In guter Gesellschaft

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In guter Gesellschaft
In guter Gesellschaft
Society-Formate laufen auf nahezu allen Fernsehkanälen.
Da treten sich die Kamerateams bei den Events schon
mal auf die Füße. Gibt es genug Platz für alle? Text von Julia Eder
Doris Golp
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auf einen Seherdurchschnitt von 146.000 im
März, der April-Durchschnittswert lag bei 116.000
Zusehern. Von schlechten Quoten oder gar fehlendem Zuseherinteresse will ORF-Sprecher Strobl dennoch
nichts wissen: „Unsere Wunschquote von
einem Jahresschnitt von 150.000 Zusehern
haben wir, nur mit der Zielgruppen-Erreichung sind wir noch nicht ganz zufrieden.“
An Moderator Heinzl gebe es jedenfalls
nichts auszusetzen: „Unverwechselbar und
handwerklich top“ sei der oft auch als Promi-Schreck bezeichnete Gesellschaftsex­
perte (siehe auch Interview im Kasten).
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V Life Info
Strobl. „Da nimmt die Prominenz ja schon Reißaus
vor lauter Kameras.“ Vor ein
paar Jahren hätten sich Veranstalter noch über jede anwesende Kamera gefreut. Nun müsse wohl
bald limitiert werden, glaubt Strobl. Dennoch: Gesellschaftsmagazine gehören zu einem guten TV-Vollprogramm dazu. „Weil die
Society-Nachrichten letztlich ein Spiegel der
Gesellschaft sind“, betont der ORF-Sprecher.
Und auch das Interesse seitens des Publikums sei in den letzten Jahren deutlich gewachsen: „Sogar die ehrwürdige Presse hat
schon eine Menschen-Seite, der Standard
­einen Society-Teil.“
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Promi-News.
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puls 4, PULS 4 Gerry Frank, ATV (2), ORF/MILENKO BADZIC, ORF/Thomas Ramstorfer, austria 9 (2), RTl
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Im Scheinwerferlicht
Über sämtliche TV-Kanäle kann sich das Publikum also die Stars und Sternchen des nationalen wie internationalen Parketts ins eigene Wohnzimmer holen. Dass sich dabei die
Meldungen überschneiden, versteht sich von
selbst. Ob für so viel Promi-Tratsch in einem
kleinen Land wie Österreich tatsächlich Platz
ist? „Das soll der Konsument entscheiden“,
findet ORF-Unternehmenssprecher Pius Strobl. „Die Leute wollen das sehen, das gehört
dazu“, ergänzt „ATV Life“-Macherin Claudia
Forstreuter. Mehr noch: „Menschen, die es
interessiert, können nicht genug SocietyNews bekommen“, glaubt „Pink“-Sendungsverantwortliche Sabine Mord.
So weit, so gut. Dass man sich da bei den
Veranstaltungen gegenseitig auf die Füße tritt,
ist kaum zu vermeiden – Events gibt es eben
in Österreich nicht unzählige. „Ich war unlängst als Gast auf einer Veranstaltung, da
sind sicher 15 verschiedene Kamerateams
herumgeschwirrt“, erinnert sich ORF-Mann
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Promi-Faktor. 18.50 Uhr – Puls 4 transportiert mit „Pink“ die ersten Society-Nachrichten des Landes in die heimischen Wohn­
zimmer. Da werden die zu versteigernden
Partyroben des vor drei Jahren verstorbenen
Playmates Anna Nicole Smith gezeigt. Und
da ist man beim Kabarett-Simpl-Auftakt von
Ex-Model und Michael-Niavarani-Freundin
Nina Hartmann zu Gast. 19.35 Uhr – Do­
minic Heinzls „Chili“ auf ORF 1 führt sich
ebenfalls Hartmanns Kabarett-Debüt zu Gemüte – um dann zu den Filmfestspielen an
die französische Riviera zu wechseln. Und
auch „ATV Life“ begibt sich um kurz nach
20 Uhr für einen Abstecher auf den roten
Teppich nach Cannes. Nur Neo-Sender Austria 9 und seine zehnminütigen „Spotlights“
geben sich bodenständiger: Man liefert unter anderem Bilder der Geschäftseröffnung
von DiTech in der Wiener Lugner City. Und
die altehrwürdigen „Seitenblicke“ auf ORF 2
halten sich ohnedies aus alledem raus –
und besuchen die Premierenfeier im Theater in der Josefstadt sowie eine Ausstellungseröffnung im Völkerkundemuseum.
