Heft 3 - Sauerländer Heimatbund
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Heft 3 - Sauerländer Heimatbund
Sauerländer Heimatbund SAUERLAND © Copyright Sauerlander Heimatbund Gefordert durch Der Ministerprasident des Landes Nordrhein-Westfalen KREIS SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Sauerländer Heimatbund ISSN 0177-8110 Nr. 3/September 2005 SAUERLAND Zeitschrift des Sauerlander Heimatbundes Bisher unbekanntes Gemalde von Engelbert Seibertz • 01 auf Leinwand, gerahmt SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND Engelbert Seibertz (1813-1905) •>r?f,o^^^^^ Leben und Werk des bedeutenden westfalischen Portrat- und Historienmalers Sonderausstellung im Sauerland-Museum Arnsberg 2.10.2005 - 14.2.2006 Schirmherr: Der Prasident des Bayerischen Landtags Alois Gluck SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund HSIC. Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. 1 SAUERLAND 3/2005 107 Nr. 3/September 2005 Zeitschrift des Sauerlander Heimatbundes SAUERLAND f Engelbert Seibertz (1813 - 1905) Lcben und Werk des bedeutenden westfalischen Portrat- und Historienmalers Sonderausstellung I I j I im Sauerland-Museum Arnsberg 2. Oktober 2005 - 14. Februar 2006 Nach der groBartigen Sakularisations-Ausstellung vor 3 Jahren hat der Sauerlander Heimatbund in Zusammenarbeit mit dem „Verein fur Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Paderborn", dem Sauerland-Museum des Hochsauerlandkreises und dem Forderverein des Sauerland-Museums erneut ein uberregional bedeutsames Projekt in Angriff genommen, das seine Strahlkraft weit uber das Sauerland hinaus entfalten wird. Gemeint ist eine erste umfassende Retrospektive uber Leben und Werk des Portrat- und Historienmalers Engelbert Seibertz zu seinem 100. Todestag. Niemand von uns konnte auch nur annahernd ahnen, wie fiindig wir werden soUten. Das wiederentdeckte, handgeschriebene, komplette Werkverzeichnis mit 799 Olgemalden sowie viele Skizzen, Illustrationen, Fresken, aber auch sehr aussagefahige Archivalien bieten einen umfassenden Einblick. Fur die wissenschaftliche Betreuung und Fundierung wurde die in Munchen arbeitende Kunsthistorikerin Dr. Andrea Teuscher gewonnen, die durch Museumsleiter Dr. Jurgen Schulte-Hobein in muhevollen Recherchen und durch unseren verstorbenen Heimatfreund Friedhelm Ackermann mit seinen fotographischen Dokumentationen unterstutzt wurde. Hat der Vater Suibert Seibertz als Jurist und Historiker schon zu Lebzeiten im kollektiven Bewusstsein hochste Verehrung im Sauerland und Westfalen genossen, war sein Sohn Engelbert als Portrat- und Historienmaler eher in der Munchener und Prager Kunstlerszene als anerkannte GroBe hervorgetreten und in seiner Heimat, dem Sauerland, zunehmend in Vergessenheit geraten. Um so gerechtfertigter erscheint uns daher unser Bemuhen, im kollektiven Gedachtnis einen groBen Sohn unserer Region zu verankern; zumal daruber hinaus eine in den Hintergrund geratene Epoche des Historismus neu entdeckt werden kann. Aus diesem Grund haben wir in unserer Zeitschrift SAUERLAND schon in loser Folge uber den Fortschritt des Projektes berichtet und die auBergewohnliche Ausstellung in Bild und Wort zum Zentralthema dieser Ausgabe gemacht. Sie konnen sich auf ein spektakulares GroBereignis im Sauerland-Museum freuen. Dieter Wurm Vorsitzender des Sauerlander Heimatbundes Aus dem Inhalt Geschichte Engelbert Seibertz - ein fast vergessener Kiinstler neu entdeckt 108 Sauerlandisclie Industriebilder 112 Einem Rijtsel auf der Spur: Balve vor 1200 Jaliren 118 JubelgriiSe zum SchulabschluB seit der Kaiserzeit 120 Familienforschung im Sauerland 128 „Zum Engel des Herrn" im Dreiglockendorf Bremscheid 145 Sprache und Literatur LQh un Veih 133 Der lettisclie Dichter Jaunsudrabins im Exil am Motinesee 136 Heimat • Kultur Mitgliederversammlung des Sauerlander Heimatbundes in Meschede 115 Auf den Spuren von Kaisern, Kaufleuten und Pilgern 122 Das Saueriand - Industrieregion mit Vergangenheit und Zukunft 123 „The Shabbaton Choir London" in Neheim-Hiisten 127 Aiies Blech 131 Eroffnung des neuen Arnsberger Stadt- und Landstandearchivs 139 Zahlensymboiik als Datierungshilfe 142 „Blasen an den Fufien gehoren dazu" 144 Einladung zum Pest der Heimat 153 Rezensionen • Personalien Aus dem Vorstand Landrat Franz-Josef Leikop ist zuriickgetreten Leserbriefe Bucher Personalien 147 150 152 154 Detaillierte Erlauterungen zu unserem Titclbild finden Sic auf Scite 112 Das Titelbild wurde uns vom Westfalischen Freilichtn:iuseum Detmold, Landesmuseum fur Volkst;unde zur Verfugung gestellt, Foto: Droege Mitarbeiter dieses Heftes auf Seite 132 SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund 146 © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 108 SAUERLAND NR. 3/2005 Engelbert Seibertz - ein fast vergessener Kiinstler neu entdeckt Grofie Gedachtnisausstellung wird am 2. Oktober 2005 in Arnsberg eroffnet von Dr. Jiirgen Schulte-Hobein Am Sonntag, 2. Oktober 2005, wird im SauerlandMuseum Arnsberg als ein gemeinsames Projekt des Hochsauerlandkreises und des Sauerlander Heimatbundes die groBe Gedachtnisausstellung Uber den Maler Engelbert Seibertz eroffnet. Die Veranstaltung beginnt um 14.30 Uhr mit einer Kranzniederlegung durch den Landrat des Hochsauerlandkreises und die BUrgermeister der Stadte Arnsberg und Brilon am Grab des Kiinstlers auf dem Arnsberger Eichholzfriedhof. Danach folgen der Festakt in der Festhalle der Burgerschiitzengesellschaft und die Ausstellungseroffnung im Sauerland-Museum. kirche in Biiren mit ihren Wandmalereien hinterlieB bei ihm ebenfalls einen nachhaltigen Eindruck. Die schulischen Leistungen blieben dagegen hinter den Erwartungen zuriick. Er musste Sexta, Quinta und Quarta wiederholen. Nach sieben qualenden Schuljahren am Briloner Petrinum besuchte er noch ein halbes Jahr die Sekunda in Arnsberg. ehe seine Eltern nachgaben und ihn Maler werden lieBen. Die Ausstellung mochte 100 Jahre nach seinem Tod an Leben und Werk von Engelbert Seibertz erinnern und mit dieser Prasentation, die durch einen reich bebilderten Katalog einschlielBlich Werkverzeichnis erganzt wird, dafur sorgen, dass das Werk eines groBen Sohnes des Sauerlandes, der zu Lebzeiten international bekannt war, gebiihrend gewiirdigt und der fast vergessene Kunstler dadurch neu entdeckt wird. Selbstportrdt 1848 Engelbert Seibertz wurde am 20. April 1813 in Brilon geboren. Er war der Sohn des spateren Kreisgerichtsrats und verdienten Historikers, Johann Suibert Seibertz (1788 - 1871), und dessen Ehefrau Julie, geb. Arndts (1794 - 1867), einer Tochter des Arnsberger Hofgerichtsdirektors Friedrich Arndts und seiner Ehefrau Maria Johanna Biegeleben. Engelbert wuchs gemeinsam mit funf Geschwistern heran: Siegbert (1815 1839), Adelbert (1816 - 1871), Bertha (1818 - 1912), Mechthilde (1822 1837) und Berthilde (1824 - 1848). Die Vorfahren beider Elternteile waren seit Generationen im Rechtswesen tatig ge- SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund wesen. Auch Johann Suibert Seibertz hatte die Juristenlaufbahn eingeschlagen und war in dieser Eigenschaft im Jahre 1837 an das Stadt- und Landgericht Arnsberg versetzt worden, was einen Umzug der Familie in die Regierungsstadt nach sich zog. Engelbert wollte die Familientradition nicht fortsetzen. Schon seit friihester Kindheit hatte ihn die Malerei tief beeindruckt und interessiert. Immer wieder stand er in der Briloner Nikolaikirche fasziniert vor dem groBen Altarbild des Malers Anton Stratmann, das die Anbetung der Heiligen Drei Konige im Rembrandtstil zeigt. Die beriihmte Jesuiten- © Copyright Sauerlander Heimatbund Mit 17 Jahren verlieB Seibertz sein Elternhaus in Brilon, um die Kunstakademie in DiJsseldorf zu besuchen. Einen Geleitbrief seines Vaters im Gepack, meldete er sich voller Respekt beim Direktor der Akademie, Professor Wilhelm von Schadow, unter dessen Leitung die ..Diisseldorfer Schule" zu den bedeutendsten Ausbildungsstatten in Europa zahlte. Rasch entstanden die friihesten Werke des talentierten Kiinstlers. Die erste veroffentlichte Arbeit war eine Zeichnung der Bruchhauser Steine, die in einer geologischen Zeitschrift abgcbildet wurde. Zu den friihen Werken zahlen auch die Portrats des ersten LandPrivatbesitz rats des Kreises Brilon, Maximilian Freiherr Droste zu Vischering-Padberg. und des Gewerken Theodor Ulrich vor der Bredelarer Hutte. Auch die Ansicht der Olsberger Eisenhijtte, die er fur die Gewerkenfamilie Unkraut malte, entstand in dieser Zeit. 1832 wechselte Seibertz an die Kunstakademie nach Miinchen und vollzog damit den entscheidenden Schritt fiir seine Kiinstlerkarriere. Er arbeitete unter dem Direktor der Akademie, Peter Cornelius, und lernte den aus Arolsen geburtigen Wilhelm von Kaulbach kennen, mit dem er dauerhaft eng befreundet blieb. Kaulbach sollte durch seine groBformatigen Historiengemalde be- Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 3/2005 109 ruhmt werden. Er wurde Hofmaler des bayerischen Konigs Ludwig I. und leitete ab 1849 als Direktor die Munchner Akademie. Durch diese Freundschaft wurde bei Seibertz zunachst Interesse, spater dann Begeisterung fiir die Historienmalerei geweckt. ten, so dass die Familie Kockert mit ihren vier Kindern nach Prag umgezogen war. 1844 heiratete Seibertz die Sangerin Auguste Kockert. Als sie schon ein Jahr nach der Hochzeit starb, ehelichte er im folgenden Jahr ihre um ein Jahr altere Schwester Franziska. Aus dieser Ehe stammt das einzige leibliche Kind von Engelbert Seibertz. Es wurde auf den Namen Anna (1847 - 1890) getauft. 1833 trat Seibertz eine groBe Studienreise an. Uber Oberbayern und Tirol ging es durch Norditalien bis nach Venedig, Genua und Florenz. In einem umfangreichen Skizzenbuch hielt der zwanzigjahrige Kunststudent seine vielfaltigen Eindrucke fest. Da Seibertz seinen Militardienst noch nicht abgeleistet hatte, kehrte er nach dreijahriger Abwesenheit im Herbst 1835 vorubergehend in seine sauerlandische Heimat zuruck. Sein Werkverzeichnis ohne Skizzen und Entwurfe umfasste zu diesem Zeitpunkt bereits 74 Titel. Zu den Portrats zahlen auch die Bildnisse von sieben Mitgliedern der Familie von Biegeleben und die Kinderbilder von Richard und Eberhard Unkraut aus Brilon. Den Militardienst leistete er ab April 1836 in Berlin. AnschlieBend fuhrten ihn immer wieder Auftragsarbeiten fur Portrats in die verschiedensten Gegenden Deutschlands. Daneben entstanden mit Szenen aus dem „Wallenstein" auch groSere Historienbilder in 01. Im Winter 1841 folgte Seibertz einem Ruf seines Munchner Freundes Christian Ruben nach Prag, der hier zum Direktor der Kunstakademie ernannt worden war. In der bohmischen Hauptstadt machte er die Bekanntschaft mit Julius Kockert, einem jungen und hoffnungsvollen Maler, der Seibertz empfohlen worden war. Durch ihn lernte er dessen Familie kennen. Der Vater war Sanger mit einer ausgezeichneten Bassstimme und Opernregisseur an der Nurnberger Oper. Von NiJrnberg aus hatte die alteste Tochter Franziska ein Engagement als Sangerin in Prag erhal- Johann Suibert und Julie Seibertz batten gegen die Verbindung mit der Familie Kockert zunachst groBe Vorbehalte. In einem langen Brief schilderten die Eltern 1846 ihre Bedenken gegen die geplante Ehe mit einer Protestantin und einer Sangerin. Zu ihrer Freude trat Franziska vor der Ehe zum Katholizismus iiber und verzichtete auch auf alle Engagements als Sangerin. Johann Soibert Seibertz, Vater des Malers, 1848 Privatbesitz In Prag ftihrte Seibertz vornehmlich Portratauftrage von Angehorigen des bohmischen Hochadels aus. Daneben portratierte er auch viele Gelehrte, Kunstler und GroBkaufleute. Insgesamt entstanden 106 Olgemalde, davon 68 lebensgroBe Portrats. 1843 zeichnete er das erste groBe „Faustblatt" mit dem Titel „Der Traum" und 1844 das zweite „ Faust vor dem Spiegelbild in der Hexenkuche". 1846 entstand die dritte groBe „Faustzeichnung" mit dem Titel „Faust, dem die Hexe den Trank reicht". Auch die Erinnerung an den „Prager Fenstersturz" und den DreiBigjahrigen Krieg lebte neu auf. Hier entstanden alle Zeichnungen zu Schillers „WaIIenstein", die teilweise spater als 01gemalde ausgefuhrt wurden. Seibertz erlebte in Prag eine kunstlerisch erfolgreiche Zeit und scheint sich auch in der Prager Gesellschaft wohl gefuhit zu haben. Er war Mitglied der Prager Kunstlergesellschaft „Concordia". Julie Seibertz, Mutter des Malers, 1848 SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Privatbesitz Wegen der Revolution von 1848 und der antideutschen © Copyright Sauerlander Heimatbund no Sauerländer Heimatbund SAUERLAND SAUERLAND NR. 3/2005 Olstudie fiir ein Fresko im Maximilianeuw Maximilianeum Mtinchen Illustration aus Goethes „Faust" Wallenstein im Gesprdch mit dem schwedischen Oberst Ausschreitungen verlieB er Bohmen und lebte vorubergehend im Haus seiner Eltern in Arnsberg. Hier vollendete er die in Prag begonnenen „ Faust "-Illustrationen, die 1854 und 1858 in einer Prachtausgabe im Cotta-Verlag erschienen. Von besonderer Bedeutung ist, dass Seibertz beide Bande, also erstmals auch Faust II, vollstandig illustrierte. Durch das Erscheinen der „ Faust "-Illustrationen, denen bald Illus-trationen zu Schillers „Wallenstein" folgten, erhielt SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Seibertz einen internationalen Ruf als Historienmaler. Die kunstliebenden bayerischen Konige Ludwig I. und dessen Sohn Maximilian II. wurden verstarkt auf den Sauerlander Maler aufmerksam und forderten maBgeblich seine Kunstlerkarriere. Seibertz erhielt vom, Konigshaus den Auftrag zu zwei groBen Freskogemalden fiir die oberen Sale des im Bau befindlichen Maximilianeums. Am 19. Mai 1858 wurde in Munchen ein Vertrag zwischen Seibertz und dem bayerischen Konigshaus geschlossen, der die naheren Einzelheiten der von Seibertz zu erstellenden Gemalde festlegte. Das eine Gemalde zeigt die imaginare Einfuhrung Alexander von Humboldts in einen Kreis von Gelehrten in Bayern. Das andere Gemalde stellt eine Versammlung bedeutender Staatsmanner zur Zeit des Wiener Kongresses dar. Bis 1869 schuf Seibertz zusatzlich mehrere allegorische Bilder fiir das Treppenhaus des Maximilianeums und fiihrte sie als Wandmalereien aus. Bei der groBen Kunstausstellung im Jahre 1858 in Munchen - ein epochemachendes Ereignis in der deutschen Kunstlerschaft - gehorte Seibertz neben Kaulbach, Piloty und namhaften anderen Kunstlern zur Jury. Als Anerkennung fur seine Leistungen hat ihm der bayerische Konig den Verdienstorden vom Heiligen Michael und den Professorentitel verliehen. Begeisterung fanden seine Historienbilder wie die Schluss- © Copyright Sauerlander Heimatbund szene zu Shakespearges Richard II., vier groBe Olgemalde aus ..Wallenstein" sowie die Entwurfe fur funf Fenster der Kathedrale in Glasgow. Die erfolgreiche Munchner Schaffensperiode und die damit verbundene gesellschaftliche Anerkennung wurden durch den fruhen Tod seiner zweiten Ehefrau Franziska getrubt. Sie starb 1861 im Alter von nur 36 Jahren. Die Eltern von Engelbert feierten 1862 im Kreis von zahlreichen Freunden und Verwandten das Fest der Goldenen Hochzeit. Auf dieser Feier traf er seine Jugendfreundin, Franziska Greve (1819 - 1890), verwitwete Hundt. Im folgenden Jahr ging er mit ihr seine dritte Ehe ein. Zusammen mit ihr, ihren drei Kindern aus erster Ehe und seiner Tochter Anna kehrte er nach Munchen zuruck. Nach dem Tod seines Gonners Maximilian 11. und der Ubernahme der Herrschaft durch dessen Sohn Ludwig II. ging die Zahl seiner Auftrage in Munchen spurbar zuruck. Die Kunstlerszene in Bayern wurde fortan maBgeblich durch die Malerfiirsten Karl und Ferdinand von Piloty und vor allem durch Franz von Lenbach bestimmt. Diese neue Ktinstlergeneration hielt in ihren Ateliers regelrecht Hof. Seibertz ftihlte sich in dieser Umgebung nicht langer wohl und verlegte daher Ende 1869 seinen Wohnsitz dauerhaft nach Arnsberg. Nach dem Tod seiner Eltern fiel ihm 1871 das elterliche Haus als Erbe zu. Sauerländer Heimatbund 3/2005 SAUERLAND 111 SAUERLAND NR. Familiengruft Seibertz auf dem Arnsberger Eichholzfriedhof aus „Arnsberg - Bilder einer Stadt"- Foto: Friedhelm Ackermann f In Arnsberg widmete sich Seibertz wieder verstarkt der Portratmalerei. Er fertigte vor allem Bildnisse fur seine weit verzweigte Verwandtschaft und seine vielen Bekannten und portratierte zahlreiche Burger aus dem gesellschaftlichen Leben Westfalens. 1883 fertigte er ein groBes Wandgemalde in der Arnsberger Propsteikirche, das die „Auferstehung Christi" zeigt. Weitere schwere Schicksalsschlage blieben ihm in seinem langen Leben nicht erspart: 1890 starben seine dritte Frau und seine Tochter. Nach deren Tod hat ihn seine Stieftochter, Agnes Hundt, betreut und versorgt. Hinzu kam ein schweres rheumatisches Leiden mit der Folge, dass er die letzten acht Jahre seines Lebens nicht mehr gehen konnte. In sieben Banden hat er seine Lebenserinnerungen niedergeschrieben, die auf seinen ausdrucklichen Wunsch hin erst 50 Jahre nach seinem Tod der Offentlichkeit zuganglich gemacht werden durften. Seinen sieben Enkeln vermachte er gemeinsam sein Haus und sein Atelier, allerdings ohne irgendein Inventar oder Mobiliar, das er seiner Stieftochter Agnes Hundt zusprach. Sie er- SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund hielt auch alle noch in seinem Besitz befindlichen Bilder oder sonstigen Kunstwerke. Die von Seibertz erstellten Originalzeichnungen zu „Faust" und „Wallenstein" hat sie an das Museum fiir Kunst und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund gegeben. Das Sauerland-Museum hat sie fiir die Ausstellung ausgeliehen. Engelbert Seibertz starb am 2. Oktober 1905 in seinem Haus im hohen Alter von 92 Jahren. Er wurde in der Familiengruft an der Seite seiner Eltern auf dem Arnsberger Eichholzfriedhof beigesetzt. © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 112 SAUERLAND NR. 3/2005 Sauerlandische Industriebilder Wiedcrentdeckte Friihwerke von Engelbcrt Seibertz von Dr. Siegfried Kessemeier Bildliche Darstellungen der fruhindustriellen Arbeitswelt des sudlichen Westfalens sind uberaus selten. Sie beginnen in den 1780er Jahren im markischen Sauerland mit Kupferstichen, die Werkplatze der Eisen- und Textilverarbeitung zeigen. Erst seit den 1830er Jahren, parallel zu einem neuen technischen Entwicklungsschub, wird das Interesse an diesem Sujet lebhafter. Wiederum aus dem markischen Westfalen kommt um 1834 ein wesentlicher Beitrag: Alfred Rethels Gemalde „Die Harkortsche Fabrik auf Burg Wetter". Im Briloner NachlaB Hovener des Westfalischen Freilichtmuseums Detmold tauchte 2001 ein neues, bisher unbekanntes Industriebild aus dieser Zeit auf, ein Gemalde, das die „01sberger Hutte" darstellt und 1832 datiert ist, also noch vor Rethels Bild entstand (01 auf Leinwand, 40 x 57 cm). Erreicht es auch nicht dessen kiinstlerischen Rang, so ist es doch ein bemerkenswertes kunstlerisches Bilddokument, das nun auch das obere Sauerland in die industriegeschichtliche Bilduberlieferung einbezieht. Eine weitere Uberraschung schlieBt sich an: Das Gemalde ist - wie das Kilnstlermonogramm ausweist - ein Friihwerk von Engelbert Seibertz. Engelbert Seibertz: Arjsicht der Olsberger EisenhuLle. 1832 Zum leichteren Verstandnis fur unsere Leser wiederholen wir unser Titeibild hier nochi einmal 1832 war der in Brilon geborene und aufgewachsene Sohn des Juristen und Landeshistorikers Johann Suibert Seibertz gerade 19 Jahre alt, Im Herbst 1830 hatte er ein Studium an der Kunstakademie Dlisseldorf begonnen, im Herbst 1832 wechselte er zur Kunstakademie Munchen. Als er im Sommer dieses Jahres fiir einige Monate in Brilon war, widmete er sich seinen ersten Gemaldeauftragen. AuBer drei Portrats, von denen berichtet wird, hat er damals - sicher im Auftrag des Briloner Gewerken Richard Unkraut - auch die Olsberger Hutte gemalt. Industriebilder dieser Zeit sind noch ganz in Landschaft eingebunden, also eigentlich Landschaftsbilder mit Industrieanlagen. So auch diese Darstellung, die traditionell bei einem Staffagebaum im Vordergrund ansetzt und sich mit einem Talausschnitt zum Hintergrund und einem stimmungsvollen Himmel off net. Ein bewaldeter Bergrucken tritt rechts vor den Himmel; er senkt sich links ins Tal, wo man leicht angedeutet SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund einen Ort mit einem Kirchturm erkennt. Beherrschend erscheint im Vordergrund mit dem Schwerpunkt in der Bildmitte die Hutte. Hauptgebaude und Vorplatz sind hell hervorgehoben; uber einen benachbarten Wiesen- oder Feldhang wird das Licht weiter zum Talausschnitt und rotlichen Abendhimmel gefuhrt. Die Nebengebaude der Hutte treten, etwas im Schatten bleibend, zuruck. Vielerlei miniaturhafte Figuren beleben den Vordergrund. Besonders hervorgehoben sind drei Manner, offensichtlich bei einer Inspektion; der mittlere wohl ein Gewerke, der rechte mit weisendem Arm ein Hiittenmeister. Dies entspricht einer schon seit dem 18. Jahrhundert bei Industriebildern gelaufigen Darstellung. verteilt: Andeutung regsamer Tatigkeit. Trotzdem sind die Bauten bestimmend. Im Mittelpunkt ein einstockiges Gebaude, das an einem kleinen Vorgiebel Schlagel und Eisen zeigt, uberragt von einem eckigen, turmartigen und mit Satteldach abgeschlossenen Bau: Es ist die GieBhalle mit dem Hochofen. Links daneben, mit dem Mauerwerk unten an die GieBhalle anschlieBend, ein zweistockiges, oben in Fachwerk ausgefuhrtes Gebaude. Dahinter weitere Hauser, of fenbar Lagerhauser, sowie ein rechteckiger Sockel aus Bruchstein mit einer rotlichen Aufschuttung, vermutlich die Erzroste. Vorn rechts lauft ein Wassergraben oberschlachtig iiber ein Wasserrad; knapp am unteren Bildrand ein Bach, der ihn aufnimmt. In den geoffneten Tiiren des Hiittengebaudes sind zwei Arbeiter zu erkennen, ein drifter neben dem Wasserrad rechts. Aber damit nicht genug; wenn auch nur winzig und schemenhaft, entdeckt man bei den Nebengebauden zwolf weitere Arbeiter, auBerdem abseits zwei Fuhrwerke, eines unten im Tal, eines daruber auf dem Hangweg, und schlieBlich links am Rand neben einem Busch einen Angler. Solch eine idyllische Randfigur im Vordergrund ist ebenfalls ein traditionelles Motiv. Sechzehn Menschen und zwei Fuhrwerke also sind, kaum daB man es erkennt, im Bild Der Kunstler hat die topographische Situation genau wiedergegeben: die Lage der Olsberger Hutte in einem Seitental der Ruhr am Gierskoppbach, unterhalb eines Bergruckens, des sogenannten „Tannenkopfchens". Der im Talausschnitt links erscheinende Ort soil Olsberg sein. Auch die Wassernutzung des Gierskoppbaches, wichtig fur den Geblaseantrieb, wird mit dem Wasserrad angedeutet. Irritierend ist der spitze Kirchturm hinter der Bergkante. Er gehort nicht zum Olsberger Ortsbild dieser Zeit, entspricht aber dem Turm der © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 113 3/2005 zustandigen Pfarrkirche St. Martin in Bigge. Der Maler hat ihn wohl nur kompositorisch eingefiigt. Das seitlich sichtbare TiArmchen indes ist das der damals noch vorhandenen Olsberger St. Nikolaus-Kapelle. falischen Industriebilder der Zeit. Der spatere Portratist Seibertz schuf hier auf seine Weise auch ein Portrat, indem er die topographische Physiognomie eines sauerlandischen Huttenwerkes ins Bild brachte. Bereits seit Ende des 16. Jahrhunderts an dieser Stelle bestehend und den Roteisenstein des nahen Eisenbergs nutzend, hatte die Hutte ab 1823 durch den Bau eines neuen Hochofens und die Einrichtung einer GieBerei mit Schleifwerk eine entscheidende Modernisierung erfahren, die zu einer positiven Entwicklung fiihrte. Der Hochofen hatte eine Hohe von etw/a neun Metern. Ein neues Zylinder- Der junge Seibertz hat mit diesem Bild in einer erstaunlichen Genauigkeit und Detailliertheit die Olsberger HQtte im Zustand von 1832 geschildert. Trotz mancher konventioneller Ztige ist es eine industriegeschichtlich bedeutende Darstellung. Sie erganzt die bisher bekannten west- Ausschnitte aus dem Gemdide „Ansicht der Olsberger Eisenhiitte", 1832 Alls Aufnatimen wurden vom Westfalisclien Freiiichtmuseum Detmoid, Landesmuseum fur Volkskunde zur Verfugung gestellt SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 114 SAUERLAND NR. 3/2005 geblase, verbunden mit einem Wasserrad von mehr als sechs Metern Durchmesser, sorgte fur die Luftzufuhr. Als 1825 der Oberberghauptmann Gerhard aus Bonn die neue Anlage besichtigte, bezeichnete er sie als vorzijglich und nannte sie beispielhaft fiir andere Hutten im Herzogtum Westfalen. Solche waren etwa die seit 1728 betriebene Wendener Hutte (bis 1866) und die 1748 gegrtindete Wocklumer Hutte (bis 1864). Sein SelbstbewuBtsein ist uniibersehbar. Seibertz hat es eindrucksvoll ins Bild gebracht. Eine Unternehmerpersonlichkeit und der Ort ihres Schaffens - ein als ehemaliges Kloster ungewohnlicher Ort. Wie bei Rethel ein barter Kontrast: dort die Fabrik in der Burg, hier die Eisenhutte im Kloster. Die Ablosung der alten Zeit durch eine neue - in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts schritt sie unaufhaltsam voran. Geschmolzen wurde mit Holzkohle. Nach dem Umbau war die Hutte anfangs 23-24 Wochen jahrlich in Betrieb (1827), spater bereits 32 Wochen (1834). Sie erzeugte zunachst jahrlich 10-12000 Zentner Roheisen, spater sogar 16000 Zentner. In den Jahren 1831-33 waren bei ihr zahlreiche Arbeiter beschaftigt, nicht nur Huttenleute, sondern auch andere in ihrem Umfeld Tatige: Bergleute, Hammerschmiede, Kohler, Fuhrleute. Diese Fakten machen deutlich, was alles sich hinter der nahezu idyllisch in eine Gebirgslandschaft eingebetteten Hutte verbirgt. Die Bredelarer Hiitte verarbeitete Eisenerze aus den Ulrichschen Gruben. Sie produzierte Roheisen und Gu6waren wie Ofen, Topfe, Gelander und Pumpenrohren. 