Festmachen (eine Art spröder Sekundenkleber, der
sich beim Drehen der Schraube auch wieder löst - aber die Schraube sitzt fest!).
Probleme lösen
Kleine Reparaturen, Wartung und Pflege
Tausend Sachen können geschehen, die einem das Spielen erschweren oder unmöglich
machen - und meist passiert das kurz vor einem Konzert, wenn kein Instrumentenmacher in
der Nähe ist, und wenn dafür auch keine Zeit mehr wäre. "Selbst ist der Klarinettist" (oder
natürlich auch die Klarinettistin) gilt hier - und mit etwas Geschick und Überlegung ist vieles
möglich.
Man muss sich lediglich vorsehen, mit überstürzten Selbsthilfemaßnahmen nicht ernsten
Schaden anzurichten, den dann der Instrumentenbauer später teuer ausbügeln muss.
Was kann man selbst machen?
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Typische Probleme:
Es quietscht, Töne kommen nicht - gezielte Fehlersuche
Undichte Klappen finden
Lose Schrauben wieder anziehen
Verbogene Klappen exakt ausrichten
An Klappen Federkraft erhöhen oder ersetzen
Polster ersetzen bzw. nachstellen
Korken an Klappen ersetzen bzw. nachstellen
Zapfen kurzfristig dicht bekommen
Korken an Zapfen ersetzen
Was tun bei gebrochenen Klappen?
Was tun bei Rissen im Holz?
Schäden am Mundstück erkennen
Wischer im Instrument steckengeblieben?
Damit es erst gar nicht zu Problemen kommt: Wie pflege ich mein Instrument?
Was sollte man als "Erste-Hilfe-Koffer" immer dabeihaben?
Dem Thema "Blätter bearbeiten" ist ein eigener Abschnitt gewidmet.
Töne "kommen nicht richtig" oder es quietscht - typische Ursachen
Wenn ein oder mehrere Töne nicht richtig anpsprechen oder quietschen, kann das an vielen
Dingen liegen. In der Praxis gibt es aber vor allem drei Gründe:
1. Das Blatt ist zu schwer, zu leicht oder ungleichmäßig schwer
2. Ein oder mehrere Tonlöcher "oberhalb des Tons" werden nicht richtig geschlossen
3. Das Tonloch "unterhalb" wird nicht richtig geöffnet
Um die Ursache möglichst schnell zu finden, gehst Du in einzelnen, systematischen Schritten
vor. Zuerst probierst Du ein anderes Blatt - das geht am schnellsten. Hinweise auf Probleme
mit Blättern findest Du hier. Wenn das nichts bringt, überprüfst Du kurz das Mundstück nach
Kratzern auf der Bahn (Auflagefläche). Wenn da alles in Ordnung ist, liegt es vermutlich an
den Klappen. Mehr zum Hintergrund zu Klappen und Tonentstehung findest Du in
Abschnitten Klappen und Wie ein Ton entsteht.
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Zum grundsätzlichen Verständnis vorneweg: Wenn Du einen bestimmten Ton auf der
Klarinette spielst, dann öffnest Du die "unter dem Ton" liegenden Klappen, während die
darüber geschlossen sind. Das bestimmt die Länge der schwingenden Luftsäule, die die Ton
ergibt - vergleichbar mit der Länge einer Gitarrensaite; je länger, desto tiefer wird der Ton.
Öffnest Du eine höher liegende Klappe auch nur ein kleines Bisschen, dann entweicht ein Teil
der Druckwelle bereits hier, wird von der Umgebungsluft reflektiert und schwingt in die
Bohrung zurück - und die bisher akustisch saubere Schwingung vermischt sich, wird unsauber
- es "schraddelt". Bei der Gitarrensaite hättest Du einen ähnlichen Effekt, wenn Du am oberen
Ende einen leichten Gegenstand (z.B. Plektron) gegen die Seite hältst, aber ohne sie ganz
gegen den Steg zu drücken. Dann würde bei der Gitarrensaite die eigentliche Schwingung
weitergehen, aber ein Teil der Schwingungswellen würde an dieser Stelle reflektiert, mit
ähnlichem Ergebnis. Je weiter Du nun die höhere Klappe öffnest, desto mehr klingt es dann
nach dem höheren Ton. Das ist genau der Effekt, wenn Klappen nicht richtig schliessen - da
reicht eine ganz kleine Undichtigkeit. Wie Du jetzt vorgehst, wird unten beschrieben.
Beim umgekehrten Problem geht eine Klappe nicht weit genug auf. Als ausreichend weit auf
gilt eine Klappe, die etwa ein Drittel des Tonlochdurchmessers hoch geht. Aus einer nicht
ausreichend geöffneten Klappe kann die Druckwelle nicht ausreichend austreten, und ein
hörbar großer Teil der Welle bildet sich bis zum nächsten offenen Tonloch. Wieder haben wir
mehrere klingende Wellen, die nicht harmonieren. In diesem Fall gibt es aber meist nur
Probleme mit einem Ton, denn öffnet man die nächst höhere Klappe, und geht die
ausreichend weit auf, wirkt sich die zu kleine Öffnung nicht mehr aus. Das Problem besteht
also genau bei dem Ton über der Klappe, die nicht weit genug aufgeht. Wie Du jetzt
vorgehst, wird unten beschrieben.
Eine nicht völlig schliessende Klappe finden
Für eine erste Überprüfung des ganzen Instruments brauchst Du jemanden, der Dir hlft. Am
besten gleich ein anderer Klarinettist, da versteht man sich besser. Lass' Ober- und Unterstück
zusammen, aber entferne Mundstück und Stürze. Du greifst den tiefsten Ton - also sollten
jetzt alle Klappen geschlossen sein. Dabei achtest Du darauf, dass die Klappen nur mit dem
normalen Druck geschlossen werden, mit dem Du auch beim Spielen drückst und nicht extra
stark - sonst würdest Du eventuell kleine Öffnungen, die durch eine geringe Schiefstellung
der Klappe entstehen, nicht entdecken, weil die Klappen mit genug Kraft auf die Tonlöcher
gepresst werden. Dein Helfer schließt die untere Öffnung mit der Hand. Du bläst möglichst
geräuschlos in die Klarinette, als wolltest Du sie aufblasen. Du fängst nicht ganz so stark an,
und wirst dann stärker. Zischt es jetzt irgendwo, auch bei wenig Druck? Wenn ja, müsst Ihr
jetzt nur noch diese Klappe finden. Man geht mit dem Ohr die Klarinette auf und ab, drückt
eventuell auch auf den einen oder anderen "verdächtigen" Klappendeckel. Oft ist auch nicht
nur eine Klappe betroffen, also die Klappe mit dem lautesten Zischen kräftig zudrücken und
weitersuchen.
Dazu sollte man wissen: Geschlossene Klappen gehen beim starken Luftdruck in der
Klarinette auch ganz von selbst auf, wie ein Überdruckventil an einem Druckkessel. Das ist
natürlich - besonders bei den großen Klappen weiter unten, es darf aber nur bei erheblichem
Druck passieren. Deshalb fängt man auch ganz vorsichtig an.
Mit einem normalen Weinkorken (bei Bassklarinette: Champagnerkorken sind größer) kann
man das Instrument auch einfach unten verschließen, dann kann eine Hilfsperson hineinblasen
(man hat dann beide Hände frei, um die Klappen selbst kräftig zuzudrücken). Vorsicht: Der
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Korken darf nicht zu stramm sitzen, sonst kann man sich schnell einen Riss einfangen. So
kann man zur Not auch Ober- und Unterstück einzeln ohne Hilfe untersuchen, aber mit Hilfe
ist es wirklich viel einfacher. Manchmal ist auch gerade die Verbindung zwischen Ober- und
Unterstück Teil des Problems.