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Service plus Society
Promis für Jung und Alt
Bei der privaten Konkurrenz ATV ist man
Im ORF trennt man in Sachen Geselljedenfalls längst über den Verlust des Starschafts-News in ORF 1- und ORF 2-Publimoderators hinweg: Seit Februar läuft auf
kum. Auf ORF 2 holt die Mutter aller heimidem ehemaligen Sendeplatz von Dominic
schen Societymagazine, die an die „Zeit im
Heinzls „Hi Society“ um 19.45 Uhr das InfoBild 1“ hintangestellten „Seitenblicke“, betainmentmagazin „ATV Life“. Mit durchaus
reits seit mehr als 20 Jahren die österreichigutem Erfolg: Auf durchschnittlich 105.000
sche Prominenz vor die Kameras. Und das
tägliche Seher ab 12 Jahren kommt die Lifevor allem als „bebildeter Veranstaltungskastyle-Sendung seit Sendestart, bei den 12lender“, definiert Strobl das Sendungskonbis 49-jährigen Sehern erreicht die „Mizept. „Wir zeigen, was stattgefunden hat –
schung aus Aktualität, Service-Tipps,
und richten uns damit an das etwas ältere,
Produkt-Tests und Society“ einen durchbreitere ORF 2-Publikum.“ Dabei gebe es
schnittlichen Marktanteil von knapp sechs
klassische „Seitenblicke“-Veranstaltungen
Prozent, weiß Sendungsverantwortliche
wie etwa Theaterpremieren oder VernissaClaudia Forstreuter. Wobei: Die Gesellgen. Um hingegen die jüngere, weiblichere
schaftsberichterstattung bestreite in dem
und städtischere ORF 1-Seherschaft ins
halbstündigen Vorabendmagazin nur den
­Gesellschaftsboot zu holen, hat sich der
letzten Block – den nach der Werbung ab
­Öffentlich-rechtliche zu Beginn des Jahres
20 Uhr. Für etwa zwei Society-Meldungen
mit „Chili“ ein jugendlicheres Society-Ma­
sei da Platz. „Was auch ein Vorteil ist, weil
gazin gegönnt. „Nach der Aufhebung der
wir sehr genau wählen können, zu welchen
Durchschaltung der ,ZiB 1‘ hat uns das Publikum gefehlt, das unterhalten werden will Events wir hingehen“, so Forstreuter. Und:
„Unser Zugang ist immer anders als der von
und nicht an Nachrichten interessiert ist.“
Puls 4 oder ,Chili‘. Wir versuchen, die GeZu diesem Zweck hat man Gesellschaftsschichten hinter den Geschichten zu sukenner und ATV-Moderator Dominic Heinzl
chen.“ Im Gegensatz zum Vorgänger „Hi
für den ORF verpflichtet – und schickt ihn
nun ­täglich außer Sonntag ab 19.35 Uhr mit Society“ sei „ATV Life“ zwar auch moderiert – von Kerstin Ruhri und Volker Piesder ­Society-Schau „Chili“ ins Rennen. Mit
czek – aber bei den Events gebe es keine
bisher überschaubarem Erfolg: Die „Chili“On-air-Gesichter. „Wir suchen bewusst
Quoten sanken von 405.000 Sehern (ab 12
­keinen zweiten Dominic Heinzl.“
Jahren) bei der Auftaktsendung im Jänner
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seit nunmehr 16
J­ ahren Deutschlands
­ältestes Gesellschaftsma­
gazin „Exclusiv“ auf RTL. „In
Deutschland gibt es fast auf jedem Sender
Society-Berichte. Trotzdem hatten wir mit
,Exclusiv‘ 2009 das erfolgreichste Quotenjahr der Geschichte“, betont Ludowig. In
Österreich schalteten allein im April 2010
durchschnittlich 106.000 Seher ab 12 Jahren
zu dem deutschen Promi-Magazin, der
Marktanteil bei den 12- bis 49-Jährigen lag
bei 13,2 Prozent. Denn: „Wir sind zu einer
Marke geworden.“ Wie das geht? „Neben
der täglichen Kost muss man regelmäßig
mit Highlights auf sich aufmerksam
­machen“, plaudert die Moderatorin und
Sendungsleiterin aus dem Nähkästchen.
Worin aber begründet sich generell die
große Nachfrage nach Promi-Tratsch?
­Ludowig: „Es sind Geschichten, die man
aus dem täglichen Leben kennt: von Glück
und Liebe, Leid oder Scheidung. All das,
was Menschen wie du und ich auch erleben.
Nur, dass es eben den Leuten passiert, die
man aus den Nachrichten kennt. Und ­
genau das macht den Reiz aus.“
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Gesichter für die Kamera
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„Pink! Österreichs erstes Starmagazin“ auf
Puls 4 setzt hingegen ganz besonders auf den
Charme seiner Moderatorin: „Ein unbekanntes Gesicht würde nicht so gut funktionieren.