1836 wurde ein zweiter Hochofen errichtet, 1851 ein dritter Seibertz' Gemalde von 1832 erinnert an die Anfangsphase dieser Entwicklung. Inzwischen ist im Zusammenhang der Forschungen zur Bredelarer Hutte ein weiteres Gemalde von Engelbert Seibertz, ebenfalls 1832 entstanden, in Privatbesitz aufgetaucht, das einem anderen Typus des Industriebildes entspricht: dem Unternehmerbildnis mit topographischem Hintergrund. In Seibertz' Werkverzeichnis erscheint es unter dem Titel „Bildnis des Herrn Theodor Ulrich im blauen Rock und braunen Mantel, im Hintergrund das Haus Bredelar" (01 auf Leinwand, 60 x 50 cm). Auch dieses Werk ist ein bemerkenswertes Dokument sauerlandischer Industriegeschichte und erganzt das Olsberger Huttenbild. Seibertz' Begabung als Portratmaler wird hier schon deutlich. Das Brustbild zeigt im Halbprofil nach rechts einen Mann mit energischem Gesichtsausdruck, der zusammen mit der aufwendigen Gewandschilderung und der Raffung des Mantels etwas Kiihnes SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Bildnis Theodor Ulrich mit der Eisenhiitte im einstigen Kloster Bredelar 1832 und FeldherrnmaBiges hat. Den Kopf hinterfangt eine bergige Landschaft mit Gebauden. Dargestellt ist das einstige Zisterzienserkloster Bredelar, in dem Theodor Ulrich (1790-1878), aus einer der fiihrenden sauerlandischen Gewerkenfamilien stammend, 1828 eine Eisenhutte errichtete. Sie wurde nach ihm „Theodorshutte" genannt und bestand als GieBerei bis 1931. Miniaturhaft, aber deutlich ist links vom Kopf die industrielle Nutzung der Klosterkirche, in der der erste Hochofen stand, erkennbar: eine Rauchfahne uber dem Dach, eine fiir die Zeit typische filigrane Eisenbriicke in Dachtraufenhohe (sie diente der Beschickung des Hochofens), darunter ein rauchender Holzkohlenmeiler (Hinweis auf den Betrieb mit Holzkohle) und ein Pferdefuhrwerk. Es ist ein in den Einzelheiten realistischer Ausschnitt, ahnlich den Miniaturen des Olsberger Huttenbildes. Mit der Industrieanlage links und dem stattlichen Klosterflugel rechts erscheint der Dargestellte wie ein SchloBherr. © Copyright Sauerlander Heimatbund Der erste Teil dieses Beitrages wurde mit freundlicher Genehmigung des Westtalischen Freilichtmuseums Detmold ubernommen aus: Siegfried Kessemeier, Olsberger Huttenansichten: erschienen in: Goldene Zeiten, Sauerlander Wirtschaftsburgervom 17. bis 19. Jahrhundert, hrsg. von Stefan Baumeier und Katharina Schlimmgen-Ehmke, Essen 2001. Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 115 3/2005 Mitgliederversammlung des Sauerlander Heimatbundes in Meschede ijberzeugende Demonstration der Bedeutung des Heimatbundes fiir das kurkolnische Sauerland in der Stadthalle in Meschede von Hans Weuering Den musikalischen Auftakt gab das Blaserquintett des Musikvereins Freienohl unter Leitung von Wolfgang Klauke mit barocker Blasermusik. mit dem Tatigkeitsbericht des Vorsitzenden Dieter Wurm einen breiten Raum ein. Die Ehrung der Verstorbenen, festgemacht an dem Vorstandsmitglied, Redaktions- und Schlussredakteur, Kreisheimatpfleger und Mitglied des Kulturausschusses Friedhelm Ackermann, zeigte noch einmal den herben Verlust fijr den Sauerlander Heimatbund auf. Aber es wurden auch Wege fiir den Generationswechsel aufgezeichnet. Die Schlussredaktion wird in Zukunft von Hans Wevering und Martin Reuther wahrgenommen. Dirk Wevering, der auch bisher schon fiir die Bildbe- und verarbeitung tatig war, wird mehr und mehr die Aufgaben des Layouts und der technischen Redaktion wahrnehmen. Das Bildarchiv von Friedhelm Ackermann wird der Redaktion auch weiter zur Verfugung stehen. Daruberhinaus ist mit Georg Henneke ein Fotograf gefunden worden, der Zuarbeit fiir die Redaktion liefert. Der Mitgliederbestand bewegt sich um die 3000, genau 2998 Mitglieder. Es folgten Hinweise auf die Arbeit zur Erstellung eines „Schlagwortverzeichnisses" fiir die bisher rund 12000 erschienenen Seiten unserer Zeitschrift SAUERLAND. Eine mit viel Beifall aufgenommene Uberraschung gelang dem Heimatbund Meschede mit dem ausgezeichneten plattdeutschen Vortrag von Frau Christel Meyer; „Ruckblick und Ausblick" von Hedwig Jungbluth-Bergenthal. Der Kassenbericht wurde als befriedigend dargestellt und nach dem Bericht der Kassenprufer konnte dem Vorstand Entlastung erteilt werden. Zur Wahl standen der Kassenfiihrer/in und der Geschaftsfijhrer/in. Die Versammlung Mitglieder und Gaste folgten in diesem Jahr der Einladung der Stadt Meschede und waren am 27. August 2005 in Meschede zu Gast, 438 Mitglieder waren der Einladung gefolgt um auch in diesem Jahr, auch wohl aus einem personlichen Bediirfnis, eine Demonstration fiir das kurkolnische Sauerland abzugeben. Von der Atmosphare vollig anders als im vergangenen Jahr in Balve. Da noch in der einmaligen Umgebung der Balver Hohle, hier die groBartige Atmosphare der gut geschmiickten Stadthalle. Nicht unerwahnt bleiben darf die vom Kulturamt der Stadt Meschede und vom Stadtmarketing aufgebaute Ausstellung unter dem Titel „100 Jahre Stromversorgung und 75 Jahre Gasversorgung in Meschede". Ebenso die vielbeachtete Ausstellung des Mescheder Heimatbundes mit ausschlieBlich Friedhelm Ackermann'schen schwarz-weiB Aufnahmen von Kulturgutern aus Meschede, auch zur Erinnerung an den Verstorbenen gedacht. Der Vorsitzende des Sauerlander Heimatbundes, Dieter Wurm, zeigt sich hocherfreut so viele Mitglieder in seiner Heimatstadt begruBen zu konnen. „Kultur als Erbe und Auftrag" sei das Motto des SHB, so der Vorsitzende. GruBworte vom Btirgermeister der Stadt Meschede Uli Hess, vom stellvertretenden Landrat des Hochsauerlandkreises Erhard Schafer und vom Vorsitzenden des Heimatbundes Meschede Michael Schaefer folgten. Die Regularien, das Wesentliche der Mitgliederversammlung, nahmen u.a. Der 1. Vorsitzende Dieter Wurm begriiBt die in groBer Zahl erschienenen Mitglieder und Gdste Foto: Hans Wevering Auftakt zur Mitgliederversammlung in der Mescheder Stadthalle Foto: Anja Hagedorn SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 116 SAUERLAND NR. namlich 50 % der Anmeldungen. Aber die anderen Exkursionen, alle beleuchteten das kulturhistorische Erbe, waren ebenso interessant. Den Abschluss des Tages bildete traditionsgemaB der Plattdeutsche Gottesdienst in der kath. Pfarrkirche St. Walburga. Zelebrant war Dechant Friedhelm Rusche aus Olpe, der alle Texte und auch die Predigt in Plattdeutsch sprach. Dr. Werner Beckmann hatte die Gestaltung der Messtexte vorgenommen. Ein GruBwort fUr die Evangelische 3/2005 Kirche Meschede sprach Pfarrer HansJiirgen Baumer aus Meschede. An der Orgel begleitete Mark Ehlert zu plattdeutschen Liedtexten. Vorsitzender und Vorstand konnen auf eine gelungene Mitgliederversammlung zuruckblicken. Alle Teilnehmer werden sich gern den Dankesworten des Vorsitzenden Dieter Wurms an die Stadt Meschede, den verantwortlichen Mitarbeitern und Helfern aus dem stadtischen Bereich, aber auch den Helfern aus dem Mescheder Heimatbund anschlieBen. CruBworte des stellvertretenden Landrats Erhard Schdfer (1) Pater Claus Ludger Sobbeler bei der Fiihrung durch die Abtei Konigsmiinster (3) (1) (2) (3) Foto: Hans Wevering M^ Dieter Henrici, Prdsident der Industrie- und Handelskammer Arnsberg (2) folgte dem Vorschlag des Vorstandes und wahlte Hans-Dieter Loeffler und Ulla Schmalt wieder in den Vorstand. Im Hauptreferat, gehalten vom Prasident der Industrie- und Handelskammer Arnsberg Dieter Henrici, wurde die wirtschaftliche Situation des kurkolnischen Sauerlandes beleuchtet. Von den Mitgliedern wurde das Referat mit Interesse und viel Beifall aufgenommen und ist auf der Seite 123 nachzulesen. Nach dem Mittagessen auf Einladung der Stadt Meschede, bei vielen Gesprachen und Kontakten unter den Mitglie^ dern, waren seciis Exkursionen im Angebot, so dass alle Interessenlagen abgedeckt waren. Besonderer Andrang war fijr die Exkursion nach Schloss Laer und Klausenkapelle zu verzeichnen, SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Mitglieder horen interessiert die Eriduterungen auf dem Ehrenfriedhof in Euersberg © Copyright Sauerlander Heimatbund Foto: Ulla Schmalt Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 117 3/2005 Wanderer im Sauerldnder Herbstwald Foto: Friedhelm Ackermann t SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND SAUERLAND NR. 118 3/2005 Einem Ratsel auf der Spur: Balve vor 1200 Jahren von Werner Ahrens Wir konnen mit groBer Sicherheit davon ausgehen, dass die Sachsen in dem Bereich der spateren Balver Befestigung schon eine Siedlung hatten. Wenn wir wissen, dass Widukind Landereien im Balver Land besaB, wenn wir wissen, dass Widukind ein zaher Widersacher Karl des GroBen war, der sehr spat und nicht ganz freiwillig zum Christentum konvertierte, so kann man sich einiges erklaren, wenn man Fragen stellt wie: Stimmt es, dass in der Lebensgeschichte des hi. Ludger, von einem Monch 864 in der Abtei Werden, von einem blinden Madchen berichtet wird, das geheilt nach Balowa (das heutige Balve) entlassen wurde? Stimmt die Obersetzung des Namens Balowa z. B. mit; „bei den Bosen"? Erklarbar ist es schon, wenn die widerborstigen Sachsen, im wilden Tal der Honne, mit einem Bericht iiber ein Wunder an einem ihrer Kinder uberzeugt oder belohnt werden sollten, wenn wir lesen, dass viele Sachsen immer wieder nach ihrem uberlieferten Kult lebten. Und wer weiB schon genau, warum die Kirche in Balve ca. 100 Meter vom befestigten Ort gebaut wurde? Hatte man die Kirche nicht mit „ins Dorf' nehmen konnen? Wenn die Menschen hier wirklich so schwierig waren, hatte eine Holzkirche nicht lange gestanden. Dass es durch Unwetter auch mal Hochwasser gab, ist kein ausreichender Grund die erste Kirche weit drauBen zu bauen. Solche gelegentlichen Oberschwemmungen hat es ja in vielen Orten gegeben und gibt es noch. Oben der diteste Tell, die Apsis! Die weiBe Linie macht den Anbau des Ciiorraumes und des Querhauses deutlich, gut zu erkennen am Material und der Schichtung der Steine. Die vage Vermutung, das Haus Nassau habe die Kirche gegrundet, kann uns auch nicht weiterhelfen. Vorgesetzte Halbrundsdule auf eine einfache Basis gesetzt, Mauervorsprung, um 1300. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund© Unten: Die friihe, schlichte rom. Basilika konnte so ausgesehen haben Rechte Seite: Die rom. Hallenkirche wie sie uns a. d. 13. Jh. bis 1910 iiberbracht ist. Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund 3/2005 SAUERLAND 119 SAUERLAND NR. Ehem. Nordost-Portal des Querhauses mit dem gleichen schachbrettartigen Muster der Kdmpfer im Querhaus. Kdmpfer aus einer frijhen Bauzeit, vom Querhaus in den Chorraum gesehen. Kdmpfer im Querhaus aus der Basilikazeit, nach Osten gesehen. Stadtfuhrungen, die ich an unserer Kirche beginne, haben mich dazu gebracht unsere romanische Kirche naher anzusehen. Erkenntnisse dariiber, dass sie zu verschiedenen Zeiten verandert wurde, gibt es u. a. von F. A. Hoynck, Dombaumeister Prof. Joseph Buchkremer, Dr. theol. et phil. Karl Holker und Dr. Elmar Hartmann. Keiner der Autoren geht allerdings auf Besonderheiten ein, die durch Vergleichen interessante Erkenntnisse bringen und Deutungen zulassen. Sie haben mich bewegt in einer 16-seitigen Schrift, sehr komprimiert, Fragen zu stellen, die noch nicht gestellt wurden. Details „sichtbar" gemacht, die bisher von Balvern und Besuchern nicht bewusst beachtet wurden. Oben: Ein Medaillon in einer Fensterlaibung in der romanischen Apsis. Ein Prophet oder Johannes der Tdufer?Oder? Wer weiB es...? Rechts: Seit 1911, die St. Blasius-Kirche mit der Oktogonkuppel von Dombaumeister Prof. Joseph Buchkremer aus Aachen. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Einem Rdtsel auf der Spur: Balue vor 1200 Jahren. Eine interessante Veroffentlichung, fur 1 Euro in Buchhandlungen, in der Balver Kirche und bei der Heimwacht Balve e.V. erhaltlich. (Fotos: Ahrens) © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 120 SAUERLAND NR. 3/2005 JubelgriiBe zum SchulabschluB seit der Kaiserzeit Bericht iiber eine Schmallenberger Ausstellung Eine umfassende Geschichte des Bildungswesens und der Schulentwicklung inn Herzogtum Westfalen gibt es bisher leider nicht. Zwar haben viele sauerlandische Schulen - sowohl traditionsreiche wie noch ganz junge - in Jubilaumsschriften ihren Werdegang aufgezeichnet, aber das sind Einzeldarstellungen, eine Gesamtschau der Bildungseinrichtungen fehlt bis heute. Es gibt aber hoffnungsvolle Ansatze, nicht am Padagogenschreibtisch entstanden, sondern als Ergebnis der Passion eines unermudlichen Sammlers. Wolfgang Schultz aus Bad Fredeburg hatte mit seiner beeindruckenden Ansichtskartensammlung bekanntlich schon im Museum Holthausen die Entwicklung des Tourismus in unseren Breiten veranschaulicht. Nun prasentiert er schulische Dokumente ganz besonderer Art: Die erfolgreichen Abiturienten und „Einjahrigen" verschiedener Schulen des Sauerlandes schickten an Verwandte und Freunde GruBkarten, um das erfreuliche Ereignis zu verkunden. In der Kaiserzeit entstanden solche Festkarten, bis diese Beispiele „bildlich dargestellter Emotionen" - so nennt sie Schultz selbst - nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Mode kamen. Er stellte diese Spezialsammlung aus seinen Schatzen im Juni dieses Jahres in der Sparkasse Schmallenberg aus: 180 Karten verschiedenster Art aus dem Kreis Olpe, dem Hochsauerlandkreis und der Stadt Ruthen. Nicht genug damit, da6 wir die JubelgriiBe in Schwarz-WeiB oder Farbe mehr oder weniger kunstlerisch gestaltet in den Vitrinen betrachten konnten, SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund von Dr. Erika Richter Tivnd^vv^^ 190$. KrieqsjahrlW^ iGYMNASIUHLAURENTIAWUni Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 121 3/2005 karten gefeiert. Neu war nun auch die hohere Madchenbildung wie in Olpe oder Arnsberg, die mit Festkarten die mannliche Tradition iibernahmen, sogar die Bezeichnung „Einjahriges", die fur Madchen ja nicht zutraf. Schultz hat den jeweiligen schulischen Hintergrund, Grundung und Schulform erlautert und damit schon ein Stuck Schulgeschichte unseres Raumes verfaSt. Wer weiB heute, da6 bereits das 17. Jahrhundert im Sauerland bemerkenswert „schulfreundlich" gewesen ist, zumindest hinsichtlich der gymnasialen Bildung. In Attendorn, das schon seit 1515 eine sog. Humanistenschule hatte, wurde diese 1638 als „Marianum Seraphicum" von Franziskanern fortgefiihrt. Ebenfalls noch im DreiBigjahrigen Krieg, im Jahr 1643, entstand in Arnsberg im Einvernehmen mit Wedinghausen das Klostergymnasium „Laurentiano-Norbertinum", in Brilon 1655 das Minoriten Gymnasium, das nach wechselvoller Geschichte als „ Gymnasium Petrinum" in diesem Jahr seine 350. Jahrfeier begehen konnte. Von diesen traditionsreichen Schulen verktinden besonders viele GruBkarten den errungenen Sieg der Absolventen. Das 20. Jahrhundert entwickelte eine Fiille neuer Schulformen, von denen hier die Fredeburger „ Deutsche Oberschule in Aufbauform" gruBt. Falls es noch Fredeburger Schuler und Abiturienten gibt, die in Schubladen Karten aus der damaligen Zeit hiiten, wurde sich Wolfgang Schultz uber eine Mitteilung besonders freuen. Das gilt aber auch fiir alle anderen Schulen, denn er betont ausdrucklich, daB seine Vorstellung der klassischen GruBkarten „nur einen ersten Schritt zur Erhellung der Thematik" bedeute. „Es fehlen zu viele „Jahrgange" solcher Festkarten, die es gestatten wiirden, eine Linie in die Vielfalt der Darstellungen zu bringen ..." Ihn feierten aber auch die „Einjahrigen". Diese Bezeichnung gab es in PreuBen seit 1832 fur den SchulabschluB beim Erreichen der Obersekunda-Reife. Wer sie erhielt, brauchte als wehrdienstpflichtiger Freiwilliger nur ein Jahr aktiv zu dienen und durfte sich seinen Truppenteil selbst wahlen, muBte sich allerdings, so erlautert Schultz, auf eigene Kosten unterbrinWIILSEHEN.WAE FAU5TE UND 5CHIJLTERN QREITET gen, bekleiden und WA5 DIE 5EELE SCHWEUJ UND DIE>UJEEN WEITET verpflegen. Auch in den seit dem 19. Jahrhundert im hiesigen Raum neu entstehenden Schulformen wie dem Lehrerseminar in Ruthen, das Volksschullehrer ausbildete, wurde der AbschluB durch GruB- II WIIL 5EHEN, WAS DIE ARBEIT IST. DEUTSCHE DBERSCHULE SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Es ware schon, wenn der Appell des Sammlers Widerhall fande und sich die Liicken in den Jahrgangen schlieBen konnten. Schon jetzt veranschaulichen die Karten aber sehr ausdrucksvoll, wie sie vom jeweiligen Zeitgeist gepragt sind: das Pathos von Krieg, Kampf und Sieg und einer strahlenden Zukunft verinnerlichten die vergangenen Generationen offenbar mit Inbrunst - vielleicht ein Grund, warum moderne Jugendgenerationen, die eher „cool" sein wollen, sich dieser GruBkartenmode nicht angeschlossen haben. Wie ware es mit einer Wiederholung der Ausstellung an anderen Orten? Neue Mitglieder bzw. Abonnenten Gabriele Richter, Balve • Paul Fingerhut, Hagen • Eva-Maria Pfitzner, Meschede • Wolfgang WeiB, Stadtmarketing Meschede e. V. • Ulrich Moll, Hagen • Heike Ackermann, Stuttgart • Christoph Traud, Balve • Helga Mouwens, Sundern • Michael Pellmann, Sundern • Michael Horrig, Sundern • Manfred Siepe, Eslohe • Dr. Robert Lange, Lennestadt • Michael Maas, Meschede • Dr. Jost Schmitz-Berning, Neuss • Lucy Gabriel, Overath © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 122 SAUERLAND NR. 3/2005 Auf den Spuren von Kaisern, Kaufleuten und Pilgern von Wilfried Schmidt Kurz vor dem Sportplatz am Wormbacher Berg erfolgte der Oberfall. Aus dem Dickicht des Waldes sturzten, ihre Schwerter schwingend, laut schreiend wilde Sugambrer und forderten ihren Wegezoll. Die Oberfallenen, eine Schar frommer Pilger, wanderten friedlich uber die HeidenstraBe, den uralten Weg, der das zentrale Sauerland durchquert, von Korbach kommend und nach Koln fuhrend. Die Pilger zahlten mehr oder minder erfreut den Zoll und trollten sich fort auf Gleidorf und Winkhausen zu. So geschah es am 12. Juni 2005: Aber die Sugambrer waren nicht echt, der Uber- ein an. Denn seit dem fruhesten Mittelalter wurde der Weg benutzt, von Pilgern zum Beispiel, die zum fernen Santiago de Compostella im Nordwesten Spaniens wollten; aber auch Kaiser des Heiligen Romischen Reiches Deutscher Nation zogen auf der wm HeidenstraBe, als das von ihnen regierte Reich noch keine Hauptstadt besaB und die Kaiser als „Reisekaiser" im Lande unterwegs waren. Gut 100 interessierte Wanderer trafen sich in Wormbach zu einer „Erstwanderung" auf der HeidenEriduterungen an der Schmallenbercjer Linde von Herbert Schmoranza straBe. Dabei war der Vorsitzende des fall ein Spiel. Und die Schar frommer Sauerlander Heimatbundes, Dieter Pilger? Sie wanderten uber den Worm- Wurm, der in der Wormbacher Kirche bacher Berg und sucliten die Heiden- die Teilnehmer begruBte, unter ihnen straBe, jenen historischen Weg, den Anneliese und Herbert Schmoranzer, einst Herren und Handler, Kaiser und die in ihrem Buch „Wandern und PilKaufleute, Pilger und Pater von Leipzig gern auf der HeidenstraBe" den alten nach Koln und umgekehrt zogen. Hier Weg wieder sichtbar machen. Es gehort und dort finden sich noch Reste der al- zu den Phanomenen unserer Zeit, dass ten StraBe in der Landschaft, Hohlwege Wanderer sich wieder auf alte Wege beund Feldraine, deuten noch Flur- und geben und ihnen folgen, zum Teil durch StraBennamen auf die alte Verbin- halb Europa. dung hin. Innerhalb der Stadt Schmallenberg fuhrte die Die HeidenstraBe wieder HeidenstraBe, von der Winans Licht und damit in die terberger Hochflache komErinnerung zu heben, ihren mend, uber Winkhausen, Verlauf und ihre Bedeutung Gleidorf und den Wormbazu erkennen, das geschichtcher Berg nach Wormbach liche Treiben im Laufe der und weiter nach Bracht. Die Zeit nachzufuhlen und sie Wandergruppe war von Wanderern und Pilgern zu Wormbach bis Winkhausen erschlieBen - dieser Aufgabe unterwegs, gefuhrt und benehmen sich Sauerlander gleitet von Fachleuten, die Heimatbund, Schmallenber- latcsMiagSMMBiaa lHim ger Verkehrsverein und Oberfall der Sugambrer Erlauterungen gaben. Es begann in Wormbach; ijber am Wormbacher Berg Sauerlandischer Gebirgsver- SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund HeidenstraBe uor Gleidorf dieses ehrwurdige Gotteshaus, eines der altesten im Sauerland, berichtete Annemarie Schmoranzer. Mitten im Wald am Wormbacher Berg wartete Paul Tigges vom Ebbinghof auf die Wanderer an einem Kreuz und zeigte die Wegespuren von Pilgerweg und HeidenstraBe, die auf der Erde noch sichtbar sind. Uber die „Schmallenberger Linde", von der aus die Landschaft zwischen Robecke und Hardier uberschaubar ist, wanderte die Gruppe nach Gleidorf. Pfarrer Wolfgang Rademacher fuhrte durch „seine" Kirche, die zu Unrecht unter den sauerlandischen Kirchen wenig beachtet wird; die Himmelsleiter in der Altarconche, 2003 von Eckhardt Sehrock aus Paderborn gemalt, ist einmalig im Hochsauerlandkreis. Von Gleidorf verlief die HeidenstraBe parallel zur jetzigen B 236 bis Winkhausen. Hier endete die Wanderung im Hotel Deimann. Der uralte Weg, gekennzeichnet mit der Jakobsmuschel, bringt alle historisch interessierten Menschen auf einen Pfad, der sowohl den stillen Pilger an sein Ziel brachte als auch den Herrscher des Reiches, den Kaufmann, den Diplomaten. Er wird heute wieder begangen vom wandernden Pilger, der ein femes Ziel erreichen will, um unterwegs bei sich selbst Alle Fotos: anzukommen. Annemarie Schmoranzer Sauerländer Heimatbund 3/2005 SAUERLAND 123 SAUERLAND NR. Das Sauerland - Industrieregion mit Vergangenheit und Zukunft Dieter Henrici, Prasident der Industrie- und Handelskammer Arnsberg hielt anlasslich der Mitgliederversammlung des Sauerlander Heimatbundes am 27. August 2005 in Meschedc den nachfolgend abgedruckten vielbeachteten Festvortrag katastrophalen Zustand der Wege im Herzogtum. Und so schreibt Schatzmann weiter: Meine Damen und Herren, Herr Wurm! „\Ner zu spat kommt, den bestraft das Leben." „Handlung und Kommunikation mit benachbarten Provinzen stockt wegen der ublen Beschaffenheit der StraBen. Ein jeder sucht gerne die weitesten Umwege, wenn er nur den verschrieenen Namen dieser LandstraBen hort." Wenn man dieses geflugelte Wort von Michael Gorbatschow als MaBstab nimmt, dann miisste das Saueriand immer noch am Schwanze aller nordrheinwestfalischen Entwicklungen und dem Wohlstandsgefiige stehen. Die Geschichte des HSK zeigt, dass die spate Entwicklung einer Region auch ein Vorteil sein kann. Ebenso haben die letzten 150 Jahre bewiesen, dass geographische Randlage keinesfalls zwingend wirtschaftliches Schattendasein bedeuten muss. Die Marktwirtschaft bietet jeder Region jederzeit Entwicklungschancen - Gelegenheiten, die man allerdings erkennen und entschlossen nutzen muss. Denn von der Wirtschaftsgeschichte her sind wir mehr als benachteiligt worden. 