Leider hängen viele Klappen in ihrer Mechanik zusammen und das Problem zeigt sich
vielleicht dann nicht, wenn alle Klappen geschlossen werden. Deshalb werden wir jetzt das
systematische Vorgehen kennenlernen, das wir anwenden, wenn die allgemeine
Dichtigkeitsprüfung nichts findet.
Von einer undichten Klappe betroffen sind alle Töne, bei denen Du Klappen unterhalb der
undichten Klappe öffnest. Auf Töne oberhalb der undichten Klappe hat das natürlich keine
Auswirkung. Wenn Du also eine chromatische Tonleiter in mittlerer Lautstärke im tiefen
Register von von oben "B" bis unten spielst - einzelne Töne anstossen - und vom C abwärts
die Töne schlecht ansprechen, es darüber aber kein Problem gab, liegt das Problem vermutlich
bei der untersten gerade geschlossenen Klappe. Manchmal auch bei der direkt darüber. Und
man muss genau hinsehen: Für einige Töne gibt es zwei Klappen - die zweite ist dann eine
Hilfs- oder Trillerklappe, die normalerweise geschlossen ist.
Wir überprüfen jetzt mögliche Ursachen in der Reihenfolge der Schwere der zur Lösung
nötigen Eingriffe, danach werden die einzelnen Eingriffe beschrieben:
1. Kommt man beim Greifen versehentlich gegen einen Heber oder die Klappe selbst,
so dass sie unabsichtlich etwas geöffnet wird - ist gar nicht so selten?
2. Sind Ober- und Unterstück so gerade zusammengesetzt, dass Klappenmechanik, die zwischen
beiden Instrumenten verbunden ist, exakt funktioniert? (das gibt es nicht bei allen
Instrumententypen)
3. Sind Schrauben locker, die die Achse einer Klappe (und eventuell auch ihre Nachbarklappen)
halten oder drehen sich die Achsen von Drehklappen nicht leicht genug?
4. Ist die Federkraft von Klappenfedern ausreichend, um Klappen ausreichend zu schließen oder
zu öffnen?
5. Ist ein Klappenpolster spröde und damit nicht mehr dicht oder lose?
6. Sind die kleinen Regulierungspolster an der Mechanik durch langen Benutzung abgeflacht
lose?
7. Ist eine Klappe verbogen?
zu 3.: Lose Schrauben fixieren, Achsen leichtgängig machen
Es gibt eine ganze Menge kleiner Schrauben an Deinem Instrument, zum Teil sind sie
irgendwo verdeckt. Wenn eine Schraube lose ist, wird die Mechanik nicht mehr richtig
gehalten, hat zu viel Spiel und kann nicht mehr perfekt arbeiten. Wenn eine Achse etwas
verbiegt, dreht sich die Mechanik nicht mehr leicht, und Klappen gehen nicht mehr
vollständig von selbst zu; manchmal auch nur nicht ausreichend schnell, aber auch das kann
Probleme verursachen - schnelle Tonwechsel gehen dann einfach nicht mehr.
Die meisten Schrauben und Gewinde sind speziell durch den Instrumentenbauer angefertigt
(mit Gewindeschneider). Die gibt es dann nicht im Baumarkt, sondern wirklich nur beim
Instrumentenbauer bzw. im Versand. Man kann unterscheiden zwischen Schrauben, die ins
Holz gehen und Schrauben, die in einem Metallgewinde sitzen. Dann gibt es noch
Schraubgewinde an Achsen der Klappen. Die Schrauben selbst sind meistens aus Stahl und
hart. Die Gewinde aber, vor allem die im Holz und den Klappen aus Neusilber, sind weniger
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hart, oft sogar recht weich. Deshalb darf man die Schrauben nie mit Gewalt anziehen, die
Gewinde würden sonst zerstört oder zumindest schnell beschädigt.
Alle paar Wochen (oder wenn zum Beispiel der Dirigent mal wieder endlos eine
Streicherpassage erklärt) sollte man mal nachsehen, dass sie alle fest sitzen - dazu braucht
man keinen Schraubendreher zu nehmen, da reicht ein Finger. Nur wenn die Schrauben lose
sind, muss man natürlich mit einem passenden Schraubendreher 'ran - zu kleine Klingen sind
Gift für den Schlitz in der Schraube! Einfaches Festziehen sollte reichen - auf keinen Fall
übertrieben Kraft anwenden. Hier gilt leider der alte Technikerspruch: Nach "fest" kommt
"ab" - beziehungsweise mit jeder übertriebenen Aktion wird das Gewinde beansprucht.
Besser wäre hier ein Tropfen Locktite (ein Schraubenkleber - gibt es in der Drogerie für
Brillenschräubchen oder im besser sortierten Baumarkt). Das hält dann fast ewig, wenn der
Kleber gehärtet ist, ist er spröde, lässt sich mit wenig Kraft wieder lösen (anders als
Sekundenkleber, von dem man hier die Finger lassen sollte!) und hinterlässt fast keine Reste.
Mit der Zeit aber fressen die Schrauben an den Gewinden, und irgendwann muss eine etwas
dickere Schraube verwendet werden, bzw. der Instrumentenmacher ein neues Gewinde
schneiden. Das sollte man dann dem Instrumentenbauer überlassen.
Wenn eine Schraube verloren gegangen ist, kann man sich beim Instrumentenbauer neue
besorgen. Vorübergehend hilft zur Not (!) auch ein Stück abgebrochenes Streichholz.
Vorsichtige Typen haben immer eine Anzahl der üblichen Schräubchen in einer kleinen Dose
im Erste-Hilfe-Koffer und den immer dabei..
Hilfswerkzeug - Schraube drücken
Lange Achs-Schrauben zum Beispiel in einer Dreh-Klappe entfernt man übrigens niemals mit
einer Zange! Zum einen gefährdet man damit das Holzstück und zum anderen dreht sich die
Achse nachher nicht so gut, aufgrund der Kratzer, die entstehen. Man schiebt die Achse mit
einem kleinen Hilfswerkzeug heraus, das man aus einem kleinen Feilengriff (gibt es im
Werkzeughandel und im besseren Baumarkt) und einen Stück steifen Draht leicht selbst
bauen kann.
zu 4.: Federkraft erhöhen oder ersetzen
Manchmal ist die Ursache für eine nicht ausreichend schließende oder öffnende Klappe, dass
die Stahlfeder der Klappe an Kraft verloren hat. Bei Klappen, die standardmäßig geschlossen
sind, also von Federn geschlossen werden und durch den Spieler geöffnet werden, muss der
Federdruck stark genug sein, dass die Klappe vom Luftdruck in der Bohrung beim Spielen
nicht - wie ein Überdruckventil an einem Kessel - angehoben wird. Passiert das, sollte die
Federspannung erhöht werden.
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Das kommt aber nicht oft vor, daher immer erst prüfen, ob es nicht an einer verbogenen,
verkratzten, verrosteten oder sonst wie beeinträchtigten Achse liegt, oder die Klappe
irgendwo schleift! Das Erhöhen der Federkraft ist dann nicht die ideale Lösung, geht aber am
schnellsten (kurz vor dem Konzert!). Man erhöht die Federkraft, indem man die Feder, meist
eine Flachstahlfeder oder eine Nadelfeder, entgegen ihrer "Drückrichtung" biegt - stärker, als
sie ursprünglich gebogen war. Hier ist vorsichtig vorzugehen, gerade alte Blattfedern sind
empfindlich und die kleinen Schrauben, mit denen sie befestigt sind, halten solche Aktionen
auch nicht ewig aus - Zurückbiegen geht nur begrenzt oft. Natürlich kann man eine Feder
später auch durch den Instrumentenmacher gegen eine stärkere ersetzen lassen.