Doris Golpashin ist sehr gut vernetzt und
­sowohl privat als auch beruflich auf großen
Events vor Ort. Sie kennt die Leute, über die
wir berichten, und man kennt sie. Das ist für „und zwar nicht als reines SocietyMagazin. Wir sind auch viel in der
die Sendung sicherlich von Vorteil“, glaubt
Kunst- und Kulturszene unterwegs“,
„Pink“-Macherin Sabine Mord. Generell sei
berichtet Programm-Marketer Marco
die Sendung sehr gut etabliert – im April
­verzeichnete die Promi-Schau mit nationalen Karnthaler. Mit der Newcomerin Kathi
­Steiniger setze man auf ein starkes On-airwie internationalen Themen im Schnitt
Gesicht. „Die Moderatorin als Zugpferd der
30.000 Seher im Alter ab 12+. Bei den 12bis 49-Jährigen lag da der Marktanteil bei 2,3 Sendung ist uns sehr wichtig: Weil sie die
Sendung nach außen trägt und ihr einen
Prozent. Seit der Umstellung des Puls 4-Vorabends im März „sind wir zudem das ,ers- persönlichen Touch gibt.“ Inzwischen
­kenne man Steininger auch schon auf den
te Starmagazin des Tages‘ – und haben
Events, sagt Karnthaler. Und die Quoten
das auch zu unserem Claim gemacht“,
entwickelten sich langsam, aber kontinu­
so Mord. Wie man sich von der Magaierlich: Bei 0,1 Prozent Marktanteil in der
zin-Konkurrenz abhebt? „Wir versuchen,
Zielgruppe 12+ liege „Spotlights“ derzeit.
neue Gesichter aufzubauen. So hatten wir
die ehemalige Lugner-Freundin Nina ,Bambi‘ Warum man sich trotz harter Konkurrenz
auch als kleiner Sender auf das Society-ParBruckner bei uns in der Sendung. Oder das
kett wage? „Jeder Sender möchte ein Stück
Erotik-Model Ramona Galler. Das grenzt uns
von dem Kuchen haben – so auch wir“,
auch vom Mitbewerb ab, der sich an ein
­erklärt der Austria 9-Verantwortliche.
­älteres Publikum richtet. ,Pink‘ wird von
Jüngeren geschaut“, betont Mord.
„Exclusive“ Marke
Dass Societyberichterstattung sehr wohl
Kultur im Fokus
­ihre Berechtigung hat, ist auch für Frauke
Von der übrigen TV-Konkurrenz abgegrenzt
Ludowig ganz sicher. Und sie muss es
sieht sich auch das zehnminütige „Spotlights“ auf Neo-Sender Austria 9. Montag bis ­wissen. Schließlich moderiert die längst
selbst zur Prominenz erhobene Blondine
Sonntag ist man um 19 Uhr auf Sendung –
rt. RTL-Exclus
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„Ich bin vom Schreck zum Sir mutiert“
Bestseller Sie werden gerne als
der „Schreck der Prominenten“
bezeichnet, der sich auch mal
kritisch äußert – ist das ein Bild
von sich, das Sie pflegen?
Dominic Heinzl Meine „Waffe“ ist
das Florett, nicht das Schwert.
In einer Zeit, in der mit Handgranaten und Panzerfäusten
­gearbeitet wird, bin ich vom
Schreck zum Sir mutiert.
Was hat sich für Sie in der
­Berichterstattung für den ORF
geändert: Sind Sie weniger gerne
oder lieber auf Events gesehen,
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weniger kritisch oder noch
­kritischer als bei ATV?
Heinzl Geändert hat sich nur die
Wahrnehmung der Marktbegleiter und TV-Kritiker. Ich arbeite
mit demselben Team unter nahezu denselben Voraussetzungen wie einst bei ATV. Neid und
Missgunst sind Begleiter des Erfolges, so gesehen möchte ich
auch auf schmerzhafte Erfahrungen nicht verzichten.
Wie lebt es sich als Society-­
Reporter, der durch seine Tätigkeit selbst zur ­Prominenz wurde?
Heinzl Es wird dann mühsam,
wenn man feststellt, dass man
bei einem Event selbst der
­prominenteste Gast ist. Ich
konnte es aber bislang ver­
meiden, mich selbst interviewen
zu müssen (lacht).
Events, Events, Events – hat
man nicht irgendwann genug
davon?
Heinzl Man kann es ja bleiben
lassen. Die Lust am Ausgehen
und Menschenbegegnen ist aber
zweifellos Grundvoraussetzung
für diesen Job!
Was macht den Reiz der SocietyBerichterstattung aus?
Heinzl Ich denke, dass es der Mix
aus Glamour und Skandalen ist.
Einerseits sieht man sich gerne
Menschen an, die ein Luxus­
leben führen, und andererseits
schaut man
­ihnen noch
lieber dabei
zu, wenn
sie auf die
Nase fallen.
rtl, ORF/MILENKO BADZIC, ORF/Thomas Ramstorfer
Dominic Heinzl — Österreichs bekanntester Promi-Reporter im Gespräch