600 Jahre gehorte das Hochsauerland als Herzogtum Westfalen zum Kurfiirstentum Koln, von 1180 bis zum Jahre 1803. „Es lasst sich gut unter dem Krummstab leben" ist ein geflugeltes Wort, ob das allerdings fiir das Sauerland gilt ist mehr als zweifelhaft. Der kolsche Kurfurst sah diese Region, das Herzogtum Westfalen, allein als Jagdgebiet an, anstatt ihr Impulse zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung zu verleihen. Das gilt insbesondere fur das 18. Jahrhundert, als die Standorte ringsherum, das markische Sauerland, das Siegerland und Ostwestfalen sich unter den PreulSen prachtig fortentwickelt hatten. So hatte sich die preuBische Mark, heute auch markisches Sauerland genannt, mit der Zeit hoch entwickelt. Die vielen Kaufleute und Friihindustriellen hatten weit reichende Verbindungen zu den Messen in Frankfurt und Leipzig, zu den Handelszentren Amsterdam und Antwerpen geknijpft und verkauften dort heimische Produkte, wie Draht in speziellen Dimensionen, Schnallen, Haken und Dosen. Iserlohn gehorte am Ende des 18. Jahrhunderts sicherlich zu den reichsten Stadten PreuBens. Und was geschah mit dem HSK? Alle Geschaftsleute vermieden Reisen von Norden nach Suden, von Westen nach So beschreibt mein Ur-Ur-GroBvater Brokelmann seine Reisen ins Sauerland um Waren aus Dortmund dort zu verkaufen; Dieter Henrici Prasident der Industrie- und Handelskammer Arnsberg Osten in unserer Region. Es war nicht nur alleine die schwierige Topographie, sondern die miserable Verkehrsinfrastruktur. So schreibt der Chronist Ferdinand Schatzmann 1803 uber die Wege im kurkolschen Sauerland, das soeben hessisch geworden war, Folgendes: „Die Land- und PoststraBen dieses Herzogtum Westfalens sind erbarmlich und es ist kein Wunder, dass der FuB des Wanderers bisher sie vermied. Sie durften wohl zur Hauptursache dienen, dass dieses Land von Reisebeschreibern so selten und sparsam gedacht wurde und die Reise-Liebhaberei unserer Tage auf diese, daher noch unbekannte Gefilde Westfalens so wenig ihr Augenmerk richtete." Zwar fuhrt schon im Mittelalter zumindest eine wichtige Nord-Sudverbindung von Osnabruck bzw. Miinster uber Soest und Arnsberg weiter in Richtung Frankfurt und Mainz. Und nach Koln gelangt der Reisende durch die Verbindung, die von Kassel liber Korbach und Grevenbriick nach Westen fiihrte. Dennoch ist nicht zu verkennen, dass das Herzogtum abseits der groBen Handelswege liegt. Es gibt zwar lokale bzw. regionale Verbindungen, so etwa zwischen dem Herzogtum und dem Wirtschaftsraum Mark. Dabei handelt es sich aber selten um ausgebaute, ordentliche terrassierte StraBen oder Wege. Nur zu oft ist der Weg allein an den tief ausgefahrenen Spurrillen der Wagen zu erkennen. An der Wende zum 19. Jahrhundert haufen sich die Klagen uber den SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund „Zu Pferde, hoch bepackt und mit groBkalibrigen Pistolen bewaffnet, begab ich mich immer wieder auf langwierige und nicht ungefahrliche Handelstouren in das zwar nicht waldschwarze aber doch oft weglose und schwer zu bereisende, in weiten Teilen karge und nur spdrlich besiedelte Sauerland. Denn StraBen gab es noch nicht im Sauerland." Dieser Bericht stammt aus der Zeit etwa zwischen 1820 bis 1825. Diese Beschreibung wird auch nicht dadurch relativiert, dass unser Land urspriinglich mit natlirlichen Ressourcen reich gesegnet war. Bodenschatze wie Eisen, Zink, Blei oder Dachschiefer, eine reiche Bewaldung und nicht zuletzt Wasserkraft. Das geforderte Erz konnte vor Ort mit Hilfe von Holzkohle verhuttet und durch Wasserkraft geschmiedet werden. Marsberger Schmiede stellten beispielsweise im 12. Jahrhundert Messer und Zangen her. Aus Arnsberg kamen im 13. Jahrhundert begehrte Waff en, die bis nach Flandern und England gehandelt wurden. Buntmetalle und Blei wurden im Sauerland, insbesondere in Bruchhausen und in Silbach, in Sundern Uber mehrere Jahrhunderte abgebaut, jedoch spatestens in der Mitte des 17. Jahrhunderts kamen die bergbaulichen Aktivitaten und die damit verbundene Gewerbetatigkeit im Herzogtum Westfalen vielerorts zum Erliegen. Die Griinde fur diesen Niedergang lassen sich nicht immer genau nachvollziehen. Eine gewisse Renaissance erfuhr der Bergbau im Sauerland noch einmal im spaten 18. Jahrhundert, die etwa bis © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 124 SAUERLAND NR. zur Mitte des 19. Jahrhunderts andauerte. Als die Dampfkraft die Wasserkraft ersetzte und die Steinkohle die Holzkohle, war das Ende jeglicher Bergbautatigkeit schnell vorgezeichnet, Diese Aussage stimmt auch unter dem Aspekt, dass mit Ramsbeck die letzte Grube erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts geschlossen wurde. Daruber hinaus ist zu bezweifeln, ob diese Bergbautatigkeit in der fruhen Neuzeit seine Menschen auch nur einigermaBen ernahren konnte. Denn keine der Gruben beschaftigte mehr als zehn Leute, viele nur zwei oder drei. Wegen des damit verbundenen Kahlschiags der sauerlandischen Walder behindert zudem der kolsche Kurfurst den Aufbau von Hutten und Hammern. SchlieBlich wollte man sich nicht wegen der Industrie um das kurfurstliche Jagdvergnugen im Arnsberger Wald bringen lassen. Jagdrevier statt Industrierevier - diese Maxime war gewissermaBen die Leitlinie kurkolscher Politik gegenuber dem Sauerland fur die nachsten 200 Jahre nach 1600. Das anderte sich schlagartig, als vor 190 Jahren, im Jahre 1816, die PreuBen den Regierungssitz nach Arnsberg und nicht nach Dortmund oder Hamm verlegten, zwei Stadte, die sich in den gesamten 190 Jahren damit nicht abgefunden haben. Um es noch einmal zu wiederholen, bis dahin war wirklich das sijdostliche Westfalen das Armenhaus unter den westlichen Provinzen und die Verkehrswege waren im ganzen Land als eine einzige Katastrophe verschrien. Jeder machte einen groBen Bogen um das Sauerland. In dieser Situation war die Ansiedlung der Bezirksregierung in Arnsberg ein ungeheuer wichtiges Signal. Es ging nicht, wie wir heute sagen, nur um Arbeitsplatze, Kaufkrafteffekte, nein, es sollte aller Welt zeigen, dass die preuBische Obrigkeit an das Potenzial der Region glaubte und bereit war, in seine Entwicklung zu investieren. Das war ein Aufbruchsignal fur die ganze Region. Diese Erwartung ist voll aufgegangen. Das Sauerland startete einen wirtschaftlichen Aufholprozess, der in Deutschland nur vergleichbar ist mit SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund dem von Bayern. Die PreuBen haben damals erkannt, nur wer mitten drin sitzt, kann sich auch mit der Region identifizieren. Wenn jetzt erneut Arnsberg als Regierungsstadt in Frage gestellt wird, dann geht es nicht nur um Arnsberg, sondern um den Aufmerksamkeitsgrad, den Sudwestfalen, das Sauerland fiir sich beansprucht und beanspruchen muss. Noch heute haben das Sauerland und der Hellweg Schwierigkeiten ins Bewusstsein Diisseldorfs zu riicken. Ich sage Ihnen, bei zukiinftigen Projekten werden wir weiter zuriick fallen, wenn der Regierungssitz nicht in Arnsberg, sondern in Mijnster ist. Wir sind der Gefahr ausgesetzt, in den politischen Zentren, ob nun Beriin oder Dusseldorf, noch mehr ubersehen zu werden. Deswegen ist die Bezirksregierung in Arnsberg fur mich ein Symbol des wirtschaftlichen Aufstiegs unserer Region und wir miissen mit Mann und Maus dafiir kampfen. Wie schon gesagt, nachdem die PreuBen den Regierungssitz nach Arnsberg verlegt haben, hat eine unwahrscheinliche wirtschaftliche Entwicklung im Sauerland eingesetzt. Insbesondere der neue Oberprasident von Vincke setzte sich personlich ein, dass sich auch Fremde hier im Hochsauerland niederlieBen, die neues Denken, vielleicht auch Geld, technisches „KNOW HOW" bringen sollten. Die jungen Manner und Unternehmer kamen weitgehend aus der protestantisch gepragten Umgebung wie Dortmund, Ludenscheid und anderen preuBischen industriell gepragten Stadten. Dazu gehorte auch mein Ur-Ur-Gro6vater Friedrich Wilhelm Brokelmann, der sich 1826 aus Dortmund in Neheim niederlieB. Er war kein Tuftler, er war kein Techniker, aber er hatte ein Handchen dafiir, in den Zeiten der beginnenden industriellen Revolution immer wieder auf die richtigen Entwicklungen zu setzen, offene Augen fiir Menschen zu haben, die diese neue Entwicklung technisch umsetzen konnen. Aber auch viele unternehmerische Geister, deren Ursprung im Sauerland liegt, entwickelten sich plotzlich unter preuBischer Agide. © Copyright Sauerlander Heimatbund 3/2005 Mitte des 19. Jahrhunderts bestand fiir unsere Region eine erneute Gefahr, als uberall im Land seit 1830 Eisenbahnlinien entstanden. Seit 1840 gab es die Eisenbahn Koln-Minden, seit 1849 die Bergisch-Markische Eisenbahn, Elberfeld-Hagen-Dortmund, seit 1853 die Linien Hamm-Warburg und DortmundSoest. Wieder lief alles um das Sauerland herum. Ohne Eisenbahnanschluss drohte das Sauerland vom wirtschaftlichen Fortschritt abgeschnitten zu werden und das zarte Pflanzchen des wirtschaftlichen Aufschwungs unter den PreuBen zu verkiimmern. Es verlieBen schon wieder sauerlandische Unternehmer unsere Region um sich in Hamm und anderen Orten mit Eisenbahnanschluss neu zu orientieren. Die Grundung der Industrie- und Handelskammer in Arnsberg im Jahr 1851 war in der Tat eine Biirgerinitiative, um einen Eisenbahnanschluss in das Sauerland zu erzwingen. Es dauerte aber dann noch einmal 15 Jahre bis zur Genehmigung und weitere 5 Jahre bis zur Fertigstellung der oberen Ruhrtalbahn HagenWarburg. In der Wirtschaft ist es immer schwierig, wenn nicht unmoglich, Erfolge oder Misserfolge auf einzelne Ursachen zuriick zu fuhren. Tatsache ist, seit die PreuBen kamen, seit der Griindung der Handelskammer und insbesondere seit es die Eisenbahn gab, ging es mit dem Sauerland unaufhorlich wirtschaftlich bergauf. Nirgendwo in der Region wird das so deutlich wie am Beispiel der Stadt Sundern, die sich innerhalb einer Generation von einer bauerlichen Landgemeinde zu einer Industriestadt par excellence entwickelte. Bis ins 21. Jahrhundert hinein stellte die Industrie in Sundern zwei von drei Arbeitsplatzen, das ist eine hohere Industriedichte als die Ruhrgebietsstadte jemals batten und das bei einer Arbeitslosenquote von langer Zeit unter 4 - 5 %. Sundern hatte uber Jahrzehnte die niedrigste Arbeitslosenquote in ganz NRW. Durch den Aufschwung der Sauerlander Industrie hat die Region nicht nur am Wachstum des Landes teilgenommen, sondern sie hat zu den fruheren Wirtschaftsregionen in NRW aufgeholt, auch wenn das Bruttosozialprodukt pro Einwohner nicht den Durchschnitt des Landes NRWs erreicht hat. Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 3/2005 Nach einem 200jahrigen Dornroschenschlaf bis ins 19. Jahrhundert hinein, waren die folgenden zwei Jahrhunderte trotz mancher Riickschlage riickblickend eine einzige Erfolgsgeschichte. Vor allem die letzten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts belegen dies eindrucksvoll. Lassen Sie mich dazu nur ein paar Zahlen anfiihren: In den 20 Jahren zwischen 1980 und 2000 sind die Industrieumsatze in NRW um rund 65 % gewachsen. Im gleichen Zeitraum verzeichnete die Industrie im Hochsauerlandkreis ein Umsatzplus von knapp 130 %, d. h., die heimische Industrie ist doppelt so kraftig gewachsen wie im Landesdurchschnitt. Die Region hat sich damit beim Wachstum an die NRWSpitze gesetzt. Der IHK-Bezirk Arnsberg, zu dem allerdings auch der Kreis Soest gehort, hat dabei mit uber 10,5 Milliarden Euro zuletzt sogar den Nachbarbezirk Dortmund mit den Gro6stadten Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna mit zusammen doppelt soviel Einwohnern iiberflugelt. Noch klarer als bei den Umsatzen wird die Sonderstellung der Sauerlander Industrie bei den Arbeitsplatzen. Wahrend im Land 30 % zwischen 1980 und 2000 verloren gingen, haben wir die Zahl der Arbeitsplatze in der Industrie um 6 % ausgeweitet. Da auf der Grundlage einer starken Industrie auch die meisten der anderen Wirtschaftsbereiche - insbesondere die Dienstleistungen - Beschaftigung aufbauen konnten, lag der Hochsauerlandkreis mit einer Quote von um die 6 - 7 % bei der Arbeitslosigkeit immer ganz weit vorn. Mancher mag vielleicht mit Bedauern feststellen, dass das mit dem Dienstleistungsgewerbe im Hochsauerland nicht ganz stimmen konnte und uns damit Zukunftschancen abspricht. Das stimmt, es haben sich bei uns nicht die Zentralen des deutschen Bank- und Versicherungsgewerbes oder die groBen Mediengesellschaften niedergelassen, doch in unseren vielen mittelstandischen Produktionsunternehmen macht die innerbetriebliche Dienstleistung, d. h. Entwicklung, IT-Technik und Konstruktion, einen wesentlichen Teil der Beschaftigung aus. AuBerdem: 125 Ich bin davon iiberzeugt, das produzierende Gewerbe, das Produzieren von Giitern wird auch in Zukunft Deutschlands bestes Standbein sein. Was sind die Griinde fiir diesen groBen Erfolg? Neben dem groBen Fleil3 der Sauerlander und dem Geschick, mit dem die heimischen Unternehmerfamilien uber Generationen hinweg ihre Betriebe gefuhrt haben, haben sich keine Gro6betriebe und Monostrukturen im Sauerland entwickelt. Aus dem Ruhrgebiet wissen Sie, dass das immer gefahrlich ist. Bei uns gibt es eine nach Branchen breit diversifizierte, oft in besonderen Nischen produzierende mittelstandische Unternehmenslandschaft. Unter den Sauerlandischen Unternehmen gibt es so manchen, wie man heute sagen wiirde „hidden Champion". Ich konnte Ihnen eine Reihe Sauerlandischer Unternehmen aufzahlen, die eine Weltmarktfuhrerschaft besitzen, obwohl sie nicht mehr als 20-100 Mitarbeiter haben. Wir sind wahrlich eine Industrieregion und nur in zweiter Linie eine Tourismusgegend. Wir sind stolz auf unsere Berge und Seen, unsere Taler und Walder, auf unsere schmucken Gasthauser und unsere pittoresken Stadte und Dorfer, aber leben konnen wir nicht davon. Der Tourismus unserer Region macht nur etwa 3 % des Bruttosozialproduktes aus und stellt nur etwa 5 % der Arbeitsplatze. Das ist sicherlich von Region zu Region unterschiedlich, aber selbst in Schmallenberg, wo das Gastgewerbe eine ganz besondere Bedeutung hat, kann es nicht das wichtige Industriepotenzial dieser Stadt ausgleichen. Leider werden wir auch in Dusseldorf immer noch allein als grune Lunge fur das Ballungsgebiet zwischen Dortmund und Duisburg angesehen. Und wenn Subventionen in unsere Region flieBen, dann nur in dieser Richtung. Ich glaube aber, das Wichtigste ist, die Infrastrukturen unserer Region zu starken, wenn wir unsere Erfolgsgeschichte fortsetzen wollen. Leider zeigen sich auch in den letzten vier Jahren einige Schwachen. Die heimische Industrie ist mit einem Fehlstart ins 21. Jahrhundert eingestiegen. Wir mussten uns nicht nur fur's Erste von den gewohnten Wachstumsraten verab- SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund schieden, wir mussten sogar hinnehmen, dass wir wieder hinter den Landesdurchschnitt NRW zuruckgefallen sind. Denn von 2000 bis 2004 brachte es die Industrie in NRW auf ein Umsatzplus von fast 8 % und im Hochsaueriand waren es nur gut 6 %. Mit diesem mageren Wachstum einher ging bei uns der Verlust von rund 2.700 Industriearbeitsplatzen, ein Minus von 8,3 %. Es ist kein Trost, dass der Abbau von rund 160.000 Arbeitsplatzen in ganz NRW ein Minus von 12,3 % bedeutet. Auch das Jahr 2005 hat sich nicht gut angelassen. Im ersten Halbjahr 2005 wuchsen die NRW-Industrieumsatze um uber 7 %, wir Sauerlander haben keine 3 % Umsatzplus erzielt und verloren weitere Industriearbeitsplatze. Wegen des groBen Gewichts der Industrie sind die Arbeitsplatzverluste viel starker auf die Gesamtbeschaftigung durchgeschlagen als in anderen Landesteilen. Uber Jahrzehnte hatte das Arbeitsamt Meschede die niedrigste Arbeitslosenquote. Diesen Platz musste Meschede inzwischen an Bonn abgeben. Meine Damen und Herren zeichnet sich hier etwa das Ende der Erfolgsgeschichte der Sauerlander Industrie ab? Mussen wir befiirchten, wieder zuriickzufallen in den Status einer ruckstandigen, unterentwickelten Region im Land? Als Sauerlander Unternehmer und Berufsoptimist ist das fur mich naturlich nur eine rethorische Frage. Wir werden die aktuelle Schwachephase uberwinden - allerdings nicht mit einem „Weiter sol", sondern mit einer Riickbesinnung auf alte Tugenden, die da lauten: sich anpassen an Bedingungen, die wir nicht andern konnen, und dort entschlossen handein, wo wir etwas bewegen konnen. Zu den Dingen, die wir nicht beeinflussen konnen, zahlt vor alien Dingen die so genannte Globalisierung der Wirtschaft. Wir konnen nur dann Einfluss ausiiben, wenn wir selber daran teilnehmen. Fur mich und fiir ganz Deutschland bedeutet die Globalisierung groBere Chancen als Risiken. Der Wettbewerb in der Wirtschaft um das beste, das innovativste Produkt, die schnellste Lieferung und den besten Ser- © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 126 SAUERLAND NR. vice zu einem international vorgegebenen Preis hat durch die Giobalisierung eine ganz neue Dimension erhalten. Dem mOssen wir uns stellen. Deutschland gilt nicht als der beste Standort in der Welt. Und darum miissen wir uns verandern, obwohl das Vertrauen in die Reformfahigkeit Deutschlands zuletzt gewachsen ist. Wie steht es nun mit dem Standort HSK, inwieweit kann er sich den Herausforderungen der Zukunft stellen. Da ist die Einschatzung verschiedener Analysten nicht die beste. Das Baseler Institut PROGNOS AC hat in ihrem Zukunftsatlas den HSK lediglich auf Rang 244 unter den 496 deutschen Kreisen und Stadten eingeordnet, den Kreis Soest dagegen an 98ster Stelle. Eine Reihe von Standortvor- oder Nachteilen sind immer noch politisch bedingt. So hat die Studie festgestellt, dass die durchschnittliche Erreichbarkeit zur nachsten Bundesautobahnauffahrt in ganz Westdeutschland 15 Min. betragt, in NRW 11 Min. im Kreis Soest 9 Min. und im HSK 17 Min. Ich kann das nur als eine sehr bedenkliche Situation feststellen, die es verschiedenen Gemeinden im Sauerland schwer fallen lasst, neue Industrien anzusiedeln. Ich weiB aber auch, dass unsere Menschen, unsere Unternehmer selbst bei Schwachen ihres Standortes in ihrer Bodenstandigkeit zu unserer Region stehen. Beim Besuch des vorherigen Ministerprasidenten des Landes NRW Herrn Steinbrijck hat es mich hoch erfreut, wie selbst Unternehmen wie Veltins und die Firma Severin in Sundern bei wahrlich nicht guter Anbindung ihm gegenuber betont haben, wir stehen zu unserem Ort, wir stehen zu unserem Standort. Doch die Politik sollte sich nicht auf solche Momentaufnahmen verlassen. Denn durchschnittlich zeigt sich unser Bevolkerungswachstum, nein, wir nehmen sogar ab, obwohl wir die hochsten Geburtsraten in ganz Deutschland aufweisen. Bedenklich ist es aber, dass insbesondere die Abwanderung junger Erwachsener zwischen 18 und 30 Jahren besonders hoch im Vergleich zu anderen Teilen Deutschlands ist. Man nimmt ein Studium auBerhalb unserer Region auf und kommt wahrscheinlich nicht wieder zuriick. Das ist ein beunruhigender Faktor. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Auch wird der Anteil hoch qualifizierter Beschaftigter in unserer Region, im Hochsauerland, als unterdurchschnittlich eingeschatzt. Allerdings weiJ3 ich nicht, was in dieser Studie unter hoch qualifiziert eingestuft wird. Sind es nur Fachschul- und Universitatsabganger? Ich glaube, ein hoch qualifizierter Facharbeiter ist auch dazu zu zahlen, da von, meine ich haben wir in unserer Region mehr als in anderen Regionen. Auch wird die so genannte Forschungs- und Entwicklungsdichte und Dynamik im HSK stark unterdurchschnittlich eingestuft. Das wird sichtbar in den verteilten Patenten/100.000 Erwerbstatigen. In Westdeutschland betragt diese Zahl 116 Patente/100.000 Erwerbstatige, in NRW 95, im Kreis Soest 88 und bei uns im HSK 73. Damit liegen wir erst an 226. Stelle aller deutschen Kreise. Durchschnittlich ist auch die Investitionsquote der sauerlandischen Industrie, wo wir den gleichen Rang, namlich 227. einnehmen. In welchen Punktcn wcrden wir positiv beurtcilt? In der Arbeitslosenquote, in der Griindungsintensitat, im Wohlstand, in der Abnahme der Sozialhilfequote, die ohnehin schon auf einem niedrigen Niveau gelegen hat und, last not least, in der geringen Kriminalitatsrate. Alles in Allem, um es noch einmal zu wiederholen, nehmen wir nur einen Mittelplatz in Deutschland ein. Was miissen wir tun und was konnen wir selber beeinflussen? Was im 19. Jahrhundert die Eisenbahn fiir das Sauerland bedeutete, ist sichtbar geworden, heute ist das aber die Autobahn. Lebensader unserer Industrieregion im 21. Jahrhundert ist die A 46. Zwar erschlieBt sie mittlerweile die Standorte von Neheim bis Bestwig, was wir aber noch schmerzlich vermissen, ist die Anbindung im Nordosten an WiJnnenberg-Haaren und im Westen an Hemer. Wenn ich in Hallenberg oder in Brilon-Hoppecke mein Unternehmen hatte, wurde ich ernsthaft daruber nachdenken, ob ich wirklich richtig angebunden bin. Umso erfreulicher ist es, dass die wirklich dort ansassigen Unternehmen wie das Akkuwerk Zollner-Hoppecke und Borbet in Hallen- © Copyright Sauerlander Heimatbund 3/2005 berg bisher die Erreichbarkeit an die Autobahn als nicht so entscheidendes Kriterium ansehen, Gott sei Dank. Wir mussen auch weiter daran arbeiten, dass die wissbegierigen jungen Menschen unserer Region in unserer Gegend auch wirklich studieren konnen. Wir haben nun einmal keine groBe Alma Mater, doch die Fachhochschule Siidwestfalen bietet eine sehr gute Ingenieurausbildung an. Und es steht auch nicht mehr zur Diskussion, wie vor einigen Jahren, eventuell die Fachhochschule zum Teil in Meschede abzuschmelzen. Nein, inzwischen wurde sie auch um eine betriebswirtschaftliche Fakultat erganzt. Aber es hat viel Kraft gekostet. eine gemeinsame Fachhochschule Siidwestfalen mit den Zentren Iserlohn, Hagen, Soest und Meschede zustande zu bekommen. Ware uns das nicht gelungen, es hatte um unsere Region bitter ausgesehen. Bisher hat die IHK Arnsberg den Mangel an Ausbildung in kaufmannischen Berufen durch ihre eigene Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Siidostliches Westfalen ausgeglichen. Bisher haben bereits 300 Absolventen hier studiert. Wir streben an, den Titel Bachelor an Absolventen verleihen zu durfen. Sie bleibt eine sinnvolle Erganzung zur betriebswirtschaftlichen Fakultat in Meschede. Ich glaube auch, dass wir ein bisschen mehr Werbung, ein bisschen mehr Marketingpolitik fur unsere Region betreiben mussen. Es reicht nicht nur ein gutes Produkt zu haben, man muss auch daruber standig sprechen, Wahrend das Saueriand fruher eher eine Blume war, die im Verborgenen bltihte, mussen wir zukiinftig unsere Regionen mit ihren Vorteilen offensiv vermarkten. Uber diese Aufgabe miissen Kreis, Stadte und die verschiedenen Kammern gemeinsam nachdenken. Fiir eine ganz besondere Marketingaktion zur Werbung fiir Baden-Wurttemberg hat das Land damals 17 Millionen ausgegeben. Mit dem tollen Spruch der Wiirttemberger: Wir konnen alles auBer Hochdeutsch. Sauerländer Heimatbund 3/2005 SAUERLAND 127 SAUERLAND NR. Wenn wir auch nicht die gleiche Summe in die Hand nehmen konnen, hier muss etwas getan werden. Mafischneidermeister Meine Damen und Herren, packen wir's an, Sie sehen, es gibt noch viel zu tun, damit wir weiterhin eine erfolgreiche Wirtschaftsregion bleiben. Um erfolgreich zu sein, miissen wir auf eine starke Industrieregion setzen. Naturlich, auch die Dienstleistungssektoren mussen gestarkt werden, wie der Tourismus und die Seniorenwirtschaft, docti beides kann immer nur ein Zubrot bringen. Dem Bundes- und Landestrend, der von der Industriegesellschaft hin zur Wissensund Dienstleistungsgesellschaft lauft, konnen wir nur begrenzt mitgehen. Unsere Lage abseits der Ballungszentren, die geringe Bevoikerungsdichte und die schwierige Topographie setzen dem Wachstum, besonders der personenbezogenen Dienstleistungen, enge Grenzen. Sein wir so niichtern und erkennen, dass weder die Zentrale einer groBen Bank noch die einer Versicherung noch eine Mediengesellschaft zu uns kommen wird. Starken wir unsere Starken und laufen keiner Illusion hinterher. Deswegen mussen wir ein viel groBeres Interesse am Erhalt der Industrie haben als andere Regionen - auch wenn dies dem Zeitgeist nicht ganz entspricht und deswegen da und dort als unmodern gilt. Der Sauerlander bietet vom Menschenschlag her dafiJr die besten Voraussetzungen, den die beriihmte westfalische Dichterin Anette von DrosteHiillshoff folgendermafien charakterisiert hat: „Er ist sehr entschlossen, stoBt sich nicht an Kleinigkeiten und er ist mehr zum Handeln und guten Vorankommen geboren als herangebildet." Diese Eigenschaften werden in den kommenden Jahren sehr gefragt sein: Entschlossenheit, damit wir angesichts der vielen Probleme nicht bei den Analysen und Abwagungen hangen bleiben sondern zielgerichtetes Handeln zeigen. Auf ein ewiges vivat, crescat, floriat Sauerlandia. Ralf f ^ieter/7 Q Mafikleidung fiir hochste Anspriiche Alls feiiixteii Stoffen ncilien )\'ir init cjiialifizierIc'ii Fachkrafteii in traiUlioneller Handarheil Mafikleidung fur Damen und Herren. IJnsere Stoffe kommen aus den liesten Wehereien. In unsereiii Lager finden Sie unter anderem reines Cashmere, superfeine englische und italienische Kummgarne und reine Seide. 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Der Shabbaton Choir wurde 1986 unter der musikalischen Leitung von Stephan Glass gegrundet. Er ist seitdem uberall in England in Konzerten und in Synagogenfeiern aufgetreten. Der Chor wurde haufig von der BBC aufgenommen und ist im Rundfunk und Fernsehen in GroBbritannien und im Ausland prasent. Das besondere Kennzeichen der Gruppe ist der neu gestaltete Choralklang, stark beeinflusst durch Stephan Glass, der den groBten Teil des Repertoires arrangierte. Besonderer SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Nachdruck wird auf die Bedeutung der Worte gelegt. 