Vorsicht: Nadelfedern werden aus Nähnadeln hergestellt, sind daher spitz und meist alles
andere als steril!
zu 5.: Polster exakt ausrichten oder ersetzen
Damit eine Klappe exakt arbeitet, muss ihr Polster im geschlossenen Zustand das Tonloch
völlig dicht abschliessen und im offenen Zustand muss sie sich ausreichend weit öffnen ausreichend heißt, die Klappe geht mindestens um einen Drittel des Bohrungsdurchmessers
nach oben. Beides müssen wir für eine Klappe prüfen. Die meisten Klappen haben einen
Heber, mit dem man sie bedient, aber es gibt auch Klappen, die mit einer komplizierten
Mechanik bedient werden, sie reagieren also auch auf die Bewegung anderer Klappen.
Schraubt man an der Mechanik herum, kann das schwer absehbare Auswirkungen auf
mehrere Klappen haben. Bevor man den Schraubendreher ansetzt oder gar Klappen biegt,
sollte man sich die Mechanik des Instrumentes genau ansehen und sicher sein, dass man
genau weiß, was man hier tut.
Oft geht das Problem mit einem nicht exakt ausgerichteten Polster auch beim Spielen etwas
zurück, weil sich beim Spielen Feuchtigkeit im Instrument sammelt und dieses Wasser sehr
kleine Undichtigkeiten an den Klappen verschliesst. Bei Lederpolstern - das sind die am
weitesten verbreiteten Polster - kommt hinzu, dass sie beim Spielen durch die Feuchtigkeit
weich werden und beim Trocknen wieder hart und spröder. Irgendwann einmal, je nach Lage
der Polster (weiter oben schneller; typisch: alle ein bis zwei Jahre, bei den Klappen der tiefen
Töne langsamer eventuell 2 - 5 Jahre) werden Lederpolster unbrauchbar. Das gute an
Lederpolstern ist, dass sie durch die Feuchtigkeit eben auch weich werden und sich dann der
Tonlochform anpassen, so dass sie nach längerem Spielen ohne Zutun wieder gut schliessen.
Tonlöcher für Klappen sind unterschnitten und haben zum Polster hin eine scharfe Kante,
dadurch geht das relativ einfach. Man kann den Effekt im Notfall mit warmem Wasser oder
Spucke beschleunigen - reichlich Anfeuchten, etwas warten bis das Leder durchgeweicht ist
und dann mit mäßiger Kraft die Klappe auf das Tonloch drücken. Dabei drückt man direkt auf
den Klappenlöffel mit dem Polster und nicht über eventuell vorhanden Hebermechanik.
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Polstern mit Siegellack
Wenn man aber Kunststoffpolster (zum Beispiel Silikon) hat, passt sich das Polster nicht an.
Auch bei erhebliche Verbiegung muss man das Polster neu ausrichten, das geht durch neu
Polstern oder Biegen der Klappe. Dabei kann beim Biegen mit viel Pech die Klappe brechen,
deshalb ist das neu Polstern vorzuziehen - nur wenn es wirklich schnell gehen muss (zum
Beispiel direkt vorm Konzert), bleibt nichts übrig, als die Klappe zu biegen - aber auch dann
VORSICHTIG und in kleinsten Schritten.
Das Polstern beziehungsweise das Nachstellen der Polster ist aufwändig und erfordert etwas
Geschick, aber es läßt sich lernen und mit etwas Erfahrung und Überlegung ist es gut
hinzubekommen. Polster in allen Größen sind selbst im mäßig gut sortierten Handel (natürlich
auch im Versand) zu bekommen.
Meist ist das Polster mit Hilfe von weißem Siegellack oder Heißkleber in einer löffelartigen,
großzügig passenden Vertiefung der Klappe eingeklebt. Siegellack wird bei Hitze (über einer
Kerzenflamme) flüssig, Heißkleber in der Pistole (aber man kann ihn auch mit einer Flamme
wieder flüssig bekommen, wenn man im Notfall keine Heißklebepistole dabei hat).
Du brauchst folgende Hilfsmittel:
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
Einen genügend großen, leer geräumten Tisch mit heller Beleuchtung
Benötigte Polster in entsprechenden Grössen, besser gleich ein paar mehr
Ein Set Schraubendreher
Eine Dose für die kleinen Schrauben, damit sie nicht verschwinden - alternativ (besser)
knickst Du einen Tesafilm an beiden Enden um und klebst ihn mit der Klebeseite nach oben
auf ein festes Stück Papier, dann klebst Du die gelösten Schrauben in der Reihenfolge
nacheinander drauf - damit ist klar, in welcher Reihenfolge sie wieder zurück müssen.
Siegellack, Kerze und Feuerzeug für Siegellack oder Heißluftgebläse und Heißklebepistole
Man geht wie folgt vor:
1. Die betroffene Klappe genau ansehen und Befestigung einprägen, insbesondere auf die
ungefähre Lage und Stellung des Polsters im Klappenlöffel achten: Liegt es mittig und plan
zur Klappenoberfläche oder anders? Wenn Du das das erste Mal machst, kann ein
detailliertes Foto oder eine Fotokopie der Klarinette beim späteren Zusammensetzen extrem
hilfreich sein!
2. Klappe losschrauben - eventuell vorher andere, behindernde Klappen entfernen
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3. Den Kleber oder Siegellack langsam "auf kleiner Flamme" anschmelzen - er wird erst
zähflüssig, dann flüssig, und dann fängt er an zu kochen (Blasen); wenn man mit einer
Kerzenflamme arbeitet, kocht er schnell unten, während er oben noch hart ist! Ausserdem
kann eine volle Flamme an der Klappe das Silber buchstäblich verbrennen!
4. Wenn wir gleich das Polster ersetzen wollen, entfernen wir es jetzt. Vorsicht, die Klappe ist
heiß! Weil immer ein bisschen Kleber am Polster bleibt, setzen wir jetzt mit ein bisschen
Kleber ein neues Polster ein. Wenn das neue Polster flacher als das alte ist, benötigen wir
noch einen zusätzlichen Schuss Kleber.
5. Das Polster wird in der Lage ausgerichtet, das sollte man in kleinen Schritten tun - dabei
darauf achten, dass man das Polster nicht zu sehr in die Klappe hineindrückt
6. Solange der Kleber zäh ist, kann man die Klappe schnell einsetzen und die Lage des Polsters
überprüfen, kleinere Veränderungen sind noch bis eine knappe Minute möglich und werden
dann durch den abkühlenden Kleber schnell schwerer
7. Wenn das Polster perfekt sitzt, alle Klappen in umgekehrter Reihenfolge wieder. Bei der
Gelegenheit eventuell gleich Schrauben und Achsen (mit nicht verharzendem Öl, z.B.
Nähmaschinenöl) ölen.
8. Prüfen, testen, spielen
WARNUNG: Nie die Klappe im montierten Zustand an der Klarinette selbst erhitzen!
Manche Profis machen das zwar, weil es natürlich schnell geht und das Ausrichten des
Polsters dann ganz einfach ist, nur die haben ein geregeltes Warmluftgebläse und mehr
Erfahrung, wie man kann die Hitze am besten vom Holz weghält. Es besteht die Gefahr, dass
das Holz durch die lokale Erhitzung reißen könnte.
