Classroom-Management - Studienseminare - in Rheinland
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Classroom-Management - Studienseminare - in Rheinland
Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Grundschulen Simmern Klassenführung, Klassenmanagement, Classroom Management Die Vorstellungen davon, wie eine Schulklasse im Unterricht zu führen sei, sind ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen und des jeweiligen Zeitgeistes. 1. Allgemeine Begriffsbestimmung Klassenführung = eine Klasse wirkungsvoll/effizient zu führen, damit Schüler folgen können, dies wird unterstützt durch Regeln und Rituale Klassenmanagement - bezogen auf Raum, Schüler, Unterricht - organisatorische und personelle Führungsaufgaben Klassenmanagement - lat.: manus – Hand agere – handeln, führen (agieren) „an der Hand führen“, „sich gegenseitig in die Hände spielen“ (auch bezogen auf Lehrer, Schüler, Eltern, Schulleitung) (www2.uni-siegen.de/...lr/lr10_sitzung_classroommanagement.pdf) 2. Bezug zum ORS (10 Kriterien guten Unterrichts): Klassenmanagement Mögliche Kriterien (Bsp.) Mögliche Indikatoren (Bsp.) Aktive Lernzeit • Es gibt ein hohes Maß an aktiver Lernzeit (z.B. pünktlicher Beginn, kein Leerlauf, kein vorzeitiges Unterrichtsende). Umgang mit Störungen • Die Lehrkräfte behalten den Überblick im Unterrichtsgeschehen. • Mit Störungen wird konstruktiv umgegangen. • Die Abläufe in den Lern- und Arbeitsprozessen werden durch Rituale und Routinen unterstützt. Verbindliche Regeln • Regeln werden frühzeitig eingeführt, publik gemacht, verbindlich eingehalten. 3. Das Bild der Lehrperson im lehrerzentrierten Unterricht Als entscheidend für eine gute Klassenführung nennt Jacob S. Kounin bereits 1976 folgende Prinzipien für das Lehrerhandeln als Grundlage eines erfolgreichen Unterrichts: Allgegenwärtigkeit / Dabeisein Überlappung Zügigkeit / Reibungslosigkeit Geschmeidigkeit Gruppenaktivierung Übergangsmanagement Vermeidung von Überdruss Kounins Prinzpien gehen aus der Beobachtung eines lehrerzentrierten Unterrichts hervor. Sie sind präventiv und proaktiv wirksam und haben auch im schülerzentrierten Unterricht Gültigkeit. Quelle: Kounin, Jacob S.(1976, Neuauflage 2006): Techniken der Klassenführung.- Münster An diesen Erkenntnissen orientierte sich in Deutschland die Forschung bis hin zu Hilbert Meyers „Was ist guter Unterricht“, in denen der Autor folgende 10 Merkmale benennt Klare Strukturierung des Unterrichts, hoher Anteil echter Lernzeit, lernförderliches Klima, inhaltliche Klarheit, sinnstiftendes Kommunizieren, Methodenvielfalt individuelles Fördern intelligentes Üben, transparente Leistungserwartungen vorbereitete Umgebung. Meyer betont den Zusammenhang von Unterrichtsführung und Lernerfolg bzw. weitgehender Störungsfreiheit. Auch hier steht die Lehrperson proaktiv handelnd im Mittelpunkt und in der Pflicht. Quelle: Meyer, Hilbert (2004): Was ist guter Unterricht. – Berlin 4. Das Bild der Lehrperson im schülerzentrierten Unterricht Lohmann schlägt bei Unterrichtsstörungen ein kooperatives Management vor, welches die Schüler und die Kollegen mit einbezieht, und zwar auf der emotionalen (Beziehungs-) Ebene (Kommunikation, z. B. Ich-Botschaften, Offenheit für Schülerargumente), auf der Disziplin-Management-Ebene (Regeln, 4-stufige Eskalationsleiter der Intervention, Auszeiten im Trainingsraum etc.) und auf der Unterrichtsebene (Methodenwechsel, offener Unterricht) . Lohmann fordert einen kooperativen Umgang mit Unterrichtsstörungen und Disziplinproblemen, der von Schülern und vom Lehrerkollegium implementiert und weiterentwickelt wird. Die einzelne Lehrperson handelt gemäß den getroffenen Vereinbarungen. Quelle: Lohmann, Gert (2003): Mit Schülern klarkommen. – Berlin Evertson und Emmer sehen das „Classroom-Management“ als Angelegenheit von Teams, Jahrgangsstufen und der Schule im Rahmen von Selbstorganisation und Kooperation. Sie fordern eine Lehrerrolle, die die Selbstständigkeit der Schüler sowie ihre Fähigkeit zur Selbst-Regulation und Selbstverantwortung fördert. Die Klassengemeinschaft erhält einen hohen Stellenwert, ihre Mitglieder teilen Autorität, Verantwortung und Kompetenz. Die Vorschläge von Evertson und Emmer fordern einen durchgängig an demokratischen Prinzipien ausgerichteten und lernerzentrierten Unterricht. Der Lehrer moderiert das Lernen. Quelle: http://www.pgcps.pg.k12.md.us/~elc/gameplan.htm Roger und David Johnson sind die Begründer des kooperativen Lernens, wie es von Norm und Kathy Green zunächst in Kanada und dann auch in Deutschland (unterstützt von der Bertelsmann-Stiftung) eingeführt wurde. Das Konzept verlangt eine Lehrerhaltung, die das Lernen fördert, Demokratie-Lernen praktiziert und durch Organisationsformen und Methoden des gemeinsamen Lernens stützt. Auch die Lehrperson wird zum Lerner. Die Grundsätze des Kooperativen Lernens sind: Positive Abhängigkeit Individuelle Verantwortlichkeit Direkte Interaktion Die Brüder Johnson entwickelten das Kooperative Lernen, das die gegenseitige positive Abhängigkeit der Lernenden als Hauptantrieb des Lernens einsetzt. Das Arrangement des Unterrichts mit neun Merkmalen der positiven Abhängigkeit sowie das Training der Sozialkompetenz ist Aufgabe der Lehrperson. Soziale Fertigkeiten Reflexion der Gruppenarbeit Quellen: http://www.kooperatives-lernen.de/dc/CL/index.html http://www.learn-line.nrw.de/angebote/greenline/ In seinem Kompetenzraster für Lehrerinnen und Lehrer formuliert Andreas Müller (Institut Beatenberg, CH) ein differenziertes Bild der neuen Lehrerrollen (S. 16 ff. der u. g. pdf.-Datei) Der Lehrer wird zum Lern-Manager im Team, die Schule zur lernenden Organisation auf den Ebenen von Classroom-Management, Information-Management und Human-Resources-Management. Müller setzt auf die Schule als lernende Institution und auf Lehrpersonen, die sich selbstwirksam zunehmend als lernendes Team professionalisieren. Quelle: http://www.institutbeatenberg.ch/seite.php?top_id=3&nav_id=120&unav_id=22&unav_modul=0 (anklicken: „Neue Rollen für die Lehrer“) 5. Die Rollen der Lehrperson Als Lehrer nimmt man verschiedene Rollen ein, die von Fall zu Fall oder auch gleichzeitig bedient werden müssen, z. B. als soziales Wesen, Erzieher, Kommunikator, Konfliktmoderator, Teamarbeiter, Lernmoderator, Beobachter von Lernprozessen, Mensch, emotionaler Eigenversorger. Die Lehrkraft muss einer Vielzahl von Rollen und Anforderungen genügen Quelle: M. Steps: Lehrerpersönlichkeit und Unterricht. In: Praxis Schule 5-10, Heft 4, 8/1998, S. 15-18 6. Maßnahmen zur Prophylaxe und Intervention Dr. Joseph Eigenmann (Zürich) setzt auf Lehrpersonen, die die . Eigenständigkeit der Schüler/-innen durch Individualisierung und Differenzierung fördern können. Dies setzt seitens der Lehrer/Nach Eigenmann sind Individualisierung und innen Kompetenzen der Diagnose und des Förderns und ForDifferenzierung unverderns voraus. zichtbare proaktive Als Maßnahmenpakete im Rahmen des Klassenmanagements Maßnahmen des empfiehlt er: Klassenmanagements. Als Mittel werden Lerndie Erhöhung der Lernaktivität in der Klasse mithilfe detail-lierter verträge, Planarbeit Lernverträge, die mit den Schüler/innen und deren Eltern und detaillierte Zielabgestimmt werden. kataloge genutzt. die Förderung der Ausdauer und der Leistungsbereitschaft durch Maßnahmen zur Entwicklung der Selbstwirksamkeit. die Förderung der Selbstständigkeit und der Lernstrategien auf der Basis von „Planarbeit“ mit dosierten Freiräumen. den Aufbau und die Förderung von Zielkompetenz auf der Basis individuell aufgebauter