1990 wurde Stephan Levy, Schwiegersohn des Gerry Gruneberg in London, musikalischer Direktor. Unter seiner Leitung wurde der sanfte Zusammenklang der Stimmen und der helle lyrische Klang entfaltet. Eine der letzten Auslandsreisen des Chores nach Israel weckte groBe Aufmerksamkeit. Der Chor umfasst ungefahr funfundzwanzig Personen und als Solisten Lionel Rosenfeld und Shimon Crainer. Die Mitglieder des Chores kommen von London via Diisseldorf zum judischen Friedhof in Hiisten. Dort wird gegen 11.45 Uhr eine schlichte Gedenkfeier stattfinden. AnschlieBend empfangen der Burgermeister der Stadt Arnsberg und der Jagerverein Neheim e.V., Besitzer des Synagogen-Gebaudes, den Londoner Shabbaton Choir in der ehemaligen Synagoge, wo sich die Sanger und die mitreisenden Familienangehorigen, Verwandte ehemaliger jtidischer Mitbiirger, in das Goldene Buch der Stadt eintragen. Das Mittagessen wird im evangelischen Gemeindehaus am Fresekenweg eingenommen. Um 16 Uhr beginnt das Konzert in der Aula der Realschule Neheim (GoethestraBe). Die Gaste fliegen noch am Abend von Paderborn nach London zuruck. Ein anstrengender Tag wird dann hinter ihnen liegen. © Copyright Sauerlander Heimatbund Werner Saure Sauerländer Heimatbund SAUERLAND SAUERLAND NR. 128 ^amilienfai^^c^ttttg m Saueriaitti Der Sauerlandische Heimatbund beabsichtigt, in unregelmaBiger Folge Beitrage wie; Familien des Sauerlandes, Stammbaum. Ahnenspitzenlisten, Suchanfragen, Lebensbeschreibungen zu ueroffentlichen. Betreuer dieser Seite ist und an den auch alle Anfragen und Veroffentlichungen zu richten sind: Karl J. Risse, Mozartstr. 51, 40822 Mettmann Tel.: 02104/817362 Fax: 02104/817364 E-Mail [email protected] Hompage www.Karl-Risse.de Suchanfrage Suchanfrage Rainer Joch, Welfenstr. 6, 53859 Niederkassel-Rheidt, Tel. 02208/1809 schreibt: Karl J. Risse (Anschrift siehe oben) Wer kann mir Naheres uber die Familie Joch aus Wiemeringhausen sagen? 3/2005 Wer kann mir nahere Angaben iiber die 1. Ehe des Johann Sommer, geb. 1873 in Bremke, gest. 1944 in Bremke geben? Name der Frau? Geburtsort? Und wann fand die 1. Trauung statt und wo? Johann Sommer war in der 2. Ehe mit Theresia Knoche aus Altenilpe und in der 3. Ehe mit Maria Voss verw. Friedrichs aus Linneper Hiitte verheiratet. Stammreihe der Familie Trippe in Medebach zusammengestellt von Anton Trippe, SuitbertusstraBe 6, 41564 Kaarst, Tel. 02131/514143 1 Generation Joan Wilm Trippen * 1720 t 1800 kurkolnischer Gerichtsshoffe und Burgermeister Glindfelder Markengenosse 1 Ehe mit Maria Catharina Ricken 2 Ehe mit Maria Catharina Schmidt aus Hillershausen t 1788 Kind aus 1 Ehe Anna Catharina ~ 1. Juni 1748 Kind aus 2 Ehe Andreas ~ 30. November 1749 (als Kind verstorben) Anna Maria Margarethe ~ 11. November 1751 Andreas ~ 30. November 1753 Wilhelm Moritz ~ 22. Juli 1755 t 2. Dezember 1815 Maria Catharina ~ 5. April 1757 Wilhelm Anton ~ 3. Marz 1759 Anna Clara ~ 9. September 1762 Hermann Joseph ~ 2. Marz 1764 Philipp Jakob ~ 27. Mai 1766 (als Kind verstorben) 2 Generation Moritz Trippe * 22. Juli 1755 t 2. Dezember 1815 Ackersmann, Glindfelder Markengenosse, 1780 mit Ww. Anna Maria Schweizer geb. Oberreuther aus Deifeld 15. April 1748 f 6. Juni 1825. Durch Heirat Ubernahme des Blankers Hof auf der Donau bei Glindfeld Kind aus Ehe mit Anna Maria Schweizer Anna Maria ~ 18. Januar 1770 t 1836 Johann Rudolph ~ 25. Juni 1772 Christoph ~ 8. Januar 1775 t 1778 Maria Theresia ~ 10. Januar 1776 Christoph ~ 3. September 1788 weitere Kinder aus der Trippe Ehe Maria Margarethe " 24. Mai 1781 Maria Elisabeth " 8. Februar 1784 t 10. November 1827 Johann Friedrich * 8. April 1787 t 14. Juli 1862 Johann Moritz " 4. Marz 1790 t 18. Mai 1853 Georg Philipp * 25. Juli 1794 f 31. Marz 1863 3 Generation Johann Friedrich Trippe " 8. Februar 1787 t 14. Juli 1862 Erbe des Blankers Hof 4. April 1813 mit Maria Catharina Schmidt aus Hillershausen * 27. Januar 1794 t 29. September 1866 Kinder Maria Josephine * 6. Januar 1819 t 31. August 1881 < Lehrerin in Brilon > Franz Wilhelm " 19. Oktober 1820 t 12. August 1877 Theodor * 14. November 1822 t 27. Juni 1883 < Grander Hof Rennefeld, (vergl. Vierte Generation) > SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 129 3/2005 Anna Wilhelmina " 7. Dezember 1824 t 21. Oktober 1831 Maria Elisabeth " 9. Januar 1827 t 30. Januar 1827 Friedrich Balthasar " 6. Januar 1828 t 20. Januar 1828 Johann Wilhelm Anton " 29. Januar 1829 t 24, Juni 1893 < Erbe des Blankers Hof Im Mannesstamm erloschen > Ludwina Catharina Antonia " 28. Dezember 1856 t H- August 1927 25. November 1877 ihren Vetter Franz Xaver Trippe (vergl. Vierte Generation) Josef Wilhelm " 6. Mai 1831 t 17. Marz 1867 < Er bleibt unverheiratet auf dem elterlichen Hof > Karl Friedrich ' 9. April 1834 t 15. Januar 1899 < Dechant und Historiker > Ludwine Odilie * 19. September 1836 t 20. Februar 1903 < Ordensfrau in Telgte als Schwester Georgia > 4 Generation Theodor Trippe ' 14. November 1822 t 27. Juni 1883 Ackerwirth < Grundet 1854 den Hof Rennefeld > 25. November 1847 Josephine Hunold * 3. April 1826 Medebach t 29. Marz 1898 Kinder Friederica Sophia * 19. April 1848 t 25. Marz 1920 Quick in Brilon Franz Xaver" 13. Juni 1858 t 29. April 1910 Glindfeld 7. Juni 1877 seine Cousine Ludwina Trippe auf dem Blankers Hof * 28. Dezember 1856 t H- August 1927 und gewahrleistete die Namensfortfuhrung Trippe auf dem Blankers Hof Catharina * 7. Januar 1853 t 6. Mai 1889 Wilhelm Becker aus Brilon Heinrich Jose/Schlossermeister " 6. April 1857 t 31. Dezember 1926 1 Ottilie Frese verw. Wiegand 2 Auguste Schroeder Anton Franz Xaver " 12. September 1861 f 30. Marz 1939 < Erbe des elterlichen Hofes auf dem Rennefeld > (vergl. 5 Generation) Arnold Friedrich Kaufmann 3. Dezember 1863 t 18. Februar 1929 Memps, Tenn. Aloysiana Glosemeyer 1867 < wanderte 1884 in die USA aus > Clemens Wilhelm Schmied 21. November 1865 t 30. August 1930 Holstein, Mo, USA 22. April 1890 in den USA Katharine Glosemeyer (Schwester von Aloysiana) * 17. November 1869 t 10. Juni 1938 Moritz * 29. November 1867 f 2. Marz 1944 Elisabeth Boldino aus Erfurt < war 30 Jahre Stadtforster in Brilon und lebte zeitweilig in Erfurt, die Ehe war kinderlos > 5 Generation Anton Franz Xaver Trippe * 12. September 1861 t 30. Marz 1939 < Erbe des Hofes Rennefeld, Arrodierung des Besitzes durch Separation > 29. April 1892 Anna Maria Schmidt aus Hillershausen * 13. Juni 1872 t 2. August 1961 Kinder Anna Josephine * 19. Juni 1892 t 10. Oktober 1922 Marburg Joseph Isken * 24. November 1879 t 15. Dezember 1953 Medebach Anton * 25. Juni 1893 t 28. Juli 1966 Medebach Frieda Maria * 27. Januar 1896 t 14. April 1907 Elisabeth " 26. Juli 1897 t 7. Februar 1985 Josef Hellwig aus Medebach (1887 - 1940) Josef * 12. August 1904 t 29. April 1981 Kustelberg < Auf dem Hof gt. Platzes ist er Landwirt > Katharina Koch * 7. November 1902 Kustelberg t 29. Januar 1990 Johanna " 4. Juni 1906 t 30. April 1983 Kustelberg Franz Schiitte " 31. Januar 1907 Kustelberg t 30. August 1990 Kustelberg SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND ]^30 6 Generation SAUERLAND NR. 3/2005 Anton Trippe * 25. Juni 1893 t 28. Juli 1966 < Erbe des Hofes Rennefeld > 23. Januar 1919 Elisabeth Studen * 18. Marz 1900 Hesborn t 24. September 1969 Kinder Elisabeth Maria * 20. Oktober 1919 19. November 1940 Josef Frigger Brilon * 24. Juni 1915 t 27. Marz 1965 < In kirchiicher Ehe verbunden seit 3. August 1983 mit Horst Storeck * 19. Februar 1923 in Strausberg > Theodor Franz * 2. Mai 1921 t 28. September 1944 Frlowo/UdSSR, < Prasumptiver Hoferbe > Erich " 7. August 1923 t 14. September 2002 < Erbe des Hofes Rennefeld > 23. November Maria Elisabeth Krajewski' 4. Februar 1931 Heiligenhaus/Rhld. Helene ' 6. Juli 1927 12. September 1950 Heinz Nagel * 17. September 1914 Antfeld t 19. Marz 1964 < Die Ehe blieb kinderlos > Ar)ton * 26. Februar 1931 1. September 1960 Elisabeth Josefa Gebehenne ' 7. Marz 1936 Medebach Geschichte der Holthauser Muhle (Klauke) Johann Adam Konig * urn 1687 und t 28. August 1757 und Adolfine Konig geborene Droste * 1695 t 1759 Nordenau waren Besitzer des Konigshofes in Holthausen und Besitzer der verfallenen Schneidemuhle an der Gleier. Sie heiratete am 23. November 1723 in der Kapelle zu Holthausen. Die Kapelle ist urn 1630 erbaut und 1889 erfolgte ein Neubau. Karl Klauke * um 1836 und Wilhelmine Klauke geborene Schauerte, Tochter des Konighofes, erbten die Schneidemuhle. 1864 baute er hier die Oelmuhle auf. Karl Klauke ' um 1865, Sohn des Muhlenbesitzers war verheiratet mit Theresia Voss aus Heinsberg. Das einzige Kind aus dieser Ehe starb bei der Geburt. Aus diesem Grund nehmen sie Leni Voss, jungste Schwester der Theresia Voss als spatere Muhlenerbin auf. Lene Voss und Josef Meeser wollten nur heiraten, wenn ihnen die Muhle uberschrieben wurde. Nach Oberschreibung mussten Kari und sein Bruder auf Druck von Meeser die Muhle verlassen; sie kauften ein Haus von Schauerten in Huxel, Franz Klauke lebte spater bei Josef Frewel, Sohn der Eheleute Josef und Wilhelmine Frewel geborene Klauke. Karl J. Risse Termine • Termine • Termine • Termine • Termine • Termine 17. Sept. 05 Festakt der Eroffnung Kloster Bredelar/Theodorshutte Ehemalige Abteikirche und Teile des Westflugels, 11-19 Uhr, Forderverein Kloster Bredelar 25. Sept.05 ,,Fest der Heimat" zum 25jahrigen Bestehen des Kreisheimatbundes Olpe e.V., 11 -19 Uhr auf der Burg Bilstein 2. Okt. 05 14. Fehr. 06 Engelbert Seibertz (1813 - 1905), Leben und Werk des bedeutenden westfalischen Portrat- und Historienmalers, Sonderausstellurig im Sauerland-Museum Arnsberg 6. Nov. 05 The Shabbaton Choir London - Konzert in Neheim-Husten, Aula der Realschule, 16 Uhr Veranstaltungen der Stadt Attendorn und des Kulturringes 19. Okt. 05 „Ankomme Dienstag - stopp - fall nicht in Ohnmacht", Komodie von Jean Stuart 24. Okt. 05 „Der kleine Eisbar". Musical fur Kinder ah 4 Jahren 21. Nov. 05 „Martha Jellneck". Schauspiel von Beate Langmaak 4.U.11. Dez. 05 5. u. 12. Dez. 05 Bohenne mit deam Gelle? (Wohin mit dem Geld?) ist der Titel der diesjahrigen Auffithrung der Theatergruppe der Aimer Schutzenbruderschaft in der Aimer Gemeindehalle. Vorverkauf: Tel. 02964/319 und 02964/423 Aus dem Jahresprogramm der Christine-Koch-Gesellschaft e.V. 20. Okt. Gegenwartsliteratur im Sauerland, Buchvorstellung. Schmallenberg-Winkhausen, Hotel Deimann 9. fslou. Kloster Brunnen in Wort und Schrift, Kapuzinerliteratur. Sundern-Endorf, Gasthof Lucas Die Redaktion bittet um Mitteilung weiterer Termine SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund 3/2005 SAUERLAND 131 SAUERLAND N[^. „Alles Blech" uon Gisela Cordes Gedanken zum Bau einer Garage in Meggen im Jahre 1904 Am 12. Oktober 1904 wurde der Aktiengesellschaft Christinenhutte bei Meggen durch die ortliche Polizeiverwaltung die Erlaubnis zum „Neubau eines Schuppens fiir einen Automobilwagen" erteilt. In den beigefugten „Bestimmungen der Baupolizei-Verordnung fiir die Landkreise des Regierungsbezirks Arnsberg vom 24. November 1900" heiBt es unter anderem: „Die Verwendung von Strohdocken oder Dachschindeln bei Neu- und Umdeckung der Dacher ist verboten." Bemerkenswert ist auch der Satz: „Nach der Gebuhrenordnung vom 13. Februar 1899 sind an Gebuhren eine Mark zu zahlen, welche vom Polizeidiener Hille zu Forde eingezogen werden.''^ Diese Baugenehmigung liest sich wie ein Dokument aus einer fernen Vergangenheit. Fiir uns selbstverstandliche Begriffe wie Auto und Garage sind offensichtlich noch nicht gebrauchlich, und eine Dachdeckung mit Strohdocken fiir einen Autostellplatz erscheint kaum vorstellbar. Der achte Neudruck einer neubearbeiteten Auflage des „Orthographischen Worterbuchs der deutschen Sprache" aus dem Jahre 1911 von Dr. Konrad Duden kennt zwar das „Automobir', das als „Selbstbeweger" erklart wird, nennt aber nicht die Abkiirzung „Auto". Das Wort „Garage" ist dagegen noch unbekannt. Der sechste Neudruck der neunten Auflage von 1923 verzeichnet „Auto" als selbstandiges Wort ebenfalls noch nicht, umschreibt aber „Garage" als „Kraftwagenschuppen". Der „Fortschritt" bis zum Jahre 2005 wird deutlich, wenn man ein Lexikon aufschlagt und darin ein weites Feld vorfindet mit Hausgarage, Mietgarage, Sammelgarage, GroBgarage, Stockwerksgarage, Hochgarage, Turmgarage, Hochhausgarage, Tiefgarage und vielen anderen Zusammensetzungen. Vergleicht man die Zeichnung der Garage auf dem Gelande der Christinenhutte mit heutigen Bauformen, so entspricht sie im Kern traditioneller, im Sauerland ublicher Fachwerkbauweise. Neu ist die funktionale Ausrichtung auf den technischen Gegenstand, den sie beherbergt und dessen bequeme Pflege und Reparatur sie ermoglichen soil. Die uberall prasente, bestens eingerichtete /-., -1^ •>;i ""''^^ Wagenschuppen von 1904 -Querschnitt u. Giebelansicht Spezialwerkstatt gab es in der Fruhzeit des Automobils noch nicht, wie uberhaupt die Wartung noch weitestgehend in der Hand des Eigentumers lag. Die Garage von 1904 in Meggen tragt im Gegensatz zu dem Fertigprodukt, wie wir es gewohnt sind, sehr individuelle Zuge. Das wird besonders auch im AuBeren des Gebaudes deutlich, welches mit seinem Firstkamm mehr an einen kleinen Sakralbau als an eine moderne Unterstellmoglichkeit fiir ein Auto erinnert. Der Fachwerkkern ist vollstandig, ja lustvoll mit Blech verkleidet. Dabei handelt es sich nicht um groBe, unstrukturierte Blechtafeln, sondern um schieferartig kleinteilig gepragte Bleche in einer durchaus ornamentalen Anordnung. Das Rautenmuster findet sich ahnlich schon 1883 in einer Broschiire der „Anonymen Gesellschaft fiir Bergbau und Zinkhuttenbetrieb"^. Die „kunstvolle" Gestaltung ist zu sehen vor dem Hintergrund einer regelrechten Begeisterung fur das Blech als universell verwendbares Material. Das heraufziehende Autozeitalter wurde gleichzeitig ein Blechzeitalter, wie es etwa der heute gelaufige Begriff „Blechlawine" (Duden) fiir die endlosen Fahrzeugkolonnen auf Autobahnen und LandstraBen bezeugt. In Altenhundem gab es bis zur 1966 begonnenen Ortskernsanierung das Hotel zur Post, kurz „die Post" genannt. Im UntergeschoB des Hauses hatte ein Raum die Bezeichnung „Blechkammer". Sie hieB nicht etwa so, weil sie von innen mit Blech ausgekleidet oder ITTT^ : • 11 i ,:___•:; 4 \\ . .-.V:' ' rrrr • '•.-:•rrrr • A // - '/ t SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund \\ . \\' V Wagenschuppen von 1904 ~ Langenschnitt u. Seitenansicht © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 132 SAUERLAND NR. 3/2005 Anmerkungen Htfhvndtm w»m %i*rzjtpf*n «u$ 1 Baugenehmigungsakte von 1904. 2 Anonyme Gesellschaft fur Bergbau und Zinkhutten-Betrieb Vieille-Montagne (Altenberg), Liittich 1883, S. 50, Fig. 43. 3 Die Schwarzblechvereinigung bestand von 1905 bis 1929. Vgl. dazu: Horst Ruegenberg, Olper Land im Aufbruch, Olpe 1987, S. 194 u. 196. 4 Manuskript in Privatbesitz. .\^~^1 4f^ /*»•' Postkarte, die im Jahre 1899 von Altenhundem nach Meggen gelaufen ist, oben links ,.die Post" mit der Blechkammer (ab 1905) verziert gewesen ware, sondern weil dort lange Zeit die Eigentiimer und Leiter von zehn kleineren Walzwerken des Kreises Olpe und des Siegerlandes ihren geschaftlichen und kulinarischen Treffpunkt hatten. In einem humorvollen Gedicht uber die „Schwarzblechvereinigung", so die offizielle Bezeichnung der GruppeS, schreibt Otto Holz (1875 1949), verantwortlich fiir das Altenhundemer Walzwerk der Gutehoffnungshiitte: „In Altenhundem findet sich / Ein Kreis von Herrn allmonatlich / Der anfangs ernst und streng, dann munter / Bedenkt: Wie bring ich Schwarzblech unter? / Man sitzt zunachst im obern Stock / Und unterhalt sich nur ad hoc".** Einer dieser Herren, der Gewerke Cari Loehr (1854 - 1935), war der Bauherr der Garage auf der Christinenhiitte und hatte seit 1892 ein Patent auf ein „Walzwerk zum Walzen von Blechen mit hohen Rippen"^ . Das Hotel zur Post blieb auch in der schlechten Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, als der Kreis Olpe noch als „Blechkreis" gait'', Treffpunkt der Walzwerksleute. Holz schrieb dazu: „Der Hunger trieb sie in gesundem / Instinkt zur „Post" nach Altenhundem." Die Speisen und Getranke der Hauswirtin Fraulein Buchholz waren hoch geschatzt. Wenn man sich vom geschaftlichen Teil der Versammlung nach unten zur „Blechkammer" begeben hatte, fielen bei fortgeschrittener Stimmung oft starke Worte uber das Produkt, welches man vertrat, und so konnte der bereits zitierte Poet aus der Runde sich zu den Versen aufschwingen: „Das Schwarzblech, Ausland oder Inland / Ob Deutschland, Holland, Schweden, Finnland / Die halbe Welt hat eine Schwache / Fur unsre Siegerland'schen Bleche." „Das Schwarzblech ist, wie sagt man nur / Ein Gipfel menschlicher Kultur." Die Gedanken, welche die „Blechgarage" an der Christinenhiitte in Meggen als Ausgangspunkt haben. sind nur noch Erinnerungen an eine kleine Industriewelt, welche in der Wirtschaftskrise um 1930 unterging und abgelost wurde durch die GroBindustrie mit ihren gigantischen Werken an Rhein und Ruhr in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund 5 Kaiserliches Patentamt Berlin, Patentschrift Nr. 68691. 6 Ruegenberg (wie Anm. 2), S. 197. Mitarbeiter dieses Heftes Werner Ahrens, Balve; Gisela Cordes, Attendorn; Adelhard Gerke OSB, Meschede; Michael Gosmann, Arnsberg; Dieter Henrici, Arnsberg; Dr. Siegfried Kessemeier, Munster; Dirk Lankowski, Warstein; Dr. Adalbert Mullmann, Brilon; Martin Reuther, Arnsberg; Dr. Erika Richter, Meschede; Mathilde Rische, Eslohe; Karl J. Risse, Mettmann; Werner Saure, Arnsberg; Wilfried Schmidt, Arnsberg; Dr. Jurgen Schulte-Hobein, Arnsberg; Albert Stahl, Wenden; Hans Wevering, Arnsberg; Dieter Wiethoff, Meschede; Dieter Wurm, Meschede. esach«n .s im lnt«. Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 133 3/2005 Liih un Veih von Albert Stahl Beobachtungen und Erinnerungen in Drauzer Platt Fortsetzung aus Ausgabe 2/2005 Diere afschaffen En gar nit erfreulich Kapitel is dat Afschaffen van Dieren. Wann me sou lange met ian gegangen is, wann se sieck hent mellecken un hellepen loten, wann me se geputzet het un gefauert un me mei'stens giudd metenein utkom, dann is et e'inem nit egal, wann me se afgiaben well, sail odder mutt. leck weit nochi giudd, wou schiwor et uns gefallen is, as vie ne Kauh afliebberen muchtent. In me Kriege un donofi, woorte jeidem Bueren tau'r Oploge gemaket, ne bestimmet Quantum FleiB aftegiaben, fiiir uns worent dat im Wirtschaftsjohr 1944/1945 an Liabendgewicht 735 Kilou, gewiB ne Kauh un ei'n odder twei Schwiene. Nu brachte mien Vatter dat Dier an me Toume noh Olpe, dat wor en Wiag van ner anderthalleben Stunde, un ieck suU dei Kauh drieben. Do kumment dann ouk nem jungen Burschen trurige Gedanken, un ouk der Vatter sachte kum en Woort. Dei Kauh ging echte met bit viur dat Douer vam Schlachthuave. Do wull se partou nit rin, dei Luft do drinne po6 iarr nit, sei schnouv, touch retour, ging op de Knei un tiusselte den Kopp. Op me He'imewiah ging et ouk nit lustig tau. Mienem Vatter wor dat nit egal, dei hochte ouk keinem Hauhne den Kopp af, wann et nit unbedingt sin muchte. Im anderen Johr muchtent vie unsen olleren Fouherossen afschaffen, Hei haa en Strahlenpilz, sachte der Tierarzt. Gliek biem Kehlkopp kunn me en fustdicke Geschwulst foihlen, me kunn dei ouk giudd seihn. Dei duggete iamme op de Struate un makete dat Omen schwor. Ieck we'it noch giudd, dat ieck am letzten Obend bie ian gegangen sie un em giudd geprohlt hebbe. Dei Osse verstoppete siene Schnute unger mienem Aremen un heil fein stille, as ieck em iubber dian Tumor streik. Dat wor gar kein dummer Osse. Diere mirreketent, wann me et giudd met ian meinte, ieck bruchte blous in den Stall te kummen, dann fing de Nachtigall aan te hummelen un warte dropp, dat ieck iarr den Hals kloppete un tusser den Hiorenern kratzete. Kauh haant domols alle nen Namen, sei worent nit blous ne Nummer op der Ohrklammer. Eine andere Kauh hette Rousewien, ne Bunte wor ouk luter dobie, et gov ouk de Lisa, de Brune un de Ella. Ossen hettent Hans odder Franz, Fritz odder Wendelin. De schwarte Kauh, dei mie domols es wegloupen wuU, haant vie schlieBlich ouk verkofft, ieck sull se bolle twei Stunden wiet bit Junkernhouh brengen, natiirlich te Faute. Soulange vie op diam bekannten Wiah in den Milzenbiarrich bleibent, ging dei Schwarte kurant met, soubald ieck aber afbochte, wull se nit meih. As se einen gestriecken krei'g, wull se noh vuar utbiesten un mieck dobie aftiusselen. Dobie duggete se mieck in de Busche an me Rande. As ieck aber den Toum festheil, woorte se ruhiger un heil met mie Schritt. Recht iubberlacht is et gar nit sou spassig, wann de Hindus de Kauh heilig hollent un se nit doutschlohnt. Ossen Dei Bueren heilent sieck e'inen odder twe'i Ossen, dei ian bie der Arrebet hellepen sullent. Dei Osse toug de Plaug un de let im Felle, hei toug dei schwore Kare met Mist un den hougen Heuwagen in der Sommerhitze. Ossen worent starrek, wann me se giudd fauerte. Sei brachtent den schworen Wagen e'iger van der Stie as de meisten Pere. En Perd maket sou te sien en Kavaliersstart, et springet in de Kien, aber wann dei Wagen sieck nit fortens wiet, dann giett et op. Der Osse tiiht un lott nit locker, hei met dem Pere siene Arrebet deh. Dat sooch me an sienem Gang. Ossen hent en ruhigen Schritt, Pere sind ieliger, un dei Mannsliih gewienntent sieck dat Tempo aan. Ossenbueren kunn me ouk alt van Feren horen, dei flottent luter odder sungent, Pere gingent te sere, bie sou nem Schritt kunn me nit noch singen un floiten. En Kapitel fiur sieck wor de „Schaultied" van dian jungen Ossen: Wann dei Bock bolle twe'i Johre olt woorte, muchte me ian an de Arrebet brengen. Mannege Bueren gingent met Bedacht viiar un leitent dian jungen Ossen aanfangs, blous am Toume aangebungen, met dem grouten metloupen. Donoh woorte dei Lehrling ouk aangespannt, bruchte aber noch nit viull te teihn. Noh diam Gesette in der Mechanik, dat me wienniger Kraft bruket, wann der Kraftaremen lang is, iiibberleit me dem jungen Ossen en grotter Stucke van dem Aanspann, van der Woh, am Wagen. Mannege Bueren abber nohment sieck nit sou viell Tied un versochtent dat Aanlehren zimlich met Gewalt. Sei bungent dem kleinen Ossen dat Juch vitir den Kopp, lachtent Zugkien aan un leitent dian Bock en motigen Eickenpohl schliepen. Dei Osse toug im Hurra aan, as hei sieck aber aanstrengen muchte, bockete hei, hei ging nit me'ih van der Stie odder e'iger noh hingen un trot dann iubber de Strange. Dann muchte me ian wier richtig inschirren. Vlichts leip hei dann wier en paar Schrie, ble'iv stohn un schmeit sieck plucks op de Ere. Dem Bueren re'it natiirlich de Geduld, un nu goov et Senge. Noh ner Pouse stund dei Osse dann op un toug gediillig, de Tunge viur me Halse un naatgeschwett, siene Last. Den E'igensinn haa me iamme utgedrieben, abber et duerte lange, bit dei dem Bueren truggete, wann dei en aanpock. Me'istens ziedderte dat Dier un erwarte alt wier Schliah. holt diurrech un brenget sou dei Last in't RoUen. Der Osse het en stieven Nacken, hei tuht siene Last an nem Juch, dat viur den Kopp gebungen wert. Wann me nen Bueren alle'ine diurrech et Duarrep gohn sooch, kunn me mirreken, of hei met dem Ossen odder SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Pere Bueren iubberlachtent sieck wall, of sei en Perd odder nen Ossen hollen sullent. Dei grotteren Bueren fouhertent met Peren, klendere wuUent et ian nohmaken, mannegmol aber blous, weil sei me'ih sin wullent ase andere. Et gull © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 134 SAUERLAND NR. Ouk Ossen brachte me in de Schmitte. Der Schmied schlaug bie den Viudderbei'nen unger dei iiteren Klohn en Plotien, en flaak lesen, domet dat Dier sieck et Hauf nit te flott afleip. Wann der Osse beschlahn woorte, muchte me sien Viudderbein hougehollen. Dann stund dei op drei Beinen, aber noh ner Tied verlagerte hei sien Gewichte op dat veierte Bein. Dann woorte et dem Bueren te schwor Deshalb lette me den Ossen mei'stens soufort in en Gestell. Do kunn me Briar sou inschuven, domet dei Osse sieck do droppe restete. Pere leitent sieck nit sou hangen, sei lichtertent alt dat Bein, wann et an der Riggel won de Regel, wann me siene Arrebet met nem Ossen daun kiinn, siill me kein Perd koupen. Dei kostetent in der Aanschaffunge bares Geld, nen Ossen kunn me sieck seliebes opteihn. „En Osse wasset in et Geld", sachte der verstandige Buere, „Pere werent met jeidem Johre billiger. Wann me en olt Perd verkoupen mutt, kostet et nix me'ih, en oiler Osse, dian me noch en wiennig gemastet het, dei brenget mannegen Daler." Dei Ossen leitent sieck ouk lichter faueren. Dat sind Wiederkauer, sei schlinget dat Heu flott dorin un kunnt nohiar op me Felle noch nohkauen, Pere bietent dat Heu ganz kuart, sei brukent fiur ne richtige Mohltied ne Stunde un meih. Der Perefouhermann muchte muarrens viur fieve opstohn un dat Perd faueren, wann hei iimme siebben utteihn wull. Met dem Pere kunn me de Arrebet op me Felle flotter daun odder am Dah mei'h erledigen. En Perd kunn ouk op der Strote blatter un widdere Stecken gohn. Dobie hullepent ouk dei Haufiesen, dei in der Schmitte aangepasset woortent. Sou kunnent de Pere sieck met der Spitze vuar am lesen biatter hollen, wann sei feste teihn muchtent, un dat Hauf leip sieck nit sou lichte af, wann sei viell op der Strote ungerwiahns worent. Winterdags bie les un Schnei kunn me nen Ossen schlecht bruken, Pere aber kreigent extra Stollen unger de Haufiesen, se gingent dann siecker iubber veriesete Wiah un trugent den Schlien met der Familie nofi der Kiarreke odder in de Staad. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Pere tougent nit blous den Schlien im Winter diurrech den Schnei, dei kunn me ouk im Sommer viur ne Kutsche spannen. Domet fouherte me in de Kiarreke oder guallte Luh Bahnhuave af. Pereschlien aber worent recht schmal, do kunn et lichte passei'eren, dat dei ouk es ummekippetent, wann se te noge an en Auber gereitent. Sel3 Pere muchtent ouk den breien Schneiplaug lubber de Wiah tusser den Diorrepern in me Grund teihn. Bie diam Schneischlien stunnent twe'i dicke, schwore Sietenbriar schrag giegenenein. Me kunn dian Winkel enger odder widder instellen, jei noh diamme, wou breit me op der Strote Blugge teihn wull. Dobie woorte der Schnei van der Midde an de Enger gediigget. Wann dei Schnei sieck alt gelagert haa odder op Wehen lachte, dann kom dei Plaug nit op den Grund, dann muchte me met der Schuppe dran. Domols gov et einen Schlien fiur dat ganze Kiarrekspiell, deshalb duerte et ouk ne ganze Wiake, bit me de Stroten wier befouheren kunn. Pere woortent geluabet, weil sei trugge Diere worent. Sei haant geren Gesellschaft van den Luhn, sei kunnent sieck freuen, wann eVner an me Stalle vorbieging odder de Duare opmakete. Im Perestall haa me mei'stens ne gede'ilte Diiare, me kunn dann ouk es dat iubbeste Feld oploten. Dann stund dat Perd bestimmt - wann et nit gerade froot - in der DiJare un streckete den Kopp dorut. Dat haa aber ouk noch en praktischen Grund: © Copyright Sauerlander Heimatbund 3/2005 Im Perestall kunn me den Buam nit met Steinen odder Beton utstatten. Do droppe worent sei met iarren Haufiesen geriitzet. Dei Belag wor ouk bolle kaputt gegangen, weil Pere unruhig stohnt un mannegmol met den Hingerbeihen feste opstampent, wann sei Juck hent. Nu plastertent dei Bueren den Perestall met Holtklotzen; vie haant extra ne Kiefer im Biarre afgemaket, as vie en niggen Stall buggetent. Do gov et nu ouk keine Guate, wou dei Breuh afteihn kunn. Domet dat Perd nu recht druge lien kunn. streuete me Schniepmiahl dorin. Dei Perebueren gualltent sieck dovan ganze Wagen viull im Sagewiarrek, mei'stens sattent se noch houge Briar op den Kasten. Van diam KleintiJch nu woorte dei Breuh op me Buam giudd opgesuahn. Dat goov dann abber en scharrepen Geruch af, wann me dian Stall nit je'i'den Dag utkiahrte. Me wull abber ouk nit luter alle Straue, wegniammen, stiB haa me jou den Wagen te'i flott liech. Wann dann de Peremist noch en Dag hingen im Stalle lachte, dann dampete dei ouk alt un muffelt. Sou muchte me de Duare alt es oploten. Wann en Perd sieck nu in dat nate Schniepmiahl gelacht haa, dann kunn me putzen, dat e'l'nem der Schwe'it utbrook. Dei Dreck stouv dann im Stalle rumme un toug in et Tiich van den Liihn. Diarriimme kann me et nit giudd verstohn, dat junge Miaker sieck in unsen Dahn sou geren im Perestalle ophollent un do de Arrebet daunt. Dat mutt dann wall en Grund hen. Do spiellt dei Aanhanglichkeit van den Peren gewiB ne groute Rolle. Pere kennent iarre Luh un giabent dat ouk te erkennen. Sei hollent stille, wann me se striekelt un de Backe an den langen Kopp liett. Et gov aber ouk Pere, dei troten ut, wann me hinger ian hiarging, et gov ouk Pere, dei be'itent, wann se an e'l'nen heraan koment. Dei worent dann aber mei'stens diurrech freuhere unrechte Behandlunge ..verhaltensgestort". Mien Vatter haa es en Perd gekofft gewiB en Schnappchen - dat wull den Wagen nit glieck aanteihn, gewiB weil et iamme es e'inmol te schwor gehollen haa. Wann dat nu losfoiheren sull, dann Sauerländer Heimatbund 3/2005 SAUERLAND SAUERLAND NR. 135 huppete et. As mien Vatter dat wuBte, richtete hei et sou in, dat et Perd den Wagen giegen nen Auber schouv. Dann duggete dat Fouherwiarrek met der Tied sou, dat et Perd dem Druck nohgov un losleip. schnackete, dann knallte dat. Pere leitent sieck sou aanspornen, sei zelgetent dann iarre Krafte. Till Eulenspiegel haa es en Perd gekofft, dat nit iubber Holt gohn wull, as der Hangeler sachte. „Mut et jou ouk nit", meinte Till. As hei abber an ne Holtbrugge kom, schuggete dat Perd un wull nit driubber. Jeider Fouhermann wull naturlich am besten schnacken kunnen un iibete hinger me Huuse. Sou Diere kunn me meistens nit biatteren, dei lachtent iarre Angest nit af. Diarrumme wor et freuher vam Tierschutz hiar verbuan, en Perd met Schliahn aantedrieben odder siene Wut an em utteloten un et te diassen, wann me nit met em inverstangen wor. Ossenbueren stiepeltent sieck op en Hiaselnstock un bruchtent dian ouk hie un do. Dei Pere-Fouherluh drachtent alle ne Schwuppe. Dat wor en etwas langerer, gelenkiger Stock, gekofft odder ut nem Wacholderbusche gesocht; an diamme hing en Liarreimen. Do dran knuppete me am Enge en Schnoiertien ut Hannep. Dei Spitze dovan woorte fein opgeribbelt odder sougar gekammet. Wann me nu dei Schwuppe gekunnt schlaug, wann me domet Me wor dann tefrian un sachte: „Dei gont op de Schwuppe." Me kunn sieck sou ouk metene'in verstandigen, wann me diurrech nen Huahlwiag foiheren wull, wou me nit anenein vorbie kunn. Dann muchte me dat Fouherwiarrek, dat van uaben kom, vuarloten. Peren bruchte me nit viell Aanwiesungen te giaben, dei heilent dian richtigen Wiag an der Plaug aan, dei heilent den Afstand vam Koren giudd in, wann sei in der Mahmaschine gingent. Pere brachtent ouk den Wagen lubber wie Strecken noh Heime, ohne wou aanteecken, wann der Buere hingen op me Fouherwiarreke sienen Rusch utschleip, as se vertellent. Pere duurte me nit bange maken. Wann me in den Stall kom, muchte me sieck sou te sien aanmelden, stiB schoutent dei bienein un kunnent ouk utschlohn. Ouk wann op der Strote sieck wat van hingen nohgerte odder et floug en Vuel ut nem Boume an der Siete, dann schuggete dat Dier un wull fliichten as dei wilden Pere in der Prarie van Natur ut daunt. Deshalb kreigent besonders aanfallige Pere Scheuklappen an de Ougen. Nu sogent se nit meih alles, wat niaber ian passeierte. Huusdiere kunnt den Geriieck van Verwesendem nit utstohn. Bie uns im Grunde gov et es en Fabrik, do woortent Lastwagen viull Schwieneboisten gelagert, gereiniget un opgearrebet. An diam Huuse wullent dei Diere nit vorbie gohn. Unse Perd ruckete dann sou nohge an dei andere Strotensiete, dat de Wagenrahr diurrech den Graben leipent. Sou ging dat freuher ouk, wann se lengest Liemfabriken odder Gereberiggen much tent. In den fufziger Johren schaffete me de Pere me'ih un meih af un ersatte se diurrech Trecker. Meih un meih woorte de Landarrebet mechanise'iert, meih un meih ging ouk de Bindunge an de Natur verluaren. As domols es en Buere aanfangs met dem Trecker op dem Felle arrebete un recht nohge an en Auber kom, reip hei: „Huh! Huh!" Abber dei Trecker verstund ian nit un kippete iimme. ^X^- Mitglieder werben Mitglieder! Ich mochte Mitglied im Sauerlander Heimatbund werden (gultiger Jahresbeitrag z.Z. 12- €). Gleichzeitig erhalte ich l<ostenlos die Zeitsclirift „SAUERLAND". Oder Hiermit bestelle ich die Zeitschrift „SAUERLAND" (jahrlicher Bezugspreis derzeit 12,-€). Einzugsermachtigung Untcrstiitzcn Sie die Arbeit des Sauerlander Heimatbundes durch Ihre aktive oder passive Mitgliedschaft. Sprechen Sie mit Ihren Freunden, Bekannten und Nachbarn. Schon fur 12,- € erhalten Sie in jedem Quartal die Zeitschrift SAUERLAND Der Sauerlander Heimatbund wird bis auf Widerruf ermaclitigt, den falligen IVlitgliedsbeitrag bzw den Bezugspreis in der jeweils gijltigen Hohe (z.Z. 12,- €) von meinem Konto Nr. BLZ bei der abbuchen zu lassen. Name Vorname Anschrifl Geburtsdatum (die Angabe ist freigestellt) Datum, Untersclirift SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 136 SAUERLAND NR. 3/2005 Der lettische Dichter Jaunsudrabins im Exil am Mohnesee Thema der Jahresversammlung der Christine-Koch-Gesellschaft am 21. 5. 2005 in Korbecke/Mohnesee von Dieter Wiethoff Den Spuren des ExildichNate ins Exil nach Deutschters Janis Jaunsudrabins (der land zu gehen, was ihn Einfachheit halber J.J. geschlieBlich 1948 an den Mohnannt) folgte die regionale Linesee verschlug. Aus seinem teraturgesellschaft fiir das Exil korrespondierte er weiSauerland, die Christineterhin mit vielen seiner LandsKoch-Gesellschaft; sie beleute, die ihn um Rat und suchte die literarischen StatOrientierungshilfe in schweten am Mohnesee. Damit berer Zeit baten. Nach seinem trat sie fur die meisten TeilTod-am 28.08.1962-f and nehmer Neuland, da J.J. in er auf dem Korbecker Friedder hiesigen Region wenig behof am Mohnesee seine Rukannt geworden ist. Am hestatte. 25.08.1877 in Nereta in Lettland geboren, stieg J.J., aus In Korbecke nun begann einfachen, armlichen Verhaltdie literarische Veranstaltung nissen stammend, zum meistder Christine-Koch-Gesellgelesenen Schriftsteller Lettschaft im Hotel Griese mit lands auf und zahlte somit zu einem ausfuhrlichen Referat der geistigen Fuhrungsschicht Qber Leben und Werk J.J.'s, seines Heimatlandes. In begehalten von Dr. Wolfhard sonderer Weise verstand er Raub, Bibliotheksdirekter i.R. es, die Lebensverhaltnisse. der Universitats- und Landeswie sie im 20. Jahrhundert in bibliothek Mijnster. Zunachst Lettland bestanden, in dichtezeigte Raub die einzelnen Starischer Form darzustellen und tionen des bewegten Lebens zu verdeutlichen. Zur Vervon Janis auf: den friihen Veranschaulichung seien hier nur lust seines Vaters, seine Kindeinige seiner fast ausschlielBheit als Hutejunge, den spatelich in Lettisch geschriebenen ren Besuch der LandwirtGedenkstein fur Janis Jaunsudrabins auf dem Friedhof Werke genannt - hier mit der schaftsschule und die sich in Mohnesee-Korbecke deutschen Bedeutung ihrer TianschlieBende Tatigkeit als tel: Bluten des Windes - Das Verwalter auf deutsch-baltiWeiBe Buch - Das Grune Buch - Mit der Leben. Als Gegner der sowjetisch-kom- schen Giitern, die Vertreibung seiner Angel - Neubauer und Teufel - Gold der munistischen Ideologie sah er sich 1941 Familie in den Kaukasus durch die RusBettler - Ich erzahle meiner Frau - Mein gezwungen, zusammen mit seiner Frau sen in den Jahren 1915 - 1918, die I -§^-^ Nicht lange uberlegen! Umseitig ausfuUen, in den FensterbriefumschJag stecken, mit einer Briefmarke freimachen und wir begruBen Sie als Mitglied oder als Abonnent! Absender: An den Sauerlander Heimatbund e. V. - Hochsauerlandkreis - 59870 Meschede (Bitte deutlich schreiben) SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Bitte freimachen Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 3/2005 Ruckkehr in das von Deutschen okkupierte Lettland im Sommer 1941, die Episode als Leiter der Literaturabteilung im lettischen Kultusministerium, die Flucht in die Bundesrepublik Deutschland nach der Eroberung Lettlands durch die Sowjetunion 1944, das Lagerleben in Greven bei Munster und seinen Verbleib am Mohnesee nach Auflosung des Lagers in Greven. Der Referent schilderte sodann den Werdegang J.J.'s vom Autodidakten zum weithin anerkannten Schriftsteller und geschatzten Maler; er erwahnte den Besuch der Zeichenschule in Riga, seinen Studienaufenthalt bei Lovis Corinth in Berlin, die durch einen Mazen ermoglichten Reisen durch Westeuropa, sein Wirken als freier Schriftsteller, sein 25-jahriges Schriftstellerjubilaum in Lettland im Jahr 1921, das Publikationsverbot fur J.J. durch die Sowjets, die Ehrung durch den Internationalen Pen-Club 1952 in Stockholm. Dr. Raub wurdigte J.J. als bedeutende Personlichkeit; Janis habe die Werte vorgelebt, die fiir das Zusammenwachsen in einem vereinten Europa unerlasslich sind: Wahrhaftigkeit im personlichen Denken und Tun, Toleranz gegeniiber Andersdenkenden und vorurteilsfreie Hinwendung zu den Mitburgern. Weitere Einzelheiten des Referats lassen sich in dem 50-seitigen Beitrag des Referenten unter dem Titel „Asyl in Westfalen - Janis Jaunsudrabins 1944 - 1962" in „Literatur in Westfalen", herausgegeben von Dr. Walter Godden, Aitesis Verlag, 2004, nachlesen. Wie eng die Beziehung von J.J. zu Sauerlander Autoren war, konnte in der regen Diskussion vertieft werden. So sind mehr als 70 Briefe und Karten von J.J. an den Mescheder Naturlyriker Hannes Tuch (1906 - 1986) bis heute erhalten geblieben. An ihn schrieb, soweit jetzt bekannt ist, Janis am 30.05.1962 seinen letzten KartengruB in deutscher Sprache. Es ware lohnend, so Raub, den Briefwechsel zwischen J.J. und Hannes Tuch aufzuarbeiten. Auch existieren noch 22 Briefe, die J.J. an die Sauerlander Dichterin Josefa BerensTotenohl (1891 - 1969) geschrieben hat. J.J. und Josefa Berens: beide zugleich Dichter und Maler! Es entstanden gegenseitig Portraits. Josefa Berens hat J.J.'s Roman Nauda (Gold des Bettlers) 137 in eine deutsche Fassung gebracht, die aber nicht gedruckt worden ist. Janis hatte einst die Absicht, seinen Nachlass in das Haus von Josefa Berens zu geben, in den Femhof in Gleierbruck bei Saalhausen, was dann spater nicht verwirklicht wurde. Ubereinstimmend mit den Idealen J.J.'s: Dass er Josefa Berens ohne Vorurteile begegnete, obwohl er um deren Verstrickung in der voraufgegangenen Zeit des Nationalsozialismus wusste. Als die Saueriander Autoren und ihr literarisches Schaffen zur Zeit des Nationalsozialismus einige Jahre spater beim sogenannten Schmallenberger Dichterstreit von 1956 in die Kritik gerieten, war J.J., der selbst staatliche Bevormundung kennen gelernt hatte, um Schlichtung und MaBigung bemuht. Nachdem er die uber vierstiindige Auseinandersetzung verfolgt hatte, war er es, der sich nachdrucklich an die Teilnehmer des Schmallenberger Dichtertreffens wandte. Diesen bis heute unvergessenen Wortbeitrag J.J.'s hat spater Clemens Hebermann, Griinder und Herausgeber des Westfalenspiegels, in seinem Nachruf auf J.J. mit folgenden Worten gewijrdigt: „... Du wusstest um die Zucht des Wortes, und wenn Du sprachest - stets waren es nur wenige Worte - so drangen diese tief ins Menschliche, ins Gultige. Unvergessen ist Dein Wort auf dem 2. westfalischen Dichtertreffen in Schmallenberg. Als dort junge Autoren (...) von der Heimat als einer Mystifikation sprachen, da sagtest Du zum Schluss der langen, harten Auseinandersetzung so leise, so bedachtig, so zogernd, wie es Deine Art war: „Mir schien es, als wolle man seine Eltern verleugnen." So hast Du Dich auch im Gastland zu Deiner lettischen Heimat wie uberhaupt zum unverganglichen Wert und Reichtum einer jeden Heimat bekannt. Du hast (...) daran erinnert, dass wir Menschen durch Gottes Willen in unsere irdische Heimat hineingeboren werden; alle Staaten und Verwaltungsgrenzen aber nur Menschenwerk sind. (...) Du hast auch Deinen westfalischen Freunden gezeigt, was Heimat fiir den Menschen bedeutet. ..." Die Mitglieder der Christine-KochGesellschaft gaben ihrem Erstaunen Ausdruck, dass bisher kein groBeres Werk von J.J. in deutscher Sprache er- SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund schienen ist, obwohl sich einflussreiche deutsche Freunde dafiir verwandt hatten. Nach Dr. Raub gabe es wohl ein einziges kleineres Werk von J.J. in deutsch: Das 1972 im Verlag Aschendorff/ Miinster erschienene Bandchen „Kraniche uber dem Mohnesee und Erzahlungen aus Lettland". Demgegenuber seien in den ersten Jahren nach der Flucht 18 Bucher von J.J. in lettisch von Exilverlagen herausgegeben worden. Die Kulturabteilung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Munster habe seinerzeit vorgehabt, eine deutsche Publikation von J.J. in Druck zu geben, und habe dafiir bereits einen Vorschuss auf das Honorar an J.J. gezahlt. Dieses Vorhaben sei aber nicht realisiert worden. Als Diskussionsteilnehmer appellierte der Literaturwissenschaftler Dr. Wilhelm Gossmann/Diisseldorf an alle Mitglieder der Christine-Koch-Gesellschaft, sich auf ihre Weise fiir die Herausgabe ausgewahlter Werke von J.J. in deutscher Ubersetzung zu engagieren. Daraufhin boten Dieter Wurm/Meschede als \/orsitzender des Sauerlander Heimatbundes und fruherer Vorsitzender der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe sowie Hans ClaBen/Arnsberg als Vorsitzender der Christine-Koch-Gesellschaft ihre Unterstutzung und Hilfe an. Nach der Jahresversammlung der Christine-Koch-Gesellschaft, in der Bernhard Halbe/Schmallenberg den Geschijftsbericht und Andrea GeuekeAVormbach den Kassenbericht vorgetragen batten, diente der Nachmittag dem Besuch der verschiedenen literarischen Statten in Korbecke. Mit auf den Weg machten sich aul3er Dr. Wolfhard Raub auch die Vorsitzende des Kulturvereins Mohnesee e.V. Walburga Michels und Karl Drees/Korbecke, der vor Ort sein Augenmerk auf die einzelnen literarischen Statten richtet. Zunachst ging es zum Korbecker Friedhof. Auf dem Gedenkstein aus Granit befindet sich auf der Vorderseite eine Biiste von J.J., geschaffen von dem Bildhauer Robert IttermannA'ollinghausen. Der Gedenkstein mag daran erinnern, dass hier am 1. September 1962 Janis Jaunsudrabins begraben wurde, unter Teilnahme vieler Freunde von nah und fern - Letten, Autoren, Kunstler, Reprasentanten des offentlichen Lebens - J.J. © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 138 SAUERLAND NR. hatte sich zu Lebzeiten gewijnscht, in die Heimaterde umgebettet zu werden, wenn Lettland wieder ein freies Land sei. 1997 war es soweit und die Oberfiihrung von J.J. nach Lettland konnte stattfinden. Im Dom zu Riga wurde am 13.9.1997 vom evangelisch-lutherischen Erzbischof, in Anwesenheit des lettischen Staatsprasidenten, ein feierliches Totenamt fur J.J. zelebriert. AnschlieBend fand die Beisetzung in seinem Geburtsort Nereta statt; dort ist der Hof, auf dem J.J. 1880 - 1886 lebte, zum Museum geworden. Als zweite literarische Statte besuchten die Teilnehmer der Literaturveranstaltung das „Alte Fachwerkhaus Stockebrand", in dem der Kulturverein Mohnesee e.V. ein Gedenkzimmer fur J.J. unterhalt. Dieses ist 1975 von Dr. Austra Rudzite, der Griinderin des J.J.-Museums und -Archivs in Miinster, eingerichtet worden. Im Vortragsraum des Kulturhauses Stockebrand las Gabriele Wartberg-Friedrichs/Nuttlar einige Texte von J.J., die dieser in deutsch am Mohnesee verfasst hat. Der folgende kurze Text „Die Wildente" moge einen Eindruck von dieser schlichten, zu Herzen gehenden Lesung vermitteln. Die Wildente Ich sitze am Mohnesee, oberhaupt der Wameler BrUcke, im Schatten eines Gebiisches. Um mich ist ein blauer Sommermittag. Die Sonne scheint in leichtem Dunst zu schwimmen. Auf den Grdsern liegt ein rosa Schinimer, uon ihren Strahlen, und auf den Blattern der Baume schillert ihr gleiliendes Licht, wohin ich nur den Blick wende. Ich habe die Angel ausgeworfen und die Rute auf einen Weidenzweig gestutzt. In dem ehemaligen Flussbett ist nicht die geringste Stromung. Ich sitze und fuhle, wie mein Blut uoll der Sonne, des Sommers und des Duftes Tausender Bliiten ist. Da auf einmal ... Was pldtschert da so leicht unmittelbar am Ufer, zu meinen FuBen? Ach, es ist eine Wildente mit einer ganzen Schar flaumiger Jungen. Sie steckt den Kopf unter Wasser, sucht nach Nahrung im Schlamm und lehrt die Kleinen, das gleiche zu tun. Wenn sie ihren Kopf aus dem Wasser hebt, rieselt es wie Tau uon ihrem Hals, und aufmerksam halt sie Umschau. Sie richtet ihr Auge, das wie eine kleine schwarze Perle schimmert, unmittelbar auf mich, ohne jedoch Boses zu ahnen. - Vielleicht war es ein Stein, vielleicht ein Baumstumpf, der dort uber den Bluten des Ufers herausragte? - Sie steckt den Kopf wieder unter Wasser, und die Kleinen machen es ihr nach. So ziehen sie langsam Idngs des Ufers flussaufwdrts. Bdume, Bluten, Erde, Luft, alles, was es da gibt, sei es nun reglos oder voller Leben, - wir sind ein Leib und eine Seele. Dass mein Gehirn all dieses weiter umfasst, das macht auch meine Gefuhlswelt weiter Sonst gleiche ich dem Baum, in dessen Schatten ich sitze, und dem unschuldigen Vogel, der mich ohne Furcht anschaut, wenn ich meine Hand nicht gegen ihn erhebe. Einen besonderen Hohepunkt der Literaturveranstaltung am Mohnesee bildete Der Besuch des „Mondscheinhauses", wie es J.J. getauft hatte, eines kleinen stilvollen Ferienhauschens, welches oberhalb des Sudufers am Mohnesee liegt. Der von J.J. gewahlte Name beruht auf einem Wortspiel: Meness ist das lettische Wort fiir „Mond", und interessanterweise ist Mene gleich Mohne. Auf einer holzernen Tafel, die am Giebel des Hauschens angebracht ist, kann man lesen: Seit no 1948 - 1962 dzivoja Janis Jaunsudrabins *1877 t 1962 - Lettischer Dichter und Maler wohnte hier 1948 - 1962. Hannes Tuch schildert in einem Text, der sich im J.J.-Museum in Munster befindet, seinen Besuch im „Mondscheinhaus" so: „...Wir schienen mit der Grundstucksgrenze eine Landesgrenze zu uberschreiten, wir kamen nach KleinLettland. Da war der aus Fichtenzweigen geflochtene Lettenzaun um den kleinen Garten, dann war da eine Anlage zum Rduchern von Fischen auf lettische Art, Korbe und feingeflochtene Matten aus Fichtenwurzein hingen und lagen dort. An der Hauswand hingen Dinge zur Erinnerung (...) J.J. hatte versucht, fur sich und seine Frau Nate eine Heimat uber dem Mohnesee zu schaffen. Uber allem aber schwebte ein Hauch von Trauer und Entsagung. Man merkte, dass hier Menschen waren, die nach langer Flucht ihr Gepdck SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund 3/2005 hier abgestellt batten, aber noch nicht ganz an eine echte Bleibe glaubten. (...) Trotzdem war auch J.J. mit der Zeit heimisch geworden. ..." Ahnlich wie Hannes Tuch, werden es die Besucher von J.J. seinerzeit empfunden haben; und es kamen viele, unter ihnen: die Journalisten Albert Dalhoff, Jaker, Friedrich Kaiser, Erich Schroter und die Bildhauer Robert Ittermann und Fritz Viegener, der Fotograf Janis Vinters, der Lehrer Paul Heitkemper, der Landesrat Josef Ostermann sowie die Autoren Erwin Sylvanus, Hans Dieter Schwarze, Walter Vollmer und Ingrid Bacher. Heute nun waren die Mitglieder der Christine-Koch-Gesellschaft zu Besuch im ..Mondscheinhaus", welches der Familie Ostermann in Munster gehort. Hella Ostermann war trotz ihres vorgeruckten Alters aus Munster angereist und erwies sich als charmante, gute Erzahlerin sowie exzellente Gastgeberin. Mit groBer Herzlichkeit bot sie ihre „Mondscheinplatzchen" an, lecker und rund wie der Vollmond. Sie zeigte in ihrem Ferienhaus den Autoren der Christine-Koch-Gesellschaft den Schreibplatz von J.J. mit Blick uber den See. In diesem Ambiente vor dem Hauschen des Dichters horten die Teilnehmer der Literaturveranstaltung noch einmal Texte von J.J. mit den Titeln „Weidenfl6ten" und ,.Kraniche uber dem Mohnesee". Wohl keiner von ihnen konnte sich der besonderen Stimmung entziehen. Beim Abschied versprach Hans ClaBen, der Vorsitzende der Gesellschaft, in seinen Dankesworten an Frau Ostermann die Unterstiitzung der Gesellschaft beim Erhalt dieser literarischen Statte. Den Abschluss einer gelungenen Literaturveranstaltung bildeten ein gemeinsames Kaffeetrinken in dem friiheren Gutsschloss „Haus Welschenbeck" und eine Lesung im dortigen sog. Rittersaal von Wilhelm Gossmann/Diisseldorf unter dem Thema „Literarische Mohnesee-Inspektionen". Auf einer Literaturreise nach Sudfrankreich nach Sanary-sur-mer und Nizza vom 30. 9. - 7. 10. 2006 wird die Christine-Koch-Gesellschaft das Thema „Exilliteratur" wieder aufgreifen. Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 3/2005 139 Ein ..verlorener Kulturort" wird revitalisiert und wicdercntdeckt: Eroffnung des neuen Arnsberger Stadt- und Landstandearchivs von Michael Gosmann Die Resonanz war uberwaltigend. Zur Eroffnung des neuen Arnsberger Stadtund Landstandearchivs im Westfliigel des 1170/73 durch Graf Heinrich I. v. Arnsberg gestifteten Pramonstratenserklosters Wedinghausen hatte man fur den 11. Juni 2005 optimistiscfi mit bis zu 100 Gasten gerecfinet. Sie sollten in der gerade restaurierten Klosterbibliothek von 1694 Platz finden. Doch scfion bald wurde anfiand der Resonanz auf die Einladungen klar, dass der Raum die Gaste nicht fassen wurde. So bot der Arnsberger Propst Dr. Acfiim Funder eine dem Anlass hochst angemessene Alternative an: den ehemaligen Kapitelsaal des Klosters mit der Grafenkapelle vom Jafire 1274, der heute als Norbertussaal der katholiscfien Propstei-Pfarrgemeinde St. Laurentius als Pfarrsaal dient. Von den Wanden blickten wofilwollend die barocken Portrats der letzten Wedinghauser Abte in den mit uber 210 Gasten vollbesetzten Saal, als Arnsbergs Burgermeister Hans-Josef Vogel um 11.00 Uhr die Erschienenen willkommen hieB. Er erlauterte, dass mit der Umgestaltung des Westflugels ein vergessener Ort in die Gegenwart zuruckkehire. Vor uber 800 Jahren als Gegenpol zur Grafenburg, dem weltlichen Machtzentrum gestiftet, war das Kloster uber Jahrhunderte eine Statte der Spiritualitat und Besinnung, ein Ort der Bewahrung und Vermittlung von Wissen und Werten. Die Stadt Arnsberg mochte dafier eine Revitalisierung dieses alten Kulturortes erreichen. Es gabe im Internet zum Tfiema Revitalisierung von Industriebrachen, Einzelhandelslagen und Gewerbegebieten Tausende von Eintragungen, eine Revitalisierung von Kulturorten habe er jedoch nicht gefunden. Der erste Bauabschnitt, der Umbau des Westfliigels und seine angemessene Nutzung als Archivdomizil sei nun beendet. In absehbarer Zeit werde hier auch eine historische Ausstellung iiber das Kloster Wedinghausen, das Gymnasium Laurentianum und das fernere Schicksal der Klostergebaude zu sehen sein. In einem zweiten Bauabschnitt werde im August mit der Neugestaltung des Klosterinnenhofes begonnen. Im Der Westfliigel des ehemaligen Klosters Wedinghausen uon Norden Rahmen des landesweiten Wettbewerbes „ Stadt macht bucherei in der Aula des Gymnasiums Platz - Land macht Platze" hatte eine in- Laurentianum und der restaurierten Klosternational Jury im Jahre 2002 von 68 terbibliothek den gesamten KlosterbeEinsendern 10 Preistrager gekiirt, un- reich wesentlich aufwerten. ter ihnen auch die Arnsberger Plane zum Klosterinnenhof, dessen UmgeDer Leiter des Westfalischen Archivstaltung vom Land mit 70% bezuschusst amtes des Landschaftsverbandes Westwird. Diese MalSnahmen werden zu- falen-Lippe, Prof. Dr. Norbert Reimann sammen mit der neuen Schulstadt- begluckwunschte die Stadt zu ihrem Ansichten aus dem Dachgeschoss nach dem Umbau und vor dem Einzug des Stadtarchivs Fotos: Joerg Hempel, Pliotodesign SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 140 SAUERLAND NR. neuen Archiv. Eine vorbildliche und in Westfalen einzigartige Losung sei hier gefunden worden. Im neuen Gebaude fanden Forscher und Burger ideale Arbeitsbedingungen. Prof. Reimann erinnerte daran, dass schon Anfang des 18. Jahrhunderts mit dem Archivturm am Arnsberger Rathaus fiir damalige Verhaltnisse eine angemessene Unterbringung der Archivalien gewahrleistet worden sei. Spater jedoch, im 19. und 20. Jahrhundert sei das Archiv an unterschiedlichen Orten nicht immer sachgerecht gelagert worden. Diese Zeit der Provisorien sei nun beendet: „Die Geschichte hat in Arnsberg wieder ein Haus." Der Direktor des polnischen Instituts fur das nationale Gedenken in Stettin Dr. Kazimierz Woycicki referierte anschlieBend zum Thema .,Europa aus der Erinnerung seiner Regionen gestalten". Vor dem Hintergrund der gegenwartigen politischen Krise Europas unterstrich der renommierte Historiker engagiert die Wichtigkeit des Erinnerns und Erzahlens der eigenen regionalen Geschichte, um den Menschen - und gerade auch Migranten und Einwanderern - die Identifikation mit ihrer Heimatregion zu ermoglichen. Bei zukunftig sinkenden Bevolkerungszahlen sei die regionale Geschichte ein wichtiger Standortfaktor in der Konkurrenz um ..Humankapital". Die Identifikation mit der Region und ihrer Geschichte sei ein Mittel gegen Abwanderung und identitatsstiftend fiir Zugezogene und NichtEinheimische, die sich schneller als Arnsberger fuhlen konnten, auch wenn sie sich noch lange nicht als Deutsche verstehen wiirden. Regionales Erinnern durfe jedoch nicht in Provinzialismus miinden. Auch Dr. Woycicki gratulierte den Arnsbergern zum gelungenen Umbau und dem neuen Stadtarchiv. Der Kolner Architekt Prof. Gerhard Kalhofer, nach dessen Planen die Umgestaltung realisiert worden war, erlauterte unter dem Titel „Kloster Wedinghausen - aus der Geschichte heraus entwerfen", welche Ziele er dabei erreichen wollte. In der Verbindung von Vergangenheit und Zukunft, alter Architektur und neuen Stilmitteln sollte etwas neues geschaffen werden. Prof. Kalhofer verwies auf die Besonderheit mittelalterlicher Klosterarchitektur, die die heutige Architektur mit ihren Defiziten entlarve: „Zu viel Larm, zu wenig Rhythmus, keine Melodie". Auch in der Architektur des Westfliigels sind noch heute die Vorstellungen von Dauerhaftigkeit, Erfahrung und Rhythmus ablesbar. Nach der Auflosung des Klosters 1803 gerieten diese Qualitaten in Vergessenheit. Durch behutsame Restaurierung und architektonische Intervention gait es, die ehemalige Bedeutung des Ortes wiederzugewinnen. Eingebunden in die Klosterarchitektur schaffe das neue Archiv nun Platz fur Begegnungen mit dem kollektiven Gedachtnis der Stadt und der Region. In dem es Erinnerung nicht nur sichert sondern auch offnet, dient es der Vergewisserung der eigenen Identitat in ungewissen Zeiten fortschreitender Globalisierung. Bei der anschlieBenden Besichtigung konnte sich die Festgesellschaft ein eigenes Bild von der Umgestaltung machen und die gewonnenen Eindriicke anschlieBend bei einem reichlichen Buffet und Getranken auf Einladung der Stadt Arnsberg austauschen. Von den mittelalterlichen Kellergewolben uber den restaurierten Kreuzgang im Erdgeschoss und die modernen Rollregalmagazine im Obergeschoss bis hinauf zum barocken denkmalgeschiitzten Dachstuhl von 1717 war ungehinderter Zutritt moglich. Im Anschluss an die feierliche Eroffnung mit geladenen Gasten bestand von 13.30 - 17.30 Uhr fur alle interessierten Biirgerinnen und Burger Gelegenheit, im Rahmen eines „Tages der offenen Tiir" das neue Stadtarchiv zu besichtigen. Auch hier war der Andrang uberwaltigend, das Gebaude wurde regelrecht „gesturmt", ca. 300 Personen informierten sich ausgiebig. Dazu wurden FUhrungen angeboten, die jedoch wegen des Andrangs den Bedarf nicht decken konnten. Zur Geschichte des Westfliigels des Klosters Wedinghausen Mit der staatlichen Zwangsauflosung des Prdmonstratenserklosters Wedinghausen im Oktober 1803 im Rahmen der Sdkularisation fand eine 630-jahrige Klostertradition ihr abruptes Ende: der Abt, 24 Konventualen und ein Laienbruder wurden vertrie- SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund 3/2005 ben. Sofort wurde auch der Baubestand verandert und noch 1804 der nordliche KreuzgangflUgel abgerissen. 1826 wurde die Klosterpforte an der Stelle des heutigen Hirschberger Tores entfernt. Als die Stadt Arnsberg den Westflugel (KlosterstraBe 11) 1885 vom Staat fiir Schulzwecke erwarb. wurde der Abriss des sUdlichen KreuzgangflUgels zur Auflage gemacht. Der ehemalige Klostercharakter der Aniage ging damit endgUltig verloren. Dennoch sind noch heute die wichtigsten Teile vorhanden: Die ehemalige Kloster- und heutige Propsteipfarrkirche St. Laurentius, der OstflQgel mit Kreuzgang. Sakristei und Grafenkapelle von 1274, die alte Klosterbibliothek uon 1694, das Wohnhaus des Abtes, die sog. .,Pralatur" von 1666 und der jetzt neugestaltete Westfliigel, nach der Kirche das grolite Gebaude des alten Klosters. Der Westflugel neben dem Hirschberger Tor ist mehrfach umgebaut worden. Er birgt den westhchen Kreuzgang und einen ins Mittelalter reichenden Vorgdngerbau. Dieser wurde 1714-17 wesentlich vergroBert (Gebdudeldnge: 35 m, -breite: 15 m) und erhielt einen beeindruckenden barocken Dachstuhl. Im Keller befanden sich zur Klosterzeit Wirtschafts- und Lagerrdume (Bierkeller) sowie die liber zwei Geschosse reichende Klosterktiche mit direkter Verbindung zum groBen Refektorium (Speisesaal) im Erdgeschoss. Im Obergeschoss lagen die Klassenrdume des 1643 gegrimdeten Gijmnasiums Laurentianum. Uber eine nicht mehr vorhandene AuBentreppe gelangten die Gi;mnasiasten in ihre Schulrdume, ohne die Klosterklausur zu storen. Auch das Dachgeschoss diente Wirtschaftszwecken: hier wurden Vorrdte gelagert, Krduter getrocknet und Wurste, Schinken und Speckseiten gerduchert. Bis zum Auszug des SauerlandKollegs im Jahre 2002 wurde das Gebaude von der Stadt Arnsberg fiir schulische Zwecke genutzt. Stadt- und Landstandearchiv: wesentliche Verbesserungen in funktionalen Raumen Fur das Stadt- und Landstandearchiv haben sich durch den Umzug in die KlosterstraBe 11 wesentliche funktionale Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 141 3/2005 und raumliche Verbesserungen ergeben: Im Dachgeschoss (Hohe des denkmalgeschiitzten barocken Dachstuhles von 1717 ca. 11m) befinden sich Raume fur Archivausstellungen, Archivbenutzung, Information, Technik und die Mitarbeiterbiiros. Fur Archivbenutzer und -besucher stehen hier ein kleiner Vortragsraum (ca. 50 Platze), ein separater Benutzerbereich mit 8 Einzelarbeitsplatzen und Gruppenarbeitsmoglicfikeit zur Verfiigung. Zudem bietet eine umfangreiche Freihandbibliotfiek dem Interessierten die wichtigsten Informationsmoglichkeiten und Nachschlagewerke. Die technische Ausstattung hat sicfi erfieblich verbessert. Kopierer, Auflichtscanner, DIN-A3-Drucker und Microfilmlesegerate konnen in Anspruch genommen werden. Das fiir die Offentlicfikeit normalerweise nicht zugangliche Obergeschoss birgt das Herzstuck des neuen Archivs: das Magazin. Es bietet Lagerflacfie fur die Archivalien seit dem Mittelalter (14. Jahrhundert) bis in die neueste Zeit. Die Magazinflache ist funktional dreigeteilt: 1.) Ein Bereich fur die umfangreiche Zeitungssammlung und andere Druckwerke (60 m'). 2.) Ein zweiter, groBer Magazinabschnitt fur die stadtische Oberlieferung (klassisches Archivgut: Urkunden, Akten und Amtsbiicher). Dazu kommt ein wichtiger Teil staatlicher Oberlieferung, das sog. „Landstandearchiv des Herzogtums Westfalen" (120 m') 3.) Ein dritter Abschnitt fur sog. „Sammlungsgut", z. B. thiematische Sammlungen sowie Privat-, Familienbzw. Firmennachlasse. Hier wird auch das umfangreiche Archiv des Arnsberger Heimatbundes untergebracht (GOm'^). Die Archivalien lagern in einer neuen, mehrteiligen Rollregalanlage (Kompaktusanlage). Sie magaziniert das Archivgut platzsparend, stellt aber auch erhebliche Anforderungen an die Deckentragfahigkeit (uber 1.200 kg Gewicht/ pro m^). Daher sind die Rollregalbereiche durch den Einbau von Stahltragern erheblich verstarkt worden. Die neue Rollregalanlage bietet im Vergleich zur alten Anlage im Rathaus, die im Jahre 1980 fur 80.000,- DM angeschafft worden war, mehr als das Dreifache an Die spektakulare Umgestaltung hat Lagerflache. Ihr aktueller Gesamtpreis (38.000,- Euro) hat erstaunlicherweise bisher viel Zuspruch erfahren. Das den Preis der alten Anlage noch nicht groBe deutsche Fachorgan fiir Architektur und Bauwesen, die „DBZ Deutsche einmal erreicht! In einem vierten Bereich iiber dem Bauzeitschrift" hat im Heft 4/2005 ausmittelalterlichen, gewolbten Kreuzgang fiihrlich uber die Umgestaltung berichtet wurde der groBere Teil der Archiv- (Sonderdruck im Stadtarchiv erhaltlich) bibliothek aufgestellt. Dazu sind hier die und selbst im Ausland hat der Umbau Foto-, Dia-, Film- und Videosammlung, mittlerweile Resonanz erfahren. Die andie Karten- und Plakatsammlungen so- erkannte franzosische Architekturzeitwie die Microfilm- und Microfiches- schrift „rarchitecture d'aujourd'hui" berichtete in ihrer Ausgabe von Mai/Juni Sammlung gelagert. 2005 auf mehreren Seiten daruber. Insgesamt bietet das Obergeschoss alle Magazin- und Bibliotheksregale zusammengenommen - eine Regalflache von ca. 2.500 laufenden Regalmetern! Das Gewicht der hier gelagerten Archi- Das neue Arnsberger ..Stadt- und Landstandearchiv valien wird auf ca. 100 Tonnen ge- im Kloster Wedinghausen" steht wahrend der Offschatzt, das Eigengewicht der Einrich- nungszeiten (Montag und Mittwoch 8-12.00 Uhr; Dienstag und Donnerstag 8-12.00, 13-16.00 Uhr) jetungen wie Rollregalanlage, Karten- und dem Interessierten zur Benutzung zur Verfugung. Fijr Stahlschranke nicht eingerechnet. Besichtigungen des gesamten Gebaudes konnen vereinbart werden (Stadt- und LandstandeIm Erdgeschoss wird zur Zeit in vier Fuhrungen archiv im Kloster Wedinghausen, KlosterstraBe 11, ehemaligen Klassenraumen auf einer 59821 Arnsberg, Tel 02932/ 2011241, -2011859, Flache von fast 250 m^ eine Aus- -2011599). stellung zur Geschichte des Klosters Wedinghausen, des Gymnasiums Laurentianum und zu den bisherigen Bauvorhaben und zukiinftigen Planungen im Rahmen des Projektes „Kloster Wedinghausen" vorbereitet. Diese wird voraussichtlich im Herbst eroffnet. Im KellergeKostensenkung und Qualitatssteigeschoss steht dem Archiv noch ein rung durch Outsourcing! Werkstattraum zur Verfiigung. Hier Ubergeben Sie Firmenbereiche, konnen Akten fiir die niclnt zum Kerngescliaft geiioren! die dauernde Aufbewahrung im historischen Archiv vorbereitet werden; auch kleinere ResSo werden Ihre Ziele realisiert! taurierungen sind moglich. In einem mittelalterlichen Kellergewolbe, dem ehemaligen KlosterBreite Wiese 6 57392 Schmallenberg bierkeller, wird der Tel.: 0 29 72/960 534 Fax: 0 29 72 / 960 536 Arnsberger Heimatwv««.re-wo.de info@rentaworker,de bund e. V. ein neues Domizil finden. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Halten Sie Ihre Kosten 100% im Griff - Personalleasing Werkvertrage Montageservice Lohnarbeiten © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund 142 SAUERLAND SAUERLAND NR. 3/2005 Zahlensymbolik als Datierungshilfe? Ein kleiner Beitrag zur Geschichte der Stiftskirche St. Walburga Der Kirchenvater Augustinus hatte geschrieben, dass die ,,Sachen durch Zeichen erlernt" werden. Getreu seiner als maSgeblich anerkannten Lehre nahmen die mittelalterlichen Menschen die Zahlen als „Zeichen" von besonderer Bedeutung. Jede Zahl hatte einen spezifischen Sinn. Das soil hier an der Geltung der Zahlen von 1-12 erlautert werden, sie seien hier ihrer Bedeutung entsprechend aufgefUhrt. 1 ist Ursprung und Ma6 der Zahlen und so Symbol des Ureinen, Unteilbaren, Gottlichen, 2 bedeutet Gegensatz, Trennung, Tag und Nacht, Gott und Mensch, Mann und Frau, 3 hat ursprunglich den Sinn fiir das Umfassende, ist Zeichen der Heiligkeit und Vollkommenheit, vor allem Symbol des Dreifaltigen Gottes, 4 hat korperlich-kosmische Beziehungen, vier Wind- und Himmelsrichtungen, vier Enden der Erde, vier Jahreszeiten, vier Weltalter, vier Paradiesstrome, vier Urelemente, einfach Symbol des Irdischen, 10 ist die Zahl der Weisheit und Vollendung, der Gebote Gottes, 12 ist die Vollstandigkeits- und Heiligkeitszahl, zwolf Junger Jesu, zwolf Stamme Israels, zwolf Stunden, zwolf Monate. Einfiihrung in die Methode der zahlensymbolischen Deutung 10, L = 50, C = Mit Hilfe dieser Buchstaben konnen Zahlenwerte in Texten untergebracht werden, die - verschlusselt - wichtige Hinweise enthalten, so dass sich der zahlensymbolische Gehalt erst bei genauerer Untersuchung erschlieBt, z. B. zur Datierung. Eine derartige Zeitbestimmung wird Chronogramm genannt. Hier einige Erlauterungen zur Methode der Fixierung eines Chronogramms: Alle mit einer Zahl identischen Buchstaben werden unterhalb der jeweiligen Textreihe herausgezogen und addiert, wobei mit der Endsumme der Zahlenwert. z. B. einer Inschrift, ermittelt wird. Neben dem ermittelten Zahlenwert ist innerhalb einer Inschrift die Zahlung aller insgesamt vorhandenen Buchstaben von Bedeutung, da die aus Buchstabenzahl und Zahlenwert addierte Summe Zahlenwert ft '^"'S 6 Zahl des Makrokosmos, der Schopfungstage, der Flugel des Seraphim, der Weltalter, der Arbeitstage, litur. der Fastenwochen, der Kruge beim Hochzeitsmahl von Kana. Das aus zwei Dreiecken zusammengesetzte Hexagramm (Davidsschild) verbindet Geistiges und Materielles. in der babylonischen und Israelischen Religion Zeichen der Gottheit, Fulle und Vollkommenheit und wird in diesem Sinn auch von den Griechen und Augustinus iibernommen und ist Zahl der Planeten mit Sonne und Mond, somit der Vollkommenheit des Universums. Die sieben Augen Jahwes sind Zeichen seiner Allwissenheit, sieben Sakramente, sieben Bitten im Vaterunser, sieben Gaben des Heiligen Geistes. Sinnbild der Neuschopfung, acht Menschen uberlebten in der Arche, Zahl der Auferstehung Christi, SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund I = 1, V = 5, X 100, M = 1000 Buchstaben Zahl der Sinne und der Wunden Christi, 8 Zahl der Vollendung, dreimal drei ist neun, neun Chore der Engel, Bei der in der folgenden Untersuchung angewandten Methode werden diejenigen lateinischen Buchstaben in Betracht gezogen, die einen Zahlenwert besitzen, also mit romischen Zahlen identisch sind. Waren doch diese nicht nur in der romischen Welt, sondern weiterhin auch im Westeuropa des Mittelalters das allgemein gebrauchte Zahlensystem. Wogegen die heute benutzten arabischen Zahlen erst nach Beginn der Neuzeit ublich warden. 5 7 9 von Adelhard Gerke OSB © Copyright Sauerlander Heimatbund cvvlv 11 165 9 Id 501 20 666 SAUERLAND NR. 3/2005 Sauerländer Heimatbund meist ein Chronogramm, eine Datierung also, enthalt. Schwierigkeiten der Entschlusselung von Chronogrammen konnen slch ergeben, weil es auBer der uns vertrauten christlichen Zeitrechnung die judische Weltara gibt, die davon ausgeht, dass Christus im Jahr 3760 nach deren Beginn geboren wurde. Es existiert auch die Ara des Hieronymus, auch als „secundum communem chronographorum usum" bezeichnet, da er die Geburt Christi in Obereinstimmung mit den 70 Obersetzern der Septuaginta im Jahre 5199 seit der Weltschopfung annimmt. Damit ist zur Entschlusselung eines Chronogramms die Berucksichtigung seines historischen Umfeldes unabdingbar, da nur auf dessen Hintergrund das der Konstruktion zugrundegelegte Zeitschema ermittelt werden kann. Sind zur Findung von Chronogrammen Zahlenwert und Buchstabenzahl vor allem wichtig, so macht daruber hinaus die 143 SAUERLAND Anzahl der Worte oder gar der Zeilen ebenfalls wichtige Aussagen zum Gehalt des Textes. Vielleicht kann die dargestellte Methode auch einen Hinweis zur Losung von Datierungsfragen einer Kirche im Sauerland bieten. In dem Buch „Die Benediktinerabtei Corvey - Das Heiligtum Westfalens und ganz Sachsens"! sind, wie im folgenden aufgezeigt werden soil, etliche Erkenntnisse zur karolingischen Baukunst dargelegt, die auch auf das Stift Meschede zu beziehen sind. Das Grundungsdatum des Stiftes Meschede konnte urkundlich bisher nicht ermittelt werden; der Oberlieferung nach sei die Grtindung um die Mitte des 9. Jahrhunderts durch die frankische Prinzessin Emhildis erfolgt, woran die Emhildis-Kapelle der Stiftskirche noch bis in unsere Zeit erinnerte. Buchstaben Zahlenwcrt CLIM 1151 10 CVVL 160 12 IDI 502 14 I 1 11 47 1814 Ubertrag von der anderen Seite 20 666 Sa: 67 2480 Die Gesamtsumme betragt 2480 + 67 = 2547, diese ist nicht durch 2 teilbar. Aber durch 3, 2547 : 3 = 849; also ist 849 dreimal in der Endsumme enthalten. Die erste schriftliche Nachricht ist uns infolge der Bestatigung des Stiftes durch Konrad I. im Jahre 913 uberliefert. Aus dem Jahre 959 existiert ein Privileg Kaiser Ottos des GroBen, dessen die Stadt Meschede 1959 mit der Tausendjahrfeier gedachte. Weiterhin kann durch Untersuchung eines Holzfundes die Bauzeit des Turmes der Stiftskirche auf die Jahre 897 - 912 festgelegt werden. - Soweit die Daten aus der Fruhgeschichte des Stiftes. GemaB den Untersuchungen etlicher lateinischer Inschriften und anderer Texte des friihen Mittelalters, aus deren Chronogramme immer wieder aufschlussreiche Hinweise zur Datierung ermittelt werden konnten^, soil dies hier auch fur das Stift Meschede versucht werden, aus dessen Fruhzeit uns der beruhmte Hitda-Codex als kostbarstes Zeugnis erhalten ist. Es war die Abtissin Hitda, wohl dem Kreise um die hochadeligen Damen des ottonischen Kaiserhauses angehorend, die im 10. Jahrhundert dieses Evangeliar in Auftrag gegeben und sich auf dem Widmungsbild selbst hat darstellen lassen, wie sie der klosterlichen Schutzheiligen Walburga das Buch iiberreicht. - Ob wir aus dieser Dedikationsszene und dem dazugehorigen Widmungstext etwas uber die Stifterin oder gar das Stift selbst erfahren konnen? Aus den lateinischen Buchstaben der beiden im Widmungsbild bezeichneten Frauen als „SANCTA VVALBVRG" und „HIITDA-ABBA" ermittelt sich der Zahlenwert 165-H501 = 666, wobei sich zuzijglich der jeweiligen Anzahl der 20 Buchstaben die Summe 686 ergibt. Die Schreibweise des Anfangsbuchstabens W aus zwei separaten V V im Namen Walburg scheint in dieser Zeit nicht ungewohnlich zu sein, findet sie sich doch auch auf dem Grabstein der Abtissin Walburg von Neuenheerse.^ Auffallend ist dagegen die unterschiedliche Schreibung des U, das entgegen der Schreibweise als V im Namen des Bildes beim gegenuberstehenden Widmungstext als U belassen und damit fiir die Zahlung ohne Wert ist. Was sich der Schreiber jedoch bei der Endung des Textes mit zwei Punkten und einem Komma darunter gedacht hat, bleibt sein Geheimnis; offensichtlich ist dieses Gebilde ebenfalls als Buchstabe zu zahlen. © Copyright Sauerlander Heimatbund SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 144 SAUERLAND NR. Der aus dem Widmungstext ermittelte Zahlenwert 1814 ergibt wiederum mit der Anzahl 47 der verwendeten Buchstaben die Summe 1861, woraus sich zuzijglich des im Widmungsbild ermittelten Zahlenwertes 686 insgesamt die Summe 2547 ergibt. Oftmals enthalt nun der Zahlenwert eines Chronogrammes die gesuchte Zahl um ein Vielfaches. Wahrend eine Zweiteilung der hier ermittelten ungeraden Zahl nicht in Frage kommt, ist dagegen eine Dreiteilung sehr wohl moglich und ergibt den Zahlenwert 849. Nachdem diese sicher bedeutsame Zahl weder mit dem Hidta-Codex, der ja erst dem 10. Jahrhundert angehort, in Verbindung gebracht werden kann und ebenfalls nicht das Todesjahr der hi. Walburga anzeigt, liegt sie fur die Griindungszeit des Stiftes allerdings im Bereich des Moglichen. Damit befinden wir uns im Zeitraum der Karolinger und dementsprechend in der Phase der Erbauung der groBen Anlage in Corvey (822-885) mit ihrer bedeutenden Monchs- und Kaiserkirche. Tatsachlich haben sich infolge der Untersuchungen der Baugeschichte beider Anlagen fiir den Verfasser auffallende Parallelen ergeben. Stellte sich als Baumal3 fiir Corvey der karolingische Ful3 mit 0,333 m heraus, so ergab sich bei den Messungen an den altesten Teilen der Stiftskirche in Meschede iiberraschenderweise, dass dieses MaB auch hier angewendet wurde und, wie sich besonders an den beiden Stollen der Ringkrypta nachweisen lasst, wie in Corvey so auch hier ebenfalls in 10 Zoll unterteilt ist. Dass zudem beide Anlagen in Verwendung der Zahlensymbolik entstanden sind, mag schlieBlich der Turm mit seinen 21x21 karolingischen FuBes belegen - besteht diese Zahl doch aus 3x7, also der Herrscher Zahl 7 als Hinweis auf eine konigliche Griindung und der Zahl 3 als vollkommene Zahl schlechthin. Dass der Turm einschlieBlich seiner drei Schalloffnungen der karolingischen Bauzeit entstammt, mag die bereits erwahnte Altersbestimmung eines gefundenen Holzes auf die Zeit zwischen 897-912 belegen; denn infolge der Errichtung des Turmes als ublicherweise letzter BaumaBnahme muss die ubrige Anlage friiher entstanden sein und somit noch der karolingischen Zeit angehoren. Folglich ist das aus dem Chronogramm des Hidta-Codex ermittelte Griindungsdatum 849 sehr wohl in Betracht zu ziehen, zumal man zur Zeit der Herstellung des Codex" in vermutlich der zweiten Halfte des 10. Jahrhunderts 3/2005 um dieses Datum noch gewusst haben muss. Adelhard Gerke. Die Benediktinerabtei Corvey Das Heiligtum Westfalens und ganz Sachsens. 2. Aufl., Paderborn 1985. S. Adelhard Gerke. Des Deutschen Reiches Krone. Munsterschwarzach (1992), ebenda. S.21. „Blasen an den FuBen gehoren dazu" Mehr als 100 Glaubige aus Warstein bei der 223. FuBwallfahrt nach Werl von Dirk Lankowski Weit mehr als 100 Glaubige der Warsteiner Gemeinden St. Pankratius und St. Petrus, sowie einige Katholiken aus dem Mohnetal waren in der Samstagnacht am Hochfest Maria Heimsuchung zur 223. Warsteiner FuBwallfahrt nach Werl aufgebrochen, unter dem Leitspruch „Wir sind gekommen. um ihn anzubeten". In der „Alten Kirche" in Warstein hatte Dechant Josef Heers mit den Pilgerinnen und Pilgern um 2 Uhr nachts noch einen Aussendungsgottesdienst gefeiert. Dann machte sich die groBe Gruppe auf den Weg zu den Siepmannwerken in Belecke. Dort wurde der Opfer einer tragischen Explosion im Werk im Jahre 1963 gedacht. Ober die Haar und durch die kleine Ortschaft Taubeneiche ging es dann nach BriJllingsen, dem letzten katholischem Dorf auf der Haar vor der alten Hansestadt Soest. Dichte Nebelschleier tauchten die Haar in weiB, die aber nach einem traumhaften Sonnenaufgang verschwanden. Mit feierlichem Glockengelaut zogen die Wallfahrer in Brullingsen ein. In vielen Familien gibt es seit liber 200 Jahren Wallfahrtsgeschichte die Tradition die Pilger zu bewirten. So ging es gestarkt welter nach Soest. Wie in jedem Jahr wurde auch wieder unter einer Autobahnbriicke kurz vor Soest Rast gemacht. Durch die besonders gute Akustik unter der Brucke, erschallten die Lobgesange fiir die Gottesmutter Maria umso lauter und eindrucksvoller. Durch Feld und Flur erreichten die Wallfahrer Soest und mit dem Zug ging es weiter zum Wallfahrtsort Werl. BegruBt wurden die Warsteiner von Wallfahrtspater Urban, der die Glaubigen durch die Werler Innenstadt zur groBen SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Basilika fiihrte. Nach einer kleinen Andacht und BegriiBung durch die Franziskanerpater, konnten sich alle vom Iangen Marsch erholen. Nachmittags wurde der Kreuzweg im Klostergarten gebet. Am Abend brachen uber tausend Glaubige zur Lichterprozession durch Werl auf und feierten die Gottesmutter Maria. Nun begann das ganz besondere Programm der Warsteiner. Nach einer Andacht mit sakramentalem Segen fand um 24 Uhr die Mitternachtsmesse mit Pastor Ansgar Hester statt. Viele Warsteiner waren nachgereist um diese besonders tolle Atmosphare wahrend des Gottesdienstes zu genieBen. Nach zwei anstrengenden und schonen Stunden konnten sich dann die Wallfahrer fiir den Ruckweg ausschlafen. Morgens fand eine Verabschiedung in der Basilika statt und dann ging es mit dem Zug zuriJck nach Werl. Uber die Hohlwege auf der Haar erreichte man wieder Brullingsen, wo sich nach einer langen Pause auch eine groBe Schar von Kindern aus Warstein der Wallfahrt anschloss. Nach nochmals drei Stunden Weg war die Abschlussstation an der St. Petruskirche in Warstein erreicht. Dort wurde die Gruppe von ihren Familien in Empfang genommen. Zum Abschluss wurde in einer feierlichen Andacht der sakramentale Segen gespendet. Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 145 3/2005 „Zum Engel des Herrn" im Dreiglockendorf Bremscheid von Mathilde Rischen In unserer heutigen, von technischen Ablaufen bestimmten Zeit, hat sich selbst die Landbevolkerung daran gewohnt, dass ein Automat das Lauten der Glocke ihrer Dorfkapelle ubernommen hat. Um so erstaunlicher, dass in Bremscheid, einem kleinen Dorf in der Gemeinde Eslohe, nach alter Tradition das Lauten von gleich drei Glocken zum Angelus immer noch per Hand erfolgt. Bremscheid ist keine geschlossene Ortschaft, sondern gleicht eher einer Streusiedlung. Es zieht sich iiber eine Gesamtlange von drei Kilometer hin, einmal entlang der BundesstraBe 55 und dann entlang der im Tal gelegenen LandstraBe in Richtung Hengsbeck. Daher erstaunt es nicht, dass manchmal bei klarem Wetter die Bewohner der insgesamt 35 Hauser in ihrer jeweiligen Nachbarschaft gleichzeitig das Lauten mehr als einer Angelusglocke wahrnehmen. Sie rufen zum „Engel des Herrn", werktags um die Mittagsstunde. Alle drei Glocken schweigen an Sonn- und Feiertagen sowie an den Kartagen. Der Volksmund sagt dazu: „Die Glocken sind nach Rom geflogen." In dieser vorosterlichen Zeit ubernehmen die Kinder nach alter Tradition das sonst ubliche Lauten. Sie ziehen mit ihren Rasseln und Klappern (Klapstern) dreimal taglich durchs Dorf. Glocken an Hausern oder auf Hofen haben mittlerweile Seltenheitswert. Eine der drei Angelusglocken befindet sich im Hausgiebel der Bremscheider Familie Schulte-Huttemeister. Dort hangt sie bereits seit 1910, von den Familien des Oberdorfes, auch „ln der Weide" genannt, angeschafft. Diese gut 100 Pfund schwere Stahlglocke wird per Hand mittels eines Glockenseiles in Bewegung gebracht. Es ist tiberliefert, dass bereits die UrgroBmutter Schulte-Huttemeister die Glocke sonntags in aller Friihe betatigte, um ihren Aufbruch zur 7 Uhrmesse in die Esloher Pfarrkirche anzukundigen. Ein Zeichen fiir alle Frauen aus dem Oberdorf zum gemeinsamen, fast einstijndigen FuBmarsch, der besonders bei winterlicher Dunkelheit und glattem Wege beschwerlich war. Kapelle „St. Jacobus" in Bremscheid Nicht regelmakann heute die Familie SchulteHuttemeister ihre Glocke lauten. Doch Ursula Schulte-HiJttemeister fuhrt die Tradition des Angeluslautens gerne fort, so wie sie es von ihrer Schwiegermutter Elisabeth SchulteHuttemeister kennen lernte, die noch im hohen Alter von 90 Jahren den Glockenstrang zum „Engel des Herrn" in Bewegung brachte. FotOS: Wilhelm Feldmann Ein Blickfang in der Dorfmitte Bremscheids ist die schmucke Kapelle. Das dem St. Jakobus geweihte Gotteshaus SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 146 wird von der Familie Burger gehegt und gepflegt. Lange Jahre erschallte dreimal am Tage die Betglocke aus dem kleinen Glockenturm. Jetzt fallt zwar das Morgengelaut aus, doch zur Mittags- und Abendzeit lauten Burgers piinktlich ihr Glockchen. Schon seit 1692 ertont der Klang der bronzenen Glocke. Sie ladt die Nachbarschaft zum Gottesdienst und beim Tod eines Dorfbewohners wird diesem zu Ehre „nachgelautet". Seit Jahrhunderten hat sie alle guten und schlimmen Zeitablaufe wohl ijberstanden. Sogar im zweiten Weltkrieg ist sie erhalten geblieben und wurde von der Verwendung zu „kriegswichtigen Zwecken" verschont. Das ist einem mutigen Mann aus dem Nachbarort zu verdanken, der 1943 als Leiter der Abholkommission den Abtransport zur Einschmelzung kurz, aber bestimmend mit den Worten „Se blit hey!" verhinderte. In Bremscheids Unterdorf wird auf dem Hof Rischen gelautet. Die Glocke befindet sich am 224 Jahre alten, mit schmuckem Fachwerk ausgestatteten ehemaligen Haupthaus, welches heute als Stall genutzt wird. Auch dort wird seit Generationen bis in die heutigen Tage piinktlich zur Mittagszeit gelautet. Bis 1972 gab es in Eslohe keine Totenkapelle. Deshalb wurden die Verstorbenen bis zu ihrer Beerdigung entweder im Haus oder in der Leichenhalle des damals noch vorhandenen Krankenhauses aufgebahrt, bevor diese von einem zweispannigen Pferdefuhrwerk in einem offenen, jedoch iiberdachten Leichenwagen zum Friedhof gefahren wurden. Die Dorfbewohner der zum Kirchort Eslohe gehorenden Orte schlossen sich auf dem Weg zum Friedhof dem Leichenzug an. Sobald zu solch einem Anlass auf der LandstraBe, der heutigen B 55 direkt oberhalb von Rischen Hof, das Geklapper der Pferdehufe den Trauerzug ankundigte, wurde Rischen Glocke zu Ehren des Toten gelautet. Das geschah unabhangig, ob der oder die Verstorbene aus Bremscheid, Isingheim, Ltidingheim oder Bockheim stammte. Sie verstummte erst nachdem sich der Trauerzug auBer Sichtweite befand. Heute beschrankt sich das Nachlauten nur auf verstorbene Familienmitglieder, wenn deren Leichnam den Hof verlasst. Hoffentlich bleibt die schone Tradition des Glockenlautens im Dreiglockendorf Bremscheid noch lange erhalten. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund SAUERLAND NR. 3/2005 QAus dem Vorstand Friedhelm Ackermann - sein Name muss auch an dieser Stelle genannt werden, denn die Vorstandssitzungen der letzten Jahre waren ebenso wie die Redaktionsarbeit gepragt von seiner ideenreichen Mitwirkung an der Gestaltung unserer Zeitschrift. Unser Vorsitzender Dieter Wurm hob die Verdienste unseres Heimatfreundes und namentlich sein umfassendes photographisches Werk zu Beginn der Sitzung am 1. Juli im Landgasthof Rademacher in Weuspert/Faule Butter deshalb mit Recht noch einmal hervor. Bei dem ersten Punkt der Tagesordnung ging es noch einmal um die Vorbereitung der Mitgliederversammlung am 27. August in Meschede. Frau Bartsch von der Stadtverwaltung und unser Heimatfreund Michael Schafer vom Heimatbund Meschede konnten noch einige wichtige Anregungen geben. Fiir die Mitgliederversammlung 2006 in Arnsberg wurde als Termin der 26. August festgelegt. Nach den Tagungen in Sundern/Allendorf 2007 und Warstein-Belecke 2008 ist fur 2009 die Stadt Olsberg vorgemerkt, nachdem Burgermeister Reuter eine entsprechende Einladung ausgesprochen hat. Fur 2011 bleibt es bei Olpe, da die Stadt dann ihr 700iahriges Bestehen feiert. Fiir das Jahr 2010 konnen also noch Anregungen entgegengenommen werden. Ob wohl alle Gremien so weit im Voraus planen? Fur den plattdeutschen Bereich referierte Manfred Raffenberg, zunachst - wie es sich gehort - in plattdeutsch. Dabei stand die weitere Fortfuhrung der bewahrten Plattdeutschen Tage in Eslohe im Vordergrund. Erfreulicherweise gab er auch einige praxisbezogene Anregungen zur weiteren Verbreitung und Pflege des Plattdeutschen, so etwa in Gaststatten und im Horfunk. „Es tut sich was an der plattdeutschen Front" - so stellte der Vorsitzende fast militarisch test. Dieser selbst befasste sich mit den Problemen, die sich mit der Zukunft und der wirtschaftlichen Absicherung des Mundart-Archivs in Cobbenrode verbinden. Hier gibt es auch noch eine Vielzahl nicht nur technischer Fragen zu losen, wie sie sich zum Beispiel aus den Unterschiedlichkeiten der Mundart in den einzelnen Teilen des Sauerlandes ergeben. Zunachst sollen die wissenschaftlichen Grundlagen gesichert werden; ihr wird - und muss dann die praktische Nutzbarkeit folgen. Obrigens: der in diesem Zusammenhang vom Vorsitzenden gem gebrauchte neue Ausdruck „Sprachdenkmalschutz" lasst sich als .,Sprachdenkmal-Schutz" oder als „Sprach-Denkmalschutz" verstehen. Also wie denn? Birgit Haberhauer-Kuschel berichtete iiber den Stand der Vorbereitungen fur die groBe Jubilaumsfeier des Kreisheimatbundes Olpe am 25. September auf Burg Bilstein, zu der moglichst viele Heimatfreunde erwartet werden. Unter dem Punkt ..Verschiedenes" regie unser Heimatfreund Klaus Baulmann an, eine fundierte „Geschichte des Herzogtums Westfalen" zu erstellen, die bisher fehlt. Diese wichtige und auch schwierige Frage soil demnachst weiter behandelt werden, schwierig deshalb, weil es vermutlich ohne eine wissenschaftlich abgesicherte und mit intensivem Quellenstudium verbundene Gesamtdarstellung nicht geht. Aber: wir werden's versuchen. © Copyright Sauerlander Heimatbund Dr. Adalbert Mullmann Sauerländer Heimatbund 3/2005 SAUERLAND SAUERLAND NR. 147 Landrat Franz-Josef Leikop ist zurlickgetreten . . . und wurde am Freitag, dem 26. August in der Briloner Schiitzenhalle verabschiedet uon Martin Reuther Am 31. JuH hatte Franz-Josef Leikop seinen letzten Arbeitstag als Landrat des Hochsauerlandkreises. Offiziell verabschiedet wurde er am 26. August in der Schutzenhalle Brilon. Dort verlieh der Kreistag Franz-Josef Leikop den sechsten Ehrenring des Hochsauerlandkreises und die Ehrenbezeichnung „Ehrenlandrat". Rund 450 Gdste waren gekommen, darunter Dr. Alexander Schink, Staatssekretar im Ministerium fur Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW, als Festrednen Auch Staatssekretdr Karl Peter Brendel vom Innenministerium des Landes NRW, Regierungsprdsident Helmut Diegel, zahlreiche Abgeordnete aus Europa, Bund und Land sowie Weggefdhrten aus Politik, Wirtschaft, offentlichem Leben und Kreisverwaltung uerabschiedeten den geburtigen Briloner Der Vorsitzende des Sauerldnder Heimatbundes, Dieter Wurm, wUrdigte die fast 15-jahrige Tdtigkeit Leikops als ehrenamtlicher und hauptamtlicher Landrat fur die Vereine und Verbdnde des Kreises: „Der Landrat tritt zuriick!" Diese Zeitungsmeldung uberraschte, loste zunachst Betroffenheit und Verunsicherung aus, enttauschte auch einige. Beim naheren Hinsehen jedoch kam Verstandnis auf, wurde die Plausibilitat gesehen; und nach personlicher Wurdigung und strategischer Abschatzung setzte sich die Einsicht in sine weitsichtige Entscheidung und kluge Perspektive durch. Die Weichenstellung fiir die Zukunft ist erfolgt. Meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich hatte das Gluck einer ein Viertel jahrhundertelangen politischen Weggefahrtenschaft mit Franz-Josef Leikop, die immer von vertrauensvoller Zusammenarbeit, einem hohen Ma6 an Verlasslichkeit und letztlich freundschaftlicher Verbundenheit gekennzeichnet war. Als Franz-Josef Leikop Fraktionsvorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion und als er ehrenamtlicher Landrat wurde, stand ich ihm als Stellvertreter zur Seite. Als Franz-Josef Leikop hauptamtlicher Landrat wurde, war ich sein prasidiales Gegeniiber im „Westfalenparlament" in Miinster. Als Fazit kann ich festhalten: insgesamt ein kooperierendes Miteinander, wie man es sich besser nicht wunschen kann. Wer uber 25 Jahre miteinander zusammenarbeiten und gemeinsam wirken konnte - und das an verantwortlicher Stelle - weiB, dass Franz-Josef Leikop auf alien politischen und verwaltungsinternen Feldern deutlich sichtbare und unausloschliche Spuren hinterlassen hat zum Wohle des Kreises und der Burger unserer Heimatregion. Der letzte Arbeitstag Foto: W. Gundel, WR Mescliede Heute hier empfinde ich es als hohe Ehre und tiefe Dankespflicht, einer Spur naher nachzuspuren und darin - pars pro toto - aufzuzeigen, wie Franz-Josef Leikop sein Amtsverstandnis und seine Amtspflicht gegenuber alien gesellschaftlichen Gruppen, Vereinen, Verbanden und Bruderschaften, sprich dem ehrenamtlichen Engagement der Burgerinnen und Burger, verstanden hat. Es ist die Nachkriegszeit, die den jungen Franz-Josef Leikop pragt. Mitten in den Zweiten Weltkrieg hineingeboren, gehort er nicht mehr der Generation an, die von den Nationalsozialisten um ihre Jugend betrogen worden war und fiir einen furchtbaren Krieg missbraucht wurde. Er gehort jedoch einer Generation an, die sich der groBen Chancen bewusst ist, die mit Grundung der Bundesrepublik verbunden sind. Stellvertretend fiir viele junge Menschen dieser Aufbaugeneration zieht Franz-Josef Leikop die richtigen Konsequenzen: Nie wieder sollten Unfreiheit und Diktatur das Land und seine Menschen in solche Abgrtinde fuhren. Die wehrhafte Demokratie, Freiheit und Verantwortung im sozialen Rechtsstaat sollten immer gegen ihre Feinde verteidigt werden. Und so findet dieses Bewusstsein spater seine Entsprechungen im Handeln als Verwaltungschef. Es ist der iiberzeugte Demokrat Franz-Josef Leikop, der sich im Landratsamt nicht vor unbequemen Entscheidungen driickt. So bewies er den vielbeschworenen Mut, den eine offene Zivilgesellschaft heute mehr denn je braucht, als es darum ging, die Aufmarsche der Rechten im Sauerland erfolgreich zu unterbinden. Damit setzte sich Franz-Josef Leikop als Behordenleiter der Polizei gegen die juristischen Fiihrungskrafte im eigenen Haus durch, die die Meinung vertraten, Verbotsverfugungen seien nicht durchsetzbar. Franz-Josef Leikop vertrat die Uberzeugung, dass selbst wenn die Verbotsverfiigungen keinen juristischen Bestand hatten, diese notwendig seien, um politisch ein Zeichen zu setzen. Die rechten Gazetten titulierten ihn bundesweit daraufhin als „Verbotslandrat". Zuvor einige grundsatzliche Bemerkungen: Die Verbotsverfijgungen des Hochsauerlandkreises hatten in den meisten Fallen auch bis zur letzten Instanz - dem Bundesverfassungsgericht - Bestand. Franz-Josef Leikop war ein sehr politischer Landrat. Er hatte sein Ohr am Puls der Zeit. Er hatte ein seismographisches Gespur fur die Note und Angste, aber auch WUnsche und Hoffnungen der Menschen im Kreis. Zum politischen Selbstverstandnis des Landrats bleibt hervorzuheben und sollte in Erinnerung gerufen werden: Politischer Extremismus, von rechts wie von links, ist einem Landrat FranzJosef Leikop zuwider - diese Botschaft geht von ihm aus und wird von fast 100 gesellschaftlichen Gruppen untersttitzt, die den Appell „Gemeinsam sind wir starker - Mut zur Zivilcourage - Fiir mehr Menschlichkeit - Gegen Extremismus, Gewalt und Hass" unterzeichneten. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Saueriander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 148 SAUERLAND NR. 3/2005 Region hinaus, geschaut und gewirkt hat. Ich sage nur noch als Fazit: So konnte er neue Einsichten gewinnen und nutzbringende Kontakte knupfen, Innovationsprozesse initiieren und eigene Projekte einleiten und eigene Profile - breit abgesichert - erreichen. Meine sehr geehrten Damen und Her re n! Franz-Josef Leikop mit den Fraktionsvorsitzenden der Kreistagsfraktionen (u.l.): Hans-Walter Schneider (SPD), Dr Karl Schneider (CDU), Herbert Laufmoller (FDPj und Peter Bergmann (Bundnis 90/Die Griinen) Dazu gehoren der Umgang mit den Menschen und die Einstellung zu den Werten: Franz-Josef Leikop ist ein Mann fester Uberzeugungen und klarer Worte. Doch das Wort des anderen hat bei ihm in der Sache immer Gewicht. Was heute im vermeintlich schonen Schein der Mediendemokratie manchmal verloren zu gehen droht, ist ihm immer wichtig geblieben: die argumentative Auseinandersetzung mit alien gesellschaftlichen Gruppen (Institutionen, Vereinen, usw.), die auch in der Zuspitzung nicht verloren gehen darf, und die politische Fiihrungskraft, die richtungsweisend ist. Franz-Josef Leikop setzt nicht allein auf Wohlstand und materielle Werte, so wichtig das fur die Menschen der Aufbaugeneration war. Noch wichtiger sind ihm christliche Grunduberzeugungen. verzichtbar. Es wiirde ihm nicht in den Sinn kommen, Punktlichkeit, FleiB und Disziplin als Sekundartugenden herabzusetzen. Als Landrat des Hochsauerlandkreises hat er die Belange seiner Heimat mit Offenheit fiir Veranderungen und der Bewahrung von Traditionen verbunden und in diesem Sinn mit Beharrlichkeit dem Amt des Landrates gedient. Dabei kam ihm sicherlich seine kommunalpolitische Erfahrung zugute. Fast 20 Jahre im Rat der Stadt Brilon, davon 5 Jahre als Fraktionsvorsitzender und stellvertretender Biirgermeister konnte Franz-Josef Leikop die kommunale Basis kennenlernen und die gesellschaftspolitische Bedeutung vielfaltiger ehrenamtlicher Tatigkeiten beobachten, die das Ruckgrat fiir ein funktionierendes und bliihendes „ Miteinander - Fureinander" eines Dorfes oder einer Stadt darstellt und ein Gemeinwesen lebensfahig halt. Fur manchen mag das etwas altmodisch wirken. Doch angesichts der jungsten Ereignisse (internationaler Terror) werden wir erneut darauf gestoBen, welch wichtige Bedeutung gerade heute Werte und Haltungen fiir den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und das friedliche Miteinander der Menschen in gegenseitiger Achtung und Toleranz besitzen. Von daher uberrascht es, bei dem spater fur den Kreis verantwortlichen Landrat nicht, dass er es nicht bei den Schonwetter- oder Sonntagsreden vor Ehrenamtlichen bewenden lieS; sondern er stand mit Rat und Tat fiir eine richtig und sinnvoll gehaltene Sache ein. Franz-Josef Leikop steht ein fur eine menschliche Gesellschaft. Und in der menschlichen Gesellschaft bleiben Werte und die Tugenden des Anstands un- Mit Staatssekretar Dr Schink teile ich die Auffassung, dass der Landrat FranzJosef Leikop weit uber den HSK hinaus, also uber den Tellerrand der engeren SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund Lassen Sie mich einige, wie ich meine, aus personlicher Anschauung als ehemaliger Kulturausschuss-Vorsitzender und jetziger Vorsitzender des Sauerlander Heimatbundes konkrete und kennzeichnende Beispiele anfuhren, die diese zusammenschauenden, allgemeinen Ausfuhrungen rechtfertigen und beweisen. Alles aufzufuhren, wurde den zeitlichen Rahmen sprengen. Aber im Exemplarischen zeigt sich - so meine ich - anschaulich das Gesamtwirken. In schwierigen Finanzzeiten der kommunalen Korperschaften wird zumeist der Rotstift bei den sogenannten freiwilligen Leistungen im Kultur-, Sport-, Freizeit- und Sozialbereich angesetzt. Nicht so bei Franz-Josef Leikop. Der Landrat erblickte im Ehrenamt eine standig nachwachsende Ressource, mit der man pfleglich umgehen muss, um sie sinnvoll im gesamtgesellschaftlichen Umfeld zum Bliihen zu bringen. Das Stichwort Gemeinwohl bekommt hier seine ganze Strahlkraft. Nicht der Kostenaspekt steht im Vordergmnd, sondern der Nutzeffekt. Kaum einer ahnt, wenn er kein Insider-Wissen hat, wie haufig und fruchtbringend gerade der Kreis im Sinne der Amtshilfe Unterstiitzung geleistet hat und dadurch Notsituationen und Engpasse beseitigen konnte. Franz-Josef Leikop gehorte als Landrat zu den Politikern, der diese Bereiche als Pflichtaufgaben fur eine Kommune ansah und sich erfolgreich dabei durchsetzte. Ich nenne nur skizzenhaft die Kreismusikschule, das Sauerland-Museum, den Poetischen Fruhling und Poetischen Herbst, das weltgroBte Blechblaserfestival „Saueriand-Herbst" sowie die erfolgreiche Criminale in der landlichen Region. Auch beim Einwerben von Drittmitteln im Sinne eines mitverantworteten und gestaltenden Sponsorings setzte er Sauerländer Heimatbund SAUtRLAND NR. SAUERLAND 149 3/2005 seine ganze Autoritat ins Gewicht. So verdanken wir ihm mit den Sparkassen im Hochsauerlandkreis alle zwei Jahre die finanzielle Absicherung des Kulturpreises Hochsauerlandkreis, der in seinen drei Sparten Bildende Kunst, Musik und Literatur das kulturelle Leben befliigelt hat. Daruber hinaus zielen die im Wechsel seit 2002 vergebenen Anerkennungspreise einerseits fur die Wirtschaft und andererseits fur das Ehrenamt in ahnliche Richtung. Nicht unterschatzen soUten wir die zahlreichen Reprasentationsverpflichtungen des nimmermiiden, off en auf die Burger zugehenden Landrats im gesamtgesellschaftlichen Bereich. Ich erwahne nur die zahlreichen Schirmherrschaften, die Festvortrage und GruBansprachen sowie die Ehrenauszeichnungen und Pokal- wie Siegerehrungen. Auch das feine Gespiir mit kleinen Gesten, z. B. „platten Bliiten" von Sponsoren und aus dem Verfugungstopf des Landrats, haben stets ihre aufmunternde Wirkung nicht verfehlt. Die Offnung des Kreishauses im Sinne der kostenlosen Serviceleistung fiir die Menschen und Gruppen im Kreis, fur Tagungen, fur Vortrags- und Fortbildungsveranstaltungen und iiber 100 Aussteliungen in groBer Bandbreite haben eine segensreiche und dankbar angenommene Wirkung erfullt. Subsidiaritat - also Hilfe zur Selbsthilfe - war nicht nur sein Credo, sondern gelebte Praxis. Nicht hoch genug kann die institutionelle Forderung durch Amtshilfe der verschiedenen Amter, z. B. bei sozialen und kulturellen Projekten, schwierigen Fragestellungen und Hilfen bei Antragstellungen, eingeschatzt werden. Gut ausgebildetes Fachpersonal sowie freundlicher Umgang mit Hilfesuchenden bewirkten ein Ubriges. Ich weiB, dass ich hier fur die unterschiedlichsten ehrenamtlichen Bereiche sprechen kann: sei es der Volksmusikerbund, Sangerbund, Kreissportbund, Sauerlander Schutzenbund, Sauerlander Heimatbund und die Christine-KochGesellschaft, caritative Institutionen und Sozialverbande, Diakonie, Caritas, VdK, DRK, Paritatischer Wohlfahrtsver- Stehende Ovationen fur Franz-Josef Leikop, seine Frau Margret und die Kinder Mario und Melanie, links Dn Alexander Schink neben Kreisdirektor Winfried Stork. Fotos: Pressestelle HSK band, AWo, WeiBer Ring, Lokale BUndnisse fiir Familien, Fordervereine, THW und MHD, Freiwillige Feuerwehren, Kirchen und Kirchliche Gruppen, Seelsorgeregion Hochsauerland-Waldeck, aber auch der Arbeitgeberverband und der DGB. Sie alle hatten in Franz-Josef Leikop einen starken Ansprechpartner und Fursprecher. Daruber hinaus legen auch die kleinen Gesten beredtes Zeugnis ab: Wer einmai dabei war, wenn jahrlich die Landfrauen den Erntekranz ins Kreishaus brachten oder die St.-GeorgsSchutzen beim Hochfest in Meschede dem Landrat ihre Aufwartung machten, konnte in den Ansprachen die wahre Wertschatzung feststellen, die der Landrat bei ihnen genoss. Fur alle im Ehrenamt tatigen sage ich Dir, lieber Franz-Josef, aufrichtigen Dank. Du gibst jetzt den Staffelstab weiter. Auf Deiner letzten Etappe hast Du noch die Griindung „Stiftung fur Vereine und Kultur" vorgeschlagen. Ein entsprechender Kreistagsbeschluss dazu besteht. Franz-Josef Leikop ist es wichtig, dass die vielen Ehrenamtlichen gestarkt aus solch einer Stiftung hervorgehen. Eine Stiftung, die Vereine, den Sport und die Kulturarbeit unabhangig von schlechten Haushaltslagen machen, ist beste Lobbyarbeit fur das Engagement vieler, dessen Wertschopfung in nackten Zahlen gar nicht auszudrucken ist. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Ich konnte mir gut vorstellen, dass es Franz-Josef Leikop gefalien wird, wenn seine Staff el mit der Stiftung auf die Zielgerade getragen wird. Dies wird er als Zuschauer auf der Tribune wohl mit Applaus honorieren. Wir sollten ihm diesen Gef alien tun, damit die vielen Ehrenamtlichen in den vielen Vereinen, die die Vielfalt des menschlichen Zusammenlebens im landlichen Raum ausmachen, ein gemeinsames Sprachrohr haben. Die Kreisstiftung gehort nicht mehr an den Start, sie gehort ins Ziel. Lieber Franz-Josef! Abschied bedeutet immer auch Neuanfang, wie Hermann Hesse in seinem weltbekannten Gedicht „Stufen" so treffend beschrieben hat: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschiitzt und der uns hilft zu leben." Dieses in den Versen ausgedruckte Glucksgefuhl und den darin verborgenen Optimismus wunsche ich Dir, lieber Franz-Josef, Deiner lieben Frau Margret und Deiner ganzen Familie. ans im lnt«rn«ti © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND LESERBRIEFE „Wiederentdeckung nach 200 Jahren" Sauerland 2/2005 Als langjahriges Mitglied des Sauerlander Heimatbundes und als eifriger Leser der Zeitschrift „Sauerland" mochte ich zu dem Artikel „Wiederentdeckung nach 200 Jahren" folgende Bemerkung machen: Als Ehemann einer Freusberg-Nachfahrin und eifriger Hobby-Genealoge mache ich folgende Korrektur: Der das Kloster Grafschaft aufhebende Kriminal-Richter und Rat der Hessischen Hofkammer zu Arnsberg war nicht der Vater des Weihbischofs Joseph Freusberg (* 05.10.1806, Burg Bilstein; t 14.11.1889, Paderborn), also nicht Caspar Ferdinand Freusberg (* 21.08. 1764, Burg Bilstein; t 25.02.1837, 01pe) der ab 01.04.1817 der 1. preuBische Landrat des Kreises Olpe war (und dem noch 4 weitere Namenstrager Freusberg in diesem Amte folgten), sondern sein alterer Bruder, d.h. Johann Adolf Joseph Gaudens Freusberq, (* 07.01.1763, Burg Bilstein, t 22.12. 