Polster aus reinem Silikon, die für ganz feuchte Stellen (oberste Klappen) praktisch sind und
sich nie verändern, kann man so allerdings nicht versetzen, denn an Silikon haftet nichts
(außer speziellem Silikon). Bessere Silikonpolster haben deshalb auf der Rückseite auch ein
klebbares Material, so dass sie sich dann klassisch mit Siegellack oder Heißkleber einsetzen
und versetzen lassen.
Korken an Klappen ersetzen bzw. nachstellen
An den Klappen sind zum abpolstern - wo Metall auf Holz trifft - und zum Teil auch zur
Feinregulierung Korkstücke gesetzt. Die Bedeutung dieser Polster bezüglich der Stimmung
des Instruments sollte man nicht unterschätzen. Kork ist zwar elastisch, aber mit der Zeit wird
er immer flacher, und die Elastizität nimmt ab. Irgendwann klappern die Klappen und
schließen die Polster nicht mehr. dann wird es Zeit, sie zu ersetzen. Handwerklich ist das
keine grosse Herausforderung - es ist Fummelarbeit, weil die Polster so klein sind. Das
eigentliche Problem liegt in der Hebelwirkung bei einigen Klappen: kleinste Veränderungen
können grosse Effekte haben; durch die Mechanik kann ein Korkpolster auch auf mehrere
Tonlöcher wirken - also erst mal ansehen, was man vorhat, damit man genau versteht, wie
sich was auswirkt!
Man kann Korken gut schneiden (am besten mit einem Skalpell - aus der Apotheke oder dem
Künstlerbedarf), schleifen und Kleben (zum Beispiel mit Kontaktkleber wie Pattex).
Man erhält den Korken in kleinen Platten beim Instrumentenhandel oder beim Künstlerbedarf
in verschiedenen Stärken. Ausreichend ist für uns eine Platte 0,5 mm, eine mit 1 mm und eine
mit 2 mm. Alles dickere kann man z.B. aus einem guten(!) Weinkorken schnitzen. Der billige
Press-Kork, der heute oft in Weinflaschen verwendet wird, krümelt zu stark und ist nicht
ausreichend elastisch. Ausgezeichnet geeignet ist der untere Teil der pilzförmigen Sekt- und
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Champagnerkorken. Um ein paar zu bekommen, muss man nicht unbedingt eine teuere
Champagnerparty machen, man darf für eine kleine Spende bestimmt auch die
Korkensammlung im dritte-Weltladen um die Ecke plündern :-), dort wird Kork als wertvoller
Rohstoff zum Recycling gesammelt.
Man schneidet den Korken im benötigten Maß zu, lässt ihn aber etwas dicker und klebt ihn an
die Klappe - dabei die Kontaktkleber-Anleitung beachten (wenn da steht: eine Viertelstunden
trocknen lassen, dann sollte man das berücksichtigen). Dann schleift man vorsichtig auf die
korrekte Stärke ab, möglichst ohne am versilberten Metall mit herumzuschleifen. Das geht
zum Beispiel gut mit feinen Nagelfeilen (aus der Kosmetikabteilung der Drogerie), praktisch
ist auch ein Arzt-Spatel (aus der Apotheke), auf den man feines Schmirgelpapier klebt.
Verbogene Klappen geradebiegen
Wie oben gesagt: Biegen ist das letzte, was man tun sollte, Polster versetzen ist besser! Meist
verbiegen Klappen, durch zu festes Zupacken bei Zusammenstecken (hätte man die Zapfen
vielleicht doch mal wieder mit etwas Korkfett leichtgängiger machen sollen?). Auf jeden Fall:
Die Klappe ist schief. Grundsätzlich ist das Biegen auch möglich, und bei geringen
Verbiegungen passiert auch nichts schlimmes. Natürlich braucht man Kraft, aber das
Neusilber hält es aus. Auch an der Versilberung passiert dabei in der Regel nichts.
Um festzustellen, ob eine Klappe mit ihrem Polster exakt ausgerichtet ist, muss man noch
folgendes berücksichtigen: Wenn das Polster im geschlossenen Zustand der Klappe genau
plan auf der Bohrung aufliegt, "schwebt" es im offenen Zustand nicht mehr planparallel über
der Bohrung, sondern schräg: Die Klappe, auf der das Polster aufgeklebt ist, öffnet sich ja in
einer Kippbewegung. Nur routinierte Instrumentenbauer können einer offenen Klappe
ansehen, ob sie exakt ausgerichtet ist.
Vorher muss man natürlich das Teil genauestens auf Anzeichen feiner Haarrisse untersuchen.
Insbesondere an Stellen, an denen Teile zusammengelötet sind (zum Beispiel der lange
Klappenarm und der Löffel, also das Teil, in dem das Polster liegt) ist eine Klappe
empfindlich. Auch die Lager, in denen die Klappen befestigt sind, insbesondere deren
Verbindung mit dem Holz, muss geschont werden. Man denke also noch einmal kurz nach,
bevor man Gewalt anwendet. Und es gilt: lieber mehrmals ein bisschen biegen als einmal hinund einmal zurück.
Darüber hinaus muss man die Klappen, an denen man biegt, darauf überprüfen, ob sie außer
dem Polster, um das es geht, nicht noch andere Klappen ansteuern, und den Effekt hierauf
berücksichtigen. Korken, die Klappen stoppen oder abpolstern, lassen sich, wenn genug Zeit
ist, so oft erneuern wie man will. Im Gegensatz dazu lassen sich Klappen nicht endlos oft hinund herbiegen - irgendwann brechen sie.
Zapfen kurzfristig dicht bekommen
Wenn ein Zapfen nicht mehr dicht ist (was sehr selten vorkommt und sich in der Regel lange
vorher ankündigt), oder zum Beispiel ein Mundstück einfach nicht passt und "schlackert",
kann man im Notfall Papier um den Zapfen wickeln und es anfeuchten, bis das Teil wieder
passt. Man muss hier vorsichtig sein, weil ein zu dick geratenes Mundstück das Oberstück
aufbrechen kann. Oft hat deshalb der Teil, der den Zapfen aufnimmt, einen soliden Metallring
außen.
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Die Methode, den Zapfen dicht über eine Flamme zu halten (der Kork dehnt sich dann noch
mal ein bisschen aus) ist doch recht riskant - ersetzen muss man den Korken sowieso, und
kurz vor dem Konzert reicht die Papiermethode allemal. Stimmen durch Herausziehen des
Mundstücks geht dann natürlich nicht.
Korken an Zapfen ersetzen
Das ist schon eine schwierige Operation und fällt nicht mehr unter "einfache erste Hilfe". Man
kann es aber doch mit etwas Geschick selbst machen. Aber Vorsicht: Die Kräfte beim
Einsetzen eines zu dick geratenen Mundstückzapfens können das Oberstück reißen lassen!
Am einfachsten ist es noch beim Mundstück. Ohne viel Übung dauert es etwa eine Stunde.
Was man dazu braucht:
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Am aufwändigsten zu besorgen ist der Kork als Bogen - etwa 1 - 1,5 mm stark. Die Platten
sind etwa so groß wie ein Briefumschlag. Prüf den alten Korken - etwas stärker ist gut (der
Kork drückt sich noch zusammen). Korkplatten/blätter gibt es im Instrumentenzubehör und
im Internetversand - die passen in Umschläge, und eignen sich gut zum Versenden.