Zielkataloge Quelle: Eigenmann, Josef (2009): Engagierte Gegenseitigkeit. Klassenmanagement in schwierigen Unterrichtssituationen. – in: Pädagogik Nr. 2, 2009, S. 24 – 27 7. Klassenleiter und Klassenmanagement Eine besonders wichtige Rolle für die Erziehung und die Lernfortschritte einer Klasse spielt der Klassenlehrer bzw. die Klassenlehrerin. Die Dienstordnung für die Leiter und Lehrer an öffentlichen Schulen in Rheinland-Pfalz vom 15.3.1976 widmet den Aufgaben des Klassenleiters einen eigenen Abschnitt und betont damit die Bedeutung dieses Amtes. Der Klassenleiter sorgt dafür, dass die Zielsetzungen einer Schule in der Klasse ankommen. Quelle: http://leb.bildung-rp.de/fileadmin/user_upload/leb.bildungrp.de/Gesetze__Verord.__VV__ usw/Verwal tungsvorschriften/086_ Dienstordnung_fuer_die_Leiter_und_Lehrer_an_oeffentlichen_Schulen_in_ Rheinland - Pfalz_ 86.05.13.pdf In Deutschland wird die Ausbildung zum Klassenleiter sowie die Forschung zu diesem Thema im Vergleich zu anderen europäischen Staaten stark vernachlässigt. Seit den 1980er Jahren gibt es in Österreich (Linz) eine Forschergruppe, die (eigene) empirische Untersuchungen zur Klassenführung für die Lehrerbildung fruchtbar machen will. Sie untersuchen erfolgreiches Führungsverhalten von Lehrkräften in den Bereichen. Unterrichtsgestaltung (bedeutsame Lernziele, strukturierter Unterricht, klare Arbeitsanweisungen, interessanter Unterricht, Fachkompetenz, positive Erwartungshaltung, Verlässlichkeit), Beziehungsförderung (Wertschätzung, Verstehen, Authentizität, Humor, Kommunikation, Schülermitbestimmung, Gemeinschaftsförderung) und Verhaltenskontrolle (klare Verhaltenserwartungen, Beschäftigung der Schüler, Kontrolle der Lernarbeit, „Allgegenwärtigkeit“, Verstärkung erwünschten Verhaltens, rasches Eingreifen bei Störung, Bestrafung unerwünschten Verhaltens). In Österreich (Linz) erforschen F. Eder, W. Fartacek und J. Mayr die Prinzipien erfolgreicher Klassenführung. Forschungsbereiche sind - Unterrichtsgestaltung - Beziehungsförderung - Verhaltenskontrolle Dabei werden vollkommen individuelle Handlungsstrategien der Lehrkräfte beobachtet, die Mayr et al. in vier Gruppen typisieren: kommunikativ-beziehungsorientiertes Handeln, fachorientiertes Handeln, disziplinierendes Handeln, arbeitsökonomisches Handeln, Für die Nutzung der Forschungsergebnisse durch Lehrkräfte aller Schularten wurde der Linzer Diagnosebogen zur Klassenführung entwickelt. Er ermöglicht die Weiterentwicklung des professionellen Lehrerhandelns über die Schritte Selbsteinschätzung, Feedback von Schüler/-innen, Feedback über die Werte von „erfolgreichen Lehrkräften“ (Durchschnittswerte) und Handlungsexperimente (Selbstversuch zur Veränderung des eigenen Lehrerhandelns). (http://ius.uni-klu.ac.at/projekte/ldk/versionen.php) Quelle: Johannes Mayr: Klassen kompetent führen. – in: Kompetenzerwerb in In der Lehrerbildung. Reihe: SEMINAR, 1/2008 – BAK-Vierteljahres-Schrift 14. Jahrgang 2008, S. 76 ff. 8. Elf Bereiche eines effektiven Classroom Managements (nach Evertson und Emmer 2008) 1. Vorbereiteter Klassenraum Der optimale Klassenraum ist Strukturiert, in eindeutige Bereiche unterteilt, mit klaren Verhaltensaufforderungen verbunden übersichtlich aufgeräumt: Dinge haben ihren festen Platz Ziele Orientierung und Sicherheit ermöglichen Staus/ Störungen vermeiden Verhaltensklarheit geben Methodenvielfalt bieten Praxisorientierung gewähren Angenehme Lernatmosphäre ermöglichen Reizüberflutung vermeiden!!! 2. Regeln planen und Verfahrensweisen klar festlegen Entwicklung präziser Regeln des Miteinanders positiv formulieren, kurz und knapp, „ich“ oder „wir“, weniger ist mehr! Beispiele: Was muss ich machen, wenn ich Hilfe benötige? Wie verhalten wir uns, wenn der Lehrer etwas erklärt? Räume ich nach jeder Unterrichtseinheit meinen Tisch leer? Darf ich im Unterricht essen / trinken? Wie wechseln wir den Raum? Darf ich während der Stillarbeit aufstehen? ... Sinnvoll: Verknüpfung der Regeln mit Verstärkersystemen (=Tokensystem) * materielle Verstärker (Sticker o.