1849, Arnsberg) u.a. ab 1804 Hessischer Kriminalrichter und Rat der Hofkammer zu Arnsberg. Ober sein Vorgehen im Kloster Grafschaft heiBt es bei Propst Bockler in Belecke in der „Zeitschrift fur Vaterlandische Geschichte und Altertumskunde": „Am 1. Marz 1804 traf als von der (Hessischen) Landesregierung bevollmachtigter Vollzieher der eigentlichen Aufhebung der Hofkammer-Rath Freusberg von Arnsberg im Kloster ein. Dieser edele Mann hat nach Aller Versicherung jedes Mogliche aufgeboten, dem gesamten Klosterpersonale den harten Schlag des sie betroffenen Schicksals, soweit es die ihm befohlene Instruktion gestattete, bestens ertraglich zu machen. Das ihm ausgedruckte Verlangen, bis zum 21. Marz 1804 im Kloster bleiben zu diirfen, um zum SchluB in herkommlicher Weise das Fest ihres heiligen Ordensstifters Benedictus zu begehen, wurde gem bewilligt, an dessen Nachmittage reisten schon der Abt und am folgenden Morgen die meisten Ordensbruder, fast alle in Thranen, aus der ihnen so theuer gewordenen klosterlichen Heimat." SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Der gleiche Fehler, d.h, Angabe eines falschen Freusberg-Namens als Hessischer Auflosungs-Kommissar geschah bereits in der „Westfalenpost" am 4. Mai 2005 unter dem Titel „Alte Monstranz wieder entdeckt". Fur die Richtigkeit meiner Angaben verweise ich auf folgende Veroffentlichungen: 1.) Chronik Freusberg - Geschichte der Familie Freusberg aus den Jahren 1925 und Erganzung 1950 uam (Intrafamiliarer Druck) 2.) Beitrage zur Westfalischen Familienforschung. Band 25-26 der Westfalischen Gesellschaft fur Genealogie und Familienforschung, 1967-1968 „Die Familie Freusberg in Westfalen" von Joseph Freusberg f, speziell die Seiten 70-71. Dr. Hermann Stegers „Meschede im Wandel der Zeit" Sauerland 2/2005 Als Bewohner von Meschede-Remblinghausen freue ich mich auBerordentlich, dass die diesjahrige Hauptversammlung des HB wohnortnah in Meschede stattfinden wird und freue mich auf diese Veranstaltung und auf die sehr interessanten angekiJndigten Exkursionen. Mein groBes Interesse fand hierbei im Vorfeld der Veranstaltung der weit ausholende, informative und daher sehr lesenswerte Artikel von Frau Ursula Jung zum Thema der Mescheder Geschichte. Bei der Fiille von historischen Ansatzpunkten, die hierbei aufgedrangtem Raum von der Autorin zu bearbeiten waren, war ich positiv beruhrt von der Intensitat mit der auf die Kriegsereignisse und die Phase des Wiederaufbaus eingegangen wurde; auch die Erwahnung der im hiesigen Raum beschaftigten Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen des 2. Weltkrieges verdient hierbei Beachtung. In diesem Zusammenhang sei folgende Erganzung erlaubt. Zum einen sind, was die Zeit des 2. Weltkrieges anbelangt, auf demsog. „Franzosenfriedhof" nicht mehrheitlich zu Tode gekommene Zwangsarbeiter aus den hiesigen Indust- © Copyright Sauerlander Heimatbund riebetrieben beigesetzt worden, sondern die mehrheitlich russischen Opfer einer ErschieBungsaktion der SS zwischen Eversberg und Meschede. Die Opfer wurden zunachst an Ort und Stelle verscharrt und diese ruchlose Tat verschwiegen und verheimlicht. Erst auf Grund anonymer Anzeige bei den britischen Behorden wurden die Ereignisse vom 22. Marz 1945 neu aufgerollt, die Toten exhumiert und am 3. April 1947 auf dem o.g. Begrabnisplatz beigesetzt. Die wenig ruhmliche Geschichte um das zur Erinnerung und Mahnung geschaffene „Mescheder Suhnekreuz", das nach mehrjahrigen Querelen seinen Platz in der Maria-Himmelfahrt-Kirche gefunden hat, ist im Jahrbuch des HSK, Jahrgang 1995, ab Seite 96 nachzulesen. Zwei Schiilerinnen berichten hier uber die Ereignisse im Rahmen einer SchiilerForschungsarbeit des stadtischen Gymnasiums. Frau Jung hat naturlich recht, dass der Name ..Franzosenfriedhof" unpassend sei oder ware, wenn es sich hier allein um einen Erinnerungsort ermordeter russischer Zwangsarbeiter handeln wurde; dem ist jedoch nicht so. Der „ Franzosenfriedhof" entstand ab 1915 als zentrale Begrabnisstatte fur das nahegelegene Kriegsgefangenenlager (einem der groBten Lager in Westfalen), in dem Kriegsgefangene des 1. Weltkrieges, vornehmlich Franzosen, aber auch Belgier, Englander und Angehorige osteuropaischer Nationen interniert worden waren. In diesem Lager wurde kein Inhaftierter erschossen oder auf sonstige Art und Weise ermordet, aber trotzdem kam es durch Krankheiten und Unfalle zum Tod einiger Haftlinge, die auf dem genannten Friedhof beigesetzt wurden, dessen Anlage die Kriegsgefangenen einschl. der Eingangspforten-Anlage und des zentralen Mahnmals selber gestaltet batten. Bernd Schulte hat in vielen seiner Bildbande zur Mescheder Geschichte auf dieses auch fotografisch hervorragend dokumentierte Lager hingewiesen und auch alte Bilder des Friedhofes in seinen Arbeiten wiedergegeben. Neben dem ..Franzosenfriedhof" erinnert auch in Meschede noch der Name „LagerstraBe" an das Kriegsgefangenenlager, dessen „Bewohnerzahl" den Bildern nach zu urteilen in die Tausende gegangen ist. Sauerländer Heimatbund 3/2005 SAUERLAND SAUERLAND NR. 151 Leserbriefe geben die Meinung unserer Leser wieder, nicht die der Redaktion. Wir freuen uns iiber jede Zuschrift, miissen uns aber das Recht der Ktirzung und Veroffentlichung vorbehalten. Im Zusammenhang mit der Beschreibung der Kriegs- und Bombenzeit in Meschede sei kritisch angemerkt, dass im genannten Artikel jeder Hinweis darauf fehlt, dass der Bombenterror der Alliierten naturlich auch eine Vorgeschichte hatte u.a. in Form des national-sozialistischen Terrorregimes, dem u.a. auch zahlreiche judische Mitburgerinnen und Mitburger zum Opfer fielen. Gerade in Meschede wurde die Geschichte der judischen Minderheit und ihrer Verfolgung in den letzten 10-15 Jahren auf hervorragende Art und Weise aufgearbeitet, in einigen Veroffentlichungen dokumentiert und in privater, kirchlicher wie offentlicher Initiative das Begegnungszentrum „Alte Synagoge" geschaffen. Beide Aspekte, negativ wie positiv, batten eine kleine Anmerkung im Artikel (iber die Mescheder Historie verdient gehabt. Die Nicht-Erwahnung des Begegnungszentrums „Alte Synagoge" betrifft auch den Beitrag von Gisela Bartsch „Bildung, Kultur und Sport" unter der Rubrik „Kultur". Jochen v. Nathusius „Im Schatten der Kloster 1000 Jahrc Schultcnhof zu Kirchlinde" Sauerland 2/2005 Anmerkung zur Rezension von Werner Saure zum Buch auf S. 81ff. Mit der Rezension eines neuen Buches einen Autor zu betrauen, der zu vielen der dann behandelten Themen seit Jahrzehnten eigene Auffassungen vertritt, ist immer problematisch. Die Buchbesprechung des langjahrigen Vorsitzenden des „Freundeskreises Oelinghausen", Werner Saure, uber eine der jiingsten Veroffentlichungen im Rahmen der Oelinghausen-Forschung bildet da leider keine Ausnahme. Die von Werner Saure besprochene Dokumentation, die anhand der iiber den Kirchlinder Schultenhof vorhandenen Urkunden die Oelinghauser Klosterund Wirtschaftsgeschichte und die Situation der Klosterhofe untersucht, betritt in der Oelinghausen-Forschung Neuland. Die iiber vier Jahrhunderte andauernden Streitigkeiten Oelinghausens mit dem Kloster Deutz uber diesen Hof und der Villikation Kirchlinde endeten immer wieder vor Gerichten oder dem Kolner Erzbischof als Schlichter. Mit heute oft peinlicher Genauigkeit berichten die Urkunden uber das Oelinghauser Verhalten in der Auseinandersetzung um diese fur die Klosterwirtschaft uberlebenswichtige Anpachtung. Mehrfach fuhrte das zu einem „Streit, der die Religion befleckt", wie eine Deutzer Urkunde 1347 beklagt. Dass dieser Dauerkonflikt kein sehr erbauliches Kapitel der Oelinghauser Klostergeschichte schreiben konnte, ergibt sich deshalb fast von selbst. Jede Beschonigung wurde den Boden der historischen Objektivitat verlassen. Daher gab es in der OelinghausenForschung schon immer eine deutliche Zuruckhaltung, sich diesem Thema iiberhaupt zu nahern. Ahnliches gilt fur die Zustande, die unter der Abtissin Ottilia von Furstenberg in Oelinghausen und auf den Klosterhofen herrschten. Hier sind es vor allem familiare Rucksichtnahmen, die eine ergebnisoffene Aufarbeitung teilweise behinderten. Es verwundert daher nicht, dass auch Werner Saure von der ersten Zeile seines Artikels an eine gewisse Verunsicherung erkennen lasst, wie er das Buchthema behandeln soil. Saure versucht die Dokumentation deshalb zunachst als eine weitere Veroffentlichung aus der Kategorie „Sippen- und Familiengeschichte Oelinghauser Kloster-Hofe" vorzustellen. Nur um irgendwann dann doch zu dem Ergebnis zu kommen, dass Familiendokumente und Hofakten in dem Buch ja uberhaupt nicht vorhanden seien und der Autor mit seiner Konzentration auf die Oelinghauser Geschichte „sein eigentliches Thema" recht frUhzeitig verlassen habe. Auch sonst widmet sich Werner Saure zunachst der relativ gefahrlosen Widerlegung von Thesen, die das Buch in dieser Form freilich uberhaupt nicht aufgestellt hat. Die im Buch erstmals andiskutierte Frage, ob Oelinghausen in der Zeit von 1200-1220 entgegen der bisherigen Vermutung vielleicht doch keinen Nonnen-Konvent mehr hatte, wird nun sicherlich nicht durch die von ihm als Gegenbeleg zitierten Urkunden von 1174-1194 und einige allgemeine Ausfuhrungen beantwortet. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund Im Gegensatz zum ersten Teil seiner Ausfuhrungen, wo er dem Buch „fur den Kenner sehr interessante" Ansatzpunkte und sogar „sehr lesenswerte Kapitel" bescheinigt, geht Saure in der zweiten Halfte seines Artikels - vor allem dort, wo es um die Streitigkeiten mit Deutz und den Zustanden unter Ottilia geht, unvermittelt dazu uber, dem Buchautor die historische Objektivitat und damit die Qualifikation abzusprechen, sich zu diesen Themen uberhaupt auBern zu diirfen. Auf eine sachliche Begrundung, warum Saure seine Meinung iiber die Kompetenz des Autors plotzlich geandert hat, wartet man vergebens. Saure kann dazu lediglich den zwar „anschaulichen, doch sehr subjektiuen Stil" des Buchautors ins Feld fuhren und gibt dazu auch einige „skandalos" klingende Zitate als Beispiele an. Viele Belege fiir die von ihm behauptete unangemessen-emotionale Darstellungsweise des Buches konnte Werner Saure jedoch augenscheinlich nicht finden, denn wer nun erwartet, dass sich wenigstens die von Saure oft sogar mit Seitenangabe als Originalzitate ausgegebenen Fundstellen im Buch auch so wiederfinden lassen, wird meistens enttauscht. Nicht einmal das von Werner Saure als Untertitel seines Artikels verwendete Zitat iiber den „Luxusurlaubsort" Oelinghausen steht so im Originaltext. Dort ist dieser Satz Teil einer vergleichenden Betrachtung und enthalt die Einschrankung, dass Oelinghausen damals sicherlich „eher" so ein Urlaubsort war als ein sittenstrenges Kloster. Diese Aussage wird freilich niemand, der die Oelinghauser Geschichte auch nur ein wenig kennt, ernsthaft bestreiten wollen. Erst durch die Streichung des Wortes „eher" und das voUige Weglassen des Kontextes wird diese Aussage endlich zu dem Beleg, den Saure dann zum Angriff auf die Kompetenz des Buchautors benutzt. Werner Saures hochst ungliicklicher und voUig misslungener Umgang mit Buchzitaten lasst sich auch durch weitere Beispiele belegen. So macht es sicherlich einen erheblichen Unterschied, wenn es im Originaltext iiber die Stiftung des Dietrich von Fiirstenberg heiBt, „Ottilia investierte diese Summe nicht ertrag- und zinsbringend in die Klosterwirtschaft, wie es die Schenkungs- © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND BUCHER • SCHRIFTTUM urkunde sogar verbindlich uorschrieb, sondern machte das Sinnloseste, was man mit so einer Summe in wirtschaftlichen Krisenzeiten anfangen konnte: sie lieB von dem Geld zwei protzige, neue Orgein filr das Konuentsgebaude und die Klosterkirche bauen", und Werner Saure diesen Satz dann derart zusammenstreicht, dass es sich wie das unqualifizierte Gestammel eines der deutschen Sprache kaum machtigen Kulturbanausen anhort, „Ottilia tat mit dem Geld das Unsinnigste: sie lieB 2 Orgein bauen"l Storend sind auch die fehlerhaften Angaben, die Saure zur Oelinghauser Geschichte macht, um Aussagen des Buches zu wideriegen. Der Erwerb Oelinghausens durch die Familie Furstenberg erfolgte bereits 1828 und nicht erst nach der papstlichen Verbotsaufhebung 1830, wie Saure behauptet. Das von ihm an anderer Stelle demonstrativ in Schutz genommene Standardwerk zur Oelinghauser Wirtschaftsgeschichte von Franz Fischer weist das anhand von Grundbuchakten und dem Kaufvertrag eindeutig nach. Es ist etwas befremdend, dass Werner Saure, Aussagen des Buches selbst dann noch als „reine Spekulation des Autors" herabzuqualifizieren sucht, wo sich dieser auf unbestrittene Erkenntnisse der bisherigen Oelinghausen-Forschung stutzt. Wie sehr sich der Ehrenvorsitzende des „Freundeskreises Oelinghausen" durch einige Buchpassagen getroffen fiihlt, belegt auch sein etwas hilfloser Versuch, schon die bloBe Existenz von dort vorhandenen Beweisfiihrungen einfach abzustreiten. Olpe in Geschichte und Gegenwart 2005 Das Jahrbuch des Heimatvereins fur Olpe und Umgebung kann 2005 an eine Reihe von bemerkenswerten Jubilaen erinnern, die auf unterschiedliche Weise ins LeserbewuBtsein zuriickgerufen werden. Da ist einmal der Einstau des Biggesees vor 40 Jahren. Zwar wird das „Projekt Biggetalsperre", seine Geschichte und wirtschaftliche Bedeutung vorgestellt, einen weitaus groBeren Teil nimmt aber die Kurzfassung einer Magisterarbeit ein, die sich in der Form narrativer Interviews den Problemen der Menschen - immerhin mehr als 2500! widmet, die beim Bau der Biggetalsperre ihre Heimat verloren. Das geschieht am Beispiel des Dorfes Sondern ausfuhrlich, sehr grundlich, bewegend und different ziert (S. 15-138), verbunden mit einem breiten Literaturteil. - Auch der 60. Wiederkehr des Kriegsendes 1945 wird gedacht und zwar vor allem durch die Aufzeichnungen von Schulerinnen und Schulern aus Neger, die ihre Kriegserlebnisse berichten. Aber auch weitere Jubilaen finden ihren Niederschlag, so der 175. Geburtstag von Aline Bonzel, der Grunderin der Franziskanerinnen von der ewigen Anbetung, die ubrigens auch ihren 100. Todestag im Jahr 2005 hatte. An Mutter Theresia, so der Ordensname von Aline Bonzel, gedenken heute noch 22000 Franziskane- Aussagen u. a. auf bekannte Werke wie „Die Bau- und Kunstdenkmaler des Kreises Arnsberg" von Ludolf sowie mehrere andere Veroffentlichungen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts stiitzen kann. So bezeichnet Saure das Buchkapitel iiber die in Oelinghausen befindlichen Kunstgegenstande aus der Kirchlinder Kapelle, die zusammen mit zahlreichen anderen Kunstwerken erst im 19. Jahrhundert als Stiftungen oder als Leihgaben in die damals fast leere Klosterkirche gekommen sind, als rein spekulativ. Gleichzeitig wirft er dem Autor often vor, in diesem Kapitel auf jede mit Belegen gefuhrte Auseinandersetzung verzichtet zu haben. Naturlich hat jeder das Recht, diese Belege Punkt fur Punkt fur nicht stichhaltig zu halten. Aber man kann nicht kurzerhand behaupten, dass es sie im Buch uberhaupt nicht gabe, der Autor daher unwissenschaftlich gearbeitet habe und Aussagen und Autor deshalb jeden Anspruch auf eine ernsthafte Auseinandersetzung verloren haben. Saure verschweigt dabei, dass das Buchkapitel immerhin einunddreiBig entsprechende Ful3noten und Quellenangaben enthalt und der Autor seine Dass Werner Saure offenbar meint, sich schutzend vor die zwanzigjahrige, sehr erfolgreiche Arbeit des Freundeskreises Oelinghausen fur die Erfor- SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund © Copyright Sauerlander Heimatbund rinnen in Deutschland, aber auch auf den Philippinen z.B. gibt es Schwestern, die den Todestag festlich begangen haben, wie der Bericht der Generaloberin veranschaulicht, Ein ganz anderes Jubilaum wird im Jahrbuch ebenfalls gewurdigt: 125 Jahre Freiwillige Feuerwehr Olpe. Sie hat dieses Datum auch mit einer eigenen Schrift fur alle Interessenten dokumentiert, auf die aber hier nicht in einer Einzelbesprechung eingegangen werden kann. Das Jahrbuch 2005 bietet in erfreulicher Weise jungen, historisch interessierten Mitwirkenden die Moglichkeit, ihre Arbeitsergebnisse vorzustellen. Neben dem Bericht iiber die Zeitzeugen von Sondern ist von Interesse auch die Facharbeit einer Olper Schulerin, „Vom Swommepole zum Wilhelmsbad", die das Olper Badewesen von seinen mittelalterlichen Vorstufen bis ins 19. Jahrhundert verfolgt, als 1894 immerhin schon eine offentliche Badeanstalt fur die nach Geschlechtern streng getrennte Olper Bevolkerung existierte. Ein Kapitel, „Kunst und Kultur", dart nicht fehlen, das iiber die Aktivitaten des regen Stadtarchivs und des ebenso regen Fordervereins fur das Stadtmuseum berichtet: insgesamt eine beeindruckende Zusammenstellung von Aufsatzen und Nachrichten, die der Stadtarchivar Josef Wermert vorlegt - durchaus beispielhaft auch fiir andere Heimatvereine unseres Raumes. Dr. Erika Richter schung und den Erhalt des ehemaligen Klosters und seiner Kunstschatze stellen zu miissen, entschuldigt sicherlich manches. Aber es hat nun einmal niemand ein automatisches Forschungs- und Deutungsmonopol fur Oelinghauser Geschichte, und - bei alien unbezweifelbaren Verdiensten! - niemand sollte das fur sich ernsthaft reklamieren. Deshalb hatte man sich einen wesentlich souveraneren Umgang Werner Saures mit diesen neuen Forschungsergebnissen gewunscht, als dies in seiner Buchbesprechung zum Ausdruck kommt. Josef Bauerdick Sauerländer Heimatbund SAUERLAND NR. SAUERLAND 3/2005 153 Im September 2005 kann der Kreisheimatbund OIpe e.V. auf sein 25jahriges Bestehen zuruckblicken. Ein guter Grund zum Innehalten, Vorausschauen und sicher auch zu Feiern! Einladung zum Fest der Heimat am Sonntag, dem 25. September 2005 von 11.00 Uhr bis 19.00 Uhr auf der Burg Bilstein Es soil alle die zusammenfuhren, die sich im Kreis OIpe und daruber hinaus fur ihre Heimat interessieren und engagieren. Wir wollen eine Vielfalt der Heimatarbeit in Dorf und Stadt vorstellen, wollen Gegenwart und Zukunft bedenken und ernst wie heiter, bei informationen, Spiel und Musik, Essen und Trinken die Zeit feiern, in der wir fijr diese Region mitverantwortlicli sind. Burg Bilstein Sonntag, 25. September 2005 11 bis 19 Uhr Geplant ist ein Offener Tag mit einer Fulle ^^ unterschiedlicher Angebote: Es beginnt mit einem feierlichen Festakt um 11.00 Uhr. Danach haben die Besucher die Moglichkeit, den ganzen Tag uber Ausstellungen, Vorfuhrungen und Aktivitaten der Heimatvereine und anderer Initiativen aus dem Kreis OIpe anzuschauen. Essen und Trinken stehen ebenfalls ganztagig zur Verfijgung. Gleichzeitig werden zu den festgesetzten Zeiten Fachvortrage, ein offenes Singen, ein kleines BiJhnenprogramm und zwei gefiJhrte Wanderungen angeboten. In der zum „Heimatkino" umgewandelten Feierhalle sind alte Filme und zwei Bildvortrage aus der Region zu sehen. Um 18.00 Uhr kommen Besucher und Mitwirkende noch einmal zusammen, um das „Fest der Heimat" gemeinsam ausklingen zu lassen. Herzlich willkommen! Prof. Dr. Hubertus Halbfas 1. Vorsitzender Susanne Falk Kreisheimatpflegerin Informationen zum Fest erhalten Sie bei der Geschaftsstelle des Kreisheimatbundes, Danziger StraBe 2, 57462 OIpe, Tel. 02761/81542 Oder 81593. Email: m_middel(a)kreis-olpe.de SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund C E CD IZ CO Heimatvereine und Initiativen aus dem Kreis OIpe "(D (D r~ 03 —3 LD CM prasentieren sich und ihre Arbeit: Aussteilungen Vorfuhrungen Beratung Vortrage Musik Theater Heimatkino Offenes Singen Schriftenstande Essen & Trinken 1 alte Kinderspiele gefuhrte Wanderungen Sponsoren —f".—r-.TTLr-' r*" © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND 154 SAUERLAND NR. 3/2005 PERSONALIEN Ehrung in Miinster Abschied von Hans Liese Der Ehrenvorsitzende des Briloner Heimatbundes und Briloner Stadtheimatpfleger, unser Heimatfreund Wolfgang Nickolay, wurde kurzlich mit der Silbernen Plakette des Vereins „De Bockwindsmuel" in Miinster ausgezeichnet. In der kiinstlerisch gestalteten Ehrenurkunde heiBt es, dass die Ehrung „in Wtirdigung seiner jahrzehntelangen Verbundenheit zu Mijnster, dem Miinster- Der langjahrige Stadtdirektor der Stadt Meschede, unser Heimatfreund Hans Liese, verstarb im Alter von 91 Jahren. Von 1956 bis 1975 war er zunachst Amtsdirektor des damaligen Amtes Meschede und ab 1975 Stadtdirektor der neu gebildeten Stadt Meschede. In den Jahren vor der kommunalen Neugliederung gehorte er als Vertreter der nordrhein-westfalischen Stadte und Gemeinden der Sachverstandigenkommission des Landes an. In dieser Funktion wurde er zu einem wichtigen Vertreter der Interessen des landlichen Raumes. Im Jahre 1976 musste er aus Gesundheitsgrunden vorzeitig in den Ruhestand treten. In Wurdigung seiner Verdienste um die Kreisstadt Meschede ernannte ihn der Rat der Stadt zum Ehrenburger. Dr. A.M. Wolfgang Nickola\; (r.) und Georg Berding, 1. Baas land und dem Miihlenhof-Museum" erfolge. Weiter heifit es: „Im Jahre 1998 durften wir in Wurdigung der Lebensleistung von Theo Breider einen Gedenkstein aus Brilon entgegennehmen und in enger Zusammenarbeit mit dem Briloner und dem Sauerlander Heimatbund die Gedenkplakette fiir Theo Breider in der Mitte unseres Hofes an einem Felsblock aus dem Naturschutzgebiet „Druber' anbringen." Die Auszeichnung, die nur selten verliehen wird, wurde im Rahmen der Jahreshauptversammlung des Vereins durch den Ersten Baas Georg Berding uberreicht. Wir gratulieren unserem Heimatfreund Wolfgang Nickolay zu dieser Ehrung, in der gleichzeitig die Verbundenheit des Briloner und des Sauerlander Heimatbundes mit Miinster zum Ausdruck kommt. Dr. A.M. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund (I) Bundesverdienstkreuz fiir Hermann Wessel Mit dem Bundesverdienstkreuz wurde unser langjahriges Mitglied Hermann Wessel aus Brilon ausgezeichnet. Nach seiner Pensionierung als Studiendirektor am BerufskoUeg in Olsberg im Jahre 1988 widmete er sich verstarkt der caritativen und kommunalpolitischen Arbeit. Bereits in den funfziger Jahren war er an der Planung und dem Bau des Altenund Pflegeheimes St. Engelbert in Brilon beteiligt. Von 1962 bis 2002, also voile vier Jahrzehnte, wirkte er dort als ehrenamtlicher Geschaftsfuhrer, Landrat Franz-Josef Leikop hob bei der Oberreichung der Auszeichnung auch die langjahrige Tatigkeit im Rat der Stadt Brilon sowie in der Jugendarbeit des Luftsportvereins hervor. Hermann © Copyright Sauerlander Heimatbund Wessel ist einer der leider seltener werdenden Heimatfreunde, die sich mit Ideenreichtum und Tatkraft immer wieder in den Dienst der Allgemeinheit stellen. Dn A.M. SAUERLAND Zeitschrift des Sauerlander Heimatbundes (fruher Trutznachtigall. Heimwacht und Sauerlandruf) 38. Jahrgang . Heft 3 . September 2005 ISSN 0177-8110 Herausgeber und Verlag: Sauerlander Heimatbund e. V., Postfach 14 65, 59870 Meschede Vorsitzender: Dieter Wurm, Am Hainberg 8 a, 59872 Meschede, Tel. (0291) 7190 p, Fax (0291) 9083788 p, 94-1605 d, Fax 94-1140. Stellu. Vorsitzende: Wilma Ohly, Goerdelerweg 7. 57462 OIpe, Tel. (02761) 61698. Ehrenvorsitzender: Dr. Adalbert Mijllmann, Jupiterweg 7, 59929 Brilon, Tel. (02961) 1340 Geschaftsstelle: Hochsauerlandkreis. Fachdienst Kultur/Musikschule, Ulla Schmalt, Tel. (0291) 94-1462, Telefax (0291) 9426171, Anja Hagedorn, Tel. (0291) 94-1465, e-mail: [email protected]. Postfach 14 65, 59870 Meschede Internet: www.sauerlaender-heimatbund.de Konten: Sparkasse Arnsberg-Sundern (BLZ 466 500 05) 4 000 600. Jahresbeitrag zum Sauerlander Heimatbund einschlieBlich des Bezuges dieser Zeitschrift 12.- EUR. Einzelpreis 3,50 EUR. Erscheinungsweise vierteljahrlich. Redaktion: GUnther Becker, Lennestadt. Werner Cordes, Attendorn. Dr. Theo Bonnemann, Menden. Susanne Falk, Lennestadt. Norbert Fockeler, Brilon. Professor Dr. Hubertus Halbfas, Drolshagen. Heinz Lettermann, Bigge-Olsberg. Dr. Adalbert Mullmann. Brilon. Heinz-Josef Padberg. Meschede. Heinz Pardun, Arnsberg. Dr. Erika Richter, Meschede. Michael Schmitt, Sundern, Dr, Jijrgen Schulte-Hobein, Arnsberg. Dieter Wiethoff, Meschede. Dieter Wurm. Meschede. Schlussredaktion: Hans Wevering, SchloBstraSe 54, 59821 Arnsberg, Tel, (02931) 3262, Fax (02931) 12983, e-mail: [email protected]. Martin Reuther, Alter Soestweg 85, 59821 Arnsberg, Tel, (0291) 94-1458, e-mail: martinreutheret-online,de Redaktionsanschrift: Sauerlander Heimatbund, Postfach 14 65, 59870 Meschede Layout und techn. Redaktion: Hans Wevering, SchloBstraBe 54, 59821 Arnsberg, Tel. (02931) 3262, Fax (029 31) 1 29 83, e-mail: hanswevering@cityweb,de. Anzeigenverwaltung: becker druck, F. W. Becker GmbH, Grafenstr 46, 59821 Arnsberg, Tel, (02931) 5219-0, Fax (029 31) 5219-33, Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr 8 vom I. Januar 2002. Gesamtherstellung: becker druck. F, W. Becker GmbH, Druck und Medien, GrafenstraBe 46, 59821 Arnsberg, Tel. (0 29 31) 52 19-0 Sauerländer Heimatbund SAUERLAND EUKAT Oieser Edet-Kombmnnt mit 38 % i^ot. (a^en mindestens 2 Jahre in kteinen SherryHotzfassern. fi'HiHiit—i So bekommt er seinen besonderen bernstein-farbenen Gtanz und die mitde, feine und vUeiche Note. SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund 0 nPtrfrffrl' r* ^R Dieser delikate Halbbitter mit 35% vol. definiert sich iiber die genussvolle Kombination verschiedener Waldbeeren, Krauter und Wurzeln. Seine iJber Jahrzehnte gereifte und verfeinerte Rezeptur hat nicht nur einen besonderen Geschmack hervorgebracht, er ist zudem noch sehr bekommlich. © Copyright Sauerlander Heimatbund Sauerländer Heimatbund SAUERLAND Druckfrisch! becker druck PRINT • MEDIA • PUBLISHING SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund© Copyright Sauerlander Heimatbund