Kontaktkleber - zum Beispiel Pattex oder Grenit
Ein wirklich scharfes, verwindungssteifes Messer, wie ein Skalpell oder ein kleines
Teppichmesser
Ein Lineal mit Stahlkante
Frisches, feines Sandpapier
Ein kleines Brett mit gerader Kante, wie zum Beispiel eine Frühstücksbrettchen
Korkfett
Bleistift
Und so geht es:
1. Entferne den alten Korken vorsichtig, möglichst am Stück. Schneide einmal vorsichtig den
Ring auf, und pule dann mit den Fingernägeln.
2. Miss die Stärke und Abmessungen des alten Korken. Wenn das alte Stück völlig verkrümelt
ist, benutzt Du ein Stück Papier, um den Umfang abzumessen.
3. Übertrage die Abmessungen mit Bleistift auf den neuen Korken und schneide das Stück aus.
Achte darauf, dass die Schnittstellen senkrecht sind, vor allem an der Nahtstelle, also da, wo
der Korkring geschlossen werden soll.
4. Leg' den Korkring in das Bett und prüfe, ob er passt. Er sollte genau passen und kann in der
Länge bis einen halben Millimeter zu kurz sein, weil er sich beim Anpressen dehnt. Wenn es
so aussieht, als ob er nicht viel zu dick ist, kannst Du versuchen, das Mundstück mit
umgelegten, aber nicht verklebten Kork in das Oberstück zu schieben, nicht vollständig und
ganz vorsichtig, damit der Kork nicht gleich zerbricht!
5. Wenn der Kork jetzt noch viel zu dick ist, klebst Du ihn mit Uhu (aber nicht mit dem
Kontaktkleber) auf ein Brett und schleifst ihn vorsichtig etwas flacher. Gut funktioniert ein
Schwingschleifer mit feinem Papier. Es ist viel leichter, ihn gleichmäßig flacher zu bekommen,
wenn der Kork noch nicht auf dem Mundstück klebt. Nich übertreiben, er soll immer noch
eher zu stark sein.
6. Hat er ungefähr die richtige Stärke, wird er verklebt: Nach Anleitung des Klebers meist
beidseitig auftragen, trocknen lassen und dann erst vorsichtig auflegen. Wenn alles passt,
kraftvoll festdrücken.
7. Ist der Korken jetzt noch zu dick, wird das Schleifpapier um die Vorderkante des Brettchens
gelegt, und der Kork bei ständig gedrehtem Mundstück mit der Hand vorsichtig rundum
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abgeschliffen. Der Kork sollte möglichst überall gleich dick sein! Um die Bahn nicht zu
beschädigen einfach ein altes Blatt aufbinden.
8. Passt das Mundstück ins Oberstück, ohne Gewalt anzuwenden, dann kann man den Kork dick
mit Korkfett eincremen. Dann gleitet er gut. Aber nicht einschmieren, wenn Du noch
schleifen musst - das gibt eine Sauerei auf dem Schleifpapier! Das Mundstück über Nacht im
Instrument lassen, der Kork wird etwas zusammengedrückt.
9. Wichtig ist, dass man keine Gewalt anwendet! Ein zu dickes Mundstück kann ohne weiteres
den Zapfen des Oberstücks sprengen! Viele Klarinetten haben aus diesem Grund um den
Zapfen des Oberstücks einen Metallring, der genau das verhindern soll.
Solange der Korken neu und trocken ist, muss der Zapfen gut (also praktisch perfekt, auf
keinen Fall sehr schwer) passen. Er wird sich durch Feuchtigkeit noch ein wenig ausdehnen,
durch den Druck wird er mit der Zeit dann flacher. Korken regelmäßig fetten ist Pflicht!
Was hilft bei gebrochenen Klappen?
Eigentlich nur löten. Im Katastrophenfall kurz vor dem Konzert hilft bei einer nur mäßig stark
belasteten Klappen manchmal auch Sekundenkleber oder 2-Komponenten-Kleber. Dann wird
die Operation beim Instrumentenbauer aber komplizierter, weil der Kleber die Oberflächen
bedeckt, an der der Instrumentenbauer löten muss. Brüche kündigen sich normalerweise an, es
geht mit einem kleinen Haarriss los, irgendwann reagiert die Klappe "schwammig", und dann
ist es Zeit, so schnell wie möglich zum Instrumentenbauer zu gehen.
Was hilft bei Rissen im Holz?
Risse im Holz sind ein ganz schwieriges Thema, das man dem Instrumentenbauer überlassen
sollte. Kritisch ist vor allem, wenn eine Seite des Risses auf ein Tonloch zuläuft oder in die
Bohrung, noch schlimmer, auf einen Zapfen zu. Wenn man da was falsch macht, kann sich
der Klang verschlechtern bis hin zur Unbrauchbarkeit dieses Teils des Instruments.
Der Instrumentenbauer benutzt Spezialkleber, die tief in Risse eindringen, sie verkleben und
dabei auch die Spalten schließen. Natürlich kann man auch selbst einen dünnflüssigen
Sekundenkleber (Cyanacrylat) hineintropfen. Man nimmt einen, der nicht ganz so schnell
trocknet, und möglichst den Spalt auch noch verschließt. Ist der Klebstoff in den Riss
eingesickert, drückt man den Riss möglichst vollständig zusammen und hält das so, bis der
Kleber völlig getrocknet ist (vorher experimentieren!). Im Zweifel drückt man auf der
kritischen Seite des Risses (beim Tonloch oder der Bohrung). Zu zweit geht das natürlich
einfacher.
Der Instrumentenbauer schabt dann (vorsichtig!) mit einer senkrecht gehaltenen Rasierklinge
über den geklebten Riss, so dass eventuell überstehender Kleber abgeht. Mit Glück sieht man
dann fast nichts mehr. Noch etwas liegen lassen, weil der Kleber tief innen im Riss und in den
Poren eventuell noch nicht komplett ausgehärtet ist.
Man hat beim selbst Kleben aber immer die Gefahr, dass - wenn es nicht gut klappt - die
Poren des Holzes verschlossen werden. Wenn man dann später doch zum Instrumentenbauer
gehen muss, wird dessen Klebstoff, nicht mehr so gut haften.
Nicht geeignet sind Kleber, die sich beim Aushärten zusammenziehen (wenn z.B. ein
Lösungsmittel verdampft), weil der Riss dann eventuell wieder aufreißt. Das Holz von
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Klarinetten - meist Grenadill - ist hart und meist geölt (da halten die meisten Kleber ohnehin
nicht). Und wenn erst einmal Öl in den Riss eindringt, kann man nicht mehr viel tun.
Ein Instrumentenbauer kann Risse auch klammern oder das Holz durch Metallringe
stabilisieren. Das sieht man manchmal bei alten Instrumenten. Es muss den Klang nicht
unbedingt verschlechtern, vor allem, wenn diese Massnahmen nicht die Bohrung selbst
berühren. Aber es gibt keine Garantien, dass es klappt. Manchmal hilft nichts und man
braucht ein komplett neues Ober- oder Unterstück.
Schäden am Mundstück erkennen
Wenn auf der Bahn, also dem Bereich, wo das Blatt aufliegt und schwingt, auch nur leichte
Kratzer sind oder innen im Mundstück Kratzer, dann kann das gravierende Folgen für den
Klang haben (ständiges Quietschen, Probleme beim Ton etc.). Wie man das erkennt, ist beim
Mundstück erklärt.