ä.) * soziale Verstärker (Gruppenpunkte, Klassensterne o.ä.) * Aktivitätsverstärker ( gemeinsames Kochen o.ä.) Verhaltensliste einführen 3. Regeln und Prozeduren unterrichten frühzeitig/ präventiv! Unterrichtseinheiten zu Schuljahresbeginn einbauen! 4. Konsequenzen festlegen Was geschieht bei angemessenem Verhalten? Punkte für die Verhaltensliste => Verstärker Spielstunde Was geschieht bei unangemessenem Verhalten? Punktabzug Time-out Trainingsraum 5. Unangemessenes Schülerverhalten sofort, konsequent und widerspruchslos unterbinden! 6. Gemeinschaftsfördernde Aktivitäten zum Schulbeginn Aktivitäten entwickeln, die dem Ziel dienen das Zusammengehörigkeitsgefühl, den Klassengeist zu stärken, z.B. Kooperationsspiele gemeinsame Ausflüge / Klassenfahrten gemeinsame Projekte gemeinsam Probleme/ Aufgaben lösen 7. Strategien für potenzielle Probleme Strategien und umfangreiches Handlungsrepertoire für soziales Problemlösen mit den Sch trainieren zeit- und trainingsintensiv aber langfristig lohnend!! z.B. Verhaltenstraining für Schulanfänger (Petermann), Fit & Stark fürs Leben (Hanewinkel) Coolnesstraining 8. Beobachten Schülerverhalten aufmerksam und sensibel beobachten, insbesondere bei Arbeitsbeginn/ Phasenwechsel * um frühzeitig eingreifen können * z.B. mit Hilfe systematischer Verhaltensbeobachtung 9. Vorbereiten des Unterrichts Lebensweltorientierung Methoden anpassen Inhalte (individuelle Lernvoraussetzungen der Schüler berücksichtigen) Materialien Organisation (im Vorfeld AB abzählen, lochen…) 10. Verantwortlichkeit der Schüler Eigenverantwortung einfordern und erlebbar machen!!! 11. Unterrichtliche Klarheit Informationsvermittlung/ Unterrichtsgestaltung strukturiert und klar verständliche, altersgerechte Sprache ausreichend redundant motivierend Literatur: Evertson, Carolyn M., Emmer, Edmund T. (2008): Classroom Management for Elementary Teachers. – New York Kounin, Jacob S. (2006/1976) Techniken der Klassenführung,(Standardwerke aus Psychologie und Pädagogik – Reprints Bd. 3). - Münster Lohmann, Gert (2003): Mit Schülern klarkommen.- Berlin Mayr, Johannes (2008a): Forschungen zum Führungshandeln von Lehrkräften: Wie qualitative und quantitative Zugänge einander ergänzen können. In F. Hofmann, C. Schreiner & J. Thonhauser (Hrsg.), Qualitative und quantitative Aspekte. Zu ihrer Komplementarität in der erziehungswissenschaftlichen Forschung (S. 321-342). Münster: Waxmann Meyer, Hilbert (2004): Was ist guter Unterricht. – Berlin Wellenreuther, Martin (2009): Forschungsbasierte Schulpädagogik. Anleitungen zur Nutzung empirischer Forschung für die Unterrichtspraxis.- Schneider: Hohengehren Internetadressen: http://www.fabian-grolimund.ch/chameleon/site/Seminararbeit_Disziplin.pdf „Disziplin im Klassenzimmer. Modelle und Methoden für das 21. Jahrhundert. Seminararbeit am Departement für Psychologie“, Universität Freiburg (CH) http://www.pgcps.pg.k12.md.us/~elc/gameplan.htm “Classroom-Management and Organization – A Game Plan for Success. Electronic Learning Community (ELC) – Seite von C. M. Evertson und E. T. Emmer http://ius.uni-klu.ac.at/projekte/klm/ Kurze Zusammenfassung der Forschungsergebnisse von J. Mayr (Linz u. Klagenfurt) und ausführliche Literaturliste http://www.studienseminar-koblenz.de/medien/pflichtmodule_unterlagen/2009/223/7%20Klassenmana gement%20-%20Wellenreuther.pdf Zusammenfassung des Artikels von Martin Wellenreuther: „Handwerkszeug für erfolgreichen Unterricht.“ In: Friedrich Jahresheft XXVII, 2009, S. 45 - 47 Stand: 10.Juli 2012