Im Mundstückbereich geht es um hundertstel Millimeter, hier kann man ohne erhebliche
Erfahrung und Ausbildung nichts ausrichten. Ein Mundstück mit Kratzer kann man neu vom
Spezialisten abziehen lassen - dann ist es aber völlig verändert, und das ist auch teuer. Meist
ist es günstiger, sich ein neues zu kaufen - es ist das am leichtesten neu zu bekommende Teil
und auch am preiswertesten. Da man ohnehin ab und zu auf verschiedenen Bahnen spielen
sollte, sollte man eigentlich immer ein Ersatzmundstück im Koffer dabei haben. Das sollte
man mit einem aufgebundenen Blatt transportieren, so ist es am besten geschützt. Außerdem
wickelt man das Mundstück noch in ein Tuch - etwas kleiner als ein Taschentuch.
Ölen - wie und wie oft?
Der Artikel von Martin Schöttle "Ertrunken im Öl" erläutert diese Fragen im Detail.
Wischer im Instrument steckengeblieben?
NIE mit harten, schon gar nicht mit spitzen Gegenständen im Instrument herumfuhrwerken!
Scheren, Metallrohre und ähnliches sind die natürlichen Feinde der Bohrung! Jeder Kratzer
im Instrument kann eine Katastrophe werden, denn am Kratzer sammeln sich
Kondenswassertropfen und bilden sich Strömungswirbel - und das zerstört die Akustik.
Herausziehen ist besser als herausschieben, aber wenn es nicht anders geht, eine Stange aus
weichem Holz nehmen, Die findet sich zum Beispiel im Baumarkt unter Bastelzubehör
(Buche).
Achtung: im Oberstück (hinter der B / bzw. der Überblasklappe) befindet sich oft ein kleines,
in die Bohrung hineinreichendes Röhrchen. Das ist meist der Grund, warum der Wischer
steckenbleibt. Hat er sich daran verklemmt, hilft Gewalt in die gleiche Richtung kaum.
Wenn es schnell gehen muss und keine andere Möglichkeit bleibt: eine Gardinenstange hat
die richtige Größe und ist oft in Einspielräumen von Konzertsälen zu finden. Von einem
Lederwischer ein Stück abschneiden, oben über die Gardinenstange legen, Gummiband drum
herummachen, vorsichtig schieben und beten, dass nichts schiefgeht.
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Inhalt eines Erste-Hilfe-Koffers
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Weinkorken zum Zustopfen (Dichtigkeitsprüfung)
Eine Ersatz-Blatt-Schnur (selbst wenn man eine Schraube benutzt - die Schnur tut's zur Not,
das muss man aber mal ausprobieren - alternativ kann man natürlich auch eine ErsatzBlattschraube einpacken)
Eine Sammlung Polster verschiedener Größen, eine Stange Siegellack, ein Feuerzeug und eine
Kerze
Mehrere feine Schraubendreher
Eine kleine Dose mit den üblichen Schrauben
Ein Schleifwerkzeug (Nagelfeile oder Spatel mit feinem Schmirgelpapier)
Korkplatten 0,1mm, 1mm, 2 mm, ein Skalpell, eine kleine Tube Kontaktkleber (Pattex)
Ein paar Gummibänder
Blätter bearbeiten
Muss ein Klarinettist Blätter bearbeiten können?
Liebe Saxophonisten: Alles, was hier steht, gilt natürlich auch für Eure Blätter!
Früher hätte man schon diese Frage als Lästerung verurteilt. Grundsätzlich galt: Ein deutscher
Klarinettist baut sich seine Blätter selbst. Dafür waren die Deutschen in der Tat bekannt,
Brymer schrieb das noch in seinem Buch.
Heute ist allerdings die Qualität der Blätter auch schon zu vernünftigen Preisen so gut und vor
allem so einheitlich, dass ich einfach in den Laden gehe und eine Zehnerpackung kaufe. Die
passen genau auf das Mundstück und im Schnitt sind sieben bis acht davon gut brauchbar. Für
stundenlanges Arbeiten an Blättern habe ich einfach nicht die Zeit und die Geduld. Allerdings
bin ich auch froh, wenn ich ein Blatt ohne viel Stress ein bisschen schwerer oder leichter
machen kann - und das sollte wirklich jeder können, das ist keine Geheimwissenschaft!
Inhalt
Kleine Schritte!
Werkzeug für Blätterbeaerbeitung
Unterseite glätten
Blatt insgesamt leichter machen
Nur die tiefe Lage leichter machen
Blatt schwerer machen
Probleme mit Bindungen
Quietschen
Ton zu "hell"
Eine Seite zu leicht
Seite 49
Links auf andere Kapitel
Allgemeines Kapitel zum Klarinettenblatt
Grundsatz: Immer nur kleine Schritte!
Grundsätzlich immer vorsichtig arbeiten! Lieber ein paar mal mehr probieren, als zu radikal
schleifen, denn rückgängig lässt sich nichts machen! In diesem Zusammenhang lohnt sich
vielleicht eine Blattschraube, weil man damit ein Blatt schneller auf dem Mundstück befestigt
als beim Binden (auch wenn man aus ideologischen oder anderen Gründen "bindet"). Mit der
Erfahrung weiß man schon, ob und wo man schleifen muss, am Anfang geht einiges daneben
- es empfiehlt sich, das Ausprobieren mit älteren Blättern anzufangen, und nie mit dem besten
Blatt, das man gerade hat - schon gar nicht kurz vor dem Konzert ...
Manchmal stellt man aber fest, dass sich aus einem Blatt trotz Mühe einfach nichts machen
lässt oder man hat es totgeschliffen. Dann kann man es guten Gewissens wegwerfen - man
wird auch später kaum mehr was herausholen. Es reicht, wenn man ein oder zwei alte,
unbrauchbarer Blätter aufbewahrt, um zum Beispiel Mundstückbahnen zu schützen. Sonst
verliert man schnell die Übersicht über brauchbare, benutzte und noch nicht getestete Blätter.
Dabei hilft es natürlich, die Blätter zu markieren, so dass man sie wiedererkennt - dafür
eignen sich DVD-Marker.
Werkzeug für Blätterbearbeitung
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Schachtelhalm (erhältlich im Musikfachgeschäft oder in der Apotheke - siehe Bild),
sehr feines Sandpapier - praktisch ist es, das auf Holzspatel aufzukleben, wie man sie in der
Apotheke bekommt; das gibt es auch - etwas kleiner - als fertige Nagelfeilen in der
Kosmetikabteilung von Drogerien (und manchmal im Badezimmer von besseren Hotels)
Glas- oder Plexiglasblock, ca 20 * 4 cm, etwa 10mm stark, auf dem man Blätter schleift:
Glasblöcke sind zum einen völlig eben und durchsichtig - so kann man im Gegenlicht die
Stärke eines Blattes auch an der Spitze sehr gut erkennen; ausserdem lässt sich das Blatt auf
dem Glas vernünftig halten und bearbeiten (siehe Bild unten mit Schachtelhalm)
ein Blattabschneider (Instrumentenhandel - siehe Bild unten)
eine Lichtquelle, gegen die das Blatt gehalten werden kann, um die Bearbeitung zu
kontrollieren - das kann eine Schreibtischleuchte sein
500 ml Joghurtglas mit Wasser zum Schleifen und Anfeuchten (sonst muss man immer ins
Bad oder in die Küche)
ein völlig flacher Schleifstein - Werkzeugschleifstein - wenn man es wirklich ernsthaft
betreibt, sonst nicht nötig
Die Regionen des Blattes
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Blatt: Regionen
Den gesamten abgehobelten Bereich nennt man Ausstich.
Die Farben zeigen in etwa Bereiche gleicher Stärke (wie bei Höhenlinien).
Die Blattspitze (weiß) ist die dünnste und sensibelste Region, sie ist für hohe Schwingungen
und die Ansprache des Blattes verantwortlich.
Den schwarz umrandeten Bereich nennt man Blattherz.
Im Blattherz wird generell nicht geschliffen,
außer wenn man den gesamten Blattaufbau verändern will.
Die Seiten oder Flanken neben dem Herz sind wichtig für die Balance.
Den Bereich unterhalb des Herzens nennt man Schulter,
hier ist das Blatt sehr dick und schwingt praktisch nicht.
Den unbearbeiteten Bereich nennt man Schaft oder Rücken.
Die flache Unterseite heißt Sohle, die Sägefläche am unteren Ende nennt man Sohle-Schnitt.
Unterseite glätten
Erste Maßnahme, vor allem bei neuen Blättern: Prüfen, ob die Unterseite, die Sohle, völlig
glatt ist. Eine unebene Unterseite ist in vielen Fällen der Grund für Probleme. Außerdem kann
man da nicht viel falsch machen, weil die Unterseite einfach nur völlig eben sein muss;
während die Oberseite eine komplizierte Form hat. Um die Unterseite des Blattes zu glätten,
verwendet man einen absolut glatten Schleifstein, wie man ihn in Eisenwarenläden,
manchmal auch in Baumärkten, bekommt. Natürlich geht auch ein sehr flach auf eine
Tischplatte gelegtes feines Schleifpapier (nass). Es ist aber gar nicht so einfach, ein Blatt
Schleifpapier auf einem Tisch völlig flach zu befestigen. Mit einem hölzernen Schleifblock
und drumgewickelten Schleifpapier braucht man das überhaupt nicht erst zu versuchen, damit
macht man die Unterseite eher rund.
Blätter werden grundsätzlich feucht bearbeitet. Bei trockenen Blättern sind die Spitzen spröde
und die Gefahr, dass sie reißen, ist größer als im feuchten Zustand. Auch Schleifstein bzw.
Schleifpapier kann man nass benutzen - beim Kaufen auf "Nass-Schleifpapier" achten, das
steht auf der Rückseite, oder es gibt eine entsprechende Symbolik. Man legt das Blatt mit der
glatten Seite nach unten auf den Stein oder das superfeine Schleifpapier, fasst mit Zeigefinger,
Mittelfinger und Ringfinger von oben darauf (auf dem Blattrücken, und nicht zu weit vorne)
und schiebt es (zwei oder drei Mal) ohne viel Druck nach hinten weg. Das heißt: Es bewegt
sich mit dem Sohle-Schnitt voran und nicht in Richtung Spitze. Nie ein Blatt vorwärts, also
Seite 51
mit der Spitze voran, unter Druck über Schleifpapier oder Stein schieben - das könnte die
empfindliche Spitze zerstören!
Das Ganze ist überhaupt nicht so einfach, wie es aussieht... man kriegt das Blatt nämlich nicht
so gut zu fassen, und man darf nicht auf einer Seite stärker drücken als auf der anderen, sonst
wird die Sohle schief.
Blatt insgesamt leichter machen:
Mit Schachtelhalm...
Einfachste Methode - wenn das Blatt nur etwas leichter sein soll: Das Blatt umgekehrt
(Ausstich nach unten, Sohle nach oben) in spitzem Winkel unter leichtem Druck ein oder
zweimal über den Schleifstein ziehen - oder über ein feines, flach liegendes feines
Schleifpapier. Dabei darauf achten, dass nicht eine der Schultern (Seiten) stärker auf den
Schleifstein drückt - sonst würde diese Seite leichter als die andere.
Am besten prüft man das Ergebnis, indem man das Instrument mit dem Blatt im Mund rechts
und links herum dreht, dabei wird die rechte oder linke Seite "abgedrückt" und spricht nicht
an, so dass man einen Vergleich hat.
Einen größeren Schritt leichter machen: mit feinen Schleifpapier oder Schachtelhalm auf der
Oberseite an der Spitze im vorderen Randbereich etwas dünner schleifen (aber auch sehr
vorsichtig!) - so wie auf dem Bild zu sehen. Dabei mit dem Schachtelhalm immer nur von
hinten nach vorn, also zur Spitze hin schleifen, damit die Fasern nicht aufgerissen werden.
Dazu kann man die Flanken vorsichtig etwas abschleifen; das ist im Bild oben der grüne
Bereich (aber immer außerhalb des Blattherzens).
Das wichtigste Wort hierbei ist vorsichtig: Ein Strich zu viel und das Blatt ist zu leicht!
Nur die tiefe Lage leichter machen:
Wie oben beschrieben, nur weiter weg von der Spitze, im blauen und gelben Bereich Holz
wegnehmen. Hier ist das Blatt wesentlich stärker, und entsprechend mehr kann
weggeschliffen werden, bis sich eine Wirkung zeigt.
Blatt schwerer machen:
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Blattschneider
Das Blatt lässt sich zwar leicht spielen, aber es jault etwas, und es ist schwierig, die Tonhöhe
zu halten. Forte schnarrt, bei Fortissimo drückt man gefühlsmäßig das Blatt gegen das
Mundstück "zu". Eigentlich bedeutet "zu leicht" nur, dass das Blatt zu stark schwingt; das
kann zum einen daran liegen, dass es im vorderen Teil oder auch insgesamt zu dünn ist;
andererseits kann es auch daran liegen, dass der Spalt zwischen Blatt und Mundstück zu eng
ist.
Entsprechend kann man das Blatt etwas (nie mehr als etwa einen zehntel Millimeter) mit dem
Blattschneider abschneiden und dann den hinteren Teil entsprechend nacharbeiten. Das
bedeutet aber, dass man die komplette Form (jetzt auch das Herz) nacharbeiten muss.
Achtung beim Abschneiden mit dem Blattschneider: das Blatt nach dem Schneiden immer
gleich aus dem Schneider herausnehmen und erst dann den Schneidemechanismus
zurückschnappen lassen, sonst kann das Blatt leicht einreißen!
Alternativ kann man das Blatt auf den Schleifstein legen und dann die Unterseite abschleifen,
wobei man Druck auf das hintere Ende des Blattes - den Sohle-Schnitt - ausübt. Dadurch
kommt das Blatt beim Befestigen am Mundstück mit dem Vorderteil höher; der Spalt wird
größer und das Blatt erscheint dadurch schwerer. Das empfiehlt sich vor allem bei alten
Blättern. Gegenüber dem Abschneiden hat es den Vorteil, dass man den Ausstich nicht
komplett nacharbeiten muss.
Probleme mit Bindungen:
Wenn Bindungen nicht ohne weiteres gehen, kann man an den Flanken über die gesamte
Länge des Ausstichs gleichmäßig etwas abschaben.
Quietschen:
Blätter quietschen meist dann, wenn sie in der Spitze zu dünn und hinten um das Herz zu dick
sind. Das führt dazu, dass sie nicht mehr stark genug sind, um völlig zurückzuschwingen.
Drückt man ein Blatt vorsichtig in einem flachen Winkel z.B. auf eine Glasplatte, biegt es
sich. Ein Blatt, dass noch genügend elastisch ist, biegt sich dann schnell völlig zurück. Einem
Blatt, dem die Elasitiziät fehlt, weil es zu alt oder zu dünn ist, bleibt ein bisschen in die
Richtung gebogen. Da hilft dann nur noch Abschneiden und das gesamte Blatt so
nachzuarbeiten, dass die ursprüngliche Form wieder erreicht wird - oder man wirft das alte
Blatt dann weg, lang hilft die Maßnahme ohnehin nicht mehr.
Ton zu "hell":
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Erst einmal jemand anderen befragen - der subjektive Höreindruck des Spieles ist immer ganz
anders als das, was bei allen anderen ankommt (siehe hierzu Kapitel Klang - subjektives
Klangerlebnis). Darüber hinaus haben wir in unserer Sprache keine einheitlichen Begriffe für
Klangspektren. Wenn jemand über einen Klang "hell" und "dunkel" sagt, meint er
wahrscheinlich: Obertonreich, vor allem im oberen Spektrum (=hell) oder obertonarm
(=dunkel). Wenn man den Ton wirklich gern "dunkler" hat, gilt folgendes:
Obertöne entstehen durch Teilschwingungen, das sind vielfache der Grundschwingung
(doppelte, drei- und vierfache - wie kleinere Wellen innerhalb der großen). Diese Obertöne
sind immer da, bei allen Instrumenten und jeder Art von Blatt, aber unterschiedlich stark. Je
weniger starr das Blatt ist, desto eher wird es bei vielen Obertönen mitschwingen. Ein eher
steifes Blatt bleibt särker bei der Grundschwingung. Wenn man bei einem Blatt die Spitze
länger und flacher macht, wird sie beweglicher; damit ermöglicht sie mehr Obertöne, der Ton
klingt heller. Will man einen "dunklen" Ton, sollte man die Spitze kleiner halten. "Dunkler
machen" hieße also: die Spitze zu kürzen und die komplette Bahn nachzuarbeiten (die Bahn
wieder verlängern und den Rand vergleichsweise stärken).
Eine Seite ist zu leicht:
Wenn man das Instrument im Mund dreht, drückt man das Blatt damit auf einer Seite gegen
das Mundstück - dann kann nur noch die andere Seite schwingen. Stellt man zwischen den
Seiten deutliche Unterschiede fest, versucht man die auszugleichen. Dazu muss man nicht
gleich die Bahn ändern, sondern man kann auch einfacher vorgehen: Das Blatt wird mit der
zu leichten Seite auf den Schleifstein gestellt (also hochkant), und ganz vorsichtig, immer von
der Spitze weg, etwas abgeschliffen. Dadurch wird das Blatt etwas schmaler (bis einen halben
mm ist wegen der Reserve der Mundstückbahn noch OK), aber auf dieser Seite wird es dann
praktisch dicker. Der Effekt ist natürlich unsymmetrisch - also sehr vorsichtig anwenden und
dauernd probieren...
Zubehör
Was man so braucht...
Vom Polster für 50 Cent bis zum Gigbag, der weichen aber festen Tragetasche für mehrere
Hundert Euros gibt es an Zubehör eine Unmenge an sinnvollen oder auch nur witzigen
Dingen, die man kaufen oder sich auch mal zu Weihnachten oder zum Geburtstag schenken
lassen kann. Vielleicht findet sich hier die eine oder andere Anregung...
Die Preise stammen noch aus der Zeit vor den Internetpreissuchmaschinen. Heute mag das
alles viel billiger sein (zuzüglich Versand!) - die Preise geben so eine grobe Orientierung.
Produkt
Hersteller Preis Kommentar
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5 € ... wird aufs Mundstück geklebt, irgendwann
bekommt es durch die Schneidezähne Löcher, wird
aber auch so mal unansehnlich, Packung mit
mehreren Stück...
Bissgummi für das
Mundstück
diverse
Blattschneider
La Voz
Blätteretuis
diverse
Bleistift mit
Magnet,
Radiergummi
diverse
... um Notizen in den Noten zu machen, Bleistift
etwas weicher, weil man auf dem Notenständer nicht
aufdrücken kann! Magnet oder Band, damit der
Bleistift am Notenständer bleibt.
Ersatzschnur
diverse
... für Blätter - im Schuhladen um die Ecke - vom
laufenden Meter
Gigbags
z.B. Bam
(Paris)
ab Einzelinstrument oder Satzkoffer - kann beliebig
150 € teuer werden. Unbedingt ausprobieren, dass das/die
eigene(n) Instrument(e) auch passen - oft handelt es
sich um Koffer für Boehm-Instrumente!
Korkplatten
diverse
10 € Stärken in Schritten von 0,5 mm bis 3mm
-20 €
Krawattennadel
diverse
Lederwischer
diverse
oder Fensterleder
zum selbst annähen
Magnete,
Wäscheklammern
Bürobedarf
Metronom
diverse,
Wittner
Notenmappe
Bürobedarf
Notenständer
z.B. H&S
30 € ... fallen unterschiedlich exakt aus - unbedingt
- 60 € ausprobieren!
Siehe auch unter Blätter bearbeiten
15- Absolut notwendig, Beispiele siehe unter Blätter
50 €
Klarinettenmotiv - originelles Geschenk
10 € Das Gewicht am Ende des Bandes sollte umsponnen
sein - es darf keine Kratzer im Instrument
verursachen. Das Leder (bzw. das Öl im Leder)
verbraucht sich - ab und zu mal erneuern!
... um Noten für "Außenauftritte" am Notenständer zu
halten, gute Magnete sind oft besser als
Wäscheklammern.
40 € Aus Holz und mechanisch zu Hause auf dem Flügel
(z.B. von Wittner Taktell 60 €) oder elektronisch mit
Blinker für die Probe
Am besten mit alphabetischem Register, sehr gut
geeignet sind z.B. sogenannte "Unterschriftsmappen"
aus dem Bürobedarf, idealerweise verschließbar mit
einer Art Gürtel (damit die Noten im Rucksack nicht
rausfallen).
14 € Leichte und einfache Modelle sind gut zu
- 45 € transportieren, groß und stabil hält besser. Wer ein
Gigbag hat, muss sehen, dass der Notenständer
'reinpasst.
Notenständerleuchte diverse
25 € Sie rettet das Konzert, wenn im Saal kaum Licht ist!
Schraubendreher
diverse
1 € Feinmechanik - gibt es durchaus auch im Baumarkt.
- 5 € Wichtig, dass die Klinge nicht zu schmal ist, sonst
gehen die Schrauben kaputt.
Siegellack, weiß
diverse
5 € ... um Polster zu befestigen - als Stange im
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Künstlerbedarf
Silberputztuch
Drogerie
2,50 einfachste Version, möglichst keine aggressiven
€ Chemikalien...
Ständer - B-Klar.
H&S
11 € Die kleinste Version passt zusammengeklappt in die
Stürze, ist aber trotzdem stabil genug.
Ständer - Baßklar.
H&S
70 € ... teuer, schwer, aber sehr sinnvoll - vor allem, wenn
man in einem Orchester spielt und die wenigen freien
Ecken bereits oft durch Fagottisten belegt werden...
Stimmgerät
Seiko etc.
Zapfen-Korkfett
Tromba
20 € Deutliche, möglichst nicht zu sensible Anzeige,
- 80 € idealerweise so, dass man es auf den Notenständer
stellen und dann noch ablesen kann. Bei
Bassklarinetten muss man testen, ob die tiefen Töne
noch erfasst werden. Auf Standardbatterien oder akkus achten.
1 € In der "Lippenstift-Packung" ist es am praktischsten,
- 2 € in der klassischen Dose am billigsten
...
Die angegebenen Hersteller sind die typischen oder mir gerade bekannten - nicht unbedingt
die besten oder einzigen!
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